L 8 U 1407/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 4660/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 1407/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 10. Dezember 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat auch die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten sind die Feststellung von Gesundheitsstörungen als Unfallfolgen eines - anerkannten - Arbeitsunfalles (Wegeunfalls) sowie die Gewährung von Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung streitig.

Die 1971 geborene Klägerin erlitt am 16.09.2005 auf dem Weg zur Arbeit mit ihrem Pkw einen Verkehrsunfall, bei dem sich der Pkw der Klägerin infolge eines Ausweichmanövers auf einem Wiesengrundstück mehrfach überschlug. Dabei zog sich die Klägerin ein Hämatom am rechten Kniegelenk, Schürfwunden im Gesicht und an der rechten Hand sowie eine Halswirbelsäulen-Zerrung bei freier Beweglichkeit und ohne Steilstellung der Halswirbelsäule ohne eine Fraktur zu (Durchgangsarztbericht Professor Dr. R. vom 16.09.2005). Außerdem wurde eine Bindehautunterblutung im Rahmen einer leichten Bulbusprellung festgestellt (Augenarztbericht Dr. Scho. vom 26.09.2005). Die Klägerin klagte nach dem Unfall über Schmerzen im Nacken mit Ausstrahlen in die linke Schulter. Es fand sich ein Lokaldruckschmerz über der Scapula (Durchgangsarztbericht Professor Dr. R. vom 16.09.2005). Bei weiteren Untersuchungen der Klägerin im Rahmen der Heilbehandlung ergaben sich insbesondere keine Hinweise auf einen unfallbedingten Kniebinnenschaden (Nachschaubericht Professor Dr. R. vom 23.09.2005 und Befundbericht des Radiologen Dr. Wi. vom 22.09.2005), auf neurologische Ausfälle (Nachschaubericht Dr. R. vom 22.09.2005), kernspintomographisch eine unauffällige Darstellung der Halswirbelsäule (Befundbericht Professor Dr. S. vom 05.10.2005) sowie keine Zeichen einer cervicalen Traumafolge (MRT-Befundbericht Professor Dr. S. vom 11.10.2005), eine passive und aktive freie Beweglichkeit der linken Schulter (Nachschaubericht Professor Dr. R. vom 03.01.2006) sowie eine eingeschränkte Beweglichkeit der Halswirbelsäule (Berichte der B.-Klinik T. vom 24.01.2006 und 09.03.2006, Befundberichte Dr. Ha. vom 06.10.2005 und 21.03.2006), kernspintomographisch kein Hinweis auf ein relevantes Impingement des Supraspinatussehnen-oulets (Bericht Dr. Wi. vom 05.05.2006). Eine Besserung geklagter Beschwerden der Klägerin (ausstrahlende Schmerzen der unteren Halswirbelsäule in die linke Schulter und den Arm) trat im Dezember 2005 ein (Nachschaubericht Professor Dr. R. vom 15.12.2005 und neurologischer Befundbericht Dr. Ha. vom 20.12.2005 und vom 06.04.2006).

Nach den Angaben der Klägerin beim SG in der mündlichen Verhandlung am 10.12.2010 bezog sie von der Beklagten bis 15.03.2007 Verletztengeld (Niederschrift vom 10.12.2010) und ab 26.03.2007 von der Agentur für Arbeit U. Arbeitslosengeld nach den Dritten Buch Sozialgesetzbuch (Bewilligungsbescheid vom 16.04.2007).

Die Beklagte zog von der IKK U. das Leistungsverzeichnis der Klägerin bei (Arbeitsunfähigkeit vom 24.11. bis 25.11.2000 wegen Radikulopathie und akutem HWS-BWS-Syndrom) und ließ die Klägerin begutachten.

Das unfallchirurgische Gutachten des Professor Dr. K. vom 17.07.2006 mit abschließender Äußerung vom 17.11.2006 gelangte zu dem Ergebnis, an wesentlichen Unfallfolgen bestünden ein Halswirbelsäulen-Distorsionstrauma Grad II, eine posttraumatische Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule, ein Cervicobrachial-Syndrom sowie cervicogene Kopfschmerzen und Konzentrationsstörungen. Unfallunabhängig bestünden eine Bursitis subacromialis des linken Schultergelenks mit Impingementsymptomatik sowie eine Gonalgie rechts bei Innenmeniskusdegeneration.

Das neurologische Zusatzgutachten des Professor Dr. Lu. vom 18.10.2006 gelangte zu dem Ergebnis, auf neurologischem Gebiet bestünden keine unfallbedingten Beschwerden. Hinweise für eine Myelonaffektion im Sinne einer Halswirbelsäulen-Distorsion Grad III ergäben sich nicht. Von einer Halswirbelsäulen-Distorsion Grad I mit zusätzlichem Verdacht auf eine Commotio cerebri als Unfallfolge sei auszugehen. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfall und den jetzigen Beschwerden der Klägerin bestehe nicht.

Außerdem nahm die Beklagte den "neurologischen Befundbericht" des Professor Dr. St. vom 09.08.2006 und den "psychologischen Befundbericht" der Dipl.-Psychologin M. vom 10.08.2006 zu den Akten.

In der von der Beklagten veranlassten beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. Ho. vom 15.12.2006 äußerte der Beratungsarzt erhebliche Bedenken gegen den Unfallzusammenhang. Es sei davon auszugehen, dass innerhalb von einem halben Jahr Unfallfolgen nicht mehr plausibel und nachvollziehbar seien.

Die Beklagte holte die ergänzende gutachtliche Stellungnahme von Prof. Dr. K. vom 05.01.2007 ein, in der Professor Dr. K. an seinen Bewertungen im Gutachten vom 17.07.2006 im Wesentlichen festhielt. Von einer unfallbedingten Halswirbelsäulen-Distorsion QTF Grad II sei auszugehen. Chronische Schmerzverläufe nach einer Halswirbelsäulen-Distorsionsverletzung QTF Grad II seien in der Literatur mehrfach beschrieben und durchaus möglich.

Mit Bescheid vom 01.02.2007 lehnte die Beklagte einen Anspruch auf Rente wegen des Versicherungsfalles vom 16.09.2005 mit der Begründung ab, dass die Unfallfolgen abgeklungen seien. Der Arbeitsunfall habe eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in rentenberechtigendem Grad nicht hinterlassen.

Gegen den Bescheid vom 01.02.2007 legte die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten Widerspruch ein.

Die Beklagte veranlasste das nervenärztliche Gutachten des Dr. La. vom 15.10.2007. Dr. La. gelangte zu dem Ergebnis, dass Unfallschäden auf nervenärztlichem Fachgebiet nicht mehr bestünden. Ein Cervicalsyndrom, ein vertre pro-basilärer Schwindel, Cervicocephalgien oder Cervicobrachialgien, vertebragene Schwindelbeschwerden könnten wie die Commotio cerebri allenfalls drei bis sechs Monate als Unfallfolge geltend gemacht werden. Darüber hinaus dominierten Vorerkrankungen / persönlichkeitsimmanente Schäden. Eine posttraumatische Belastungsstörung sowie eine schwerwiegende Anpassungsstörung lägen nicht vor. Ein Carpaltunnelsyndrom sei unfallunabhängig vorhanden. Eine MdE liege ab dem ersten Unfallfolgehalbjahr nicht mehr vor.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29.11.2007 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 01.02.2007 zurück. Den Schlussfolgerungen im Gutachten des Professor Dr. K. könne nicht gefolgt werden, da ein substantieller Schaden an der Halswirbelsäule nicht diagnostiziert worden sei. Nach gängiger medizinischer Fachliteratur sei davon auszugehen, dass innerhalb von einem halben Jahr die Unfallfolgen abgeklungen seien. Eine MdE in rentenberechtigendem Grad durch Unfallfolgen liege nicht vor.

Hiergegen erhob die Klägerin am 27.12.2007 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG), mit der sie im Verlauf des Verfahrens die Anerkennung von Unfallfolgen, die Gewährung von Verletztengeld und die Erstattung von Behandlungs- und Therapiekosten geltend machte. Sie bezog sich zur Begründung im Wesentlichen auf Befundberichte des sie behandelnden Neurologen Dr. Ha ... Außerdem legte die Klägerin das ärztliche Attest des Dr. Me. vom 04.03.2008 vor.

Das SG holte auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das nervenärztliche Gutachten des Dr. Schu. vom 14.11.2008 ein. Dr. Schu. gelangte in seinem Gutachten zu den unfallbedingten Diagnosen eines Halswirbelsäulen-Distorsionstraumas (Quebec Task Force - QTF - Grad III), einer Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule sowie eines Cervicobrachial-Syndroms, einer Funktionsminderung des linken Arms von 50 %, einer Hypästhesie C2 bis C8 links, cervicogene Kopfschmerzen und Konzentrationsstörungen, einer Periatropathia humeroscapularis links nach Schulterprellung, einer belastungsabhängige Schmerz- und Schwellneigung rechts, eines ängstlich-depressiv gefärbten, chronifizierten Schmerzsyndroms mit wesentlicher Minderung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, Selbstwertstörungen und sozialen Anpassungsstörungen sowie einer persistierenden Insomnie mit chronischen Schmerzen. Dr. Schu. empfahl die Zuerkennung einer MdE von 30 v.H ...

Die Beklagte trat dem Gutachten des Dr. Schu. vom 14.11.2008 als nicht nachvollziehbar entgegen und legte hierzu die beratungsärztliche Stellungnahme des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. He. vom 22.12.2008 vor. Die Klägerin verteidigte das Gutachten.

Auf entsprechende Nachfragen des SG übergab der Beklagtenvertreter in der öffentlichen Sitzung des SG am 11.01.2010 einen weiteren Teil der Verwaltungsakte. Die mündliche Verhandlung wurde daraufhin vertagt (Niederschrift des SG vom 11.01.2010).

Das SG holte nach der Vorlage weiterer Verwaltungsakten die ergänzende gutachtliche Stellungnahme des Dr. Schu. vom 10.03.2010 ein, in der er in Auswertung der nachgereichten Verwaltungsakte an seinen Bewertungen im Gutachten vom 14.11.2008 festhielt.

Anschließend holte das SG (von Amts wegen) das chirurgische Gutachten des PD Dr. Schm. vom 29.09.2010 ein. PD Dr. Schm. gelangte in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, bei der Klägerin bestünden ein Distorsionstrauma der Halswirbelsäule (QTF Grad II), eine posttraumatische Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule sowie der linken Schulter mit Impingement-Syndrom und glaubhaft vorgetragene Kopfschmerzen sowie Bewegungsschmerzen der Halswirbelsäule und der linken Schulter. Diese Gesundheitsstörungen seien mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit durch den Unfall vom 16.09.2005 verursacht. Die Entwicklung eines Impingement-Syndroms der linken Schulter sei als sekundäre Ausprägung zu sehen. Es sei davon ausgehen, dass das Unfallereignis nicht nur eine Verzögerungs- und Beschleunigungsverletzung der Halswirbelsäule, sondern auch ein Anpralltrauma der linken Schulter bewirkt habe. Durch die sich entwickelnden posttraumatischen Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule habe sich eine Inaktivitätsatrophie der linken Schulter mit Verschiebung der Oberarmkopfsituation und eine Einengung des Gelenksraumes unter dem Schulterdach entwickelt. Die festgestellte Bewegungseinschränkung sei durch den Unfall ursächlich begründet. Die MdE schätzte PD Dr. Schm. vom Zeitpunkt des Unfalleintritts für ein Jahr mit 30 v.H. und nach Ablauf des ersten Jahres mit 20 v.H. ein.

Die Beklagte erhob gegen das Gutachten des PD Dr. Schm. vom 29.09.2010 Einwendungen und legte hierzu die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. Ho. vom 22.10.2010 vor.

Mit Urteil vom 10.12.2010 stellte das SG bei der Klägerin als Gesundheitsstörungen in Folge des Arbeitsunfalls vom 16.09.2005 eine Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule, einen Zustand nach Distorsionstrauma der Halswirbelsäule Grad II, einen Zustand nach traumatisch bedingter Destabilisierung der linken Schulter mit posttraumatischem Impingement, cervicogene Kopfschmerzen und Bewegungsschmerzen der linken Schulter fest und verurteilte die Beklagte, der Klägerin Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. ab 16.03.2007 zu gewähren. Im Übrigen, soweit die Klägerin beim SG zuletzt außerdem beantragte, als weitere Unfallfolgen ein Halswirbelsäulen-Distorsionstrauma Grad III, eine Funktionsminderung des linken Arms, eine Hypästhesie, Konzentrationsstörungen, eine belastungsabhängige Schmerz- und Schwellneigung des rechten Kniegelenks, ein ängstlich depressiv gefärbtes chronifiziertes Schmerzsyndrom mit wesentlicher Minderung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, eine Selbstwertstörung, soziale Anpassungsstörungen und eine Insomnie bei chronischen Schmerzen festzustellen, wies das SG die Klage ab. Außerdem wurden der Beklagten gemäß § 192 Abs. 1 Nr. 1 SGG Verschuldenskosten i.H.v.150 EUR auferlegt. Zur Begründung seiner Entscheidung führte das SG aus, bei der Klägerin sei es durch den Unfall zu einer Halswirbelsäulen-Distorsion Grad II gekommen. Infolge der Halswirbelsäulen-Distorsion seien auch die durchgängig von der Klägerin beschriebenen und von den behandelnden Ärzten befundeten cervicogene Kopfschmerzen und die Bewegungseinschränkungen der Halswirbelsäule als Unfallfolgen festzustellen. Aufgrund der schlüssigen Ausführungen des PD Dr. Schm. seien als weitere Unfallfolge ein Zustand nach traumatisch bedingter Destabilisierung der linken Schulter mit posttraumatischem Impingement und Bewegungsschmerzen der linken Schulter festzustellen. Von einem mittelbar durch das Unfallereignis entstandenen Impingement sei auszugehen. Es sei hinreichend wahrscheinlich, dass es durch die posttraumatischen Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule zu einer Inaktivitätsatrophie der linken Schulter gekommen sei mit den jetzt noch vorhandenen chronischen Bewegungsschmerzen und Bewegungseinschränkungen. Beeinträchtigungen im Bereich des rechten Kniegelenks bzw. des Schienbeins seien dagegen nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen. Psychische Beeinträchtigungen der Klägerin hätten über sechs Monate nach dem Unfallereignis hinaus nicht vorgelegen. Ein Karpaltunnelsyndrom links sei nicht auf das Unfallereignis zurückzuführen. Die Klägerin leide posttraumatisch an einer nicht unerheblichen Einschränkung der Beweglichkeit der Halswirbelsäule sowie der linken Schulter, die eine MdE von 20 v.H. bedingten. Die Rente beginne am Tag nach dem Ende der Verletztengeldzahlung. Es sei ermessensgerecht, der Beklagten Verschuldenskosten i.H.v.150 EUR aufzuerlegen, da sie trotz Aufforderung des Gerichtes nicht die komplette Verwaltungsakte vorgelegt habe, sondern erst im Termin zur mündlichen Verhandlung am 10.01.2010, weshalb die mündliche Verhandlung habe vertagt werden müssen.

Gegen das der Beklagten am 17.03.2011 zugestellte Urteil hat sie am 04.04.2011 Berufung eingelegt. Sie hat zur Begründung ausgeführt, das Urteil des SG sei unzutreffend. Das SG stütze sich maßgeblich auf die Bewertungen des PD Dr. Schm ... Dessen Einschätzung lasse jedoch die Berücksichtigung relevanter Tatsachen nicht erkennen. Nach den zeitnah im Anschluss an das Unfallereignis gefertigten Befunden lasse sich die Entstehung eines substantiellen Schadens an der Halswirbelsäule ausschließen. Ebenso lasse sich nach dem Ergebnis der neurologischen Untersuchungen und Befunde keine aus dem Unfallereignis resultierende substantielle Schädigung dokumentieren. Vielmehr seien im Erkrankungsverzeichnis des Krankenversicherungsträgers bereits im Jahr 2000 diagnostizierte Wirbelsäulenveränderungen der Klägerin in Form von Radikulopathien (Nervenwurzelschädigung) und eines Hals- und Brustwirbelsäulensyndroms bei der Klägerin dokumentiert, was nicht berücksichtigt worden sei. Allein die erlittene Distorsion der Halswirbelsäule ohne substantielle Schädigung mache einen Unfallzusammenhang nicht hinreichend wahrscheinlich. Aus den im Anschluss an das Unfallereignis gefertigten Befunden ergäben sich keine neuen Tatsachen, die auf eine Unfallbetroffenheit bzw. eine Destabilisierung der linken Schulter und die unfallbedingte Entstehung von Bewegungsschmerzen im Schulterbereich schließen ließen. Für die Vermutung des PD Dr. Schm. , das Unfallereignis habe zu einem Anpralltrauma der linken Schulter geführt, ergäben sich keine tatsächlichen Anhaltspunkte. Auch fehlten Hinweise für eine Destabilisierung. Nach dem Gutachten von Dr. La. vom 15.10.2007 seien in die linke Schulter ausstrahlende Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule sechs Monate nach dem Unfallereignis wesentlich durch die vorbestehenden Wirbelsäulenveränderungen bedingt. Die Einschätzung des PD Dr. Schm. lasse nicht die im Wege der Zusammenschau gebotene Abwägung der für und gegen einen Zusammenhang sprechenden Tatsachen erkennen und könne daher keine geeignete Grundlage für die Bewertung der Zusammenhangsfrage sein. Hierauf habe Dr. Ho. in seinen beratungsärztlichen Stellungnahmen hingewiesen. Die erlittene Zerrung der Halswirbelsäule sei ausgeheilt und nicht geeignet, eine fortdauernde Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule herbeizuführen bzw. zu erklären. Im Anschluss an das Unfallereignis lägen für fast ein Jahr keine Anhaltspunkte bzw. keine Befunde vor, die für eine von PD Dr. Schm. angenommene traumatisch bedingte Destabilisierung der linken Schulter sprächen. Eine passiv und aktive freie Beweglichkeit der linken Schulter sei fast 4 Monate nach dem Unfallereignis feststellbar gewesen. Die Mitteilung des Dr. Me. im Attest vom 04.03.2008 setze nicht voraus, dass die im Erkrankungsverzeichnis genannte degenerative Schädigung der Halswirbelsäule nicht von anderen Fachärzten behandelt worden sei. Zudem umschreibe der vom SG im Tenor und in den Entscheidungsgründen des Urteils festgestellte "Zustand nach Distorsionstrauma der Halswirbelsäule" keine hinreichend bestimmte bzw. eigenständige Gesundheitsstörung aus der eine Minderung der Erwerbsfähigkeit folgen könne. Dies sei vielmehr in der zugleich festgestellten "Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule" beschrieben und festgehalten.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 10. Dezember 2010 aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin hält das angefochtene Urteil des SG für zutreffend. Die Beklagte übersehe, dass es aufgrund des Unfallereignisses zu dem Zustand nach Distorsionstrauma der Halswirbelsäule Grad II mit entsprechend später aufgetretenen Bewegungseinschränkungen der Halswirbelsäule gekommen sei. Hinsichtlich angeblich bereits im Jahr 2000 diagnostizierter Wirbelsäulenveränderungen sei das Attest des behandelnden Hausarztes Dr. Me. vom 04.03.2008 entgegen zu halten, aus dem sich ergebe, dass vor dem Unfallereignis keinerlei Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule behandelt worden seien. Auch im Falle von vorbestehenden Schäden sei von einer Kausalität des Unfallereignisses für die derzeit bestehenden Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule auszugehen. Weiter sei der Ansicht der Beklagten die Bewertung des Dr. Ha. entgegen zu halten, der eine Plexuscervicobrachialgieteilläsion für möglich halte, die nach dessen Ansicht abgelaufen sein könne. Immerhin habe sie schon bei der Erstuntersuchung Schmerzen angegeben, die in die Schulter ausstrahlten. Dass sich im Laufe der Monate zusätzlich eigenständige Schulterschmerzen und eine Gebrauchsminderung der Schulter herauskristallisiert hätten, sei nachvollziehbar und komme bei schweren Kombinationsverletzungen vor. Abgesehen davon ergäben sich auch im Hinblick auf den Unfallablauf und die Beschädigung ihres Pkw auf der Fahrerseite Anhaltspunkte für eine direkte Einwirkung auf den Schulterbereich. Für die Annahme von Dr. La. im Gutachten vom 15.10.2007, dass nach Ablauf von drei bis sechs Monaten bei ihr persönlichkeitsimmanente Faktoren dominierten, die schon im Jahr 2000 festgehalten worden seien, lägen keine gesicherten Anhaltspunkte für eine Abgrenzung der Beschwerden vor und sie könne durch keine medizinischen Erkenntnisse untermauert werden.

Der Senat hat (von Amts wegen) das Gutachten des Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. F. vom 16.06.2012 eingeholt. Dr. F. gelangte in seinem Gutachten zu der Beurteilung, bei der Klägerin seien an Gesundheitsstörungen auf das Unfallereignis vom 16.09.2005 ein Zustand nach Distorsionstrauma der Halswirbelsäule Grad II (nach QTF) mit Bewegungseinschränkung, cervicogene Kopfschmerzen sowie eine Algodystrophie der linken Schulter bedingt durch das Distorsionstrauma der Halswirbelsäule Grad II zurückzuführen. Eine MdE von 20 v.H. sei anzusetzen.

Die Beklagte hat gegen das Gutachten des Dr. F. vom 16.06.2012 unter Vorlage der beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. Ho. vom 07.08.2012 Einwendungen erhoben. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der bei dem Unfallereignis vom 16.09.2005 erlittenen Halswirbelsäulen-Distorsion und den Bewegungsschmerzen der linken Schulter bzw. der von Dr. F. festgestellten Algodystrophie lasse sich anhand der vorliegenden Befunde nicht plausibel bzw. nicht wahrscheinlich machen. Die Beschwerden an der linken Schulter seien erst im zeitlichen Abstand zum Unfallereignis aufgetreten, weshalb es für die Annahme eines Zusammenhangs einer eingehenden Begründung anhand der Befundlage bedürfe, die in den Gutachten des Dr. F. und des PD Dr. Schm. nicht erfolgt seien. Zudem lasse sich die Diagnose einer Algodystrophie (heute gebrauchsüblicher Begriff eines komplexen regionalen Schmerzsyndroms - CRPS -) nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie zwei Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 124 Abs. 2 SGG), ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Nicht mehr Streitgegenstand des Berufungsverfahrens sind die von der Klägerin beim SG zulässig beantragte Feststellungen (vgl. BSG, Urteil vom 15.05.2012 - B 2 U 31/11 R -) eines Halswirbelsäulen-Distorsionstraumas Grad III, einer Funktionsminderung des linken Arms, einer Hypästhesie, Konzentrationsstörungen, einer belastungsabhängigen Schmerz- und Schwellneigung des rechten Kniegelenks, eines ängstlich depressiv gefärbten chronifizierten Schmerzsyndroms mit wesentlicher Minderung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, einer Selbstwertstörung, soziale Anpassungsstörungen und Insomnie bei chronischen Schmerzen als weitere Folgen des Arbeitsunfalls vom 16.09.2005. Insoweit ist die Klage der Klägerin durch das streitgegenständliche Urteil des SG (teilweise) bestandskräftig abgewiesen worden, nachdem die Klägerin keine Berufung eingelegt hat. Soweit die Klägerin außerdem im Verlaufe des Klageverfahrens beim SG die Gewährung von Verletztengeld und die Erstattung von Behandlungs- und Therapiekosten geltend gemacht hat, hat sie diese Begehren mit ihrem Klageantrag in der öffentlichen Sitzung des SG am 10.12.2010 nicht weiterverfolgt, weshalb hierüber im Berufungsverfahren ebenfalls nicht zu befinden ist.

Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von längerandauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R -).

Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (grundlegend: Reichsversicherungsamt, AN 1912, S 930 f; übernommen vom BSG in BSGE 1, 72, 76; BSGE 1, 150, 156 f; st. Rspr. vgl. zuletzt BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15, jeweils RdNr 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).

Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. dazu nur Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Aufl. 2006, Vorb. v § 249 RdNr. 57 ff m.w.N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.

Anders als bei der für das Zivilrecht maßgebenden Adäquanztheorie (stellvertretend BGHZ 137, 11, 19ff m.w.N.) folgt daraus keine abstrakt-generalisierende Betrachtungsweise; vielmehr ist die Kausalitätsbewertung in der gesetzlichen Unfallversicherung vom ex post Standpunkt aus anhand individualisierender und konkretisierender Merkmale des jeweiligen Einzelfalles vorzunehmen. Daher kommt es bei der Wertung im Bereich der Kausalität vor allem darauf an, welche Auswirkungen das Unfallgeschehen gerade bei der betreffenden Einzelperson mit ihrer jeweiligen Struktureigenheit im körperlich-seelischen Bereich hervorgerufen hat (vgl. BSGE 66, 156, 158 = SozR 3 2200 § 553 Nr. 1 m.w.N.). Gleichzeitig ist im Rahmen der gegenseitigen Abwägung mehrerer, zu einem bestimmten "Erfolg" führender Umstände der Schutzzweck sowohl der gesetzlichen Unfallversicherung im Allgemeinen als auch der jeweils anzuwendenden Norm - hier der §§ 45, 56 SGB VII - zu berücksichtigen. Dies führt zu der Wertbestimmung, bis zu welcher Grenze der Versicherungsschutz im Einzelfall reicht (vgl. insgesamt BSG SozR 4-2200 § 589 Nr. 1 m.w.N.; SozR 2200 § 589 Nr. 96).

Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung folgende Grundsätze herausgearbeitet: Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben) (BSG SozR Nr. 69 zu § 542 a.F. RVO; BSG SozR Nr. 6 zu § 589 RVO; vgl. Krasney in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd. 3, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand Januar 2006, § 8 RdNr. 314, Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl. 2003, Kap 1.3.6.1, S 80 f). Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts (BSGE 12, 242, 245 = SozR Nr. 27 zu § 542 RVO; BSG SozR Nr. 6 zu § 589 RVO). Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden (BSGE 62, 220, 222 f = SozR 2200 § 589 Nr. 10; BSG SozR 2200 § 548 Nr. 75; BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15 jeweils RdNr 11). Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (BSGE 62, 220, 222 f = SozR 2200 § 589 Nr. 10; BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15 jeweils RdNr 11; ähnlich Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O.). Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen. Dass der Begriff der Gelegenheitsursache durch die Austauschbarkeit der versicherten Einwirkung gegen andere alltäglich vorkommende Ereignisse gekennzeichnet ist, berechtigt jedoch nicht zu dem Umkehrschluss, dass bei einem gravierenden, nicht alltäglichen Unfallgeschehen oder besonderen Problemen in der anschließenden Heilbehandlung, ein gegenüber einer Krankheitsanlage rechtlich wesentlicher Ursachenbeitrag ohne weiteres zu unterstellen ist (vgl. insgesamt zum Vorstehenden BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R -).

Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Dies wird häufig bei einem klar erkennbaren Ursache-Wirkungs-Zusammenhang, vor allem wenn es keine feststellbare konkurrierende Ursache gibt, kein Problem sein. Aber es gibt im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a.F. RVO; BSG Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 34/03 R; zu Berufskrankheiten vgl. § 9 Abs. 3 SGB VII). Für die Feststellung dieses Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a.F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a.F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. m.H. auf BSG SozR Nr. 41 zu § 128 SGG; BSG SozR Nr. 20 zu § 542 a.F. RVO; BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a.F. RVO; BSG SozR 3 1300 § 48 Nr. 67; Schönberger/Mehrtens/Valentin a.a.O., Kap 1.8.2, S 119 f; Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, § 128 RdNr 3c). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i.S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3 5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m.w.N.).

Nach diesen Grundsätzen liegt auch zur Überzeugung des Senats eine unfallbedingte Kausalität der noch streitigen Gesundheitsstörungen bei der Klägerin vor. Das SG hat in dem von der Beklagten angefochtenen Urteil zutreffend begründet und entschieden, dass bei der Klägerin eine Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule, ein Zustand nach Distorsionstrauma der Halswirbelsäule Grad II, sowie ein Zustand nach traumatisch bedingter Destabilisierung der linken Schulter mit posttraumatischem Impingement und Bewegungsschmerzen sowie cervicogene Kopfschmerzen durch den versicherten Wegeunfall vom 16.09.2005 mit rechtlich hinreichender Wahrscheinlichkeit verursacht sind. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zur selben Überzeugung. Er macht sich die hierzu gemachten Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zur Begründung seiner eigenen Entscheidung zu Eigen, auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsverfahren bleibt auszuführen:

Bereits Professor Dr. K. hat in seinem im Verwaltungsverfahren von der Beklagten eingeholten Gutachten vom 17.07.2006 und seiner ergänzenden Stellungnahme vom 05.01.2007 - die der Senat im Wege des Urkundenbeweises verwertet - nachvollziehbar und plausibel dargelegt, dass die Klägerin durch den versicherten Wegeunfall ein Halswirbelsäulen-Distorsionstrauma (Grad II) mit einer verbliebenen Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule, ein Cervicobrachial-Syndrom und Cervicalgien mit Kopfschmerzen erlitten hat. Diese stehen nach der überzeugenden Bewertung von Professor Dr. K. aufgrund der Unfallschwere und des zeitlichen Auftretens der Beschwerden in ursächlichem Zusammenhang mit dem Unfallereignis, das als wesentliche (Teil)Ursache für die Gesundheitsschädigung zu werten ist. Dieser Zusammenhangsbewertung entspricht auch das Gutachten des PD Dr. Schm. vom 29.09.2010 sowie das vom Senat eingeholte Gutachten des Dr. F. vom 16.06.2012. PD Dr. Schm. geht in seinem Gutachten ebenfalls von einem Distorsionstrauma der Halswirbelsäule (QTF Grad II) und einer Bewegungseinschränkung sowie Bewegungsschmerzen der Halswirbelsäule und Kopfschmerzen als Unfallfolgen aus. Dieser Zusammenhangsbewertung hat sich Dr. F. in seinem Gutachten angeschlossen, der auch der Senat folgt.

Der davon abweichenden Bewertung des Dr. La. in seinem im Verwaltungsverfahren erstatteten Gutachten vom 15.10.2007, der davon ausgeht, dass hinsichtlich des Cervicalsyndroms für drei bis maximal sechs Monate nach dem Unfallereignis der Unfall als wesentlicher Faktor für die Ausprägung von Beschwerden herangezogen werden könne, wovon auch Dr. Ho. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 15.12.2006 und ihm folgend die Beklagte ausgehen, kann nicht gefolgt werden. Dr. La. und Dr. Ho. berücksichtigen nicht, dass chronische Schmerzverläufe nach einer Distorsionsverletzung der Halswirbelsäule QTF Grad II in der medizinischen Literatur mehrfach beschrieben wurden und durchaus möglich sind, wie Professor Dr. K. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 05.01.2007 ausgeführt hat. Dies wird auch von Dr. Schu. in seinem Gutachten vom 14.11.2008 bestätigt, wonach die gesicherte medizinische Wissenschaft eine Chronifizierungsrate von 12 % annimmt. Dr. K. und Dr. Schu. bewerten deshalb die Annahme, dass krankhafte Veränderungen nach einem halben Jahr als Unfallfolgen nicht mehr plausibel nachzuvollziehen seien, für nicht richtig bzw. willkürlich. Dies wird auch durch Dr. F. in seinem Gutachten bestätigt. Zudem geht Dr. La. in seinem Gutachten hinsichtlich der im beigezogenen Leistungsverzeichnis der IKK U. dokumentierten Radikulopathie und des akuten Halswirbel-Brustwirbel-Syndroms von persönlichkeitsimmanenten Faktoren bei der Klägerin aus. Eine dabei unterstellte unfallunabhängige Vorschädigung der Halswirbelsäule der Klägerin, worauf sich auch die Beklagte beruft, ist durch die zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen aber nicht dokumentiert. Vielmehr ergab eine Kernspintomographie der Halswirbelsäule der Klägerin nach dem hierzu gefertigten Befundbericht des Professor Dr. S. vom 05.10.2005 eine unauffällige Darstellung der Halswirbelsäule. Zudem bestand wegen der einmalig im Jahr 2000 aufgetretenen Radikulopathie und dem akuten HWS-BWS-Syndrom Arbeitsunfähigkeit der Klägerin lediglich für zwei Tage, was gegen eine wesentliche Vorschädigung der Halswirbelsäule der Klägerin und im Übrigen auch der Notwendigkeit einer fachärztlichen Behandlung spricht. Dies wird auch durch das von der Klägerin vorgelegte ärztliche Attest des Dr. Me. vom 04.03.2008 untermauert, in dem bestätigt wird, dass sich die Klägerin hinsichtlich der im Jahr 2000 auf einen Wegeunfall zurückzuführenden Beschwerden sehr rasch erholt hat und nach diesem Zeitpunkt bis zum Unfallereignis am 16.09.2005 - sowie vor dem Jahr 2000 - eine Behandlung wegen Halswirbelsäulenbeschwerden nicht erfolgt ist. Damit fehlt es entgegen der Ansicht der Beklagten an einer (gesicherten) Vorerkrankung, die einer Unfallursächlichkeit der verbliebenen Beschwerden der Klägerin durch das Distorsionstrauma entgegengehalten werden kann. Im Übrigen hat die Beklagte im Berufungsverfahren zuletzt für plausibel und nachvollziehbar erachtet, dass die Klägerin eine Distorsion der Halswirbelsäule mit Funktionsdefizit erlitten hat. Dies entnimmt der Senat der von der Beklagten vorgelegten beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. Ho. vom 07.08.2012 zum Gutachten des Dr. F ...

Weiter steht für den Senat fest, dass sich unfallursächlich (als sekundäre Ausprägung) bei der Klägerin eine Bewegungsstörung der linken Schulter mit Impingement-Syndrom gebildet hat. Nach den überzeugenden Ausführungen von PD Dr. Schm. vom 29.09.2010 hat sich durch die sich entwickelnden posttraumatischen Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule eine Inaktivitätsatrophie der linken Schulter ergeben, wodurch es zu einer Verschiebung des Oberarmkopfes durch ein Höhertreten mit einer Einengung des Gelenksraumes unter dem Schulterdach und der dort befindlichen Schleimbeutel und Sehnenverläufe mit daraus resultierendem chronischem Schmerzsyndrom und Bewegungseinschränkungen gekommen ist. Dieser Zusammenhangsbewertung hat sich Dr. F. in seinem Gutachten vom 16.06.2012 angeschlossen, der auch der Senat folgt. Nach Dr. F. ist die Schultermuskulatur links, wie bereits bei der Untersuchung durch PD Dr. Schm., verschmächtigt und die Schultergelenksbeweglichkeit schmerzbedingt deutlich eingeschränkt. Das von ihm diagnostizierte Schmerzsyndrom ist für den Senat im Hinblick auf die beschriebenen Inaktivitätszeichen auch überzeugend, zumal entgegen Dr. Ho. komplexe regionale Schmerzsyndrome nicht ausschließlich, sondern allenfalls häufig an den distalen Bereiche der Extremitäten vorkommen (vgl. Beschreibung im Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 2011, Stichwort: Schmerzsyndrome, komplexe regionale). Damit sind die Beschwerden der Klägerin im linken Schultergelenk als Folge der durch die Halswirbelsäulen-Distorsion verbliebenen Beschwerden und damit als rechtlich wesentliche (mittelbare) Folge des Wegeunfalls vom 16.09.2005 zu werten.

Der abweichenden Bewertung von Professor Dr. K. in seinem Gutachten vom 17.07.2006, die Beschwerden der Klägerin im linken Schultergelenk seien als unfallunabhängig zu werten, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Prof. Dr. K. lässt bei seiner Bewertung die von PD Dr. Schm. und Dr. F. übereinstimmend dargestellte Krankheitsgenese hinsichtlich der Beschwerden im linken Schultergelenk unberücksichtigt, weshalb seine abweichende Zusammenhangsbewertung den Senat insoweit nicht überzeugt.

Die Beklagte kann auch nicht mit Erfolg einwenden, aus den im Anschluss an das Unfallereignis gefertigten Befunden ergäben sich keine Tatsachen, die auf eine Unfallbetroffenheit bzw. eine Destabilisierung der linken Schulter und die unfallbedingte Entstehung von Bewegungsschmerzen im Schulterbereich schließen ließen. Nach der von PD Dr. Schm. in seinem Gutachten dargestellten Genese der Bewegungsstörung der linken Schulter mit Impingement-Syndrom handelt es sich um eine - wie bereits ausgeführt - durch die Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule entwickelte mittelbare Folge des Wegeunfalls und nicht um einen primären Gesundheitsschaden. Es ist deshalb vorliegend unerheblich, dass sich aus den im Anschluss an das Unfallereignis gefertigten Befunden keine Tatsachen ergeben, die auf eine Unfallbetroffenheit bzw. eine Destabilisierung der linken Schulter schließen lassen, da solche Tatsachen nur bei einer primären Gesundheitsschädigung zu erwarten sind. Nach der von PD Dr. Schm. dargestellten Genese der Bewegungsstörung der linken Schulter mit Impingement-Syndrom ist für den Senat vielmehr nachvollziehbar und plausibel, dass sich Beschwerden der Klägerin im linken Schultergelenk in der zeitlichen Abfolge erst nach dem Unfallereignis entwickelt haben (können), wie sich - aus den von der Beklagten in der Berufungsbegründung genannten - Befundunterlagen entnehmen lässt, ohne dass es einer Brückenbildung bedarf. Weiter kommt es nicht entscheidend darauf an, ob PD Dr. Schm. in seinem Gutachten zutreffend davon ausgeht, dass durch das Überschlagereignis auch ein Anpralltrauma der linken Schulter entstanden ist. Hierauf hat PD Dr. Schm. seine Zusammenhangsbewertung ersichtlich nicht gestützt, sondern maßgeblich auf die posttraumatischen Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule als auslösenden Faktor. Auch sonst lassen sich den beratungsärztlichen Stellungnahmen des Dr. Ho. insbesondere vom 22.10.2010 und vom 07.08.2012 keine medizinisch fundierten Einwände gegen die Zusammenhangsbewertung des PD Dr. Schm. und Dr. F. zur Genese der Beschwerden im linken Schultergelenk der Klägerin nachvollziehbar entnehmen. Hinweise auf Aggravation oder Simulation, wie Prof. Dr. St. und Dipl.-Psych. M. in ihren wohl unter Missachtung von § 200 Abs. 2 SGB VII eingeholten gutachterlichen Äußerungen ausführen, ergeben sich aus den Gutachten von Prof. Dr. K. , Dr. Schm. und Dr. F. nicht. Im Übrigen führt Dr. La. in seinem Gutachten vom 15.10.2007 vermeintliche Verdeutlichungstendenzen auf die wenig flexible und durch reduzierte verbale Konfliktlösungsstrategie und geringe Introspektionsfähigkeit gekennzeichnete Persönlichkeit der Klägerin zurück, die auch durch teilweise verwirrende Befunde iatrogen fixiert erscheint.

Es ist danach nicht zu beanstanden, dass das SG im angefochtenen Urteil als Folgen des Arbeitsunfalls vom 16.09.2005 eine Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule, einen Zustand nach Distorsionstrauma der Halswirbelsäule Grad II, einen Zustand nach traumatisch bedingter Destabilisierung der linken Schulter mit posttraumatischem Impingement, cervicogene Kopfschmerzen sowie Bewegungsschmerzen der linken Schulter festgestellt hat. Soweit die Beklagte hierzu einwendet, die Feststellung eines Zustandes nach Distorsionstrauma der Halswirbelsäule sei nicht hinreichend bestimmt bzw. keine eigenständige Gesundheitsstörung, ist diese Feststellung des SG vorliegend zur Klarstellung sachgerecht, nachdem die Klägerin mit ihrer Klage die Feststellung eines Distorsionstraumas der Halswirbelsäule Grad III beantragt hat, dem das SG nicht gefolgt ist. Letztlich kann jedoch offen bleiben, ob der Einwand der Beklagten berechtigt ist. Selbst wenn zu Gunsten der Beklagten hiervon ausgegangen würde, rechtfertigt dies eine Änderung des angefochtenen Urteils nicht. Denn es ist nicht ersichtlich und wird von der Beklagten im Übrigen auch nicht dargetan, dass sie hierdurch beschwert ist, weil auch nach Meinung der Beklagten diese Gesundheitsstörung jedenfalls in den anderen festgestellten Unfallfolgen enthalten ist. Im Übrigen hat die Beklagte eine Abänderung des angefochtenen Urteils insoweit auch nicht (hilfsweise) beantragt.

Die von SG zutreffend festgestellten Unfallfolgen rechtfertigen einen Anspruch der Klägerin auf Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. seit dem 16.03.2007.

Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 vom Hundert mindern (§ 56 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch Gesetzliche Unfallversicherung SGB VII). Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird die Vollrente geleistet, bei einer MdE wird eine Teilrente geleistet, die in der Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt wird, der der MdE entspricht (§ 56 Abs. 3 SGB VII).

Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 SGB VII). Die Bemessung der MdE ist die Feststellung von Tatsachen, die das Gericht gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft. Dies gilt für die Feststellung der Beeinträchtigung des Leistungsvermögens des Versicherten ebenso wie für die auf der Grundlage medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen zu treffende Feststellung der ihm verbliebenen Erwerbsmöglichkeiten (BSG SozR 4-2700 § 56 Nr. 2; BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8, S 36 m.w.N.). Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind (BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22, 23; BSGE 82, 212 = SozR 3-2200 § 581 Nr. 5). Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE geschätzt werden (BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8). Die zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind deshalb bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der tägliche Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (BSG a.a.O.; zuletzt BSG Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 14/03 R - SozR 4-2700 § 56 Nr. 1).

Neben diesen auf tatsächlichem Gebiet liegenden Umständen für die Bemessung der MdE sind aus der gesetzlichen Definition der MdE sowie den Grundsätzen der gesetzlichen Unfallversicherung fließende rechtliche Vorgaben zu beachten (SozR 4-2700 § 56 Nr. 2). Bestanden bei dem Versicherten vor dem Versicherungsfall bereits gesundheitliche, auch altersbedingte Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit (sog. Vorschäden), werden diese nach der ständigen Rechtsprechung des BSG und der einhelligen Auffassung in der Literatur für die Bemessung der MdE berücksichtigt, wenn die Folgen des Versicherungsfalles durch die Vorschäden beeinflusst werden. Denn Versicherte unterliegen mit ihrem individuellen Gesundheitszustand vor Eintritt des Versicherungsfalls dem Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung (BSG, a.a.O. m.H.a.: BSGE 63, 207, 211, 212 = SozR 2200 § 581 Nr. 28; Bereiter-Hahn/Mehrtens, SGB VII, Stand: 2006, § 56 RdNr 10.5; Kranig in Hauck/Noftz, SGB VII, Stand: 2006, K § 56 RdNr 42 m.w.N.). Dies verlangt § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 SGB VII, wonach die "infolge" des Versicherungsfalls eingetretene Beeinträchtigung des Leistungsvermögens und die dadurch verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens maßgeblich sind.

Nach den von PD Dr. Schm. in seinem Gutachten beschriebenen und vom SG im angefochtenen Urteil zutreffend wiedergegebenen Messwerten bestehen bei der Klägerin im Bereich der Halswirbelsäule eine deutlich eingeschränkte Beweglichkeit hinsichtlich Vorneigen/Rückneigen, Seitneigen und etwas geringer der Drehung. Dem entsprechen im Wesentlichen auch die von Professor Dr. K. in seinem Gutachten vom 17.06.2006 und von Dr. F. in seinem Gutachten vom 16.06.2012 beschriebenen Messwerten der Halswirbelsäule. Hinzu kommt nach den vom SG im angefochtenen Urteil zutreffend wiedergegebenen Messwerten eine deutliche Bewegungseinschränkung der linken Schulter. Auch nach den von Dr. K. in seinem Gutachten vom 17.07.2006 beschriebenen Befunden des linken Schultergelenkes bestand bei der Klägerin bereits zum Zeitpunkt seiner Untersuchung eine Bewegungseinschränkung der linken Schulter der Klägerin (aktive Abduktion schmerzbedingt bis max. 90° möglich, aktive Anteversion bis max. 110°). Die von PD Dr. Schm. beschriebenen Messwerte hinsichtlich des linken Schultergelenkes der Klägerin rechtfertigt nach den versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Erfahrungswerte eine MdE von 20 v.H. Danach ist eine Bewegungseinschränkung vorwärts/seitwärts bis 90° mit einer MdE von 20 v.H. zu bewerten ist (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, Seite 532). Eine solche Bewegungseinschränkung liegt bei der Klägerin vor. Hinzu kommt die Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule der Klägerin. Wie Bewertungen des PD Dr. Schm. sowie Dr. F. in ihren Gutachten, die übereinstimmend von einer MdE von 20 v.H. ausgehen, entsprechen damit den versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Erfahrungswerte. Dieser Bewertung schließt sich auch der Senat an. Im Übrigen hat die Beklagte gegen die MdE-Bewertung von 20 v.H. keine Einwendungen erhoben. Damit steht der Klägerin Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. zu. Auch dem Anspruchsbeginn ab 16.03.2007 begegnen keine Bedenken, nachdem bereits Professor Dr. K. bei der Begutachtung der Klägerin im Juli 2006 eine Einschränkung der (aktiven) Abduktion des linken Schultergelenkes bis 90° und erhebliche Schmerzen festgestellt hat.

Soweit das SG der Beklagten im angefochtenen Urteil Verschuldenskosten gemäß § 192 Abs. 1 Nr. 1 SGG auferlegt hat, sieht der Senat keinen Anlass von der getroffenen Ermessensentscheidung des SG abzuweichen.

Anlass für weitere Ermittlungen besteht nicht. Für den Senat ist der entscheidungserhebliche Sachverhalt durch die im Verfahrensverlauf durchgeführten Ermittlungen geklärt. Neue Gesichtspunkte, die dem Senat Anlass zu weiteren Ermittlungen geben, sind nicht ersichtlich und werden von der Beklagten im Berufungsverfahren im Übrigen nicht aufgezeigt.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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