Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 17 R 277/12 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 416/12 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 26.4.2012 geändert. Der Antrag auf aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 2.1.2012 wird bezüglich des Zeitraums vom 1.12.2005 bis 31.1.2007 und bezüglich der Erhebung von Säumniszuschlägen abgelehnt. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.930,00 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin betreibt Arbeitnehmerüberlassung. Sie wehrt sich im einstweiligen Rechtsschutz gegen die Verpflichtung, Sozialversicherungsbeiträge nachzuzahlen.
Im Zeitraum vom 1.12.2005 bis zum 31.1.2007 beschäftigte die Antragstellerin Zeitarbeitnehmer, ohne in ihren Arbeitsverträgen auf einen Tarifvertrag zu verweisen. Ab dem 1.2.2007 vereinbarte sie einzelvertraglich die Geltung der zwischen der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) und dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) geschlossenen Tarifverträge.
Mit Bescheid vom 14.1.2008 setzte die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Bund gegenüber der Antragstellerin im Anschluss an eine Betriebsprüfung betreffend den Zeitraum vom 1.1.2003 bis 31.12.2007 eine Nachforderung in Höhe von 3.213,20 Euro (einschließlich Säumniszuschlägen von 236,00 Euro) fest. Zur Begründung führte die DRV Bund aus, die Antragstellerin habe den Lohnsteuerprüfbericht vom 19.3.2007 sozialversicherungsrechtlich nicht ausgewertet.
Mit Schreiben vom 23.12.2010 informierte die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Bund die Antragstellerin über die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 14.12.2010 zur Tarifunfähigkeit der CGZP. In diesem Schreiben heißt es:
"Da eine schriftliche Entscheidungsbegründung noch nicht vorliegt, lässt sich derzeit nicht mit letzter Sicherheit sagen, wie die Frage der Rückwirkung dieser Entscheidung auf Beitragsansprüche, die seit Januar 2006 fällig geworden sind, zu beantworten ist. Um Schaden von den Sozialversicherungen abzuwenden, sehen wir uns deshalb verpflichtet, hiermit fristwahrend die Ansprüche auf entgangene Sozialversicherungsbeiträge noch im Jahr 2010 geltend zu machen.
Sie sind daher verpflichtet, selbständig unverzüglich zu überprüfen, welche Beitragspflichten und Meldepflichten im Nachgang zu diesem Urteil zu erfüllen sind."
Dem Schreiben beigefügt war die Pressemitteilung des BAG Nr. 93/10 betreffend die Entscheidung vom 14.12.2010. Darin findet sich u.a. der Satz:
"Nach § 9 Nr. 2 AÜG haben Leiharbeitnehmer während der Zeit ihrer Überlassung an einen Entleiher Anspruch auf die dort geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen. Von diesem Gleichbehandlungsgebot kann zu Lasten der Leiharbeitnehmer nur durch einen Tarifvertrag oder aufgrund vertraglicher Bezugnahme auf einen Tarifvertrag abgewichen werden."
Nach einer weiteren Betriebsprüfung machte die Antragsgegnerin eine Nachforderung von 29.648,19 Euro (einschließlich Säumniszuschlägen von 2.715,00 Euro) betreffend den Zeitraum vom 1.12.2005 bis zum 31.12.2009 geltend (Bescheid v. 2.1.2012). Zur Begründung führte sie aus, die Antragstellerin schulde für die von ihr beschäftigten Arbeitnehmer Beiträge nach der Höhe der Entgeltansprüche vergleichbarer Arbeitnehmer der Stammbelegschaft des Entleihers. Wegen der großen Anzahl der zu prüfenden Beschäftigungsverhältnisse, der zum Teil sehr kurzen Dauer der jeweiligen Beschäftigungsverhältnisse, der Anzahl der Entleiher und der Dauer der jeweiligen Überlassungszeiträume im Prüfzeitraum sei eine personenbezogene Ermittlung der Arbeitsentgelte nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand möglich. Aus diesem Grund sei die Höhe der maßgeblichen Arbeitsentgelte für jeden Leiharbeitnehmer zu schätzen gewesen. Hierbei sei sie wie folgt verfahren. Es seien Beschäftigtengruppen nach Qualifikation/Entleiherbranche etc. gebildete worden. Sämtliche Arbeitnehmer seien einer Gruppe zugeordnet worden. Je Gruppe sei eine repräsentative Stichprobe unter Einbeziehung unterschiedlicher Entleiher nach dem Zufallsprinzip (1 % bis 3 % der Leiharbeitnehmer je Gruppe, jedoch mindestens 10 Leiharbeitnehmer) gebildet worden. Dann seien die tatsächlichen Arbeitsentgelte vergleichbarer Arbeitnehmer der Entleiher für die in der Stichprobe definierten Leiharbeitnehmer ermittelt worden.
Gegen diesen Bescheid erhob die Antragstellerin Widerspruch. Zugleich beantragte sie unter Vorlage diverser Unterlagen die Aussetzung der Vollziehung. Diesem Antrag entsprach die Antragsgegnerin für den Nachforderungszeitraum vom 1.2.2007 bis zum 31.12.2009, da die Antragstellerin nachgewiesen habe, dass die Vollziehung des Beitragsbescheides zu einer unbilligen, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotenen Härte führe. Nach einer Entscheidung der Spitzenorganisationen der DRV solle in solchen Fällen bei Beitragsnachforderungen wegen der Tarifunfähigkeit der CGZP eine Aussetzung erfolgen, der sie mit dem vorliegenden Bescheid in Höhe von 21.928,95 Euro entsprochen habe. Hinsichtlich des übrigen Zeitraums lehnte die Antragsgegnerin eine Aussetzung der Vollziehung ab, weil keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bestünden.
Mit dem Antrag auf einstweiligen gerichtlichen Rechtsschutz hat die Antragstellerin vorgetragen: Da die Antragsgegnerin nur eine Schätzung vorgenommen habe, stehe nicht fest, dass der Equal-pay-Grundsatz tatsächlich verletzt worden sei. Die gewählte Schätzmethode sei nicht geeignet, den Nachweis zu führen, dass im streitigen Zeitraum nicht die geschuldeten Entgelte entrichtet worden seien. Im Übrigen berufe sie sich im Hinblick darauf, dass sie genehmigt Arbeitnehmerüberlassung betrieben habe, sowie wegen des vorangegangenen Prüfbescheides der DRV Bund vom 14.1.2008, der insoweit keine Beanstandungen enthalten habe, auf Vertrauensschutz. Die Antragsgegnerin hätte, wenn sie sich an diesem Bescheid nicht festhalten lassen wolle, ihn zunächst nach § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) mit entsprechender Ermessensausübung aufheben müssen. Weiter erhebt die Antragstellerin die Einrede der Verjährung und beruft sich auch wegen des verbliebenen Zeitraums vom 1.12.2005 bis 31.1.2007 auf das Vorliegen einer unbilligen Härte. Ebenso sei die Erhebung von Säumniszuschlägen nicht berechtigt.
Die Antragstellerin hat beantragt,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 2.1.2012 insgesamt anzuordnen, d.h. auch soweit der Widerspruch den Zeitraum vom 1.12.2005 bis 31.1.2007 und die Erhebung der Säumniszuschläge betreffe.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie hat den angefochtenen Bescheid verteidigt. Sie habe die Beitragsdifferenzen aufgrund der von der Antragstellerin selbst beigebrachten Auskünfte der Entleiherfirmen ermittelt. Lediglich in den wenigen Fällen, in denen diese keine Auskünfte erteilt hätten, seien die Löhne auf der Grundlage einer Schätzung ermittelt worden. Hierzu habe sie, die Antragsgegnerin, die Stundenlöhne vergleichbarer Entleihfirmen in der entsprechenden Branche herangezogen. Im Prüfbescheid sei die Begründung insoweit bedauerlicherweise etwas missverständlich ausgefallen. Auf Vertrauensschutz wegen des Prüfbescheides vom 14.1.2008 könne die Antragstellerin sich nicht berufen, weil solchen Prüfbescheiden keine Entlastungsfunktion zukomme. Verjährung sei nicht eingetreten, weil die Antragstellerin die Beiträge vorsätzlich vorenthalten habe. Angesichts dessen seien auch Säumniszuschläge zu verlangen.
Das SG hat die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 2.1.2012 auch bezüglich des Zeitraums vom 1.12.2005 bis 31.1.2007 sowie der Erhebung von Säumniszuschlägen angeordnet (Beschluss v. 26.4.2012). Es bestünden ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Bescheides, weil die Antragsgegnerin es versäumt habe, zunächst den Bescheid vom 14.1.2008 aufzuheben.
Mit der Beschwerde vertritt die Antragsgegnerin auch weiterhin die Ansicht, dass es der vorherigen Aufhebung des Bescheides vom 14.1.2008 nicht bedurft habe.
Sie beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 26.4.2012 zu ändern und den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 2.1.2012 auch für die Zeit vom 1.12.2005 bis 31.1.2007 sowie hinsichtlich der Erhebung von Säumniszuschlägen abzulehnen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält den Beschluss des SG für zutreffend.
II.
Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist begründet. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 2.1.2012 für die Zeit vom 1.12.2005 bis zum 31.1.2007 sowie hinsichtlich der Erhebung von Säumniszuschlägen ist abzulehnen.
Nach § 86b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, diese ganz oder teilweise anordnen. Die aufschiebende Wirkung entfällt gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG bei Entscheidungen über Beitragspflichten und die Anforderung von Beiträgen sowie der darauf entfallenden Nebenkosten einschließlich der Säumniszuschläge (vgl. zu Letzteren Senat, Beschluss v. 7.1.2011, L 8 R 864/10 B ER, NZS 2011, 906 m.w.N.). Die Entscheidung, ob die aufschiebende Wirkung ausnahmsweise dennoch durch das Gericht angeordnet wird, erfolgt aufgrund einer umfassenden Abwägung des Aufschubinteresses des Antragstellers einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsaktes andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist in Anlehnung an § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder ob die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Da § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG das Vollzugsrisiko bei Beitragsbescheiden grundsätzlich auf den Adressaten verlagert, können nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ein überwiegendes Aufschubinteresse begründen, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs, hier des Widerspruchs, zumindest überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen. Hierfür reicht es nicht schon aus, dass im Rechtsbehelfsverfahren möglicherweise noch ergänzende Tatsachenfeststellungen zu treffen sind. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Eilentscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (vgl. Senat, Beschluss v. 7.1.2011, a.a.O., S. 907 f.; Beschluss v. 10.5.2012, L 8 R 164/12 B ER, juris; jeweils m.w.N.).
Unter Berücksichtigung dieser Kriterien bestehen nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 1.12.2011, soweit die Antragsgegnerin damit Beiträge zur Sozialversicherung für die Zeit vom 1.12.2005 bis 31.1.2007 sowie darauf entfallende Säumniszuschläge nachfordert.
1. Ermächtigungsgrundlage für die Nachforderung ist § 28p Abs. 1 Satz 5 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe der Arbeitnehmer in der Sozialversicherung gegenüber den Arbeitgebern. Diese Vorschrift deckt Betriebsprüfungen außerhalb der turnusmäßigen Prüfungen von Amts wegen auch dann, wenn keiner der in § 28p Abs. 1 Sätze 2 oder 3 SGB IV ausdrücklich geregelten Ausnahmefälle (Antrag des Arbeitgebers, Unterrichtung durch die Einzugsstelle) vorliegt (vgl. Senat, Beschluss v. 18.2.2010, L 8 B 13/09 R ER, juris).
2. Es bestehen keine überwiegenden Zweifel, dass die Antragsgegnerin dem Grunde nach verpflichtet ist, für die von ihr im Zeitraum vom 1.12.2005 bis 31.1.2007 beschäftigten Arbeitnehmer höhere als die bislang entrichteten Beiträge zur Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung zu entrichten.
a) Nach § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag, d.h. die für einen versicherungspflichtigen Beschäftigten zu zahlenden Beiträge zur Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung (§ 28d Sätze 1 und 2 SGB IV) zu entrichten. Bei versicherungspflichtig Beschäftigten wird der Beitragsbemessung in allen Zweigen der Sozialversicherung das Arbeitsentgelt aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung zugrunde gelegt (§ 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch i.V.m. § 57 Abs. 1 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch, § 162 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch, § 342 Drittes Buch Sozialgesetzbuch). Arbeitsentgelt sind nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden.
b) Die von der Antragstellerin auf dieser Grundlage für den Streitzeitraum zu entrichtenden Beiträgen sind nach dem Arbeitsentgelt zu berechnen, das vergleichbaren Arbeitnehmern in den Betrieben der jeweiligen Entleiher gezahlt wurde (§ 10 Abs. 4 Satz 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz [AÜG] in der hier maßgeblichen Fassung von Art. 6 Nr. 5 Buchst. b) des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt v. 23.12.2002, BGBl. I S. 4607; sog. equal-pay-Prinzip). Es bestehen im Rahmen der im einstweiligen Rechtsschutz gebotenen summarischen Prüfung keine überwiegenden Zweifel daran, dass die Antragstellerin den bei ihr beschäftigten Arbeitnehmern nicht diesen, sondern einen geringeren Lohn gezahlt hat. Das ergibt sich aus den Feststellungen, die die Antragsgegnerin getroffen hat und die aus der Verwaltungsakte ersichtlich ist. Die Antragstellerin ist ihnen nicht substantiiert entgegengetreten.
c) Die Beitragsansprüche sind gegebenenfalls unabhängig davon entstanden, ob die nach dem equal-pay-Prinzip geschuldeten Arbeitsentgelte den Arbeitnehmern tatsächlich zugeflossen sind. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB IV entsteht der Beitragsanspruch, sobald seine im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Der Anspruch auf den Gesamtsozialversicherungsbeitrag entsteht dabei, wenn der Arbeitsentgeltanspruch entstanden ist, selbst wenn der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt nicht oder erst später gezahlt hat. Insoweit folgt das Sozialversicherungsrecht - anders als das Steuerrecht - nicht dem Zufluss-, sondern dem sog. Entstehungsprinzip (BSG, Urteil v. 3.6.2009, B 12 R 12/07 R, SozR 4-2400 § 23a Nr. 5; Urteil v. 26.1.2005, B 12 KR 3/04 R, SozR 4-2400 § 14 Nr. 7; Urteil v. 14.7.2004, B 12 KR 7/04 R, SozR 4-2400 § 22 Nr. 1; jeweils m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit des Entstehungsprinzips BVerfG, Beschluss v. 11.9.2008, 1 BvR 2007/05, SozR 4-2400 § 22 Nr. 3).
d) Auch gegen die Geltendmachung der Beitragsnachforderung auf der Basis einer Schätzung des equal-pay-Lohnes (§ 28f Abs. 2 Satz 3 SGB IV) bestehen keine ernsthaften Bedenken. Soweit derzeit erkennbar, ist weder die Höhe der Arbeitsentgelte selbst noch ihre Zuordnung zu einzelnen Beschäftigten ohne für den Rentenversicherungsträger, auf den es entscheidend ankommt (vgl. Senat, Urteil v. 28.4.2010, L 8 R 30/09, juris), unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand festzustellen (§ 28f Abs. 2 Sätze 2 und 3 SGB IV). Die Antragstellerin ist den dahingehenden Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht entgegengetreten. Hinsichtlich der Höhe der Schätzung bestehen im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes ebenfalls keine überwiegenden Bedenken. Die Antragsgegnerin hat das dafür herangezogene Verfahren nachvollziehbar dargestellt.
3. Die Bestandskraft (§ 77 SGG) des Bescheides vom 14.1.2008 betreffend den Prüfzeitraum vom 1.1.2003 bis 31.12.2007 steht der Nachforderung von Beiträgen für denselben Zeitraum durch den Bescheid vom 2.1.2012 nicht entgegen. Dieser Bescheid brauchte daher auch nicht nach § 45 SGB X aufgehoben zu werden.
a) Die Bindungswirkung eines Bescheides erfasst grundsätzlich nur dessen Verfügungssatz bzw. -sätze, nicht hingegen die Gründe, die zu der Regelung geführt haben (vgl. BSG, Urteil v. 20.6.1984, 7 RAR 91/83, SozR 4100 § 112 Nr. 23 m.w.N.; Urteil v. 28.6.1990, 7 Rar 22/90, SozR 3-4100 § 137 Nr. 1). Auch wenn man die Gründe des Bescheides vom 14.1.2008 zur Auslegung des Verfügungssatzes heranzieht, ergibt sich hieraus lediglich, dass die fehlende sozialversicherungsrechtliche Auswertung des Lohnsteuerprüfbericht vom 19.3.2007 beanstandet worden ist. Damit kann die im vorliegenden Fall gegenständliche Frage der Zahlung von equal-pay-Ansprüchen nicht Gegenstand des Bescheides vom 14.1.2008 gewesen sein, weil Lohnsteuer, wie dargestellt, nach dem Zufluss- und nicht nach dem Entstehungsprinzip zu zahlen ist. Ein der Bestandskraft fähiger Verfügungssatz in dem Sinne, dass die Antragstellerin im Prüfzeitraum sämtliche nicht gesondert erwähnten Meldepflichten und sonstigen Pflichten ordnungsgemäß erfüllt habe (vgl. § 28p Abs. 1 Satz 1 SGB IV), lässt sich dem Bescheid ausgehend vom objektiven Empfängerhorizont (§ 133 Bürgerliches Gesetzbuch) vor diesem Hintergrund nicht entnehmen.
b) Eine dahingehende Bindungswirkung des Bescheides vom 14.1.2008 folgt auch nicht aus Sinn und Zweck der Betriebsprüfung. Betriebsprüfungen haben unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten den Zweck, die Beitragsentrichtung zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zu sichern. Sie sollen einerseits Beitragsausfälle verhindern helfen, andererseits die Versicherungsträger in der Rentenversicherung davor bewahren, dass aus der Annahme von Beiträgen für nicht versicherungspflichtige Personen Leistungsansprüche entstehen. Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung kommt den Betriebsprüfungen nicht zu. Sie bezwecken insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm "Entlastung" zu erteilen (BSG, Urteil v. 14.7.2004, B 12 KR 1/04 R, SozR 4-2400 § 22 Nr. 2; Urteil v. 14.7.2004, B 12 KR 7/04 R, SozR 4-2400 § 22 Nr. 1; Urteil v. 14.7.2004, B 12 KR 10/02 R, SozR 4-5375 § 2 Nr. 1; Urteil v. 30.11.1978, 12 RK 6/76, SozR 2200 § 1399 Nr. 11; Senat, Urteil v. 27.8.2010, L 87 R 203/09, juris; Beschluss v. 10.5.2012, a.a.O.; Jochim in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl. 2011, § 28p Rdnr. 70; im Ergebnis a.A. Bayerisches LSG, Beschluss v. 22.3.2012, L 5 R 138/12 B ER, juris; Urteil v. 18.1.2011, L 5 R 752/08, ASR 2011, 50). Einer solchen Entlastung bedarf es über die gesetzlich vorgesehenen Schutzmechanismen hinaus auch nicht. Denn der Arbeitgeber hat es in der Hand, eine verbindliche Entscheidung der Einzugsstelle herbeizuführen (§ 28h Abs. 2 SGB IV). Darüber hinaus wird er durch das Institut der Verjährung (§ 25 SGB IV) ausreichend vor zu weit in die Vergangenheit reichenden Nachforderungen geschützt.
5. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs ist allerdings im vorliegenden Fall für den Zeitraum vom 1.12.2005 bis zum 31.1.2007 auch nicht wegen Verjährung anzuordnen. Denn es bestehen keine überwiegenden Zweifel, dass insoweit die Regelung des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eingreift, wonach Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge in dreißig Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres verjähren, in dem sie fällig geworden sind.
a) Es reicht aus, dass der Vorsatz zur Vorenthaltung der Beiträge bis zum Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist eingetreten ist. Weiter genügt es, dass der Beitragsschuldner bedingt vorsätzlich gehandelt, er also seine Beitragspflicht für möglich gehalten und die Nichtabführung der Beiträge billigend in Kauf genommen hat. Diese Voraussetzungen müssen konkret festgestellt, d.h. anhand der Umstände des Einzelfalles und bezogen auf den betroffenen Beitragsschuldner durch Sachverhaltsaufklärung individuell ermittelt werden. Die objektive Beweislast trifft im Zweifel den Versicherungsträger, der sich auf die für ihn günstige längere Verjährungsfrist beruft (BSG, Urteil v. 30.3.2000, B 12 KR 14/99 R, SozR 3-2400 § 25 Nr. 7; Urteil v. 26.1.2005, B 12 KR 3/04 R, SozR 4-2400 § 14 Nr. 7; jeweils m.w.N.).
b) Nach diesen Grundsätzen bestehen gegenwärtig keine durchgreifenden Zweifel daran, dass die für die Antragstellerin handelnden Organe bzw. Bevollmächtigten vor Eintritt der Verjährung für die Ansprüche aus dem Zeitraum vom 1.12.2005 bis zum 31.1.2007 am 31.12.2010 ihre Beitragspflicht zumindest für möglich gehalten haben, wobei das entsprechende Wissen der Antragstellerin zuzurechnen ist.
aa) Spätestens aus dem Schreiben der DRV Bund vom 23.12.2010, das die Antragstellerin selbst vorgelegt hat und dessen Erhalt daher außer Zweifel steht, ergibt sich unzweideutig, dass Leiharbeitsunternehmen ihren Mitarbeitern Arbeitsentgelt nach dem equal pay schulden, dass sie sich von dieser Verpflichtung nur durch die wirksame Einbeziehung gültiger Tarifverträge befreien können und dass andernfalls Beiträge von dem geschuldeten Arbeitsentgelt zu zahlen sind. Der Antragstellerin war zudem bekannt, dass sie bis zum 31.1.2007 weder tarifgebunden war noch in ihren Arbeitsverträgen auf Tarifverträge Bezug nahm. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass man bei der Antragstellerin davon ausgegangen ist, eine Vergütung in Höhe des equal pay gezahlt zu haben, bestehen nicht. Dagegen spricht bereits, dass sich die ohne und mit Einbeziehung der CGZP-Tarifverträge mit den Arbeitnehmern vereinbarten Vergütungen nach den Feststellungen der Antragsgegnerin nicht wesentlich unterschieden.
bb) Soweit sich die Antragstellerin demgegenüber darauf beruft, sie habe auf die Rechtmäßigkeit der ihr erteilten Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung durch die zuständige Agentur für Arbeit vertraut, hat der Senat bereits in anderem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die Agenturen für Arbeit keine Entscheidungen zur Versicherungspflicht der Leiharbeitnehmer oder zur Höhe der für sie zu entrichtenden Sozialversicherungsbeiträge treffen, sondern dass dies nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV grds. den Einzugsstellen vorbehalten ist (Senat, Beschluss v. 20.9.2012, L 8 R 630/12 B ER, juris). Anhaltspunkte dafür, dass der Antragstellerin diese Aufgabenteilung unbekannt war, bestehen nicht.
cc) Mit dieser Beurteilung weicht der Senat nicht von seiner mehrfach bekräftigten Auffassung ab, wonach bei Einbeziehung der CGZP-Tarifverträge ohne konkret-individuelle Feststellungen nicht von Eintritt bedingten Vorsatzes hinsichtlich der Nichtabführung von Beiträgen vor dem 1.1.2007 ausgegangen werden kann (Senat, Beschlüsse v. 10.5.2012 und 20.9.2012, a.a.O.; Beschluss v. 25.6.2012; L 8 R 382/12 B ER, juris). Dort ging es nämlich um die im Dezember 2010 noch völlig offene Frage, inwieweit sich aus dem Beschluss des BAG vom 14.12.2010 zur Tarifunfähigkeit der CGZP rückwirkende Beitragsforderungen ergaben. Demgegenüber ist Gegenstand des vorliegenden Verfahrens die auch im Dezember 2010 schon eindeutig geklärte Frage der Beitragspflicht auf der Grundlage von equal pay-Ansprüchen ohne jede arbeitsvertragliche Bezugnahme auf einen Tarifvertrag.
6. Da davon auszugehen ist, dass die Beitragsansprüche schuldhaft nicht erfüllt worden sind, musste die Antragsgegnerin auch Säumniszuschläge festsetzen (§ 24 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 SGB IV).
7. Es ist nicht glaubhaft gemacht, dass die Vollziehung des Beitragsbescheides für die Antragstellerin eine unbillige Härte bedeuten würde. Allein die mit der Zahlung auf eine Beitragsforderung für den Antragsteller verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen führen nicht zu einer solchen Härte, da sie lediglich Ausfluss der Erfüllung gesetzlich auferlegter Pflichten sind. Darüber hinausgehende, nicht oder nur schwer wiedergutzumachende Nachteile sind nicht ersichtlich. Aus den von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen ergibt sich für das Jahr 2011 zwar ein vorläufiges negatives Betriebsergebnis. Aus welchen Gründen jedoch gerade die Bezahlung der von der Antragsgegnerin festgesetzten Beitragsforderung zur Zahlungsunfähigkeit führen sollte, ist indessen weder erkennbar noch vorgetragen.
8 Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren gemäß § 197a SGG i.V:m. §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 4 Gerichtskostengesetz entspricht der ständigen Senatspraxis, im einstweiligen Rechtsschutz von einem Viertel des Hauptsachestreitwerts (Senat, Beschluss v. 27.7.2009, L 8 B 5/09 R, juris) einschließlich der Säumniszuschläge (Senat, Beschlüsse v. 31.8.2009, L 8 B 11/09 R, und v. 3.9.2009, L 8 B 12/09 R, jeweils juris und sozialgerichtsbarkeit.de) auszugehen.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Antragstellerin betreibt Arbeitnehmerüberlassung. Sie wehrt sich im einstweiligen Rechtsschutz gegen die Verpflichtung, Sozialversicherungsbeiträge nachzuzahlen.
Im Zeitraum vom 1.12.2005 bis zum 31.1.2007 beschäftigte die Antragstellerin Zeitarbeitnehmer, ohne in ihren Arbeitsverträgen auf einen Tarifvertrag zu verweisen. Ab dem 1.2.2007 vereinbarte sie einzelvertraglich die Geltung der zwischen der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) und dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) geschlossenen Tarifverträge.
Mit Bescheid vom 14.1.2008 setzte die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Bund gegenüber der Antragstellerin im Anschluss an eine Betriebsprüfung betreffend den Zeitraum vom 1.1.2003 bis 31.12.2007 eine Nachforderung in Höhe von 3.213,20 Euro (einschließlich Säumniszuschlägen von 236,00 Euro) fest. Zur Begründung führte die DRV Bund aus, die Antragstellerin habe den Lohnsteuerprüfbericht vom 19.3.2007 sozialversicherungsrechtlich nicht ausgewertet.
Mit Schreiben vom 23.12.2010 informierte die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Bund die Antragstellerin über die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 14.12.2010 zur Tarifunfähigkeit der CGZP. In diesem Schreiben heißt es:
"Da eine schriftliche Entscheidungsbegründung noch nicht vorliegt, lässt sich derzeit nicht mit letzter Sicherheit sagen, wie die Frage der Rückwirkung dieser Entscheidung auf Beitragsansprüche, die seit Januar 2006 fällig geworden sind, zu beantworten ist. Um Schaden von den Sozialversicherungen abzuwenden, sehen wir uns deshalb verpflichtet, hiermit fristwahrend die Ansprüche auf entgangene Sozialversicherungsbeiträge noch im Jahr 2010 geltend zu machen.
Sie sind daher verpflichtet, selbständig unverzüglich zu überprüfen, welche Beitragspflichten und Meldepflichten im Nachgang zu diesem Urteil zu erfüllen sind."
Dem Schreiben beigefügt war die Pressemitteilung des BAG Nr. 93/10 betreffend die Entscheidung vom 14.12.2010. Darin findet sich u.a. der Satz:
"Nach § 9 Nr. 2 AÜG haben Leiharbeitnehmer während der Zeit ihrer Überlassung an einen Entleiher Anspruch auf die dort geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen. Von diesem Gleichbehandlungsgebot kann zu Lasten der Leiharbeitnehmer nur durch einen Tarifvertrag oder aufgrund vertraglicher Bezugnahme auf einen Tarifvertrag abgewichen werden."
Nach einer weiteren Betriebsprüfung machte die Antragsgegnerin eine Nachforderung von 29.648,19 Euro (einschließlich Säumniszuschlägen von 2.715,00 Euro) betreffend den Zeitraum vom 1.12.2005 bis zum 31.12.2009 geltend (Bescheid v. 2.1.2012). Zur Begründung führte sie aus, die Antragstellerin schulde für die von ihr beschäftigten Arbeitnehmer Beiträge nach der Höhe der Entgeltansprüche vergleichbarer Arbeitnehmer der Stammbelegschaft des Entleihers. Wegen der großen Anzahl der zu prüfenden Beschäftigungsverhältnisse, der zum Teil sehr kurzen Dauer der jeweiligen Beschäftigungsverhältnisse, der Anzahl der Entleiher und der Dauer der jeweiligen Überlassungszeiträume im Prüfzeitraum sei eine personenbezogene Ermittlung der Arbeitsentgelte nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand möglich. Aus diesem Grund sei die Höhe der maßgeblichen Arbeitsentgelte für jeden Leiharbeitnehmer zu schätzen gewesen. Hierbei sei sie wie folgt verfahren. Es seien Beschäftigtengruppen nach Qualifikation/Entleiherbranche etc. gebildete worden. Sämtliche Arbeitnehmer seien einer Gruppe zugeordnet worden. Je Gruppe sei eine repräsentative Stichprobe unter Einbeziehung unterschiedlicher Entleiher nach dem Zufallsprinzip (1 % bis 3 % der Leiharbeitnehmer je Gruppe, jedoch mindestens 10 Leiharbeitnehmer) gebildet worden. Dann seien die tatsächlichen Arbeitsentgelte vergleichbarer Arbeitnehmer der Entleiher für die in der Stichprobe definierten Leiharbeitnehmer ermittelt worden.
Gegen diesen Bescheid erhob die Antragstellerin Widerspruch. Zugleich beantragte sie unter Vorlage diverser Unterlagen die Aussetzung der Vollziehung. Diesem Antrag entsprach die Antragsgegnerin für den Nachforderungszeitraum vom 1.2.2007 bis zum 31.12.2009, da die Antragstellerin nachgewiesen habe, dass die Vollziehung des Beitragsbescheides zu einer unbilligen, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotenen Härte führe. Nach einer Entscheidung der Spitzenorganisationen der DRV solle in solchen Fällen bei Beitragsnachforderungen wegen der Tarifunfähigkeit der CGZP eine Aussetzung erfolgen, der sie mit dem vorliegenden Bescheid in Höhe von 21.928,95 Euro entsprochen habe. Hinsichtlich des übrigen Zeitraums lehnte die Antragsgegnerin eine Aussetzung der Vollziehung ab, weil keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bestünden.
Mit dem Antrag auf einstweiligen gerichtlichen Rechtsschutz hat die Antragstellerin vorgetragen: Da die Antragsgegnerin nur eine Schätzung vorgenommen habe, stehe nicht fest, dass der Equal-pay-Grundsatz tatsächlich verletzt worden sei. Die gewählte Schätzmethode sei nicht geeignet, den Nachweis zu führen, dass im streitigen Zeitraum nicht die geschuldeten Entgelte entrichtet worden seien. Im Übrigen berufe sie sich im Hinblick darauf, dass sie genehmigt Arbeitnehmerüberlassung betrieben habe, sowie wegen des vorangegangenen Prüfbescheides der DRV Bund vom 14.1.2008, der insoweit keine Beanstandungen enthalten habe, auf Vertrauensschutz. Die Antragsgegnerin hätte, wenn sie sich an diesem Bescheid nicht festhalten lassen wolle, ihn zunächst nach § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) mit entsprechender Ermessensausübung aufheben müssen. Weiter erhebt die Antragstellerin die Einrede der Verjährung und beruft sich auch wegen des verbliebenen Zeitraums vom 1.12.2005 bis 31.1.2007 auf das Vorliegen einer unbilligen Härte. Ebenso sei die Erhebung von Säumniszuschlägen nicht berechtigt.
Die Antragstellerin hat beantragt,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 2.1.2012 insgesamt anzuordnen, d.h. auch soweit der Widerspruch den Zeitraum vom 1.12.2005 bis 31.1.2007 und die Erhebung der Säumniszuschläge betreffe.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie hat den angefochtenen Bescheid verteidigt. Sie habe die Beitragsdifferenzen aufgrund der von der Antragstellerin selbst beigebrachten Auskünfte der Entleiherfirmen ermittelt. Lediglich in den wenigen Fällen, in denen diese keine Auskünfte erteilt hätten, seien die Löhne auf der Grundlage einer Schätzung ermittelt worden. Hierzu habe sie, die Antragsgegnerin, die Stundenlöhne vergleichbarer Entleihfirmen in der entsprechenden Branche herangezogen. Im Prüfbescheid sei die Begründung insoweit bedauerlicherweise etwas missverständlich ausgefallen. Auf Vertrauensschutz wegen des Prüfbescheides vom 14.1.2008 könne die Antragstellerin sich nicht berufen, weil solchen Prüfbescheiden keine Entlastungsfunktion zukomme. Verjährung sei nicht eingetreten, weil die Antragstellerin die Beiträge vorsätzlich vorenthalten habe. Angesichts dessen seien auch Säumniszuschläge zu verlangen.
Das SG hat die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 2.1.2012 auch bezüglich des Zeitraums vom 1.12.2005 bis 31.1.2007 sowie der Erhebung von Säumniszuschlägen angeordnet (Beschluss v. 26.4.2012). Es bestünden ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Bescheides, weil die Antragsgegnerin es versäumt habe, zunächst den Bescheid vom 14.1.2008 aufzuheben.
Mit der Beschwerde vertritt die Antragsgegnerin auch weiterhin die Ansicht, dass es der vorherigen Aufhebung des Bescheides vom 14.1.2008 nicht bedurft habe.
Sie beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 26.4.2012 zu ändern und den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 2.1.2012 auch für die Zeit vom 1.12.2005 bis 31.1.2007 sowie hinsichtlich der Erhebung von Säumniszuschlägen abzulehnen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält den Beschluss des SG für zutreffend.
II.
Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist begründet. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 2.1.2012 für die Zeit vom 1.12.2005 bis zum 31.1.2007 sowie hinsichtlich der Erhebung von Säumniszuschlägen ist abzulehnen.
Nach § 86b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, diese ganz oder teilweise anordnen. Die aufschiebende Wirkung entfällt gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG bei Entscheidungen über Beitragspflichten und die Anforderung von Beiträgen sowie der darauf entfallenden Nebenkosten einschließlich der Säumniszuschläge (vgl. zu Letzteren Senat, Beschluss v. 7.1.2011, L 8 R 864/10 B ER, NZS 2011, 906 m.w.N.). Die Entscheidung, ob die aufschiebende Wirkung ausnahmsweise dennoch durch das Gericht angeordnet wird, erfolgt aufgrund einer umfassenden Abwägung des Aufschubinteresses des Antragstellers einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsaktes andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist in Anlehnung an § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder ob die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Da § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG das Vollzugsrisiko bei Beitragsbescheiden grundsätzlich auf den Adressaten verlagert, können nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ein überwiegendes Aufschubinteresse begründen, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs, hier des Widerspruchs, zumindest überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen. Hierfür reicht es nicht schon aus, dass im Rechtsbehelfsverfahren möglicherweise noch ergänzende Tatsachenfeststellungen zu treffen sind. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Eilentscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (vgl. Senat, Beschluss v. 7.1.2011, a.a.O., S. 907 f.; Beschluss v. 10.5.2012, L 8 R 164/12 B ER, juris; jeweils m.w.N.).
Unter Berücksichtigung dieser Kriterien bestehen nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 1.12.2011, soweit die Antragsgegnerin damit Beiträge zur Sozialversicherung für die Zeit vom 1.12.2005 bis 31.1.2007 sowie darauf entfallende Säumniszuschläge nachfordert.
1. Ermächtigungsgrundlage für die Nachforderung ist § 28p Abs. 1 Satz 5 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe der Arbeitnehmer in der Sozialversicherung gegenüber den Arbeitgebern. Diese Vorschrift deckt Betriebsprüfungen außerhalb der turnusmäßigen Prüfungen von Amts wegen auch dann, wenn keiner der in § 28p Abs. 1 Sätze 2 oder 3 SGB IV ausdrücklich geregelten Ausnahmefälle (Antrag des Arbeitgebers, Unterrichtung durch die Einzugsstelle) vorliegt (vgl. Senat, Beschluss v. 18.2.2010, L 8 B 13/09 R ER, juris).
2. Es bestehen keine überwiegenden Zweifel, dass die Antragsgegnerin dem Grunde nach verpflichtet ist, für die von ihr im Zeitraum vom 1.12.2005 bis 31.1.2007 beschäftigten Arbeitnehmer höhere als die bislang entrichteten Beiträge zur Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung zu entrichten.
a) Nach § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag, d.h. die für einen versicherungspflichtigen Beschäftigten zu zahlenden Beiträge zur Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung (§ 28d Sätze 1 und 2 SGB IV) zu entrichten. Bei versicherungspflichtig Beschäftigten wird der Beitragsbemessung in allen Zweigen der Sozialversicherung das Arbeitsentgelt aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung zugrunde gelegt (§ 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch i.V.m. § 57 Abs. 1 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch, § 162 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch, § 342 Drittes Buch Sozialgesetzbuch). Arbeitsentgelt sind nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden.
b) Die von der Antragstellerin auf dieser Grundlage für den Streitzeitraum zu entrichtenden Beiträgen sind nach dem Arbeitsentgelt zu berechnen, das vergleichbaren Arbeitnehmern in den Betrieben der jeweiligen Entleiher gezahlt wurde (§ 10 Abs. 4 Satz 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz [AÜG] in der hier maßgeblichen Fassung von Art. 6 Nr. 5 Buchst. b) des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt v. 23.12.2002, BGBl. I S. 4607; sog. equal-pay-Prinzip). Es bestehen im Rahmen der im einstweiligen Rechtsschutz gebotenen summarischen Prüfung keine überwiegenden Zweifel daran, dass die Antragstellerin den bei ihr beschäftigten Arbeitnehmern nicht diesen, sondern einen geringeren Lohn gezahlt hat. Das ergibt sich aus den Feststellungen, die die Antragsgegnerin getroffen hat und die aus der Verwaltungsakte ersichtlich ist. Die Antragstellerin ist ihnen nicht substantiiert entgegengetreten.
c) Die Beitragsansprüche sind gegebenenfalls unabhängig davon entstanden, ob die nach dem equal-pay-Prinzip geschuldeten Arbeitsentgelte den Arbeitnehmern tatsächlich zugeflossen sind. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB IV entsteht der Beitragsanspruch, sobald seine im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Der Anspruch auf den Gesamtsozialversicherungsbeitrag entsteht dabei, wenn der Arbeitsentgeltanspruch entstanden ist, selbst wenn der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt nicht oder erst später gezahlt hat. Insoweit folgt das Sozialversicherungsrecht - anders als das Steuerrecht - nicht dem Zufluss-, sondern dem sog. Entstehungsprinzip (BSG, Urteil v. 3.6.2009, B 12 R 12/07 R, SozR 4-2400 § 23a Nr. 5; Urteil v. 26.1.2005, B 12 KR 3/04 R, SozR 4-2400 § 14 Nr. 7; Urteil v. 14.7.2004, B 12 KR 7/04 R, SozR 4-2400 § 22 Nr. 1; jeweils m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit des Entstehungsprinzips BVerfG, Beschluss v. 11.9.2008, 1 BvR 2007/05, SozR 4-2400 § 22 Nr. 3).
d) Auch gegen die Geltendmachung der Beitragsnachforderung auf der Basis einer Schätzung des equal-pay-Lohnes (§ 28f Abs. 2 Satz 3 SGB IV) bestehen keine ernsthaften Bedenken. Soweit derzeit erkennbar, ist weder die Höhe der Arbeitsentgelte selbst noch ihre Zuordnung zu einzelnen Beschäftigten ohne für den Rentenversicherungsträger, auf den es entscheidend ankommt (vgl. Senat, Urteil v. 28.4.2010, L 8 R 30/09, juris), unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand festzustellen (§ 28f Abs. 2 Sätze 2 und 3 SGB IV). Die Antragstellerin ist den dahingehenden Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht entgegengetreten. Hinsichtlich der Höhe der Schätzung bestehen im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes ebenfalls keine überwiegenden Bedenken. Die Antragsgegnerin hat das dafür herangezogene Verfahren nachvollziehbar dargestellt.
3. Die Bestandskraft (§ 77 SGG) des Bescheides vom 14.1.2008 betreffend den Prüfzeitraum vom 1.1.2003 bis 31.12.2007 steht der Nachforderung von Beiträgen für denselben Zeitraum durch den Bescheid vom 2.1.2012 nicht entgegen. Dieser Bescheid brauchte daher auch nicht nach § 45 SGB X aufgehoben zu werden.
a) Die Bindungswirkung eines Bescheides erfasst grundsätzlich nur dessen Verfügungssatz bzw. -sätze, nicht hingegen die Gründe, die zu der Regelung geführt haben (vgl. BSG, Urteil v. 20.6.1984, 7 RAR 91/83, SozR 4100 § 112 Nr. 23 m.w.N.; Urteil v. 28.6.1990, 7 Rar 22/90, SozR 3-4100 § 137 Nr. 1). Auch wenn man die Gründe des Bescheides vom 14.1.2008 zur Auslegung des Verfügungssatzes heranzieht, ergibt sich hieraus lediglich, dass die fehlende sozialversicherungsrechtliche Auswertung des Lohnsteuerprüfbericht vom 19.3.2007 beanstandet worden ist. Damit kann die im vorliegenden Fall gegenständliche Frage der Zahlung von equal-pay-Ansprüchen nicht Gegenstand des Bescheides vom 14.1.2008 gewesen sein, weil Lohnsteuer, wie dargestellt, nach dem Zufluss- und nicht nach dem Entstehungsprinzip zu zahlen ist. Ein der Bestandskraft fähiger Verfügungssatz in dem Sinne, dass die Antragstellerin im Prüfzeitraum sämtliche nicht gesondert erwähnten Meldepflichten und sonstigen Pflichten ordnungsgemäß erfüllt habe (vgl. § 28p Abs. 1 Satz 1 SGB IV), lässt sich dem Bescheid ausgehend vom objektiven Empfängerhorizont (§ 133 Bürgerliches Gesetzbuch) vor diesem Hintergrund nicht entnehmen.
b) Eine dahingehende Bindungswirkung des Bescheides vom 14.1.2008 folgt auch nicht aus Sinn und Zweck der Betriebsprüfung. Betriebsprüfungen haben unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten den Zweck, die Beitragsentrichtung zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zu sichern. Sie sollen einerseits Beitragsausfälle verhindern helfen, andererseits die Versicherungsträger in der Rentenversicherung davor bewahren, dass aus der Annahme von Beiträgen für nicht versicherungspflichtige Personen Leistungsansprüche entstehen. Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung kommt den Betriebsprüfungen nicht zu. Sie bezwecken insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm "Entlastung" zu erteilen (BSG, Urteil v. 14.7.2004, B 12 KR 1/04 R, SozR 4-2400 § 22 Nr. 2; Urteil v. 14.7.2004, B 12 KR 7/04 R, SozR 4-2400 § 22 Nr. 1; Urteil v. 14.7.2004, B 12 KR 10/02 R, SozR 4-5375 § 2 Nr. 1; Urteil v. 30.11.1978, 12 RK 6/76, SozR 2200 § 1399 Nr. 11; Senat, Urteil v. 27.8.2010, L 87 R 203/09, juris; Beschluss v. 10.5.2012, a.a.O.; Jochim in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl. 2011, § 28p Rdnr. 70; im Ergebnis a.A. Bayerisches LSG, Beschluss v. 22.3.2012, L 5 R 138/12 B ER, juris; Urteil v. 18.1.2011, L 5 R 752/08, ASR 2011, 50). Einer solchen Entlastung bedarf es über die gesetzlich vorgesehenen Schutzmechanismen hinaus auch nicht. Denn der Arbeitgeber hat es in der Hand, eine verbindliche Entscheidung der Einzugsstelle herbeizuführen (§ 28h Abs. 2 SGB IV). Darüber hinaus wird er durch das Institut der Verjährung (§ 25 SGB IV) ausreichend vor zu weit in die Vergangenheit reichenden Nachforderungen geschützt.
5. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs ist allerdings im vorliegenden Fall für den Zeitraum vom 1.12.2005 bis zum 31.1.2007 auch nicht wegen Verjährung anzuordnen. Denn es bestehen keine überwiegenden Zweifel, dass insoweit die Regelung des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eingreift, wonach Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge in dreißig Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres verjähren, in dem sie fällig geworden sind.
a) Es reicht aus, dass der Vorsatz zur Vorenthaltung der Beiträge bis zum Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist eingetreten ist. Weiter genügt es, dass der Beitragsschuldner bedingt vorsätzlich gehandelt, er also seine Beitragspflicht für möglich gehalten und die Nichtabführung der Beiträge billigend in Kauf genommen hat. Diese Voraussetzungen müssen konkret festgestellt, d.h. anhand der Umstände des Einzelfalles und bezogen auf den betroffenen Beitragsschuldner durch Sachverhaltsaufklärung individuell ermittelt werden. Die objektive Beweislast trifft im Zweifel den Versicherungsträger, der sich auf die für ihn günstige längere Verjährungsfrist beruft (BSG, Urteil v. 30.3.2000, B 12 KR 14/99 R, SozR 3-2400 § 25 Nr. 7; Urteil v. 26.1.2005, B 12 KR 3/04 R, SozR 4-2400 § 14 Nr. 7; jeweils m.w.N.).
b) Nach diesen Grundsätzen bestehen gegenwärtig keine durchgreifenden Zweifel daran, dass die für die Antragstellerin handelnden Organe bzw. Bevollmächtigten vor Eintritt der Verjährung für die Ansprüche aus dem Zeitraum vom 1.12.2005 bis zum 31.1.2007 am 31.12.2010 ihre Beitragspflicht zumindest für möglich gehalten haben, wobei das entsprechende Wissen der Antragstellerin zuzurechnen ist.
aa) Spätestens aus dem Schreiben der DRV Bund vom 23.12.2010, das die Antragstellerin selbst vorgelegt hat und dessen Erhalt daher außer Zweifel steht, ergibt sich unzweideutig, dass Leiharbeitsunternehmen ihren Mitarbeitern Arbeitsentgelt nach dem equal pay schulden, dass sie sich von dieser Verpflichtung nur durch die wirksame Einbeziehung gültiger Tarifverträge befreien können und dass andernfalls Beiträge von dem geschuldeten Arbeitsentgelt zu zahlen sind. Der Antragstellerin war zudem bekannt, dass sie bis zum 31.1.2007 weder tarifgebunden war noch in ihren Arbeitsverträgen auf Tarifverträge Bezug nahm. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass man bei der Antragstellerin davon ausgegangen ist, eine Vergütung in Höhe des equal pay gezahlt zu haben, bestehen nicht. Dagegen spricht bereits, dass sich die ohne und mit Einbeziehung der CGZP-Tarifverträge mit den Arbeitnehmern vereinbarten Vergütungen nach den Feststellungen der Antragsgegnerin nicht wesentlich unterschieden.
bb) Soweit sich die Antragstellerin demgegenüber darauf beruft, sie habe auf die Rechtmäßigkeit der ihr erteilten Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung durch die zuständige Agentur für Arbeit vertraut, hat der Senat bereits in anderem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die Agenturen für Arbeit keine Entscheidungen zur Versicherungspflicht der Leiharbeitnehmer oder zur Höhe der für sie zu entrichtenden Sozialversicherungsbeiträge treffen, sondern dass dies nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV grds. den Einzugsstellen vorbehalten ist (Senat, Beschluss v. 20.9.2012, L 8 R 630/12 B ER, juris). Anhaltspunkte dafür, dass der Antragstellerin diese Aufgabenteilung unbekannt war, bestehen nicht.
cc) Mit dieser Beurteilung weicht der Senat nicht von seiner mehrfach bekräftigten Auffassung ab, wonach bei Einbeziehung der CGZP-Tarifverträge ohne konkret-individuelle Feststellungen nicht von Eintritt bedingten Vorsatzes hinsichtlich der Nichtabführung von Beiträgen vor dem 1.1.2007 ausgegangen werden kann (Senat, Beschlüsse v. 10.5.2012 und 20.9.2012, a.a.O.; Beschluss v. 25.6.2012; L 8 R 382/12 B ER, juris). Dort ging es nämlich um die im Dezember 2010 noch völlig offene Frage, inwieweit sich aus dem Beschluss des BAG vom 14.12.2010 zur Tarifunfähigkeit der CGZP rückwirkende Beitragsforderungen ergaben. Demgegenüber ist Gegenstand des vorliegenden Verfahrens die auch im Dezember 2010 schon eindeutig geklärte Frage der Beitragspflicht auf der Grundlage von equal pay-Ansprüchen ohne jede arbeitsvertragliche Bezugnahme auf einen Tarifvertrag.
6. Da davon auszugehen ist, dass die Beitragsansprüche schuldhaft nicht erfüllt worden sind, musste die Antragsgegnerin auch Säumniszuschläge festsetzen (§ 24 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 SGB IV).
7. Es ist nicht glaubhaft gemacht, dass die Vollziehung des Beitragsbescheides für die Antragstellerin eine unbillige Härte bedeuten würde. Allein die mit der Zahlung auf eine Beitragsforderung für den Antragsteller verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen führen nicht zu einer solchen Härte, da sie lediglich Ausfluss der Erfüllung gesetzlich auferlegter Pflichten sind. Darüber hinausgehende, nicht oder nur schwer wiedergutzumachende Nachteile sind nicht ersichtlich. Aus den von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen ergibt sich für das Jahr 2011 zwar ein vorläufiges negatives Betriebsergebnis. Aus welchen Gründen jedoch gerade die Bezahlung der von der Antragsgegnerin festgesetzten Beitragsforderung zur Zahlungsunfähigkeit führen sollte, ist indessen weder erkennbar noch vorgetragen.
8 Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren gemäß § 197a SGG i.V:m. §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 4 Gerichtskostengesetz entspricht der ständigen Senatspraxis, im einstweiligen Rechtsschutz von einem Viertel des Hauptsachestreitwerts (Senat, Beschluss v. 27.7.2009, L 8 B 5/09 R, juris) einschließlich der Säumniszuschläge (Senat, Beschlüsse v. 31.8.2009, L 8 B 11/09 R, und v. 3.9.2009, L 8 B 12/09 R, jeweils juris und sozialgerichtsbarkeit.de) auszugehen.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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NRW
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