Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 20 AS 5703/10 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AS 44/11 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Zur Zulässigkeit einer Untätigkeitsbeschwerde.
2. Ein ohne mündliche Verhandlung ergangener Beschluss wird mit der ersten Verlautbarung an einen Beteiligten zwecks Zustellung wirksam. Ab diesem Zeitpunkt ist die Entscheidung für alle Beteiligten unabänderlich. Eine irrtümlich unterlassene Zustellung an einen der Beteiligten ändert nichts an der
Wirksamkeit des Beschlusses.
3. Vom Zeitpunkt der ersten Zustellung einer Entscheidung an einen der Beteiligten besteht auch für einen
anderen Beteiligten die Möglichkeit, ein Rechtsmittel einzulegen.
4. Eine rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts ist auch noch möglich, wenn das Hauptsacheverfahren abgeschlossen ist. Voraussetzung ist, dass vor dem Abschluss des Verfahrens ein formell ordnungsgemäßer Prozesskostenhilfeantrag gestellt worden ist und der Antrag entscheidungsreif war.
5. In einem gerichtskostenfreien Verfahren fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für eine rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe, wenn ein Rechtsanwalt zu keinem Zeitpunkt in dem abgeschlossenen Verfahren tätig
geworden ist.
6. Sogenannte Allgemeinkosten der Prozessführung (wie Porto, Telefonkosten und Schreibauslagen), die einem hilfebedürftigen Beteiligten entstandene sind, können im Falle der Prozesskostenhilfebewilligung nicht als „Gerichtskosten“ übernommen werden.
2. Ein ohne mündliche Verhandlung ergangener Beschluss wird mit der ersten Verlautbarung an einen Beteiligten zwecks Zustellung wirksam. Ab diesem Zeitpunkt ist die Entscheidung für alle Beteiligten unabänderlich. Eine irrtümlich unterlassene Zustellung an einen der Beteiligten ändert nichts an der
Wirksamkeit des Beschlusses.
3. Vom Zeitpunkt der ersten Zustellung einer Entscheidung an einen der Beteiligten besteht auch für einen
anderen Beteiligten die Möglichkeit, ein Rechtsmittel einzulegen.
4. Eine rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts ist auch noch möglich, wenn das Hauptsacheverfahren abgeschlossen ist. Voraussetzung ist, dass vor dem Abschluss des Verfahrens ein formell ordnungsgemäßer Prozesskostenhilfeantrag gestellt worden ist und der Antrag entscheidungsreif war.
5. In einem gerichtskostenfreien Verfahren fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für eine rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe, wenn ein Rechtsanwalt zu keinem Zeitpunkt in dem abgeschlossenen Verfahren tätig
geworden ist.
6. Sogenannte Allgemeinkosten der Prozessführung (wie Porto, Telefonkosten und Schreibauslagen), die einem hilfebedürftigen Beteiligten entstandene sind, können im Falle der Prozesskostenhilfebewilligung nicht als „Gerichtskosten“ übernommen werden.
I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 8. Oktober 2010 wird als unzulässig verworfen.
II. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die Ablehnung seines Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts durch das Sozialgericht Dresden.
Der im Jahr 1965 geborene Antragsteller hat seit dem 25. August 2009 gemeinsam mit seiner mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Lebensgefährtin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitssuchende – (SGB II) bezogen.
Die Antragsteller stellten am 9. August 2010 einen Fortzahlungsantrag.
Mit Antrag vom 6. September 2010 hat zunächst die Lebensgefährtin des Antragstellers, vertreten durch den Antragsteller, vor dem Sozialgericht Dresden im Verfahren Az. S 20 AS 5703/10 ER den Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrt. Zudem ist ein Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung einer namentlich benannten Rechtsanwältin gestellt worden. Auf Nachfrage des Sozialgerichts hat der Antragsteller mit Schreiben vom 24. September 2010 klargestellt, dass sich sowohl der Eilantrag als auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe auch auf ihn beziehe. Mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung haben die Antragsteller erstrebt, die ARGE Sächsische Schweiz-Osterzgebirge zu verpflichten, vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu erbringen, die Kosten für eine Schülermonatskarte in Höhe von 79,80 EUR für die Lebenspartnerin des Antragstellers zu übernehmen sowie dem Antragsteller höhere Regelleistungen zu gewähren, ihn bei einer Krankenkasse anzumelden und die entsprechenden Beitragsleistungen an ihn auszureichen.
Mit Beschluss vom 6. Oktober 2010 hat das Sozialgericht der Lebensgefährtin des Antragstellers Prozesskostenhilfe bewilligt und die von ihr benannte Rechtsanwältin beigeordnet.
Mit Beschluss vom 8. Oktober 2010 hat das Sozialgericht die ARGE Sächsische Schweiz-Osterzgebirge verpflichtet, der Lebensgefährtin des Antragstellers für die Zeit vom 6. September 2010 bis zum 30. September 2010 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 354,06 EUR zu gewähren und im Übrigen den Antrag abgelehnt. Der Antrag des Antragstellers auf Prozesskostenhilfe ist unter Ziffer IV des Beschlusses abgelehnt worden. Das Sozialgericht ist der Auffassung gewesen, dass ihm eine höhere Regelleistung nicht zu gewähren sei, da er mit seiner Lebensgefährtin in einer Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft lebe. Ein Anspruch auf Versicherung bei einer Krankenkasse bestehe nicht, insoweit habe er auch einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht.
Der Beschluss vom 8. Oktober 2010 ist an die Lebensgefährtin des Antragstellers sowie deren beigeordnete Rechtsanwältin jeweils am 8. Oktober 2010 und an die ARGE Sächsische Schweiz am 12. Oktober 2010 zugestellt worden. Ein Nachweis über eine Zustellung des Beschlusses vom 8. Oktober 2010 an den Antragsteller findet sich nicht bei den Akten. Die unter dem Aktenzeichen L 3 AS 729/10 B ER geführte Beschwerde hat der Senat in der Sache mit Beschluss vom 16. Februar 2011 zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat am 20. Januar 2011 gegen die Ablehnung seines Prozesskostenhilfeantrags Beschwerde eingelegt. Er rügt, dass ihm der Beschluss vom 8. Oktober 2010 nicht zugestellt worden sei. Das Sozialgericht müsse verpflichtet werden, über seinen Antrag auf die Beiordnung eines Rechtsbeistands unverzüglich zu entscheiden.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen sowie die Verwaltungsakte Bezug genommen.
II.
1. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 8. Oktober 2010, mit dem der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtanwalts abgelehnt worden ist, ist wegen des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.
a) Der Antrag des Antragsstellers ist als Beschwerde gemäß § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gegen die Ablehnung seines Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 73a SGG i. V. m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) auszulegen.
Soweit der Antragsteller beantragt hat, das Sozialgericht müsse verpflichtet werden, über seinen Antrag auf Beiordnung eines Rechtsbeistands zu entscheiden, kann offen bleiben, ob es sich dabei um eine Beschwerde wegen Untätigkeit des Sozialgerichts handelt.
Eine Untätigkeitsbeschwerde ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung in Ausnahme-fällen als zulässig erachtet worden, wenn ein der Versagung des Rechtsschutzes gleichkommender tatsächlicher Verfahrensstillstand, eine unangemessene Verfahrensverzögerung oder eine unangemessene Verfahrensdauer vorliegt (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 15. September 2000 – L 1 B 97/00 – NZS 2001, 67 = JURIS-Dokument Rdnr. 14; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. März 2002 – L 10 B 29/01 SB – JURIS-Dokument Rdnr. 11; Hess. LSG, Beschluss vom 27. Dezember 2011 – L 8 KR 326/11 B – JURIS-Dokument Rdnr. 11). Demgegenüber hält die neuere höchstrichterliche Rechtsprechung die Untätigkeitsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt der Rechtsmittelklarheit für nicht statthaft, da das Sozialgerichtsgesetz eine solche nicht vorsieht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Januar 2007 – 1 BvR 2803/06 – NJW 2007, 2538 = JURIS-Dokument Rdnr. 5; BSG, Beschluss vom 21. Mai 2007 – B 1 KR 4/07 S – SozR 4-1500 § 160a Nr. 17 – JURIS-Dokument Rdnr. 4; BSG, Beschluss vom 19. Januar 2010 – B 11 AL 13/09 C – SozR 4-1500 § 60 Nr. 7 – JURIS-Dokument Rdnr. 7; vgl. auch: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 8. April 2011 – L 19 AS 566/11 B – JURIS-Dokument Rdnr. 3; Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG [10. Aufl., 2012], Vor § 143 Rdnr. 3; Jungeblut, in: Beck`scher Online-Kommentar Sozialrecht [Hrsg: Rolfs/Giesen/ Kreikebohm/Udsching] [28. Edition, Stand: 1. Dezember 2012], § 172 Rdnr. 6, m. w. N.).
Hierauf muss nicht weiter eingegangen werden, weil vorliegend das Sozialgericht nicht untätig geblieben ist. Es hat im Beschluss vom 8. Oktober 2010 unter Ziffer IV über den Prozesskostenhilfeantrag des Antragstellers entschieden. Eine irrtümlich unterlassene Zustellung an ihn ändert nichts an der Wirksamkeit des Beschlusses. Nach § 133 SGG wird ein ohne mündliche Verhandlung ergangener Beschluss mit Zustellung wirksam. Unerheblich ist dabei, dass die Zustellung nur an die Lebensgefährtin des Antragstellers, deren beigeordnete Rechtsanwältin sowie den Antragsgegner erfolgte. Wirksam wird der ohne mündliche Verhandlung ergangene Beschluss mit der ersten Verlautbarung an einen Beteiligten zwecks Zustellung. Ab diesem Zeitpunkt ist die Entscheidung nach § 202 SGG i. V. m. § 318 der Zivilprozessordnung (ZPO) für alle Beteiligten unabänderlich (vgl. Keller, in: Meyer-Ladwig/Keller/Leitherer, SGG [10. Aufl., 2012], § 125 Rdnr. 4b, § 133 Rdnr. 2a).
b) Das vom Antragsteller begehrte Rechtsschutzziel kann somit nur mit einer dementsprechend auszulegenden Beschwerde nach § 172 Abs.1 SGG gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe erreicht werden. Danach findet die Beschwerde gegen Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden der Sozialgerichte an das Landessozialgerichte statt.
Die solchermaßen beschriebene Beschwerde ist nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG ausgeschlossen, da die Prozesskostenhilfe nicht ausschließlich wegen der persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen, sondern wegen mangelnder Erfolgsaussichten verneint wurde. Sie ist auch nicht gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ausgeschlossen. Danach ist die Beschwerde in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre. Nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft 750,00 EUR nicht übersteigt. Dies ist hier nicht der Fall. Der Antragsteller hat mit seinem Eilantrag höhere Leistungen als Einzelperson, das heißt ein monatlichen Mehrbetrag von 36,00 EUR, die Anmeldung bei einer Krankenkasse sowie die Aus-reichung der entsprechenden Beitragsleistungen an ihn begehrt. Der Antrag war zeitlich nicht begrenzt, so dass unter Berücksichtigung von § 41 Abs. 1 Satz 2 SGB II zumindest Leistungen für einen Zeitraum von sechs Monate im Raum stehen. Da bei Übernahme der Pflichtversicherungen durch den Leistungsträger im laufenden SGB II Bezug regelmäßig weit mehr über 100,00 EUR monatlich an die Krankenkasse zu leisten sind, wird der Beschwerdewert erreicht.
Die Beschwerde ist auch nicht verfristet. Selbst wenn eine wirksame Zustellung an den Antragsteller irrtümlich nicht bewirkt worden ist, wofür der fehlende Nachweis in der Akte spricht, hindert ihn dies nicht an der Einlegung des Rechtsmittels. Ohne dass der Lauf der Rechtsmittelfrist gegenüber dem Antragsteller in Gang gesetzt worden ist, hat vom Zeitpunkt der ersten Zustellung an einen der weiteren Beteiligten auch für den Antragsteller die Möglichkeit bestanden, ein Rechtsmittel gegen die Ablehnung des Prozesskostenhilfeantrags einzulegen (vgl. vgl. BGH, Urteil vom 24. Juni 1999 - I ZR 164/97 – NJW 1999, 3269 = JURIS-Dokument Rdnr. 29; BAG, Beschluss vom 28. Februar 2008 – 3 AZB 56/07 – NJW 2008, 1610 = JURIS-Dokument Rdnr. 10; Keller, a. a. O.; § 125 Rdnr. 4c, § 133 Rdnr. 2a).
c) Der Beschwerde des Antragstellers fehlt aber das Rechtsschutzbedürfnis.
Das Rechtsschutzbedürfnis ist eine allgemeine Sachentscheidungsvoraussetzung und muss bei jeder Rechtsverfolgung, das heißt jedem an ein Gericht adressierten Antrag, vorliegen. Demnach hat nur derjenige einen Anspruch auf eine gerichtliche Sachentscheidung, der mit dem von ihm angestrengten gerichtlichen Rechtsschutzverfahren ein rechtschützwürdiges Interesse verfolgt. Das Gericht muss in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen prüfen, ob das Rechtsschutzbedürfnis (noch) vorliegt (vgl. SächsLSG, Beschluss vom 3. März 2008 – L 3 B 187/07 AS-ER – JURIS-Dokument Rdnr. 7; SächsLSG, Beschluss vom 27. Juni 2011 – L 3 AS 521/11 B PKH – JURIS-Dokument Rdnr. 3). In diesem Sinne fehlt dem Antragsteller das Rechtsschutzbedürfnis, weil es in Bezug auf das bereits durch den Beschluss vom 8. Oktober 2010 abgeschlossene Klageverfahren kein berechtigtes und schützenswürdiges Interesse an einer rückwirkenden Bewilligung von Prozesskostenhilfe gibt.
Grundsätzlich ist zwar eine rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwaltes für die erste Instanz auch noch möglich, wenn das erst-instanzliche Verfahren abgeschlossen ist (ständige Senatsrechtsprechung: vgl. z. B. Sächs. LSG, Beschluss vom 22. Juni 2011 – L 3 AS 290/10 B PKH – JURIS-Dokument Rdnr. 14, m. w. N.; SächsLSG, Beschluss vom 27. Juni 2011 – L 3 AS 521/11 B PKH – JURIS-Dokument Rdnr. 5, m. w. N.; vgl. auch: Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz [10. Aufl., 2012], § 73a Rdnr. 12c, m. w. N., vgl. auch Rdnr. 13b ff.). Voraussetzung ist, dass vor dem Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens ein formell ordnungsgemäßer Prozesskostenhilfeantrag gestellt worden ist und entscheidungsreif war. Dies war hier der Fall.
Gleichwohl fehlt vorliegend dem Antragsteller das Rechtsschutzinteresse für die begehrte rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Denn die in § 73a SGG i. V. m. § 122 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) geregelten Wirkungen einer Prozesskostenhilfebewilligung können nicht mehr eintreten. Danach bewirkt die Bewilligung von Prozess-kostenhilfe, dass 1. die Bundes- oder Landeskasse a) die rückständigen und die entstehenden Gerichtskosten und Gerichtsvollzieher-kosten, b) die auf sie übergegangenen Ansprüche der beigeordneten Rechtsanwälte gegen die Partei nur nach den Bestimmungen, die das Gericht trifft, gegen die Partei geltend machen kann 2. die Partei von der Verpflichtung zur Sicherheitsleistung für die Prozesskosten befreit ist, 3. die beigeordneten Rechtsanwälte Ansprüche auf Vergütung gegen die Partei nicht geltend machen können.
Im Kern begehrt der Antragsteller die nachträgliche Beiordnung eines Rechtsanwaltes (vgl. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 121 ZPO, § 73a Abs. 1 Satz 2 SGG) mit der Freistellungsfolge aus § 73a SGG i. V. m. § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO. Dieser rechtliche Vorteil kann durch eine nachträgliche Beiordnung nur eintreten, wenn die Partei von einem Rechtsanwalt vertreten war und Vergütungsansprüche entstanden sind. Ein bislang noch nicht aufgetretener, noch beizuordnender Rechtsanwalt kann aber keine Prozesshandlungen mehr in einem abgeschlossenen Gerichtsverfahren vornehmen. Diese tatsächlichen Umstände können auch nicht mehr verändert werden. Aus diesen Gründen ist eine nachträgliche Beiordnung eines Rechtsanwaltes für ein abgeschlossenes Verfahren, in dem er nicht aufgetreten ist, nicht möglich (ständige Rechtsprechung des Sächsischen Landessozialgerichtes: vgl. z. B. Sächs. LSG, Beschluss vom 9. August 2007 – L 3 B 38/05 AL-PKH [n. v.]; Sächs. LSG, Beschluss vom 27. Juni 2011 – L 3 AS 521/11 B PKH – JURIS-Dokument Rdnr. 6; Sächs. LSG, Beschluss vom 16. Dezember 2011 – L 1 KR 69/11 B PKH [n. v.]; Sächs. LSG, Beschluss vom 7. November 2011 – L 2 AS 707/11 B PKH – [n. v.]; Sächs. LSG, Beschluss vom 7. November 2012 – L 2 AS 999/12 B PKH [n. v.]; Sächs. LSG, Beschluss vom 23. Februar 2010 – L 7 SO 18/09 B PKH [n. v.]; Sächs. LSG, Beschluss vom 5. Juni 2012 – L 7 SO 36/12 B PKH [n. v.]; vgl. auch Bay. LSG, Beschluss vom 29. November 2011 – L 7 AS 745/11 B PKH – JURIS-Dokument Rdnr. 7, m. w. N.; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 17. November 2008 – L 7 AS 2588/08 PKH-B – JURIS-Dokument Rdnr. 7 = NZS 2009, 349 [350], m. w. N.; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24 März 2011 – L 19 AS 366/11 B – JURIS-Dokument Rdnr. 14; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6. Februar 2012 – L 20 AS 513/10 B – JURIS-Dokument Rdnr. 2; Bay. VGH, Beschluss vom 19. September 2002 – 12 C 02.1622 – JURIS-Dokument Rdnr. 2).
Auch für eine das Antragsverfahren betreffende rückwirkende Bewilligung von Prozess-kostenhilfe ohne Beiordnung eines Rechtsanwaltes besteht kein Rechtsschutzinteresse. Denn neben der bereits angesprochenen Freistellung des Antragstellers von den Ver-gütungsansprüchen eines Rechtsanwaltes bewirkt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß §73a SGG i. V. m. § 122 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ZPO, dass die Gerichtskosten grundsätzlich nicht mehr gegenüber dem Antragsteller geltend gemacht werden können, und dass die Partei von der Verpflichtung zur Sicherheitsleistung für die Prozesskosten befreit ist. Für keine dieser Varianten sind die Voraussetzungen gegeben. Das Antragsverfahren ist gemäß § 183 SGG für den Antragsteller gerichtskostenfrei gewesen. Die Aufwendungen des beklagten Jobcenters sind gemäß § 193 Abs. 4 SGG i. V. m. § 184 Abs. 1 SGG nicht erstattungsfähig. Eine Verpflichtung des Antragstellers zur Sicherheitsleistung für die Prozesskosten hat nicht bestanden.
Soweit vertreten wird, dass bestimmte, der hilfebedürftigen Partei selbst entstandene Auslagen im Falle der Prozesskostenhilfebewilligung als "Gerichtskosten" zu übernehmen sind, wenn diese Auslagen durch gerichtlich verlangte Handlungen verursacht wurden oder die Auslagen für eine angemessene Rechtsverfolgung oder -verteidigung erforderlich sind, weil sie auch von einer nicht hilfebedürftigen Partei aufzuwenden wären (vgl. Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe [5. Aufl, 2010], Rdnr. 620), führt dies vorliegend nicht weiter. Denn nach einhelliger Meinung fallen darunter jedenfalls nicht die sogenannten Allgemeinkosten (vor allem Porto, Telefon und Schreibauslagen), sondern allenfalls besondere Kosten, etwa für nötige Begleitpersonen, für die Beweisbeschaffung (Privatgutachten, Dolmetscher) und ähnliches (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 27. Juni 2011 – L 3 AS 521/11 B PKH – JURIS-Dokument Rdnr. 8; Sächs. LSG, Beschluss vom 5. Juni 2012 – L 7 SO 36/12 B PKH [n. v.]; Bay. LSG, Beschluss vom 29. November 2011 – L 7 AS 745/11 B PKH – JURIS-Dokument Rdnr. 6; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24 März 2011 – L 19 AS 366/11 B – JURIS-Dokument Rdnr. 15; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6. Februar 2012 – L 20 AS 513/10 B – JURIS-Dokument Rdnr. 3; Kalt-hoener/Büttner/Wrobel-Sachs, a. a. O, Rn. 621; Geimer, in: Zöller/Geimer/Greger, ZPO [29. Aufl., 2012], § 122 Rdnr. 7). Besondere Kosten in dem beschriebenen Sinne sind dem Antragsteller aber für das Antragsverfahren nicht entstanden.
Es sind dem Antragsteller mithin keine Kosten entstanden, die ihm durch eine rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgenommen werden könnten. Der Antragsteller kann vorliegend durch eine rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenbeihilfe keine Vorteile erlangen.
2. Dieser Beschluss ergeht gerichtskostenfrei (vgl. § 183 SGG). Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (vgl. § 202 SGG i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO).
3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 177 SGG).
Dr. Scheer Höhl Krewer
II. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die Ablehnung seines Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts durch das Sozialgericht Dresden.
Der im Jahr 1965 geborene Antragsteller hat seit dem 25. August 2009 gemeinsam mit seiner mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Lebensgefährtin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitssuchende – (SGB II) bezogen.
Die Antragsteller stellten am 9. August 2010 einen Fortzahlungsantrag.
Mit Antrag vom 6. September 2010 hat zunächst die Lebensgefährtin des Antragstellers, vertreten durch den Antragsteller, vor dem Sozialgericht Dresden im Verfahren Az. S 20 AS 5703/10 ER den Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrt. Zudem ist ein Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung einer namentlich benannten Rechtsanwältin gestellt worden. Auf Nachfrage des Sozialgerichts hat der Antragsteller mit Schreiben vom 24. September 2010 klargestellt, dass sich sowohl der Eilantrag als auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe auch auf ihn beziehe. Mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung haben die Antragsteller erstrebt, die ARGE Sächsische Schweiz-Osterzgebirge zu verpflichten, vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu erbringen, die Kosten für eine Schülermonatskarte in Höhe von 79,80 EUR für die Lebenspartnerin des Antragstellers zu übernehmen sowie dem Antragsteller höhere Regelleistungen zu gewähren, ihn bei einer Krankenkasse anzumelden und die entsprechenden Beitragsleistungen an ihn auszureichen.
Mit Beschluss vom 6. Oktober 2010 hat das Sozialgericht der Lebensgefährtin des Antragstellers Prozesskostenhilfe bewilligt und die von ihr benannte Rechtsanwältin beigeordnet.
Mit Beschluss vom 8. Oktober 2010 hat das Sozialgericht die ARGE Sächsische Schweiz-Osterzgebirge verpflichtet, der Lebensgefährtin des Antragstellers für die Zeit vom 6. September 2010 bis zum 30. September 2010 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 354,06 EUR zu gewähren und im Übrigen den Antrag abgelehnt. Der Antrag des Antragstellers auf Prozesskostenhilfe ist unter Ziffer IV des Beschlusses abgelehnt worden. Das Sozialgericht ist der Auffassung gewesen, dass ihm eine höhere Regelleistung nicht zu gewähren sei, da er mit seiner Lebensgefährtin in einer Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft lebe. Ein Anspruch auf Versicherung bei einer Krankenkasse bestehe nicht, insoweit habe er auch einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht.
Der Beschluss vom 8. Oktober 2010 ist an die Lebensgefährtin des Antragstellers sowie deren beigeordnete Rechtsanwältin jeweils am 8. Oktober 2010 und an die ARGE Sächsische Schweiz am 12. Oktober 2010 zugestellt worden. Ein Nachweis über eine Zustellung des Beschlusses vom 8. Oktober 2010 an den Antragsteller findet sich nicht bei den Akten. Die unter dem Aktenzeichen L 3 AS 729/10 B ER geführte Beschwerde hat der Senat in der Sache mit Beschluss vom 16. Februar 2011 zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat am 20. Januar 2011 gegen die Ablehnung seines Prozesskostenhilfeantrags Beschwerde eingelegt. Er rügt, dass ihm der Beschluss vom 8. Oktober 2010 nicht zugestellt worden sei. Das Sozialgericht müsse verpflichtet werden, über seinen Antrag auf die Beiordnung eines Rechtsbeistands unverzüglich zu entscheiden.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen sowie die Verwaltungsakte Bezug genommen.
II.
1. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 8. Oktober 2010, mit dem der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtanwalts abgelehnt worden ist, ist wegen des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.
a) Der Antrag des Antragsstellers ist als Beschwerde gemäß § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gegen die Ablehnung seines Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 73a SGG i. V. m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) auszulegen.
Soweit der Antragsteller beantragt hat, das Sozialgericht müsse verpflichtet werden, über seinen Antrag auf Beiordnung eines Rechtsbeistands zu entscheiden, kann offen bleiben, ob es sich dabei um eine Beschwerde wegen Untätigkeit des Sozialgerichts handelt.
Eine Untätigkeitsbeschwerde ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung in Ausnahme-fällen als zulässig erachtet worden, wenn ein der Versagung des Rechtsschutzes gleichkommender tatsächlicher Verfahrensstillstand, eine unangemessene Verfahrensverzögerung oder eine unangemessene Verfahrensdauer vorliegt (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 15. September 2000 – L 1 B 97/00 – NZS 2001, 67 = JURIS-Dokument Rdnr. 14; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. März 2002 – L 10 B 29/01 SB – JURIS-Dokument Rdnr. 11; Hess. LSG, Beschluss vom 27. Dezember 2011 – L 8 KR 326/11 B – JURIS-Dokument Rdnr. 11). Demgegenüber hält die neuere höchstrichterliche Rechtsprechung die Untätigkeitsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt der Rechtsmittelklarheit für nicht statthaft, da das Sozialgerichtsgesetz eine solche nicht vorsieht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Januar 2007 – 1 BvR 2803/06 – NJW 2007, 2538 = JURIS-Dokument Rdnr. 5; BSG, Beschluss vom 21. Mai 2007 – B 1 KR 4/07 S – SozR 4-1500 § 160a Nr. 17 – JURIS-Dokument Rdnr. 4; BSG, Beschluss vom 19. Januar 2010 – B 11 AL 13/09 C – SozR 4-1500 § 60 Nr. 7 – JURIS-Dokument Rdnr. 7; vgl. auch: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 8. April 2011 – L 19 AS 566/11 B – JURIS-Dokument Rdnr. 3; Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG [10. Aufl., 2012], Vor § 143 Rdnr. 3; Jungeblut, in: Beck`scher Online-Kommentar Sozialrecht [Hrsg: Rolfs/Giesen/ Kreikebohm/Udsching] [28. Edition, Stand: 1. Dezember 2012], § 172 Rdnr. 6, m. w. N.).
Hierauf muss nicht weiter eingegangen werden, weil vorliegend das Sozialgericht nicht untätig geblieben ist. Es hat im Beschluss vom 8. Oktober 2010 unter Ziffer IV über den Prozesskostenhilfeantrag des Antragstellers entschieden. Eine irrtümlich unterlassene Zustellung an ihn ändert nichts an der Wirksamkeit des Beschlusses. Nach § 133 SGG wird ein ohne mündliche Verhandlung ergangener Beschluss mit Zustellung wirksam. Unerheblich ist dabei, dass die Zustellung nur an die Lebensgefährtin des Antragstellers, deren beigeordnete Rechtsanwältin sowie den Antragsgegner erfolgte. Wirksam wird der ohne mündliche Verhandlung ergangene Beschluss mit der ersten Verlautbarung an einen Beteiligten zwecks Zustellung. Ab diesem Zeitpunkt ist die Entscheidung nach § 202 SGG i. V. m. § 318 der Zivilprozessordnung (ZPO) für alle Beteiligten unabänderlich (vgl. Keller, in: Meyer-Ladwig/Keller/Leitherer, SGG [10. Aufl., 2012], § 125 Rdnr. 4b, § 133 Rdnr. 2a).
b) Das vom Antragsteller begehrte Rechtsschutzziel kann somit nur mit einer dementsprechend auszulegenden Beschwerde nach § 172 Abs.1 SGG gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe erreicht werden. Danach findet die Beschwerde gegen Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden der Sozialgerichte an das Landessozialgerichte statt.
Die solchermaßen beschriebene Beschwerde ist nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG ausgeschlossen, da die Prozesskostenhilfe nicht ausschließlich wegen der persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen, sondern wegen mangelnder Erfolgsaussichten verneint wurde. Sie ist auch nicht gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ausgeschlossen. Danach ist die Beschwerde in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre. Nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft 750,00 EUR nicht übersteigt. Dies ist hier nicht der Fall. Der Antragsteller hat mit seinem Eilantrag höhere Leistungen als Einzelperson, das heißt ein monatlichen Mehrbetrag von 36,00 EUR, die Anmeldung bei einer Krankenkasse sowie die Aus-reichung der entsprechenden Beitragsleistungen an ihn begehrt. Der Antrag war zeitlich nicht begrenzt, so dass unter Berücksichtigung von § 41 Abs. 1 Satz 2 SGB II zumindest Leistungen für einen Zeitraum von sechs Monate im Raum stehen. Da bei Übernahme der Pflichtversicherungen durch den Leistungsträger im laufenden SGB II Bezug regelmäßig weit mehr über 100,00 EUR monatlich an die Krankenkasse zu leisten sind, wird der Beschwerdewert erreicht.
Die Beschwerde ist auch nicht verfristet. Selbst wenn eine wirksame Zustellung an den Antragsteller irrtümlich nicht bewirkt worden ist, wofür der fehlende Nachweis in der Akte spricht, hindert ihn dies nicht an der Einlegung des Rechtsmittels. Ohne dass der Lauf der Rechtsmittelfrist gegenüber dem Antragsteller in Gang gesetzt worden ist, hat vom Zeitpunkt der ersten Zustellung an einen der weiteren Beteiligten auch für den Antragsteller die Möglichkeit bestanden, ein Rechtsmittel gegen die Ablehnung des Prozesskostenhilfeantrags einzulegen (vgl. vgl. BGH, Urteil vom 24. Juni 1999 - I ZR 164/97 – NJW 1999, 3269 = JURIS-Dokument Rdnr. 29; BAG, Beschluss vom 28. Februar 2008 – 3 AZB 56/07 – NJW 2008, 1610 = JURIS-Dokument Rdnr. 10; Keller, a. a. O.; § 125 Rdnr. 4c, § 133 Rdnr. 2a).
c) Der Beschwerde des Antragstellers fehlt aber das Rechtsschutzbedürfnis.
Das Rechtsschutzbedürfnis ist eine allgemeine Sachentscheidungsvoraussetzung und muss bei jeder Rechtsverfolgung, das heißt jedem an ein Gericht adressierten Antrag, vorliegen. Demnach hat nur derjenige einen Anspruch auf eine gerichtliche Sachentscheidung, der mit dem von ihm angestrengten gerichtlichen Rechtsschutzverfahren ein rechtschützwürdiges Interesse verfolgt. Das Gericht muss in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen prüfen, ob das Rechtsschutzbedürfnis (noch) vorliegt (vgl. SächsLSG, Beschluss vom 3. März 2008 – L 3 B 187/07 AS-ER – JURIS-Dokument Rdnr. 7; SächsLSG, Beschluss vom 27. Juni 2011 – L 3 AS 521/11 B PKH – JURIS-Dokument Rdnr. 3). In diesem Sinne fehlt dem Antragsteller das Rechtsschutzbedürfnis, weil es in Bezug auf das bereits durch den Beschluss vom 8. Oktober 2010 abgeschlossene Klageverfahren kein berechtigtes und schützenswürdiges Interesse an einer rückwirkenden Bewilligung von Prozesskostenhilfe gibt.
Grundsätzlich ist zwar eine rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwaltes für die erste Instanz auch noch möglich, wenn das erst-instanzliche Verfahren abgeschlossen ist (ständige Senatsrechtsprechung: vgl. z. B. Sächs. LSG, Beschluss vom 22. Juni 2011 – L 3 AS 290/10 B PKH – JURIS-Dokument Rdnr. 14, m. w. N.; SächsLSG, Beschluss vom 27. Juni 2011 – L 3 AS 521/11 B PKH – JURIS-Dokument Rdnr. 5, m. w. N.; vgl. auch: Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz [10. Aufl., 2012], § 73a Rdnr. 12c, m. w. N., vgl. auch Rdnr. 13b ff.). Voraussetzung ist, dass vor dem Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens ein formell ordnungsgemäßer Prozesskostenhilfeantrag gestellt worden ist und entscheidungsreif war. Dies war hier der Fall.
Gleichwohl fehlt vorliegend dem Antragsteller das Rechtsschutzinteresse für die begehrte rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Denn die in § 73a SGG i. V. m. § 122 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) geregelten Wirkungen einer Prozesskostenhilfebewilligung können nicht mehr eintreten. Danach bewirkt die Bewilligung von Prozess-kostenhilfe, dass 1. die Bundes- oder Landeskasse a) die rückständigen und die entstehenden Gerichtskosten und Gerichtsvollzieher-kosten, b) die auf sie übergegangenen Ansprüche der beigeordneten Rechtsanwälte gegen die Partei nur nach den Bestimmungen, die das Gericht trifft, gegen die Partei geltend machen kann 2. die Partei von der Verpflichtung zur Sicherheitsleistung für die Prozesskosten befreit ist, 3. die beigeordneten Rechtsanwälte Ansprüche auf Vergütung gegen die Partei nicht geltend machen können.
Im Kern begehrt der Antragsteller die nachträgliche Beiordnung eines Rechtsanwaltes (vgl. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 121 ZPO, § 73a Abs. 1 Satz 2 SGG) mit der Freistellungsfolge aus § 73a SGG i. V. m. § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO. Dieser rechtliche Vorteil kann durch eine nachträgliche Beiordnung nur eintreten, wenn die Partei von einem Rechtsanwalt vertreten war und Vergütungsansprüche entstanden sind. Ein bislang noch nicht aufgetretener, noch beizuordnender Rechtsanwalt kann aber keine Prozesshandlungen mehr in einem abgeschlossenen Gerichtsverfahren vornehmen. Diese tatsächlichen Umstände können auch nicht mehr verändert werden. Aus diesen Gründen ist eine nachträgliche Beiordnung eines Rechtsanwaltes für ein abgeschlossenes Verfahren, in dem er nicht aufgetreten ist, nicht möglich (ständige Rechtsprechung des Sächsischen Landessozialgerichtes: vgl. z. B. Sächs. LSG, Beschluss vom 9. August 2007 – L 3 B 38/05 AL-PKH [n. v.]; Sächs. LSG, Beschluss vom 27. Juni 2011 – L 3 AS 521/11 B PKH – JURIS-Dokument Rdnr. 6; Sächs. LSG, Beschluss vom 16. Dezember 2011 – L 1 KR 69/11 B PKH [n. v.]; Sächs. LSG, Beschluss vom 7. November 2011 – L 2 AS 707/11 B PKH – [n. v.]; Sächs. LSG, Beschluss vom 7. November 2012 – L 2 AS 999/12 B PKH [n. v.]; Sächs. LSG, Beschluss vom 23. Februar 2010 – L 7 SO 18/09 B PKH [n. v.]; Sächs. LSG, Beschluss vom 5. Juni 2012 – L 7 SO 36/12 B PKH [n. v.]; vgl. auch Bay. LSG, Beschluss vom 29. November 2011 – L 7 AS 745/11 B PKH – JURIS-Dokument Rdnr. 7, m. w. N.; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 17. November 2008 – L 7 AS 2588/08 PKH-B – JURIS-Dokument Rdnr. 7 = NZS 2009, 349 [350], m. w. N.; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24 März 2011 – L 19 AS 366/11 B – JURIS-Dokument Rdnr. 14; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6. Februar 2012 – L 20 AS 513/10 B – JURIS-Dokument Rdnr. 2; Bay. VGH, Beschluss vom 19. September 2002 – 12 C 02.1622 – JURIS-Dokument Rdnr. 2).
Auch für eine das Antragsverfahren betreffende rückwirkende Bewilligung von Prozess-kostenhilfe ohne Beiordnung eines Rechtsanwaltes besteht kein Rechtsschutzinteresse. Denn neben der bereits angesprochenen Freistellung des Antragstellers von den Ver-gütungsansprüchen eines Rechtsanwaltes bewirkt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß §73a SGG i. V. m. § 122 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ZPO, dass die Gerichtskosten grundsätzlich nicht mehr gegenüber dem Antragsteller geltend gemacht werden können, und dass die Partei von der Verpflichtung zur Sicherheitsleistung für die Prozesskosten befreit ist. Für keine dieser Varianten sind die Voraussetzungen gegeben. Das Antragsverfahren ist gemäß § 183 SGG für den Antragsteller gerichtskostenfrei gewesen. Die Aufwendungen des beklagten Jobcenters sind gemäß § 193 Abs. 4 SGG i. V. m. § 184 Abs. 1 SGG nicht erstattungsfähig. Eine Verpflichtung des Antragstellers zur Sicherheitsleistung für die Prozesskosten hat nicht bestanden.
Soweit vertreten wird, dass bestimmte, der hilfebedürftigen Partei selbst entstandene Auslagen im Falle der Prozesskostenhilfebewilligung als "Gerichtskosten" zu übernehmen sind, wenn diese Auslagen durch gerichtlich verlangte Handlungen verursacht wurden oder die Auslagen für eine angemessene Rechtsverfolgung oder -verteidigung erforderlich sind, weil sie auch von einer nicht hilfebedürftigen Partei aufzuwenden wären (vgl. Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe [5. Aufl, 2010], Rdnr. 620), führt dies vorliegend nicht weiter. Denn nach einhelliger Meinung fallen darunter jedenfalls nicht die sogenannten Allgemeinkosten (vor allem Porto, Telefon und Schreibauslagen), sondern allenfalls besondere Kosten, etwa für nötige Begleitpersonen, für die Beweisbeschaffung (Privatgutachten, Dolmetscher) und ähnliches (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 27. Juni 2011 – L 3 AS 521/11 B PKH – JURIS-Dokument Rdnr. 8; Sächs. LSG, Beschluss vom 5. Juni 2012 – L 7 SO 36/12 B PKH [n. v.]; Bay. LSG, Beschluss vom 29. November 2011 – L 7 AS 745/11 B PKH – JURIS-Dokument Rdnr. 6; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24 März 2011 – L 19 AS 366/11 B – JURIS-Dokument Rdnr. 15; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6. Februar 2012 – L 20 AS 513/10 B – JURIS-Dokument Rdnr. 3; Kalt-hoener/Büttner/Wrobel-Sachs, a. a. O, Rn. 621; Geimer, in: Zöller/Geimer/Greger, ZPO [29. Aufl., 2012], § 122 Rdnr. 7). Besondere Kosten in dem beschriebenen Sinne sind dem Antragsteller aber für das Antragsverfahren nicht entstanden.
Es sind dem Antragsteller mithin keine Kosten entstanden, die ihm durch eine rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgenommen werden könnten. Der Antragsteller kann vorliegend durch eine rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenbeihilfe keine Vorteile erlangen.
2. Dieser Beschluss ergeht gerichtskostenfrei (vgl. § 183 SGG). Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (vgl. § 202 SGG i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO).
3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 177 SGG).
Dr. Scheer Höhl Krewer
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