L 3 R 423/12

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 6 R 315/11
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 3 R 423/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 R 62/13 B
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
NZB als unzulässig verworfen
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 23.03.2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) über die Anrechnung von Einkommen auf Hinterbliebenenleistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

Die 1954 geborene Klägerin bezieht als ehemalige Landesbeamtin seit November 2001 nach Feststellung ihrer Dienstunfähigkeit ein laufendes Ruhegehalt vom Landesamt für Besoldung und Versorgung (LBV). Am 24.07.2002 beantragte sie bei der Beklagten die Gewährung einer Witwenrente aus der Versicherung ihres am 00.00.2002 verstorbenen Ehemannes (nachfolgend: Versicherter). In der nachgereichten Anlage R 666 gab sie an, dass sie sich Ende 2002 "in Nebentätigkeit" selbständig gemacht habe und bislang nur Kosten entstanden seien. Die Beklagte forderte die Klägerin auf, ihr Arbeitseinkommen aus Juli 2003 sowie aus dem Vorjahr nachzuweisen. Die Klägerin teilte daraufhin mit, dass sie sich im Rahmen einer Einzelpraxis als Steuerberaterin selbständig gemacht habe. Die Kosten würden derzeit die Einnahmen nicht decken.

Mit Bescheid vom 18.09.2003 bewilligte die Beklagte der Klägerin große Witwenrente ab dem 00.00.2002 einschließlich eines Zuschusses zur Kranken- und Pflegeversicherung mit einem Zahlbetrag von 576,54 EUR. Bei der Bestimmung des Zahlbetrags brachte die Beklagte das Ruhegehalt der Klägerin von zunächst 1.967,37 EUR brutto mit einem Betrag von 212,18 EUR zur Anrechnung. Die Rentengewährung erfolgte ohne Berücksichtigung weiterer rentenrechtlicher Zeiten, deren Anerkennung der Versicherte noch zu Lebzeiten im Rahmen eines noch nicht beschiedenen Widerspruchs gegen einen Feststellungsbescheid der Beklagten vom 24.01.2002 geltend gemacht hatte.

Gegen den Bescheid vom 18.09.2003 erhob die Klägerin am 21.10.2003 Widerspruch und begründete diesen im Februar 2004 damit, dass die Beklagte bei der Anrechnung der Versorgungsbezüge eine jährliche Sonderzuwendung in Höhe von 1.798 EUR unterstellt habe. Tatsächlich habe sie aber im Dezember 2003 nur eine Sonderzuwendung in Höhe von 941,45 EUR brutto erhalten. Die Rente sei entsprechend neu zu berechnen. Zudem sei eine Einkommensanrechnung nicht vorzunehmen, weil ihr Ehemann und sie seit 1977 verheiratet gewesen seien und beide erklärt hätten, dass für mögliche künftige Renten das "alte Recht" anwendbar sei. Dieses "alte Recht" sehe eine Einkommensanrechnung nicht vor.

Mit Bescheid vom 30.09.2004 berechnete die Beklagte die Witwenrente ab dem 01.07.2003 neu und berücksichtigte ab diesem Zeitpunkt eine jährliche Sonderzuwendung von 941,45 EUR.

Die Beklagte ermittelte anschließend erfolglos zu der Frage, ob die Klägerin und der Versicherte eine Erklärung zur Anwendbarkeit des bis 1985 geltenden Hinterbliebenenrechts abgegeben hatten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25.04.2005 wies die Beklagte sodann gegenüber der Klägerin als Rechtsnachfolgerin des Versicherten den Widerspruch gegen den Bescheid vom 24.01.2002 zurück. Die Versicherungszeiten des Versicherten seien zutreffend berücksichtigt.

Ebenfalls mit Widerspruchsbescheid vom 25.04.2005 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 18.09.2003 zurück, soweit diesem nicht mit Bescheid vom 30.09.2004 abgeholfen worden sei. Eine gemeinsame Erklärung gemäß § 314 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) bzw. Art 2 §§ 17 a Abs. 2, 18 Abs. 4 Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz (AnVNG) zur weiteren Anwendung des bis 31.12.1985 geltenden Hinterbliebenenrechts habe nicht nachgewiesen werden können. Damit habe eine Einkommensanrechnung dem Grunde nach zu erfolgen. Die Einkommensanrechnung sei auch nicht fehlerhaft. Die von der Klägerin u.a. begehrte Neuberechnung der Rente auch für die Zeit vom 01.01.2003 bis 30.06.2003 unter Berücksichtigung der gekürzten Sonderzuwendung sei nicht zulässig, da es sich nicht um eine Änderung des Einkommens handele, die eine Neuberechnung außerhalb des Rentenanpassungszeitpunkts rechtfertige. Das geänderte Einkommen sei nicht um wenigstens 10 v.H. geringer als das berücksichtigte Einkommen.

Gegen beide Widerspruchsbescheide erhob die Klägerin fristgerecht Klagen vor dem Sozialgericht Aachen, die nach Verbindung unter dem Aktenzeichen S 2 R 77/05 geführt wurden.

Während des Klageverfahrens machte die Klägerin gegenüber der Beklagten darüber hinaus geltend, dass der Zuschuss zur Kranken- und Pflegeversicherung zu niedrig berechnet sei, da die Beklagte bislang lediglich die Witwenrente, nicht aber die daneben bestehenden Versorgungsbezüge berücksichtigt habe.

Den turnusmäßigen Rentenanpassungsbescheid vom 04.07.2005 (zum 01.07.2005) versah die Beklagte mit der Rechtsmittelbelehrung, dass der Bescheid nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zum Gegenstand des Klageverfahrens geworden sei. Für die Zeit vom 01.07.2005 bis 31.08.2005 sei eine Überzahlung von 16,94 EUR entstanden, die die Klägerin zu erstatten habe.

Am 22.02.2006 nahm die Klägerin die o.g. Klagen nach Hinweis auf deren Aussichtslosigkeit zurück.

Den Änderungsbescheid vom 19.05.2006, mit dem die Rente ab 01.7.2006 neu berechnet wurde, griff die Klägerin mit Widerspruch vom 20.06.2006 an, den sie nicht begründete.

Mit Bescheid vom 16.06.2006 berechnete die Beklagte die Rente ab 01.01.2006 neu. Diesen Bescheid griff die Klägerin nicht an.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19.09.2006 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch gegen den Bescheid vom 19.05.2006 zurück. Der angefochtene Bescheid sei nach Aktenlage nicht zu beanstanden.

Die Beklagte verwies nachfolgend darauf, dass ein Zuschuss zur Krankenversicherung nur für Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung geleistet werden könne. Der Zuschuss zur Pflegeversicherung sei bis 31.03.2004 vorgesehen gewesen und auch gezahlt worden. Sollte sich der Beitrag zur privaten Krankenversicherung geändert haben, werde man die Zuschusshöhe insoweit überprüfen. Mit Bescheid vom 30.11.2006 berechnete die Beklagte anschließend die Rente ab dem 01.07.2005 neu und berücksichtigte hierbei einen höheren Zuschuss zur Krankenversicherung. Dieser Bescheid blieb unangefochten.

Mit Bescheid vom 22.05.2007 berechnete die Beklagte die Rente der Klägerin ab dem 01.07.2007 neu. Auch dieser Bescheid wurde von der Klägerin nicht angefochten.

Mit Bescheid vom 16.07.2007 berechnete die Beklagte die Rente der Klägerin ab dem 01.01.2007 neu. In der Zeit vom 01.01.2007 bis 31.08.2007 habe sich eine Überzahlung von 103,42 EUR ergeben. Der Bescheid vom 22.05.2007 werde insoweit nach § 45 SGB X aufgehoben.

Gegen den Bescheid vom 16.07.2007 erhob die Klägerin am 06.08.2007 Widerspruch. Das LBV habe im Juli 2007 lediglich einmalig 350 EUR zusätzlich gezahlt. Ab August habe sie wieder lediglich 2.020,64 EUR brutto erhalten. Es ergebe sich ohnehin eine so geringe Abweichung, dass die Einkommensveränderung auch im Juli 2007 keine Berücksichtigung finden dürfe. Im Rahmen dieses Widerspruchsverfahrens bat die Klägerin um Mitteilung, ob die - bereits in der Vergangenheit angesprochenen - Verluste aus selbständiger Tätigkeit nicht mit den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit zu saldieren seien. Bejahendenfalls bitte sie, dies künftig zu berücksichtigen und die "alten" Rentenbescheide entsprechend zu ändern.

Die Beklagte berechnete die Rente mit Bescheid vom 10.08.2007 ab dem 01.01.2007 unter Berücksichtigung einer Einmalzahlung im Juli 2007 neu und wies eine Nachzahlung von 141,18 EUR an. Die Einmalzahlung sei nach § 18 d Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) unabhängig von deren Größenordnung zu berücksichtigen. Damit sei dem Widerspruch in vollem Umfang abgeholfen. Eine Reaktion der Klägerin hierauf erfolgte nicht.

Mit Bescheid vom 23.08.2007 berechnete die Beklagte die Rente der Klägerin ab dem 01.01.2007 neu und wies eine weitere Nachzahlung in Höhe von 37,76 EUR an. Der Bescheid helfe dem Widerspruch vom 05.08.2007 (Eingang 06.08.2007) in vollem Umfang ab. Auch hierauf reagierte die Klägerin nicht.

Mit Bescheid vom 20.05.2008 berechnete die Beklagte die Rente der Klägerin ab dem 01.07.2008 neu. Hiergegen erhob die Klägerin am 23.06.2008 Widerspruch, den sie nachfolgend nicht begründete. Mit Widerspruchsbescheid vom 11.11.2008 wies die Beklagte den vorgenannten Widerspruch zurück. Der Bescheid vom 20.05.2008 sei nach Aktenlage nicht zu beanstanden.

Mit Bescheid vom 09.12.2008 regelte die Beklagte die Höhe des Zuschusses zur Krankenversicherung ab dem 01.01.2009 neu. Einen Widerspruch erhob die Klägerin nicht.

Mit Bescheid vom 19.02.2009 berechnete die Beklagte die Rente der Klägerin ab dem 01.07.2008 neu. Für die Zeit vom 01.07.2008 bis 31.03.2009 habe sich eine Überzahlung von 62,70 EUR ergeben. Der Bescheid vom 20.05.2008 werde nach § 45 SGB X zurückgenommen. Das Ruhegehalt der Klägerin sei rückwirkend erhöht worden.

Gegen diesen Bescheid richtete sich der am 20.04.2009 bei der Beklagten eingegangene Widerspruch der Klägerin. Der Bescheid vom 20.05.2008 könne nicht mehr abgeändert werden, da dessen Richtigkeit durch Widerspruchsbescheid vom 11.11.2008 bestätigt worden sei. Außerdem erziele sie, wie mehrfach mitgeteilt, negative Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit. Diese Verluste seien mit ihren Versorgungsbezügen zu saldieren. Sie verweise in diesem Zusammenhang auch auf ihren entsprechenden Antrag auf Berichtigung der Rentenbescheide ab 2002 vom 18.04.2009. In diesem gesonderten Schreiben führte die Klägerin aus, dass sie sich "noch in der Aufbauphase" befinde und deshalb die Gewinn- und Verlustrechnungen seit 2002 mit Verlusten abschlössen. Die Klägerin bezifferte die Verluste nach § 18 Einkommenssteuergesetz (EStG) wie folgt:

Jahr: Einkommenssteuerbescheid - festgestellter Verlust
2002: 11.02.2005 - 10.961 EUR
2003: 13.12.2005 - 15.048 EUR
2004: 24.04.2007 - 8.759 EUR
2005: 22.02.2008 - 11.649 EUR
2006: 05.01.2009 - 9.723 EUR
2007: 03.04.2009 - 3.937 EUR

Der Verlust für 2007 werde sich noch auf 5.188 EUR erhöhen, da sie gegen den Steuerbescheid für das Jahr 2007 Einspruch eingelegt habe. Der Verlust in 2008 stelle sich in ähnlicher Höhe dar. Sie habe mehrfach auf diese negativen Einkünfte hingewiesen. Dies sei ignoriert worden. Sie habe (insoweit) auf die Richtigkeit der Feststellungen der Beklagten vertraut. Sie erbitte die Neuberechnung der Rentenbescheide ab Juli 2002.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30.06.2009 wies die Beklagte zunächst den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 19.02.2009 zurück. Die Aufhebung des Bescheides vom 20.05.2008 hätte nicht nach § 45 SGB X, sondern nach § 48 SGB X erfolgen müssen. Dies sei aber unschädlich. Mit dieser Maßgabe sei die Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung nicht zu beanstanden. Die begehrte Saldierung sei nach § 18 a Abs. 2a SGB IV ausgeschlossen. Eine Saldierung sei nur möglich innerhalb der Einkommensart "Arbeitseinkommen". Ergebe sich keine positive Summe, so liege kein Arbeitseinkommen vor.

Hiergegen erhob die Klägerin von dem Sozialgericht Aachen Klage (S 6 R 122/09).

Mit Bescheid vom 18.05.2009 berechnete die Beklagte die Rente der Klägerin ab dem 01.07.2009 neu. Auch gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie verwies auf die ihrer Beurteilung nach fehlende Saldierung der Einkünfte. Weiter beanstandete sie die Höhe des Beitragszuschuss zur Krankenversicherung.

In dem Klageverfahren S 6 R 122/09 erklärte die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung am 23.04.2010, die mit Bescheid vom 16.02.2009 (richtig ist: 19.02.2009) verfügte Rückforderung von 62,70 EUR aufzuheben. Die Klägerin erklärte hierzu, sie nehme dieses Anerkenntnis zur Erledigung des Rechtsstreits an. In einem Aktenvermerk vom 18.06.2010 stellte die Beklagte insoweit fest, dass es sich um die Annahme eines Teilanerkenntnisses gehandelt habe und der Bescheid im Übrigen in Bestandskraft erwachsen sei. Die fehlende Saldierung habe die Klägerin hingenommen.

Mit Bescheid vom 17.05.2010 berechnete die Beklagte die Rente der Klägerin turnusgemäß ab dem 01.07.2010 neu. Hiergegen erhob die Klägerin am 21.06.2010 unter Hinweis auf die ihrer Ansicht nach fehlende Saldierung der Einkünfte Widerspruch.

Mit Bescheid vom 06.07.2010 lehnte die Beklagte eine Rücknahme der Bescheide vom 18.09.2003, 30.09.2004, 04.07.2005, 19.05.2006, 16.06.2006, 30.11.2006, 22.05.2007, 23.08.2007, 20.05.2008 und 18.05.2009 ab. Zur Begründung führte sie aus, dass sie weder von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen sei, noch das Recht unrichtig angewandt habe. Nur innerhalb der Einkommensart "Arbeitseinkommen" sei eine Saldierung von positiven und negativen Einkünften zulässig.

Die Klägerin erhob am 04.08.2010 Widerspruch und verwies auf eine ab 01.01.2002 geltende Änderung des materiellen Einkommensanrechnungsrechts. Sie gehöre jedoch zu dem Personenkreis, der günstigeres Übergangsrecht in Anspruch nehmen dürfe. Der von der Beklagten angeführte § 18 a Abs. 2a SGB IV sei auf ihren Fall nicht anwendbar. Die Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit und aus nichtselbständiger Tätigkeit (Versorgungsbezüge) unterfielen derselben Einkunftsart "Erwerbseinkommen" und müssten daher saldiert werden. Auch im Rahmen des § 53 Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) seien alle Einkunftsarten zu saldieren. Die Beklagte habe selbst ausgeführt, dass die Grundsätze der steuerrechtlichen Einkommenserzielung Anwendung fänden. In § 2 EStG sei aber eine Saldierung aller Einkünfte vorgesehen.

Neben den von der Beklagten angeführten Bescheiden benannte die Klägerin noch die Bescheide vom 08.03.2004, 16.07.2007, 19.02.2009 und 17.05.2010 als von ihrem Überprüfungsantrag erfasst.

Die Beklagte führte im Rahmen eines Schreibens vom 18.11.2010 aus, auf die Klägerin finde das "neue Recht" der Einkommensanrechnung Anwendung, nicht jedoch Übergangsrecht. Nach neuem Recht sei eine Saldierung nur innerhalb der Einkommensarten "Arbeitseinkommen" und "Vermögenseinkommen" vorgesehen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 01.02.2011 wies die Beklagte sodann die Widersprüche der Klägerin gegen die Bescheide vom 17.05.2010 und 06.07.2010 im Wesentlichen unter Wiederholung der Ausführungen aus dem Hinweisschreiben vom 18.11.2010 zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 27.02.2011 - entsprechend der Rechtsmittelbelehrung - vor dem Sozialgericht Hildesheim Klage erhoben, welches das Verfahren mit Beschluss vom 12.04.2011 mit Blick auf den Wohnsitz der Klägerin an das Sozialgericht Aachen verwiesen hat.

Die Klägerin hat vorgetragen, dass auf sie das günstigere Übergangsrecht Anwendung finde, da ihre Ehe mit dem Verstorbenen vor dem 01.01.2002 geschlossen worden und mindestens ein Ehepartner vor dem 02.01.1962 geboren sei. Das alte Recht ermögliche eine Saldierung der Einkünfte. § 16 SBG IV definiere als "Gesamteinkommen" die Summe der Einkünfte im Sinne des Einkommenssteuerrechts, welche ihrerseits nach § 2 EStG zu saldieren seien. Summen könnten positiv oder negativ sein. § 18 a SGB IV alter Fassung schließe die Berücksichtigung negativer Einkünfte nicht aus. Auch § 18 b SGB IV sehe vor, dass mehrere zu berücksichtigende Einkommen zusammen zu rechnen seien. Auch dies eröffne die Einbeziehung negativer Einkünfte. Schließlich müsse berücksichtigt werden, dass ihre selbständige Tätigkeit der Einkommenserzielung diene und bislang lediglich Anlaufverluste entstanden seien. Werde ein Gewinn erzielt, so werde dieser von der Beklagten voraussichtlich angerechnet. Daher müsse sich die Beklagte umgekehrt auch die negativen Einkünfte entgegenhalten lassen. Es bestehe auch nicht die Möglichkeit, diese realen Verluste im Wege des Verlustvortrages aufzufangen, da § 10 d EStG nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht anwendbar sei. Ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit werde auf diese Weise real gemindert. Da § 53 BeamtVG eine Saldierung jedenfalls ermögliche, werde der Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Grundgesetz (GG) verletzt. Schließlich habe die Beklagte in ihrem Überprüfungsbescheid gar nicht alle ergangenen Rentenbescheide berücksichtigt.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 06.07.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 01.02.2011 zu verurteilen, die Bescheide vom 18.09.2003, 30.09.2004, 04.07.2005, 19.05.2006, 16.06.2006, 30.11.2006, 22.05.2007, 23.08.2007 und vom 20.05.2008 dergestalt abzuändern, dass die im Zeitraum vom 00.00.2002 bis 18.04.2009 erwirtschafteten Verluste aus selbständiger Tätigkeit mit dem erzielten Ersatzerwerbseinkommen aus Versorgungsbezügen saldiert werden, und ihre große Witwenrente entsprechend neu zu berechnen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat an ihrer bisherigen Rechtsauffassung festgehalten.

Mit Urteil vom 23.03.2012 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Das der Klägerin am 26.04.2012 zugestellte Urteil hat diese mit Berufung vom 24.05.2012 angefochten. Sie hat gegen weitere Bescheide der Beklagten vom 17.12.2010, 16.05.2011, 02.08.2011 und 04.05.2012 jeweils Widerspruch erhoben. Sie hat zunächst beantragt, diese Bescheide in das Verfahren einzubeziehen. Die Berufungsbegründung entspricht dem erstinstanzlichen Vorbringen.

Die Klägerin hat im Termin zur mündlichen Verhandlung angegeben, dass sie zuletzt im Kalenderjahr 2008 negative Einkünfte aus der Tätigkeit als Steuerberaterin erzielt habe. Sie hat das Berufungsbegehren auf die Überprüfung derjenigen Bescheide beschränkt, die von ihrem Überprüfungsantrag vom 19.04.2009 zeitlich erfasst waren und die inhaltlich die Einkommensanrechnung auf die Witwenrente ohne Saldierung ihrer positiven Einkünfte mit ihren negativen Einkünften aus selbständiger Tätigkeit geregelt haben.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 23.03.2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 06.07.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 01.02.2011 zu verurteilen, die Bescheide vom 18.09.2003, 30.09.2004, 04.07.2005, 19.05.2006, 16.06.2006, 22.05.2007, 23.08.2007 und vom 20.05.2008 dergestalt abzuändern, dass die im Zeitraum vom 00.00.2002 bis 31.12.2008 erzielten negativen Einkünfte mit dem zeitgleich erzielten Erwerbsersatzeinkommen aus Versorgungsbezügen saldiert werden und die große Witwenrente neu berechnet wird.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten sowie die den Versicherten und die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin hat ihr Berufungsbegehren auf die Verurteilung der Beklagten zur Abänderung derjenigen Bescheide beschränkt, die die Höhe ihrer Witwenrente unter Anrechnung von Einkommen regeln und die von ihrem Überprüfungsantrag vom 19.04.2009 erfasst werden.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 06.07.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 01.02.2011 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Verurteilung der Beklagten zur Abänderung der zur Überprüfung nach § 44 SGB X gestellten Bescheide vom 18.09.2003, 30.09.2004, 04.07.2005, 19.05.2006, 16.06.2006, 22.05.2007, 23.08.2007 und vom 20.05.2008. Die Voraussetzungen des § 44 SGB X sind nicht erfüllt.

Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.

Die Beklagte hat weder das Recht bei Erlass der zur Überprüfung gestellten Bescheide unrichtig angewandt noch ist sie hierbei von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen. Sie hat das Ruhegehalt der Klägerin zutreffend gemäß § 97 SGB VI i.V.m. § 114 Abs. 1 SGB IV auf die ihr nach dem Versicherten gewährte Witwenrente angerechnet, indem sie von einer Saldierung der negativen Einkünfte der Klägerin aus selbständiger Tätigkeit mit den positiven Einkünften aus Erwerbsersatzeinkommen in Gestalt ihrer Ruhegehaltsbezüge abgesehen hat.

§ 97 Abs. 1 Satz 1 SGB VI verweist hinsichtlich des bei der Hinterbliebenenrente zu berücksichtigenden Einkommens auf die §§ 18a bis 18e SGB IV. Dieser Verweis wird durch die Übergangsregel des § 114 Abs. 1 SGB IV unter anderem für den Fall modifiziert, dass die Ehe vor dem 01.01.2002 geschlossen wurde und mindestens ein Ehegatte vor dem 02.01.1962 geboren ist. In diesem Fall sind bei Renten wegen Todes als Einkommen zu berücksichtigen:
1. Erwerbseinkommen,
2. Leistungen, die auf Grund oder in entsprechender Anwendung öffentlich-rechtlicher Vorschriften erbracht werden, um Erwerbseinkommen zu ersetzen (Erwerbsersatzeinkommen), mit Ausnahme von Zusatzleistungen.

Nach Abs. 3 der letztgenannten Vorschrift handelt es sich bei Erwerbsersatzeinkommen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 um Leistungen nach § 18a Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 bis 8 SGB IV. Nach Nr. 7 dieser Bestimmung sind als Erwerbsersatzeinkommen Renten der öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtungen bestimmter Berufsgruppen wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit zu berücksichtigen.

Die Übergangsregel des § 114 SGB IV findet Anwendung. Die Klägerin und der Versicherte hatten 1977 geheiratet. Die Klägerin ist - wie auch der Versicherte - vor dem 02.01.1962 geboren.

Die Anwendbarkeit des § 114 SGB IV wird ihrerseits nicht durch eine ältere, vorrangige Übergangsvorschrift ausgeschlossen.

Insbesondere ist nicht das bis zum 31.12.1985 geltenden Hinterbliebenenrecht anwendbar. Denn eine gemeinsame Erklärung gemäß § 314 Abs. 1 SGB VI bzw. Art. 2 §§ 17 a Abs. 2, 18 Abs. 4 AnVNG zur weiteren Anwendung dieses Rechts konnte nicht nachgewiesen werden. Die Ermittlungen der Beklagten blieben insoweit erfolglos. Der Inhalt der Verwaltungsakten bietet keinen Anhalt für die Abgabe einer solchen Erklärung. Die Klägerin hat hierzu auch nicht weiter vorgetragen, so dass sich für den Senat kein weiterer Ermittlungsansatz geboten hat.

§ 97 Abs. 1 SGB VI i.V.m. § 114 Abs. 1 SGB IV sieht eine Saldierung der negativen Einkünfte der Klägerin aus selbständiger Tätigkeit mit den positiven Einkünften aus Erwerbsersatzeinkommen in Gestalt ihrer Ruhegehaltsbezüge nicht vor. Es kann dabei dahinstehen bleiben, ob die Übergangsregelung die Anwendbarkeit des § 18 a Abs. 2a SGB IV in seiner ab dem 01.01.2002 geltenden Fassung, der eine eigenständige Definition von Arbeitseinkommen als positive Summe der Einkommensarten Gewinn aus Land- und Fortwirtschaft, Gewinn aus Gewerbebetrieb und Gewinn aus selbständiger Tätigkeit vornimmt, überhaupt ausschließt. An einer solchen Ausschlusswirkung bestehen nicht unerhebliche Zweifel, da die Übergangsregel ihrerseits eine Definition von Arbeitseinkommen weder selbst noch durch Verweisung auf eine andere Vorschrift vornimmt. Diese Rechtsfrage bedurfte allerdings keiner abschließenden Klärung.

Denn auch §§ 18 a, 18 b SGB IV in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung (a.F.) bieten keinen Raum für die von der Klägerin begehrte Saldierung. Dies ergibt sich aus der Auslegung der vorgenannten Vorschriften.

§ 18 a Abs. 2 SGB IV a.F. definiert Erwerbseinkommen als Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen und vergleichbares Einkommen. § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV definiert seinerseits Arbeitseinkommen als den nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommenssteuerrechts ermittelten Gewinn aus selbständiger Tätigkeit. § 18 b Abs. 1 Satz 2 SGB IV bestimmt, dass mehrere Einkommen zusammenzurechnen sind.

Dem Wortlaut nach ist eine Saldierung von negativen mit positiven Einkommen nicht von vorne herein ausgeschlossen. Jedenfalls ist es im Einkommenssteuerrecht anerkannt, dass ein Gewinn auch negativ sein kann. Es ist auch einhellig anerkannt, dass zwischen den von § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV erfassten drei Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 EStG ein vertikaler, also die Einkommensart übergreifender Verlustausgleich im jeweiligen Veranlagungszeitraum zu beachten ist (vergl. BSG, Urteil vom 16.05.2001 - B 5 RJ 46/00 R - Rd. 18 nach juris). Ergibt sich ein negativer Wert des Arbeitseinkommens, so kann dieser dem Wortlaut nach auch in die nach § 18 b Abs. 1 Satz 2 SGB IV zu bildende Summe aus verschiedenen Einkommen eingestellt werden.

Schon die systematische Stellung des § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV einerseits und des § 18 b Abs. 1 Satz 2 SGB IV andererseits spricht aber gegen eine solche einkommenssteuer-rechtlich geprägte Sichtweise der Einkommenszusammenrechnung. Zwar bestimmt § 16 SGB IV den Begriff des Gesamteinkommens als die Summe der Einkünfte im Sinne des Einkommenssteuerrechts. Dabei handelt es sich um eine Legaldefinition, an die beispielsweise § 10 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zur Feststellung des Einkommens von Familienmitgliedern anknüpft. Da der Begriff aus der Legaldefinition des § 16 SGB IV in § 18 b Abs. 1 Satz 2 SGB IV nicht verwendet wird, spricht dies jedoch im Umkehrschluss dafür, dass die enge Anbindung an das Einkommenssteuerrecht an dieser Stelle vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt war. Dem kann aus gesetzeshistorischer Sicht nicht entgegen gehalten werden, dass der Gesetzgeber mit § 18 a Abs. 2a SGB IV n.F., d.h. mit der Definition des Arbeitseinkommens als der "positiven Summe" der Gewinne oder Verluste aus Land- und Fortwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Tätigkeit, eine eigenständige Regel zur Summenbildung geschaffen habe, die erstmalig die Feststellung eines negativen Arbeitseinkommens als Summand der Regelung des § 18 b Abs. 1 Satz 2 SGB IV ausschließe. Denn die Schaffung des Abs. 2a stellte lediglich eine Reaktion auf die Rechtsprechung des 4. Senats des BSG dar, der Einkünfte von nicht aktiv mitarbeitenden Kommanditisten von der Einkommensanrechnung nach altem Recht ausschließen wollte (siehe die historische Darstellung in BSG, Urteil v. 25.02.2004 - B 5 RJ 56/02 R -, Rd. 18 f nach juris).

Vor allem aber spricht die gesetzgeberische Zielrichtung der Anrechnungsregeln von Einkommen auf Hinterbliebenenrenten gegen die Zulässigkeit der von der Klägerin begehrten Saldierung. Der Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung der Hinterbliebenenrenten sowie zur Anerkennung von Kindererziehungszeiten in der GRV (HEZG), BT-Drs. 10/2677, S. 23, knüpft für die dort erstmalig angeordnete Einkommensanrechnung an die Unterhaltsersatzfunktion der Hinterbliebenenrenten an. Mit dieser Unterhaltsersatzfunktion ist die angestrebte Saldierung nicht vereinbar, wie eine Betrachtung der zivilrechtlichen Unterhaltsrechtsprechung verdeutlicht. Dass sich der Unterhaltsschuldner durch die Aufnahme einer (zunächst) verlustreichen selbständigen Tätigkeit in seiner Leistungsfähigkeit beschränkt, hält der Bundesgerichtshof (BGH, Urt. v. 21.01.1987 - IVb ZR 94/85 -) nur dann für schädlich, wenn dieser seinen Einkommensverlust leichtfertig verursacht. Es sei dem Schuldner in dem Zusammenhang allerdings zuzumuten, dass er bei absehbar vorübergehendem Einkommensverlust in der Anlaufphase einer selbständigen Tätigkeit vor deren Aufnahme zunächst Rückstellungen bildet oder einen Kredit aufnimmt, aus denen er seine Unterhaltsschuld fortlaufend bedienen kann. Dem - per definitionem bedürftigen - Unterhaltsgläubiger fehlen regelmäßig die vorgenannten Kompensationsmöglichkeiten in der Anlaufphase. Der Unterhaltsgläubiger, der eigene - aber nicht bedarfsdeckende - Einkünfte hat, muss daher noch mehr als der Unterhaltschuldner bestrebt sein, Verluste zu vermeiden, die seinen Bedarf noch vergrößern würden. Hat der Unterhaltsgläubiger eigene - sichere - Einkünfte, so muss er diese grundsätzlich unmittelbar für seinen eigenen Lebensunterhalt, nicht aber für einen ungewissen wirtschaftlichen Erfolg bei Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit einsetzen.

Überträgt man diese Erwägungen auf die Einkommensanrechnungsregeln nach den §§ 18 a, 18 b SGB IV a.F., so ergibt sich, dass eine Saldierung von negativen Einkünften in der Regel unzulässig ist. Sie ist nur insoweit möglich, als der Gesetzgeber dies ausdrücklich - aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung - im Wege der Anknüpfung an das Einkommenssteuerrecht normiert hat. Unterhaltsrechtlich mag es zwar Fälle geben, in denen sich ein zeitnaher wirtschaftlicher Erfolg des Unterhaltsgläubigers schon vor Aufnahme der selbständigen Tätigkeit so klar abzeichnet, dass dem Unterhaltsschuldner aus der ehemaligen ehelichen Verbundenheit heraus das "Experiment des Einkommenseinsatzes" zugemutet werden kann. Eine solche Verbundenheit besteht zwischen dem Hinterbliebenen und der Versichertengemeinschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht. Der nicht durch Art. 14 GG geschützte Bezieher einer Hinterbliebenenleistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung muss sich daher generell darauf verweisen lassen, von seinem eigenen Ersatzeinkommen und von der um die Einkommensanrechnung gekürzten Hinterbliebenenleistung zu leben.

Diese Sichtweise findet ihre Bestätigung in der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Bei Anwendung des § 240 SGB V zur Bestimmung der Beitragshöhe in der gesetzlichen Krankenversicherung hat das BSG den Verlustausgleich von selbständiger Tätigkeit gegenüber Versorgungsbezügen und Einkünften aus Kapitalvermögen ausdrücklich verneint (BSG, Urt. v. 23.02.1995 - 12 RK 66/93 -). § 240 knüpfe an die "gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit" an. Die Beitragsbelastung habe sich damit an der Gesamtheit der Einnahmen und nicht an der Differenz zwischen Einnahmen und notwendigen Ausgaben zu orientieren. In dem Urteil des BSG vom 16.05.2001 zur fehlenden Anwendbarkeit des § 10 d EStG, also zur fehlenden Möglichkeit des Verlustvortrags bzw. -rücktrags bei der Bestimmung des Arbeitseinkommens, wird ausgeführt, dass im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 15 Abs. 1 Satz 1SGB IV auch ein vertikaler Verlustausgleich im jeweiligen Veranlagungszeitraum zu beachten sei. Das BSG betont allerdings, dass dies nur innerhalb der drei Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 EStG gelte, denn nur diese seien in § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV unter den sozialrechtlichen Begriffen des "Arbeitseinkommens" bzw. des "Gewinns aus einer selbständigen Tätigkeit" zusammengefasst (BSG, Urt.v. 16.05.2001 - B 5 RJ 46/00 R -, Rd. 18 nach juris). Das BSG verweist in diesem Zusammenhang auf ein Urteil vom 17.07.1985, in dem ausgeführt wird, dass § 15 SGB IV auch die negative Saldierung der dort bezeichneten Einkünfte zulasse. Es ergebe sich auch nichts Abweichendes aus § 25 Abs. 4 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG). Danach seien "mehrere Beschäftigungen oder Erwerbstätigkeiten zusammenzurechnen". Dass unter Zusammenrechnung in diesem Sinne lediglich die positive Summierung und nicht auch die - bis zur Grenze des "Nulleinkommens" - negative Saldierung zu verstehen sei, sei nicht erkennbar ( BSG, Urt.v. 17.07.1985 - 1 RA 41/84- Rd. 18 nach juris). Diese beiden Entscheidungen stellen in der Zusammenschau klar, dass auch nach Einschätzung des BSG als Summand des § 18 b Abs. 1 Satz 2 SGB IV nur ein Wert von Null oder größer für das Arbeitseinkommen eingesetzt werden kann. Obergerichtliche Rechtsprechung (LSG NRW, Urt. v. 18.02.1994 - L 13 An 9/93 -; sich anschließend: LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 15.09.1995 - L 6 A 14/94 -) und Literatur (Fattler in Hauck/Haines, SGB IV, § 18 a, Rd. 25, § 18 b Rd. 11; Seewald in Kasseler Kommentar, § 15 SGB IV Rd. 13; Gesamtkommentar zur GRV, § 18 b SGB IV Rd. 4; Sasdrich, Einkommen berücksichtigt, Bundesarbeitsblatt 10/1985, 16 (18); kritisch, aber i.E. nicht abweichend: Zindel, Die Witwen- und Witwerrenten in der Alterssicherung der Landwirte, SdL 2001, 176 (196)) kommen zu keinem anderen Ergebnis.

Die von der Klägerin zudem behauptete Ungleichbehandlung im Sinne des Art 3 GG durch die abweichende Anrechnungsbestimmung in § 53 BeamtVG kann schon deshalb keine für sie günstigere Entscheidung bewirken, weil die dortige Ausgangslage mit Blick auf das in Art. 33 GG geschützte Alimentationsprinzip der Beamten eine andere ist als diejenige der Hinterbliebenenversorgung in der gesetzlichen Rentenversicherung.

Dass die Beklagte unter Zugrundelegung des somit zutreffend bestimmten Einkommens aus Versorgungsbezügen die nachfolgenden Anrechnungsregeln der §§ 97 SGB VI, § 114 SGB IV befolgt hat, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Eine die Klägerin belastende Fehlerhaftigkeit der Berechnung ist insoweit auch nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt dem Ergebnis der Hauptsache, § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil er die Frage der Saldierung von Erwerbsersatzeinkommen mit negativen Einkünften aus selbständiger Tätigkeit durch die vorstehend zitierte höchstrichterliche Rechtsprechung als geklärt erachtet und damit ein Fall des § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG nicht vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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