Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 14 R 3208/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 788/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 27.01.2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Anpassung des aktuellen Rentenwerts zum 01.07.2000 und 01.07.2008.
Die 1936 geborene Klägerin bezieht seit dem 01.02.1999 Altersrente für langjährig Versicherte.
Mit Mitteilung über die Rentenanpassung zum 01.07.2000 wurde die Klägerin über die Anpassung ihrer Rente in Kenntnis gesetzt. Der aktuelle Rentenwert wurde - entsprechend der Veränderung des Preisindex für das Jahr 1999 gegenüber dem des Jahres 1998 - in den Jahren 2000 und 2001 in Höhe von 0,6 Prozent fortgeschrieben.
Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 26.07.2000 Widerspruch ein. Ihren Widerspruch verband die Klägerin mit der Forderung, die Renten in Höhe der Nettolohnsteigerungen anzupassen oder zumindest einen Inflationsausgleich vorzusehen.
Nachdem das Widerspruchsverfahren zunächst ruhte, wurde der Widerspruch von der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 14.05.2008 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 26.07.2007 - 1BvR 824/03; 1BvR 1247/07 die gegen die Inflationsanpassung im Jahr 2000 gerichtete Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen habe, da diese Anpassung nicht gegen das Grundgesetz verstoße. Mit der Rentenanpassung in Höhe der Inflationsrate zum 01.07.2000 solle eine Stabilisierung des Beitragssatzes, eine Absenkung des zusätzlichen Bundeszuschusses und eine Absenkung der an der Rentenanpassung orientierten kurzfristigen Sozialleistungen bewirkt werden. Die angefochtene Inflationsanpassung sei demnach von dem gewichtigen öffentlichen Interesse getragen, einem Finanzierungsdefizit der gesetzlichen Rentenversicherung entgegenzuwirken.
Die Klägerin hat am 08.09.2008 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben (Verfahren S 5 R 3208/08) und im Wesentlichen geltend gemacht, die Altersversorgung von Rentnern müsse der Einkommensentwicklung von Beamten, Pensionären und der übrigen Bevölkerung angepasst werden und die Renten müssten zum Ausgleich von entgangenen Anpassungen in den letzten Jahren angemessen erhöht werden. Die ungleiche Behandlung verstoße gegen grundlegende verfassungsrechtliche Prinzipien.
Mit Mitteilung über die Rentenanpassung zum 01.07.2008 wurde die Klägerin über die Fortschreibung des aktuellen Rentenwerts ab 01.07.2008 um 1,10 Prozent in Kenntnis gesetzt.
Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 22.09.2008 Widerspruch ein. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Beklagte mit der Anpassung um 1,10 Prozent gegen das Grundgesetz verstoße. Im Vergleich zu bestimmten Berufsgruppen würden die Rentner gleichheitswidrig von der Netto-Einkommensentwicklung abgekoppelt. Dies würde vor dem Hintergrund von Nullrunden, Rentnerbesteuerung und steigenden Energie- und Lebensmittelpreisen den Tatbestand der Enteignung erfüllen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.03.2009 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der aktuelle Rentenwert laut Anpassungsmitteilung zum 01.07.2008 bei der Berechnung der Rente der Klägerin berücksichtigt worden sei. Die Beklagte sei als ausführende Bundesbehörde an die bestehenden gesetzlichen Vorgaben gebunden und habe nicht über die Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Bestimmungen zu entscheiden.
Die Klägerin hat am 17.03.2009 Klage beim SG erhoben (Verfahren S 5 R 842/09) und geltend gemacht, dass die Beklagte gegen die Vorgaben des Grundgesetzes verstoße.
Die Beklagte ist den Klagen entgegengetreten.
Mit Beschluss des SG vom 26.03.2009 wurden die Verfahren S 5 R 3208/08 und S 5 R 842/09 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter der Geschäftsnummer S 5 R 3208/08 verbunden.
Mit Gerichtsbescheid vom 27.01.2011 hat das SG die Klagen abgewiesen und ausgeführt, die angefochtenen Entscheidungen der Beklagten erwiesen sich als rechtmäßig. Die Klägerin werde dadurch nicht in ihren Rechten verletzt. 1. Die zum 01.07.2000 vorgenommene Rentenanpassung sei rechtmäßig erfolgt. Laufende Renten der gesetzlichen Rentenversicherung würden kalendermäßig jeweils zum 01. Juli eines jeden Jahres durch Veränderung des aktuellen Rentenwerts angepasst. Bei der Bestimmung des aktuellen Rentenwerts sei die allgemeine Entwicklung der Löhne und Gehälter zugrunde gelegt worden. Durch Art. 22 Nr. 5 des Gesetzes zur Sanierung des Bundeshaushalts (Haushaltssanierungsgesetz) vom 22. Dezember 1999 sei diese Rentenberechnung geändert worden. Anstelle des üblichen Anpassungsmodus sollten nun nach § 255c SGB VI (a.F.) die Anpassungen zum 1. Juli 2000 und zum 1. Juli 2001 in der Höhe der Inflationsrate vom jeweils vorvergangenen zum jeweils vergangenen Jahr erfolgen. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG vom 26.07.2007, Az.: 1 BvR 1247/07, zitiert nach Juris) stehe die preisindexorientierte Rentenanpassung zum 01. Juli 2000 mit dem Grundgesetz in Einklang. Die Kammer mache sich nach eigener Prüfung die Ausführungen des BVerfG voll umfänglich zu Eigen und verweise auf die detaillierten Darlegungen in dieser Entscheidung. Das mit der Vorschrift des § 255 c SGB VI (a.F.) verfolgte Ziel habe darin bestanden, eine Absenkung oder jedenfalls Stabilisierung des Beitragssatzes, eine Absenkung des zusätzlichen Bundeszuschusses und eine Absenkung der an der Rentenanpassung orientierten kurzfristigen Sozialleistungen zu bewirken. Die Haushalte der Länder und Gemeinden hätten durch die Maßnahmen im Jahr 2000 um 0,3 Milliarden DM und im Jahr 2001 um 0,7 Milliarden DM entlastet werden sollen. Der Gesetzgeber habe durch die Modifizierung der Rentenanpassung die Rentner an der solidarischen Anstrengung der ganzen Gesellschaft, zu sparen und insbesondere die Altersvorsorge langfristig zu sichern, beteiligen wollen (vgl. BT-Drucks. 14/1523, S. 207 f.). Das BVerfG habe entschieden, dass der Gesetzgeber unter Ausschöpfung des ihm zukommenden Gestaltungsspielraums die preisindexorientierte Rentenanpassung zum 1. Juli 2000 als geeignet und erforderlich zur Erreichung dieser Ziele habe ansehen dürfen. Dem Gesetzgeber müsse eine ausreichende Flexibilität erhalten bleiben, um die Finanzierung des Rentenversicherungssystems zu gewährleisten. Daher verfestige die Eigentumsgarantie das Rentensicherungssystems nicht so, dass es starr werde und den Anforderungen unter veränderten Umständen nicht mehr genügen könne. Es liege innerhalb des dem Gesetzgeber eingeräumten Gestaltungsermessens, wenn er der Stabilisierung oder der Verringerung des Beitragssatzes zur gesetzlichen Rentenversicherung Priorität, insbesondere aus arbeitsmarktpolitischen Gründen, einräume (BVerfG, a.a.O., Rand-Nr. 53). Im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme sei zu berücksichtigen, dass die Rentenanpassung in Höhe des Inflationsausgleichs auf die Jahre 2000 und 2001 begrenzt gewesen sei und letztlich sogar nur im Jahr 2000 durchgeführt worden sei. Die Maßnahme habe daher eine lediglich begrenzte, punktuelle Ausnahme von dem ansonsten geltenden Grundsatz der jährlich an die Entwicklung der Arbeitseinkommen ausgerichteten Rentenanpassungen dargestellt. Im Ergebnis habe die Anpassung nicht zu einer betragsmäßigen Reduzierung der monatlichen Rente geführt, zumal der Rentenbetrag zum 01. Juli - wenn auch nur geringfügig - erhöht worden sei (BVerfG, a,a.O., Rand-Nr. 55). Die Kammer komme in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu dem Ergebnis, dass für die Sonderregelung der Rentenanpassung zum 01. Juli 2000 in Gestalt einer nachhaltigen Haushaltssanierung sachlich gewichtige Gründe vorgelegen hätten. Der Gesetzgeber habe mit der indexorientierten Rentenanpassung das Ziel verfolgt, den Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung zu stabilisieren und damit die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung zu erhalten. Andererseits hätten diese Maßnahmen nicht dazu geführt, dass die Renten ihre Funktion als substanzielle Alterssicherung verloren hätten. 2. Auch die zum 01.07.2008 erfolgte Rentenanpassung sei nicht zu beanstanden. Die geäußerten Zweifel der Klägerin an der Verfassungsmäßigkeit der hier maßgebenden Vorschriften zur Rentenpassung seien nicht begründet. Gem. § 65 des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VI) würden die Renten eines Jahres angepasst, indem der bisherige aktuelle Rentenwert durch den neuen aktuellen Rentenwert ersetzt werde. Die Veränderung des aktuellen Rentenwertes werde nach § 69 SGB VI im Verordnungswege mit Zustimmung des Bundesrats bekannt gegeben. Laut Anpassungsmitteilung zum 01.07.2008 sei der aktuelle Rentenwert in den alten Bundesländern ab 01.07.2008 auf 26,56 EUR festgelegt worden. Dies entspreche einer Erhöhung des bisherigen Werts von 1,10 Prozent. Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Rentenanpassung bestünden nicht. Durch Form und Inhalt dieser Rentenanpassung sei die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt. Soweit die Klägerin vortrage, die Entwicklung der Renten würde immer mehr von der Entwicklung der Einkommen der abhängig Beschäftigten abgekoppelt, könne dies angesichts der durch § 68, 68a, 255a, 225a, 225e bis f SGB VI vorgegebenen Maßnahmen zur Bestimmung der Rentenanpassung nicht zu überzeugen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.11.2009 - L 3 R 96/09 -, zitiert nach Juris, Rand-Nr. 42). Grundsätzlich sei anzumerken, dass das Grundgesetz selbst nicht regele, ob der Rentenberechtigte vom Versicherungsträger eine bestimmte Anpassung seiner Rente beanspruchen könne. Die Rentner hätten in Bezug auf die Rentenanpassung kein im GG geregeltes Recht im Sinne eines Anspruchs gegen den Deutschen Bundestag oder gegen die Bundesregierung als Verordnungsgeber auf Anhebung des aktuellen Rentenwerts (BSG, Urteil vom 20.12.2007 - B 4 RA 51/05 R -, zitiert nach Juris, Rand-Nr. 18). Hinsichtlich der geltend gemachten Ungleichbehandlung sei auszuführen, dass Art. 3 GG den Gesetzgeber nicht verpflichte, verschieden ausgestaltete Altersversorgungssysteme anzugleichen. Denn nach den zu Art. 3 Abs. 1 GG entwickelten Maßstäben sei es nicht geboten, die Anpassung der Versorgungsbezüge der Ruhestandsbeamten und die Anpassung von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung in gleicher Weise, insbesondere in derselben Höhe, vorzunehmen (BSG, Urteil vom 20.12.2007 a.a.O. Rand-Nr. 67). Regelungen, die wie diejenigen zur jährlichen Rentenanpassung an sachgerechten Kriterien ausgerichtet seien, müssten selbst bei grundsätzlicher Bedeutung nicht auf andere übertragen werden. Umgekehrt müsse auch eine sachgerechte Regelung zur Anpassung von Versorgungsbezügen nach dem Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) nicht auf das Rechtsgebiet der gesetzlichen Rentenversicherung übertragen werden (LSG Berlin-Brandenburg a.a.O. Rand-Nr. 42). Der Gesetzgeber sei nicht gehindert, andere Systeme der Alterssicherung hinsichtlich der Anpassung ihrer Leistungen anders zu behandeln, da sie wesentliche Unterschiede aufwiesen und in ihnen unterschiedliche Rechtsgrundlagen gelten würden (vgl. BSG, Urteil vom 20.12.2007 a.a.O. Rand-Nr. 70). Die Klägerin könne ihr Klagebegehren auch nicht auf die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG stützen. Es könne dabei nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in seinem Nichtannahmebeschluss vom 26.07.2007 offen bleiben, ob auch die regelmäßige Anpassung von Renten unter den Schutz der Eigentumsgarantie falle. Denn selbst wenn die Beschränkung der Rentenanpassung im Jahr 2000 auf die Inflationsrate den Schutzbereich des Art, 14 Abs. 1 GG beeinträchtigen würde, wäre jedenfalls die Eigentumsgarantie nicht verletzt (BVerfG, a.a.O., Rand-Nr. 51). Der Gesetzgeber habe vielmehr die Rentenanpassung 2008 nach Maßgabe der bestehenden gesetzlichen Regelungen vorgenommen, mit denen er den Inhalt und die Schranken des Renteneigentums ausgestaltet habe (Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG). Der hier unterstellte Eigentumsschutz des Rechts auf Altersrente auch in ihrer gesetzlichen regelhaften "Dynamik" umfasse dann auch die jährliche Anpassung des Werts der Rente. Der Grundrechtsschutz bestehe grundsätzlich nur nach Maßgabe der jeweiligen Inhaltsbestimmungen des SGB VI. Durch die Rentenanpassung zum 01.07.2008 greife der Gesetzgeber in den Schutzbereich des Grundrechts nicht ein, da diese Anpassung nach Maßgabe der Inhalts- und Schrankenbestimmungen des SGB VI erfolgt sei. Dagegen vermittele Art. 14 Abs. 1 GG den Bestandsrentnern keine Rechtsposition, die ihnen eine Aussicht auf Anpassung der Rente nach Maßgabe des BeamtVG vermitteln könne. Sei bereits eine indexorientierte Rentenanpassung nicht zu beanstanden, so könne zur Überzeugung des Gerichts eine zum 01.07.2008 erfolgte Rentenanpassung um 1,10 Prozent erst recht nicht zu beanstanden sein.
Gegen diesen ihr am 01.02.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 15.02.2011 Berufung eingelegt und im Wesentlichen geltend gemacht, die Entscheidung sei ohne ihre Beteiligung oder ihre Befragung ergangen und verstoße deshalb gegen das Rechtsstaatsgebot. Sie sei auch inhaltlich unzutreffend. Das SG habe zwar erkannt, dass es unterschiedliche Altersversorgungssysteme in Deutschland gebe und dass die Bundesregierung auch mit Rücksicht auf Sozialhilfeleistungen die Renten nicht anpasse (oder angepasst habe). Genau das sei aber der Grund ihrer Klage, nämlich die Ungleichbehandlung der Bezieher von Altersruhegeldern und Renten nach Kassenlage. Es liege eine Verletzung des Grundgesetzes vor, wenn ein System mit hohen Beitragsgeldern der Zwangsversicherten und ein anderes System ohne eigene Beitragsleistungen mit Steuergeldern finanziert werde. Weiterhin verstoße es gegen das Gleichbehandlungsgebot, wenn Altersbezüge an die Preisentwicklung (wie bei Pensionären die Kopplung an die Beamtenbezüge) und Renten an die Lohnentwicklung gekoppelt würden. Pensionszahlungen erfolgten zwölfeinhalb bis dreizehnmal pro Jahr, Renten zwölfmal, Pensionsanpassungen erfolgten ab Januar, Rentenanpassungen ab Juli. Es sei nicht strittig, dass die Beklagte das geltende Gesetz korrekt angewandt habe. Es gehe in der Berufung vielmehr darum, dass mit der zu geringen Anpassung ihrer Rente zum 01.07.2000 bzw. 01.07.2008 elementare Grundrechte verletzt würden. Seit Renteneintritt 1996 betrage die Rentenkaufkraft weniger als 50 %. Es gehe darum, dass die deutsche Justiz unterschiedliches Recht für die verschiedenen Altersvorsorgesysteme zur Anwendung bringe. Wo zum Beispiel für die berufsständische Versorgung das Rechtsstaatsprinzip (keine rückwirkende Eingriffe in bereits erworbene Ansprüche) und die Zweckbindung der Beiträge gelten würden, gelte für Arbeitnehmer und Rentner seit nunmehr 30 Jahren die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, das heiße politische Willkür. Wo sich Beamte und Richter zu Recht auf das Grundgesetz beriefen (die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums), würden Arbeitnehmern und Rentnern elementare Grundrechte verweigert, u.a. der Gleichheitsgrundsatz, das Rechtsstaatsprinzip und der Eigentumsschutz, es gelte ebenfalls die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 27.01.2011 und die Bescheide über Rentenanpassungen zum 01.07.2000 und zum 01.07.2008 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 14.05.2008 und 11.03.2009 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihre Altersrente jeweils mit höheren Werten anzupassen und ihr eine höhere Altersrente zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nimmt auf die Begründung ihrer Widerspruchsbescheide und ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.
Das Sozialgericht hat die Klagen zu Recht und aus zutreffenden Gründen als unbegründet abgewiesen.
Die Klagen sind als Anfechtungsklagen gegen die einen Verwaltungsakt verlautbarende Rentenanpassungsmitteilung sowie als unechte Leistungsklagen (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) auf Festsetzung eines höheren Anpassungswertes und Zahlung höherer Rente zulässig (vgl. BSG, Urteil vom 31.07.2002 - B 4 RA 120/00 R -, veröffentlicht in Juris).
Die Klagen sind aber unbegründet. Die Rentenanpassungen zum 1. Juli 2000 und zum 1. Juli 2008 sind rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren Anpassungswertes. Dies hat das SG mit umfangreicher und vollständiger Begründung zutreffend entschieden. Der Senat nimmt deshalb zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils voll inhaltlich Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Zu ergänzen ist zur Rentenanpassung zum 01.07.2008 lediglich, dass sich der Senat insoweit der Entscheidung des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 23.06.2011 - L 8 R 210/10 -, veröffentlicht in Juris) anschließt, das zutreffend ausgeführt hat, dass sich die Rentenanpassung zum 1. Juli 2008 sowohl isoliert betrachtet als auch unter Berücksichtigung der Rentenentwicklung im verfassungsrechtlich zulässigen Rahmen hält. Es gebe keine verfassungsrechtliche Regel, die besagte, dass Rentenanpassungen den statistisch errechneten Kaufkraftverlust zwingend ausgleichen müssten. Mit der Erhöhung des aktuellen Rentenwerts um 1,1 % zum 1. Juli 2008 sei der Gesetzgeber im Übrigen deutlich über das hinausgegangen, was sich nach der zum 1. Januar 2005 eingeführten Anpassungsformel zum 1. Juli 2008 ergeben hätte (eine Anpassung um 0,46 %, BT-Drucks. 16/8744, S. 7).
Um für 2008 und 2009 eine höhere Rentenanpassung zu erreichen, hat der Bundestag das Gesetz zur Rentenanpassung 2008 verabschiedet. Mit diesem Gesetz wird der Riesterfaktor in den Jahren 2008 und 2009 ausgesetzt und erst 2012 und 2013 nachgeholt. Durch die Aussetzung des Riesterfaktors fällt die Rentenanpassung 2008 um 0,64 Prozentpunkte höher aus und beträgt daher 1,1 Prozent (0,46 Prozent + 0,64 Prozent). Sie liegt damit lediglich 0,3 % unter dem reinen Lohnanstieg im Jahr 2007 (BT-Drucks. 16/8744, S. 7).
Die von daher überobligatorische Erhöhung ist ausdrücklich damit begründet worden, die Rentnerinnen und Rentner angemessen am Wirtschaftsaufschwung teilhaben zu lassen, der es auch erlaube, die höheren Ausgaben ohne Beitragserhöhung zu finanzieren (BT-Drucks. 16/8744, S. 7; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23.06.2011 a.a.O.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Anpassung des aktuellen Rentenwerts zum 01.07.2000 und 01.07.2008.
Die 1936 geborene Klägerin bezieht seit dem 01.02.1999 Altersrente für langjährig Versicherte.
Mit Mitteilung über die Rentenanpassung zum 01.07.2000 wurde die Klägerin über die Anpassung ihrer Rente in Kenntnis gesetzt. Der aktuelle Rentenwert wurde - entsprechend der Veränderung des Preisindex für das Jahr 1999 gegenüber dem des Jahres 1998 - in den Jahren 2000 und 2001 in Höhe von 0,6 Prozent fortgeschrieben.
Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 26.07.2000 Widerspruch ein. Ihren Widerspruch verband die Klägerin mit der Forderung, die Renten in Höhe der Nettolohnsteigerungen anzupassen oder zumindest einen Inflationsausgleich vorzusehen.
Nachdem das Widerspruchsverfahren zunächst ruhte, wurde der Widerspruch von der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 14.05.2008 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 26.07.2007 - 1BvR 824/03; 1BvR 1247/07 die gegen die Inflationsanpassung im Jahr 2000 gerichtete Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen habe, da diese Anpassung nicht gegen das Grundgesetz verstoße. Mit der Rentenanpassung in Höhe der Inflationsrate zum 01.07.2000 solle eine Stabilisierung des Beitragssatzes, eine Absenkung des zusätzlichen Bundeszuschusses und eine Absenkung der an der Rentenanpassung orientierten kurzfristigen Sozialleistungen bewirkt werden. Die angefochtene Inflationsanpassung sei demnach von dem gewichtigen öffentlichen Interesse getragen, einem Finanzierungsdefizit der gesetzlichen Rentenversicherung entgegenzuwirken.
Die Klägerin hat am 08.09.2008 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben (Verfahren S 5 R 3208/08) und im Wesentlichen geltend gemacht, die Altersversorgung von Rentnern müsse der Einkommensentwicklung von Beamten, Pensionären und der übrigen Bevölkerung angepasst werden und die Renten müssten zum Ausgleich von entgangenen Anpassungen in den letzten Jahren angemessen erhöht werden. Die ungleiche Behandlung verstoße gegen grundlegende verfassungsrechtliche Prinzipien.
Mit Mitteilung über die Rentenanpassung zum 01.07.2008 wurde die Klägerin über die Fortschreibung des aktuellen Rentenwerts ab 01.07.2008 um 1,10 Prozent in Kenntnis gesetzt.
Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 22.09.2008 Widerspruch ein. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Beklagte mit der Anpassung um 1,10 Prozent gegen das Grundgesetz verstoße. Im Vergleich zu bestimmten Berufsgruppen würden die Rentner gleichheitswidrig von der Netto-Einkommensentwicklung abgekoppelt. Dies würde vor dem Hintergrund von Nullrunden, Rentnerbesteuerung und steigenden Energie- und Lebensmittelpreisen den Tatbestand der Enteignung erfüllen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.03.2009 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der aktuelle Rentenwert laut Anpassungsmitteilung zum 01.07.2008 bei der Berechnung der Rente der Klägerin berücksichtigt worden sei. Die Beklagte sei als ausführende Bundesbehörde an die bestehenden gesetzlichen Vorgaben gebunden und habe nicht über die Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Bestimmungen zu entscheiden.
Die Klägerin hat am 17.03.2009 Klage beim SG erhoben (Verfahren S 5 R 842/09) und geltend gemacht, dass die Beklagte gegen die Vorgaben des Grundgesetzes verstoße.
Die Beklagte ist den Klagen entgegengetreten.
Mit Beschluss des SG vom 26.03.2009 wurden die Verfahren S 5 R 3208/08 und S 5 R 842/09 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter der Geschäftsnummer S 5 R 3208/08 verbunden.
Mit Gerichtsbescheid vom 27.01.2011 hat das SG die Klagen abgewiesen und ausgeführt, die angefochtenen Entscheidungen der Beklagten erwiesen sich als rechtmäßig. Die Klägerin werde dadurch nicht in ihren Rechten verletzt. 1. Die zum 01.07.2000 vorgenommene Rentenanpassung sei rechtmäßig erfolgt. Laufende Renten der gesetzlichen Rentenversicherung würden kalendermäßig jeweils zum 01. Juli eines jeden Jahres durch Veränderung des aktuellen Rentenwerts angepasst. Bei der Bestimmung des aktuellen Rentenwerts sei die allgemeine Entwicklung der Löhne und Gehälter zugrunde gelegt worden. Durch Art. 22 Nr. 5 des Gesetzes zur Sanierung des Bundeshaushalts (Haushaltssanierungsgesetz) vom 22. Dezember 1999 sei diese Rentenberechnung geändert worden. Anstelle des üblichen Anpassungsmodus sollten nun nach § 255c SGB VI (a.F.) die Anpassungen zum 1. Juli 2000 und zum 1. Juli 2001 in der Höhe der Inflationsrate vom jeweils vorvergangenen zum jeweils vergangenen Jahr erfolgen. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG vom 26.07.2007, Az.: 1 BvR 1247/07, zitiert nach Juris) stehe die preisindexorientierte Rentenanpassung zum 01. Juli 2000 mit dem Grundgesetz in Einklang. Die Kammer mache sich nach eigener Prüfung die Ausführungen des BVerfG voll umfänglich zu Eigen und verweise auf die detaillierten Darlegungen in dieser Entscheidung. Das mit der Vorschrift des § 255 c SGB VI (a.F.) verfolgte Ziel habe darin bestanden, eine Absenkung oder jedenfalls Stabilisierung des Beitragssatzes, eine Absenkung des zusätzlichen Bundeszuschusses und eine Absenkung der an der Rentenanpassung orientierten kurzfristigen Sozialleistungen zu bewirken. Die Haushalte der Länder und Gemeinden hätten durch die Maßnahmen im Jahr 2000 um 0,3 Milliarden DM und im Jahr 2001 um 0,7 Milliarden DM entlastet werden sollen. Der Gesetzgeber habe durch die Modifizierung der Rentenanpassung die Rentner an der solidarischen Anstrengung der ganzen Gesellschaft, zu sparen und insbesondere die Altersvorsorge langfristig zu sichern, beteiligen wollen (vgl. BT-Drucks. 14/1523, S. 207 f.). Das BVerfG habe entschieden, dass der Gesetzgeber unter Ausschöpfung des ihm zukommenden Gestaltungsspielraums die preisindexorientierte Rentenanpassung zum 1. Juli 2000 als geeignet und erforderlich zur Erreichung dieser Ziele habe ansehen dürfen. Dem Gesetzgeber müsse eine ausreichende Flexibilität erhalten bleiben, um die Finanzierung des Rentenversicherungssystems zu gewährleisten. Daher verfestige die Eigentumsgarantie das Rentensicherungssystems nicht so, dass es starr werde und den Anforderungen unter veränderten Umständen nicht mehr genügen könne. Es liege innerhalb des dem Gesetzgeber eingeräumten Gestaltungsermessens, wenn er der Stabilisierung oder der Verringerung des Beitragssatzes zur gesetzlichen Rentenversicherung Priorität, insbesondere aus arbeitsmarktpolitischen Gründen, einräume (BVerfG, a.a.O., Rand-Nr. 53). Im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme sei zu berücksichtigen, dass die Rentenanpassung in Höhe des Inflationsausgleichs auf die Jahre 2000 und 2001 begrenzt gewesen sei und letztlich sogar nur im Jahr 2000 durchgeführt worden sei. Die Maßnahme habe daher eine lediglich begrenzte, punktuelle Ausnahme von dem ansonsten geltenden Grundsatz der jährlich an die Entwicklung der Arbeitseinkommen ausgerichteten Rentenanpassungen dargestellt. Im Ergebnis habe die Anpassung nicht zu einer betragsmäßigen Reduzierung der monatlichen Rente geführt, zumal der Rentenbetrag zum 01. Juli - wenn auch nur geringfügig - erhöht worden sei (BVerfG, a,a.O., Rand-Nr. 55). Die Kammer komme in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu dem Ergebnis, dass für die Sonderregelung der Rentenanpassung zum 01. Juli 2000 in Gestalt einer nachhaltigen Haushaltssanierung sachlich gewichtige Gründe vorgelegen hätten. Der Gesetzgeber habe mit der indexorientierten Rentenanpassung das Ziel verfolgt, den Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung zu stabilisieren und damit die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung zu erhalten. Andererseits hätten diese Maßnahmen nicht dazu geführt, dass die Renten ihre Funktion als substanzielle Alterssicherung verloren hätten. 2. Auch die zum 01.07.2008 erfolgte Rentenanpassung sei nicht zu beanstanden. Die geäußerten Zweifel der Klägerin an der Verfassungsmäßigkeit der hier maßgebenden Vorschriften zur Rentenpassung seien nicht begründet. Gem. § 65 des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VI) würden die Renten eines Jahres angepasst, indem der bisherige aktuelle Rentenwert durch den neuen aktuellen Rentenwert ersetzt werde. Die Veränderung des aktuellen Rentenwertes werde nach § 69 SGB VI im Verordnungswege mit Zustimmung des Bundesrats bekannt gegeben. Laut Anpassungsmitteilung zum 01.07.2008 sei der aktuelle Rentenwert in den alten Bundesländern ab 01.07.2008 auf 26,56 EUR festgelegt worden. Dies entspreche einer Erhöhung des bisherigen Werts von 1,10 Prozent. Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Rentenanpassung bestünden nicht. Durch Form und Inhalt dieser Rentenanpassung sei die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt. Soweit die Klägerin vortrage, die Entwicklung der Renten würde immer mehr von der Entwicklung der Einkommen der abhängig Beschäftigten abgekoppelt, könne dies angesichts der durch § 68, 68a, 255a, 225a, 225e bis f SGB VI vorgegebenen Maßnahmen zur Bestimmung der Rentenanpassung nicht zu überzeugen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.11.2009 - L 3 R 96/09 -, zitiert nach Juris, Rand-Nr. 42). Grundsätzlich sei anzumerken, dass das Grundgesetz selbst nicht regele, ob der Rentenberechtigte vom Versicherungsträger eine bestimmte Anpassung seiner Rente beanspruchen könne. Die Rentner hätten in Bezug auf die Rentenanpassung kein im GG geregeltes Recht im Sinne eines Anspruchs gegen den Deutschen Bundestag oder gegen die Bundesregierung als Verordnungsgeber auf Anhebung des aktuellen Rentenwerts (BSG, Urteil vom 20.12.2007 - B 4 RA 51/05 R -, zitiert nach Juris, Rand-Nr. 18). Hinsichtlich der geltend gemachten Ungleichbehandlung sei auszuführen, dass Art. 3 GG den Gesetzgeber nicht verpflichte, verschieden ausgestaltete Altersversorgungssysteme anzugleichen. Denn nach den zu Art. 3 Abs. 1 GG entwickelten Maßstäben sei es nicht geboten, die Anpassung der Versorgungsbezüge der Ruhestandsbeamten und die Anpassung von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung in gleicher Weise, insbesondere in derselben Höhe, vorzunehmen (BSG, Urteil vom 20.12.2007 a.a.O. Rand-Nr. 67). Regelungen, die wie diejenigen zur jährlichen Rentenanpassung an sachgerechten Kriterien ausgerichtet seien, müssten selbst bei grundsätzlicher Bedeutung nicht auf andere übertragen werden. Umgekehrt müsse auch eine sachgerechte Regelung zur Anpassung von Versorgungsbezügen nach dem Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) nicht auf das Rechtsgebiet der gesetzlichen Rentenversicherung übertragen werden (LSG Berlin-Brandenburg a.a.O. Rand-Nr. 42). Der Gesetzgeber sei nicht gehindert, andere Systeme der Alterssicherung hinsichtlich der Anpassung ihrer Leistungen anders zu behandeln, da sie wesentliche Unterschiede aufwiesen und in ihnen unterschiedliche Rechtsgrundlagen gelten würden (vgl. BSG, Urteil vom 20.12.2007 a.a.O. Rand-Nr. 70). Die Klägerin könne ihr Klagebegehren auch nicht auf die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG stützen. Es könne dabei nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in seinem Nichtannahmebeschluss vom 26.07.2007 offen bleiben, ob auch die regelmäßige Anpassung von Renten unter den Schutz der Eigentumsgarantie falle. Denn selbst wenn die Beschränkung der Rentenanpassung im Jahr 2000 auf die Inflationsrate den Schutzbereich des Art, 14 Abs. 1 GG beeinträchtigen würde, wäre jedenfalls die Eigentumsgarantie nicht verletzt (BVerfG, a.a.O., Rand-Nr. 51). Der Gesetzgeber habe vielmehr die Rentenanpassung 2008 nach Maßgabe der bestehenden gesetzlichen Regelungen vorgenommen, mit denen er den Inhalt und die Schranken des Renteneigentums ausgestaltet habe (Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG). Der hier unterstellte Eigentumsschutz des Rechts auf Altersrente auch in ihrer gesetzlichen regelhaften "Dynamik" umfasse dann auch die jährliche Anpassung des Werts der Rente. Der Grundrechtsschutz bestehe grundsätzlich nur nach Maßgabe der jeweiligen Inhaltsbestimmungen des SGB VI. Durch die Rentenanpassung zum 01.07.2008 greife der Gesetzgeber in den Schutzbereich des Grundrechts nicht ein, da diese Anpassung nach Maßgabe der Inhalts- und Schrankenbestimmungen des SGB VI erfolgt sei. Dagegen vermittele Art. 14 Abs. 1 GG den Bestandsrentnern keine Rechtsposition, die ihnen eine Aussicht auf Anpassung der Rente nach Maßgabe des BeamtVG vermitteln könne. Sei bereits eine indexorientierte Rentenanpassung nicht zu beanstanden, so könne zur Überzeugung des Gerichts eine zum 01.07.2008 erfolgte Rentenanpassung um 1,10 Prozent erst recht nicht zu beanstanden sein.
Gegen diesen ihr am 01.02.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 15.02.2011 Berufung eingelegt und im Wesentlichen geltend gemacht, die Entscheidung sei ohne ihre Beteiligung oder ihre Befragung ergangen und verstoße deshalb gegen das Rechtsstaatsgebot. Sie sei auch inhaltlich unzutreffend. Das SG habe zwar erkannt, dass es unterschiedliche Altersversorgungssysteme in Deutschland gebe und dass die Bundesregierung auch mit Rücksicht auf Sozialhilfeleistungen die Renten nicht anpasse (oder angepasst habe). Genau das sei aber der Grund ihrer Klage, nämlich die Ungleichbehandlung der Bezieher von Altersruhegeldern und Renten nach Kassenlage. Es liege eine Verletzung des Grundgesetzes vor, wenn ein System mit hohen Beitragsgeldern der Zwangsversicherten und ein anderes System ohne eigene Beitragsleistungen mit Steuergeldern finanziert werde. Weiterhin verstoße es gegen das Gleichbehandlungsgebot, wenn Altersbezüge an die Preisentwicklung (wie bei Pensionären die Kopplung an die Beamtenbezüge) und Renten an die Lohnentwicklung gekoppelt würden. Pensionszahlungen erfolgten zwölfeinhalb bis dreizehnmal pro Jahr, Renten zwölfmal, Pensionsanpassungen erfolgten ab Januar, Rentenanpassungen ab Juli. Es sei nicht strittig, dass die Beklagte das geltende Gesetz korrekt angewandt habe. Es gehe in der Berufung vielmehr darum, dass mit der zu geringen Anpassung ihrer Rente zum 01.07.2000 bzw. 01.07.2008 elementare Grundrechte verletzt würden. Seit Renteneintritt 1996 betrage die Rentenkaufkraft weniger als 50 %. Es gehe darum, dass die deutsche Justiz unterschiedliches Recht für die verschiedenen Altersvorsorgesysteme zur Anwendung bringe. Wo zum Beispiel für die berufsständische Versorgung das Rechtsstaatsprinzip (keine rückwirkende Eingriffe in bereits erworbene Ansprüche) und die Zweckbindung der Beiträge gelten würden, gelte für Arbeitnehmer und Rentner seit nunmehr 30 Jahren die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, das heiße politische Willkür. Wo sich Beamte und Richter zu Recht auf das Grundgesetz beriefen (die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums), würden Arbeitnehmern und Rentnern elementare Grundrechte verweigert, u.a. der Gleichheitsgrundsatz, das Rechtsstaatsprinzip und der Eigentumsschutz, es gelte ebenfalls die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 27.01.2011 und die Bescheide über Rentenanpassungen zum 01.07.2000 und zum 01.07.2008 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 14.05.2008 und 11.03.2009 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihre Altersrente jeweils mit höheren Werten anzupassen und ihr eine höhere Altersrente zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nimmt auf die Begründung ihrer Widerspruchsbescheide und ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.
Das Sozialgericht hat die Klagen zu Recht und aus zutreffenden Gründen als unbegründet abgewiesen.
Die Klagen sind als Anfechtungsklagen gegen die einen Verwaltungsakt verlautbarende Rentenanpassungsmitteilung sowie als unechte Leistungsklagen (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) auf Festsetzung eines höheren Anpassungswertes und Zahlung höherer Rente zulässig (vgl. BSG, Urteil vom 31.07.2002 - B 4 RA 120/00 R -, veröffentlicht in Juris).
Die Klagen sind aber unbegründet. Die Rentenanpassungen zum 1. Juli 2000 und zum 1. Juli 2008 sind rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren Anpassungswertes. Dies hat das SG mit umfangreicher und vollständiger Begründung zutreffend entschieden. Der Senat nimmt deshalb zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils voll inhaltlich Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Zu ergänzen ist zur Rentenanpassung zum 01.07.2008 lediglich, dass sich der Senat insoweit der Entscheidung des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 23.06.2011 - L 8 R 210/10 -, veröffentlicht in Juris) anschließt, das zutreffend ausgeführt hat, dass sich die Rentenanpassung zum 1. Juli 2008 sowohl isoliert betrachtet als auch unter Berücksichtigung der Rentenentwicklung im verfassungsrechtlich zulässigen Rahmen hält. Es gebe keine verfassungsrechtliche Regel, die besagte, dass Rentenanpassungen den statistisch errechneten Kaufkraftverlust zwingend ausgleichen müssten. Mit der Erhöhung des aktuellen Rentenwerts um 1,1 % zum 1. Juli 2008 sei der Gesetzgeber im Übrigen deutlich über das hinausgegangen, was sich nach der zum 1. Januar 2005 eingeführten Anpassungsformel zum 1. Juli 2008 ergeben hätte (eine Anpassung um 0,46 %, BT-Drucks. 16/8744, S. 7).
Um für 2008 und 2009 eine höhere Rentenanpassung zu erreichen, hat der Bundestag das Gesetz zur Rentenanpassung 2008 verabschiedet. Mit diesem Gesetz wird der Riesterfaktor in den Jahren 2008 und 2009 ausgesetzt und erst 2012 und 2013 nachgeholt. Durch die Aussetzung des Riesterfaktors fällt die Rentenanpassung 2008 um 0,64 Prozentpunkte höher aus und beträgt daher 1,1 Prozent (0,46 Prozent + 0,64 Prozent). Sie liegt damit lediglich 0,3 % unter dem reinen Lohnanstieg im Jahr 2007 (BT-Drucks. 16/8744, S. 7).
Die von daher überobligatorische Erhöhung ist ausdrücklich damit begründet worden, die Rentnerinnen und Rentner angemessen am Wirtschaftsaufschwung teilhaben zu lassen, der es auch erlaube, die höheren Ausgaben ohne Beitragserhöhung zu finanzieren (BT-Drucks. 16/8744, S. 7; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23.06.2011 a.a.O.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved