Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 AS 560/12 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 882/12 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Ob für die Übernahme von Mietschulden ein Anordnungsgrund für eine einstweilige Anordnung besteht, erfordert eine Abwägung der Umstände des Einzelfalls. Ob eine Räumungsklage vorliegt, ist nur ein Kriterium dieser Abwägung.
Eine Übernahme von Mietschulden kann gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB eine Wohnraumkündigung unwirksam machen. Ein Dritter kann aber - abgesehen von Todesfällen, §§ 563, 564 BGB - in einen bestehenden Mietvertrag nur mit Zustimmung des Vermieters eintreten.
Die Rechtsprechung des BSG zur Angemessenheitsgrenze bei den Kosten der Unterkunft für den Fall, dass kein schlüssiges Konzept vorliegt, ist ab 01.01.2009 auf § 12 Wohngeldgesetz übertragbar. Maßstab ist dann der einschlägige Tabellenwert zu § 12 WoGG plus 10 % Zuschlag. Hinzu kommen die Heizkosten, die von § 12 WoGG nicht erfasst werden.
Eine Übernahme von Mietschulden kann gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB eine Wohnraumkündigung unwirksam machen. Ein Dritter kann aber - abgesehen von Todesfällen, §§ 563, 564 BGB - in einen bestehenden Mietvertrag nur mit Zustimmung des Vermieters eintreten.
Die Rechtsprechung des BSG zur Angemessenheitsgrenze bei den Kosten der Unterkunft für den Fall, dass kein schlüssiges Konzept vorliegt, ist ab 01.01.2009 auf § 12 Wohngeldgesetz übertragbar. Maßstab ist dann der einschlägige Tabellenwert zu § 12 WoGG plus 10 % Zuschlag. Hinzu kommen die Heizkosten, die von § 12 WoGG nicht erfasst werden.
I. Die Beschwerde gegen Ziffer I. und II. des Beschlusses des Sozialgerichts Landshut vom 14. November 2012 wird zurückgewiesen.
II. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der 1993 geborene Antragsteller und Beschwerdeführer bewohnte zunächst zusammen mit seiner Mutter eine Dreizimmerwohnung, für die monatlich eine Kaltmiete von 256,- Euro, Betriebskosten von 43,- Euro, Kabelgebühren von 15,- Euro und Heizkosten von 76,- (zusammen 390,- Euro) Euro anfallen. Hinzu kommt ein Stellplatz für 3,- Euro. Mieterin der Wohnung ist die Mutter des Antragstellers. Sie zog im Frühjahr 2012 in eine andere Ortschaft, ohne den Vermieter zu verständigen.
Am 26.06.2012 beantragte der Antragsteller die Gewährung eines Darlehens für die seit März 2012 entstandenen Mietschulden. Dies lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 06.07.2012 ab. Der dagegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 27.11.2012 als unbegründet zurückgewiesen. Die Wohnung sei nicht erhaltenswert, weil die Miete nicht angemessen sei. Angemessen sei lediglich eine Miete von 300,- Euro. Der Vermieter habe kein Interesse, mit dem Antragsteller einen Mietvertrag abzuschließen. Dagegen wurde am 17.12.2012 Klage erhoben (Az. S 16 AS 705/12).
Mit Bescheid vom 09.07.2012 wurde dem Antragsteller Arbeitslosengeld II für die Zeit von 30.06.2012 bis 31.12.2012 in Höhe von monatlich 479,33 Euro bewilligt.
Der Vermieter kündigte mit Schreiben vom 20.09.2012 gegenüber der Mutter des Antragstellers das Mietverhältnis zum 15.10.2012 wegen Mietrückstands in Höhe von 1121,35 Euro.
Am 01.10.2012 stellte der Bevollmächtigte des Antragstellers beim Sozialgericht Regensburg einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wegen Übernahme der Mietschulden, notfalls als Darlehen. Das Sozialgericht lehnte den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 14.11.2012 ab. Ein Anordnungsgrund sei nicht glaubhaft, weil der Vermieter zwar eine fristlose Kündigung ausgesprochen, aber noch keine Räumungsklage erhoben habe. Hinzu komme, dass die Wohnung für den einen Alleinstehenden zu groß und zu teuer sei. Die Rechtsprechung des BSG zu § 8 Wohngeldgesetz (WoGG) sei bezüglich des Zuschlags von 10 % nicht auf § 12 WoGG übertragbar. Außerdem seien die Mietrückstände inzwischen angestiegen und mangels Mietvertrag sei eine Rechtspflicht des Antragstellers zur Zahlung von Unterkunftskosten nicht feststellbar. Der Beschluss wurde am 16.11.2012 zugestellt.
Am 21.11.2012 wurde Räumungsklage gegen den Antragsteller und seine Mutter erhoben.
Der Antragsteller hat am Montag, den 17.12.2012, Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts eingelegt.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 14.11.2012 aufzuheben und den Antragsgegner vorläufig zu verpflichten, ein Darlehen für die Mietschulden in Höhe von 1.897,35 Euro zu übernehmen.
Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Antragsgegner übermittelte Vermerke zu Telefonaten mit dem Vermieter. Am 07.01.2013 teilte der Vermieter dem Antragsgegner mit, dass er unter keinen Umständen daran interessiert sei, das Mietverhältnis mit dem Antragsteller fortzusetzen, selbst wenn er auf den ganzen Schulden sitzen bleiben müsste.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestands auf die Akten des Antragsgegners und die Gerichtsakten des Sozialgerichts und des Beschwerdegerichts verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§ 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Die Monatsfrist ist gewahrt, weil der Beschluss des Sozialgerichts am 16.11.2012 bekannt gegeben wurde und am Montag, den 17.12.2012 Beschwerde eingelegt worden ist., § 64 Abs. 2 und 3 SGG. Der Beschwerdewert von 750,- Euro nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG wird durch die begehrten Mietschulden deutlich überschritten.
Die Beschwerde ist unbegründet, weil das Sozialgericht den Eilantrag im Ergebnis zu Recht abgelehnt hat.
Für die begehrte Begründung einer Rechtsposition im einstweiligen Rechtsschutz ist ein Antrag auf eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG statthaft. Der Antrag muss zulässig sein und die Anordnung muss zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheinen. Es muss glaubhaft sein, dass ein materielles Recht besteht, für das einstweiliger Rechtsschutz geltend gemacht wird (Anordnungsanspruch), und es muss glaubhaft sein, dass eine vorläufige Regelung notwendig ist, weil ein Abwarten auf die Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht zumutbar ist (Anordnungsgrund).
Es fehlt nicht an dem Anordnungsgrund. Dieser kann - entgegen der Auffassung des Sozialgerichts - auch vor Erhebung der Räumungsklage des Vermieters bestehen.
Die eigene Wohnung ist der Lebensmittelpunkt der Bewohner. Es ist den Betroffenen nicht regelmäßig zuzumuten, einen zivilrechtlichen Kündigungsgrund nach §§ 543, 569 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) entstehen zu lassen, eine Kündigung hinzunehmen, eine Räumungsklage abzuwarten und auf eine von mehreren Voraussetzungen abhängige nachfolgende Beseitigung der Kündigung gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB zu hoffen. Neben dem drohenden Verlust des Lebensmittelpunkts stehen weitere mögliche Nachteile wie die Kosten des Kündigungsrechtsstreits, ein Schufa-Eintrag, die zeit- und kostenaufwändige Suche nach einer preiswerten Ersatzwohnung und der Umzugsaufwand. Ob bei Schulden und einem möglichen Verlust der Wohnung eine gerichtliche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG nötig erscheint, erfordert eine Bewertung der Umstände des Einzelfalls. So kann etwa eine nicht ernstlich gemeinte Kündigung von Seiten einer dem Betroffenen nahestehende Person durch eine nur inszenierte Räumungsklage keinen Anordnungsgrund begründen. Umgekehrt können auch vor Erhebung einer Räumungsklage die oben genannten Gesichtspunkte einen Anordnungsgrund glaubhaft machen. Hier wurde mittlerweile eine Räumungsklage durch einen Vermieter erhoben, der dem Antragsteller nicht nahe steht.
Es fehlt jedoch an einem Anordnungsanspruch, weil die Wohnung auch bei einer Übernahme der Schulden nicht gesichert werden kann.
Nach § 22 Abs. 8 SGB II können bzw. sollen Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt bzw. notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Der Anspruch scheitert nicht dran, dass der Antragsteller nicht mit Schulden aus einem Mietvertrag belastet ist, sondern wohl nur eine Nutzungsentschädigung schuldet. Selbst bei § 22 Abs. 1 SGB II genügt es nach dem Urteil des BSG vom 07.05.2009, B 14 AS 31/07 R, Rn. 16, wenn dem Hilfebedürftigen tatsächlich Kosten für die Wohnung entstehen. Ein Mietvertrag ist auch bei § 22 Abs. 1 SGB II nicht zwingend notwendig.
Es liegen auch keine Informationen dazu vor, dass die Miete unangemessen hoch wäre. Regelmäßig ist die Übernahme von Schulden nur gerechtfertigt, wenn die zu sichernde Wohnung eine angemessene Miete hat (Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 22 Rn 109; Münder, LPK SGB II, 4. Auflage 2011, § 22 Rn. 188). Ein Konzept des Antragsgegners zur Mietobergrenze liegt dem Gericht nicht vor. Die Rechtsprechung des BSG zur Angemessenheitsgrenze für den Fall, dass kein schlüssiges Konzept vorliegt (Tabellenwert WoGG plus 10 % Zuschlag), ist von § 8 WoGG auf § 12 WoGG übertragbar. § 12 WoGG ist ab 01.01.2009 anwendbar. Zum einen besteht wesensmäßig kein Unterschied zwischen den beiden Normen, zum anderen hat das BSG dies hinreichend deutlich so entschieden (BSG, Urteil vom 17.12.2009, B 4 AS 50/09 R, Rn. 27). Die tatsächlichen Kosten der Unterkunft ohne Heizung liegen mit Kabelgebühren und Stellplatz bei 317,- Euro, der Tabellenwert nach § 12 WoGG zu Mietstufe I für eine Person beträgt 292,- Euro plus 10 % gleich 29,20 Euro ergeben 321,20 Euro.
Der Anspruch nach § 22 Abs. 8 SGB II scheitert jedoch daran, dass die Wohnung auch bei einer Übernahme der Schulden nicht dauerhaft gesichert werden kann. Der Vermieter hat am 07.01.2013 mehr als deutlich bekundet, keinen Mietvertrag mit dem Antragsteller abschließen zu wollen. Das ist angesichts des Vorverhaltens der Bewohner auch nicht verwunderlich. Damit kann der Antragsteller weder einen neuen Mietvertrag abschließen, noch den bestehenden Mietvertrag übernehmen.
Eine Übernahme der Mietschulden könnte gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB die Kündigung gegenüber der Mieterin, der Mutter des Antragstellers, unwirksam machen. Das nützt dem Antragsteller nichts, weil er nicht gegen den Willen des Vermieters den Mietvertrag fortführen oder in diesen eintreten kann. Ein Todesfall nach § 563 Abs. 2 oder § 564 BGB liegt nicht vor. Eine Vertragsübernahme würde einen Vertragschluss zwischen allen Beteiligten voraussetzen, den der Vermieter aber gerade ablehnt (vgl. Palandt, BGB, 71. Auflage 2012, § 398 Rn. 41 ff).
Die Kostenentscheidung ergibt sich entsprechend § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
II. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der 1993 geborene Antragsteller und Beschwerdeführer bewohnte zunächst zusammen mit seiner Mutter eine Dreizimmerwohnung, für die monatlich eine Kaltmiete von 256,- Euro, Betriebskosten von 43,- Euro, Kabelgebühren von 15,- Euro und Heizkosten von 76,- (zusammen 390,- Euro) Euro anfallen. Hinzu kommt ein Stellplatz für 3,- Euro. Mieterin der Wohnung ist die Mutter des Antragstellers. Sie zog im Frühjahr 2012 in eine andere Ortschaft, ohne den Vermieter zu verständigen.
Am 26.06.2012 beantragte der Antragsteller die Gewährung eines Darlehens für die seit März 2012 entstandenen Mietschulden. Dies lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 06.07.2012 ab. Der dagegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 27.11.2012 als unbegründet zurückgewiesen. Die Wohnung sei nicht erhaltenswert, weil die Miete nicht angemessen sei. Angemessen sei lediglich eine Miete von 300,- Euro. Der Vermieter habe kein Interesse, mit dem Antragsteller einen Mietvertrag abzuschließen. Dagegen wurde am 17.12.2012 Klage erhoben (Az. S 16 AS 705/12).
Mit Bescheid vom 09.07.2012 wurde dem Antragsteller Arbeitslosengeld II für die Zeit von 30.06.2012 bis 31.12.2012 in Höhe von monatlich 479,33 Euro bewilligt.
Der Vermieter kündigte mit Schreiben vom 20.09.2012 gegenüber der Mutter des Antragstellers das Mietverhältnis zum 15.10.2012 wegen Mietrückstands in Höhe von 1121,35 Euro.
Am 01.10.2012 stellte der Bevollmächtigte des Antragstellers beim Sozialgericht Regensburg einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wegen Übernahme der Mietschulden, notfalls als Darlehen. Das Sozialgericht lehnte den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 14.11.2012 ab. Ein Anordnungsgrund sei nicht glaubhaft, weil der Vermieter zwar eine fristlose Kündigung ausgesprochen, aber noch keine Räumungsklage erhoben habe. Hinzu komme, dass die Wohnung für den einen Alleinstehenden zu groß und zu teuer sei. Die Rechtsprechung des BSG zu § 8 Wohngeldgesetz (WoGG) sei bezüglich des Zuschlags von 10 % nicht auf § 12 WoGG übertragbar. Außerdem seien die Mietrückstände inzwischen angestiegen und mangels Mietvertrag sei eine Rechtspflicht des Antragstellers zur Zahlung von Unterkunftskosten nicht feststellbar. Der Beschluss wurde am 16.11.2012 zugestellt.
Am 21.11.2012 wurde Räumungsklage gegen den Antragsteller und seine Mutter erhoben.
Der Antragsteller hat am Montag, den 17.12.2012, Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts eingelegt.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 14.11.2012 aufzuheben und den Antragsgegner vorläufig zu verpflichten, ein Darlehen für die Mietschulden in Höhe von 1.897,35 Euro zu übernehmen.
Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Antragsgegner übermittelte Vermerke zu Telefonaten mit dem Vermieter. Am 07.01.2013 teilte der Vermieter dem Antragsgegner mit, dass er unter keinen Umständen daran interessiert sei, das Mietverhältnis mit dem Antragsteller fortzusetzen, selbst wenn er auf den ganzen Schulden sitzen bleiben müsste.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestands auf die Akten des Antragsgegners und die Gerichtsakten des Sozialgerichts und des Beschwerdegerichts verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§ 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Die Monatsfrist ist gewahrt, weil der Beschluss des Sozialgerichts am 16.11.2012 bekannt gegeben wurde und am Montag, den 17.12.2012 Beschwerde eingelegt worden ist., § 64 Abs. 2 und 3 SGG. Der Beschwerdewert von 750,- Euro nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG wird durch die begehrten Mietschulden deutlich überschritten.
Die Beschwerde ist unbegründet, weil das Sozialgericht den Eilantrag im Ergebnis zu Recht abgelehnt hat.
Für die begehrte Begründung einer Rechtsposition im einstweiligen Rechtsschutz ist ein Antrag auf eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG statthaft. Der Antrag muss zulässig sein und die Anordnung muss zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheinen. Es muss glaubhaft sein, dass ein materielles Recht besteht, für das einstweiliger Rechtsschutz geltend gemacht wird (Anordnungsanspruch), und es muss glaubhaft sein, dass eine vorläufige Regelung notwendig ist, weil ein Abwarten auf die Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht zumutbar ist (Anordnungsgrund).
Es fehlt nicht an dem Anordnungsgrund. Dieser kann - entgegen der Auffassung des Sozialgerichts - auch vor Erhebung der Räumungsklage des Vermieters bestehen.
Die eigene Wohnung ist der Lebensmittelpunkt der Bewohner. Es ist den Betroffenen nicht regelmäßig zuzumuten, einen zivilrechtlichen Kündigungsgrund nach §§ 543, 569 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) entstehen zu lassen, eine Kündigung hinzunehmen, eine Räumungsklage abzuwarten und auf eine von mehreren Voraussetzungen abhängige nachfolgende Beseitigung der Kündigung gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB zu hoffen. Neben dem drohenden Verlust des Lebensmittelpunkts stehen weitere mögliche Nachteile wie die Kosten des Kündigungsrechtsstreits, ein Schufa-Eintrag, die zeit- und kostenaufwändige Suche nach einer preiswerten Ersatzwohnung und der Umzugsaufwand. Ob bei Schulden und einem möglichen Verlust der Wohnung eine gerichtliche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG nötig erscheint, erfordert eine Bewertung der Umstände des Einzelfalls. So kann etwa eine nicht ernstlich gemeinte Kündigung von Seiten einer dem Betroffenen nahestehende Person durch eine nur inszenierte Räumungsklage keinen Anordnungsgrund begründen. Umgekehrt können auch vor Erhebung einer Räumungsklage die oben genannten Gesichtspunkte einen Anordnungsgrund glaubhaft machen. Hier wurde mittlerweile eine Räumungsklage durch einen Vermieter erhoben, der dem Antragsteller nicht nahe steht.
Es fehlt jedoch an einem Anordnungsanspruch, weil die Wohnung auch bei einer Übernahme der Schulden nicht gesichert werden kann.
Nach § 22 Abs. 8 SGB II können bzw. sollen Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt bzw. notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Der Anspruch scheitert nicht dran, dass der Antragsteller nicht mit Schulden aus einem Mietvertrag belastet ist, sondern wohl nur eine Nutzungsentschädigung schuldet. Selbst bei § 22 Abs. 1 SGB II genügt es nach dem Urteil des BSG vom 07.05.2009, B 14 AS 31/07 R, Rn. 16, wenn dem Hilfebedürftigen tatsächlich Kosten für die Wohnung entstehen. Ein Mietvertrag ist auch bei § 22 Abs. 1 SGB II nicht zwingend notwendig.
Es liegen auch keine Informationen dazu vor, dass die Miete unangemessen hoch wäre. Regelmäßig ist die Übernahme von Schulden nur gerechtfertigt, wenn die zu sichernde Wohnung eine angemessene Miete hat (Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 22 Rn 109; Münder, LPK SGB II, 4. Auflage 2011, § 22 Rn. 188). Ein Konzept des Antragsgegners zur Mietobergrenze liegt dem Gericht nicht vor. Die Rechtsprechung des BSG zur Angemessenheitsgrenze für den Fall, dass kein schlüssiges Konzept vorliegt (Tabellenwert WoGG plus 10 % Zuschlag), ist von § 8 WoGG auf § 12 WoGG übertragbar. § 12 WoGG ist ab 01.01.2009 anwendbar. Zum einen besteht wesensmäßig kein Unterschied zwischen den beiden Normen, zum anderen hat das BSG dies hinreichend deutlich so entschieden (BSG, Urteil vom 17.12.2009, B 4 AS 50/09 R, Rn. 27). Die tatsächlichen Kosten der Unterkunft ohne Heizung liegen mit Kabelgebühren und Stellplatz bei 317,- Euro, der Tabellenwert nach § 12 WoGG zu Mietstufe I für eine Person beträgt 292,- Euro plus 10 % gleich 29,20 Euro ergeben 321,20 Euro.
Der Anspruch nach § 22 Abs. 8 SGB II scheitert jedoch daran, dass die Wohnung auch bei einer Übernahme der Schulden nicht dauerhaft gesichert werden kann. Der Vermieter hat am 07.01.2013 mehr als deutlich bekundet, keinen Mietvertrag mit dem Antragsteller abschließen zu wollen. Das ist angesichts des Vorverhaltens der Bewohner auch nicht verwunderlich. Damit kann der Antragsteller weder einen neuen Mietvertrag abschließen, noch den bestehenden Mietvertrag übernehmen.
Eine Übernahme der Mietschulden könnte gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB die Kündigung gegenüber der Mieterin, der Mutter des Antragstellers, unwirksam machen. Das nützt dem Antragsteller nichts, weil er nicht gegen den Willen des Vermieters den Mietvertrag fortführen oder in diesen eintreten kann. Ein Todesfall nach § 563 Abs. 2 oder § 564 BGB liegt nicht vor. Eine Vertragsübernahme würde einen Vertragschluss zwischen allen Beteiligten voraussetzen, den der Vermieter aber gerade ablehnt (vgl. Palandt, BGB, 71. Auflage 2012, § 398 Rn. 41 ff).
Die Kostenentscheidung ergibt sich entsprechend § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
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