L 12 AS 3716/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 16 AS 5138/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 3716/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28. Juli 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist ein Anspruch des Kläger auf Auszahlung weiterer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1. September 2006 bis 31. November 2007 in Höhe von insgesamt 306,11 Euro und für die Zeit vom 1. März 2008 bis 31. Januar 2010 in Höhe von insgesamt 64,67 Euro.

Der Kläger bezog nach seinem Zuzug aus Frankreich seit Februar 2006 Arbeitslosengeld II vom Beklagten. Am 9. August 2006 wurde er nach Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung mit der Verdachtsdiagnose einer paranoid-halluzinatorischen Schizophrenie in das betreute Wohnen der A ... K. aufgenommen. Für das von ihm bewohnte Zimmer war monatlich eine Betreuungspauschale von 450 Euro sowie Miete einschließlich aller kalten und warmen Nebenkosten von 185 Euro monatlich zu zahlen. Die Betreuungspauschale erbrachte zunächst der Beklagte, ab Juli 2007 der Sozialhilfeträger direkt an die A ... Darüber hinaus bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Zeit ab September 2006 als Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts neben der jeweiligen Regelleistung (zunächst in Höhe von 345 Euro, ab Juli 2007 in Höhe von 347 Euro) auch Kosten der Unterkunft in Höhe von 164,26 Euro monatlich. Hierbei berücksichtigte er die anfallende Inklusivmiete von 185 Euro monatlich und brachte hiervon einen Betrag von 20,74 Euro monatlich als Pauschale für die Haushalts- und Warmwasserbereitungsenergie in Abzug. Dementsprechend bewilligte der Beklagte dem Kläger mit Bescheiden vom 23. August 2006, 8. Februar 2007, 2. Juni 2007 und 7. August 2007 für die Zeit ab September 2006 Leistungen in Höhe von 509,26 Euro monatlich bzw. ab Juli 2007 in Höhe von 511,26 Euro monatlich. Diese Leistungen zahlte der Beklagte monatlich in Höhe von 185 Euro an die A., den Restbetrag an den Kläger aus. In den Bewilligungsbescheiden war neben dem Kläger auch die A. als Zahlungsempfänger aufgeführt.

Nachdem der Kläger sich vom 15. bis 17. Oktober 2007 in Haft befunden hatte, hob der Beklagte mit Bescheid vom 18. Oktober 2007 die Leistungsbewilligung ab 15. Oktober 2007 auf und bewilligte mit weiterem Bescheid vom 6. November 2007 wieder Leistungen für die Zeit vom 17. bis 31. Oktober 2007 in Höhe von 255,63 Euro und vom 1. November bis 31. Dezember 2007 in Höhe von 510,25 Euro monatlich. Hierbei berücksichtigte er neben der Regelleistung von 347 Euro als Kosten für Unterkunft und Heizung nur noch 163,25 Euro nach Abzug einer Energiepauschale von 21,75 Euro. Auch insoweit gelangten bis einschließlich November 2007 monatlich 185 Euro zur Auszahlung an die A., der Restbetrag wurde an den Kläger ausgezahlt. Nach Kündigung des Mietverhältnisses durch die A. zum 30. November 2007 bewilligte der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 7. November 2007 für Dezember 2007 nur noch die Regelleistung, die an den Kläger zur Auszahlung kam. Am 4. Dezember 2007 erfolgte die Räumung des Zimmers des Klägers im betreuten Wohnen der A ... Im Januar und Februar 2008 erhielt der Kläger gemäß Bescheid vom 26. November 2007 jeweils die Regelleistung in Höhe von 347 Euro, gegen Vorlage entsprechender Rechnungen für einzelne Tage gesondert Übernachtungskosten in Hotels.

Zum 1. März 2008 mietete der Kläger seine auch derzeit noch von ihm bewohnte Wohnung an, für die eine Miete in Höhe von 180 Euro monatlich und eine Vorauszahlung für die Nebenkosten einschließlich Heizkosten in Höhe von 80 Euro monatlich zu zahlen waren. Außerdem war eine Kaution in Höhe von 540 Euro zu leisten. Im Vorfeld bestätigte der Beklagte ihm mit Schreiben vom 31. Januar 2008, dass die Miete samt Vorauszahlung als angemessen akzeptiert werde, dass die Miete direkt an den Vermieter überwiesen werde und die Kaution übernommen werde. Am 12. Februar 2008 schloss der Kläger mit dem Beklagten einen Vertrag über die Gewährung eines Darlehens für die Mietkaution in Höhe von 540 Euro. Der Kläger erklärte sich damit einverstanden, dass zur Tilgung des Darlehens ab April 2008 monatliche Raten von 20 Euro von der ihm zustehenden Leistung einbehalten werden. Er trat seinen Rückzahlungsanspruch gegen die Vermieterin an den Beklagten ab, welcher die Abtretung gegenüber der Vermieterin anzeigte.

Mit Änderungsbescheid vom 3. März 2008 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Zeit von März bis Juni 2008 Leistungen in Höhe von 600,47 Euro monatlich, 347 Euro Regelleistung und 253,47 Euro Kosten für Unterkunft und Heizung. Hierbei berücksichtigte er die monatliche Miete von 180 Euro sowie die Vorauszahlung von 80 Euro unter Abzug einer Pauschale in Höhe von 6,53 Euro für die Energie zur Warmwasserbereitung. Mit weiterem Änderungsbescheid vom 3. März 2008 verfügte der Beklagte für die Zeit ab 1. April 2008 den Einbehalt von Raten für das Darlehen gemäß der Einverständniserklärung des Klägers. Entsprechend der Ankündigung im Schreiben vom 31. Januar 2008 zahlte der Beklagte die bewilligten Leistungen in Höhe von 260 Euro (Miete einschließlich Vorauszahlungen) direkt an die Vermieterin des Klägers aus, den Restbetrag - ab April 2008 nach Einbehalt von 20 Euro - an den Kläger selbst.

Nachdem der Kläger sich vom 2. bis 5. Juni 2008 in Haft befand, hob der Beklagte mit Bescheid vom 30. Juni 2008 die Bewilligung für die Juni 2008 in Höhe von 60,05 Euro auf und forderte die entsprechende Erstattung. Mit Änderungsbescheid vom gleichen Tag änderte er die Bewilligung für Juni 2008 auf 520,40 Euro.

Mit Bescheid vom 30. Juni 2008 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Zeit von Juli bis Dezember 2008 Leistungen in Höhe von 604,47 Euro monatlich (351 Euro Regelleistung und 253,15 Euro Kosten für Unterkunft und Heizung) weiter und behielt den Einbehalt zur Darlehenstilgung und die Direktzahlung der Mietkosten einschließlich der Neben- und Heizkostenvorauszahlung an die Vermieterin bei. Mit Bescheid vom 8. Januar 2009 erfolgt die Weiterbewilligung für Januar bis Juni 2009 in Höhe von 604,37 Euro. Hierbei berücksichtigte der Beklagte eine Erhöhung der vom Kläger zu leistenden monatlichen Vorauszahlungen auf die Neben- und Heizkosten auf 120 Euro und brachte hiervon eine Warmwasserbereitungspauschale von 6,63 Euro in Abzug.

Für die Zeit von Juli bis Dezember 2009 bewilligte der Beklagte Leistungen mit Bescheid vom 22. Juni 2009 in Höhe von 652,21 Euro weiter. Hierbei berücksichtigte er die Erhöhung der Regelleistung auf 359 Euro monatlich und erhöhte die abgesetzte Warmwasserbereitungspauschale auf 6,79 Euro.

Mit Sanktionsbescheid vom 16. Oktober 2009 senkte der Beklagte die Leistungen des Klägers in der Zeit von November 2009 bis Januar 2010 um 36 Euro monatlich und mit Sanktionsbescheid vom 30. Oktober 2009 in der Zeit von Dezember 2009 bis Februar 2010 in Höhe von 71,80 Euro monatlich ab. Widerspruch und Klage gegen den Sanktionsbescheid vom 30. Oktober 2009 blieben erfolglos. Mit Bescheid vom 7. Dezember 2009 bewilligte der Beklagte unter Berücksichtigung der verhängten Sanktion in Höhe von 71,80 Euro Leistungen für Januar und Februar 2010 in Höhe von 580,41 Euro und für März bis Juni in Höhe von 652,21 Euro weiter.

Am 3. Dezember 2010 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben mit drei Begehren. Erstens hat er die Auszahlung weiterer 306 Euro für die Zeit von September 2006 bis November 2007 verlangt. Solange er im Zimmer der A. gewohnt habe, seien seine Leistungen ohne Angabe von Gründen um ca. 20 Euro monatlich gekürzt worden. Die Sozialarbeiterin der A. habe gemeint, dies sei wegen der Stromkosten erfolgt. Er beantrage die Rückzahlung der Differenzbeträge. Zweitens hat der Kläger vorgebracht, im Juli 2008 überhaupt keine Leistung erhalten zu haben und daher die Auszahlung von Leistungen in Höhe von 347 Euro für diesen Monat beantragt. Drittens hat der Kläger vorgetragen, von März 2008 bis Januar 2010 sei ohne Angabe von Gründen von seinen Leistungen monatlich ein Betrag von ca. 26 Euro einbehalten worden. In Höhe von 20 Euro monatlich sei dies wohl zur Rückzahlung des Mietkautionsdarlehens geschehen. Gleichzeitig habe er von Februar bis September 362,56 Euro und damit 3,56 Euro mehr an SGB II-Leistungen erhalten. Dies sei möglicherweise eine Rückzahlung, allerdings ebenfalls ohne jede Erklärung. Er hat daher beantragt, eine Begründung für die Verringerung seiner Sozialleistungen nach dem SGB II wegen der Kautionszahlung für seine Wohnung in Höhe von 540 Euro und eine Berechnung mit Rückzahlung seines Differenzbetrages zu erhalten. Auf Aufforderung des SG hat der Kläger am 8. März 2011 eine beglaubigte Übersetzung seiner in französischer Sprache verfassten Klageschrift vorgelegt und die Erstattung der hierfür angefallenen Übersetzungskosten von 14,28 Euro verlangt.

Der Beklagte ist der Klage entgegen getreten. Soweit der Kläger höhere Leistungen für die Zeit von September 2006 bis Februar 2007 begehre, sei die Klage unzulässig, da die diesen Zeitraum regelnden Bescheide bestandskräftig geworden seien. Soweit der Kläger geltend mache, für Juli 2008 keine Leistungen erhalten zu haben, werde auf die Bewilligung vom 30. Juni 2008 und die Auszahlung vom 2. Juli 2008 laut Auszahlungsbeleg verwiesen. Zur Tilgung des gewährten Darlehens für die Kaution in Höhe von 540 Euro sei der Kläger mit dem Einbehalt ab März 2008 in Höhe von 20 Euro monatlich einverstanden gewesen.

Mit Gerichtsbescheid vom 28. Juli 2011 hat das SG die Klage als unzulässig abgewiesen. Soweit der Kläger für die Zeit vom 1. September 2006 bis 3. Dezember 2007 höhere als die vom Beklagten begehrte Leistungen begehre, mangle es an der Durchführung eines Vorverfahrens als Klagevoraussetzung. Denn der Kläger habe gegen die insoweit ergangenen Bescheide vom 23. August 2006, 8. Februar 2007, 2. Juni 2007, 7. August 2007, 6. November 2007 und 7. November 2007 nicht innerhalb der Monatsfrist des § 84 Abs. 1 Satz 1 SGG Widerspruch erhoben, so dass diese bestandskräftig und für die Beteiligten gemäß § 77 SGG bindend geworden seien. Soweit der Kläger Auszahlung der für Juli 2008 bewilligten Leistungen und Auskunft über die Gründe für die Absetzung von Darlehensraten von den ab März 2008 bewilligten Leistungen begehre, fehle es am Rechtschutzbedürfnis. Der Kläger habe gegenüber dem Beklagten bis zur Klageerhebung am 3. Dezember 2010 zu keiner Zeit beanstandet, die bereits im Juli 2008, d.h. mehr als zwei Jahre vorher zustehenden Leistungen seien nicht ausgezahlt worden. Durch eine entsprechende Anfrage hätte die Auszahlung ohne gerichtliche Hilfe einfach und zügig geklärt werden können. Mit seinem Klagebegehren könne der Kläger insoweit keine weitergehenden Vorteile erlangen. Vor einer Klageerhebung wäre daher zunächst ein Auszahlungsverlangen an den Beklagten zu richten gewesen. Anlass zur Inanspruchnahme des Gerichts hätte erst im Fall der Weigerung des Beklagten bestanden, die bewilligten Leistungen auszuzahlen. Im Übrigen sei das Auszahlungsverlangen auch unbegründet, da die Auszahlung der bewilligten Leistungen durch Anweisung am 2. Juli 2008 zweifelsfrei nachgewiesen sei. Die entsprechende Gutschrift auf dem Girokonto des Klägers vom 7. Juli 2008 lasse sich den vom Kläger selbst vorgelegten Unterlagen entnehmen. Die Leistungen für Unterkunft und Heizung seien, wie im Bewilligungsbescheid verfügt, direkt an den Vermieter überwiesen sowie ein Betrag von 20 Euro zur Tilgung des Mietkautionsdarlehens einbehalten worden. Für das Auskunftsersuchen bestehe ebenfalls kein Rechtschutzbedürfnis, da der Kläger auch sein Auskunftsbegehren direkt an den Beklagten hätte richten können, gerichtlicher Rechtschutz insoweit nicht erforderlich sei. Grund und Umfang des Einbehalts ergäben sich zweifelsfrei aus der vom Kläger unterzeichneten Einverständniserklärung. Darin werde im Übrigen auch darauf hingewiesen, dass die Einverständniserklärung im Tilgungszeitraum jederzeit widerruflich gewesen sei. Eine Rechtsverletzung des Klägers komme daher unter keinem denkbaren Gesichtspunkt in Betracht.

Gegen den ihm am 3. August 2011 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 29. August 2011 eingelegte Berufung des Klägers. Die Klage könne nicht unzulässig sein, denn gemäß § 89 SGG gelte vorliegend keine Klagefrist. Er wende sich nicht gegen Verwaltungsakte und sei auch nicht über Fristen informiert worden, sondern rüge die Nachlässigkeit des Beklagten. Er habe zur unterbliebenen Auszahlung der Leistungen für Juli 2008 Nachweise vorgelegt, das SG habe diese übergangen. Er wende sich auch nicht gegen die ratenweise Tilgung des Kautionsdarlehens, sondern nur dagegen, dass über die Darlehenshöhe von 540 Euro hinaus tatsächlich 577,78 Euro einbehalten worden seien. Er fordere die Erstattung des Differenzbetrages von 37,88 Euro.

Der Kläger hat eine Aufstellung der von ihm festgestellten Differenzen zwischen dem Betrag, den er beanspruche bzw. der jeweils bewilligten Regelleistung, und dem jeweils an ihn erfolgten Auszahlungsbetrag, insgesamt 306,11 Euro in der Zeit von September 2006 bis November 2007 und zunächst insgesamt 37,88 Euro in der Zeit von März 2008 bis Januar 2010 sowie Kontoauszüge vorgelegt.

Am 24. September 2012 ist der Sach- und Rechtstand mit den Beteiligten erörtert worden. Hierzu wird auf die Niederschrift vom 24. September 2012 Bezug genommen. Im Nachgang hat der Kläger nach nochmaliger Überprüfung seiner Kontounterlagen erklärt, dass sich sein auf Nachzahlung der Leistungen für Juli 2008 gerichtetes Begehren erledigt habe, er habe nun doch einen Zahlungseingang für Juli 2008 feststellen können. Damit beschränke sich seine Berufung auf die beiden anderen Streitpunkte, allerdings erhöhe sich die Differenz für März 2008 bis Januar 2010 um 26,79 Euro für Juli 2008 auf 64,67 Euro. Außerdem bitte er, auch wenn er dies ausdrücklich nicht zum Gegenstand des Verfahrens gemacht habe, um Erläuterungen zur Frage der Rechtmäßigkeit des Einbehalts von der laufenden Leistung zur Rückführung des Mietkautionsdarlehens.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28. Juli 2011 aufzuheben und den Beklagten dazu zu verurteilen, ihm weitere Leistungen nach dem SGB II für September 2006 bis November 2007 in Höhe von 306,11 Euro und für März 2008 bis Januar 2010 in Höhe von 64,67 Euro, insgesamt 370,78 Euro, zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie der Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung ist statthaft (§ 143 SGG) und zulässig, da laufende Leistungen für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr im Streit stehen (§ 144 Abs. 1 Satz 2SGG). Die Berufung ist aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen.

1. Der Kläger wendet sich mit seiner Klage dagegen, dass die ihm in der Zeit vom September 2006 bis November 2007 und von März 2008 bis Januar 2010 bewilligte Regelleistung nicht vollständig zur Auszahlung an ihn gelangt ist und fordert die Nachzahlung der von ihm insoweit festgestellten Differenzen.

Das Begehren des Klägers kann dahingehend verstanden werden, dass er fordert, Teilbeträge der bewilligten Regelleistung, die unmittelbar an seine jeweiligen Vermieter ausbezahlt wurden, nachträglich (nochmals) an ihn auszubezahlen. Das so verstandene Begehren ist als echte Leistungsklage einzuordnen. Für eine solche Auslegung seines Begehrens spricht auch, dass der Kläger sich explizit mit seiner Berufungsschrift dahingehend erklärt hat, sich nicht gegen Verwaltungsakte des Beklagten zu richten, und er ausschließlich Differenzen zwischen der jeweils bewilligten Regelleistung und den auf seinem Konto eingegangenen Zahlungen aufgezeigt hat.

Die Leistungsklage ist aber unzulässig. Sie betrifft Zeiträume, die bei Klageerhebung bereits mehrere Monate bzw. Jahre zurück liegen. Unabhängig davon, ob dies insgesamt als rechtmäßig einzuordnen ist, erfolgten die direkten Auszahlungen von Leistungen an die jeweiligen Vermieter jeweils über mehrere Jahre hinweg unbeanstandet von Seiten des Klägers, hinsichtlich der Mietzahlungen an die aktuelle Vermieterin nach vorheriger Ankündigung (Schreiben vom 31. Januar 2008). Der Kläger hat sich ausweislich der Aktenlage und des Vorbringens der Beklagten weder in den streitigen Zeiträumen noch in den Monaten danach mit Einwendungen hiergegen an den Beklagten gewandt, auch hat der Kläger nicht geltend gemacht, sich vorab an den Beklagten gewandt zu haben. Damit ist aber, wie das SG zutreffend ausführt, kein Rechtschutzbedürfnis für unmittelbare Inanspruchnahme des Gerichts gegeben. Jede Rechtsverfolgung setzt ein Rechtschutzbedürfnis voraus. Hierbei ist darauf abzustellen, ob angesichts der besonderen Umstände des Einzelfalles die Klageerhebung deshalb nicht erforderlich ist, weil der Kläger seine Rechte auf einfachere Weise verwirklichen kann oder die Klage aus anderen Gründen unnütz ist. Ein Rechtschutzbedürfnis fehlt auch, wenn das angestrebte Ergebnis auf einfachere Weise erreicht werden kann (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, vor § 51 Rn. 16ff). Dies ist vorliegend der Fall. Der Kläger hätte sich ohne Weiteres zunächst an den Beklagten wenden können und müssen. Dies gilt auch, soweit er im Laufe des Berufungsverfahrens nun weitere Auskünfte dazu haben möchte, ob der Einbehalt monatlicher Raten zur Rückführung des vom Beklagten gewährten Mietkautionsdarlehens rückabgewickelt werden könnte.

2. Das Begehren des Klägers kann aber auch, soweit er sich im Ergebnis wohl auch gegen den Abzug der sog. großen Energiepauschale in der Zeit von August 2006 bis November 2007 und der Warmwasserenergiepauschale in der Zeit von März 2008 bis Januar 2010 wendet, als auf die Gewährung höherer als der bereits mit den für die streitigen Zeiträume ergangenen Bescheide bewilligten Leistungen gerichtet sein. Bei diesem Verständnis des Begehrens handelt es sich um eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage. Meistbegünstigend geht der Senat davon aus, dass der Kläger sein Begehren unter jedem denkbaren Gesichtspunkt verfolgt. Es führt allerdings auch als kombiniertes Anfechtungs- und Leistungsbegehren ausgelegt nicht zum Erfolg.

Die auf höhere Leistungen für die streitigen Zeiträume (April 2006 bis November 2007 und März 2008 bis Januar 2010) als mit den Bescheiden des Beklagten vom 23. August 2006, 8. Februar 2007, 2. Juni 2007, 7. August 2007, 6., 7. und 26. November 2007, 3. März 2008, 30. Juni 2008, 8. Januar 2009, 22. Juni 2009 und 7. Dezember 2009 zuerkannt, gerichtete Klage ist ebenfalls bereits unzulässig. Hierbei fehlt es nicht nur am Rechtschutzbedürfnis, wie bereits oben ausgeführt, weil der Kläger sich auch insoweit nicht zuvor an den Beklagten gewandt hat. Vielmehr fehlt es auch an der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens. Denn vor Erhebung der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist ebenso wie bei der reinen Anfechtungsklage gemäß § 78 Abs. 1 SGG ein Vorverfahren durchzuführen. Der Kläger hat gegen die genannten Bescheide keinen Widerspruch eingelegt. Das Vorverfahren hätte nach Klageerhebung auch nicht mehr ordnungsgemäß durchgeführt werden können, da zum Zeitpunkt der Klagerhebung die Widerspruchsfrist für alle genannten Bescheide bereits verstrichen war. Denn der Widerspruch ist gemäß § 84 Abs. 1 SGG binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides einzulegen. Für die zwischen dem 23. August 2006 und 3. März 2008 datierenden Bescheide enthält die Verwaltungsakte des Beklagten jeweils Absendevermerke, die die Absendung am Tag des Bescheiddatums festhält, so dass insoweit bereits die Zugangsfiktion des § 37 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) eingreift. Für die danach ergangenen Bescheide ist teilweise ein handschriftlicher Hinweis auf die zentrale Erstellung und Versendung in der Verwaltungsakte enthalten. Anhaltspunkte dafür, dass die in der Zeit zwischen dem 23. August 2006 und 7. Dezember 2009 datierenden Bescheide dem Kläger nicht jeweils zeitnah zum Bescheiddatum bekanntgegeben wurde und damit bei Klagerhebung am 3. Dezember 2010 die Widerspruchsfrist noch nicht abgelaufen war, sind nicht ersichtlich. Dies hat der Kläger auch nicht vorgetragen, sondern lediglich pauschal und offensichtlich unzutreffend behauptet, überhaupt keine Bescheide erhalten zu haben. Diese Behauptung ist aber durch die vom Kläger selbst vorgelegten Kopien der Bescheide und Differenzberechnungen zwischen den bewilligten und an ihn ausgezahlten Beträgen für alle streitigen Monate widerlegt. Damit steht unter Würdigung aller Einzelheiten des Sachverhalts zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger die genannten Bewilligungs- und Änderungsbescheide allesamt mehrere Monate bzw. Jahre vor Klageerhebung erhalten hat. Damit sind die genannten Bescheide für die streitigen Zeiträume gemäß § 77 SGG für die Beteiligten bindend geworden. Die unmittelbar erhobene Klage ist unzulässig.

Damit hat die Berufung insgesamt keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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