L 11 EG 1139/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 17 EG 7789/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 EG 1139/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die für die Bewilligung von Elterngeld zuständige Stelle hat die auf den Gewinn aus selbständiger Tätigkeit entfallenden Steuern (hier: Kalenderjahr 2008) nicht selbst zu berechnen, sondern muss die Zahlen aus dem Einkommensteuerbescheid zugrundelegen. Dies gilt auch, wenn der Elterngeldberechtigte mit seinem Ehegatten nach § 26b EStG zusammen veranlagt wird (Splittingtabelle).
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14.02.2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Im Streit steht die Höhe des Elterngeldes für das Kind A. S. (im Folgenden: A).

Die im Jahr 1975 geborene, verheiratete Klägerin ist Mutter des am 28.01.2009 geborenen Kindes A. Sie lebt mit A in einem gemeinsamen Haushalt in Deutschland und betreut und erzieht A selbst.

Die Klägerin übte seit dem Jahr 2002 eine selbständige Tätigkeit als Physiotherapeutin aus. Laut Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2008 vom 13.07.2009 war die Klägerin mit ihrem Ehemann gemeinsam veranlagt und hatte Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 31.688,00 EUR. Der Gesamtbetrag der Einkünfte der Ehegatten ist mit 110.086,00 EUR ausgewiesen. Die Einkommensteuer wurde auf 26.248,00 EUR festgesetzt (Splittingtarif). Zudem wurden 1.443,64 EUR als Solidaritätszuschlag und zusätzlich für die Klägerin 425,25 EUR als Kirchensteuer festgesetzt. Steuervorauszahlungen wurden nicht geleistet. Für das Jahr 2008 hatte die Klägerin Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 5.934,24 EUR zu zahlen (Beitragsbescheinigung vom 16.01.2009). Mutterschaftsgeld bezog die Klägerin nicht.

Nach der Geburt von A war die Klägerin im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum nicht voll erwerbstätig. Sie hatte negative Einkünfte aus ihrer selbständigen Tätigkeit.

Am 23.02.2009 beantragte die Klägerin die Gewährung von Elterngeld für die ersten zwölf Lebensmonate von A. Dem Antragsformular fügte sie den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007 bei. Mit Bescheid vom 07.05.2009 bewilligte die Beklagte auf Grundlage des Steuerbescheides für das Jahr 2007 vorläufig Elterngeld für die Zeit vom 28.01.2009 bis 27.01.2010 in Höhe von monatlich 1.670,85 EUR. Nach Einreichung des Steuerbescheides für das Jahr 2008 berechnete die Beklagte die Höhe des Elterngeldes neu und erließ am 28.08.2009 einen Änderungsbescheid. Sie bewilligte darin unter Abänderung des Bescheides vom 07.05.2009 Elterngeld für den streitgegenständlichen Zeitraum in Höhe von monatlich 969,13 EUR und forderte das zu viel gezahlte Elterngeld in Höhe von 4.912,04 EUR zurück. Hiergegen legte die Klägerin am 10.09.2009 Widerspruch mit der Begründung ein, die mit 8.396,22 EUR angesetzten Steuern seien zu hoch. Auf sie entfielen nur 6.033,32 EUR Steuern. Mit Schreiben vom 21.09.2009 hörte die Beklagte die Klägerin zur beabsichtigten Zurückweisung des Widerspruchs an. Daraufhin verwies die Klägerin auf die vom Finanzamt für sie festgesetzte Einkommensteuer in Höhe von 5.315,71 EUR, die der Berechnung des Elterngeldes (zzgl Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer) zugrundezulegen sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 21.10.2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, für die Ermittlung des vorgeburtlichen Einkommens aus selbständiger Arbeit sei der gesamte letzte abgeschlossene steuerliche Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen. Die gemeinsame Veranlagung führe zu einem anteiligen Ansatz der im Steuerbescheid festgesetzten Einkommensteuer einschließlich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer. Die Aufteilung richte sich nach dem Verhältnis der für die Bemessung des Elterngeldes zu berücksichtigenden Summe der positiven Einkünfte aus Erwerbstätigkeit zur Summe aller ausgewiesenen Einkünfte.

Am 19.11.2009 hat die Klägerin beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, die von der Beklagten vorgenommene Aufteilung der Steuerlast führe zu Unrecht zu einer Zurechnung eines Teils der Steuern ihres Ehemannes. Es müsse der Betrag zugrundegelegt werden, der sich bei einer getrennten Veranlagung errechne. Das Finanzamt habe ihren Steueranteil auf 5.315,71 EUR festgesetzt. Eine proportionale Aufteilung der Steuerlast lasse sich dem Gesetz nicht entnehmen.

Nachdem die Klägerin endgültige Einkommensnachweise für den Elterngeldbezugszeitraum eingereicht hatte, hob die Beklagte "den bestehenden Vorbehalt" auf (Änderungsbescheid vom 23.09.2010). Eine Änderung der Höhe des Elterngeldes ergab sich nicht.

Mit Urteil vom 14.02.2012 (der Klägerin zugestellt am 23.02.2012) hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Berechnungsweise der Beklagten sei gesetzeskonform. Es schloss sich der Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen vom 27.04.2009 (L 13 EG 55/09) an. Soweit das Finanzamt im Steuerbescheid die Einkommensteuerlast der Klägerin ausweise, diene dies allein der Berechnung der Kirchensteuer. Eine getrennte Betrachtungsweise (wie bei getrennter Veranlagung) erfolge nur für diese Steuerart, da der Ehemann der Klägerin nicht kirchensteuerpflichtig sei.

Am 16.03.2012 hat die Klägerin beim LSG Baden-Württemberg Berufung eingelegt und zur Begründung vorgetragen, die Argumentation der Beklagten verkenne, dass es sich bei der gemeinsamen Veranlagung um den Ausfluss des Schutzes von Ehe und Familie nach Art 6 Grundgesetz (GG) handele. Der Staat werde dem besonderen Schutz, dem Ehe und Familie unterlägen, durch die Möglichkeit einer gemeinsamen Veranlagung gerecht. Dieser Vorteil dürfe bei der Berechnung des Elterngeldes nicht zum Nachteil für den Ehegatten werden, der die geringeren Einkünfte habe. Andernfalls liege ein Verstoß gegen Art 6 GG vor.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14.02.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 28.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.10.2009 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 23.09.2010 aufzuheben,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung hat die Beklagte im Wesentlichen auf das Urteil des SG und ihren Widerspruchsbescheid verwiesen. Ergänzend hat sie vorgetragen, der Wortlaut des § 2 Abs 9 Satz 4 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) gehe davon aus, dass die gesamten Einkünfte "des Steuerbescheides" anzusetzen und die hierauf entfallenden Einkommensteuern proportional aufzuteilen seien. Bei gemeinsamer Veranlagung setze der Steuerbescheid die Steuern einheitlich und nicht für den Einzelnen fest. Die von der Klägerin begehrte Ermittlung würde zu einer weiteren Bevorzugung von gemeinsam veranlagten Eheleuten und damit zu einer Benachteiligung von nicht gemeinsam veranlagten Eheleuten oder nicht verheirateten Paaren führen. Der Gesetzgeber habe die Aufteilung der gesamten Steuern bei zusammen veranlagten Eheleuten gewollt. Dies folge aus der Gesetzesbegründung. Die Regelung diene auch dem Bürokratieabbau, da somit schnell und einfach das anzusetzende Einkommen ermittelt werden könne. Die Rechtsauffassung der Beklagten sei mittlerweile in ober- und höchstgerichtlichen Urteilen bestätigt worden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 144 Abs 1 Nr 1, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 28.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.10.2009 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 23.09.2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Gegenstand des Verfahrens ist neben dem Bescheid vom 28.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.10.2009 auch der Änderungsbescheid vom 23.09.2010, da die Beklagte mit diesem Bescheid den ursprünglichen Bewilligungsbescheid zwar nicht hinsichtlich der bewilligten Höhe des Elterngeldes ("eine Änderung unseres Bescheides vom 05.06.2009 ergibt sich nicht") aufgehoben bzw ersetzt hat, jedoch insoweit geändert hat, als dass der Vorbehalt der Vorläufigkeit der Regelung aufgehoben wurde. Er ist damit nach § 96 Abs 1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden.

Der Anspruch der Klägerin auf Elterngeld richtet sich nach dem mit Wirkung zum 01.01.2007 eingeführten Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) in der Fassung vom 05.12.2006 (BGBl I 2748).

Nach § 1 Abs 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr 4). Die Klägerin hatte ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, lebte mit ihrem am 28.01.2009 geborenen Sohn A in einem Haushalt, betreute und erzog ihn und übte während des streitigen Zeitraums keine volle Erwerbstätigkeit aus. Dies entnimmt der Senat den Angaben der Klägerin gegenüber der Beklagten im Verwaltungsverfahren.

Die Höhe des Elterngeldes bemisst sich nach § 2 BEEG (hier in der Fassung vom 05.12.2006). Elterngeld wird gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG in Höhe von 67 % des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1.800,00 EUR monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. § 2 Abs 5 BEEG sieht ein Mindestelterngeld in Höhe von monatlich 300,00 EUR vor. Als Einkommen aus Erwerbstätigkeit ist nach § 2 Abs 1 Satz 2 BEEG die Summe der positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbständiger Arbeit und nichtselbständiger Arbeit im Sinne von § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 Einkommensteuergesetz (EStG) nach Maßgabe der Absätze 7 bis 9 des § 2 BEEG zu berücksichtigen.

Als Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit ist nach § 2 Abs 8 Satz 1 BEEG der um die auf dieses Einkommen entfallenden Steuern und die aufgrund dieser Erwerbstätigkeit geleisteten Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung verminderte Gewinn zu berücksichtigen. Grundlage der Einkommensermittlung ist der Gewinn, wie er sich aus einer mindestens den Anforderungen des § 4 Abs 3 EStG entsprechenden Berechnung ergibt (§ 2 Abs 8 Satz 2 BEEG). Ist die dem zu berücksichtigenden Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit zugrundeliegende Erwerbstätigkeit sowohl während des gesamten für die Einkommensermittlung vor der Geburt des Kindes maßgeblichen Zeitraums als auch während des gesamten letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraums ausgeübt worden, gilt nach § 2 Abs 9 Satz 1 BEEG abweichend von Absatz 8 als vor der Geburt des Kindes durchschnittlich erzieltes monatliches Einkommen aus dieser Erwerbstätigkeit der durchschnittlich monatlich erzielte Gewinn, wie er sich aus dem für den Veranlagungszeitraum ergangenen Steuerbescheid ergibt. Dies gilt nicht, wenn die berechtigte Person im Veranlagungszeitraum Elterngeld für ein älteres Kind bezogen hat (§ 2 Abs 9 Satz 2 iVm § 2 Abs 7 Satz 5 BEEG). Als auf den Gewinn entfallende Steuern ist bei Anwendung von § 2 Abs 9 Satz 1 BEEG der auf die Einnahmen entfallende monatliche Anteil der im Steuerbescheid festgesetzten Einkommensteuer einschließlich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer anzusetzen.

Die Klägerin übte ihre selbständige Tätigkeit sowohl während des gesamten für die Einkommensermittlung vor der Geburt von A maßgeblichen Zeitraums als auch während des gesamten letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraums aus. Im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum vor der Geburt von A - im Steuerjahr 2008 - bezog die Klägerin keine Leistungen im Sinne des § 2 Abs 7 Satz 5 bis 7 BEEG (insb Bezug von Eltern- oder Mutterschaftsgeld). Damit gilt gemäß § 2 Abs 9 Satz 1 BEEG als vor der Geburt des Kindes durchschnittlich erzieltes monatliches Einkommen der durchschnittlich monatliche erzielte Gewinn aus der selbständigen Tätigkeit, wie er sich aus dem Steuerbescheid für 2008 ergibt. Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2008 ist der Gewinn der Einkünfte der Klägerin aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 31.688,00 EUR ausgewiesen.

Zutreffend hat die Beklagte von den Einnahmen den monatlichen Anteil der im Steuerbescheid festgesetzten Einkommensteuer einschließlich Solidaritätszuschlag abgezogen. Dies ergibt sich bereits aus § 2 Abs 9 Satz 4 BEEG (in der Fassung vom 05.12.2006). Danach ist als auf den Gewinn entfallende Steuern "der auf die Einnahmen entfallende monatliche Anteil der im Steuerbescheid festgesetzten Einkommensteuer einschließlich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer anzusetzen". Die Beklagte hatte die Steuerschuld demnach nicht selbst anhand der Vorschriften der Abgabenordnung zu berechnen, sondern die Zahlen aus dem Einkommensteuerbescheid zugrundezulegen. Dies gilt auch, wenn – wie hier – der Elterngeldberechtigte mit seinem Ehegatten nach § 26b EStG zusammen veranlagt ist. Bei dieser Veranlagungsart werden die von beiden Eheleuten erzielten Einkünfte zunächst zusammengerechnet und sodann die Ehegatten als ein Steuerpflichtiger (Ehe als Wirtschaftsgemeinschaft) behandelt, also vom Gesamtbetrag der (positiven) Einkünfte (§ 2 Abs 3 EStG) die Sonderausgaben (§§ 10 ff EStG), die außergewöhnlichen Belastungen (§§ 33 bis 33c EStG) und der existenzsichernden Aufwendungen abgezogen (vgl § 2 Abs 4 und 5 EStG). Die Einkommensteuer (einschließlich Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag) wird nach dem Splitting-Verfahren, also nach der in § 32a Abs 5 EStG vorgeschriebenen Halbteilung des Einkommens, ermittelt. Danach beträgt die tarifliche Einkommensteuer das Zweifache des Steuerbetrags, der sich für die Hälfte des gemeinsam zu versteuernden Einkommens ergibt. Die Klägerin wird demnach so behandelt, als hätte sie die Hälfte des Gesamtbetrags der Einkünfte erzielt. Somit ist es folgerichtig, bei der Berechnung des Elterngeldes die Steuerlast der Klägerin entsprechend ihrem proportionalen Anteil am gemeinsam erwirtschafteten Gesamteinkommen zu bestimmen und nicht anhand einer fiktiven Betrachtung nur ihres Einkommens, dh anhand der Einkommensteuer-Grundtabelle für Alleinstehende. Diese Vorgehensweise entspricht dem Willen des Gesetzgebers (vgl BT-Drucks 16/2785 S 38) und blieb höchstrichterlich unbeanstandet (BSG 17.02.2011, B 10 EG 1/10 R, juris-RdNr 30 f; vgl auch LSG Nordrhein-Westfalen 27.04.2010, L 13 EG 55/09 und 12.04.2011, L 13 EG 57/09, beide juris).

Ein Verstoß gegen das Grundgesetz ergibt sich daraus nicht. Mangels vorgegebener Referenzgröße aufgrund eines versicherungstypischen Gegenseitigkeitsverhältnisses von Beiträgen und Leistungen (vgl BVerfG 7.12.2010, 1 BvR 2628/07, juris-RdNr 36) steht es dem Gesetzgeber grundsätzlich frei, bei der gesetzlichen Ausgestaltung steuerfinanzierter Sozialleistungen, die nicht auf eigenen Beiträgen des Anspruchsberechtigten beruhen, eigenständige Regelungen zu treffen und zur Verwirklichung der Gesetzesziele den als Referenzgröße maßgeblichen Begriff frei zu wählen (BSG 17.02.2011, B 10 EG 17/09 R, juris-RdNr 68 mwN, zur Verfassungsmäßigkeit des Anknüpfens an das im Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt des Kindes bezogene Einkommen aus Erwerbstätigkeit). Aus Art 6 Abs 1 GG folgt nicht, dass verheirateten Eltern über das Ehegattensplitting hinaus im Rahmen des Elterngeldes ein weiterer Vorteil gegenüber nichtverheirateten Eltern oder Alleinerziehenden einzuräumen wäre.

Aus dem Einkommen der Klägerin ergeben sich deshalb Steuern (einschließlich Solidaritätszuschlag) aus dem Anteil der im Steuerbescheid für die Eheleute insgesamt festgesetzten Steuern (26.248,00 EUR + 1.443,64 EUR = 27.691,64 EUR), der dem Anteil der Einkünfte der Klägerin aus selbständiger Arbeit (31.688,00 EUR) an dem ebenfalls im Steuerbescheid ausgewiesenen Gesamtbetrag der Einkünfte (110.086,00 EUR) entspricht (28,78476 %), zuzüglich der allein für die Klägerin festgesetzten Kirchensteuer in Höhe von 425,25 EUR. Im Ergebnis errechnet sich vorliegend ein Betrag in Höhe von 8.396,22 EUR [{28,78476 % von 27.691,64 EUR} + 425,25 EUR]. Unter Berücksichtigung der Sozialausgaben der Klägerin in Höhe von 5.934,24 EUR ergibt sich als Nettoeinkünfte mithin ein Betrag von 17.357,54 EUR (31.688,00 EUR - 8.396,22 EUR - 5.934,24 EUR), also monatlich 1.446,46 EUR.

Da nachgeburtlich keine positiven Einkünfte erzielt wurden, ist keine Differenzberechnung vorzunehmen (§ 2 Abs 3 BEEG). Unter Ansatz eines Prozentsatzes von 67 % ergibt sich somit ein monatlicher Zahlbetrag von 969,13 EUR.

Die Beklagte durfte den ursprünglichen Bewilligungsbescheid abändern und das zu viel ausbezahlte Elterngeld zurückfordern. Hierzu war die Beklagte nach § 8 Abs 3 BEEG (in der bis 31.12.2010 gültigen Fassung) berechtigt, da das vorgeburtliche Einkommen der Klägerin ohne Steuerbescheid für das Jahr 2008 nicht abschließend ermittelt werden konnte. Der Bescheid über die vorläufige Bewilligung erledigte sich mit der Entscheidung über die endgültige Leistungsbewilligung gemäß § 39 Abs 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) auf sonstige Weise; einer Aufhebung des Bescheides vom 07.05.2009 bedurfte es nicht. Soweit aufgrund der vorläufigen Leistungsbewilligung Elterngeld bezahlt wurde, sind diese Zahlungen auf die endgültig bewilligte Leistung anzurechnen; zu viel gezahlte Vorschüsse sind zu erstatten (§ 42 Abs 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB I; vgl hierzu Urteile des Senats vom 28.03.2012, L 11 EG 3954/11 und 18.05.2010, L 11 R 3189/09; jeweils juris, mwN). Die Anrechnung der Vorschüsse auf die zustehenden Leistungen sowie die Erstattungspflicht sind selbstverständliche Folgen einer Vorschusszahlung (Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, § 42 SGB I § 42 RdNr 15). Darüber hinaus wurde die Klägerin im Bescheid vom 07.05.2009 auf die Erstattungspflicht im Falle einer Überzahlung hinreichend deutlich hingewiesen (vgl BSG 05.04.2012, B 10 EG 10/11 R, juris-RdNr 43). Unter Zugrundelegung der Differenz zwischen den im Ausgangsbescheid bewilligten Zahlbeträgen und den zustehenden Leistungsansprüchen ergibt sich der Erstattungsbetrag in Höhe von 4.912,04 EUR.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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