L 1 U 2581/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 10 U 3909/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 2581/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 10.05.2012 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung von Unfallfolgen im Streit.

Der Kläger ist am 09.11.1958 geboren. Er erlitt am 20.03.2010 gegen 16:00 Uhr als selbständig tätiger Lichttechniker bei Aufräumarbeiten im Hochlager einen Unfall, als er versuchte, eine 30 - 35 kg schwere abrutschende Palette mit dem rechten Arm aufzufangen. Der Kläger gab hierzu an, bei dem Versuch des Auffangens der Palette sofort einen stechenden Schmerz in der rechten Schulter verspürt zu haben.

Der Durchgangsarzt Dr. B., den der Kläger am 21.03.2010 (Sonntagmorgen) aufsuchte, teilte den Verdacht auf eine Bizepssehnenruptur proximal rechts mit. Beim Röntgen der Schulter seien keine Anhaltspunkte für eine knöcherne Verletzung festgestellt worden. Es hätten Zeichen einer beginnenden AC-Gelenkarthrose [Acromioklavikulargelenkarthrose = Schultereckgelenkarth¬rose] vorgelegen.

Eine von dem Radiologen Dr. F. am 23.03.2010 durchgeführte Magnetresonanztomographie (MRT) zeigte eine Partialruptur des Musculus supraspinatus ["Obergrätenmuskel" als Teil der Rotatorenmanschette, welche den Kopf des Oberarmknochens in der Gelenkpfanne der Schulter hält] sowie degenerative Veränderungen der Supraspinatussehne im Bereich des Ansatzes. Dr. B. wies am 25.03.2010 daraufhin, dass eine Arthroskopie des rechten Schultergelenkes unumgänglich sei.

Diese ist am 30.03.2010 durch Dr. B. durchgeführt worden. Der Kläger sei mit starken Schmerzen in der rechten Schulter eingeliefert worden. Nach Durchführung einer arthroskopischen Acromioplastik und einer anschließenden Mobilisierung und adaptierten Schmerztherapie sei der Kläger am 15.04.2010 schmerzfrei aus der stationären Behandlung entlassen worden.

Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 29.04.2010 das Vorliegen eines Arbeitsunfalles mit einer unfallbedingten Zerrung der rechten Schulter fest, welche inzwischen verheilt sei. Der erst später festgestellte Teilriss der Supraspinatussehne sowie die degenerativen Veränderungen des Schultergelenks seien nicht durch den Arbeitsunfall verursacht worden. Eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit habe nur bis zum 28.03.2010 bestanden. Die Gewährung einer Verletztenrente wurde abgelehnt, weil die Erwerbsfähigkeit nicht über die 26. Woche nach dem Eintritt des Arbeitsunfalls hinaus um wenigstens 20 vom Hundert (v.H.) gemindert sei.

Seinen Widerspruch begründete der Kläger damit, dass er vor dem Unfall beschwerdefrei gewesen sei, nunmehr jedoch nicht mehr über Kopf arbeiten könne. Als Lichttechniker habe er zwar nur überwiegend leichte Montagearbeiten durchzuführen, die jedoch häufig über dem Kopf erfolgten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27.10.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Es sei beim Auffangen einer Palette mit ausgestrecktem Arm, also bei einem muskulär geführten Bewegungsablauf, zu einem plötzlichen Schmerz in der rechten Schulter gekommen. Der geschilderte Unfallmechanismus sei nach der herrschenden Meinung nicht geeignet, das festgestellte Schadensbild zu verursachen. Bedingt durch die anatomischen Verhältnisse unterliege das Schultergelenk durch Belastung und Beanspruchung einem hohen Maß an Degeneration bzw. Verschleiß. Das Auftreten der Beschwerden in zeitlichem Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall sei kein Nachweis für die Verursachung durch den Unfall, da Veränderungen der Supraspinatussehne sich häufig bis zum Auftreten eines Defekts klinisch stumm entwickelten.

Der Kläger hat am 15.11.2010 durch seine Bevollmächtigten beim Sozialgericht Ulm (SG) Klage erhoben, mit der er unter anderem eine nicht ausreichende medizinische Sachverhaltsaufklärung gerügt hat. Die Beklagte hat im Klageverfahren eine Stellungnahme ihres Beratungsarztes Dr. K. vom 05.02.2011 vorgelegt, wonach der geschilderte Unfallmechanismus nicht geeignet sei, eine Partialruptur der Supraspinatussehne zu verursachen. Hierfür spreche auch, dass der Kläger erst am Tag nach dem Ereignis den Durchgangsarzt aufgesucht habe und zunächst lediglich der Verdacht auf eine Bizepssehnenruptur rechts proximal gestellt worden sei. Die klinische Erstuntersuchung schließe ebenfalls eine traumatische Rotatorenmanschettenruptur aus, nativ-röntgenologisch habe man bereits eine deutliche AC-Gelenkarthrose erkennen können, welche zu dem vorbestehenden Beschwerdebild passe. Es liege eine Impingementsyndrom [Verengungssyndrom] an der Schulter vor, in dessen Rahmen es zu einem vorzeitigen Verschleiß der Sehne komme. Die MRT-Aufnahme vom 23.02.2010 beschreibe keinerlei Veränderungen, die einem traumatischen Ereignis zugeordnet werden könnten. Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers hat das SG ein Sachverständigengutachten bei dem Orthopäden Dr. T. eingeholt, welches dieser am 08.11.2011 erstellt hat. Beim Kläger lägen an der rechten Schulter unter anderem eine ausgedehnte Supraspinatussehnenteilruptur, eine mechanische subacromiale Enge mit Impingementsyndrom, eine hieraus resultierende Bewegungseinschränkung, eine Schultereckgelenksarthrose und ein regelmäßiger Schmerzmittelkonsum wegen Schulterschmerzen vor. Diese Beschwerden seien durch den Unfall wesentlich verschlimmert worden. Aus der subjektiven Beschwerdefreiheit des Klägers vor dem Unfall könne nicht auf eine vorherige völlige Intaktheit der Schulterstrukturen geschlossen werden. Laut MRT und OP-Bericht hätten beim Kläger prädisponierende, als degenerativ einzustufende Veränderungen bestanden. Es habe eine mechanische Enge unter dem rechten Schulterdach vorgelegen, wodurch die Sehnengleitung der Rotatorenmanschette behindert gewesen sei und die Sehnen aufgerieben worden seien. Ein weiterer Hinweis auf vorliegende Degenerationen sei die intraoperativ dargestellte Auffaserung der Subscapularissehne ohne Rupturnachweis sowie eine makroskopische Degeneration der Pfannenrandverstärkung. Im Operationsbericht vom 30.03.2010 seien keine frischen posttraumatischen Sehnenveränderungen genannt, ein histologischer Befundbericht liege nicht vor. Die erlittene ausgedehnte Partialruptur, die teilweise sogar als komplette Ruptur imponiere, sei auf dem Boden der verschiedenen Veränderungen zu sehen. Der Unfallmechanismus entspreche einer massiven Traktur nach caudal, gegebenenfalls in Kombination in Richtung ventral, sodass der Unfallmechanismus als adäquates Trauma anzusehen sei. Zwar liege eine überwiegend degenerative Vorschädigung vor, doch sei der Unfallmechanismus für die konkret aufgetretenen Verletzungen ursächlich geworden. Diesem komme mehr als die Bedeutung einer Gelegenheitsursache zu. Unter der Maßgabe einer Arbeitsfähigkeit zum Zeitpunkt der Untersuchung sei von einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v.H. auszugehen. Da die letzte Operation noch kein Jahr zurückliege, könne nicht von einem Dauerzustand ausgegangen werden.

Der Beratungsarzt Dr. K. hat hierzu am 18.01.2012 erneut seine Auffassung bekräftigt, dass das Auffangen der Palette kein geeigneter Mechanismus sei, um die festgestellten Beschwerden erklären zu können. Eine isolierte Zusammenhangstrennung der Rotatorenmanschette könne nur dann akzeptiert werden, wenn das Schultergelenk unter Einsatz der Rotatorenmanschette vor der Krafteinwirkung muskulär fixiert gewesen und dann eine plötzliche Bewegung hinzugekommen wäre, die überfallartig eine Dehnungsbelastung der Sehnen der Rotatorenmanschette bewirkt hätte. Vorliegend sei jedoch nur diese Supraspinatussehne betroffen. Auch weitere Faktoren wie das Verhalten des Klägers nach dem Unfallereignis, die klinische Erstuntersuchung und auch die Kernspintomographie sprechen gegen einen Unfallzusammenhang. Insbesondere lasse sich kein Reizzustand erkennen, der auf ein frisches traumatisches Geschehen hindeute, denn frische posttraumatische Sehnenveränderungen seien auch im Operationsbericht nicht beschrieben. Schließlich habe der Gutachter bei der MdE-Bewertung auch keinerlei Abgrenzung zu den vorbestehenden degenerativen Veränderungen vorgenommen.

Der Gutachter hat am 05.03.2012 ergänzend zu den Einwendungen des Beratungsarztes Stellung genommen. Degenerative Veränderungen im Schultergelenk des Klägers seien unstreitig vorhanden, jedoch würden diese bei sehr verschiedenen Erkrankungen und frischen Verletzungen der Schulter regelmäßig festgestellt, auch wenn sie für den Patienten völlig asymptomatisch seien. Eine wesentliche Schwächung von Sehnen mit der Folge einer Ruptur müsse hieraus nicht folgen. Mit der Nichterwähnung makroskopisch beurteilter Sehnenveränderungen im OP-Bericht könne kein Vorliegen oder Nichtvorliegen einer degenerativen oder frischen Ruptur begründet werden. Bei der makroskopischen Beurteilung von Rotatorenmanschettendefekten könnten auch bei frischen Rupturen Einblutungen fehlen. Hingegen bestünden Auffaserungen sowohl bei frischen als auch älteren Rupturen, sodass auch hier makroskopisch keine Entscheidung getroffen werden könne. Abgerundete, retrahierte Sehnenstümpfe stellten ein relativ sicheres Indiz für eine ältere degenerative Ruptur dar; diese würden jedoch im OP-Bericht eindeutig verneint. Die von Dr. K. angeführte Notwendigkeit einer muskulären Fixierung als Geeignetheit für das Unfallgeschehen werde in der Literatur nicht eindeutig beantwortet. Argumentativ sei bereits eine plötzliche Traktion nach caudal auch bei entspannter Muskulatur ausreichend. Für einen geeigneten Unfallmechanismus spreche das plötzliche Auffangen eines 30 kg schweren, zu Boden stürzenden Gegenstandes. Gemäß der kernspintomographischen Bewertung vom 23.03.2010 habe sich sowohl ein Teilriss des Musculus supraspinatus sowie ein subtotaler Riss des Musculus subscapularis gefunden, sodass nicht wie angeführt nur die Supraspinatussehne betroffen gewesen sei. Auch das Verhalten des Klägers nach dem Unfall sei hiermit in Einklang zu bringen, da er sich bereits am Folgetag in Folge zunehmender Schmerzen in der erstbehandelnden Klinik in Riedlingen vorgestellt habe. Zusammenfassend lasse sich eine graduelle Gewichtung der degenerativen Veränderungen im Schultergelenk des Klägers im MRT, vor allem im Hinblick auf eine möglicherweise asymptomatische Ruptur, nicht eindeutig treffen. Aufgrund des geeigneten Unfallmechanismus und unabhängig von einer muskulären Vorspannung gehe er daher von einem wesentlichen Unfallzusammenhang aus. Ob und inwieweit funktionelle Beeinträchtigungen auf dem Boden unfallunabhängiger Erscheinungen bestanden hätten, sei unbekannt.

Mit weiteren Schreiben vom 30.03.2012 widersprach Dr. Ö. der Annahme des Gutachters, dass die degenerativen Veränderungen als altersentsprechender Befund beurteilt werden könnten. Es fänden sich im MRT sowohl eine deutliche Arthrose des Schultergelenks mit knöcherner Apposition und Hypertrophie des Kapselapparates, kleine zystische Veränderungen im ventrolateralen Anteil der Clavicula, ein Humeruskopfhochstand sowie degenerative ansatznahe Veränderungen an der Supraspinatussehne. Das dorsale Labrum sei ebenfalls deutlich mukoid degeneriert. Durch diese Veränderungen sei insgesamt ein knöchernes Impingement verursacht worden, welches dann mittelfristig den Schaden an der Supraspinatussehne auch verursacht habe. Die Sehne sei hierbei zwischen dem hypertrophen Schultereckgelenk und dem Humeruskopf zerrieben worden. Im Operationsbericht sei deswegen auch als postoperative Diagnose "Impingementsyndrom bei Partialruptur der Supraspinatussehne an der rechten Schulter" angeführt.

Mit Urteil vom 10.05.2012 hat das SG die Klage abgewiesen, wobei es der Argumentation von Dr. K. gefolgt ist. Auch der Sachverständige Dr. T. habe jedenfalls im Ergebnis die Wesentlichkeit des Unfallereignisses für den Gesundheitsschaden nicht ausreichend dargelegt. Dr. T. habe selbst ausführlich dargelegt, dass bei dem Kläger eine mechanische Enge unter dem rechten Schulterdach bestehe, welche dazu führe, dass die Sehnengleitung der Rotatorenmanschette behindert werde und die Sehnen dadurch aufgerieben, ausgedehnt, aufgefasert und degenerativ verändert würden. Auch Dr. T. habe daraufhin gewiesen, dass im Operationsbericht keine frischen posttraumatischen Veränderungen beschrieben worden seien. Alleine darauf, dass bei dem Kläger vor dem Unfallereignis eine Beschwerdefreiheit bestanden habe, komme es nicht entscheidungserheblich an, worauf auch Dr. T. hingewiesen habe. Das Urteil des SG ist dem Bevollmächtigten des Klägers am 23.05.2012 zugestellt worden.

Diese haben am 18.06.2012 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Der naturwissenschaftliche Zusammenhang der Verletzungen des Klägers mit dem Arbeitsunfall ergebe sich bereits daraus, dass dieser eine abrutschende Palette mit einem Gewicht von über 50 kg mit dem rechten Arm habe auffangen wollen. Das Gegenteil sei nicht festgestellt worden. Die Erstdiagnose habe "Verdacht auf Bizepssehnenruptur" gelautet, und anschließend sei auch Abriss "der Sehne" festgestellt worden. Allein der zeitliche Zusammenhang spreche eindeutig für ursächlichen Zusammenhang. Aus dem Operationsbericht vom 31.03.2010 des Dr. B. ergebe sich keine eindeutige Erklärung für die Frage, ob der Unfall ursächlich für den Sehnenabriss gewesen sei. Insoweit sei es jedoch selbstverständlich, dass bei einem 1958 geborenen Mann degenerative Erscheinungen auch im Bereich der rechten Schulter feststellbar seien. Eine konkrete Zuordnung des degenerativen Erscheinungsbildes zu dem Sehnenabriss sei jedoch nicht festgestellt worden. Allerdings sei im MRT sehr wohl ein sogenannter Reizerguss nachgewiesen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 10.05.2012 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 29.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.2010 abzuändern und festzustellen, dass der Teilriss der Supraspinatussehne des Klägers Folge des Arbeitsunfalles vom 20.03.2010 ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Gutachter Dr. T. zitiere zwar die Empfehlungen von Prof. Dr. L. zu adäquaten Unfallmechanismen, weiche jedoch später selbst von dieser allgemeinen Einschätzung ab. Eine Gewichtung der auch von ihm anerkannten degenerativen Veränderungen vermöge er nicht vorzunehmen, und er gehe letztlich im Zweifel zu Gunsten des Klägers von einem Unfallzusammenhang aus, was nicht zulässig sei.

Der Kläger war in der Folge in Behandlung bei dem Orthopäden Dr. G., welcher am 05.10.2012 als sachverständiger Zeuge gehört worden ist. Aus dem OP-Bericht vom 03.11.2011 geht hervor, dass beim Kläger ein Zustand nach Rotatorenmanschetten-Rekonstruktion und Bizepsstenodese vorgelegen habe und beim Vorliegen eines persönlichen Impingements eine arthroskopische Bridenresektion, eine partielle Synovektomie sowie eine Nahtmaterialentfernung durchgeführt worden seien (durch Dr. G. selbst). Vom 18.10.2010 bis zum 08.02.2012 habe sich keine Befundänderung feststellen lassen; erstmalig am 13.08.2012 sei eine Besserung der Beschwerden eingetreten. Hinsichtlich des Unfallzusammenhangs schließe er sich der Auffassung des Gutachters Dr. T. an. Es habe eine massive äußere Gewalteinwirkung vorgelegen, die in keiner Weise Tätigkeiten und Belastungen des täglichen Lebens entspreche, weshalb die Ausführungen von Oberarzt Dr. T. zutreffend seien. Die Schilderung des OP-Berichtes von Dr. B. schließe keinesfalls eine traumatische Genese der Ruptur aus. Aufgrund des Fehlens einer histologischen Untersuchung bei der ersten Operation seien auch degenerative Veränderungen nicht mit Sicherheit nachgewiesen. Die Ausführungen des Beratungsarztes Dr. K. entsprächen dem üblichen Standardtext bei Ablehnungen und gingen nicht auf die massive Krafteinwirkung des Unfallmechanismus ein.

Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG sowie die Akten des LSG Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143 f. und 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Senat hat vorliegend mit dem Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden.

Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage zulässig, da die Feststellung der nach dem Unfall verbliebenen funktionellen Einschränkungen gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG im Streit steht.

Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von längerandauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R -).

Zu Recht hat die Beklagte den Vorfall vom 20.03.2010 als Arbeitsunfall anerkannt. Jedoch ist die haftungsausfüllende Kausalität zwischen dem angeschuldigten Geschehen und der geltend gemachten Verletzung an der rechten Schulter nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu bejahen.

Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr., vgl. stellvertretend BSG vom 12.04.2005 a.a.O., Rn. 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).

Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adä-quanztheorie (vgl. hierzu BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht wer-den kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.

Bei mehreren Ursachen ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende (Mit-)Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. Ist jedoch eine Ur-sache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Be-deutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vor-handenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erschei-nungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, son-dern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung aus-gelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R -).

Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. m.w.N.). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).

Nach diesen Grundsätzen liegt zur Überzeugung des Senats eine unfallbedingte Kausalität für die geltend gemachte Gesundheitsstörung nicht vor. Das SG hat mit schlüssiger und überzeugender Begründung unter Berufung auf die Ausführungen des Dr. K., der sich auf die herrschende medizinische Literaturmeinung stützen kann, dargelegt, dass die begehrte Anerkennung als Unfallfolge nicht erfolgen kann. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf diese Ausführungen, denen der Senat sich ausdrücklich anschließt, Bezug genommen, § 153 Abs. 2 SGG.

Sofern auch der im Berufungsverfahren gehörte Dr. G. von einer Unfallkausalität ausgeht, vermag dies ebenso wie die Ausführungen des Gutachters Dr. T. nicht zu überzeugen. Vorliegend sind massive vorbestehende degenerative Veränderungen im verletzten Schulterbe-reich des Klägers festgestellt worden, die auch nach der Aussage des Gutachters Dr. T. eine Beurteilung des Kausalzusammenhangs schwierig erscheinen lassen. Unstreitig ist anerkannt, dass in dem geschädigten Bereich oft auch bei unfallfreien Versicherten degenerative Veränderungen bis zum Abriss des Musculus supraspinatus vorkommen (vgl. Fritze/Mehrhoff, Die ärztliche Begutachtung, 8. Aufl. 2012, S. 747 m.w.N.).

Der Hinweis von Dr. G. und Dr. T., wegen eines geeigneten Unfallmechanismus beim spontanen Auffangen einer schweren Last sei die Kausalität zu bejahen, vermag nicht zu überzeugen. Die Überzeugungskraft der Ausführungen von Dr. G. wird weiter dadurch abgeschwächt, dass dieser trotz der deutlichen Hinweise in der MRT-Aufnahme und im Bericht der ersten Operation sogar das Vorbestehen degenerativer Erkrankungen im geschädigten Bereich verneint.

Zu der Argumentation von Dr. T. ist anzumerken, dass seine Argumentation mit der Verletzung eines weiteren Verletzungsbereichs (Musculus supraspinatus und zusätzlich Musculus subscapularis als weiterer Bestandteil der Rotatorenmanschette) weiterhin eine isolierte Verletzung der Rotatorenmanschette beinhaltet, welche nur ausnahmsweise festgestellt werden kann (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, S. 412). Aufgrund der erheblichen vorbestehenden degenerativen Veränderungen und der fehlenden frischen Verletzungszeichen nach dem Unfall lässt dies in der Gesamtschau eine wesentliche (Teil-)Verursachung durch den Arbeitsunfall bereits als unwahrscheinlich erscheinen. Hinzukommt indes, dass der Verletzungsmechanismus entsprechend den Ausführungen von Dr. K. nicht geeignet für einen Riss der beiden Sehnen der Rotatorenmanschette war (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O. S. 412 f.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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