L 3 SB 1418/12 ZVW

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 3 SB 2698/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 SB 1418/12 ZVW
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 11. Dezember 2006 wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte erstattet dem Kläger 1/3 (ein Drittel) der außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens vor dem Bundessozialgericht (B 9 SB 1/11 R) sowie 1/4 (ein Viertel) der außergerichtlichen Kosten des Klage- und Berufungsverfahrens.

Tatbestand:

Gegenstand des vom Bundessozialgericht (BSG) zurückverwiesenen Berufungsverfahrens ist noch die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von mindestens 50 in der Zeit vom 04.01.1998 bis zum 31.10.2000.

Der am 01.09.1943 geborene Kläger beantragte mit Eingang beim Versorgungsamt am 26.09.2002 erstmals die Feststellung seines GdB und die Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises ab dem 04.01.1998. Zur Begründung für die rückwirkende Antragstellung verwies er auf eine "Rentenantragstellung zum 60. Lebensjahr" und Steuer-vergünstigungen. Während des Antragsverfahrens erlitt er am 20.01.2003 eine Gehirnblutung und wurde am Folgetag operiert.

Mit Bescheid vom 21.03.2003 stellte das Versorgungsamt bei dem Kläger für die Zeit vom 01.11.2000 bis 20.01.2003 einen GdB von 20 und für die Zeit ab dem 21.01.2003 einen solchen von 40 fest.

Im Widerspruchsverfahren ergingen zwei (Teil-)Abhilfe-Bescheide. Mit Bescheid vom 22.07.2003 stellte das Versorgungsamt ab dem 21.01.2003 einen GdB von 80 und die Merkzeichen G und B fest, nahm aber keine Änderungen für die Zeit davon vor. Mit Bescheid vom 04.11.2003 stellte es sodann auch schon für die Zeit vom 01.11.2000 bis 20.01.2003 einen GdB von 30 und das Merkzeichen G fest.

Mit weiterem Bescheid vom 05.11.2003 (außerhalb dieses Verfahrens) lehnte das Versorgungsamt die Zuerkennung der Merkzeichen aG und Bl ab. Auch insoweit erhob der Kläger Widerspruch.

Der Beklagte wies die beiden Widersprüche des Klägers mit getrennten Widerspruchsbescheiden vom 30.03.2004 (Merkzeichen aG) und vom 01.04.2004 (Höhe des GdB vor dem 21.01.2003) zurück.

Der Kläger erhob am 28.04.2004 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG). Er beantragte nunmehr die Zuerkennung eines GdB von mindestens 50 in der Zeit vom 04.01.1998 bis zum 20.01.2003. Das Verfahren zur Feststellung des Merkzeichen "aG" verfolgte er insoweit nicht weiter, es ist inzwischen diesbezüglich ein neuer Antrag bei dem Versorgungsamt anhängig.

Mit Urteil vom 11.12.2006 wies das SG die Klage ab. Es hat ausgeführt, die Klage sei unzulässig, soweit sie die Zeit vom 04.01.1998 bis zum 31.10.2000 betreffe, für die Zeit danach bis zum 20.01.2003 jedoch zulässig. Die rückwirkende Feststellung des GdB setze nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Schwerbehindertenausweisverordnung (SchwbAwV) ein besonderes Interesse voraus, wobei bloße steuerliche Vorteile nicht genügten. Bei dem Kläger bestehe dieses Interesse nur zurück bis zum 01.11.2000, weil er bei Anerkennung des Schwerbehindertenstatus ab diesem Zeitpunkt abschlagfreie Rente beziehen könne. Für die Zeit davor sei ein besonderes Interesse weder vorgetragen noch ersichtlich. Hinsichtlich der Zeit vom 01.11.2000 bis 20.01.2003 sei die Klage unbegründet, so das SG weiter. Für diese Zeit lasse sich ein höherer GdB als 30 nicht feststellen.

Gegen dieses, ihm am 02.01.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 25.01.2007 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt (damaliges Az. L 3 SB 463/07). Er hat dort verschiedene ärztliche Unterlagen vorgelegt. Ferner hat der Senat das Gutachten vom 28.07.2010 bei dem Neurologen und Psychiater Dr. H. (auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers) sowie die Gutachten vom 29.12.2010 und 07.01.2011 bei dem Chirurgen und Orthopäden Dr. N. und dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. V. erhoben.

Mit Bescheid vom 12.01.2007 stellte das Versorgungsamt einen GdB von 90 für die Zeit ab dem 21.01.2003 fest.

Mit Urteil vom 23.03.2011, das im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergangen ist, hat der erkennende Senat das Urteil des SG vom 11.12.2006 abgeändert und den Beklagten unter weiterer Abänderung des Bescheids vom 21.03.2003 in Gestalt der Bescheide vom 22.07.2003 und 04.11.2003 und des Widerspruchsbescheids vom 01.04.2004 verpflichtet, bei dem Kläger für die Zeit vom 01.11.2000 bis zum 20.01.2003 einen GdB von 40 festzustellen. Im Übrigen hat der Senat die Berufung zurückgewiesen. Ferner hat der Senat im Hinblick auf die Frage nach den Voraussetzungen an ein besonderes Interesse für die rückwirkende Feststellung eines GdB die Revision zugelassen. Zu der Zeit vom 04.01.1998 bis zum 31.10.2000 hat der Senat in Übereinstimmung mit dem SG entschieden, dass die Klage unzulässig sei. Es fehle das nach § 6 Abs. 1 Satz 2 SchwbAwV notwendige besondere Interesse an der Feststellung eines GdB für die Zeit vor Antragstellung. In der Zeit vom 01.11.2000 bis zur Antragstellung am 26.09.2002 bestehe dieses Interesse in möglichen rentenrechtlichen Vorteilen, die dem Kläger womöglich im Hinblick auf den in § 236a Abs. 4 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) festgelegten Stichtag 16.11.2000 zuständen. Für die Zeit vor November 2000 habe der Kläger nur pauschal steuerliche Vorteile einer rückwirkenden Feststellung seines Status als schwerbehinderter Mensch geltend gemacht. Dies reiche nicht aus. Soweit er die Klage - für die Zeit ab dem 01.11.2000 - für zulässig gehalten hat, hat der Senat dem Kläger einen GdB von 40 statt des bislang zuerkannten von 30 für angemessen gehalten. Wegen der weiteren Ausführungen des Senats wird auf das - beiden Beteiligten bekannte - Urteil vom 23.03.2011 verwiesen.

Der Beklagte hat das Urteil des erkennenden Senats mit Bescheid vom 11.04.2011 ausgeführt.

Der Kläger hat die vom Senat zugelassene Revision zum Bundessozialgericht (BSG) eingelegt (B 9 SB 1/11 R).

Mit Urteil vom 16.02.2012 hat das BSG auf diese Revision hin das genannte Urteil des Senats vom 23.03.2011 insoweit aufgehoben, als es die Feststellung eines GdB für die Zeit vom 04.01.1998 bis zum 31.10.2000 betraf, und die Sache "in diesem Umfang" an den erkennenden Senat zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Im Übrigen hat es die Revision als unzulässig verworfen. Das BSG hat ausgeführt, das in § 6 Abs. 1 Satz 2 SchwbAwV geregelte besondere Interesse an der rückwirkenden Feststellung des Status als schwerbehinderter Mensch sei keine Prozessvoraussetzung und betreffe daher nicht die Zulässigkeit der Klage oder des Antrags. Es handle sich vielmehr um eine Voraussetzung des Anspruchs auf Feststellung selbst, zähle also zur Begründetheit der Klage. Jedoch reichten die bisherigen Feststellungen des erkennenden Senats nicht aus, zu entscheiden, ob ein solches Interesse bestehe. Es müssten dem behinderten Menschen konkrete Vorteile erwachsen. Hierzu zähle die Inanspruchnahme einer gesetzlichen Altersrente. Nach Auffassung des BSG könne aber auch die beabsichtigte Inanspruchnahme konkreter steuerlicher Vorteile ein besonderes Interesse begründen. Die bisherigen instanzgerichtlichen Entscheidungen zu dieser Frage überzeugten nicht. Ein solcher steuerlicher Vorteil könne in der Zuerkennung eines Pauschbetrags nach § 33b Einkommensteuergesetz (EStG) für ein bestimmtes Kalenderjahr gesehen werden. Nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Satz 2 SchwbAwV müsse der Antragsteller ein solches Interesse "glaubhaft machen". Dieser Begriff entstamme der Regelung in § 294 Zivilprozessordung (ZPO). Es reiche daher ein geringeres Maß an Überzeugung als bei einem Vollbeweis aus, also ein Wahrscheinlichkeits¬beweis. Auch seien nicht nur die Mittel des Strengbeweisverfahrens zugelassen. Jedoch obliege es nach der genannten Vorschrift dem Antragsteller, die relevanten Tatsachen vorzutragen und alle erforderlichen Unterlagen vorzulegen. Erst danach setze auch in einem Sozialverwaltungs- oder Sozialgerichtsverfahren der Amtsermittlungsgrundsatz ein. Zunächst sei es aber Aufgabe der Behörde, den Antragsteller auf seine Darlegungs- und Beibringungspflichten zur Glaubhaftmachung hinzuweisen. Diesen Pflichten (Obliegenheiten) sei der Kläger in diesem Verfahren bislang nicht nachgekommen, er habe sein besonderes Interesse an einer rückwirkenden Feststellung nicht glaubhaft gemacht. Er sei jedoch auch zu einer solchen Glaubhaftmachung bislang nicht (vom Beklagten) aufgefordert worden. Daher müsse dem Kläger eine Glaubhaftmachung noch ermöglicht werden. Hierzu müsse nun der erkennende Senat den Kläger auffordern. Wegen der weiteren Ausführungen des BSG wird auf das genannte Urteil verwiesen.

Das Verfahren ist am 29.03.2012 erneut bei dem erkennenden Senat anhängig geworden.

Mit Schreiben vom 26.04.2012 hat der Senat den Kläger aufgefordert, die Möglichkeit zur Inanspruchnahme steuerlicher Vorteile für die noch streitige Zeit vom 04.01.1998 bis zum 31.10.2000 glaubhaft zu machen, insbesondere die in dieser Zeit ergangenen ESt-Bescheide vorzulegen und/oder vorzutragen, ob noch steuerliche Verfahren offen seien.

Der Kläger hat unter dem 18.06.2012 mitgeteilt, weder er noch seine Ehefrau hätten für die Kalenderjahre 1998 bis 2000 Einkommensteuererklärungen abgegeben, obwohl sie beide damals sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen seien. Das Finanzamt habe sie aber auch nicht zur Abgabe solcher Erklärungen aufgefordert.

Auf Anfrage des Senats hat das für den Wohnort des Klägers zuständige Finanzamt Stuttgart II - Außenstelle O. - unter dem 12.07.2012 mitgeteilt, es führe den Kläger und seine Ehefrau erst ab 2002. Für die Zeit davor lägen keine Daten vor.

Auf weitere Nachfrage hat der Kläger mitgeteilt, für ihn und seine Ehefrau sei auch vor 2002 das Finanzamt Stuttgart II zuständig gewesen.

Auf weitere Nachfrage des Senats trägt der Kläger vor, sein besonderes Interesse an einer rückwirkenden Feststellung des GdB in der Zeit vom 04.01.1998 bis zum 31.10.2000 ergebe sich aus rentenrechtlichen Vorteilen, die ihm bei einer Feststellung des Schwerbehindertenstatus am 16.11.2000 nach § 236a Abs. 4 SGB VI zuständen. Wenn er für die Zeit bis zum 31.10.2000 als schwerbehinderter Mensch anerkannt wäre, könnte er für die Zeit ab dem 01.11.2000, über die im Augenblick bestandskräftig entschieden sei, bei dem Versorgungsamt einen Überprüfungsantrag nach § 44 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) stellen. Es wäre dann auch für die Zeit ab November 2000 der Schwerbehindertenstatus festzustellen. Den Akten könne nämlich nicht entnommen werden, dass es in der 17-tägigen Zeit vom 31.10. bis zum 16.11.2000 zu einer relevanten Befindlichkeitsbesserung mit entsprechender Reduzierung der Funktionsbeeinträchtigungen gekommen sei. Eine "Spontanheilung" in dieser kurzen Zeit anzunehmen sei lebensfremd und vollkommen unwahrscheinlich.

Der Kläger beantragt,

unter weiterer Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Stuttgart vom 11. Dezember 2006 das beklagte Land unter weiterer Abänderung des Bescheids vom 21. März 2003 in Gestalt der Bescheide vom 22. Juli 2003 und 04. November 2003 sowie des Widerspruchsbescheids vom 01. April 2004 zu verpflichten, bei ihm für die Zeit vom 04. Januar 1998 bis 31. Oktober 2000 einen Grad der Behinderung von mindestens 50 festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung im noch anhängigen Umfang zurückzuweisen.

Der Kläger hat sich unter dem 22.11.2012, der Beklagte mit Schriftsatz vom 21.11.2012 mit einer erneuten Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

1. Nachdem das BSG das erste Urteil des erkennenden Senats in dieser Sache nur insoweit aufgehoben hat, als es die Zeit vom 04.01.1998 bis zum 31.10.2000 betraf, war nur noch dieser Zeitraum Gegenstand des Berufungsverfahrens. Für die Zeit vom 01.11.2000 bis zum 20.01.2003 ist dem Kläger gegenwärtig bestandskräftig ein GdB von 40 zuerkannt, für die Zeit danach zwischenzeitlich ein solcher von 90.

2. In diesem Rahmen war die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 11.12.2006 erneut zurückzuweisen. Wie bereits in dem Urteil vom 23.03.2011 ausgeführt, ist die Berufung - auch insoweit - zwar zulässig, aber nicht begründet.

Lediglich die rechtliche Begründung hierfür ist eine andere: Nachdem das BSG entschieden hat, dass das besondere Interesse an einer rückwirkenden Feststellung des GdB in § 6 Abs. 1 Satz 2 SchwbAwV keine Prozessvoraussetzung ist, sondern ein Element des materiellrechtlichen Anspruchs auf diese Feststellung, ist auszuführen, dass die Klage des Klägers für den genannten Zeitraum zwar zulässig, aber unbegründet ist. Gleichwohl war der Tenor des Urteils des SG nicht (von Amts wegen) abzuändern, denn das SG hat die Klage im Ganzen "abgewiesen", ohne bereits im Tenor deutlich zu machen, dass es die Klage für diesen Zeitraum für unzulässig hielt.

a) Der Kläger hat die in § 6 Abs. 1 Satz 2 SchwbAwV geregelte Voraussetzung der "Glaubhaftmachung" eines besonderen Interesses nicht erfüllt.

aa) Dies gilt zunächst für steuerliche Vorteile.

Allerdings sind solche steuerlichen Vorteile nicht ausgeschlossen. Wenn der Status als schwerbehinderter Mensch bzw. der GdB rückwirkend zuerkannt wird, was aus steuerlicher Sicht einen Grundlagenbescheid im Sinne von § 171 Abs. 10 Satz 1 Abgabenordnung (AO) darstellt, dann kann binnen zweier Jahre nach Erlass dieses Bescheids (§ 171 Abs. 10 Satz 1 AO) erstmals eine steuerliche Festsetzung beantragt und nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO ein bereits ergangener, auch bestandskräftiger Steuerbescheid aufgehoben bzw. geändert werden. Die Zuerkennung eines (höheren) GdB führt im Wesentlichen zu den in § 33b Abs. 1 bis Abs. 3 EStG genannten Freibeträgen, die von einem an sich zu versteuernden Einkommen abzuziehen sind. Ferner können nach § 9 Abs. 2 Satz 3 EStG behinderte Menschen mit einem GdB von mindestens 70 bzw. 50 im Rahmen der Werbungskosten anstelle der Entfernungspauschalen die tatsächlichen Aufwendungen für die Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte und für die Familienheimfahrten ansetzen. Letztlich sind in § 19 Abs. 2 EStG (höhere) Versorgungsfreibeträge für behinderte Menschen mit einem GdB von wenigstens 60, die Versorgungsleistungen beziehen, vorgesehen.

Jedoch hat der Kläger nicht ausreichend glaubhaft gemacht, dass bei ihm "konkret" im Sinne der Rechtsprechung des BSG die Möglichkeit besteht, einen dieser steuerlichen Vorteile rückwirkend in Anspruch zu nehmen. Auf Nachfrage des Senats hat er lediglich mitgeteilt, in dem fraglichen Zeitraum keine ESt-Erklärungen abgegeben zu haben. Sein Wohnsitzfinanzamt hat diese Angaben bestätigt. Dies schließt zwar für sich nicht aus, dass er gleichwohl einkommensteuerpflichtig war, aber die geschuldete ESt nur als Lohnsteuer von seinen laufenden Bezügen aus nichtselbstständiger Arbeit abgezogen und an das Finanzamt der Betriebsstätte abgeführt worden ist. Ebenso kann es aber sein, dass der Kläger zwar grundsätzlich einkommensteuerpflichtig war, aber bereits auf seiner Lohnsteuerkarte Freibeträge für Werbungskosten oder dgl. eingetragen hatte und daher womöglich im Ergebnis bislang keine Steuern abgeführt hat, sodass er nachträglich keine Pauschale nach § 33b EStG geltend machen kann. Auf diese Frage kommt es letztlich aber nicht an. Der Kläger beruft sich nicht auf steuerliche Vorteile. Er hat vielmehr in seinem letzten Schriftsatz deutlich gemacht, dass es ihm allein um rentenrechtliche Vorteile gehe. Wenn ein Kläger aber selbst klarstellt, dass er bestimmte - denkbare - Vorteile aus einer rückwirkenden GdB-Feststellung gar nicht anstrebt, dann ist dies kein von ihm geltend oder sogar glaubhaft gemachtes berechtigtes Interesse im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 2 SchwbAwV.

bb) Aus den Ausführungen des Klägers im erneuten Berufungsverfahren ergeben sich auch keine konkreten rentenrechtlichen Vorteile, die über jene Möglichkeiten hinausgingen, die dem Kläger ohnehin zustehen. Dass er an dem relevanten Stichtag 16.11.2000 nicht schwerbehindert war und daher die Voraussetzungen des § 236a Abs. 4 SGB VI nicht erfüllt, steht im Augenblick bestands- und rechtskräftig fest, nachdem das BSG die Revision des Klägers für die Zeit ab dem 01.11.2000 verworfen hat. Der Kläger kann insoweit allenfalls einen Überprüfungsantrag nach § 44 Abs. 1 SGB X stellen. Es ist nicht ersichtlich, wieso er mit diesem Überprüfungsantrag "bessere Chancen" haben sollte, wenn ihm für die Zeit bis zum 31.10.2000 der Status als schwerbehinderter Mensch zuerkannt würde. Ein rechtlicher Vorteil besteht ersichtlich nicht: In einem Überprüfungsverfahren wäre allein zu untersuchen, ob bei dem Kläger ab dem 01.11.2000 ein GdB von 50 vorlag oder nicht. Ob es insoweit gegenüber der Zeit zuvor zu einer Veränderung gekommen wäre, wäre unerheblich, da es sich nicht um ein Verfahren nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X handeln würde. Und auch einen "faktischen" Vorteil vermag der Senat nicht zu erkennen. Die Versorgungsverwaltung ist in der Lage, die Behinderungen und ihr Ausmaß zu einem bestimmten Zeitpunkt zu ermitteln und den angemessenen GdB zuzuerkennen, ohne sich von GdB-Festsetzungen für andere, davor liegende Zeiträume beeinflussen zu lassen.

cc) Mangels ausreichender Glaubhaftmachung war der Senat demnach nicht gehalten, weitergehend als durch die Anfrage beim Finanzamt geschehen, von Amts zu ermitteln.

b) Da es bereits an der Glaubhaftmachung des besonderen Interesses fehlt, war nicht mehr zu entscheiden, ob der Kläger die medizinischen Voraussetzungen für die Zuerkennung eines GdB von 50 oder weniger in der Zeit vor dem 01.11.2000 erfüllt hatte.

3. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG. Hierbei hatte der Senat über die Kosten des Revisionsverfahrens vor dem BSG zu entscheiden. Es entspricht der Billigkeit, dem Kläger ein Drittel seiner dort entstandenen Kosten zuzusprechen. Er hat in etwa in diesem Umfang vor dem BSG teilweise obsiegt, nachdem das angegriffene Urteil des Senats für etwa die Hälfte des gesamten Streitzeitraums beanstandet wurde, allerdings nur im Sinne einer Zurückverweisung. Auch wenn der Kläger letztlich keine Vorteile aus dem Urteil des BSG gezogen hat, so hat das Revisionsverfahren doch zur Klärung einer wichtigen Rechtsfrage beigetragen. Für die übrigen Instanzen wiederholt der Senat seine Kostenregelung aus dem Urteil vom 23.03.2011, nachdem sich im Ergebnis keine abweichende Entscheidung ergeben hat.

5. Gründe für eine erneute Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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