Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 7 R 2325/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 4883/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 21.08.2009 aufgehoben. Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 16.05.2008 wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt höhere Altersrente unter ungekürzter Berücksichtigung seiner in Polen zurückgelegten Versicherungszeiten vom 25.02.1969 bis 18.07.1989.
Der am 15.03.1947 geborene Kläger zog am 27.06.1990 aus Polen in die Bundesrepublik Deutschland zu. Er ist Inhaber des Vertriebenenausweises B. Mit Bescheid vom 18.12.2000 stellte die Beklagte die vom Kläger in Polen zurückgelegten Zeiten vom 25.03.1963 bis 18.07.1989 als glaubhaft gemachte Beitragszeiten fest, die zu 5/6 anzurechnen seien. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
Am 28.11.2006 beantragte der Kläger die Überprüfung des Vormerkungsbescheids und legte hierzu eine Arbeitsbescheinigung für die Zeit vom 25.02.1969 bis 31.05.1988 (Arbeitsgenossenschaft A.) mit Angabe von Krankheitstagen für diesen Zeitraum vor sowie eine weitere Bescheinigung über den Zeitraum 04.06.1988 bis 17.07.1989 (E.), nach welcher der Kläger in diesem Zeitraum weder unbezahlten Urlaub genommen noch Krankengeld bezogen habe. Mit Bescheid vom 13.02.2007 lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag ab und führte aus, dass für eine volle 6/6-Anrechnung von Beitrags- und Beschäftigungszeiten in Polen ausnahmslos das polnische Legitimationsbuch maßgebend sei und die vorgelegten Bescheinigungen nicht ausreichten.
Mit seinem Widerspruch vom 07.03.2007 machte der Kläger geltend, in der Rechtsprechung hätten Negativbescheinigungen aus Polen zur vollständigen 6/6-Anrechnung der zunächst als glaubhaft angerechneten Zeiten geführt. Ein sachlicher Grund für Zweifel an den vorgelegten Bescheinigungen sei nicht erklärt worden. Mit Widerspruchsbescheid vom 06.06.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung verwies sie darauf, dass nach dem Fremdrentengesetz (FRG) Entgeltpunkte für Beitragszeiten, die nicht nachgewiesen seien, um 1/6 zu kürzen seien. Eine Beitragszeit sei nur dann voll nachgewiesen, wenn der Beweis für eine ununterbrochene Beitragsentrichtung vorliege. Hierzu sei das Legitimationsbuch mit bescheinigten Fehlzeiten vorzulegen und konkret nachzuweisen, dass die Beschäftigung im strittigen Zeitraum nicht durch nach deutschem Rentenversicherungsrecht erhebliche Tatbestände unterbrochen worden sei. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei eine Beitragszeit nur dann nachgewiesen, wenn konkrete und glaubwürdige Angaben über den Umfang der Beschäftigungszeiten und der dazwischen liegenden Arbeitsunterbrechungen vorlägen. Als Nachweis könnten Arbeitsbescheinigungen auf der Grundlage von Lohnlisten dienen, wenn aus ihnen die tatsächlichen Arbeitstage bzw Fehlzeiten vollständig hervorgingen. Die Angaben des Versicherten und die vorgelegten Unterlagen müssten in sich schlüssig sein und es dürfe kein Verdacht bestehen, dass es sich um Gefälligkeitsbescheinigungen oder gefälschte Bescheinigungen handele. Der erforderliche Nachweis sei nicht erbracht, weil aus den vorgelegten Arbeitsbescheinigungen keine Aussage über die jährlichen Urlaubstage hervorgehe. Die Arbeitsbescheinigungen seien daher unvollständig und für eine Anrechnung der Beschäftigungszeiten zu 6/6 nicht ausreichend.
Hiergegen richtet sich die am 18.06.2007 zum Sozialgericht Ulm (SG) erhobene Klage. Der Kläger wendet sich dagegen, dass die Beklagte die Anrechnung der Beitrags- und Beschäftigungszeiten in vollem Umfang wegen fehlender Angaben über die jährlichen Urlaubstage ablehne, obwohl ein tariflicher Jahresurlaub weder eine Unterbrechungszeit noch eine Anrechnungszeit darstelle.
Während des Klageverfahrens hat die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 16.05.2008 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit beginnend ab 01.07.2008 mit einem monatlichen Zahlbetrag von 809,14 EUR bewilligt. Die Rentenwertfeststellung erfolgte hinsichtlich der Zeiten vom 25.02.1969 bis 18.07.1989 unter Anrechnung zu 5/6. Dieser Bescheid ist dem SG nicht bekannt gegeben worden.
Mit Urteil vom 21.08.2009 hat das SG die Klage wegen Überprüfung des Vormerkungsbescheids abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen auf die Begründung des Widerspruchsbescheids Bezug genommen und ergänzend ausgeführt, dass die in § 22 Abs 3 FRG vorgegebene Kürzung auf 5/6 bei nicht nachgewiesenen Beitrags- oder Beschäftigungszeiten von der Erfahrung ausgehe, dass Beschäftigungszeiten im Allgemeinen nur zu 5/6 mit Beiträgen belegt seien. Nachgewiesen seien Beschäftigungs- und Beitragszeiten dann, wenn das Gericht zur Überzeugung gelange, dass im Einzelfall eine höhere Beitrags- oder Beschäftigungsdichte erreicht worden sei. Vorliegend sei für das Gericht nicht erkennbar, worauf sich die am 29.11.2006 ausgestellten Bescheinigungen stützten. Zwar enthielten diese den Hinweis, dass sie anhand von Archivunterlagen ausgestellt worden seien, das Gericht habe jedoch keine Möglichkeit zu einem entsprechenden Abgleich der Unterlagen. Insbesondere müssten aus einer Arbeitsbescheinigung die tatsächlichen Arbeitstage und die Fehlzeiten einschließlich des bezahlten und unbezahlten Urlaubs vollständig hervorgehen. Die Bescheinigungen stellten nicht sicher, dass es während der bescheinigten Zeit nicht zu einer Unterbrechung der Beschäftigung gekommen sei.
Gegen das ihm am 28.08.2009 zugestellte Urteil richtet sich die am 28.09.2009 eingelegte Berufung des Klägers, mit welcher er die Gewährung höherer Rente ab 01.07.2008 begehrt ohne Absenkung der Entgeltpunkte auf 5/6 für den Zeitraum 25.02.1969 bis 18.07.1989. Aufgrund der bisherigen Rechtsprechung des BSG habe eine Anrechnung von Beitrags- und Beschäftigungszeiten dann in vollem Umfang zu erfolgen, wenn die Arbeitgeberbescheinigungen konkrete und glaubwürdige Angaben über den Umfang der Beitrags- oder Beschäftigungszeit und eventuell dazwischen liegende Anrechnungszeiten enthielten. Diesen Kriterien entsprächen die vorgelegten Bescheinigungen. Ein weitergehendes Erfordernis zu Aussagen über jährliche Urlaubstage stehe außerhalb des Rahmens der bestehenden Rechtspraxis. Ein tariflicher Jahresurlaub stelle weder eine Unterbrechungszeit, noch eine Anrechnungszeit dar. Ergänzend hat der Kläger eine neue Bescheinigung der Arbeitsgenossenschaft A. vom 08.10.2009 mit einer Aufstellung der Krankheitstage im Zeitraum 25.02.1969 bis 31.05.1988 vorgelegt. Das polnische Legitimationsbuch hat er nach eigenen Angaben bei seinen vielfachen Umzügen aus den Augen verloren, jetzt sei es nicht mehr auffindbar.
Die Beklagte hat über die deutsch-polnische Verbindungsstelle in Berlin eine Auskunft bei der polnischen Sozialversicherungsanstalt ZUS eingeholt, welche Versicherungszeiten vom 25.02.1969 bis 31.05.1988 (Arbeitsgenossenschaft A.) und vom 04.06.1988 bis 17.07.1989 (E.) bestätigt hat. Die Bestätigung ist nicht aufgrund von Versicherungsunterlagen, sondern aufgrund von Arbeitsbescheinigungen und anderen Unterlagen erfolgt. Aussagen über Fehlzeiten sind nicht getroffen worden.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 21.08.2009 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der Rentenhöchstwertfestsetzung im Bescheid vom 16.05.2008 zu verurteilen, einen höheren Rentenhöchstwert unter Anrechnung der in der Zeit vom 25.02.1969 bis 17.07.1989 zurückgelegten Pflichtbeitragszeiten zu 6/6 festzusetzen und entsprechend höhere Rente zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 16.05.2008 abzuweisen.
Sie macht geltend, die bisher schon zu 5/6 anerkannten strittigen Zeiten könnten auch nach den übersandten Unterlagen weiterhin nicht als nachgewiesen anerkannt werden. So habe der polnische Versicherungsträger die Zeiten lediglich aufgrund von Arbeitsbescheinigungen und anderen Unterlagen (die zur Glaubhaftmachung führten) und nicht aufgrund von Versicherungsunterlagen bestätigt.
Das ursprünglich unter dem Aktenzeichen L 11 R 4438/09 geführte Berufungsverfahren hat mit Beschluss vom 25.03.2010 geruht und ist nach Wiederanrufung durch die Beklagte am 15.10.2010 unter dem Aktenzeichen L 11 R 4883/10 fortgeführt worden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Begehren des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Senat hat trotz Ausbleiben des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung verhandeln und entscheiden können, denn der ordnungsgemäß zum Termin geladene Kläger war in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden (§ 110 Abs 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Die gemäß §§ 143, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und auch ansonsten statthafte (§ 143 SGG) Berufung des Klägers ist zulässig, in der Sache jedoch nur insoweit begründet, als das SG nicht mehr über den Bescheid vom 13.02.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids 06.06.2007 hätte entscheiden dürfen.
Der Kläger begehrt nunmehr nur noch, die Beklagte unter Aufhebung der bisherigen Rentenhöchstwertfestsetzung zu verurteilen, einen höheren monatlichen Wert des Anspruchs auf Altersrente festzusetzen und entsprechend mehr zu zahlen. Insoweit verfolgt er dieses Begehren zulässig mit der kombinierten Anfechtungs- und (unechten) Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG). Nach dem Klagebegehren ist ausschließlich darüber zu entscheiden, ob dem Kläger ein Anspruch auf höhere Rente allein deswegen zusteht, weil er aufgrund der in Polen in der Zeit vom 25.02.1969 bis 18.07.1989 zurückgelegten Beschäftigungszeiten eine höhere Zahl von Entgeltpunkten als die von der Beklagten berücksichtigten erworben hat, die entsprechend bei Berechnung der Rente in die Rentenformel einzusetzen sind.
Der während des Klageverfahrens ergangene wertfestsetzende Verwaltungsakt im Bescheid vom 16.05.2008 hat den im Überprüfungsverfahren zum Vormerkungsbescheid vom 18.12.2000 ergangenen Bescheid vom 13.02.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.06.2007 gemäß § 96 Abs 1 SGG vollständig ersetzt, soweit es um die hier allein streitige Frage der Anerkennung der Zeit vom 25.02.1969 bis 18.07.1989 als nachgewiesene Beitragszeit geht (vgl BSG 14.05.2003, B 4 RA 26/02 R, SozR 4-2600 § 256b Nr 1). Die Beklagte hat mit Blick auf das laufende gerichtliche Verfahren eine Regelung über die Anrechnung dieser Zeiten im Rentenbescheid auch nicht ausdrücklich ausgespart (vgl zu einer derartigen Konstellation Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg L 4 R 1243/09). Der Bescheid vom 13.02.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.06.2007 war dadurch nicht mehr Klagegegenstand, so dass das SG zu Unrecht seinen klageabweisenden Urteilsausspruch hierauf bezogen hat (BSG 14.05.2003, aaO; BSG 06.04.2006, B 7a AL 64/05 R, juris). Aus diesem Grund war das Urteil aufzuheben. Dagegen hat das SG über den Bescheid vom 16.05.2008, der ihm nicht bekannt war, nicht entschieden, so dass der Senat hierüber auf Klage zu befinden hat (BSG 25.02.2010, B 13 R 61/09 R, SozR 4-5050 § 22 Nr 10). Ein Vorverfahren ist insoweit nicht erforderlich (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl, § 96 RdNr 11c mwN). Im Übrigen bestünde nach Erlass des Rentenbescheids auch kein Rechtsschutzbedürfnis mehr zur Durchführung eines gesonderten Rechtsbehelfsverfahrens nur in Bezug auf den Vormerkungsbescheid (BSG 06.05.2010, B 13 R 118/08 R, juris).
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung höherer Rente. Der Wert des Anspruchs auf Rente (sog Monatsbetrag) ist rechnerisch das Produkt aus der Summe der unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten Entgeltpunkte, dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert (§ 64 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI)). Der Kläger beanstandet allein die ermittelten Entgeltpunkte, denn er ist der Auffassung, die in Polen zurückgelegten Beitragszeiten seien als nachgewiesene Zeiten zu werten, weshalb eine Kürzung der Entgeltpunkte hierfür auf 5/6 nicht in Betracht komme.
Für die in Polen zurückgelegten Versicherungszeiten ist das deutsch-polnische Sozialversicherungsabkommen vom 09.10.1975 (DPSVA 1975) maßgeblich. Dieses ist auf den Kläger trotz des inzwischen in Kraft getretenen DPSVA vom 08.12.1990 nach dessen Art 27 Abs 2 (BGBl 1991 II 743) weiterhin anzuwenden, weil der Kläger seinen Wohnsitz seit Juni 1990 im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland hat und die in Polen vor dem 01.01.1991 erworbenen Ansprüche und Anwartschaften durch das neue Abkommen nicht berührt werden. Nach Art 4 Abs 2 DPSVA 1975 berücksichtigt der Rentenversicherungsträger des Staates, in dem der Berechtigte wohnt, Versicherungszeiten, Beschäftigungszeiten und diesen gleichgestellten Zeiten im anderen Staat so, als ob sie in seinem Staatsgebiet zurückgelegt worden wären. Dies gilt auch für entsprechende Zeiten, die vor Inkrafttreten des DPSVA 1975 zurückgelegt worden sind (Art 15 Abs 2 DPSVA 1975). Gemäß Art 2 Abs 1 des Zustimmungsgesetzes zum DPSVA 1975 vom 12.03.1976 (BGBl 1976 II 393 idF durch Art 20 Nr 2 und 3 des Rentenreformgesetzes (RRG) 1992 vom 18.12.1989, BGBl I 2261 idF durch Art 20 des RRG 1999 vom 16.12.1997, BGBl I 3035) werden die Zeiten, die nach dem polnischen Recht der Rentenversicherung zu berücksichtigen sind, in Anwendung des FRG und des Fremdrenten- und Auslandsrentenneuregelungsgesetzes (FANG) berücksichtigt. Dies bedeutet, dass alle FRG-Regelungen - mit Ausnahme der Zugangsvorschriften - zu beachten sind.
Nach § 15 Abs 1 Satz 1 FRG stehen bei Personen, die zu dem nach § 1 FRG berechtigten Personenkreis gehören, Beitragszeiten, die bei einem nicht deutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt sind, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich. Nach § 22 Abs 1 FRG werden für Zeiten der in §§ 15 und 16 genannten Art Entgeltpunkte in Anwendung von § 256b Abs 1 Satz 1 1. Halbsatz, Satz 2 und 9 SGB VI ermittelt. Gemäß § 4 Abs 1 und 2 FRG genügt es für die Feststellung der nach diesem Gesetz erheblichen Tatsachen, wenn diese Tatsachen glaubhaft gemacht sind. Nach § 22 Abs 3 FRG werden für Beitrags- oder Beschäftigungszeiten, die nicht nachgewiesen sind, allerdings die nach § 22 Abs 1 FRG ermittelten Entgeltpunkte um 1/6 gekürzt. An der Anwendbarkeit dieser Vorschriften hat sich durch den EU-Beitritt Polens zum 01.05.2004 nichts geändert (vgl Senatsurteil 20.07.2010, L 11 R 3478/09 zu Rumänien). Die Anwendbarkeit von § 22 Abs 3 FRG ist auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass bis zur Änderung des Zustimmungsgesetzes zum DPSVA 1975 mit Wirkung vom 01.07.1990 (RRG 1992 v 18.12.1989, BGBl I 2261, 2375) polnische Abkommenszeiten generell ungekürzt angerechnet wurden ohne die in § 19 Abs 2 FRG aF vorgesehene zeitraummäßige 5/6-Kürzung. Die Umstellung der zeitraummäßigen auf die wertmäßige Kürzung ist eine Folge der geänderten Rentenberechnung und führt auch bei glaubhaft gemachten Zeiten nach dem DPSVA 1975 zu einer Kürzung der Entgeltpunkte (vgl Poletzky/Pflaum, DPSVA 1975, Nachtrag zur 2. Aufl der Polenbroschüre, Stand 31.12.1998, Teil C 6.4.1.1; LSG Baden-Württemberg 19.12.2000, L 13 RA 2156/99; LSG Berlin 26.05.2004, L 6 RJ 31/03; LSG für das Saarland 04.08.2006, L 7 RJ 42/04; Bayerisches LSG 15.02.2012, L 19 R 8/10; LSG Berlin-Brandenburg 29.03.2012, L 3 R 315/10; aA LSG Niedersachsen-Bremen 21.09.2011, L 2 R 321/11, juris).
Glaubhaft gemacht ist eine Tatsache, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Dies gilt auch für außerhalb der Bundesrepublik eingetretene Tatsachen, die nach den allgemeinen Vorschriften erheblich sind. Demgegenüber sind nachgewiesen nur solche Tatsachen, von deren Vorliegen das Gericht überzeugt ist. Dies ist dann der Fall, wenn das Vorliegen der Tatsachen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann. Ernsthafte Zweifel dürfen nicht bestehen. Die Regelung des § 22 Abs 3 FRG berücksichtigt, dass bei fehlendem Nachweis von Beitragszeiten in diese Zeiten auch Zeiten einer Arbeitsunfähigkeit oder einer sonstigen Arbeitsunterbrechung fallen können, für die der Arbeitgeber keine Beiträge zur Rentenversicherung entrichten musste oder solche Zeiten jedenfalls nicht ausgeschlossen werden können (BSG 21.08.2008, B 13/4 R 25/07 R, SozR 4-5050 § 26 Nr 1). Die Regelung geht von der Erfahrung aus, dass Beschäftigungszeiten im Allgemeinen nur zu 5/6 mit Beiträgen belegt sind. Nachgewiesen können Beschäftigungs- und Beitragszeiten daher sein, wenn das Gericht zur Überzeugung gelangt, dass im Einzelfall eine höhere Beitrags- oder Beschäftigungsdichte erreicht worden ist. Diese Feststellung lässt sich dann treffen, wenn konkrete und glaubwürdige Angaben über den Umfang der Beschäftigungszeiten und die dazwischenliegenden Arbeitsunterbrechungen vorliegen und letztere nicht 1/6 erreichen (stRspr BSG 09.11.1982, 11 RA 64/81, SozR 5050 § 15 Nr 23; Senatsurteil 20.07.2010, L 11 R 3478/09).
Die vom Kläger vorgelegten Bescheinigungen seiner Arbeitgeber A. und E. reichen nicht aus, um die Überzeugung des Senats davon, dass der Kläger während seiner Beitragszeiten in Polen eine höhere Beitragsdichte als zu 5/6 erreicht hat, zu begründen. Durch die vorliegenden Arbeitgeberbescheinigungen und die Auskunft des polnischen Versicherungsträgers sind die Beschäftigungen als solche nachgewiesen, dies gilt aber nicht für den Umstand, dass die Beschäftigung auch frei von jeder versicherungsrechtlich bedeutsamen Unterbrechung war. Zwar enthält die Bescheinigung der Arbeitsgenossenschaft A. Angaben über Unterbrechungen durch Krankheit, nicht aber über bezahlten oder unbezahlten Urlaub. Zudem ist zweifelhaft, ob die Bescheinigung tatsächlich anhand von noch vorliegenden Unterlagen ausgestellt worden ist. Eine Aufbewahrungspflicht für Lohnunterlagen in den Betrieben bestand nur für die Dauer von zwölf Jahren, die bescheinigten Zeiträume lagen zum Zeitpunkt der Ausstellung der Bescheinigung jedoch teilweise mehr als 30 Jahre zurück. Ohne die Möglichkeit des Abgleichs der Bescheinigung mit den Originalunterlagen sieht sich der Senat daher nicht in der Lage, frei von jedem ernsthaften Zweifel zur Überzeugung einer ununterbrochenen Beschäftigung zu gelangen. Die Bescheinigung der E. enthält ohnehin nur Angaben über Beschäftigungsbeginn und Beschäftigungsende, nicht aber über Unterbrechungen. Damit ist sie von vornherein nicht geeignet, einen Nachweis der Beitragszeit zu erbringen (vgl LSG Berlin 26.05.2004, L 6 RJ 31/03, Juris; Bayerisches LSG 22.03.2012, L 20 R 451/12, juris). Aus der Bestätigung des polnischen Versicherungsträgers ZUS lässt sich ebenfalls kein Nachweis der Beitragszeiten entnehmen, da hierin lediglich die Gesamtbeschäftigungszeiten ausgewiesen sind, ohne dass erkennbar wäre, in welchem zeitlichen Umfang Arbeitsunterbrechungen aufgetreten waren (vgl LSG für das Saarland 04.08.2006, L 7 RJ 42/04, juris). Die Bestätigung des polnischen Versicherungsträgers stützt sich insoweit allein auf Unterlagen, die zur Glaubhaftmachung der Zeiten geeignet sind. Ein Nachweis über eine ununterbrochene Beitragsentrichtung kann im Regelfall über das polnische Legitimationsbuch des Klägers geführt werden, dieses kann der Kläger nach eigenen Angaben jedoch nicht vorlegen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 1 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt höhere Altersrente unter ungekürzter Berücksichtigung seiner in Polen zurückgelegten Versicherungszeiten vom 25.02.1969 bis 18.07.1989.
Der am 15.03.1947 geborene Kläger zog am 27.06.1990 aus Polen in die Bundesrepublik Deutschland zu. Er ist Inhaber des Vertriebenenausweises B. Mit Bescheid vom 18.12.2000 stellte die Beklagte die vom Kläger in Polen zurückgelegten Zeiten vom 25.03.1963 bis 18.07.1989 als glaubhaft gemachte Beitragszeiten fest, die zu 5/6 anzurechnen seien. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
Am 28.11.2006 beantragte der Kläger die Überprüfung des Vormerkungsbescheids und legte hierzu eine Arbeitsbescheinigung für die Zeit vom 25.02.1969 bis 31.05.1988 (Arbeitsgenossenschaft A.) mit Angabe von Krankheitstagen für diesen Zeitraum vor sowie eine weitere Bescheinigung über den Zeitraum 04.06.1988 bis 17.07.1989 (E.), nach welcher der Kläger in diesem Zeitraum weder unbezahlten Urlaub genommen noch Krankengeld bezogen habe. Mit Bescheid vom 13.02.2007 lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag ab und führte aus, dass für eine volle 6/6-Anrechnung von Beitrags- und Beschäftigungszeiten in Polen ausnahmslos das polnische Legitimationsbuch maßgebend sei und die vorgelegten Bescheinigungen nicht ausreichten.
Mit seinem Widerspruch vom 07.03.2007 machte der Kläger geltend, in der Rechtsprechung hätten Negativbescheinigungen aus Polen zur vollständigen 6/6-Anrechnung der zunächst als glaubhaft angerechneten Zeiten geführt. Ein sachlicher Grund für Zweifel an den vorgelegten Bescheinigungen sei nicht erklärt worden. Mit Widerspruchsbescheid vom 06.06.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung verwies sie darauf, dass nach dem Fremdrentengesetz (FRG) Entgeltpunkte für Beitragszeiten, die nicht nachgewiesen seien, um 1/6 zu kürzen seien. Eine Beitragszeit sei nur dann voll nachgewiesen, wenn der Beweis für eine ununterbrochene Beitragsentrichtung vorliege. Hierzu sei das Legitimationsbuch mit bescheinigten Fehlzeiten vorzulegen und konkret nachzuweisen, dass die Beschäftigung im strittigen Zeitraum nicht durch nach deutschem Rentenversicherungsrecht erhebliche Tatbestände unterbrochen worden sei. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei eine Beitragszeit nur dann nachgewiesen, wenn konkrete und glaubwürdige Angaben über den Umfang der Beschäftigungszeiten und der dazwischen liegenden Arbeitsunterbrechungen vorlägen. Als Nachweis könnten Arbeitsbescheinigungen auf der Grundlage von Lohnlisten dienen, wenn aus ihnen die tatsächlichen Arbeitstage bzw Fehlzeiten vollständig hervorgingen. Die Angaben des Versicherten und die vorgelegten Unterlagen müssten in sich schlüssig sein und es dürfe kein Verdacht bestehen, dass es sich um Gefälligkeitsbescheinigungen oder gefälschte Bescheinigungen handele. Der erforderliche Nachweis sei nicht erbracht, weil aus den vorgelegten Arbeitsbescheinigungen keine Aussage über die jährlichen Urlaubstage hervorgehe. Die Arbeitsbescheinigungen seien daher unvollständig und für eine Anrechnung der Beschäftigungszeiten zu 6/6 nicht ausreichend.
Hiergegen richtet sich die am 18.06.2007 zum Sozialgericht Ulm (SG) erhobene Klage. Der Kläger wendet sich dagegen, dass die Beklagte die Anrechnung der Beitrags- und Beschäftigungszeiten in vollem Umfang wegen fehlender Angaben über die jährlichen Urlaubstage ablehne, obwohl ein tariflicher Jahresurlaub weder eine Unterbrechungszeit noch eine Anrechnungszeit darstelle.
Während des Klageverfahrens hat die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 16.05.2008 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit beginnend ab 01.07.2008 mit einem monatlichen Zahlbetrag von 809,14 EUR bewilligt. Die Rentenwertfeststellung erfolgte hinsichtlich der Zeiten vom 25.02.1969 bis 18.07.1989 unter Anrechnung zu 5/6. Dieser Bescheid ist dem SG nicht bekannt gegeben worden.
Mit Urteil vom 21.08.2009 hat das SG die Klage wegen Überprüfung des Vormerkungsbescheids abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen auf die Begründung des Widerspruchsbescheids Bezug genommen und ergänzend ausgeführt, dass die in § 22 Abs 3 FRG vorgegebene Kürzung auf 5/6 bei nicht nachgewiesenen Beitrags- oder Beschäftigungszeiten von der Erfahrung ausgehe, dass Beschäftigungszeiten im Allgemeinen nur zu 5/6 mit Beiträgen belegt seien. Nachgewiesen seien Beschäftigungs- und Beitragszeiten dann, wenn das Gericht zur Überzeugung gelange, dass im Einzelfall eine höhere Beitrags- oder Beschäftigungsdichte erreicht worden sei. Vorliegend sei für das Gericht nicht erkennbar, worauf sich die am 29.11.2006 ausgestellten Bescheinigungen stützten. Zwar enthielten diese den Hinweis, dass sie anhand von Archivunterlagen ausgestellt worden seien, das Gericht habe jedoch keine Möglichkeit zu einem entsprechenden Abgleich der Unterlagen. Insbesondere müssten aus einer Arbeitsbescheinigung die tatsächlichen Arbeitstage und die Fehlzeiten einschließlich des bezahlten und unbezahlten Urlaubs vollständig hervorgehen. Die Bescheinigungen stellten nicht sicher, dass es während der bescheinigten Zeit nicht zu einer Unterbrechung der Beschäftigung gekommen sei.
Gegen das ihm am 28.08.2009 zugestellte Urteil richtet sich die am 28.09.2009 eingelegte Berufung des Klägers, mit welcher er die Gewährung höherer Rente ab 01.07.2008 begehrt ohne Absenkung der Entgeltpunkte auf 5/6 für den Zeitraum 25.02.1969 bis 18.07.1989. Aufgrund der bisherigen Rechtsprechung des BSG habe eine Anrechnung von Beitrags- und Beschäftigungszeiten dann in vollem Umfang zu erfolgen, wenn die Arbeitgeberbescheinigungen konkrete und glaubwürdige Angaben über den Umfang der Beitrags- oder Beschäftigungszeit und eventuell dazwischen liegende Anrechnungszeiten enthielten. Diesen Kriterien entsprächen die vorgelegten Bescheinigungen. Ein weitergehendes Erfordernis zu Aussagen über jährliche Urlaubstage stehe außerhalb des Rahmens der bestehenden Rechtspraxis. Ein tariflicher Jahresurlaub stelle weder eine Unterbrechungszeit, noch eine Anrechnungszeit dar. Ergänzend hat der Kläger eine neue Bescheinigung der Arbeitsgenossenschaft A. vom 08.10.2009 mit einer Aufstellung der Krankheitstage im Zeitraum 25.02.1969 bis 31.05.1988 vorgelegt. Das polnische Legitimationsbuch hat er nach eigenen Angaben bei seinen vielfachen Umzügen aus den Augen verloren, jetzt sei es nicht mehr auffindbar.
Die Beklagte hat über die deutsch-polnische Verbindungsstelle in Berlin eine Auskunft bei der polnischen Sozialversicherungsanstalt ZUS eingeholt, welche Versicherungszeiten vom 25.02.1969 bis 31.05.1988 (Arbeitsgenossenschaft A.) und vom 04.06.1988 bis 17.07.1989 (E.) bestätigt hat. Die Bestätigung ist nicht aufgrund von Versicherungsunterlagen, sondern aufgrund von Arbeitsbescheinigungen und anderen Unterlagen erfolgt. Aussagen über Fehlzeiten sind nicht getroffen worden.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 21.08.2009 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der Rentenhöchstwertfestsetzung im Bescheid vom 16.05.2008 zu verurteilen, einen höheren Rentenhöchstwert unter Anrechnung der in der Zeit vom 25.02.1969 bis 17.07.1989 zurückgelegten Pflichtbeitragszeiten zu 6/6 festzusetzen und entsprechend höhere Rente zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 16.05.2008 abzuweisen.
Sie macht geltend, die bisher schon zu 5/6 anerkannten strittigen Zeiten könnten auch nach den übersandten Unterlagen weiterhin nicht als nachgewiesen anerkannt werden. So habe der polnische Versicherungsträger die Zeiten lediglich aufgrund von Arbeitsbescheinigungen und anderen Unterlagen (die zur Glaubhaftmachung führten) und nicht aufgrund von Versicherungsunterlagen bestätigt.
Das ursprünglich unter dem Aktenzeichen L 11 R 4438/09 geführte Berufungsverfahren hat mit Beschluss vom 25.03.2010 geruht und ist nach Wiederanrufung durch die Beklagte am 15.10.2010 unter dem Aktenzeichen L 11 R 4883/10 fortgeführt worden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Begehren des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Senat hat trotz Ausbleiben des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung verhandeln und entscheiden können, denn der ordnungsgemäß zum Termin geladene Kläger war in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden (§ 110 Abs 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Die gemäß §§ 143, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und auch ansonsten statthafte (§ 143 SGG) Berufung des Klägers ist zulässig, in der Sache jedoch nur insoweit begründet, als das SG nicht mehr über den Bescheid vom 13.02.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids 06.06.2007 hätte entscheiden dürfen.
Der Kläger begehrt nunmehr nur noch, die Beklagte unter Aufhebung der bisherigen Rentenhöchstwertfestsetzung zu verurteilen, einen höheren monatlichen Wert des Anspruchs auf Altersrente festzusetzen und entsprechend mehr zu zahlen. Insoweit verfolgt er dieses Begehren zulässig mit der kombinierten Anfechtungs- und (unechten) Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG). Nach dem Klagebegehren ist ausschließlich darüber zu entscheiden, ob dem Kläger ein Anspruch auf höhere Rente allein deswegen zusteht, weil er aufgrund der in Polen in der Zeit vom 25.02.1969 bis 18.07.1989 zurückgelegten Beschäftigungszeiten eine höhere Zahl von Entgeltpunkten als die von der Beklagten berücksichtigten erworben hat, die entsprechend bei Berechnung der Rente in die Rentenformel einzusetzen sind.
Der während des Klageverfahrens ergangene wertfestsetzende Verwaltungsakt im Bescheid vom 16.05.2008 hat den im Überprüfungsverfahren zum Vormerkungsbescheid vom 18.12.2000 ergangenen Bescheid vom 13.02.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.06.2007 gemäß § 96 Abs 1 SGG vollständig ersetzt, soweit es um die hier allein streitige Frage der Anerkennung der Zeit vom 25.02.1969 bis 18.07.1989 als nachgewiesene Beitragszeit geht (vgl BSG 14.05.2003, B 4 RA 26/02 R, SozR 4-2600 § 256b Nr 1). Die Beklagte hat mit Blick auf das laufende gerichtliche Verfahren eine Regelung über die Anrechnung dieser Zeiten im Rentenbescheid auch nicht ausdrücklich ausgespart (vgl zu einer derartigen Konstellation Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg L 4 R 1243/09). Der Bescheid vom 13.02.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.06.2007 war dadurch nicht mehr Klagegegenstand, so dass das SG zu Unrecht seinen klageabweisenden Urteilsausspruch hierauf bezogen hat (BSG 14.05.2003, aaO; BSG 06.04.2006, B 7a AL 64/05 R, juris). Aus diesem Grund war das Urteil aufzuheben. Dagegen hat das SG über den Bescheid vom 16.05.2008, der ihm nicht bekannt war, nicht entschieden, so dass der Senat hierüber auf Klage zu befinden hat (BSG 25.02.2010, B 13 R 61/09 R, SozR 4-5050 § 22 Nr 10). Ein Vorverfahren ist insoweit nicht erforderlich (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl, § 96 RdNr 11c mwN). Im Übrigen bestünde nach Erlass des Rentenbescheids auch kein Rechtsschutzbedürfnis mehr zur Durchführung eines gesonderten Rechtsbehelfsverfahrens nur in Bezug auf den Vormerkungsbescheid (BSG 06.05.2010, B 13 R 118/08 R, juris).
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung höherer Rente. Der Wert des Anspruchs auf Rente (sog Monatsbetrag) ist rechnerisch das Produkt aus der Summe der unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten Entgeltpunkte, dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert (§ 64 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI)). Der Kläger beanstandet allein die ermittelten Entgeltpunkte, denn er ist der Auffassung, die in Polen zurückgelegten Beitragszeiten seien als nachgewiesene Zeiten zu werten, weshalb eine Kürzung der Entgeltpunkte hierfür auf 5/6 nicht in Betracht komme.
Für die in Polen zurückgelegten Versicherungszeiten ist das deutsch-polnische Sozialversicherungsabkommen vom 09.10.1975 (DPSVA 1975) maßgeblich. Dieses ist auf den Kläger trotz des inzwischen in Kraft getretenen DPSVA vom 08.12.1990 nach dessen Art 27 Abs 2 (BGBl 1991 II 743) weiterhin anzuwenden, weil der Kläger seinen Wohnsitz seit Juni 1990 im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland hat und die in Polen vor dem 01.01.1991 erworbenen Ansprüche und Anwartschaften durch das neue Abkommen nicht berührt werden. Nach Art 4 Abs 2 DPSVA 1975 berücksichtigt der Rentenversicherungsträger des Staates, in dem der Berechtigte wohnt, Versicherungszeiten, Beschäftigungszeiten und diesen gleichgestellten Zeiten im anderen Staat so, als ob sie in seinem Staatsgebiet zurückgelegt worden wären. Dies gilt auch für entsprechende Zeiten, die vor Inkrafttreten des DPSVA 1975 zurückgelegt worden sind (Art 15 Abs 2 DPSVA 1975). Gemäß Art 2 Abs 1 des Zustimmungsgesetzes zum DPSVA 1975 vom 12.03.1976 (BGBl 1976 II 393 idF durch Art 20 Nr 2 und 3 des Rentenreformgesetzes (RRG) 1992 vom 18.12.1989, BGBl I 2261 idF durch Art 20 des RRG 1999 vom 16.12.1997, BGBl I 3035) werden die Zeiten, die nach dem polnischen Recht der Rentenversicherung zu berücksichtigen sind, in Anwendung des FRG und des Fremdrenten- und Auslandsrentenneuregelungsgesetzes (FANG) berücksichtigt. Dies bedeutet, dass alle FRG-Regelungen - mit Ausnahme der Zugangsvorschriften - zu beachten sind.
Nach § 15 Abs 1 Satz 1 FRG stehen bei Personen, die zu dem nach § 1 FRG berechtigten Personenkreis gehören, Beitragszeiten, die bei einem nicht deutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt sind, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich. Nach § 22 Abs 1 FRG werden für Zeiten der in §§ 15 und 16 genannten Art Entgeltpunkte in Anwendung von § 256b Abs 1 Satz 1 1. Halbsatz, Satz 2 und 9 SGB VI ermittelt. Gemäß § 4 Abs 1 und 2 FRG genügt es für die Feststellung der nach diesem Gesetz erheblichen Tatsachen, wenn diese Tatsachen glaubhaft gemacht sind. Nach § 22 Abs 3 FRG werden für Beitrags- oder Beschäftigungszeiten, die nicht nachgewiesen sind, allerdings die nach § 22 Abs 1 FRG ermittelten Entgeltpunkte um 1/6 gekürzt. An der Anwendbarkeit dieser Vorschriften hat sich durch den EU-Beitritt Polens zum 01.05.2004 nichts geändert (vgl Senatsurteil 20.07.2010, L 11 R 3478/09 zu Rumänien). Die Anwendbarkeit von § 22 Abs 3 FRG ist auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass bis zur Änderung des Zustimmungsgesetzes zum DPSVA 1975 mit Wirkung vom 01.07.1990 (RRG 1992 v 18.12.1989, BGBl I 2261, 2375) polnische Abkommenszeiten generell ungekürzt angerechnet wurden ohne die in § 19 Abs 2 FRG aF vorgesehene zeitraummäßige 5/6-Kürzung. Die Umstellung der zeitraummäßigen auf die wertmäßige Kürzung ist eine Folge der geänderten Rentenberechnung und führt auch bei glaubhaft gemachten Zeiten nach dem DPSVA 1975 zu einer Kürzung der Entgeltpunkte (vgl Poletzky/Pflaum, DPSVA 1975, Nachtrag zur 2. Aufl der Polenbroschüre, Stand 31.12.1998, Teil C 6.4.1.1; LSG Baden-Württemberg 19.12.2000, L 13 RA 2156/99; LSG Berlin 26.05.2004, L 6 RJ 31/03; LSG für das Saarland 04.08.2006, L 7 RJ 42/04; Bayerisches LSG 15.02.2012, L 19 R 8/10; LSG Berlin-Brandenburg 29.03.2012, L 3 R 315/10; aA LSG Niedersachsen-Bremen 21.09.2011, L 2 R 321/11, juris).
Glaubhaft gemacht ist eine Tatsache, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Dies gilt auch für außerhalb der Bundesrepublik eingetretene Tatsachen, die nach den allgemeinen Vorschriften erheblich sind. Demgegenüber sind nachgewiesen nur solche Tatsachen, von deren Vorliegen das Gericht überzeugt ist. Dies ist dann der Fall, wenn das Vorliegen der Tatsachen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann. Ernsthafte Zweifel dürfen nicht bestehen. Die Regelung des § 22 Abs 3 FRG berücksichtigt, dass bei fehlendem Nachweis von Beitragszeiten in diese Zeiten auch Zeiten einer Arbeitsunfähigkeit oder einer sonstigen Arbeitsunterbrechung fallen können, für die der Arbeitgeber keine Beiträge zur Rentenversicherung entrichten musste oder solche Zeiten jedenfalls nicht ausgeschlossen werden können (BSG 21.08.2008, B 13/4 R 25/07 R, SozR 4-5050 § 26 Nr 1). Die Regelung geht von der Erfahrung aus, dass Beschäftigungszeiten im Allgemeinen nur zu 5/6 mit Beiträgen belegt sind. Nachgewiesen können Beschäftigungs- und Beitragszeiten daher sein, wenn das Gericht zur Überzeugung gelangt, dass im Einzelfall eine höhere Beitrags- oder Beschäftigungsdichte erreicht worden ist. Diese Feststellung lässt sich dann treffen, wenn konkrete und glaubwürdige Angaben über den Umfang der Beschäftigungszeiten und die dazwischenliegenden Arbeitsunterbrechungen vorliegen und letztere nicht 1/6 erreichen (stRspr BSG 09.11.1982, 11 RA 64/81, SozR 5050 § 15 Nr 23; Senatsurteil 20.07.2010, L 11 R 3478/09).
Die vom Kläger vorgelegten Bescheinigungen seiner Arbeitgeber A. und E. reichen nicht aus, um die Überzeugung des Senats davon, dass der Kläger während seiner Beitragszeiten in Polen eine höhere Beitragsdichte als zu 5/6 erreicht hat, zu begründen. Durch die vorliegenden Arbeitgeberbescheinigungen und die Auskunft des polnischen Versicherungsträgers sind die Beschäftigungen als solche nachgewiesen, dies gilt aber nicht für den Umstand, dass die Beschäftigung auch frei von jeder versicherungsrechtlich bedeutsamen Unterbrechung war. Zwar enthält die Bescheinigung der Arbeitsgenossenschaft A. Angaben über Unterbrechungen durch Krankheit, nicht aber über bezahlten oder unbezahlten Urlaub. Zudem ist zweifelhaft, ob die Bescheinigung tatsächlich anhand von noch vorliegenden Unterlagen ausgestellt worden ist. Eine Aufbewahrungspflicht für Lohnunterlagen in den Betrieben bestand nur für die Dauer von zwölf Jahren, die bescheinigten Zeiträume lagen zum Zeitpunkt der Ausstellung der Bescheinigung jedoch teilweise mehr als 30 Jahre zurück. Ohne die Möglichkeit des Abgleichs der Bescheinigung mit den Originalunterlagen sieht sich der Senat daher nicht in der Lage, frei von jedem ernsthaften Zweifel zur Überzeugung einer ununterbrochenen Beschäftigung zu gelangen. Die Bescheinigung der E. enthält ohnehin nur Angaben über Beschäftigungsbeginn und Beschäftigungsende, nicht aber über Unterbrechungen. Damit ist sie von vornherein nicht geeignet, einen Nachweis der Beitragszeit zu erbringen (vgl LSG Berlin 26.05.2004, L 6 RJ 31/03, Juris; Bayerisches LSG 22.03.2012, L 20 R 451/12, juris). Aus der Bestätigung des polnischen Versicherungsträgers ZUS lässt sich ebenfalls kein Nachweis der Beitragszeiten entnehmen, da hierin lediglich die Gesamtbeschäftigungszeiten ausgewiesen sind, ohne dass erkennbar wäre, in welchem zeitlichen Umfang Arbeitsunterbrechungen aufgetreten waren (vgl LSG für das Saarland 04.08.2006, L 7 RJ 42/04, juris). Die Bestätigung des polnischen Versicherungsträgers stützt sich insoweit allein auf Unterlagen, die zur Glaubhaftmachung der Zeiten geeignet sind. Ein Nachweis über eine ununterbrochene Beitragsentrichtung kann im Regelfall über das polnische Legitimationsbuch des Klägers geführt werden, dieses kann der Kläger nach eigenen Angaben jedoch nicht vorlegen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 1 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
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