L 9 R 5259/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 20 R 215/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 5259/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 31. Mai 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Im Streit steht die Weitergewährung einer befristet bis zum 31.10.2004 gewährten Rente wegen voller Erwerbsminderung über den Wegfallzeitpunkt hinaus.

Der Kläger ist 1964 geboren, besitzt die griechische Staatsangehörigkeit und lebt in Griechenland. Von 1986 bis 1988 sowie vom 01.07.1991 bis zum 31.03.2001 war er in Griechenland als landwirtschaftlicher Arbeiter versicherungspflichtig beschäftigt. Vom 15.11.1989 bis zum 07.04.1991 war der Kläger mit kurzen Unterbrechungen in der Bundesrepublik Deutschland versicherungspflichtig beschäftigt, zuletzt bei der Johann M. GmbH, Untere Stadtgasse 49, 90427 Nürnberg.

Am 18.04.2001 beantragte der Kläger beim zuständigen griechischen Rentenversicherungsträger Organismos Georgikon A. (OGA - Landwirtschaftliche Versicherungsanstalt) die Gewährung von Invalidenrente. Von dort wurde ihm ausweislich der Bescheinigung vom 11.02.2005 vom 18.04.2001 bis zum 30.04.2004 befristet Invalidenrente nach einem Grad der Invalidität von 80 v.H. gewährt. Grundlage dieser Entscheidung waren zwei am 17.09.2002 und am 11.02.2003 erstattete Gutachten von Ärzten der erstinstanzlichen Gesundheitskommission der Anstalt für Sozialversicherungen (IKA I.), welche nach Untersuchung des Klägers bei diesem akustische Wahnvorstellungen und eine Neigung zur Flucht beschrieben. Der Kläger biete eine psychisch kranke Erscheinung mit ausgeprägter Logorrhoe und beschreibe Wahnvorstellungen; es bestehe eine Neigung zur Flucht. Diagnostiziert wurde ein Psychosyndrom vom schizophrenen Typus, medikamentös behandelt mit Stedon, Aloperidin und Zyprexa. Von den Gutachtern wurde der Grad der Invalidität mit 67 % angeben.

Die Beklagte wertete den Rentenantrag des Klägers gegenüber der OGA als Antrag auf Erwerbsminderungsrente aus der deutschen Rentenversicherung und leitete von Amts wegen ein Verwaltungsverfahren ein. Neben den angeführten Gutachten der Gesundheitskommission zog sie eine Behandlungsbestätigung des allgemeinen Universitätskrankenhauses von I. vom 05.04.2001 bei, in welcher von einem stationären Aufenthalt des Klägers dort vom 02.04.2001 bis zum 05.04.2001 unter der Diagnose "Psychosyndrom, schizophrener Typus, unter medikamentöser Behandlung (Aloperigin, Zyprexa)" berichtet wurde. Nach Auswertung der Unterlagen kam Dr. V. vom Ärztlichen Dienst der Beklagten mit Stellungnahme vom 24.11.2003 zu dem Ergebnis, beim Kläger bestehe eine Schizophrenie, weshalb das Leistungsvermögen des Klägers für Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes seit dem 02.04.2001 weniger als drei Stunden betrage. Eine Besserung sei wahrscheinlich, und zwar bis Dezember 2004. Er empfahl, die erstmalige stationäre Behandlung ab dem 02.04.2001 als Zeitpunkt des Eintritts einer Erwerbsminderung zugrunde zu legen.

Hierauf gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 01.12.2003 zeitlich befristet vom 01.11.2001 bis zum 31.10.2004 Rente wegen voller Erwerbsminderung. Mit Bescheid vom 15.01.2004 berechnete die Beklagte die Höhe der Erwerbsminderungsrente rückwirkend ab dem 01.11.2001 neu und mit dem Ergebnis eines höheren Zahlbetrages. Dieser Bescheid wurde, wie auch der Bescheid vom 01.12.2003, nicht angefochten.

Mit Schreiben vom 02.09.2005 teilte der griechische Rentenversicherungsträger (OGA) der Beklagten mit, dass der Kläger, nachdem er mit eigenverantwortlicher Erklärung auf seinen Rentenanspruch verzichtet habe, ab dem 01.05.2004 von dort keine Invalidenrente mehr beziehe.

Mit Schreiben vom 12.12.2005, zugegangen bei der Beklagten am 21.12.2005, beantragte der Kläger sinngemäß die Weitergewährung seiner Erwerbsminderungsrente über den 31.10.2004 hinaus und übersandte zwei Entlassungsscheine der Psychiatrischen Abteilung des Allgemeinen Universitätskrankenhauses I ... Auf beiden Entlassungsscheinen ist die Diagnose eines Psychosyndroms vermerkt; der Entlassungsschein vom 15.09.2004 über den stationären Aufenthalt des Klägers vom 10.09.2004 bis zum 15.09.2004 enthält in der Rubrik "Krankheitsverlauf" die Angabe "Heilung", auf dem Entlassungsschein vom 15.09.2005 (stationärer Aufenthalt vom 14.09. bis 15.09.2005) ist dort "Besserung" vermerkt.

In Auswertung dieser Unterlagen stellte Dr. G. (Ärztlicher Dienst der Beklagten) mit Stellungnahme vom 13.01.2006 die Diagnose eines medikamentös gut eingestellten psychotischen Syndroms und kam zu dem Ergebnis, eine Besserung sei seit September 2004 nachweisbar. Der Kläger sei seit November 2004 in der Lage, leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in Wechselhaltung unter Berücksichtigung qualitativer Leistungseinschränkungen (keine Nachtschicht, lediglich Früh-/Spätschicht, nur Arbeiten ohne besonderen Zeitdruck und ohne besondere Anforderung an das Konzentrations-/Reaktionsvermögen, Arbeiten ohne häufiges Knien/Hocken und ohne häufiges Klettern und Steigen sowie ohne häufiges Heben und Tragen von Lasten über 15 kg) mindestens sechs Stunden pro Arbeitstag zu verrichten. Dies gelte auch für Tätigkeiten im bisher hauptsächlich ausgeübten Beruf als Landwirt. Gemäß den Entlassungsberichten der Psychiatrischen Klinik habe im September 2004 eine fünftägige stationäre Behandlung mit Heilung stattgefunden, im September 2005 sei nur eine eintägige Behandlung erforderlich gewesen, was Ausdruck einer Besserung sei.

Mit Bescheid vom 19.01.2006 lehnte hierauf die Beklagte den Antrag auf wiederholte Gewährung der bis zum Ablauf des Monats Oktober 2004 gewährten Rente auf Zeit über den Wegfallzeitpunkt hinaus ab, da eine teilweise oder volle Erwerbsminderung nicht mehr vorliege.

Hiergegen hat der Kläger am 09.02.2006 Klage beim Sozialgericht Stuttgart erhoben (S 9 R 897/06), welches das Verfahren mit Beschluss vom 27.03.2006 bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahren ausgesetzt hat.

Die Beklagte hat zur Durchführung des Widerspruchsverfahrens den Kläger mit Schreiben vom 29.06.2006, 11.10.2006 (Einschreiben) und 03.01.2007 (Einschreiben mit Rückschein) vergeblich aufgefordert, Gesundheitsbücher und Entlassungsberichte sowie eine Aufstellung über die medikamentöse Therapie in den letzten drei Jahren vorzulegen. Auf die Anfragen hat der Kläger jeweils nicht reagiert. Nachdem der griechische Rentenversicherungsträger OGA die Beklagte mittels einer Bescheidabschrift vom 16.03.2007 über die Weitergewährung griechischer Invalidenrente ab dem 01.05.2004 bis zum 30.04.2010 informiert hatte, hat die Beklagte dort die der Entscheidung zugrunde liegenden medizinischen Unterlagen angefordert. Hierauf ist eine Behandlungsbestätigung des Universitätskrankenhauses I. vom 04.09.2006 zur Vorlage gekommen, wonach der Kläger unter der Diagnose "schizophrene Psychose, paranoider Art" am 14.09.2005 behandelt worden ist. Vorgelegt worden ist ferner ein Gutachten der erstinstanzlichen Gesundheitskommission der IKA vom 07.12.2005, in welchem die Diagnose einer schizophrenen Psychose, paranoider Art, gestellt und der Befund wie folgt beschrieben worden ist: "Vernachlässigte Erscheinung, Verhalten gut, Sensibilität stumpf, mit Wahnvorstellungen, Korrelations-Art, Verfolgungswahnvorstellungen, akustische Wahnvorstellungen, im Rahmen von Verfolgungsdelirium, unter Behandlung mit neuroleptischen Medikamenten, soziale Isolation und Verfall". Der Kläger sei voraussichtlich für fünf Jahre, ab dem 01.05.2005 bis zum 30.04.2010, zu 67 % invalide. Vorgelegt worden ist ferner ein nur lückenhaft ausgefülltes Formgutachten, in welchem die Diagnose einer schizophrenen Psychose paranoider Art gestellt und der Krankheitsverlauf als stabil bezeichnet worden ist. Im Vergleich zur Voruntersuchung habe sich der Zustand des Klägers nicht geändert, nach den Vorschriften des Wohnlandes bestehe für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit eine vollständige Invalidität. Der Kläger sei derzeit nicht erwerbstätig; die festgestellten Einsatzbeschränkungen würden auf Zeit vom 24.11.2004 bis 30.11.2007 bestehen. Eine Nachuntersuchung am 01.05.2010 sei erforderlich.

Auf Anraten ihres Beratungsarztes Dr. G. hat hierauf die Beklagte Prof. Dr. K., Thessaloniki, mit der Erstattung eines neuropsychiatrischen Gutachtens beauftragt. Dieser hat mit Schreiben vom 16.10.2007 den Gutachtensauftrag zurückgereicht und der Beklagten mitgeteilt, der Kläger sei zu drei festgesetzten Untersuchungsterminen jeweils nicht erschienen. Dessen Vater habe sich mit ihm in Verbindung gesetzt und mitgeteilt, dass sein Sohn mit der Untersuchung nicht einverstanden sei.

Mit beratungsärztlicher Stellungnahme vom 29.10.2007 ist Dr. G. in Auswertung sämtlicher vorliegender Unterlagen zu dem Ergebnis gelangt, beim Kläger bestehe ein psychotisches Syndrom (paranoide Schizophrenie) welches sich medikamentös behandelt in stabilem Krankheitsverlauf befinde. Der Kläger sei in der Lage, leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in Wechselhaltung unter Früh-/Spätschichtbedingungen, ohne besonderen Zeitdruck und ohne besondere Anforderung an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten; eine Tätigkeit als Landwirt könne der Kläger nur drei bis unter sechs Stunden verrichten.

Hierauf hat die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 06.12.2007 gestützt auf die letzte sozialmedizinische Stellungnahme von Dr. G. und unter Verweis auf den Grundsatz der objektiven Beweislast zurückgewiesen.

Im hiernach wieder aufgenommenen Gerichtsverfahren hat das Sozialgericht Stuttgart (SG) den Facharzt für Neurologie und Nervenheilkunde Prof. Dr. R. mit der Erstattung eines Gutachtens über den Kläger beauftragt. Mit Schreiben vom 21.07.2008 hat dieser das SG informiert, dass der Kläger einen auf den 07.05.2007 angesetzten Termin zur gutachterlichen Untersuchung telefonisch abgesagt habe und er einen weiteren Untersuchungstermin vom 04.06.2008 ebenfalls nicht wahrgenommen habe. Eine telefonische Kontaktaufnahme sei ihm nicht möglich gewesen. Der Kläger habe in den beiden mit ihm geführten Telefongesprächen eine offensichtliche Unfähigkeit zu einem sachlichen Gespräch gezeigt. Es hätten ausgeprägte formale Denkstörungen (Denkzerfahrenheit, Gedankenabreißen) und eine deutliche Minderung der Kritik- und Abstraktionsfähigkeit sowie des Konzentrationsvermögens bestanden. Derartige Symptome würden im Rahmen einer Schizophrenie regelhaft beobachtet, so dass ihm diese Diagnose plausibel erscheine. Aufgrund des Inhalts und des Verlaufs der Telefongespräche habe er begründete Zweifel an der Fähigkeit des Klägers, Entscheidungen in seine persönlichen Angelegenheiten von vernünftigen Erwägungen abhängig zu machen. Damit gehe der Verweis des Klägers auf seine Mitwirkungspflicht ins Leere, denn die krankheitsbedingte Veränderung der Realitätswahrnehmung hindere diesen daran, den Hinweis ernst zu nehmen und dementsprechend handeln zu können. Die Weigerung des Klägers, ärztliche Unterlagen vorzulegen oder zur Begutachtung nach Thessaloniki zu reisen, sei seines Erachtens nicht als Böswilligkeit oder Desinteresse zu deuten, sondern Ausdruck und Folge der krankheitsbedingten Störung seines seelischen Erlebens und seiner Wahrnehmung der Realität. Auch die Aussage des Beratungsarztes Dr. Völz aus dem Jahre 2003, wonach der Kläger wohl geschäftsfähig sei, scheine nicht mehr gültig zu sein. Es müsse eine zwischenzeitlich eingetretene Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers diskutiert werden, zumal ein fortschreitender Realitätsverlust häufig im Verlaufe einer Schizophrenie festzustellen sei. Die Einschätzung von Dr. G. mit der am 29.10.2007 getroffenen Feststellung, es handele sich um eine paranoide Schizophrenie mit stabilem Krankheitsverlauf unter medikamentöser Therapie, könne er nicht uneingeschränkt nachvollziehen.

Die Beklagte ist der Einschätzung entgegen getreten und hat mit Schriftsatz vom 19.08.2008 ausgeführt, widersprüchlich sei, wenn der Kläger einerseits angeblich wegen Realitätsverlustes Untersuchungstermine zur Begutachtung nicht wahrnehme, andererseits aber gegen die abgelehnte Weitergewährung der Rente Widerspruch und Klage erhebe. Zudem beruhten die Eindrücke von Prof. Dr. R. auf dessen subjektiver Wahrnehmung (Telefonate), welche einer objektiven Beweiswürdigung nur schwer zugänglich sei.

Belehrt über seine Mitwirkungspflicht hat der Kläger mit Schreiben vom 14.04.2009 mitgeteilt, mit einer Begutachtung bei Prof. Dr. R. mit einer Begleitperson einverstanden zu sein.

Mit Schreiben vom 28.07.2009 hat Prof. Dr. R. die ihm überlassenen Unterlagen zurückgereicht und mitgeteilt, der Kläger habe einen neuerlichen Termin zur Begutachtung (19.05.2009) ohne Kontaktaufnahme verstreichen lassen. Er sei daraufhin wiederum per Einschreiben zu einem zweiten Termin am 09.06.2009 geladen worden. Hierauf habe er einen Telefonanruf von der Schwester des Klägers erhalten, welche ihm mitgeteilt habe, dieser weigere sich zur Untersuchung nach Thessaloniki zu reisen. Er gehe nicht zum Arzt, nehme seine Medikamente nicht mehr und verhalte sich überhaupt ganz unvernünftig. Er lebe bei den Eltern, welche er immer wieder verbal und tätlich bedrohe. Man fühle sich in seiner Gegenwart ständig bedroht. Auf seine Bitte hin habe sie ihm die Telefonnummer des Elternhauses des Klägers überlassen, worauf hin er in telefonischen Kontakt zum Kläger getreten sei und ein längeres Telefonat mit ihm geführt habe. Dieser habe ihm ohne Umschweife mitgeteilt, keinesfalls zur Untersuchung nach Thessaloniki reisen zu wollen. Er habe andere Dinge zu tun, außerdem sei es viel zu heiß für eine solche Reise. Er habe kein Interesse mehr daran, eine Rente aus Deutschland zu beziehen und verdiene sein Geld durch gelegentliche Arbeiten im Tagelohn. In diesem Augenblick habe der offenbar neben dem Kläger stehende und die Unterhaltung mithörende Vater den Telefonhörer genommen und Prof. Dr. R. erregt mitgeteilt, er möge seinem Sohn keinen Glauben schenken. Er sei krank, nehme seine Medikamente nicht, werde den Eltern gegenüber aggressiv und könne nicht regelmäßig arbeiten. Angesprochen auf die vorgelegte schriftliche Erklärung, wonach er bereit sei zu einer Untersuchung nach Thessaloniki zu reisen, habe der Kläger ihm erklärt, ein solches Schreiben niemals unterzeichnet zu haben. Überhaupt wolle er von dem ganzen Rechtsstreit nichts mehr wissen. Er nehme die Klage hiermit zurück. Ihm sei daraufhin vom Gutachter anheimgestellt worden, eine entsprechende Erklärung dem Sozialgericht Stuttgart gegenüber abzugeben. Am 01.07.2009 habe Prof. Dr. R. den Kläger nochmals telefonisch befragt. Wiederum habe er erklärt, nicht zur Begutachtung nach Thessaloniki zu reisen. Er sei nicht mehr daran interessiert, eine Rente aus Deutschland zu erhalten. Für ihn sei die Angelegenheit erledigt. Der Inhalt des vorangegangenen Telefonats sei dem Kläger noch präsent gewesen, denn auf Frage, ob er sich zwischenzeitlich bereits an das Sozialgericht gewandt habe, habe er erklärt, bislang noch keinen derartigen Schritt unternommen zu haben, dies jedoch bald tun zu wollen. In jedem Fall sei er nicht bereit, sich begutachten zu lassen.

Prof. Dr. R. führte im Schreiben vom 28.07.2009 weiter aus, ihm erscheine wahrscheinlich, dass der Kläger an einer Schizophrenie leide. Krankheitseinsicht bestehe derzeit nicht, der Kläger verweigere die Einnahme der verordneten Medikamente und weigere sich, ambulante Untersuchungstermine bei den bisher behandelnden Ärzten (etwa Ambulanz der Psychiatrischen Universitätsklinik I. wahrzunehmen. In beiden geführten Telefongesprächen habe sich die offensichtliche Unfähigkeit des Klägers zu einem sachlichen Gespräch gezeigt. Er habe aufgrund des Inhalts und Verlaufes beider Gespräche begründete Zweifel an der Fähigkeit des Klägers, Entscheidungen in seinen persönlichen Angelegenheiten von vernünftigen Erwägungen abhängig zu machen. Die Weigerung, zur Begutachtung nach Thessaloniki zu reisen, sei seines Erachtens Ausdruck und Folge der krankheitsbedingten Störung des seelischen Erlebens und der Realitätswahrnehmung des Klägers. Wie bereits in der ursprünglichen Stellungnahme zum Ausdruck gebracht sei es in den letzten Jahren im Krankheitsverlauf der Schizophrenie offensichtlich zu einer weiteren Verschlimmerung gekommen, dokumentiert durch einen in den Telefonaten offensichtlich werdenden Realitätsverlust. Keinesfalls handele es sich um eine paranoide Schizophrenie mit stabilem Krankheitsverlauf unter medikamentöser Therapie, wie von Dr. G. am 29.10.2007 konstatiert. Ihm sei klar, dass diese Ausführungen ein nach persönlicher Untersuchung erstelltes ausführliches Gutachten nicht ersetzen könnten, allerdings sehe er keine Möglichkeit, den Kläger in absehbarer Zeit von der Notwendigkeit einer gutachterlichen Untersuchung überzeugen zu können.

Mit Gerichtsbescheid vom 31.05.2010 hat das Sozialgericht Stuttgart die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es sei nicht mit der erforderlichen an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit davon überzeugt, dass der Kläger erwerbsgemindert sei. Der Kläger leide an Schizophrenie, allerdings sei nicht ersichtlich, dass seine berufliche Leistungsfähigkeit hierdurch nicht nur qualitativ, sondern auch quantitativ eingeschränkt sei. Einerseits bestätigten die vom Kläger vorgelegten Entlassungsscheine die Besserung bzw. Heilung der Krankheit, andererseits habe die erstinstanzliche Gesundheitskommission der IKA mit Bescheid vom 07.12.2005 festgestellt, dass die seit April 2001 anerkannte Invalidität wegen stabilen Krankheitsverlaufes fortbestehe. Gleichmaßen habe der Sachverständige Prof. Dr. R. mitgeteilt, er gehe von einer offensichtlichen Verschlimmerung des Krankheitsverlaufes aus. Eine Klärung dieser widersprüchlichen Einschätzungen des Krankheitsverlaufes könne aufgrund der beharrlichen Weigerung des Klägers, sich durch den gerichtlich bestellten Sachverständigen untersuchen zu lassen, nicht herbeigeführt werden. Die Nichterweislichkeit der zeitlichen Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens gehe somit zu Lasten des Klägers.

Gegen den am 19.10.2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger mit Schreiben vom 08.11.2010 (Eingang am 15.11.2010) Berufung eingelegt und zur Begründung sinngemäß ausgeführt, seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen seien erneut unter Beweis gestellt worden, diese hinderten ihn daran, eine Erwerbstätigkeit von wenigstens zweistündiger Dauer auszuüben, weshalb ihm Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren sei.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 31. Mai 2010 und den Bescheid vom 19. Januar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. Dezember 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie hält den Gerichtsbescheid des SG für zutreffend und verweist darauf, dass ausweislich der vom Kläger vorgelegten Bescheinigungen des allgemeinen Universitätskrankenhauses I. vom 15.09.2004 und 15.09.2005 jeweils eine Besserung des Gesundheitszustandes des Klägers bestätigt worden sei. Nachdem der Kläger sich weigere, sich einer neuropsychiatrischen Begutachtung zu unterziehen, und auch keinerlei Unterlagen wie Gesundheitsbücher, Entlassungsberichte über stationäre Krankenhausaufenthalte oder eine Aufstellung über die medikamentöse Therapien in den letzten Jahren vorgelegt habe, sei es weder im Widerspruchsverfahren noch im erstinstanzlichen Verfahren möglich gewesen, eine Leistungsminderung im rentenrechtlichen Umfang über den 31.10.2004 hinaus festzustellen.

Im Juni 2011 hat der Kläger schriftlich erklärt, mit einer Untersuchung durch einen Sachverständigen einverstanden zu sein. Hierauf hat der Senat am 28.06.2011 Prof. Dr. V., Thessaloniki, mit der Erstattung eines nervenärztlichen Gutachtens beauftragt. Am 19.07.2011 hat die Honorarkonsulin der Bundesrepublik Deutschland, Lohr, telefonisch mitgeteilt, dass der Kläger aufgrund seiner Erkrankung an Schizophrenie nicht einsichtsfähig und nicht bereit sei, den Sachverständigen aufzusuchen. Er verlasse das Haus grundsätzlich nicht. Prof. Dr. V. habe auf Nachfrage mitgeteilt, dass er den Kläger nicht zu Hause untersuchen könne, da er zu weit von seiner Praxis entfernt wohne. Sie hat angeregt, den Kläger durch einen wohnortnah praktizierenden Neurologen und Psychiater untersuchen zu lassen.

Der Kläger hat auf entsprechende Anfrage hin seinen behandelnden Psychiater Vasilis P. mit Namen und Anschrift benannt und von der ärztlichen Schweigepflicht entbunden. Hierauf ist der Psychiater P. gebeten worden, die Daten der von ihm vorgenommenen ärztlichen Untersuchungen seit Dezember 2004 mitzuteilen, vorliegende Berichte oder sonstige Aufzeichnungen über erfolgte Untersuchungen zu übersenden und ergänzend mitzuteilen, ob er bereit sei, ein Gutachten über den Gesundheitszustand des Klägers und zu seinem Leistungsvermögen zu erstatten. Der Psychiater P. hat hierauf mit Bescheinigung vom 26.10.2011 (Bl. 52 Senatsakte) ausgeführt, den Kläger seit 2001 in seiner Privatpraxis und auch bei ihm zu Hause zu beobachten. Dieser leide an einem psychotischen Syndrom schizophrenen Typs mit einer ständigen Psychopathologie paranoiden Typs. Einerseits bestehe ein Delirium mit akustischen Halluzinationen, andererseits komme es zu einer "Abtreibung der Gefühle", einer Vernichtung der Fähigkeit zu wollen mit autistischem Benehmen und Rückzug aus der sozialen Umgebung, dies alles bei vollständiger Vernachlässigung der eigenen Person und seines Ansehens sowie vollständiger Untätigkeit. Er beschäftige sich jeden Tag mit nichts. Die ständige Psychopathologie und das Fehlen der Gefühle habe jede Möglichkeit zur Verrichtung irgend einer positiven Tätigkeit oder einer Arbeit genommen. Der Kläger werde, seit er an der Psychose leide, von seinen Eltern und Geschwistern unterhalten. Die empfohlene therapeutische Behandlung sei fast nie systematisch angewendet worden, weshalb sein Zustand zu wünschen übrig lasse. Die Behandlung sei seit 2004 alle sechs Monate erfolgt. Die vorgeschlagene Behandlung während der ersten Jahre habe aus höheren Dosierungen von Olanzapin 20 bis 30 mg bestanden. Bei dem jetzigen Zustand müsse der Kläger, auch gegen seinen Willen, stationär behandelt werden, damit sein seelischer Zustand so weit wie möglich gebessert werden könne. Ebenfalls sei eine organische Kontrolle erforderlich, welche seit Jahren nicht erfolgt sei. Dem Schreiben beigefügt war der bereits aktenkundige Entlassungsschein der psychiatrischen Abteilung des allgemeinen Universitätskrankenhauses I. vom 15.09.2004 und eine Bescheinigung, ausgestellt vom Oberarzt des allgemeinen Universitätskrankenhauses I., Dimitrios P., am 15.04.2002, wonach beim Kläger ein chronisches psychotisches Syndrom unter ständiger medikamentöser Behandlung bestehe.

Mit sozialmedizinischer Stellungnahme vom 14.12.2011 hat die Fachärztin für Innere Medizin Dr. J. die vorgelegten Unterlagen als nicht ausreichend angesehen, eine Leistungseinschränkung abzuleiten. Zwar lasse die vom Psychiater Pappas beschriebene Psychopathologie am beruflichen Leistungsvermögen zweifeln, andererseits gehe dieser offensichtlich nicht von einem therapierefraktären Dauerzustand aus, indem er eine stationäre Behandlung für erforderlich halte, notfalls gegen den Willen des Klägers. Vieles lasse sich nur spekulieren, so dass über den Wegfallzeitpunkt hinaus ein anhaltend unter dreistündiges Leistungsvermögen nicht ausreichend belegt sei.

Beauftragt ein Gutachten nach Aktenlage über den Kläger zu erstatten, hat der Neurologe und Psychiater Prof. Dr. V. dem Senat mit Schreiben vom 02.02.2012 (Bl. 59 Senatsakte) mitgeteilt, er könne im vorliegenden Fall nicht weiterhelfen. Er könne sich bei Beurteilung eines Patienten nicht völlig sicher fühlen, wenn er sich nur auf die Meinungen anderer Ärzte stützen müsse, ohne dass eine eigene Untersuchung stattgefunden habe. Der Fall eines psychisch leidenden Patienten mit ausgeprägt multiplen positiven und negativen Symptomen, welcher allerdings eine psychiatrische Untersuchung nur alle sechs Monate benötige, in den letzten Jahren nach nur einer fünftätigen stationären Behandlung geheilt worden sei und nur eine hohe (?) Dosierung von Olanzapin 20 bis 30 mg brauche, die er sogar nicht einnehme, obwohl er an Willenlosigkeit leide, sei sehr ungewöhnlich und bringe viele Fragen mit sich, so dass er völlig einverstanden sei mit der Meinung von Dr. J. Auf jeden Fall sei eine zweistündige Fahrt auf der Autobahn nach Thessaloniki keine Belastung für den Kläger.

Der Senat hat hierauf den behandelnden Psychiater Vasilios P. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Dieser hat mit Erklärung vom 12.04.2012 angegeben, den Kläger am 14.11.2004, 28.07.2004, 11.01.2005, 22.07.2005, 31.07.2006, 12.09.2007, 02.07.2008, 29.04.2009, 19.03.2010 und 06.05.2011 untersucht zu haben. Anfänglich hätten die Untersuchungen in der Privatpraxis stattgefunden, danach im Rahmen von Hausbesuchen nach Anforderung der Verwandten des Klägers. Von Beginn an habe der Kläger Symptome einer schizophrenen Psychose des paranoischen Typs mit vorrangigen Symptomen eines Verfolgungswahns mit Verfolgungs- und Beobachtungsideen, Vergiftungsideen, akustischen Halluzinationen, Assoziations- und Beziehungsideen sowie Negativsymptomen wie Empfindungsstumpfheit und Anhedonie aufgewiesen; die Psychopathologie entweder mit positiven oder negativen Symptomen sei durchgängig vorhanden gewesen. Die wenigen Sozialkontakte, die er gehabt habe, habe er abgebrochen und habe niemanden sehen wollen. Die Sorge um seine Person habe er vollkommen vernachlässigt. Unterhalten hätten ihn seine Eltern und Geschwister, obwohl er mit diesen keine gute Beziehung habe. Eine Compliance bezüglich seiner medikamentösen Behandlung, bestehend aus Olanzapin 20 bis 30 mg täglich und in Abständen auch aus Antidepressiva vom Typ Paroxetin oder Flonozetin, habe er nie entwickelt. Die therapeutische Behandlung habe er häufig abgebrochen, weil sie ihm nach seinen Angaben nicht geholfen habe; er sei nicht kooperativ und glaube, er habe nichts Ernsthaftes. Die von ihm 2001 gestellte Diagnose einer schizophrenen Störung der paranoischen Form sei vom Allgemeinen Universitätskrankenhaus I. während stationärer Behandlungen vom 10.09.2004 bis 15.09.2004 und vom 14.09.2005 bis 15.09.2005 bestätigt worden. Das derzeitige Bild des Klägers sei das Bild einer schwer defizienten Person ohne jedwede Erwerbs- oder Selbstversorgungsfähigkeit. Er habe seine Sorge für sich selbst vernachlässigt und werde mit dem Gang der Zeit immer schwerer defizient.

Mit sozialmedizinischer Stellungnahme nach Aktenlage vom 13.06.2012 hat die Fachärztin für Innere Medizin Dr. J. ausgeführt, zwar lasse der von Herrn Pappas beschriebene Befund erheblich an der Erwerbsfähigkeit des Klägers zweifeln, wie bereits ausgeführt, allerdings erscheine ein Attest des behandelnden Psychiaters, welcher den Kläger nur einmal im Jahr sehe, als keine ausreichende Entscheidungsgrundlage für die Beurteilung des Leistungsvermögens der letzten Jahre, weshalb sie sich nicht in der Lage sehe, das Leistungsvermögen mit hinreichender Sicherheit zu beurteilen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, die SG-Akten und die Senatsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und 2 SGG) eingelegt worden.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 19.01.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.12.2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist der geltend gemachte Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung. Dieser Anspruch steht dem Kläger nicht zu, da die leistungsbegründenden Tatbestandsvoraussetzungen, hier insbesondere das Fortbestehen einer Erwerbsminderung über den 31.10.2004 hinaus, nicht nachgewiesen sind.

Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI in der hier anzuwendenden, seit dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit entrichtet haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert im Sinne dieser Regelung sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Eine Erwerbsminderung liegt nicht vor, wenn der Versicherte noch sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts tätig sein kann (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Ein Anspruch auf Erwerbsminderungsrente setzt beweisrechtlich voraus, dass die Anspruchsvoraussetzungen im Sinne des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 07.09.2004 - B 2 U 25/03 R - zitiert nach (juris), Rn. 13), feststehen. Ob Tatsachen, vorliegend also das Vorliegen und der Schweregrad von Erkrankungen des Klägers sowie das Bestehen einer rentenanspruchsauslösenden quantitativen Minderung des Leistungsvermögens für die Durchführung von Tätigkeiten unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts, nachgewiesen sind oder nicht, entscheidet der Senat als sog. "Tatsachengericht" in freier richterlicher Beweiswürdigung (BSG vom 07.09.2004, a.a.O., Rn. 15).

Im Falle der Nichterweislichkeit anspruchsbegründender Tatsachen gilt auch im sozialgerichtlichen Verfahren nach ständiger Rechtsprechung des BSG (grundlegend Urteil vom 24.10.1957 - 10 RV 945/55 - BSGE 6, 70-74; ebenfalls Urteil vom 20.01.1977 - 8 RU 52/76 - BSGE 43, 110-113) der Grundsatz der objektiven Beweislast, insbesondere der Feststellungslast, wonach die Folgen der Nichterweislichkeit einer Tatsache von demjenigen Beteiligten zu tragen sind, der aus dieser Tatsache ein Recht herleiten will. Zwar gehört zur Freiheit der Beweiswürdigung auch die Entscheidung über Umfang und Art der Ermittlungen, so dass eine verfahrensrechtliche Pflicht zu weiteren Ermittlungen nur dann besteht, wenn sich dem Tatsachengericht solche auf Grundlage seiner Rechtsauffassung aufdrängen mussten (BSG vom 07.09.2004, a.a.O., Rn. 19). Eine Beweislastentscheidung setzt jedoch voraus, dass zunächst alle verfügbaren Erkenntnisquellen und Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft worden sind und sich die entscheidungserheblichen Tatsachen gleichwohl nicht mehr feststellen lassen (vgl. Urteil des BSG vom 24.05.2006 - B 11a AL 7/05 R - BSGE 96,238-246, zitiert nach (juris), Rn. 29, 32).

Im vorliegenden Fall ist auch nach Ausschöpfen aller zumutbaren Ermittlungsmöglichkeiten nicht zur Überzeugung des Senats nachgewiesen, dass der Kläger seit dem 01.11.2004 aufgrund bestehender Gesundheitsstörungen nicht in der Lage (gewesen) ist, Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter arbeitsmarktüblichen Bedingungen noch im zeitlichen Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Zwar kann nicht ausgeschlossen werden, dass die erstmals im Jahr 2001 diagnostizierte paranoide Schizophrenie des Klägers auch über den 31.10.2004 hinaus in einer Ausprägung fortbestanden hat, welche eine Erwerbstätigkeit im Umfang von wenigstens sechs Stunden täglich unmöglich macht, allerdings hat der Senat trotz aller Ermittlungsanstrengungen verbliebene erhebliche Zweifel daran nicht auszuräumen vermocht, weshalb der Kläger vorliegend eine Ablehnung seines Begehrens hinnehmen muss, obwohl nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass der geltend gemachte Anspruch in Wahrheit begründet ist (vgl. BSG-Urteil vom 07.09.2004, a.a.O. Rn. 20 m.w.N.). So sieht es der Senat gestützt auf die Einlassungen von Prof. Dr. R. gegenüber dem SG mit Schreiben vom 21.07.2008 und vom 28.07.2009 durchaus als möglich an, dass der Kläger auch über den 31.10.2004 hinaus an einer paranoiden Schizophrenie gelitten hat bzw. weiterhin leidet. Dies ist allerdings nicht ausreichend, den hier erforderlichen Nachweis im Sinne eines "Vollbeweises" zu erbringen, nachdem eine erhebliche Anzahl Indizien bestehen, welche für eine wesentliche Besserung des Gesundheitszustandes seit Sommer 2004 sprechen (dazu im Folgenden). Auch Prof. Dr. R. hat in seinem Schreiben vom 28.07.2009 wohlweislich nur ausgeführt, dass er für "wahrscheinlich" hält, dass der Kläger an einer Schizophrenie leidet, nachdem er diese Einschätzung allein auf die - z. T. widersprüchliche - Aktenlage und mehrere Telefonate mit dem Kläger und dessen Anverwandten hat gründen können, nicht aber auf eine persönliche Untersuchung und Befragung des Klägers, welcher trotz wiederholter Einladungen nicht zur gutachterlichen Untersuchung erschienen ist. Ob die Verweigerung der Mitwirkung an einer psychiatrischen Untersuchung zum Zwecke der Begutachtung Folge einer fortbestehenden paranoiden Schizophrenie ist oder auf freiem Willensentschluss beruht, hat er ebenfalls nicht zweifelsfrei feststellen können, sondern auch insoweit nur eine Einschätzung abgegeben, dass "seines Erachtens" die Weigerung des Klägers, ärztliche Unterlagen vorzulegen oder zur Begutachtung nach Thessaloniki zu reisen, Ausdruck und Folge einer krankheitsbedingten Störung des seelischen Erlebens und der Realitätswahrnehmung des Klägers seien. Prof. Dr. R. selbst hat den Beweiswert seiner Einschätzungen mit Schreiben vom 28.07.2009 relativiert, indem er eingeräumt hat, dass die im Wesentlichen auf Basis von Telefonaten gewonnenen Eindrücke und Einschätzungen ein nach persönlicher Untersuchung erstelltes ausführliches Gutachten nicht ersetzen können. Ein solches aber hat auch der Senat im Berufungsverfahren aufgrund der beharrlichen Weigerung des Klägers, an einer gutachterlichen Untersuchung teilzunehmen, nicht einholen können.

Die im Verwaltungsverfahren vorgelegten und von Dr. G. für die Beklagte ausgewerteten Befundunterlagen lassen durchaus den Rückschluss auf eine Stabilisierung des Gesundheitszustandes des Klägers seit Sommer 2004 zu. So hat der Entlassungsbericht der Psychiatrischen Abteilung des Allgemeinen Universitätskrankenhauses I. vom 15.09.2004 in der Rubrik "Krankheitsverlauf" von einer Heilung berichtet, im Entlassungsbericht vom 15.09.2005 ist von einer Besserung berichtet worden.

Die Auskünfte des behandelnden Psychiaters P. vom 26.10.2011 und vom 17.04.2012 sind nicht geeignet, den Nachweis einer psychischen Störung zu erbringen, die nach Art und Schweregrad trotz medikamentöser Behandlung so gravierend ist, dass sie das zeitliche Leistungsvermögen des Klägers in rentenrelevantem Umfang einschränkt. Die vom Psychiater P. gemachten Angaben sind teilweise widersprüchlich. So hat der Psychiater P. mit Schreiben vom 26.10.2011 erklärt, den Kläger seit 2004 alle 6 Monate behandelt zu haben, während er ausweislich der Auskunft nur in den Jahren 2004 und 2005 den Kläger in jeweils etwa halbjährlichen Abständen gesehen hat, danach nur noch jeweils einmal jährlich.

Nachdem die Angaben des behandelnden Psychiaters Pappas auch im Übrigen eher ungenau, vage und nicht frei von Widersprüchen sind, haben weder der ärztliche Dienst der Beklagten (Stellungnahmen Dr. J. vom 14.11.2011 und vom 13.06.2012) noch der Neurologe und Psychiater Prof. Dr. V., welcher im Berufungsverfahren vom Senat um die Anfertigung eines Gutachtens nach Aktenlage gebeten worden ist, sich auf Basis der vorhandenen Unterlagen und Informationen eine hinreichend gesicherte Überzeugung von Art und Schweregrad der psychischen Erkrankung des Klägers bilden können. Dasselbe gilt nach eigener intensiver Prüfung für den erkennenden Senat. Prof. Dr. V. hat mit Schreiben vom 02.02.2012 nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Beschreibung des Klägers durch den Psychiater Pappas als psychisch leidend mit ausgeprägten positiven und negativen Symptomen nur schwer mit den halbjährlichen bzw. zuletzt seit 2006 jährlichen Behandlungsintervallen zu vereinbaren ist. Diese sehr weitmaschige Kontrolle erlaubt vielmehr den Rückschluss, dass der tatsächliche Schweregrad der schizophrenen Störung der Klägers nicht das vom Psychiater P. behauptete Ausmaß erreicht. Das gilt auch für das Fehlen häufiger oder längerdauernder stationärer psychiatrischer Behandlungen, worauf Dr. J. mit Stellungnahme vom 14.12.2011, welche der Senat als qualifiziertes Beteiligtenvorbringen verwertet hat, hingewiesen hat. Die medikamentöse Behandlung mit Olanzapin 20-30 mg (sowie - "in Abständen" mit Paroxetin und Flonozetin) hat der Psychiater gänzlich dem dörflichen Landarzt überlassen. Prof. Dr. V. hat zudem die Einlassung des Psychiaters Pappas, der eine Dosierung von 20-30mg Olanzapin als "hoch" bezeichnet hat, angezweifelt und darauf hingewiesen, dass die Beschreibung des Klägers in der Auskunft des Psychiaters P. vom 26.10.2011 als willenlos schwerlich mit der Angabe in Übereinstimmung zu bringen ist, dass obwohl sich die Eltern und Anverwandten des Klägers um diesen kümmern, eine akzeptable Compliance der medikamentösen Behandlung nicht habe erreicht werden können. Dem schließt sich der Senat nach eigener Prüfung vollumfänglich an.

Es erscheint dem Senat nach alledem auch nachvollziehbar, dass Prof. Dr. V. die Aktenlage als nicht ausreichend ansieht, durch ein Gutachten ohne persönliche Untersuchung und Befragung des Klägers dessen Gesundheitszustand mit hinreichender Sicherheit einzuschätzen und darauf eine schlüssige sozialmedizinische Leistungsbeurteilung zu stützen. Nachdem sämtliche (zahlreichen) Versuche der Beklagten, des SG und des erkennenden Senats, den Kläger zur Mitwirkung an einer persönlichen Untersuchung zum Zwecke der Begutachtung zu bewegen, nicht erfolgreich gewesen sind, sieht der Senat keine weiteren aussichtsreichen Ermittlungsansätze mehr zur weiteren Aufklärung des sozialmedizinischen Leistungsvermögens des Klägers. Eine Fallgestaltung, welche zur Annahme eines Beweisnotstands mit einer daraus abzuleitenden Notwendigkeit von Beweiserleichterungen führt (vgl. dazu BSG-Urteil vom 07.09.2004, a.a.O., Rn. 17), vermag der Senat vorliegend nicht zu erkennen.

Insgesamt kann sich der Senat aufgrund der dargelegten Erwägungen letztlich nicht davon überzeugen, dass beim Kläger neben möglicherweise bestehenden qualitativen Einschränkungen auch quantitativ eine Beschränkung des Leistungsvermögens dahingehend besteht, keine sechs Stunden und mehr täglich leichte körperliche Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten zu können. Damit besteht kein Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Nach alledem war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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