Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 6 LW 2088/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 LW 1199/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 21.02.2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung von Altersrente für Landwirte nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG).
Der am 1941 geborene, mit dem Güterstand der Gütertrennung verheiratete Kläger war von März 1974 bis Juli 2006 als Landwirt versicherungspflichtig und entrichtete Beiträge an die Rechtsvorgängerin der Beklagten (nachfolgend einheitlich: Beklagte). Aktuell bewirtschaftet er eine Waldfläche von rund 239 ha, die die Mindestgröße (= 50 ha) übersteigt. Darüber hinaus hat er nach eigenen Angaben ein lebenslanges Nießbrauchsrecht an weiteren, von ihm an seinen Sohn zu Eigentum übertragenen 1.149 ha Waldflächen, wobei der Sohn hier als Geschäftsleiter im operativen Bereich tätig ist. Der Kläger bezieht seit August 2006 (nach eigenen Angaben in Höhe von 320 EUR), seine Ehefrau seit November 2008 von der Deutschen Rentenversicherung Altersrente. Weitere Angaben zu seinen Einkünften hat der Kläger nicht gemacht.
Seinen bei der Beklagten im Februar 2011 gestellten Antrag auf Gewährung von Altersrente, mit dem er zugleich einen Rückbehalt von rund 239 ha Waldfläche geltend machte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 17.03.2011 und Widerspruchsbescheid vom 09.06.2011 ab. Da der zulässige Rückbehalt 12,50 ha betrage, erfülle der Kläger die Voraussetzung der Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens nicht.
Das hiergegen am 24.06.2011 mit verfassungsrechtlichen Einwänden angerufene Sozialgericht Ulm hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 21.02.2012 abgewiesen. Eine Verstoß gegen Art. 14 Grundgesetz (GG) liege nicht vor.
Gegen den ihm am 24.02.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 21.03.2012 Berufung eingelegt. Er trägt vor, sein Unternehmen nicht abgegeben zu haben und dies auch in ferner Zukunft nicht zu beabsichtigen. Der Kläger meint, die Hofabgabeklausel sei nicht mehr zeitgemäß. Er legt hierzu ein Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages vor, aus dem sich ergebe, dass die vom Gesetzgeber angestrebte agrarstrukturelle Steuerungswirkung heutzutage fehl gehe. Die Landwirte fänden keine Nachfolger mehr. Häufig erfolgten Abgaben nur zum Schein. 60 % der Landwirte seien Nebenerwerbslandwirte, die nicht der Versicherungspflicht nach dem ALG unterlägen. Die Hofabgabeklausel greife in den Schutzbereich von Art. 14 GG ein. Dem - vom Sozialgericht herangezogenen - Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 25.02.2010, B 10 LW 1/09 R könne nicht gefolgt werden. Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 21.02.2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17.03.2011 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 09.06.2011 zu verurteilen, ihm Regelaltersrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.
Rechtsgrundlage des prozessualen Begehrens des Klägers ist § 11 Abs. 1 ALG. Danach haben Landwirte Anspruch auf Regelaltersrente, wenn sie die Regelaltersgrenze erreicht haben, sie die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben und das Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben ist.
Hier hatte der Kläger im Zeitpunkt seines Rentenantrages die Wartezeit von 15 Jahren bereits erfüllt und bereits im Juli 2006 - da vor 1947 geboren - auch die Altersgrenze für die Regelaltersrente erreicht (§ 11 Abs. 3 ALG in der ab dem 01.01.2008 geltenden Fassung i.V.m. § 87a ALG).
Indessen erfüllt der Kläger - unstreitig - die dritte Voraussetzung für die begehrte Regelaltersrente nicht, weil er noch immer ein landwirtschaftliches Unternehmen - dazu gehören auch Unternehmen der Forstwirtschaft (§ 1 Abs. 4 Satz 1 ALG) - bewirtschaftet, also sein landwirtschaftliches Unternehmen nicht abgegeben hat.
Nach § 21 Abs. 1 ALG ist ein Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben, wenn das Eigentum an den landwirtschaftlich genutzten Flächen - hierzu gehören auch forstwirtschaftlich genutzte Flächen, § 1 Abs. 4 Satz 1 zweiter Halbsatz ALG - mit Ausnahme stillgelegter Flächen an einen Dritten übergegangen ist. Nach Abs. 2 Satz 1 gilt ein Unternehmen der Landwirtschaft als abgegeben, wenn (Nr. 1) die landwirtschaftlich genutzten Flächen verpachtet sind, diese mit einem Nießbrauch zugunsten Dritter belastet sind (Nr. 2) oder (Nr. 3) in ähnlicher Weise die landwirtschaftliche Nutzung auf eigenes Risiko auf längere Dauer unmöglich gemacht ist. Die nachfolgenden Absätze des § 21 ALG enthalten weitere Fallgestaltungen, die einer Abgabe nach Abs. 1 gleich gestellt werden.
Auf Grund der Angaben des Klägers über die weitere Bewirtschaftung seines Unternehmens mit einer in seinem Eigentum stehenden und von ihm bewirtschafteten Fläche von 239 ha Forst steht fest, dass eine solche Abgabe des forst- und damit landwirtschaftlichen Unternehmens bislang nicht erfolgt ist. Der Kläger behauptet auch nicht, das Unternehmen abgegeben zu haben, sondern beabsichtigt auch weiterhin, dieses Unternehmen zu bewirtschaften.
Er meint vielmehr und in erster Linie, die Anspruchsvoraussetzung der Abgabe verstoße gegen das Grundgesetz (GG). Dies trifft indessen nicht zu.
Die so genannte Hofabgabepflicht nach dem Gesetz über die Altershilfe für Landwirte (GAL) und dem seit 01.01.1995 geltenden ALG ist durch die Rechtsprechung des BSG bisher stets als wirksam und mit höherrangigem Recht vereinbar angesehen worden (zuletzt BSG, Urteil vom 25.02.2010, B 10 LW 1/09 R in SozR 4-5868 § 13 Nr. 5 m.w.N.). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die Pflicht zur Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens in einer Reihe von Entscheidungen als verfassungsrechtlich einwandfrei beurteilt (Beschluss vom 15.04.1969, 1 BvL 18/68 in SozR Nr. 77 zu Art. 3 GG; Beschluss vom 30.05.1980, 1 BvR 313/80 in SozR 5850 § 2 Nr. 6; Beschluss vom 18.12.1981, 1 BvR 943/81 in SozR 5850 § 2 Nr. 8; Beschluss vom 20.9.1999, 1 BvR 1750/95 in SozR 3-5850 § 4 Nr. 1; Beschluss vom 01.03.2004, 1 BvR 2099/03 in SozR 4-5868 § 1 Nr. 3). Danach ist die gesetzliche Anspruchsvoraussetzung der Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens mit dem Sozialstaatsprinzip, dem allgemeinen Gleichheitssatz, dem Grundrecht der Berufsfreiheit sowie der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes vereinbar. Dem hat sich der Senat in seiner Rechtsprechung angeschlossen (zuletzt im Beschluss vom 13.03.2012, L 10 LW 4296/10 in juris).
Die vom Kläger erhobenen verfassungsrechtlichen Einwände sind nicht geeignet, die bisherige verfassungsrechtliche Beurteilung der Pflicht zur Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens in Frage zu stellen.
Das Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG ist nach dieser Rechtsprechung schon deswegen nicht berührt, weil die Hofabgabe als Anspruchsvoraussetzung für eine Rente nach dem ALG den Landwirt nicht zur Aufgabe seines Berufs zwingt, sondern es ihm überlässt, ob er als Landwirt weiter wirtschaften oder seinen Hof abgeben will (BSG, a.a.O. m.w.N.). Eine Einschränkung seiner Berufsfreiheit behauptet der Kläger auch nicht.
Das Eigentumsrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG ist nicht verletzt, insbesondere nicht in Bezug auf die Veräußerung des Unternehmens als primärer Abgabetatbestand. Denn insoweit wird der Landwirt nicht gezwungen, sein Eigentum zu veräußern, dies bleibt seinem freien Willen überlassen; dies gilt ebenso für die Möglichkeit, durch Verpachtung den Abgabetatbestand zu erfüllen. Auch einen solchen Eingriff behauptet der Kläger nicht.
Vielmehr meint der Kläger, seine eigentumsrechtlich geschützten Rentenanwartschaften bei der Beklagten würden verletzt, weil ihm der Rentenanspruch vorenthalten werde, solange er sein Unternehmen nicht abgebe. Indessen kann Art. 14 Abs. 1 GG im Hinblick auf den Eigentumsschutz von Rentenanwartschaften durch das Erfordernis der Hofabgabe schon deswegen nicht verletzt sein, weil die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit als landwirtschaftlicher Unternehmer und damit auch der Erwerb der Rentenanwartschaften in der landwirtschaftlichen Alterssicherung in einer Zeit lag, in der durchgängig die Pflicht zur Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens als Voraussetzung für einen Anspruch auf Rente jeglicher Art gegolten hat (BSG, a.a.O., auch ausführlich zur gesetzlichen Entwicklung). Der Kläger erwarb seine Rentenanwartschaften somit von Anfang an mit diesem Abgabeerfordernis. Logischerweise kann deshalb die Hofabgabepflicht auch nicht in eigentumsrechtlich geschützte Rentenanwartschaften eingreifen.
Der Kläger hat seine Behauptung, auch sein Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG werde verletzt, nicht substantiiert dargelegt. Eine solche Verletzung ist auch nicht erkennbar.
Der Gesetzgeber verstößt gegen das Grundrecht des Art. 3 Abs. 1 GG, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obgleich zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und von solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten (BVerfG, Beschluss vom 20.09.1999, a.a.O.). Eine nach diesen Maßstäben verfassungsrechtlich unzulässige Ungleichbehandlung zu Lasten des nach dem ALG Versicherten ist nicht gegeben.
Der Gesetzgeber verfolgte mit der angegriffenen Regelung das Ziel, selbständige Landwirte ab einem bestimmten Lebensalter zur Abgabe ihrer Höfe zugunsten Jüngerer zu bewegen (BVerfG, a.a.O.). Diese Zielsetzung ist nach der Konzeption des Gesetzes mit einer angemessenen Altersversorgung der durch die Abgabe des Hofes in besonderer Weise schutzbedürftig gewordenen Landwirte untrennbar verbunden (BVerfG, Beschluss vom 18.12.1981, a.a.O.). Die ihr zu Grunde liegende Erwägung fügt sich somit in das Gesamtkonzept des Gesetzgebers ein, die Alterssicherung der selbständigen Landwirte in einer den besonderen Bedürfnissen dieses Berufsstandes entsprechenden Weise rechtlich zu gestalten (BVerfG, Beschluss vom 20.09.1999, a.a.O.). Sie ist agrar- und strukturpolitisch nachvollziehbar begründet und rechtfertigt die besondere rentenrechtliche Behandlung, die selbständige Landwirte erfahren, wenn sie sich zu einer Abgabe des Hofes nach Erreichen der Altersgrenze nicht entschließen können (BVerfG, a.a.O.).
Soweit der Kläger insoweit einwendet, diese agrarpolitische Zielsetzung sei nicht mehr zeitgemäß, folgt ihm der Senat schon im Ansatz nicht. Es bedarf daher keiner Überlegungen, ob und wann Veränderungen der Lebensumstände zu einem Wegfall von verfassungsrechtlichen Rechtfertigungsgründen führen können. Jedenfalls gilt auch insoweit, dass dem Gesetzgeber, der gerade politische Entscheidungen trifft, ein weiter Gestaltungsspielraum zusteht. Sozialpolitische Erwägungen des Gesetzgebers sind deshalb hinzunehmen, solange seine Erwägungen weder offensichtlich fehlsam noch mit der Wertordnung unvereinbar sind (BVerfG, Beschluss vom 18.12.1981, a.a.O.), wofür keinerlei Anhalt besteht (vgl. die erwähnten Entscheidungen des BSG und des BVerfG).
Im Grunde vertritt der Kläger mit seiner Behauptung, die Hofabgabepflicht sei nicht mehr zeitgemäß, lediglich eine politische Meinung, der als solcher keine rechtliche Relevanz zukommt. Nur am Rande ist darauf hinzuweisen, dass die Auffassung des Klägers - so das vom Kläger vorgelegte Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages - beispielsweise vom Deutschen Bauernverband gerade nicht geteilt wird. Soweit der Kläger in Gefolge des Gutachtens vorträgt, die Landwirte fänden keine Hofnachfolger mehr, bezieht sich dies auf Familienangehörige als Nachfolger. Die Pflicht zur Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens ist aber nicht auf Familienangehörige beschränkt, vielmehr kann die Abgabe auch an Dritte erfolgen. Im Übrigen trifft die Behauptung des Klägers ausweislich des Gutachtens in dieser Allgemeinheit nicht zu; vielmehr sind - so das Gutachten - in einem Drittel der Betriebe Nachfolger aus der Familie zur Übernahme bereit. Auch der Kläger selbst hat einen Sohn, der bereits einen Teil des forstwirtschaftlichen Unternehmens übernommen hat (1.149 ha) und als Geschäftsführer im operativen Bereich dieses Unternehmens tätig ist. Soweit der Kläger vorträgt, ein hoher Prozentsatz der Abgaben erfolgten nur zum Schein, rechtfertigt dies von vornherein nicht die vom Kläger gezogene Schlussfolgerung. Denn ein Gesetz ist nicht deshalb "überholt", weil es von einem erheblichen Teil der Gesetzesunterworfenen nicht beachtet wird und so Sozialleistungen erschlichen werden. Auch der Vortrag des Klägers, Nebenerwerbslandwirte unterfielen nicht der Versicherungspflicht nach dem ALG, trifft nicht zu, wie die §§ 1 und 2 ALG über die Versicherungspflicht und Versicherungsfreiheit zeigen; Nebenerwerbslandwirte sind nicht aufgeführt. Insoweit kommt allenfalls eine Befreiung von der Versicherungspflicht in Betracht (§ 3 ALG), die aber nur auf Antrag erfolgt und die Versicherungspflicht als solche gerade voraussetzt.
Soweit der Kläger moniert, das ALG zwinge den Landwirt zur Pflichtmitgliedschaft, gewährleiste aber nur eine Teilabsicherung im Alter, ist seine Schlussfolgerung eines Verstoßes gegen das Rechtsstaatsprinzip nicht nachvollziehbar. Denn mit der Pflichtmitgliedschaft zu niedrigen Beiträgen und bei hohen Zuschüssen aus Steuermitteln einerseits und - hinsichtlich der Höhe der Altersrente - einer Teilabsicherung andererseits hat der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung getragen, dass sich Landwirte häufig bei der Übergabe des Hofes an den Nachfolger ein Altenteil ausbedingen bzw. - erfolgt keine derartige Abgabe - jedenfalls den Wert der landwirtschaftlichen Grundstücke und das mietfreie Wohnen bleiben, was zur Absicherung im Alter beiträgt (BVerfG, Beschluss vom 09.12.2003, 1 BvR 558/99 in SozR 4-5868 § 1 Nr. 2). Sofern ein Landwirt - was für den Kläger ohnehin nicht zutrifft - ausschließlich auf Pachtflächen wirtschaftet, kann er von vornherein nicht damit rechnen, dass er über das landwirtschaftliche Unternehmen im Alter Einkommen erzielen kann; ihm obliegt es dann, in anderer Weise zusätzlich Vorsorge zu treffen (BSG, Urteil vom 25.02.2010, a.a.O.); denn auch er ist von vornherein nur im Umfang einer Teilabsicherung pflichtversichert. Soweit der Kläger auf Einzelfälle abstellt, führt dies angesichts der zulässigerweise generalisierenden Bewertung des Gesetzgebers im Rahmen seines weiten Gestaltungsspielraumes zu keinem anderen Ergebnis.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung von Altersrente für Landwirte nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG).
Der am 1941 geborene, mit dem Güterstand der Gütertrennung verheiratete Kläger war von März 1974 bis Juli 2006 als Landwirt versicherungspflichtig und entrichtete Beiträge an die Rechtsvorgängerin der Beklagten (nachfolgend einheitlich: Beklagte). Aktuell bewirtschaftet er eine Waldfläche von rund 239 ha, die die Mindestgröße (= 50 ha) übersteigt. Darüber hinaus hat er nach eigenen Angaben ein lebenslanges Nießbrauchsrecht an weiteren, von ihm an seinen Sohn zu Eigentum übertragenen 1.149 ha Waldflächen, wobei der Sohn hier als Geschäftsleiter im operativen Bereich tätig ist. Der Kläger bezieht seit August 2006 (nach eigenen Angaben in Höhe von 320 EUR), seine Ehefrau seit November 2008 von der Deutschen Rentenversicherung Altersrente. Weitere Angaben zu seinen Einkünften hat der Kläger nicht gemacht.
Seinen bei der Beklagten im Februar 2011 gestellten Antrag auf Gewährung von Altersrente, mit dem er zugleich einen Rückbehalt von rund 239 ha Waldfläche geltend machte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 17.03.2011 und Widerspruchsbescheid vom 09.06.2011 ab. Da der zulässige Rückbehalt 12,50 ha betrage, erfülle der Kläger die Voraussetzung der Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens nicht.
Das hiergegen am 24.06.2011 mit verfassungsrechtlichen Einwänden angerufene Sozialgericht Ulm hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 21.02.2012 abgewiesen. Eine Verstoß gegen Art. 14 Grundgesetz (GG) liege nicht vor.
Gegen den ihm am 24.02.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 21.03.2012 Berufung eingelegt. Er trägt vor, sein Unternehmen nicht abgegeben zu haben und dies auch in ferner Zukunft nicht zu beabsichtigen. Der Kläger meint, die Hofabgabeklausel sei nicht mehr zeitgemäß. Er legt hierzu ein Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages vor, aus dem sich ergebe, dass die vom Gesetzgeber angestrebte agrarstrukturelle Steuerungswirkung heutzutage fehl gehe. Die Landwirte fänden keine Nachfolger mehr. Häufig erfolgten Abgaben nur zum Schein. 60 % der Landwirte seien Nebenerwerbslandwirte, die nicht der Versicherungspflicht nach dem ALG unterlägen. Die Hofabgabeklausel greife in den Schutzbereich von Art. 14 GG ein. Dem - vom Sozialgericht herangezogenen - Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 25.02.2010, B 10 LW 1/09 R könne nicht gefolgt werden. Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 21.02.2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17.03.2011 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 09.06.2011 zu verurteilen, ihm Regelaltersrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.
Rechtsgrundlage des prozessualen Begehrens des Klägers ist § 11 Abs. 1 ALG. Danach haben Landwirte Anspruch auf Regelaltersrente, wenn sie die Regelaltersgrenze erreicht haben, sie die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben und das Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben ist.
Hier hatte der Kläger im Zeitpunkt seines Rentenantrages die Wartezeit von 15 Jahren bereits erfüllt und bereits im Juli 2006 - da vor 1947 geboren - auch die Altersgrenze für die Regelaltersrente erreicht (§ 11 Abs. 3 ALG in der ab dem 01.01.2008 geltenden Fassung i.V.m. § 87a ALG).
Indessen erfüllt der Kläger - unstreitig - die dritte Voraussetzung für die begehrte Regelaltersrente nicht, weil er noch immer ein landwirtschaftliches Unternehmen - dazu gehören auch Unternehmen der Forstwirtschaft (§ 1 Abs. 4 Satz 1 ALG) - bewirtschaftet, also sein landwirtschaftliches Unternehmen nicht abgegeben hat.
Nach § 21 Abs. 1 ALG ist ein Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben, wenn das Eigentum an den landwirtschaftlich genutzten Flächen - hierzu gehören auch forstwirtschaftlich genutzte Flächen, § 1 Abs. 4 Satz 1 zweiter Halbsatz ALG - mit Ausnahme stillgelegter Flächen an einen Dritten übergegangen ist. Nach Abs. 2 Satz 1 gilt ein Unternehmen der Landwirtschaft als abgegeben, wenn (Nr. 1) die landwirtschaftlich genutzten Flächen verpachtet sind, diese mit einem Nießbrauch zugunsten Dritter belastet sind (Nr. 2) oder (Nr. 3) in ähnlicher Weise die landwirtschaftliche Nutzung auf eigenes Risiko auf längere Dauer unmöglich gemacht ist. Die nachfolgenden Absätze des § 21 ALG enthalten weitere Fallgestaltungen, die einer Abgabe nach Abs. 1 gleich gestellt werden.
Auf Grund der Angaben des Klägers über die weitere Bewirtschaftung seines Unternehmens mit einer in seinem Eigentum stehenden und von ihm bewirtschafteten Fläche von 239 ha Forst steht fest, dass eine solche Abgabe des forst- und damit landwirtschaftlichen Unternehmens bislang nicht erfolgt ist. Der Kläger behauptet auch nicht, das Unternehmen abgegeben zu haben, sondern beabsichtigt auch weiterhin, dieses Unternehmen zu bewirtschaften.
Er meint vielmehr und in erster Linie, die Anspruchsvoraussetzung der Abgabe verstoße gegen das Grundgesetz (GG). Dies trifft indessen nicht zu.
Die so genannte Hofabgabepflicht nach dem Gesetz über die Altershilfe für Landwirte (GAL) und dem seit 01.01.1995 geltenden ALG ist durch die Rechtsprechung des BSG bisher stets als wirksam und mit höherrangigem Recht vereinbar angesehen worden (zuletzt BSG, Urteil vom 25.02.2010, B 10 LW 1/09 R in SozR 4-5868 § 13 Nr. 5 m.w.N.). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die Pflicht zur Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens in einer Reihe von Entscheidungen als verfassungsrechtlich einwandfrei beurteilt (Beschluss vom 15.04.1969, 1 BvL 18/68 in SozR Nr. 77 zu Art. 3 GG; Beschluss vom 30.05.1980, 1 BvR 313/80 in SozR 5850 § 2 Nr. 6; Beschluss vom 18.12.1981, 1 BvR 943/81 in SozR 5850 § 2 Nr. 8; Beschluss vom 20.9.1999, 1 BvR 1750/95 in SozR 3-5850 § 4 Nr. 1; Beschluss vom 01.03.2004, 1 BvR 2099/03 in SozR 4-5868 § 1 Nr. 3). Danach ist die gesetzliche Anspruchsvoraussetzung der Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens mit dem Sozialstaatsprinzip, dem allgemeinen Gleichheitssatz, dem Grundrecht der Berufsfreiheit sowie der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes vereinbar. Dem hat sich der Senat in seiner Rechtsprechung angeschlossen (zuletzt im Beschluss vom 13.03.2012, L 10 LW 4296/10 in juris).
Die vom Kläger erhobenen verfassungsrechtlichen Einwände sind nicht geeignet, die bisherige verfassungsrechtliche Beurteilung der Pflicht zur Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens in Frage zu stellen.
Das Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG ist nach dieser Rechtsprechung schon deswegen nicht berührt, weil die Hofabgabe als Anspruchsvoraussetzung für eine Rente nach dem ALG den Landwirt nicht zur Aufgabe seines Berufs zwingt, sondern es ihm überlässt, ob er als Landwirt weiter wirtschaften oder seinen Hof abgeben will (BSG, a.a.O. m.w.N.). Eine Einschränkung seiner Berufsfreiheit behauptet der Kläger auch nicht.
Das Eigentumsrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG ist nicht verletzt, insbesondere nicht in Bezug auf die Veräußerung des Unternehmens als primärer Abgabetatbestand. Denn insoweit wird der Landwirt nicht gezwungen, sein Eigentum zu veräußern, dies bleibt seinem freien Willen überlassen; dies gilt ebenso für die Möglichkeit, durch Verpachtung den Abgabetatbestand zu erfüllen. Auch einen solchen Eingriff behauptet der Kläger nicht.
Vielmehr meint der Kläger, seine eigentumsrechtlich geschützten Rentenanwartschaften bei der Beklagten würden verletzt, weil ihm der Rentenanspruch vorenthalten werde, solange er sein Unternehmen nicht abgebe. Indessen kann Art. 14 Abs. 1 GG im Hinblick auf den Eigentumsschutz von Rentenanwartschaften durch das Erfordernis der Hofabgabe schon deswegen nicht verletzt sein, weil die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit als landwirtschaftlicher Unternehmer und damit auch der Erwerb der Rentenanwartschaften in der landwirtschaftlichen Alterssicherung in einer Zeit lag, in der durchgängig die Pflicht zur Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens als Voraussetzung für einen Anspruch auf Rente jeglicher Art gegolten hat (BSG, a.a.O., auch ausführlich zur gesetzlichen Entwicklung). Der Kläger erwarb seine Rentenanwartschaften somit von Anfang an mit diesem Abgabeerfordernis. Logischerweise kann deshalb die Hofabgabepflicht auch nicht in eigentumsrechtlich geschützte Rentenanwartschaften eingreifen.
Der Kläger hat seine Behauptung, auch sein Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG werde verletzt, nicht substantiiert dargelegt. Eine solche Verletzung ist auch nicht erkennbar.
Der Gesetzgeber verstößt gegen das Grundrecht des Art. 3 Abs. 1 GG, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obgleich zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und von solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten (BVerfG, Beschluss vom 20.09.1999, a.a.O.). Eine nach diesen Maßstäben verfassungsrechtlich unzulässige Ungleichbehandlung zu Lasten des nach dem ALG Versicherten ist nicht gegeben.
Der Gesetzgeber verfolgte mit der angegriffenen Regelung das Ziel, selbständige Landwirte ab einem bestimmten Lebensalter zur Abgabe ihrer Höfe zugunsten Jüngerer zu bewegen (BVerfG, a.a.O.). Diese Zielsetzung ist nach der Konzeption des Gesetzes mit einer angemessenen Altersversorgung der durch die Abgabe des Hofes in besonderer Weise schutzbedürftig gewordenen Landwirte untrennbar verbunden (BVerfG, Beschluss vom 18.12.1981, a.a.O.). Die ihr zu Grunde liegende Erwägung fügt sich somit in das Gesamtkonzept des Gesetzgebers ein, die Alterssicherung der selbständigen Landwirte in einer den besonderen Bedürfnissen dieses Berufsstandes entsprechenden Weise rechtlich zu gestalten (BVerfG, Beschluss vom 20.09.1999, a.a.O.). Sie ist agrar- und strukturpolitisch nachvollziehbar begründet und rechtfertigt die besondere rentenrechtliche Behandlung, die selbständige Landwirte erfahren, wenn sie sich zu einer Abgabe des Hofes nach Erreichen der Altersgrenze nicht entschließen können (BVerfG, a.a.O.).
Soweit der Kläger insoweit einwendet, diese agrarpolitische Zielsetzung sei nicht mehr zeitgemäß, folgt ihm der Senat schon im Ansatz nicht. Es bedarf daher keiner Überlegungen, ob und wann Veränderungen der Lebensumstände zu einem Wegfall von verfassungsrechtlichen Rechtfertigungsgründen führen können. Jedenfalls gilt auch insoweit, dass dem Gesetzgeber, der gerade politische Entscheidungen trifft, ein weiter Gestaltungsspielraum zusteht. Sozialpolitische Erwägungen des Gesetzgebers sind deshalb hinzunehmen, solange seine Erwägungen weder offensichtlich fehlsam noch mit der Wertordnung unvereinbar sind (BVerfG, Beschluss vom 18.12.1981, a.a.O.), wofür keinerlei Anhalt besteht (vgl. die erwähnten Entscheidungen des BSG und des BVerfG).
Im Grunde vertritt der Kläger mit seiner Behauptung, die Hofabgabepflicht sei nicht mehr zeitgemäß, lediglich eine politische Meinung, der als solcher keine rechtliche Relevanz zukommt. Nur am Rande ist darauf hinzuweisen, dass die Auffassung des Klägers - so das vom Kläger vorgelegte Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages - beispielsweise vom Deutschen Bauernverband gerade nicht geteilt wird. Soweit der Kläger in Gefolge des Gutachtens vorträgt, die Landwirte fänden keine Hofnachfolger mehr, bezieht sich dies auf Familienangehörige als Nachfolger. Die Pflicht zur Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens ist aber nicht auf Familienangehörige beschränkt, vielmehr kann die Abgabe auch an Dritte erfolgen. Im Übrigen trifft die Behauptung des Klägers ausweislich des Gutachtens in dieser Allgemeinheit nicht zu; vielmehr sind - so das Gutachten - in einem Drittel der Betriebe Nachfolger aus der Familie zur Übernahme bereit. Auch der Kläger selbst hat einen Sohn, der bereits einen Teil des forstwirtschaftlichen Unternehmens übernommen hat (1.149 ha) und als Geschäftsführer im operativen Bereich dieses Unternehmens tätig ist. Soweit der Kläger vorträgt, ein hoher Prozentsatz der Abgaben erfolgten nur zum Schein, rechtfertigt dies von vornherein nicht die vom Kläger gezogene Schlussfolgerung. Denn ein Gesetz ist nicht deshalb "überholt", weil es von einem erheblichen Teil der Gesetzesunterworfenen nicht beachtet wird und so Sozialleistungen erschlichen werden. Auch der Vortrag des Klägers, Nebenerwerbslandwirte unterfielen nicht der Versicherungspflicht nach dem ALG, trifft nicht zu, wie die §§ 1 und 2 ALG über die Versicherungspflicht und Versicherungsfreiheit zeigen; Nebenerwerbslandwirte sind nicht aufgeführt. Insoweit kommt allenfalls eine Befreiung von der Versicherungspflicht in Betracht (§ 3 ALG), die aber nur auf Antrag erfolgt und die Versicherungspflicht als solche gerade voraussetzt.
Soweit der Kläger moniert, das ALG zwinge den Landwirt zur Pflichtmitgliedschaft, gewährleiste aber nur eine Teilabsicherung im Alter, ist seine Schlussfolgerung eines Verstoßes gegen das Rechtsstaatsprinzip nicht nachvollziehbar. Denn mit der Pflichtmitgliedschaft zu niedrigen Beiträgen und bei hohen Zuschüssen aus Steuermitteln einerseits und - hinsichtlich der Höhe der Altersrente - einer Teilabsicherung andererseits hat der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung getragen, dass sich Landwirte häufig bei der Übergabe des Hofes an den Nachfolger ein Altenteil ausbedingen bzw. - erfolgt keine derartige Abgabe - jedenfalls den Wert der landwirtschaftlichen Grundstücke und das mietfreie Wohnen bleiben, was zur Absicherung im Alter beiträgt (BVerfG, Beschluss vom 09.12.2003, 1 BvR 558/99 in SozR 4-5868 § 1 Nr. 2). Sofern ein Landwirt - was für den Kläger ohnehin nicht zutrifft - ausschließlich auf Pachtflächen wirtschaftet, kann er von vornherein nicht damit rechnen, dass er über das landwirtschaftliche Unternehmen im Alter Einkommen erzielen kann; ihm obliegt es dann, in anderer Weise zusätzlich Vorsorge zu treffen (BSG, Urteil vom 25.02.2010, a.a.O.); denn auch er ist von vornherein nur im Umfang einer Teilabsicherung pflichtversichert. Soweit der Kläger auf Einzelfälle abstellt, führt dies angesichts der zulässigerweise generalisierenden Bewertung des Gesetzgebers im Rahmen seines weiten Gestaltungsspielraumes zu keinem anderen Ergebnis.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
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