L 5 R 1883/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 3 R 1949/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 1883/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 29.03.2011 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird auf 1.186,06 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Klägerin wendet sich gegen einen Beitragsbescheid der Beklagten, mit dem diese die Nachentrichtung von rückständigen Sozialversicherungsbeiträgen aus einer Jubiläumszulage für einen ihrer Arbeitnehmer fordert.

Bei der Klägerin, einer GmbH & Co KG, war zuletzt am 18.11.2005 eine Betriebsprüfung für die Zeit vom 01.01.2003 bis 31.04.2004 vorgenommen worden, die ohne Feststellungen abgeschlossen wurde.

Im Zeitraum vom 29.09.2009 bis 22.10.2009 fand eine erneute Betriebsprüfung nach § 28p Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) für die Zeit vom 01.01.2005 bis 31.12.2008 statt. Der Beklagten lag u.a. ein Bericht über eine Lohnsteuer-Außenprüfung des zuständigen Finanzamtes vom 19.09.2006 vor. Hierin hatte das Finanzamt u.a. die fehlende Versteuerung der an den Beigeladenen zu 1 ausbezahlten Jubiläumszuwendung als beitragspflichtiges Entgelt (seit dem 01.01.1999) beanstandet und eine Steuernachforderung erhoben.

Mit Bescheid vom 27.11.2009 wurden aufgrund folgender Feststellungen Beiträge nacherhoben: - Die Arbeitnehmerin S. W. war als geringfügige Aushilfe im Unternehmen tätig, Pauschalbeiträge zur Krankenversicherung wurden nicht abgeführt. - Urlaubsabgeltungen für die Mitarbeiter H. R. im Februar 2005 und für H. D. im Januar 2008 waren nicht korrekt zur Sozialversicherungspflicht herangezogen. - Für eine Jubiläumszuwendung an den Beigeladenen zu 1 in Höhe von 5.000,- EUR im Jahr 2003 waren keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden.,

Die Nachforderung belief sich auf insgesamt 2.942,61 EUR. Betreffend den Mitarbeiter G. H. erfolgte eine Nachforderung für Beiträge zur Rentenversicherung und zur Arbeitslosenversicherung i.H.v. 888,56 EUR zuzügl. 296,50 EUR Säumniszuschläge ab November 2006, insgesamt 1.186,06 EUR. Die Beklagte ging von der 30-jährigen Verjährung aus.

Gegen den Bescheid der Beklagten erhob die Klägerin am 22.12.2009 Widerspruch mit der Begründung, dass schon in 2005 eine Betriebsprüfung stattgefunden habe und dort keine Beanstandungen betreffend die Jubiläumszuwendung gemacht worden seien. Eine Beitragsnachforderung sei nun nicht mehr zulässig.

Mit Widerspruchsbescheid vom 04.05.2010 wurde der Widerspruch zurückgewiesen mit der Begründung, dass die 30-jährige Verjährung greife und aufgrund der Eigenschaft der Betriebsprüfung als Stichprobenprüfung ein Vertrauensschutz nicht entstehen könne.

Die Klägerin hat ihr Begehren weiterverfolgt und am 04.06.2010 Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben.

Mit Urteil vom 29.03.2011 hat das SG die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, die Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren subjektiven Rechten. Die grundsätzliche Beitragspflicht der an den Arbeitnehmer gezahlten Jubiläumszuwendung als einmalig gezahltes Arbeitsentgelt sei zwischen den Beteiligten nicht streitig und ergebe sich seit dem 01.01.1999 aus § 23a SGB IV. Im Streit stehe alleine, ob sich aus der bereits in 2005 durchgeführten Betriebsprüfung ein Vertrauensschutz ergeben könne und ob für die Verjährung des Anspruchs die vierjährige Regelverjährung oder die längere Verjährungsfrist von 30 Jahren zu greifen habe. Nach § 28p SGB IV hätten die Rentenversicherungsträger die Richtigkeit der Beitragszahlung bei den Betroffenen zu überprüfen. Gemäß § 11 Beitragsverfahrensordnung (BVV) könne sich diese Prüfung auf eine stichprobenartige Prüfung beschränken. Gemäß der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) hätten die Betriebsprüfungen den Zweck, dass die Beitragsentrichtung gesichert werde, nicht jedoch den, dass die Beitragsschuldner durch diese Prüfung geschützt oder gar entlastet würden. Dies verbiete sich daraus, dass die Prüfungen gerade stichprobenartig erfolgten und deshalb keine vollumfängliche Prüfung stattfinde, welche die Annahme eines Vertrauensschutzes rechtfertigen könnte (vgl. BSG, Urteil v. 29.07.2003 - B 12 AL 1/02 R). Eine Bindungswirkung durch eine bereits erfolgte Betriebsprüfung sei nur dann denkbar, wenn der Rentenversicherungsträger für einen bestimmten Sachverhalt bereits ganz konkrete Feststellungen getroffen habe. Eine Nachforderung für diesen Sachverhalt würde sich dann bei einer erneuten Prüfung verbieten (vgl. BSG, Urteil v. 30.11.1978 - 12 RK 6/76). Nachdem im vorliegenden Fall die Beklagte auch in 2005 nur stichprobenartig geprüft habe und keine Feststellungen zu einer Sozialversicherungspflicht von Jubiläumszuwendungen getroffen worden seien, könne sich die Klägerin hier gerade nicht auf das Vorhandensein eines Vertrauensschutzes für die erneute Prüfung berufen. Die Beklagte sei berechtigt gewesen, dem Grunde nach die Sozialversicherungspflicht für die Jubiläumszuwendung aus 2003 nachträglich festzustellen. § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV normiere als Regelverjährung für Beitragsansprüche im Sozialversicherungsrecht vier Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in denen sie fällig geworden seien. Ginge man im vorliegenden Fall von dieser Verjährung aus, so würde eine Verjährung für die in 2003 ausbezahlte Jubiläumszuwendung mit Ablauf des 31.12.2007 eingetreten sein und eine Nachforderung, wie im Bescheid vom 27.11.2009 festgesetzt dieser entgegenstehen. Die Einrede sei von der Klägerin auch geltend gemacht worden. Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjährten dagegen erst in 30 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden seien, § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV. Nach der Rechtsprechung des BSG sei für die Frage des Vorsatzes ein bedingter Vorsatz zu fordern, die Nichtabführung der Beiträge müsse billigend in Kauf genommen worden sein, obgleich man eine Beitragspflicht für möglich gehalten habe. Zum Vorsatz müsse das Vorliegen des inneren (subjektiven) Tatbestandes festgestellt, d.h. anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles und bezogen auf den betreffenden Beitragsschuldner durch Sachverhaltsaufklärung individuell ermittelt werden (vgl. z.B. Hauck in Hauck/Haines, SGB IV, Stand Januar 1994, K § 25 RdNr. 4; Schwerdtfeger in GesamtKomm, Stand Februar 1984, § 25 SGB IV Anm. 9c und f). Die Feststellungslast (Beweislast) für den subjektiven Tatbestand treffe im Zweifel den Versicherungsträger, der sich auf die für ihn günstige lange Verjährungsfrist berufe. Allgemein geltende Aussagen zum Vorliegen des subjektiven Tatbestandes seien insoweit ausgeschlossen. Jedoch liege Vorsatz regelmäßig vor, wenn für das gesamte typische Arbeitsentgelt (z.B. bei "Schwarzarbeit") überhaupt keine Beiträge entrichtet werden. Vorsatz liege auch noch nahe, wenn Beiträge für verbreitete "Nebenleistungen" zum Arbeitsentgelt nicht gezahlt würden und zwischen steuerrechtlicher und beitragsrechtlicher Behandlung eine bekannte oder ohne weiteres erkennbare Übereinstimmung bestehe (vgl. BSG, Urteil v. 30.03.2000 - B 12 KR 14/99 R). Vorliegend habe die Regelung der Beitragspflicht von Jubiläumszuwendungen bereits seit dem 01.01.1999 bestanden, sodass es sich im Jahr 2003 gerade nicht mehr um eine neue Gesetzesänderung gehandelt habe. Darüber hinaus habe sich die Klägerin, so die Aussage bereits im Erörterungstermin, betreffend der Lohnabrechnungen einer speziellen Abrechnungsfirma bedient. Hier sei vorauszusetzen, dass sich eine solche Stelle mit sämtlichen relevanten Abrechnungsmodalitäten auseinandersetze. Bediene sich der Arbeitgeber einer externen Fachfirma zur Lohnabrechnung, so müsse sich dieser deren Fehler als Erfüllungsgehilfe des Arbeitsgebers zurechnen lassen. Vorliegend habe die Klägerin aufgrund eines Lohnsteuer-Prüfberichts aus dem Jahr 2006 sogar noch vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist Kenntnis von einer Sozialversicherungspflicht der Jubiläumszuwendung erhalten. Vorsatz sei gerade auch dann anzunehmen, wenn eine Kenntnis der Beitragspflicht zwar im Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung noch nicht vorgelegen habe, diese aber innerhalb der vierjährigen Regelverjährung noch eintrete (vgl. Seewald, in Kassler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Stand: Juli 2010, § 25 Rn. 6). Ein Vorsatz sei danach schon vor diesem Hintergrund anzunehmen. Die lange Verjährungsfrist greife dann auch für die Forderung von Säumniszuschlägen nach § 24 Abs. 1 SGB IV, da ein Ausnahmefall nach § 24 Abs. 2 SGB IV nicht gesehen werden könne.

Gegen dieses ihr am 06.04.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 06.05.2011 Berufung beim Landessozialgericht eingelegt und im Wesentlichen geltend gemacht, streitig sei alleine, ob durch die in 2005 durchgeführte Betriebsprüfung der D. R. ein Vertrauensschutz begründet worden sei und ob eine vierjährige oder dreißigjährige Verjährungsfrist greife. Sie bestreite, dass die Betriebsprüfungen des Rentenversicherungsträgers nur stichprobenartig durchgeführt würden. Es würden vielmehr grundsätzlich alle Gehaltsempfänger sozialversicherungsrechtlich überprüft und auch kleinste Fehler aufgegriffen. Auch würden grundsätzlich in jedem Prüfungsfall die Hauptabschlussübersicht des Unternehmens wie alle Sachkonten-blätter aus dem Lohnbereich der Finanzbuchhaltung dem Betriebsprüfer vorgelegt. Im Einzelfall würden auch noch Belege aus diesem Bereich angefordert. Hier könne man nicht mehr von einer stichprobenhaften Prüfung sprechen. Bei der Betriebsprüfung für den Prüfungszeitraum 01.01.2003 bis 31.12.2004 hätten der damaligen Betriebsprüferin, Frau B. K., die Summen- und Saldenliste für 2003 sowie die betreffenden Sachkontenblätter aus dem Lohnbereich vorgelegen. Die Summen- und Saldenliste für 2003 weise nur 14 Sachkonten (Konto Nr. 3 bis 3 ) aus dem Lohnbereich aus. Das Konto "3 Jubiläum/Beihilfen Geb." weise einen Saldo von 5.000,00 EUR aus. Es sei nicht nachvollziehbar, dass ein routinierter Betriebsprüfer aus diesen 14 Sachkonten sich nicht das betreffende Sachkonto "3 " anschaue. Allein schon der Name des Sachkontos müsse einen Betriebsprüfer zur Überprüfung dieses Kontos veranlassen. Sie sei der Auffassung, dass nicht sie nachweisen müsse, dass der Sachverhalt geprüft worden sei, sondern der Nachweis sei von der Rentenversicherung zu führen, dass nicht geprüft worden sei. Da die Rentenversicherung nicht nachweisen könne, dass der Sachverhalt geprüft worden sei, sei der Berufung stattzugeben. Die D. R. vertrete die Auffassung, dass der Arbeitgeber grundsätzlich für "alles geradestehen muss". Ihm dürften keine Fehler unterlaufen und die Betriebsprüfung der Deutschen Rentenversicherung könne sich, wenn sie etwas übersehe, darauf berufen, dass nur stichprobenartig geprüft worden sei. Hier müsse die Rechtsprechung - wie im Steuerrecht durch die Änderungssperre nach § 173 Abs. 2 AO nach einer Betriebsprüfung - dahingehend weiterentwickelt werden, dass für die Arbeitgeber nach einer stattgefundenen Betriebsprüfung durch die Deutsche Rentenversicherung Vertrauensschutz bestehe. Eine 30-jährige Verjährungsfrist sei heute nicht mehr angemessen. In der Zwischenzeit bestehe keine Waffengleichheit mehr zwischen Arbeitgeber und der Betriebsprüfung der Rentenversicherung. In die gleicher Richtung gehe der Aufsatz des Vorsitzenden Richters am Bayerischen Landessozialgericht Rittweger in "Der Betrieb". Auch er fordere ein Überdenken der bisherigen Rechtsprechung. Diese Fragen hätten grundsätzliche Bedeutung.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 29.03.2011 und den Bescheid vom 27.11.2009 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 04.05.2010 insoweit aufzuheben, als er die Erhebung von Sozialversicherungsbeiträgen incl. Säumniszuschläge für den Beigeladenen zu 1 im Kalenderjahr 2003 betrifft;

hilfsweise: die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Mit Verfügung vom 09.02.2012 hat die Berichterstatterin darauf hingewiesen, dass der Senat nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz die Berufung auch ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückweisen kann, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Verfahrensweise ist auf Grund des derzeitigen Sach- und Streitstandes beabsichtigt.

Die Klägerin hat hierzu mitgeteilt, dass sie an ihrer Rechtsauffassung festhalte. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei überholt (siehe hierzu die Ausführungen in der Begründung zur Berufung vom 26.10.2011).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Berufungsakte, Gerichtsakte des SG sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

II.

Der Senat weist die Berufung der Klägerin gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurück, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Das von der Klägerin verfolgte Ziel der Revisionszulassung erfordert für sich keine mündlicher Verhandlung, zumal zur streitigen Rechtsfrage von beiden Beteiligten umfangreich und abschießend vorgetragen wurde, sodass neue Gesichtspunkte oder eine Verdeutlichung vorgetragener Argumente nicht zu erwarten sind.

Die Berufung der Klägerin ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthaft. Die Berufung ist auch sonst gem. § 151 SGG zulässig.

Die Berufung der Klägerin ist aber nicht begründet. Denn das SG hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen.

Der Bescheid der Beklagten vom 27.11.2009 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 04.05.2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Offen bleiben kann, ob im Hinblick auf die hier streitige, den Beigeladenen zu 1 betreffende Nachforderung eine ausreichende Anhörung vor Erlass des Prüfbescheids im Rahmen des Prüfverfahrens erfolgt ist. Denn diese Anhörung ist im Widerspruchsverfahren nachgeholt worden mit der Folge, dass der Mangel der Anhörung jedenfalls geheilt ist.

Die Beitragsforderung ergibt sich grundsätzlich unmittelbar aus der Sozialversicherungspflicht. Dieser unterliegen Personen, die im Sinne des § 7 SGB IV gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 und § 3 Nr. 1 SGB IV. Für die einzelnen Zweige der Sozialversicherung folgt dies spezialgesetzlich ferner aus § 24 Abs. 1, § 25 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Drittes Buch (SGB III) für den Bereich der Arbeitsförderung, aus § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (SGB VI) für die gesetzliche Rentenversicherung. Die Beklagte war (als Prüfstelle) für den Erlass des Nachforderungsbescheids sachlich zuständig. Das folgt aus § 28p SGB IV. Gem. § 28p Abs. 1 Satz 1 SGB IV prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag entstehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlung und der Meldungen (§ 28a SGB IV) mindestens alle vier Jahre. Im Rahmen der Prüfung erlassen die Träger der Rentenversicherung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern (§ 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV; vgl. dazu zur Zuständigkeit für den Erlass von Nachforderungsbescheiden auch LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.07.2010, - L 11 R 2595/10 ER-B -).

Die Beklagte war gemäß 28p Abs. 1 Satz 4 SGB IV befugt und verpflichtet, im Rahmen der Prüfung über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung durch Verwaltungsakt zu entscheiden.

Der Nachforderung für 2003 stand die Betriebsprüfung aus dem Jahr 2005 nicht entgegen, da sie ohne Feststellungsbescheid abgeschlossen worden ist. Dementsprechend stellt sich im vorliegenden Fall auch nicht die Frage, ob ein Prüfbescheid schon immer dann – teilweise – aufzuheben ist, wenn Nachforderungen aus in dem ursprünglichen Prüfzeitraum liegenden Zeiten erhoben werden. Dass jedenfalls eine ergebnislos verlaufene, ohne Erlass eines Feststellungsbescheids abgeschlossene Prüfung keinen Vertrauensschutz begründet, bedarf auf der Grundlage der vom SG zutreffend wiedergegebenen Rechtsprechung des BSG keiner näheren Darlegung.

Auch wenn die Beklagte zunächst nur die Zeit ab dem 1. Januar 2005 überprüft hat, hatte sie "im Rahmen dieser Prüfung" auch schon ab 2003 offene Beiträge festzustellen. Der Senat hat sich bereits in seinem Beschluss vom 27.12.2011- L 5 R 3937/11 ER-B - insoweit der Auffassung des LSG Sachsen-Anhalt (Urteil vom 18.07.2007 - L 1 RA 248/03 -, veröffentlicht in Juris) angeschlossen, dass sich die Zuständigkeitszuweisung des § 28p Abs. 1 SGB IV auf alle anlässlich der Prüfung gefundenen Erkenntnisse in Bezug auf die Versicherungs- und Beitragspflicht beziehe. Das LSG Sachsen-Anhalt hat hierzu ausgeführt: "Nach dem Gesetzeswortlaut ist der Rentenversicherungsträger nämlich nicht gehalten, einen bestimmten Prüfzeitraum oder -umfang festzulegen oder dem Arbeitgeber gegenüber anzugeben und die Prüfung hierauf zu begrenzen. Eine solche Einschränkung ergibt sich auch nicht daraus, dass nach § 1 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Durchführung der Beitragsüberwachung und die Auskunfts- und Vorlagepflichten (Beitragsüberwachungsverordnung – BÜVO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 28.07.1997 (BGBl. I S. 1930), zuletzt geändert durch Art. 16 des Verwaltungsvereinfachungsgesetzes vom 21.03.2005 (BGBl. I S. 818) die Prüfung grundsätzlich nach vorheriger Ankündigung durch die Versicherungsträger erfolgt, und für das Jahr 1996 eine solche Ankündigung nicht ergangen ist. Das Erfordernis der vorherigen Ankündigung einer Arbeitgeberprüfung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BÜVO dient nicht dem Zweck, den "Rahmen der Prüfung" im Sinne des § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV festzulegen und den Rentenversicherungsträger hierauf zu begrenzen. Aus dem Regelungszusammenhang der BÜVO und des § 28p SGB IV ergibt sich vielmehr, dass die vorherige Ankündigung den Arbeitgeber in die Lage versetzen soll, den dort geregelten Mitwirkungspflichten angemessen nachzukommen. Hierfür benötigt er ausreichenden Vorlauf, da er nicht nur Unterlagen, sondern auch einen Raum oder Arbeitsplatz und die erforderlichen Hilfsmittel für die Prüfung zur Verfügung zu stellen hat (§ 1 Abs. 2 Satz 2 BÜ-VO). Bei einer angekündigten Prüfung unter Angabe eines konkreten Prüfzeitraums können möglicherweise nicht uneingeschränkt die gleichen Mitwirkungspflichten des Arbeitgebers bezüglich von Unterlagen eingefordert werden, die diesen Zeitraum nicht betreffen. Es ist aber nicht ersichtlich, aus welchem Grund vom Versicherungsträger die Durchführung einer vollständig neuen Prüfung einschließlich der Ankündigung unter Angabe des umfassenden Prüfzeitraums verlangt werden sollte, wenn anlässlich einer Prüfung auch Erkenntnisse bezüglich der Versicherungspflicht oder Beitragshöhe außerhalb des angekündigten Prüfzeitraums gewonnen wurden."

Die Beitragsforderung für August 2003 war bei ihrer Feststellung mit Bescheid vom 27.11.2009 nicht verjährt. Nach § 25 Abs. 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in denen sie fällig geworden sind. Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjähren in dreißig Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind. Die Beitragspflicht, die Grundlage der Beitragsforderung ist, ergibt sich grundsätzlich unmittelbar aus der Sozialversicherungspflicht. Sie tritt ein, wenn die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale erfüllt sind (Wietek in LPK-SGB IV, § 2 Rz. 4; Bayer in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 2 SGB IV Rz. 5). Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB IV entstehen die Beitragsansprüche der Versicherungsträger, sobald ihre im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Der Begründung durch einen Verwaltungsakt bedarf es daher nicht, die Verwaltungsentscheidung der Einzugsstelle oder des Rentenversicherungsträgers hat insoweit lediglich eine deklaratorische Wirkung (Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Urteil vom 29.04.2009 - L 5 KR 79/08 -, veröffentlicht in juris). Die Fälligkeit richtet sich nach § 23 Abs. 1 SGB IV. Die Fälligkeit des Nachforderungsanspruchs ist damit im Januar 2004 eingetreten.

Maßgeblich ist hier allerdings die 30-jährige Verjährung, da die Beiträge im Sinne des § 25 Abs. 1 SGB IV vorsätzlich vorenthalten worden sind. Im Regelfall wird die Feststellung der Kenntnis von der Beitragspflicht und der Umstand, dass die Beiträge nicht (rechtzeitig) gezahlt wurden, genügen, um feststellen zu können, dass der Beitragsschuldner die Beiträge (zumindest bedingt) vorsätzlich vorenthalten hat. Jedenfalls wenn feststeht, dass der Schuldner zu irgendeinem Zeitpunkt - innerhalb der kurzen Verjährungsfrist - Kenntnis von der Beitragspflicht hatte und die Zahlung nicht sichergestellt hat, obwohl er hierzu in der Lage war, indiziert dies den i.S. des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV erforderlichen Vorsatz (BSG, Urteil vom 17.04.2008 - B 13 R 123/07 R -, veröffentlicht in Juris).

Auch für den Senat steht fest, dass - bedingter - Vorsatz hinsichtlich der Nichtentrichtung der streitigen Beiträge jedenfalls noch innerhalb der kurzen Verjährungsfrist eingetreten ist. Der Senat teilt die Auffassung des Sozialgerichts und nimmt deswegen auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG) und sieht von einer eigenen Begründung ab.

Nach § 24 SGB IV war die Beklagte auch zur Erhebung von Säumniszuschlägen ab dem 01.11.2006 berechtigt und verpflichtet. Danach sind für Beiträge, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von eins vom Hundert des rückständigen, auf 50 EUR nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen. Wird eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte.

Die Klägerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass sie die Beitragspflicht hinsichtlich der Jubiläumszulage unverschuldet nicht gekannt hat. Soweit trotz der steuerlichen Behandlung Unsicherheit bestanden haben sollte, ändert dies nichts daran, dass die Klägerin es zumindest billigend in Kauf genommen hat, fällige, noch nicht verjährte Beiträge nicht zu entrichten. Hätte sie dies nicht in Kauf nehmen wollen, hätte sie eine Klärung mit den zuständigen Einzugsstellen herbeiführen können und müssen. Im Übrigen nimmt der Senat auf die Gründe der angegriffenen Entscheidung Bezug, wonach auch die vorangegangenen Betriebsprüfungen nicht geeignet sind, insoweit Vertrauen zu schaffen. Damit sind sie auch nicht geeignet, Verschulden auszuschließen. Besondere Umstände, die diesen Vorwurf entkräften und ein ähnliches Gewicht hätten wie eine Zahlungsunfähigkeit oder ein nicht zuzurechnendes Verschulden Dritter, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Die Klägerin hat ihre Beitragspflicht jedenfalls ab der Steuerprüfung im Jahr 2006 billigend in Kauf genommen. Der Lohnsteuerprüfbescheid war der Beklagten nach den unwidersprochenen Feststellungen der Beklagten am 24.09.2006 zugegangen und damit mangels Einspruch bereits im Oktober 2006 bestandskräftig geworden. Die Beklagte hat sich hinsichtlich der Höhe der Säumniszuschläge für die fälligen Beiträge an die geltenden Regelungen gehalten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es entsprach nicht der Billigkeit die Klägerin auch mit den außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu belasten, da diese keinen Antrag gestellt haben und damit kein eigenes Kostenrisiko übernommen haben (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG). Bei der Auffassung von Rittner, Der Betrieb 2011, 2147 ff, handelt es sich um eine Einzelmeinung, die einseitig ergebnisorientiert argumentiert. Sie bietet weder Anlass noch Sachargumente, die bisherige Rechtsprechung des BSG, die von Neidert/Scheer, Der Betrieb 2011, 2547- 2550 zutreffend dargestellt wurde, in Frage zu stellen oder davon abzuweichen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 GKG.
Rechtskraft
Aus
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