L 6 KR 151/09

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 3 KR 3369/06
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 KR 151/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gotha vom 20. Januar 2009 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob es die Beklagte zu unterlassen hat, ihre Mitglieder über die Inanspruchnahme einer Versandapotheke zu informieren.

Der Kläger ist die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen der Apotheken maßgebliche Organisation in Thüringen im Sinne von § 129 Abs. 5 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V). Die Beklagte ist eine Betriebskrankenkasse mit Sitz in F. am Main. Der Kläger schloss am 1. September 2003 mit den Landesverbänden der Primärkassen, unter anderem auch dem BKK-Landesverband Ost, Landesrepräsentanz T., einen Arznei- und Hilfsmittellieferungsvertrag (AHLV) ab. In diesem ist unter Ziffer 1.2. festgelegt, dass der Vertrag auch Rechtswirkungen für die Betriebskrankenkassen mit Sitz außerhalb Thüringens hat. Darüber hinaus bestimmt Ziffer 2.2.:

"Die Versicherten oder Vertragsärzte dürfen weder von den Apotheken zu Lasten der Krankenkassen noch von den Krankenkassen zugunsten bestimmter Apotheken/Lieferanten beeinflusst werden. Dies bezieht sich auch auf die Zuweisung von Verordnungen an einzelne Apotheken/Lieferanten"

Mit Schreiben von Mai 2006 teilte die Beklagte einer unbekannten Anzahl ihrer Mitglieder unter der Überschrift "Arzneimittel bequem, sicher und preiswert bestellen" u. a. Folgendes mit:

" ...Deshalb haben wir mit unserem Partner, der E. A. V. für Sie attraktive Vorteile vereinbart. Mit dem Bonussystem der E. A. V. sparen Sie bei jeder Bestellung, etwa bei einem verschreibungspflichtigen Medikament auf Kassenrezept mindestens 2,50 EUR und maximal 15,00 EUR. Sie erhalten diesen Bonus auch, wenn Sie von der Zuzahlung befreit sind. Damit können Sie ihre finanziellen Belastungen für Medikamente deutlich reduzieren ...Selbstverständlich stehen Ihnen auch weiterhin die Apotheken vor Ort zur Verfügung ..."

Dem Schreiben war eine Informationsbroschüre der E. A.V. beigefügt.

Mit Schreiben vom 6. Juni 2006, forderte der Kläger die Beklagte unter Hinweis auf den AHLV erfolglos zur Unterlassung und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Im Juni 2008 versandte die Beklagte wiederum an eine unbekannte Anzahl ihrer Mitglieder Werbebroschüren der niederländischen Versandapotheke E. A. V. und warb in einem Begleitschreiben unter der Überschrift "Die Dreifach-Garantie der E. A. V.: günstig, sicher und bequem" u. a. für einen "persönlichen Bonus", den die Versicherten bei dieser Apotheke auf zuzahlungspflichtige Arzneimittel sowie frei verkäufliche Produkte erhalten. Im Februar 2012 übersandte die Beklagte erneut einen Infobrief an ihre Versicherten mit dem Hinweis auf den Bezug von Arzneimitteln bei der E. A. V ...

Mit seiner am 26. September 2006 vor dem Sozialgericht Gotha (SG) erhobenen Klage hat der Kläger von der Beklagten die Unterlassung der Beeinflussung ihrer Versicherten zu Gunsten einer bestimmten Apotheke, z.B. der E. A. V., begehrt und sich zur Begründung auf Ziffer 2.2. AHLV berufen. Das SG hat die Beklagte mit Gerichtsbescheid vom 20. Januar 2009 in der Gestalt des Berichtigungsbeschlusses vom 10. März 2009 verurteilt, es unter Androhung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000,00 EUR für jede Zuwiderhandlung "zu unterlassen, ihre Versicherten zu beeinflussen, Medikamente in einer bestimm¬ten, namentlich genannten Apotheke, z. B. der E. A. V., zu bestellen, insbesondere wenn dies geschieht wie in dem beigefügten Schreiben (mit Anlagen) an eine Versicherte vom Mai 2006". Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger könne von der Beklagten die Abgabe der begehrten Unterlassungserklärung verlangen. Dies ergebe sich aus Ziffer 2.2. AHLV. Die Schreiben der Beklagten widersprächen dem in dieser Ziffer des AHLV vereinbarten Wettbewerbsverbot. Mit diesen Schreiben an ihre Versicherten weise die Beklagte diese auf finanzielle Vorteile hin, die ihnen entstünden, wenn sie ihre Medikamente über der E. A. V. bezögen. Darin sei eine Beeinflussung der Versicherten zu sehen. Demgegenüber falle der Hinweis am Ende der Schreiben, dass auch weiterhin die Apotheken vor Ort genutzt werden könnten, trotz des Fettdrucks nicht ins Gewicht, denn die Vorteile, die beim Bezug von Medikamenten über die E. A. V. bestünden, würden zuvor auf einer Seite dargestellt und es sei außerdem eine Informationsbroschüre zur Preisgestaltung und zu den Bestellmodalitäten bzgl. der E. A. V.beigefügt worden. Die Mitglieder des Klägers seien auch schutzwürdig. Es komme nicht darauf an, ob die Apotheke, auf die die Versicherten hingewiesen würden, in den Schutzbereich des Vertrages falle. Entscheidend sei, dass nach Sinn und Zweck der Vereinbarung die Vertragspartner vor Beeinflussung zugunsten anderer Anbieter geschützt würden. Auch im Hinblick auf die für die Beklagte als gesetzliche Krankenkasse bestehenden Auskunfts- und Beratungspflichten nach den §§ 13ff. des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) sowie das Wirtschaftlichkeitsgebot nach § 12 SGB V ergebe sich keine andere Beurteilung. Eine Verpflichtung der Krankenkasse, ihre Versicherten über namentlich zu benennende Leistungserbringer zu informieren, sehe das Gesetz nicht vor. Die Schreiben der Beklagten gingen über die allgemeine Information, dass die Möglichkeit bestehe, Medikamente auch über den Versandhandel zu beziehen, hinaus, indem hier eine Apotheke namentlich benannt und die Vorteile des Bezugs über diese Apotheke beschrieben werde. Die begehrte Unterlassung sei auch bezüglich einer Wiederholungsgefahr begründet.

Die Beklagte hat am 25. Februar 2009 Berufung gegen den Gerichtsbescheid vom 20. Januar 2009 eingelegt. Sie macht geltend, dass das SG nicht durch Gerichtsbescheid hätte entscheiden dürfen. Auch sei die Beklagte zwar originäre Gesellschafterin des BKK-Bundesverbandes, jedoch nicht Vertragspartei des AHLV. Weiterhin seien der Klageantrag und damit der Tenor des angegriffenen Gerichtsbescheids zu unbestimmt, weil sie den Begriff "beeinflussen" enthalten und auf Anlagen verweisen. Den Vertragsparteien des AHLV hätte außerdem das Regelungsmandat für ein Beeinflussungsverbot gefehlt und es bestehe zwischen der E. A ... und den Mitgliedern des Klägers keine für die Entscheidung relevante Wettbewerbssituation. Der Gesetzgeber wolle eine Information der Versicherten über preisgünstige Bezugsquellen für Arzneimittel. Dies habe die Beklagte getan und keine Beeinflussung vorgenommen. Ein Unterlassungsanspruch müsse zudem auf Thüringen begrenzt sein. Letztlich fehle es aufgrund der geringen Marktmacht der Beklagten in Thüringen an einer "wirtschaftlichen Beschwer".

Die Beklagte beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gotha vom 20. Januar 2009 in Gestalt des Berichtigungsbeschlusses vom 10. März 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er macht geltend, dass eine Begrenzung auf Thüringen nicht gerechtfertigt sei. Ziffer 2.2. AHLV verpflichte die Krankenkassen als Körperschaften des öffentlichen Rechts, ihre Versicherten nicht zu beeinflussen. Diese Verpflichtung sei nicht auf einen bestimmten Kreis von Versicherten beschränkt.

Auf Veranlassung des Senats hat das SG die Ausfertigung des Gerichtsbescheids vom 20. Januar 2009 mit der Ausfertigung des Berichtigungsbeschlusses vom 10. März 2009 und einer Kopie des Schreibens der Beklagten aus Mai 2006 verbunden.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Prozess- und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das SG hat die Beklagte zu Recht unter Androhung von Ordnungsgeld zur Unterlassung der Beeinflussung ihrer Mitglieder verurteilt. Der Anspruch auf Unterlassung ergibt sich aus der Ziffer 2.2. der AHLV, die Androhung von Ordnungsgeld beruht auf § 198 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetztes (SGG) i.V.m. § 890 Abs. 1 und 2 der Zivilprozessordnung (ZPO). Zur Begründung nimmt der Senat nach § 153 Abs. 2 SGG auf die Ausführungen des Sozialgerichts im Gerichtsbescheid vom 20. Januar 2009 Bezug. Klarstellend wird im Hinblick auf das Vorbringen im Berufungsverfahren auf Folgendes hingewiesen:

Das SG hat zu Unrecht die Voraussetzungen des § 105 SGG angenommen und durch Gerichtsbescheid entschieden. Die Sache weist besondere Schwierigkeiten in rechtlicher Hinsicht auf, so dass eine Entscheidung durch Urteil unter Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter erforderlich gewesen wäre. Da die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung nach § 159 Abs. 1 SGG aber nicht vorliegen, hat der Senat in der Sache selbst entschieden und den Verfahrensfehler insoweit geheilt (vgl. Bundessozialgericht(BSG), Urteil vom 30. August 2001 - Az.: B 4 RA 87/00 R, nach juris Rn. 20).

Der Einwand, die Beklagte sei an die Regelungen des zwischen dem Kläger und den Thüringer Landesverbänden der Krankenkassen geschlossenen AHLV nicht gebunden, weil sie weder unmittelbar am Vertragsschluss beteiligt noch Mitglied eines der vertragsschließenden Landesverbände gewesen sei, überzeugt nicht. Verträge auf Landesebene begründen eine vertragliche Verpflichtung der Krankenkasse auch in solchen Fällen, in denen die Krankenkasse weder unmittelbar noch - weil sie ihren Sitz in einem anderen Bundesland hat - als Mitglied eines der vertragsschließenden Verbände am Vertragsschluss beteiligt war, der Kassenart nach jedoch einem der vertragsschließenden Verbände entspricht (vgl. BSG, Urteil vom 17. Januar 1996 - Az.: 3 RK 26/94 = BSGE 77, 194; Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 4. Juni 2009 - Az.: L 5 KR 57/09 B ER, nach juris). Dies ist nach Ziffer 1.2. AHLV ausdrücklich der Fall: Die Beklagte ist zwar nicht Mitglied des BKK-Landesverbandes Ost, der Vertrag hat jedoch auf sie als Betriebskrankenkasse mit Sitz außerhalb Thüringen "Rechtswirkung".

Der korrigierte Tenor des Gerichtsbescheids ist hinreichend bestimmt. Im Rahmen einer Unterlassungsklage ist wegen ihres Ziels, der Beklagten ein bestimmtes Verhalten zu verbieten, und wegen der nicht von der Hand zu weisenden Möglichkeit einer Vollstreckung von dem Erfordernis eines bestimmten Antrags und nachfolgend eines bestimmten Tenors auszugehen; dem ist grundsätzlich nicht genügt, wenn die zu unterlassenden Handlungen nicht bestimmt bezeichnet, sondern nur durch die Verwendung konkretisierungsbedürftiger Begriffe bestimmbar sind (vgl. BSG, Urteil vom 11. Mai 1999 -, Az.: B 11 AL 45/98 R, nach juris). Die Verwendung konkretisierungsbedürftiger Begriffe führt jedoch nur dann zu einer Unbestimmtheit, wenn zwischen den Beteiligten tatsächlich unterschiedliche Auslegungen des Begriffes zu erwarten sind. Das ist hier nicht der Fall. Der Begriff "beeinflussen" findet sich in Ziffer 2.2. AHLV und wird von den Beteiligten dahingehend verstanden, dass ein Herantreten an die Versicherten oder die Vertragsärzte zu Lasten des Vertragspartners zu unterlassen ist. Das wird auch durch die Bezugnahme auf das Schreiben aus Mai 2006, welches Teil der Entscheidung ist, unterstrichen. Hierdurch wird hinreichend deutlich, welche Art von Kontaktaufnahme mit den Versicherten unterlassen werden soll.

Der Tenor wird auch nicht dadurch unbestimmt, dass durch Verwendung des Begriffs "beeinflussen" eine große Möglichkeit von zu unterlassenden Handlungen erfasst ist. Dies ist notwendig, um dem Gebot effektiven Rechtschutzes nach Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetztes (GG) zu genügen. Eine Begrenzung beispielsweise auf die Unterlassung des Absendens von Schreiben wie dem aus Mai 2006 würde dazu führen, dass durch Ausweichen auf andere Beeinflussungsformen wie e-Mail, Telefonate, persönliche Vorsprache o.ä. die gerichtliche Entscheidung sehr einfach umgangen werden könnte. Der Kläger wäre gehalten, bei jeder neuen Methode des Herantretens an die Versicherten ein neues Rechtschutzverfahren anzustrengen. Um dies zu verhindern sieht es der Senat als ausreichend an, wenn zusätzlich zum unbestimmten Begriff "beeinflussen" noch Bezug auf ein Beispiel, wie hier das Schreiben aus Mai 2006 genommen wird. Es ist damit eindeutig, dass die Beklagte jedes Herantreten an ihre Versicherten zu unterlassen hat, das mit dem ersichtlichen Ziel vorgenommen wird, sie zum Bezug von Medikamenten bei einer bestimmten namentlich genannten Apotheke zu veranlassen.

Den weiteren Einwand der Beklagten, für das in Ziffer 2.2. AHLV normierte Beeinflussungsverbot habe den vertragsschließenden Parteien das Regelungsmandat gefehlt, dies hätte vielmehr im Rahmenvertrag gemäß § 129 Abs. 2 SGB V geregelt werden müssen, kann der Senat nicht nachvollziehen. Im Gesetzeswortlaut findet diese Auslegung keine Stütze, insbesondere folgt dies nicht aus dem Umstand, dass nach § 129 Abs. 4 SGB V im Rahmenvertrag Sanktionsbestimmungen, betreffend Verstöße gegen gesetzliche Verpflichtungen, sowie die sich aus den abgeschlossenen Verträgen nach Absatz 1 und 5 ergebenden Verpflichtungen zu regeln sind. Dies setzt gerade voraus, dass auch im ergänzenden Vertrag nach § 129 Abs. 5 SGB V, hier dem AHLV, Verpflichtungen geregelt werden können. Und nachdem der Rahmenvertrag kein solches Beeinflussungsverbot enthält, bestehen für den Senat keinerlei rechtliche Bedenken, ein solches Verbot im ergänzenden Vertrag, hier also dem AHLV, zu normieren.

Soweit die Beklagte darauf hinweist, dass zwischen der E. A. V. und den Mitgliedern des Klägers keine für die Entscheidung relevante Wettbewerbssituation vorliegt, ändert dies nichts an der Sachlage. Zwar mag es sein, dass für ausländische Versandapotheken bestimmte deutsche Regelungen keine Anwendung finden. Die ausländische Versandapotheke bleibt dabei trotzdem eine Apotheke im Sinne von Ziffer 2.2. AHLV. Es sind keine Anhaltspunkte vorhanden, dass die Vertragspartner des AHLV bestimmte Apotheken ausschließen wollten. Vielmehr ging es darum, eine Neutralitätspflicht der Vertragspartner festzulegen. Diese Neutralitätspflicht wird auch durch Bevorzugung einer ausländischen Versandapotheke verletzt.

Letztlich stellen die Schreiben der Beklagten und die Übersendung der Werbebroschüre samt Freiumschlag, wie die Vorinstanz im Gerichtsbescheid zutreffend ausgeführt hat, eine Beeinflussung der Versicherten der Beklagten dar. Die Grenze der sachlichen und vom Gesetzgeber gewünschten neutralen Information wird hierdurch auch nach Überzeugung des Senats überschritten, insbesondere hat der Hinweis auf das Bonussystem Anlockwirkung. Die Übersendung der Broschüre und der Freiumschläge unterstreichen das Vorliegen einer Beeinflussung im Sinne der Ziffer 2.2. AHLV, denn hierin ist keinerlei Informationswert zu erkennen, vielmehr handelt es sich dabei um eine unzulässige Werbemaßnahme. Bestätigt wird dies außerdem dadurch, dass z.B. im Schreiben vom 9. Juni 2008 im Fettdruck darauf hingewiesen wird, dass für freiverkäufliche Produkte ein "Bonus zwischen 10% und bis zu 40% auf den vom Hersteller empfohlenen Verkaufspreis" gewährt werde. Freiverkäufliche Arzneimittel fallen jedoch nicht in die Sachleistungspflicht der Krankenkassen, so dass hierin unzweifelhaft eine unzulässige Werbemaßnahme zugunsten der E. A. V. zu sehen ist.

Eine Begrenzung der Unterlassungspflicht auf den Bereich Thüringen bzw. auf die Versicherten der Beklagten mit Wohnsitz in Thüringen ist nicht zu rechtfertigen. Eine solche Begrenzung findet schon im Wortlaut der Ziffer 2.2. AHLV keine Stütze. Hier wird allgemein von "Versicherten" gesprochen, ohne dass eine räumliche Begrenzung vorgesehen ist. Auch aus der Systematik der Regelung ergibt sich nichts anderes. Es würde keinen Sinn machen, einerseits die Rechtswirkung des Vertrages ausdrücklich auch auf Krankenkassen mit Sitz außerhalb Thüringens zu erstrecken, diesen Krankenkassen, deren Mitglieder in der Mehrzahl ihren Wohnsitz nicht in Thüringen haben, dann aber nahezu unfassend zu erlauben, ihre Mitglieder zu beeinflussen. Auch aus Sinn und Zweck der Bestimmung kann eine räumliche Begrenzung nicht hergeleitet werden. Die Vertragsparteien wollten in Ziffer 2.2. AHLV ein umfassendes Neutralitätsgebot statuieren. Dieses wird aber nicht nur dann verletzt, wenn Versicherte aus Thüringen beeinflusst werden. Auch Versicherte mit Wohnsitz in andern Bundesländern kommen ggf. nach Thüringen, um hier zu arbeiten. Diese werden dann auch die Thüringer Apotheken nutzten. Gleiches gilt für Versicherte, die an der thüringischen Landesgrenze wohnen und beispielsweise zum Einkaufen nach Thüringen fahren. Letztlich kann bei keinem Versicherten ausgeschlossen werden, dass bei einer Beeinflussung Thüringer Apotheken nicht betroffen sind. Vor diesem Hintergrund muss das Beeinflussungsverbot der Ziffer 2.2. AHLV unfassend verstanden werden (vgl. Hessisches LSG, Beschluss vom 30. April 2007 - Az.: L 8 KR 199/06 ER, Bayrisches LSG, Beschluss vom 15. Januar 2003 - Az.: L 4 B 402/02 KR ER, nach juris).

Letztlich greift auch der Hinweis auf eine fehlende "wirtschaftliche Beschwer" des Klägers nicht durch. Soweit die Beklagte damit das Rechtschutzbedürfnis in Frage stellt, sind für ein Fehlen keine Anhaltspunkte ersichtlich. Dies wäre nur dann der Fall, wenn durch die Werbemaßnahme eine Schädigung der Mitglieder des Klägers praktisch ausgeschlossen wäre. Wie bereits dargelegt, ist dies selbst bei Versicherten mit Wohnsitz außerhalb Thüringens nicht der Fall.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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