L 11 KR 2437/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 12 KR 4542/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 2437/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 23.04.2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Mehrkostenerstattung einer Hörgeräteversorgung.

Die 1957 geborene Klägerin ist bei der Beklagten kranken- und pflegeversichert. Mit Verordnung vom 07.01.2011 wurde ihr wegen einer mittelgradigen kombinierten Schallleitungsschwerhörigkeit eine Hörhilfe verordnet. Auf die Versorgungsanzeige eines Hörgeräteakustikers vom 04.02.2011 genehmigte die Beklagte die Versorgung zum Vertragspreis und wies die Klägerin darauf hin, dass bei Wahl einer Versorgung mit Eigenanteil mit dem Akustiker der Festpreis abgerechnet werde und dieser über den Eigenanteil an die Klägerin eine Privatrechnung ausstelle. Die Klägerin erhielt ihre Hörgeräte am 04.05.2011 und bestätigte im Rahmen der Empfangsbestätigung, über die Möglichkeit einer zuzahlungsfreien Versorgung informiert worden zu sein. Den Eigenanteil von 1.700 EUR zahlte die Klägerin, der Vertragspreis von 1.015 EUR wurde von der Beklagten getragen.

Am 16.06.2011 beantragte die Klägerin einen weiteren Zuschuss für die Hörgeräte. Bei Erprobung der Hörgeräte habe sich herausgestellt, dass sie wegen allergischer Reaktionen das Material einiger Hörgeräte nicht vertragen habe. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 18.07.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.11.2011 ab. Der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin mit Postzustellungsurkunde am 17.11.2011 zugestellt.

Hiergegen richtet sich die am 21.12.2011 (Mittwoch) zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobene Klage.

Mit Urteil vom 23.04.2012 hat das SG die Klage abgewiesen, da diese verfristet sei. Die einmonatige Klagefrist gemäß § 87 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beginne mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids. Nach § 37 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) gelte ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt werde, am 3. Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Der Widerspruchsbescheid gelte daher am 19.11.2011 als bekannt gegeben. Daran ändere die Zustellung bereits am 17.11.2011 nichts. Die einmonatige Klagefrist habe daher am Montag, 19.12.2011 geendet, die Klage sei erst am 21.12.2011 und damit zwei Tage zu spät erhoben worden. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 67 Abs 1 SGG wegen unverschuldeter Fristversäumnis seien nicht glaubhaft gemacht. Insbesondere lägen keine objektiven Anhaltspunkte dafür vor, dass die Klägerin die Klageschrift rechtzeitig zur Post gegeben habe und der verspätete Eingang auf ein ihr nicht zurechenbares Verschulden des Postunternehmens zurückzuführen sei. Dem Briefumschlag, in dem die Klage eingereicht worden sei, lasse sich ausweislich des Poststempels entnehmen, dass der Brief am 19.11.2011 zur Post gegeben worden sei. An diesem Tag sei die Klagefrist abgelaufen, so dass bei normalem Postlauf nicht mit einem rechtzeitigen Eingang der Klage habe gerechnet werden können. Unabhängig davon sei die Klage auch unbegründet (wird ausgeführt).

Gegen das ihr am 09.05.2012 zugestellte Urteil richtet sich die am 08.06.2012 eingelegte Berufung der Klägerin. Sie macht ua geltend, dass in keinster Weise auf die medizinischen Gründe eingegangen worden sei, denn nur aus diesen Gründen habe sie die von der Beklagten subventionierten Hörgeräte nicht nehmen können.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 23.04.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 18.07.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.11.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die der Klägerin für die Versorgung mit den Hörgeräten OTICON Mini EX entstandenen Kosten in vollem Umfang zu erstatten.

Die Beklagten beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die erhobene Klage sei wegen Verfristung unzulässig gewesen. Dies habe das SG im Urteil ausführlich dargestellt.

Mit Schreiben vom 11.07.2012 hat der Senat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen. Die Klägerin hat geäußert, sie sei erstaunt darüber, dass die Einhaltung der Klagefrist noch eine Rolle spiele, denn diese Formalie sei im Prozess bereits geklärt worden, der fortgesetzt worden sei und mit einem Urteil geendet habe, welches die Formalie der rechtzeitigen Zustellung nicht zum Hauptargument gehabt habe. Sie habe bereits erklärt, dass sie ihre Klage durchaus termingerecht eingereicht habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

Der Senat kann gemäß § 153 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) über die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss entscheiden, da die Berufsrichter des Senats die Berufung einstimmig für unbegründet erachten und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halten. Die Beteiligten sind zu der beabsichtigten Verfahrensweise gehört worden.

Die nach den §§ 143, 151 Abs 1, 144 Abs 1 Satz 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte sowie statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zutreffend als unzulässig abgewiesen. Das SG hat unter Berücksichtigung und Darlegung der maßgeblichen rechtlichen Vorschriften zutreffend und überzeugend ausgeführt, dass die einmonatige Klagefrist nicht eingehalten worden ist und Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht vorliegen. Den hierzu gemachten Ausführungen ist nichts hinzuzufügen, zumal die Klägerin nichts vorgetragen hat, was eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnte. Der Senat weist daher die Berufung zur Vermeidung von Wiederholungen aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück (§ 153 Abs 2 SGG).

Soweit die Klägerin meint, die Einhaltung der Klagefrist könne im Berufungsverfahren keine Rolle mehr spielen, da das SG durch Urteil in der Sache entschieden habe, verkennt sie, dass die Einhaltung der Klagefrist eine Prozessvoraussetzung darstellt, die von Amts wegen zu prüfen ist und auf die auch nicht verzichtet werden kann. Auch in der Rechtsmittelinstanz ist die Einhaltung der Klagefrist noch von Amts wegen zu prüfen (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl, § 87 RdNr 7 f). Davon abgesehen hat das SG die Klage zutreffend als unzulässig abgewiesen und gerade nicht in der Sache entschieden. Die weiteren Ausführungen des SG zur Begründetheit der Klage sind lediglich als Hilfserwägungen zu verstehen, die für die Begründung der Entscheidung selbst nicht erforderlich waren. Soweit die Klägerin ausführt, sie verstehe nicht, warum ein Verfahren überhaupt eröffnet worden sei, wenn die Voraussetzungen gar nicht gegeben gewesen seien, ist dem zu entgegnen, dass eine "Eröffnung" im Sinne einer Vorabprüfung der Zulässigkeit des Verfahrens im SGG nicht vorgesehen ist. Mit Erhebung der Klage wird diese bei Gericht rechtshängig (§ 94 SGG) und begründet die Verpflichtung des Gerichts, hierüber durch Urteil zu entscheiden (§ 125 SGG), soweit sich das Verfahren nicht anders (etwa durch Klagerücknahme) erledigt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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