Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 6 KR 151/11
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 KR 108/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird zugelassen. &8195;
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe der Vergütung für eine Krankenhausbehandlung.
Die 1980 geborene und bei der Beklagten krankenversicherte S.H. wurde am 30. Oktober 2010 um 23.26 Uhr in einer von der Klägerin betriebenen Klinik (A.) als Notfall aufgenommen und am Folgetag um 18.49 Uhr regulär entlassen. In den von der Klägerin an die Beklagte nach § 301 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) übermittelten Daten wurden als Aufnahmediagnose sonstige und nicht näher bezeichnete Bauchschmerzen (ICD R10.4) genannt. Als Entlassungsdiagnose wurde ein Ureterstein (ICD N20.1) sowie als Nebendiagnosen sonstige und nicht näher bezeichnete Bauchschmerzen (ICD R10.4) sowie eine benigne essentielle Hypertonie ohne Angabe einer hypertensiven Krise (ICD I10.00) genannt.
Die Klägerin verlangte von der Beklagten mit Rechnung vom 10. November 2010 einen Betrag in Höhe von EUR 603,74 für eine vollstationäre Behandlung der Versicherten. Die Beklagte verweigerte die Begleichung der Rechnung mit der Begründung, es habe keine vollstationäre, sondern lediglich eine ambulante Behandlung vorgelegen, da die Versicherte nicht mindestens einen Tag und eine Nacht im Krankenhaus verweilt habe. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) wurde nicht eingeschaltet.
Die Klägerin hat am 11. Februar 2011 Klage auf Zahlung des Rechnungsbetrages zuzüglich eines weiteren Betrages in Höhe von EUR 8,50 für das durchgeführte Verwaltungsverfahren zum Einzug der Eigenbeteiligung nebst Zinsen erhoben. Sie trägt vor, das Bundessozialgericht (BSG) habe zwar ausgeführt, dass eine stationäre Behandlung vorliege, wenn der Patient vor oder nach dem Eingriff eine Nacht im Krankenhaus verbringe, von einer starren Mindestfrist von 24 Stunden sei indes keine Rede gewesen. Im Übrigen sei mittlerweile die Ausschlussfrist des § 275 Abs. 1c SGB V abgelaufen, sodass die Beklagte keine Einwendungen mehr vorbringen könne, die einer Überprüfung durch den MDK zugänglich wären.
Die Beklagte hat demgegenüber die Auffassung vertreten, eine Abgrenzung zwischen stationärer und ambulanter Behandlung könne nur anhand der tatsächlichen Aufenthaltsdauer des Versicherten erfolgen. Dementsprechend habe das BSG festgestellt, dass der Patient bei der vollstationären Versorgung zeitlich ununterbrochen, also Tag und Nacht, im Krankenhaus untergebracht sein müsse. Dies könne bei herkömmlicher Betrachtungsweise nur so verstanden werden, dass eine Aufenthaltsdauer von mindestens 24 Stunden erforderlich sei. Da somit keine vollstationäre Krankenhausbehandlung vorliege und im Übrigen nur eine Rechtsfrage streitig sei, entfalle die Pflicht zur Prüfung durch den MDK nach § 275 Abs. 1c SGB V.
Das Sozialgericht hat der Klage mit Urteil vom 25. Juli 2011 – dem Bevollmächtigten der Beklagten zugestellt am 1. August 2011 – stattgegeben. Es hat ausgeführt, die Prüfung, ob eine ambulante oder stationäre Behandlung stattgefunden habe, sei eine Rechtsfrage und daher nicht durch § 275 Abs. 1c SGB V ausgeschlossen, dessen Präklusionswirkung lediglich die Sachverhaltsermittlung betreffe. Die Beklagte könne sich aber nicht mit Erfolg darauf berufen, dass eine stationäre Behandlung schon deshalb nicht stattgefunden habe, weil sich die Versicherte nicht mindestens 24 Stunden im Krankenhaus aufgehalten habe. Maßgeblich sei vielmehr allein, ob die für eine Krankenhausbehandlung typische intensive ärztliche Betreuung oder die Pflege mit jederzeit verfügbarem Pflegepersonal in Anspruch genommen worden sei, was hier der Fall gewesen sei. Die Versicherte habe nämlich bei ihrem Eintreffen unter kolikartigen Schmerzen gelitten, deren Ursache aufzuklären und falls möglich zu beseitigen gewesen sei. Dies habe eine fortdauernde symptombezogene Behandlung erfordert, die auch durch den Verlaufsbericht dokumentiert worden sei. Im Übrigen greife bei der Prüfung der Erforderlichkeit der stationären Behandlung die Ausschlusswirkung des § 275 Abs. 1 c SGB V zugunsten der Klägerin ein.
Die Beklagte hat dagegen am 31. August 2011 die vom Sozialgericht zugelassene Berufung eingelegt und trägt vor, die vom Sozialgericht herangezogenen Abgrenzungskriterien seien nicht überzeugend. So habe das BSG bereits entschieden, dass eine vollstationäre Krankenhausbehandlung vorliege, wenn der Versicherte mindestens einen Tag und eine Nacht im Krankenhaus verbracht habe. Hierunter seien mindestens 24 Stunden zu verstehen, da keine andere Auslegung ein handhabbares Ergebnis bringe. Die vom BSG anerkannten Ausnahmetatbestände (abgebrochene stationäre Behandlung, Behandlung auf der Intensivstation) seien vorliegend nicht gegeben. Die Patientin habe vielmehr das Krankenhaus vor Ablauf von 24 Stunden planmäßig verlassen. Es habe auch keine grundsätzlich akut lebensbedrohliche Erkrankung vorgelegen, welche ein sofortiges Eingreifen von Spezialisten erfordert hätte.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 25. Juli 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, die Auffassung der Beklagten, dass eine stationäre Krankenhausbehandlung einen Krankenhausaufenthalt von mindestens 24 Stunden voraussetze, treffe nicht zu. Im Übrigen habe das Sozialgericht zu Recht darauf abgestellt, dass die Beklagte wegen Versäumung der Ausschlussfrist nach § 275 Abs. 1c S. 2 SGB V mit ihren Einwendungen ausgeschlossen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch sonst zulässige Berufung (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG) ist nicht begründet.
Rechtsgrundlage des zulässig mit der echten Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG geltend gemachten Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs. 4 S. 3 SGB V, § 17b Abs. 1 S. 10 Krankenhausfinanzierungsgesetz und § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) in Verbindung mit der hier maßgeblichen Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2010 sowie dem am 1. Januar 2003 in Kraft getretenen Vertrag Allgemeine Bedingungen Krankenhausbehandlung vom 19. Dezember 2002 zwischen der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft e.V. und u.a. der Beklagten (Vertrag nach § 112 SGB V). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG entsteht die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit der Inanspruchnahme einer Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und im Sinne von § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V erforderlich ist (BSG, Urteil vom 18.09.2008 – B 3 KR 15/07 R – Juris).
Das ist hier der Fall, denn es hat eine vollstationäre Krankenhausbehandlung in einem zugelassenen Krankenhaus stattgefunden, die auch erforderlich war.
Welche Leistungen eine Krankenhausbehandlung umfassen muss, ist gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt. Aus der in § 107 Abs. 1 SGB V enthaltenen Umschreibung der Krankenhäuser in organisatorischer Hinsicht, wonach die Krankenbehandlung vorwiegend durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung zu erfolgen hat, lässt sich jedoch der Schluss ziehen, dass diese die wesentlichen Leistungen eines Krankenhauses darstellen, wobei die intensive, aktive und fortdauernde ärztliche Betreuung im Vordergrund steht und die Pflege in aller Regel untergeordnet ist (BSG, Urteil vom 28.02.2007 – B 3 KR 17/06 R – Juris). Gemäß § 39 Abs. 1 S. 1 SGB V wird die Krankenhausbehandlung vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht. Wann eine Krankenhausbehandlung vollstationär erfolgt, wird im Gesetz ebenfalls nicht definiert. Die stationäre Krankenhausbehandlung zeichnet sich aber gegenüber der ambulanten Versorgung durch eine besondere Intensität der Betreuung aus, und zwar sowohl in zeitlicher als auch in sachlicher Hinsicht. In sachlicher Hinsicht erfordert die stationäre Krankenhausbehandlung die physische und organisatorische Eingliederung des Patienten in das spezifische Versorgungssystem des Krankenhauses mit den Interventionsmöglichkeiten, die bei ambulanter Behandlung nicht gegeben sind. In zeitlicher Hinsicht darf sich die stationäre Betreuung nicht nur auf einen unbedeutenden Teil des Tages beschränken (Wahl in JurisPK-SGB V, 2. Aufl, § 39 Rn. 30). Das BSG hat insoweit zur Abgrenzung ambulant und stationär erbrachter Operationen in einem Krankenhaus darauf abgestellt, dass eine vollstationäre Versorgung augenfällig jedenfalls dann vorliege, wenn sich die physische und organisatorische Eingliederung des Patienten in das spezifische Versorgungssystem des Krankenhauses zeitlich über mindestens einen Tag und eine Nacht erstrecke. Dabei werde die Entscheidung zum Verbleib des Patienten über Nacht in der Regel zu Beginn der Behandlung vom Krankenhausarzt getroffen, könne aber im Einzelfall, z.B. bei Komplikationen, auch noch später erfolgen (BSG, Urteil vom 04.03.2004 – B 3 KR 4/03 R; BSG, Urteil vom 08.09.2004 – B 6 KA 14/03 R; beide Juris; BSG, Urteil vom 28.02.2007, a.a.O.).
Entgegen der Auffassung der Beklagten schließt vorliegend die Aufenthaltsdauer der Versicherten in der Klinik der Klägerin von etwas über 19 Stunden eine vollstationäre Behandlung nicht von vornherein aus, denn eine 24stündige Mindestaufenthaltsdauer des Patienten im Krankenhaus ist hierfür nicht Voraussetzung. Schon umgangssprachlich bedeutet ein Verbleib "über Nacht" nicht, dass dieser 24 Stunden andauern muss, sondern lediglich, dass eine Übernachtung stattgefunden hat, also Aufnahme- und Entlassungstag nicht identisch sind. Auch in sachlicher Hinsicht erschließt sich nicht, warum Fälle mit gleicher Behandlungsintensität unterschiedlich bewertet werden sollten, nur weil der eine Patient nach knapp über und der andere Patient nach knapp unter 24 Stunden entlassen worden ist, zumal dies zu der wenig sachgerechten Praxis führen dürfte, Versicherte so lange im Krankenhaus zu halten, bis die 24-Stunden-Grenze erreicht worden ist.
Auch aus der Rechtsprechung des BSG lässt sich eine starre Mindestaufenthaltsdauer nicht entnehmen. Bei seiner Abgrenzung der stationären von der ambulanten Behandlung hat das BSG vielmehr nur eine besonders "augenfällige" Eingliederung in das spezifische Versorgungssystem des Krankenhauses angenommen, sofern der Aufenthalt über Nacht andauert (BSG, Urteil vom 04.03.2004, a.a.O., Rn. 27), ebenso aber eingeräumt, dass es auch weniger augenfällige Sachverhalte einer vollstationären Behandlung geben könne, zumal einige Fallpauschalen exakt für die Behandlung an einem Behandlungstag kalkuliert worden seien (BSG, Urteil vom 28.02.2007, a.a.O., Rn. 17 f.). Des Weiteren hat das BSG ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Abstellen auf eine Aufenthaltsdauer von mindestens einem Tag und einer Nacht weniger geeignet sei, wenn es nicht um die Abgrenzung eines stationären Eingriffs vom ambulanten Operieren geht, sondern – wie hier – um die Abgrenzung einer nicht operativen stationären Behandlung von einer ambulanten Behandlung im Krankenhaus, etwa bei einer Notfallversorgung. Zwar sei auch hier die vollständige Eingliederung in den Krankenhausbetrieb und damit das Vorliegen einer stationären Behandlung augenfällig, wenn der Patient mindestens einen Tag und eine Nacht bleibe. Sei dies nicht der Fall, folge daraus aber nicht im Gegenschluss, dass es sich nur um eine ambulante Behandlung handeln könne. Entscheidend komme es hier vielmehr darauf an, ob der Patient die Infrastruktur des Krankenhauses – also insbesondere die typische intensive ärztliche Betreuung sowie die Hilfe von jederzeit verfügbarem Pflegepersonal – in Anspruch genommen habe (BSG, Urteil vom 28.02.2007, a.a.O., Rn. 17 f.).
Dies ist hier der Fall. Aus den nach § 301 SGB V von der Klägerin an die Beklagte übermittelten Daten ergibt sich, dass die Versicherte als Notfall aufgenommen und eine voraussichtliche Dauer der Krankenhausbehandlung bis zum 3. November 2010 angenommen wurde. Die Versicherte wurde wegen nicht näher bezeichneter Bauchschmerzen aufgenommen, bei der Entlassung wurde als Hauptdiagnose ein Ureterstein angegeben. Während ihres Aufenthalts erfolgten eine computergestützte Bildanalyse mit 3D-Auswertung sowie eine native Computertomographie des Abdomens. Diese Daten sprechen nicht von vornherein gegen die Durchführung einer vollstationären Krankenhausbehandlung. Soweit hier Zweifel an der Eingliederung der Versicherten in die besondere Infrastruktur des Krankenhauses bestanden haben mögen, gehen diese zu Lasten der Beklagten und berechtigten nicht zu einer weiteren medizinischen Aufklärung des Sachverhalts, denn die Beklagte hat es insoweit versäumt, den MDK innerhalb der sechswöchigen Ausschlussfrist mit einer entsprechenden Prüfung zu beauftragen.
Gemäß § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V sind die Krankenkassen in den gesetzlich bestimmten Fällen oder wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist, verpflichtet, bei Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung, sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung eine gutachtliche Stellungnahme des MDK einzuholen. In Bezug auf die Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V ist diese Prüfung nach dem mit Wirkung zum 1. April 2007 eingeführten § 275 Abs. 1c S. 1 SGB V zeitnah durchzuführen. Dies wird in § 275 Abs. 1c S. 2 SGB V dahin präzisiert, dass eine Prüfung spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den MDK dem Krankenhaus anzuzeigen ist.
Zwar folgt aus diesen Bestimmungen kein Einwendungsausschluss, sondern die Abrechnung des Krankenhauses kann auch nach Ablauf der Sechs-Wochen-Frist sachlich und rechnerisch überprüft werden. Allerdings darf diese Prüfung nach Fristablauf nur auf Grundlage der Daten erfolgen, die das Krankenhaus der Krankenkasse nach § 301 SGB V übermittelt hat. Weitere medizinische Ermittlungen, insbesondere die Auswertung der Krankenakte, dürfen dagegen nicht stattfinden. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 16.05.2012 – B 3 KR 14/11 R – Juris), der sich der erkennende Senat anschließt, ergibt sich dies daraus, dass § 275 SGB V in seiner ab 1. April 2007 geltenden Fassung zusammen mit anderen Bestimmungen – insbesondere § 8 Abs. 7 KHEntgG und den Vereinbarungen in den Verträgen nach § 112 SGB V – vor allem die beschleunigte Abwicklung von Krankenhausabrechnungen und eine zügige Klärung medizinischer Zweifelsfragen bezweckt. Zur Erreichung dieses Ziels bestehen im Verhältnis zwischen Krankenhäusern, Krankenkassen und MDK Auskunfts- und Prüfpflichten auf drei Ebenen. Auf der ersten Stufe ist das Krankenhaus verpflichtet, der Krankenkasse die wesentlichen Aufnahme- und Behandlungsdaten zu übermitteln, die in § 301 SGB V abschließend aufgelistet sind. Kann die Krankenkasse die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung oder weitere Abrechnungsvoraussetzungen hieraus nicht ohne Weiteres erkennen, so hat sie auf der zweiten Stufe der Sachverhaltserhebung ein Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V einzuleiten und dabei dem MDK die ihr nach § 301 SGB V übermittelten Daten zur Verfügung zu stellen. Genügen dem MDK diese Angaben zur Beantwortung der Prüffrage nicht, kann er in einer dritten Stufe vom Krankenhaus weitere Unterlagen, insbesondere die Krankenakte, anfordern. Nur auf dieser dritten Stufe ist die Ausschlussfrist des § 275 Abs. 1c SGB V zu beachten, d.h. nach Ablauf der Sechs-Wochen-Frist darf der medizinische Sachverhalt nicht mehr durch Ermittlungen des MDK weiter aufgeklärt werden und die Krankenhäuser sind nicht mehr verpflichtet, Krankenunterlagen an diesen herauszugeben. Diese Begrenzung der Sachverhaltsermittlung wirkt auch im Gerichtsverfahren fort. Darf also wegen Ablaufs der Sechs-Wochen-Frist der MDK keine medizinischen Ermittlungen mehr durchführen, dürfen dies unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Ausschlussfrist auch die Sozialgerichte nicht. Sofern Behandlungsunterlagen des Krankenhauses beigezogen worden sind, dürfen sie im Prozess nicht verwertet werden. Etwas anderes gilt nur dann, wenn das Krankenhaus die Daten nach § 301 SGB nicht vollständig an die Krankenkasse übermittelt hat, da in dem Fall die Ausschlussfrist gar nicht zu laufen beginnt.
Diese Grundsätze gelten nach Auffassung des erkennenden Senats nicht nur für die dem Urteil des BSG vom 16. Mai 2012 (a.a.O.) zugrunde liegende Frage, ob eine (unstreitig durchgeführte) stationäre Krankenhausbehandlung erforderlich war, sondern ebenso, wenn zu klären ist, ob eine Krankenhausbehandlung überhaupt stationär erfolgt ist. Sowohl bei der Beurteilung der Erforderlichkeit einer Krankenhausbehandlung als auch bei deren Qualifizierung als stationäre Behandlung handelt es sich um Rechtsfragen, für deren Beantwortung der zugrunde liegende medizinische Sachverhalt zu bewerten ist. Das Verbot für MDK und Gerichte, nach Abschluss der Ausschlussfrist weitergehende medizinische Ermittlungen durchzuführen und insbesondere die Krankenakte auszuwerten, muss daher für beide Fragestellungen gleichermaßen gelten.
Dementsprechend ist die Frage, ob vorliegend eine vollstationäre Krankenhausbehandlung erfolgt ist, allein anhand der Daten nach § 301 SGB V zu beantworten. Diese sind von der Klägerin vollständig an die Beklagte übermittelt worden, denn das übersandte Formblatt enthält die Stammdaten der Versicherten (§ 301 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. § 291 Abs. 1 Nr. 1 bis 10 SGB V), Tag, Uhrzeit und Grund der Aufnahme, die Aufnahmediagnose und die voraussichtliche Dauer der Krankenhausbehandlung (§ 301 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB V), die durchgeführten Prozeduren (§ 301 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 SGB V) sowie Tag, Uhrzeit und Grund der Entlassung und die für die Krankenhausbehandlung maßgebliche Hauptdiagnose (§ 301 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 SGB V). Wie bereits ausgeführt, lässt sich diesen Daten auch nicht entnehmen, dass eine stationäre Behandlung nicht stattgefunden haben kann. Das Risiko, dass aufgrund der Unzulässigkeit einer weiteren medizinischen Sachverhaltsaufklärung eine eventuelle Fehlerhaftigkeit der Abrechnung nicht mehr festgestellt werden kann, trägt die Beklagte, da sie das Prüfverfahren durch den MDK nicht rechtzeitig eingeleitet hat.
Die vollstationäre Krankenhausbehandlung war vorliegend auch erforderlich, denn auch insoweit gelten die oben dargestellten Grundsätze zu den Wirkungen der Ausschlussfrist des § 275 Abs. 1c S. 2 SGB V (BSG, Urteil vom 16.05.2012, a.a.O.). Die Erforderlichkeit wäre demnach nur zu verneinen, wenn sich dies aus den nach § 301 SGB V übermittelten Daten zweifelsfrei ergäbe, was jedoch nicht der Fall ist.
Der weitere Anspruch in Höhe von EUR 8,50 für die Durchführung des Verwaltungsverfahrens zum Einzug der Eigenbeteiligung beruht auf § 3 S. 1 der Vereinbarung zur Umsetzung der Kostenerstattung nach § 43b Abs. 3 S. 9 SGB V (Zuzahlungsvereinbarung).
Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 12 und 14 des zwischen den Beteiligten geltenden Vertrages nach § 112 SGB V.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m.§ 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe der Vergütung für eine Krankenhausbehandlung.
Die 1980 geborene und bei der Beklagten krankenversicherte S.H. wurde am 30. Oktober 2010 um 23.26 Uhr in einer von der Klägerin betriebenen Klinik (A.) als Notfall aufgenommen und am Folgetag um 18.49 Uhr regulär entlassen. In den von der Klägerin an die Beklagte nach § 301 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) übermittelten Daten wurden als Aufnahmediagnose sonstige und nicht näher bezeichnete Bauchschmerzen (ICD R10.4) genannt. Als Entlassungsdiagnose wurde ein Ureterstein (ICD N20.1) sowie als Nebendiagnosen sonstige und nicht näher bezeichnete Bauchschmerzen (ICD R10.4) sowie eine benigne essentielle Hypertonie ohne Angabe einer hypertensiven Krise (ICD I10.00) genannt.
Die Klägerin verlangte von der Beklagten mit Rechnung vom 10. November 2010 einen Betrag in Höhe von EUR 603,74 für eine vollstationäre Behandlung der Versicherten. Die Beklagte verweigerte die Begleichung der Rechnung mit der Begründung, es habe keine vollstationäre, sondern lediglich eine ambulante Behandlung vorgelegen, da die Versicherte nicht mindestens einen Tag und eine Nacht im Krankenhaus verweilt habe. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) wurde nicht eingeschaltet.
Die Klägerin hat am 11. Februar 2011 Klage auf Zahlung des Rechnungsbetrages zuzüglich eines weiteren Betrages in Höhe von EUR 8,50 für das durchgeführte Verwaltungsverfahren zum Einzug der Eigenbeteiligung nebst Zinsen erhoben. Sie trägt vor, das Bundessozialgericht (BSG) habe zwar ausgeführt, dass eine stationäre Behandlung vorliege, wenn der Patient vor oder nach dem Eingriff eine Nacht im Krankenhaus verbringe, von einer starren Mindestfrist von 24 Stunden sei indes keine Rede gewesen. Im Übrigen sei mittlerweile die Ausschlussfrist des § 275 Abs. 1c SGB V abgelaufen, sodass die Beklagte keine Einwendungen mehr vorbringen könne, die einer Überprüfung durch den MDK zugänglich wären.
Die Beklagte hat demgegenüber die Auffassung vertreten, eine Abgrenzung zwischen stationärer und ambulanter Behandlung könne nur anhand der tatsächlichen Aufenthaltsdauer des Versicherten erfolgen. Dementsprechend habe das BSG festgestellt, dass der Patient bei der vollstationären Versorgung zeitlich ununterbrochen, also Tag und Nacht, im Krankenhaus untergebracht sein müsse. Dies könne bei herkömmlicher Betrachtungsweise nur so verstanden werden, dass eine Aufenthaltsdauer von mindestens 24 Stunden erforderlich sei. Da somit keine vollstationäre Krankenhausbehandlung vorliege und im Übrigen nur eine Rechtsfrage streitig sei, entfalle die Pflicht zur Prüfung durch den MDK nach § 275 Abs. 1c SGB V.
Das Sozialgericht hat der Klage mit Urteil vom 25. Juli 2011 – dem Bevollmächtigten der Beklagten zugestellt am 1. August 2011 – stattgegeben. Es hat ausgeführt, die Prüfung, ob eine ambulante oder stationäre Behandlung stattgefunden habe, sei eine Rechtsfrage und daher nicht durch § 275 Abs. 1c SGB V ausgeschlossen, dessen Präklusionswirkung lediglich die Sachverhaltsermittlung betreffe. Die Beklagte könne sich aber nicht mit Erfolg darauf berufen, dass eine stationäre Behandlung schon deshalb nicht stattgefunden habe, weil sich die Versicherte nicht mindestens 24 Stunden im Krankenhaus aufgehalten habe. Maßgeblich sei vielmehr allein, ob die für eine Krankenhausbehandlung typische intensive ärztliche Betreuung oder die Pflege mit jederzeit verfügbarem Pflegepersonal in Anspruch genommen worden sei, was hier der Fall gewesen sei. Die Versicherte habe nämlich bei ihrem Eintreffen unter kolikartigen Schmerzen gelitten, deren Ursache aufzuklären und falls möglich zu beseitigen gewesen sei. Dies habe eine fortdauernde symptombezogene Behandlung erfordert, die auch durch den Verlaufsbericht dokumentiert worden sei. Im Übrigen greife bei der Prüfung der Erforderlichkeit der stationären Behandlung die Ausschlusswirkung des § 275 Abs. 1 c SGB V zugunsten der Klägerin ein.
Die Beklagte hat dagegen am 31. August 2011 die vom Sozialgericht zugelassene Berufung eingelegt und trägt vor, die vom Sozialgericht herangezogenen Abgrenzungskriterien seien nicht überzeugend. So habe das BSG bereits entschieden, dass eine vollstationäre Krankenhausbehandlung vorliege, wenn der Versicherte mindestens einen Tag und eine Nacht im Krankenhaus verbracht habe. Hierunter seien mindestens 24 Stunden zu verstehen, da keine andere Auslegung ein handhabbares Ergebnis bringe. Die vom BSG anerkannten Ausnahmetatbestände (abgebrochene stationäre Behandlung, Behandlung auf der Intensivstation) seien vorliegend nicht gegeben. Die Patientin habe vielmehr das Krankenhaus vor Ablauf von 24 Stunden planmäßig verlassen. Es habe auch keine grundsätzlich akut lebensbedrohliche Erkrankung vorgelegen, welche ein sofortiges Eingreifen von Spezialisten erfordert hätte.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 25. Juli 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, die Auffassung der Beklagten, dass eine stationäre Krankenhausbehandlung einen Krankenhausaufenthalt von mindestens 24 Stunden voraussetze, treffe nicht zu. Im Übrigen habe das Sozialgericht zu Recht darauf abgestellt, dass die Beklagte wegen Versäumung der Ausschlussfrist nach § 275 Abs. 1c S. 2 SGB V mit ihren Einwendungen ausgeschlossen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch sonst zulässige Berufung (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG) ist nicht begründet.
Rechtsgrundlage des zulässig mit der echten Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG geltend gemachten Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs. 4 S. 3 SGB V, § 17b Abs. 1 S. 10 Krankenhausfinanzierungsgesetz und § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) in Verbindung mit der hier maßgeblichen Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2010 sowie dem am 1. Januar 2003 in Kraft getretenen Vertrag Allgemeine Bedingungen Krankenhausbehandlung vom 19. Dezember 2002 zwischen der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft e.V. und u.a. der Beklagten (Vertrag nach § 112 SGB V). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG entsteht die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit der Inanspruchnahme einer Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und im Sinne von § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V erforderlich ist (BSG, Urteil vom 18.09.2008 – B 3 KR 15/07 R – Juris).
Das ist hier der Fall, denn es hat eine vollstationäre Krankenhausbehandlung in einem zugelassenen Krankenhaus stattgefunden, die auch erforderlich war.
Welche Leistungen eine Krankenhausbehandlung umfassen muss, ist gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt. Aus der in § 107 Abs. 1 SGB V enthaltenen Umschreibung der Krankenhäuser in organisatorischer Hinsicht, wonach die Krankenbehandlung vorwiegend durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung zu erfolgen hat, lässt sich jedoch der Schluss ziehen, dass diese die wesentlichen Leistungen eines Krankenhauses darstellen, wobei die intensive, aktive und fortdauernde ärztliche Betreuung im Vordergrund steht und die Pflege in aller Regel untergeordnet ist (BSG, Urteil vom 28.02.2007 – B 3 KR 17/06 R – Juris). Gemäß § 39 Abs. 1 S. 1 SGB V wird die Krankenhausbehandlung vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht. Wann eine Krankenhausbehandlung vollstationär erfolgt, wird im Gesetz ebenfalls nicht definiert. Die stationäre Krankenhausbehandlung zeichnet sich aber gegenüber der ambulanten Versorgung durch eine besondere Intensität der Betreuung aus, und zwar sowohl in zeitlicher als auch in sachlicher Hinsicht. In sachlicher Hinsicht erfordert die stationäre Krankenhausbehandlung die physische und organisatorische Eingliederung des Patienten in das spezifische Versorgungssystem des Krankenhauses mit den Interventionsmöglichkeiten, die bei ambulanter Behandlung nicht gegeben sind. In zeitlicher Hinsicht darf sich die stationäre Betreuung nicht nur auf einen unbedeutenden Teil des Tages beschränken (Wahl in JurisPK-SGB V, 2. Aufl, § 39 Rn. 30). Das BSG hat insoweit zur Abgrenzung ambulant und stationär erbrachter Operationen in einem Krankenhaus darauf abgestellt, dass eine vollstationäre Versorgung augenfällig jedenfalls dann vorliege, wenn sich die physische und organisatorische Eingliederung des Patienten in das spezifische Versorgungssystem des Krankenhauses zeitlich über mindestens einen Tag und eine Nacht erstrecke. Dabei werde die Entscheidung zum Verbleib des Patienten über Nacht in der Regel zu Beginn der Behandlung vom Krankenhausarzt getroffen, könne aber im Einzelfall, z.B. bei Komplikationen, auch noch später erfolgen (BSG, Urteil vom 04.03.2004 – B 3 KR 4/03 R; BSG, Urteil vom 08.09.2004 – B 6 KA 14/03 R; beide Juris; BSG, Urteil vom 28.02.2007, a.a.O.).
Entgegen der Auffassung der Beklagten schließt vorliegend die Aufenthaltsdauer der Versicherten in der Klinik der Klägerin von etwas über 19 Stunden eine vollstationäre Behandlung nicht von vornherein aus, denn eine 24stündige Mindestaufenthaltsdauer des Patienten im Krankenhaus ist hierfür nicht Voraussetzung. Schon umgangssprachlich bedeutet ein Verbleib "über Nacht" nicht, dass dieser 24 Stunden andauern muss, sondern lediglich, dass eine Übernachtung stattgefunden hat, also Aufnahme- und Entlassungstag nicht identisch sind. Auch in sachlicher Hinsicht erschließt sich nicht, warum Fälle mit gleicher Behandlungsintensität unterschiedlich bewertet werden sollten, nur weil der eine Patient nach knapp über und der andere Patient nach knapp unter 24 Stunden entlassen worden ist, zumal dies zu der wenig sachgerechten Praxis führen dürfte, Versicherte so lange im Krankenhaus zu halten, bis die 24-Stunden-Grenze erreicht worden ist.
Auch aus der Rechtsprechung des BSG lässt sich eine starre Mindestaufenthaltsdauer nicht entnehmen. Bei seiner Abgrenzung der stationären von der ambulanten Behandlung hat das BSG vielmehr nur eine besonders "augenfällige" Eingliederung in das spezifische Versorgungssystem des Krankenhauses angenommen, sofern der Aufenthalt über Nacht andauert (BSG, Urteil vom 04.03.2004, a.a.O., Rn. 27), ebenso aber eingeräumt, dass es auch weniger augenfällige Sachverhalte einer vollstationären Behandlung geben könne, zumal einige Fallpauschalen exakt für die Behandlung an einem Behandlungstag kalkuliert worden seien (BSG, Urteil vom 28.02.2007, a.a.O., Rn. 17 f.). Des Weiteren hat das BSG ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Abstellen auf eine Aufenthaltsdauer von mindestens einem Tag und einer Nacht weniger geeignet sei, wenn es nicht um die Abgrenzung eines stationären Eingriffs vom ambulanten Operieren geht, sondern – wie hier – um die Abgrenzung einer nicht operativen stationären Behandlung von einer ambulanten Behandlung im Krankenhaus, etwa bei einer Notfallversorgung. Zwar sei auch hier die vollständige Eingliederung in den Krankenhausbetrieb und damit das Vorliegen einer stationären Behandlung augenfällig, wenn der Patient mindestens einen Tag und eine Nacht bleibe. Sei dies nicht der Fall, folge daraus aber nicht im Gegenschluss, dass es sich nur um eine ambulante Behandlung handeln könne. Entscheidend komme es hier vielmehr darauf an, ob der Patient die Infrastruktur des Krankenhauses – also insbesondere die typische intensive ärztliche Betreuung sowie die Hilfe von jederzeit verfügbarem Pflegepersonal – in Anspruch genommen habe (BSG, Urteil vom 28.02.2007, a.a.O., Rn. 17 f.).
Dies ist hier der Fall. Aus den nach § 301 SGB V von der Klägerin an die Beklagte übermittelten Daten ergibt sich, dass die Versicherte als Notfall aufgenommen und eine voraussichtliche Dauer der Krankenhausbehandlung bis zum 3. November 2010 angenommen wurde. Die Versicherte wurde wegen nicht näher bezeichneter Bauchschmerzen aufgenommen, bei der Entlassung wurde als Hauptdiagnose ein Ureterstein angegeben. Während ihres Aufenthalts erfolgten eine computergestützte Bildanalyse mit 3D-Auswertung sowie eine native Computertomographie des Abdomens. Diese Daten sprechen nicht von vornherein gegen die Durchführung einer vollstationären Krankenhausbehandlung. Soweit hier Zweifel an der Eingliederung der Versicherten in die besondere Infrastruktur des Krankenhauses bestanden haben mögen, gehen diese zu Lasten der Beklagten und berechtigten nicht zu einer weiteren medizinischen Aufklärung des Sachverhalts, denn die Beklagte hat es insoweit versäumt, den MDK innerhalb der sechswöchigen Ausschlussfrist mit einer entsprechenden Prüfung zu beauftragen.
Gemäß § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V sind die Krankenkassen in den gesetzlich bestimmten Fällen oder wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist, verpflichtet, bei Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung, sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung eine gutachtliche Stellungnahme des MDK einzuholen. In Bezug auf die Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V ist diese Prüfung nach dem mit Wirkung zum 1. April 2007 eingeführten § 275 Abs. 1c S. 1 SGB V zeitnah durchzuführen. Dies wird in § 275 Abs. 1c S. 2 SGB V dahin präzisiert, dass eine Prüfung spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den MDK dem Krankenhaus anzuzeigen ist.
Zwar folgt aus diesen Bestimmungen kein Einwendungsausschluss, sondern die Abrechnung des Krankenhauses kann auch nach Ablauf der Sechs-Wochen-Frist sachlich und rechnerisch überprüft werden. Allerdings darf diese Prüfung nach Fristablauf nur auf Grundlage der Daten erfolgen, die das Krankenhaus der Krankenkasse nach § 301 SGB V übermittelt hat. Weitere medizinische Ermittlungen, insbesondere die Auswertung der Krankenakte, dürfen dagegen nicht stattfinden. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 16.05.2012 – B 3 KR 14/11 R – Juris), der sich der erkennende Senat anschließt, ergibt sich dies daraus, dass § 275 SGB V in seiner ab 1. April 2007 geltenden Fassung zusammen mit anderen Bestimmungen – insbesondere § 8 Abs. 7 KHEntgG und den Vereinbarungen in den Verträgen nach § 112 SGB V – vor allem die beschleunigte Abwicklung von Krankenhausabrechnungen und eine zügige Klärung medizinischer Zweifelsfragen bezweckt. Zur Erreichung dieses Ziels bestehen im Verhältnis zwischen Krankenhäusern, Krankenkassen und MDK Auskunfts- und Prüfpflichten auf drei Ebenen. Auf der ersten Stufe ist das Krankenhaus verpflichtet, der Krankenkasse die wesentlichen Aufnahme- und Behandlungsdaten zu übermitteln, die in § 301 SGB V abschließend aufgelistet sind. Kann die Krankenkasse die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung oder weitere Abrechnungsvoraussetzungen hieraus nicht ohne Weiteres erkennen, so hat sie auf der zweiten Stufe der Sachverhaltserhebung ein Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V einzuleiten und dabei dem MDK die ihr nach § 301 SGB V übermittelten Daten zur Verfügung zu stellen. Genügen dem MDK diese Angaben zur Beantwortung der Prüffrage nicht, kann er in einer dritten Stufe vom Krankenhaus weitere Unterlagen, insbesondere die Krankenakte, anfordern. Nur auf dieser dritten Stufe ist die Ausschlussfrist des § 275 Abs. 1c SGB V zu beachten, d.h. nach Ablauf der Sechs-Wochen-Frist darf der medizinische Sachverhalt nicht mehr durch Ermittlungen des MDK weiter aufgeklärt werden und die Krankenhäuser sind nicht mehr verpflichtet, Krankenunterlagen an diesen herauszugeben. Diese Begrenzung der Sachverhaltsermittlung wirkt auch im Gerichtsverfahren fort. Darf also wegen Ablaufs der Sechs-Wochen-Frist der MDK keine medizinischen Ermittlungen mehr durchführen, dürfen dies unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Ausschlussfrist auch die Sozialgerichte nicht. Sofern Behandlungsunterlagen des Krankenhauses beigezogen worden sind, dürfen sie im Prozess nicht verwertet werden. Etwas anderes gilt nur dann, wenn das Krankenhaus die Daten nach § 301 SGB nicht vollständig an die Krankenkasse übermittelt hat, da in dem Fall die Ausschlussfrist gar nicht zu laufen beginnt.
Diese Grundsätze gelten nach Auffassung des erkennenden Senats nicht nur für die dem Urteil des BSG vom 16. Mai 2012 (a.a.O.) zugrunde liegende Frage, ob eine (unstreitig durchgeführte) stationäre Krankenhausbehandlung erforderlich war, sondern ebenso, wenn zu klären ist, ob eine Krankenhausbehandlung überhaupt stationär erfolgt ist. Sowohl bei der Beurteilung der Erforderlichkeit einer Krankenhausbehandlung als auch bei deren Qualifizierung als stationäre Behandlung handelt es sich um Rechtsfragen, für deren Beantwortung der zugrunde liegende medizinische Sachverhalt zu bewerten ist. Das Verbot für MDK und Gerichte, nach Abschluss der Ausschlussfrist weitergehende medizinische Ermittlungen durchzuführen und insbesondere die Krankenakte auszuwerten, muss daher für beide Fragestellungen gleichermaßen gelten.
Dementsprechend ist die Frage, ob vorliegend eine vollstationäre Krankenhausbehandlung erfolgt ist, allein anhand der Daten nach § 301 SGB V zu beantworten. Diese sind von der Klägerin vollständig an die Beklagte übermittelt worden, denn das übersandte Formblatt enthält die Stammdaten der Versicherten (§ 301 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. § 291 Abs. 1 Nr. 1 bis 10 SGB V), Tag, Uhrzeit und Grund der Aufnahme, die Aufnahmediagnose und die voraussichtliche Dauer der Krankenhausbehandlung (§ 301 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB V), die durchgeführten Prozeduren (§ 301 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 SGB V) sowie Tag, Uhrzeit und Grund der Entlassung und die für die Krankenhausbehandlung maßgebliche Hauptdiagnose (§ 301 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 SGB V). Wie bereits ausgeführt, lässt sich diesen Daten auch nicht entnehmen, dass eine stationäre Behandlung nicht stattgefunden haben kann. Das Risiko, dass aufgrund der Unzulässigkeit einer weiteren medizinischen Sachverhaltsaufklärung eine eventuelle Fehlerhaftigkeit der Abrechnung nicht mehr festgestellt werden kann, trägt die Beklagte, da sie das Prüfverfahren durch den MDK nicht rechtzeitig eingeleitet hat.
Die vollstationäre Krankenhausbehandlung war vorliegend auch erforderlich, denn auch insoweit gelten die oben dargestellten Grundsätze zu den Wirkungen der Ausschlussfrist des § 275 Abs. 1c S. 2 SGB V (BSG, Urteil vom 16.05.2012, a.a.O.). Die Erforderlichkeit wäre demnach nur zu verneinen, wenn sich dies aus den nach § 301 SGB V übermittelten Daten zweifelsfrei ergäbe, was jedoch nicht der Fall ist.
Der weitere Anspruch in Höhe von EUR 8,50 für die Durchführung des Verwaltungsverfahrens zum Einzug der Eigenbeteiligung beruht auf § 3 S. 1 der Vereinbarung zur Umsetzung der Kostenerstattung nach § 43b Abs. 3 S. 9 SGB V (Zuzahlungsvereinbarung).
Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 12 und 14 des zwischen den Beteiligten geltenden Vertrages nach § 112 SGB V.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m.§ 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.
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