Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
4
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 43 SO 350/11
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 4 SO 11/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
&8195; Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 1. Februar 2012 geändert. Die Beklagte wird unter Änderung des Bescheides vom 26. Juni 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2011 verurteilt, an die Klägerin 639,34 Euro zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 1. Februar 2012 zurückgewiesen. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen zur Hälfte zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt höhere Sozialhilfeleistungen unter Berücksichtigung auch ihrer Aufwendungen für Unterkunft und Heizung für die Zeit ab dem 1. Juli 2002.
Die am XXXXX 1939 geborene Klägerin stand seit längerem im Bezug von Sozialhilfeleistungen. Sie hatte ihre Unterkunft mit 70,94 qm Wohnfläche zunächst zusammen mit ihrem Ehemann und ihrer 1974 geborenen Tochter bewohnt. Die Miete hierfür betrug ab Januar 2002 monatlich 489,82 Euro, hinzu kamen Heizkosten in Höhe von 84,82 Euro monatlich. Im Rahmen eines Scheidungsverfahrens hatte das Amtsgericht Hamburg – Familiengericht – die Wohnung durch Beschluss vom 5. Dezember 1996 (Aktenzeichen 291 F 198/96 WH) der Klägerin zur alleinigen Benutzung zugewiesen. Nachdem die Klägerin im Oktober 1999 auch den Auszug ihrer Tochter mitgeteilt hatte, forderte die Beklagte sie mit Schreiben vom 19. Oktober 1999 zur Senkung der Unterkunftskosten auf, berücksichtigte die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung indes zunächst weiter, nachdem die Klägerin mehrfach erklärt hatte, sie bemühe sich erfolglos um eine Kostensenkung durch Untervermietung und um eine Ersatzunterkunft. Im Oktober und Dezember 2001 wies die Beklagte sodann nochmals darauf hin, dass die Unterkunftskosten gesenkt werden müssten. Ausweislich eines Gesprächsvermerks vom 20. Dezember 2001 erklärte die Klägerin hierzu sinngemäß, Mieter der bisherigen Unterkunft sei auch ihr Ehemann, von dem sie getrennt lebe, sich aber nicht scheiden lassen wolle. Weiterhin beabsichtige ihre Tochter, wieder in die Wohnung einzuziehen. Die Beklagte forderte die Klägerin sodann auf, bis zum 15. Januar 2002 Nachweise für erfolglose Bemühungen um eine kostengünstigere Wohnung vorzulegen. Mit Schreiben vom 24. Januar 2002 wies die Beklagte darauf hin, dass von nun ab Aufwendungen für die Unterkunft nicht mehr berücksichtigt werden könnten. Mit Bescheid vom 28. Januar 2002 bewilligte die Beklagte sodann für Februar 2002 Sozialhilfe in Höhe von 286,83 Euro monatlich. Der Bescheid enthielt unter der Überschrift "Bewilligungszeitraum" den Zusatz, eine über Februar 2002 hinausgehende weitere Bewilligung werde bei Vorliegen ihrer Voraussetzungen in Aussicht gestellt und könne durch weitere Zahlungen nach Ablauf des Bewilligungszeitraums auch ohne erneuten schriftlichen Bescheid erfolgen. Eine entsprechende Regelung für Juli 2002 traf der Bescheid vom 26. Juni 2006, gegen den die Klägerin am 4. Juli 2002 Widerspruch einlegte. Am 29. Juli 2002 zog der Ehemann der Klägerin wieder in Wohnung ein. Ein Antrag der Klägerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung blieb vor dem Verwaltungsgericht Hamburg ohne Erfolg (Beschluss vom 5.8.2002, 13 VG 2980/2002). Über die Zeit ab dem 1. Oktober 2002 erließ die Beklagte wiederum einen gesonderten Bescheid.
Mit Beschluss vom 1. Oktober 2002 verpflichtete das Verwaltungsgericht Hamburg die Beklagte im Wege einer einstweiligen Anordnung, beim Ehemann der Klägerin im Monat Oktober 2002 Kosten der Unterkunft i.H.v. 204,50 Euro zu berücksichtigen (Aktenzeichen 13 VG 3722/2002). Auf die Beschwerde der Beklagten hob das Oberverwaltungsgericht den erstinstanzlichen Beschluss insoweit auf (Beschluss vom 26.11.2002, 4 Bs 390/02). Im November 2002 wurde die Wohnung der Klägerin zwangsgeräumt.
Den Widerspruch gegen den Bescheid vom 26. Juni 2002 wies die Beklagte mit Bescheid vom 19. Juli 2011 (der Klägerin zugestellt am 26.7.2011) zurück. Sie führte aus, das Widerspruchsverfahren sei einzustellen, da sich der angefochtene Bescheid infolge der Zwangsräumung erledigt habe. Da die Klägerin die betreffende Wohnung nach erfolgter Räumung nicht länger nutzen könne, sei ein entsprechender Bedarf entfallen und das Begehren der Klägerin gegenstandslos geworden.
Die hiergegen am 22. August 2011 erhobene Klage hat das Sozialgericht durch Gerichtsbescheid vom 1. Februar 2012 abgewiesen. Eine Widerspruchsentscheidung in der Sache dürfe nicht mehr ergehen, wenn sich der angefochtene Verwaltungsakt während des Widerspruchsverfahrens erledigt habe. Im vorliegenden Fall sei eine Erledigung durch die Räumung der Wohnung eingetreten. Eine Übernahme von Unterkunftskosten im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt könne nur zur Deckung des Unterkunftsbedarfes beansprucht werden. Voraussetzung für die Leistungsgewährung sei daher auch die tatsächliche Nutzung einer Unterkunft. Nach der Räumung habe die Klägerin ihren Unterkunftsbedarf nicht durch Nutzung der früheren Wohnung decken können. Ihr Begehren sei damit gegenstandslos geworden. Die Berufung ließ das Sozialgericht nicht zu.
Die Klägerin hat am 23. Februar 2011 Berufung eingelegt. Sie führt aus, die Beklagte habe sie durch Vorenthaltung der Unterkunftskosten aus ihrer Wohnung vertrieben. Infolge dessen sei sie noch immer mit Schulden i.H.v. beinahe 20.000.- Euro belastet.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 1. Februar 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 26. Juni 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2011 zu verurteilen, ihr höhere Leistungen der Sozialhilfe unter Berücksichtigung auch der Kosten für ihre Unterkunft für die Zeit ab dem 1. Juli 2002 zu erbringen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend und führt ergänzend aus, jedenfalls ab Stattgabe der Räumungsklage am 30. Juli 2002 habe es sich bei den Aufwendungen der Klägerin nicht mehr um Mietzins, sondern um eine Nutzungsentschädigung gehandelt. Hinsichtlich dessen habe das Oberverwaltungsgericht Hamburg u.a. durch Beschluss vom 26. November 2002, 4 Bs 390/02, entschieden, dass diese nicht zu übernehmen sei.
Mit Beschluss vom Beschluss vom 3. Dezember 2012 hat das Gericht das Verfahren nach § 153 Abs. 5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) auf den Berichterstatter zur Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen.
Der Senat hat am 21. Januar 2013 über die Berufung mündlich verhandelt. Auf das Sitzungsprotokoll wird verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Prozessakte sowie die Leistungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte durch den Berichterstatter und die ehrenamtlichen Richter entscheiden, da der Senat das Verfahren nach § 153 Abs. 5 SGG übertragen hatte.
Die Berufung ist auch ohne Zulassung statthaft und im Übrigen zulässig. Insbesondere überschreitet der Wert des Beschwerdegegenstandes die Grenze aus § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG. Aus dem Vortrag der Klägerin im Klageverfahren ergibt sich, dass sie aus dem ihrer Klage zugrunde liegenden Lebenssachverhalt Ansprüche in Höhe von jedenfalls mehreren Tausend Euro geltend macht. Ob die Klage insoweit zulässig gewesen ist, ist für die Bestimmung des Wertes des Beschwerdegegenstandes im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG nicht maßgeblich.
Die Berufung ist nur teilweise begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf höhere Sozialhilfeleistungen für den Zeitraum von 1. Juli 2002 bis zum 30. September 2002 unter Berücksichtigung zwar nicht der tatsächlichen, aber doch der nach sozialhilferechtlichen Maßstäben angemessenen Unterkunftskosten sowie ihrer tatsächlichen Heizkosten. Weitergehende Ansprüche auf höhere Leistungen unter Berücksichtigung der tatsächlichen Aufwendungen hat sie ebenso wenig wie sie von der Beklagten weitere geltend gemachte Zahlungen in Höhe von mehreren Tausend Euro verlangen kann, für die es an jedwedem rechtlichen Anhaltspunkt fehlt.
Einer Entscheidung in der Sache steht nicht entgegen, dass sich der Bescheid vom 26. Juni 2002 – wie die Beklagte meint – erledigt hätte, denn dies war nicht der Fall. Nach § 39 Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Ein Verwaltungsakt erledigt sich dadurch, dass er seine regelnde Wirkung verliert, seinen Zweck erreicht oder wenn die Ausführung seines Hauptverfügungssatzes rechtlich oder tatsächlich unmöglich geworden ist (Roos, in: von Wulffen, SGB X, 7. Aufl. 2010, § 39 Rn. 14 m.w.N.). Der angefochtene Bescheid regelte den Sozialhilfeanspruch der Klägerin im Monat Juli 2002 und kündigte entsprechende Regelungen für spätere Monate an. Teil der hierbei ausgesprochenen Regelung war auch, dass Unterkunfts- und Heizkosten bei der Höhe der Leistung keine Berücksichtigung finden sollten. Diese Regelungswirkung hat der Bescheid nicht dadurch verloren, dass der entsprechende Bedarf der Klägerin ab einem späteren Zeitpunkt nicht mehr durch Nutzung ihrer – nunmehr geräumten – Wohnung gedeckt werden konnte, denn hierdurch ist der Bedarf in der Zeit vor der Räumung nicht etwa rückwirkend entfallen.
Die Klägerin hat Anspruch auf höhere Leistungen unter Berücksichtigung der nach sozialhilferechtlichen Maßstäben angemessenen Unterkunftskosten. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 BSHG, das im streitigen Zeitraum galt, war Hilfe zum Lebensunterhalt demjenigen zu gewähren, der seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem aus seinem Einkommen und Vermögen, beschaffen konnte. Der notwendige Lebensunterhalt umfasste nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BSHG besonders Ernährung, Unterkunft, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Heizung und persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 der aufgrund von § 22 Abs. 5 BSHG erlassenen RegelsatzVO wurden laufende Leistungen für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen gewährt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang überstiegen, waren sie als Bedarf der Personen, deren Einkommen und Vermögen nach § 11 Abs. 1 BSHG zu berücksichtigen war, so lange anzuerkennen, als es diesen Personen nicht möglich oder nicht zuzumuten war, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO.
Hiervon ausgehend hat es das Sozialgericht zu Recht und mit zutreffender Begründung abgelehnt, die Beklagte zu höheren Sozialhilfeleistungen unter Berücksichtigung der tatsächlichen Aufwendungen zu verurteilen. Die tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft waren – wie das Sozialgericht im Anschluss an verschiedene Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Hamburg aus dem Jahr 2002 zutreffend festgestellt hat – unangemessen im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 RegelsatzVO. Auch § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO konnte nicht zugunsten der Klägerin eingreifen, denn es spricht nichts dafür, dass es der Klägerin, die seit Oktober 1999 hierüber und auch über die von der Beklagten für einschlägig gehaltene Angemessenheitsgrenze informiert war, unmöglich oder unzumutbar gewesen wäre, eine kostengünstigere Unterkunft zu finden. Die gegenteiligen Darlegungen der Klägerin im Berufungsverfahren erschöpfen sich in allgemeinen Vorwürfen gegen das Sozialgericht und die Beklagte und sind ohne juristische Substanz.
Dennoch hatte die Klägerin Anspruch auf höhere Leistungen unter Berücksichtigung derjenigen Unterkunftskosten, die ihrer Höhe nach als angemessen anzusehen waren. Zwar bestand unter Zugrundelegung der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 30.5.1996, 5 C 14/95) kein Anspruch auf höhere Leistungen unter Berücksichtigung eines (nach Angemessenheitskriterien beschränkten) Teils der Aufwendungen für Unterkunft, d.h. der Sozialhilfeträger war berechtigt, einen Hilfesuchenden, der die Übernahme unangemessen hoher Unterkunftskosten begehrte, auf den Bezug einer geeigneten kostenangemessenen Unterkunft zu verweisen und hatte die Kosten auch nicht teilweise in Höhe solcher Aufwendungen zu übernehmen, die für eine solche Wohnung aufzubringen gewesen wären (BVerwG, a.a.O.). Das seit dem Jahr 2005 für die Auslegung des Sozialhilferechts zuständige Bundessozialgericht ist von diesem "Alles-oder-Nichts-Prinzip" jedoch ausdrücklich abgerückt. Es hat bereits in seinem Urteil vom 7.11.2006, B 7b AS 10/06 R, entschieden, dass bei Übersteigen der Angemessenheitsschwelle bereits nach dem Wortlaut des im dortigen Fall einschlägigen § 22 Abs. 1 Satz 1 und 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II, hier in der bis zum 31.3.2006 geltenden Fassung, a.F.) jedenfalls die angemessenen Kosten zu übernehmen sind. Diese Rechtsprechung, die ausdrücklich als Abkehr von der zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gemeint war, ist auf die Auslegung von § 3 Abs. 1 Satz 1 und 2 RegelsatzVO übertragbar. Zwar ist der Wortlaut von § 3 Abs. 1 Satz 1 und 2 RegelsatzVO nicht mit dem von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II identisch, jedoch enthalten beide Vorschriften die – vom Bundessozialgericht maßgeblich herangezogene – Formulierung, wonach Aufwendungen, soweit sie den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, nur so lange als Bedarf zu berücksichtigen, wie es dem Hilfebedürftigen nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken. Dies bedeutet im Gegenschluss gleichermaßen für § 22 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB II a.F. wie für § 3 Abs. 1 Satz 1 und 3 RegelsatzVO, dass auch dann, wenn dem Hilfebedürftigen eine Kostensenkung möglich und zumutbar war (er also keinen Anspruch auf die tatsächlichen Kosten der Unterkunft mehr hatte), die nicht den angemessenen Umfang übersteigenden Aufwendungen zu berücksichtigen waren.
Einer Heranziehung der zitierten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Auslegung des bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Rechts steht auch nicht entgegen, dass das Bundessozialgericht seinerzeit noch nicht zur Auslegung des Sozialhilferechts berufen war. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundessozialgerichts wirkt eine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung dann in die Vergangenheit zurück, wenn sie nicht "lediglich" auf einer geänderten rechtlichen Grundlage oder auf veränderten sozialen, soziologischen oder wirtschaftlichen Gegebenheiten und Anschauungen beruht, sondern wenn sie bei gleichbleibender Rechtslage und gleichbleibenden tatsächlichen Gegebenheiten der Erkenntnis Rechnung trägt, dass die bisherige Auslegung der Vorschrift im wertungsfrei technischen Sinne "unrichtig" gewesen ist (ausführlich BSG, Urteil vom 30.10.1985, 1 RJ 2/84; weiter BSG, Urteil vom 28.4.1999, B 9 V 16/98 R; Merten, in: Hauck/Noftz, SGB, § 48 SGB X, Rn. 90). Im vorliegenden Fall hat sich das Bundessozialgericht – wie dargelegt – nicht auf eine Änderung der Rechtslage oder anderer äußerer Umstände gestützt, sondern sich vielmehr einer bereits vor dem Jahr 2005 von weiten Teilen des sozialhilferechtlichen Schrifttums vertretenen Gegenauffassung zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts angeschlossen.
Schließlich scheitert ein Anspruch auf Übernahme der angemessenen Unterkunftskosten auch nicht daran, dass es sich bei den Aufwendungen im Zeitraum zwischen der wirksamen Beendigung des Mietverhältnisses und der Räumung der Wohnung nicht um Mietzins, sondern um eine Nutzungsentschädigung nach § 546a Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches gehandelt hat. Eine Beschränkung der Unterkunftskosten im Sinne von § 12 Abs. 1 Satz 1 BSHG auf den Mietzins lässt sich weder dem Gesetz noch der RegelsatzVO entnehmen. Sie ergibt sich auch nicht aus der unterschiedlichen Rechtsnatur von Mietzins und Nutzungsentschädigung: Soweit gegen die Anerkennung einer Nutzungsentschädigung als Aufwendungen für Unterkunft eingewandt worden ist, es handele sich nicht um die Gegenleistung für ein Wohnrecht, sondern um die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung (so der von der Beklagten zitierte Beschluss des OVG Hamburg vom 26.11.2002, 4 Bs 390/02 m.w.N.), ist dem entgegenzuhalten, dass der Entschädigungsanspruch im Rahmen des Abwicklungsschuldverhältnisses nach beendetem Mietvertrag als vertraglicher Anspruch eigener Art an die Stelle des Mietzinsanspruchs tritt und diesem zivilrechtlich weitgehend gleichgestellt ist (BGH, Urteil vom 15.2.1984, VIII ZR 213/82, BGHZE 90, 145, zur Vorgängervorschrift des § 557 BGB in der bis zum 31.8.2001 geltenden Fassung).
Der Anspruch der Klägerin auf Berücksichtigung ihrer Heizkosten beruht auf den §§ 11 Abs. 1 Satz 1, 12 Abs. 1 Satz 1 BSHG in Verbindung mit § 3 Abs. 2 und Abs. 1 Satz 1 und 2 RegelsatzVO a.F. Eine Nichtberücksichtigung der Heizkosten infolge einer fehlenden Berücksichtigungsfähigkeit der Unterkunftskosten scheidet nach dem soeben Gesagten aus. Andere Rechtsgründe hierfür sind nicht ersichtlich.
Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass beim Sozialhilfeanspruch der Klägerin in der Zeit bis zum (Wieder-) Einzug ihres Ehemannes am 29. Juli 2002 anteilig weitere 318.- Euro Unterkunftskosten im Monat anzusetzen waren. Hinzu kamen anteilig die tatsächlichen Heizkosten i.H.v. monatlich 84,82 Euro. Ab dem Einzug des Ehemannes waren 204,50 Euro Unterkunftskosten und die Hälfte der Heizkosten zu berücksichtigen, denn wie auch das Verwaltungsgericht Hamburg in seinem Beschluss vom 1. Oktober 2002 (Aktenzeichen 13 VG 3722/2002) bekräftigt hat, waren im streitgegenständlichen Zeitraum für einen Zweipersonenhaushalt Unterkunftskosten von monatlich 409.- Euro als angemessen anzusehen. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass die Beschwerde der Beklagten gegen den genannten Beschluss erfolgreich war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt höhere Sozialhilfeleistungen unter Berücksichtigung auch ihrer Aufwendungen für Unterkunft und Heizung für die Zeit ab dem 1. Juli 2002.
Die am XXXXX 1939 geborene Klägerin stand seit längerem im Bezug von Sozialhilfeleistungen. Sie hatte ihre Unterkunft mit 70,94 qm Wohnfläche zunächst zusammen mit ihrem Ehemann und ihrer 1974 geborenen Tochter bewohnt. Die Miete hierfür betrug ab Januar 2002 monatlich 489,82 Euro, hinzu kamen Heizkosten in Höhe von 84,82 Euro monatlich. Im Rahmen eines Scheidungsverfahrens hatte das Amtsgericht Hamburg – Familiengericht – die Wohnung durch Beschluss vom 5. Dezember 1996 (Aktenzeichen 291 F 198/96 WH) der Klägerin zur alleinigen Benutzung zugewiesen. Nachdem die Klägerin im Oktober 1999 auch den Auszug ihrer Tochter mitgeteilt hatte, forderte die Beklagte sie mit Schreiben vom 19. Oktober 1999 zur Senkung der Unterkunftskosten auf, berücksichtigte die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung indes zunächst weiter, nachdem die Klägerin mehrfach erklärt hatte, sie bemühe sich erfolglos um eine Kostensenkung durch Untervermietung und um eine Ersatzunterkunft. Im Oktober und Dezember 2001 wies die Beklagte sodann nochmals darauf hin, dass die Unterkunftskosten gesenkt werden müssten. Ausweislich eines Gesprächsvermerks vom 20. Dezember 2001 erklärte die Klägerin hierzu sinngemäß, Mieter der bisherigen Unterkunft sei auch ihr Ehemann, von dem sie getrennt lebe, sich aber nicht scheiden lassen wolle. Weiterhin beabsichtige ihre Tochter, wieder in die Wohnung einzuziehen. Die Beklagte forderte die Klägerin sodann auf, bis zum 15. Januar 2002 Nachweise für erfolglose Bemühungen um eine kostengünstigere Wohnung vorzulegen. Mit Schreiben vom 24. Januar 2002 wies die Beklagte darauf hin, dass von nun ab Aufwendungen für die Unterkunft nicht mehr berücksichtigt werden könnten. Mit Bescheid vom 28. Januar 2002 bewilligte die Beklagte sodann für Februar 2002 Sozialhilfe in Höhe von 286,83 Euro monatlich. Der Bescheid enthielt unter der Überschrift "Bewilligungszeitraum" den Zusatz, eine über Februar 2002 hinausgehende weitere Bewilligung werde bei Vorliegen ihrer Voraussetzungen in Aussicht gestellt und könne durch weitere Zahlungen nach Ablauf des Bewilligungszeitraums auch ohne erneuten schriftlichen Bescheid erfolgen. Eine entsprechende Regelung für Juli 2002 traf der Bescheid vom 26. Juni 2006, gegen den die Klägerin am 4. Juli 2002 Widerspruch einlegte. Am 29. Juli 2002 zog der Ehemann der Klägerin wieder in Wohnung ein. Ein Antrag der Klägerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung blieb vor dem Verwaltungsgericht Hamburg ohne Erfolg (Beschluss vom 5.8.2002, 13 VG 2980/2002). Über die Zeit ab dem 1. Oktober 2002 erließ die Beklagte wiederum einen gesonderten Bescheid.
Mit Beschluss vom 1. Oktober 2002 verpflichtete das Verwaltungsgericht Hamburg die Beklagte im Wege einer einstweiligen Anordnung, beim Ehemann der Klägerin im Monat Oktober 2002 Kosten der Unterkunft i.H.v. 204,50 Euro zu berücksichtigen (Aktenzeichen 13 VG 3722/2002). Auf die Beschwerde der Beklagten hob das Oberverwaltungsgericht den erstinstanzlichen Beschluss insoweit auf (Beschluss vom 26.11.2002, 4 Bs 390/02). Im November 2002 wurde die Wohnung der Klägerin zwangsgeräumt.
Den Widerspruch gegen den Bescheid vom 26. Juni 2002 wies die Beklagte mit Bescheid vom 19. Juli 2011 (der Klägerin zugestellt am 26.7.2011) zurück. Sie führte aus, das Widerspruchsverfahren sei einzustellen, da sich der angefochtene Bescheid infolge der Zwangsräumung erledigt habe. Da die Klägerin die betreffende Wohnung nach erfolgter Räumung nicht länger nutzen könne, sei ein entsprechender Bedarf entfallen und das Begehren der Klägerin gegenstandslos geworden.
Die hiergegen am 22. August 2011 erhobene Klage hat das Sozialgericht durch Gerichtsbescheid vom 1. Februar 2012 abgewiesen. Eine Widerspruchsentscheidung in der Sache dürfe nicht mehr ergehen, wenn sich der angefochtene Verwaltungsakt während des Widerspruchsverfahrens erledigt habe. Im vorliegenden Fall sei eine Erledigung durch die Räumung der Wohnung eingetreten. Eine Übernahme von Unterkunftskosten im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt könne nur zur Deckung des Unterkunftsbedarfes beansprucht werden. Voraussetzung für die Leistungsgewährung sei daher auch die tatsächliche Nutzung einer Unterkunft. Nach der Räumung habe die Klägerin ihren Unterkunftsbedarf nicht durch Nutzung der früheren Wohnung decken können. Ihr Begehren sei damit gegenstandslos geworden. Die Berufung ließ das Sozialgericht nicht zu.
Die Klägerin hat am 23. Februar 2011 Berufung eingelegt. Sie führt aus, die Beklagte habe sie durch Vorenthaltung der Unterkunftskosten aus ihrer Wohnung vertrieben. Infolge dessen sei sie noch immer mit Schulden i.H.v. beinahe 20.000.- Euro belastet.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 1. Februar 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 26. Juni 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2011 zu verurteilen, ihr höhere Leistungen der Sozialhilfe unter Berücksichtigung auch der Kosten für ihre Unterkunft für die Zeit ab dem 1. Juli 2002 zu erbringen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend und führt ergänzend aus, jedenfalls ab Stattgabe der Räumungsklage am 30. Juli 2002 habe es sich bei den Aufwendungen der Klägerin nicht mehr um Mietzins, sondern um eine Nutzungsentschädigung gehandelt. Hinsichtlich dessen habe das Oberverwaltungsgericht Hamburg u.a. durch Beschluss vom 26. November 2002, 4 Bs 390/02, entschieden, dass diese nicht zu übernehmen sei.
Mit Beschluss vom Beschluss vom 3. Dezember 2012 hat das Gericht das Verfahren nach § 153 Abs. 5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) auf den Berichterstatter zur Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen.
Der Senat hat am 21. Januar 2013 über die Berufung mündlich verhandelt. Auf das Sitzungsprotokoll wird verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Prozessakte sowie die Leistungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte durch den Berichterstatter und die ehrenamtlichen Richter entscheiden, da der Senat das Verfahren nach § 153 Abs. 5 SGG übertragen hatte.
Die Berufung ist auch ohne Zulassung statthaft und im Übrigen zulässig. Insbesondere überschreitet der Wert des Beschwerdegegenstandes die Grenze aus § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG. Aus dem Vortrag der Klägerin im Klageverfahren ergibt sich, dass sie aus dem ihrer Klage zugrunde liegenden Lebenssachverhalt Ansprüche in Höhe von jedenfalls mehreren Tausend Euro geltend macht. Ob die Klage insoweit zulässig gewesen ist, ist für die Bestimmung des Wertes des Beschwerdegegenstandes im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG nicht maßgeblich.
Die Berufung ist nur teilweise begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf höhere Sozialhilfeleistungen für den Zeitraum von 1. Juli 2002 bis zum 30. September 2002 unter Berücksichtigung zwar nicht der tatsächlichen, aber doch der nach sozialhilferechtlichen Maßstäben angemessenen Unterkunftskosten sowie ihrer tatsächlichen Heizkosten. Weitergehende Ansprüche auf höhere Leistungen unter Berücksichtigung der tatsächlichen Aufwendungen hat sie ebenso wenig wie sie von der Beklagten weitere geltend gemachte Zahlungen in Höhe von mehreren Tausend Euro verlangen kann, für die es an jedwedem rechtlichen Anhaltspunkt fehlt.
Einer Entscheidung in der Sache steht nicht entgegen, dass sich der Bescheid vom 26. Juni 2002 – wie die Beklagte meint – erledigt hätte, denn dies war nicht der Fall. Nach § 39 Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Ein Verwaltungsakt erledigt sich dadurch, dass er seine regelnde Wirkung verliert, seinen Zweck erreicht oder wenn die Ausführung seines Hauptverfügungssatzes rechtlich oder tatsächlich unmöglich geworden ist (Roos, in: von Wulffen, SGB X, 7. Aufl. 2010, § 39 Rn. 14 m.w.N.). Der angefochtene Bescheid regelte den Sozialhilfeanspruch der Klägerin im Monat Juli 2002 und kündigte entsprechende Regelungen für spätere Monate an. Teil der hierbei ausgesprochenen Regelung war auch, dass Unterkunfts- und Heizkosten bei der Höhe der Leistung keine Berücksichtigung finden sollten. Diese Regelungswirkung hat der Bescheid nicht dadurch verloren, dass der entsprechende Bedarf der Klägerin ab einem späteren Zeitpunkt nicht mehr durch Nutzung ihrer – nunmehr geräumten – Wohnung gedeckt werden konnte, denn hierdurch ist der Bedarf in der Zeit vor der Räumung nicht etwa rückwirkend entfallen.
Die Klägerin hat Anspruch auf höhere Leistungen unter Berücksichtigung der nach sozialhilferechtlichen Maßstäben angemessenen Unterkunftskosten. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 BSHG, das im streitigen Zeitraum galt, war Hilfe zum Lebensunterhalt demjenigen zu gewähren, der seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem aus seinem Einkommen und Vermögen, beschaffen konnte. Der notwendige Lebensunterhalt umfasste nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BSHG besonders Ernährung, Unterkunft, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Heizung und persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 der aufgrund von § 22 Abs. 5 BSHG erlassenen RegelsatzVO wurden laufende Leistungen für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen gewährt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang überstiegen, waren sie als Bedarf der Personen, deren Einkommen und Vermögen nach § 11 Abs. 1 BSHG zu berücksichtigen war, so lange anzuerkennen, als es diesen Personen nicht möglich oder nicht zuzumuten war, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO.
Hiervon ausgehend hat es das Sozialgericht zu Recht und mit zutreffender Begründung abgelehnt, die Beklagte zu höheren Sozialhilfeleistungen unter Berücksichtigung der tatsächlichen Aufwendungen zu verurteilen. Die tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft waren – wie das Sozialgericht im Anschluss an verschiedene Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Hamburg aus dem Jahr 2002 zutreffend festgestellt hat – unangemessen im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 RegelsatzVO. Auch § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO konnte nicht zugunsten der Klägerin eingreifen, denn es spricht nichts dafür, dass es der Klägerin, die seit Oktober 1999 hierüber und auch über die von der Beklagten für einschlägig gehaltene Angemessenheitsgrenze informiert war, unmöglich oder unzumutbar gewesen wäre, eine kostengünstigere Unterkunft zu finden. Die gegenteiligen Darlegungen der Klägerin im Berufungsverfahren erschöpfen sich in allgemeinen Vorwürfen gegen das Sozialgericht und die Beklagte und sind ohne juristische Substanz.
Dennoch hatte die Klägerin Anspruch auf höhere Leistungen unter Berücksichtigung derjenigen Unterkunftskosten, die ihrer Höhe nach als angemessen anzusehen waren. Zwar bestand unter Zugrundelegung der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 30.5.1996, 5 C 14/95) kein Anspruch auf höhere Leistungen unter Berücksichtigung eines (nach Angemessenheitskriterien beschränkten) Teils der Aufwendungen für Unterkunft, d.h. der Sozialhilfeträger war berechtigt, einen Hilfesuchenden, der die Übernahme unangemessen hoher Unterkunftskosten begehrte, auf den Bezug einer geeigneten kostenangemessenen Unterkunft zu verweisen und hatte die Kosten auch nicht teilweise in Höhe solcher Aufwendungen zu übernehmen, die für eine solche Wohnung aufzubringen gewesen wären (BVerwG, a.a.O.). Das seit dem Jahr 2005 für die Auslegung des Sozialhilferechts zuständige Bundessozialgericht ist von diesem "Alles-oder-Nichts-Prinzip" jedoch ausdrücklich abgerückt. Es hat bereits in seinem Urteil vom 7.11.2006, B 7b AS 10/06 R, entschieden, dass bei Übersteigen der Angemessenheitsschwelle bereits nach dem Wortlaut des im dortigen Fall einschlägigen § 22 Abs. 1 Satz 1 und 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II, hier in der bis zum 31.3.2006 geltenden Fassung, a.F.) jedenfalls die angemessenen Kosten zu übernehmen sind. Diese Rechtsprechung, die ausdrücklich als Abkehr von der zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gemeint war, ist auf die Auslegung von § 3 Abs. 1 Satz 1 und 2 RegelsatzVO übertragbar. Zwar ist der Wortlaut von § 3 Abs. 1 Satz 1 und 2 RegelsatzVO nicht mit dem von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II identisch, jedoch enthalten beide Vorschriften die – vom Bundessozialgericht maßgeblich herangezogene – Formulierung, wonach Aufwendungen, soweit sie den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, nur so lange als Bedarf zu berücksichtigen, wie es dem Hilfebedürftigen nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken. Dies bedeutet im Gegenschluss gleichermaßen für § 22 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB II a.F. wie für § 3 Abs. 1 Satz 1 und 3 RegelsatzVO, dass auch dann, wenn dem Hilfebedürftigen eine Kostensenkung möglich und zumutbar war (er also keinen Anspruch auf die tatsächlichen Kosten der Unterkunft mehr hatte), die nicht den angemessenen Umfang übersteigenden Aufwendungen zu berücksichtigen waren.
Einer Heranziehung der zitierten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Auslegung des bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Rechts steht auch nicht entgegen, dass das Bundessozialgericht seinerzeit noch nicht zur Auslegung des Sozialhilferechts berufen war. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundessozialgerichts wirkt eine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung dann in die Vergangenheit zurück, wenn sie nicht "lediglich" auf einer geänderten rechtlichen Grundlage oder auf veränderten sozialen, soziologischen oder wirtschaftlichen Gegebenheiten und Anschauungen beruht, sondern wenn sie bei gleichbleibender Rechtslage und gleichbleibenden tatsächlichen Gegebenheiten der Erkenntnis Rechnung trägt, dass die bisherige Auslegung der Vorschrift im wertungsfrei technischen Sinne "unrichtig" gewesen ist (ausführlich BSG, Urteil vom 30.10.1985, 1 RJ 2/84; weiter BSG, Urteil vom 28.4.1999, B 9 V 16/98 R; Merten, in: Hauck/Noftz, SGB, § 48 SGB X, Rn. 90). Im vorliegenden Fall hat sich das Bundessozialgericht – wie dargelegt – nicht auf eine Änderung der Rechtslage oder anderer äußerer Umstände gestützt, sondern sich vielmehr einer bereits vor dem Jahr 2005 von weiten Teilen des sozialhilferechtlichen Schrifttums vertretenen Gegenauffassung zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts angeschlossen.
Schließlich scheitert ein Anspruch auf Übernahme der angemessenen Unterkunftskosten auch nicht daran, dass es sich bei den Aufwendungen im Zeitraum zwischen der wirksamen Beendigung des Mietverhältnisses und der Räumung der Wohnung nicht um Mietzins, sondern um eine Nutzungsentschädigung nach § 546a Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches gehandelt hat. Eine Beschränkung der Unterkunftskosten im Sinne von § 12 Abs. 1 Satz 1 BSHG auf den Mietzins lässt sich weder dem Gesetz noch der RegelsatzVO entnehmen. Sie ergibt sich auch nicht aus der unterschiedlichen Rechtsnatur von Mietzins und Nutzungsentschädigung: Soweit gegen die Anerkennung einer Nutzungsentschädigung als Aufwendungen für Unterkunft eingewandt worden ist, es handele sich nicht um die Gegenleistung für ein Wohnrecht, sondern um die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung (so der von der Beklagten zitierte Beschluss des OVG Hamburg vom 26.11.2002, 4 Bs 390/02 m.w.N.), ist dem entgegenzuhalten, dass der Entschädigungsanspruch im Rahmen des Abwicklungsschuldverhältnisses nach beendetem Mietvertrag als vertraglicher Anspruch eigener Art an die Stelle des Mietzinsanspruchs tritt und diesem zivilrechtlich weitgehend gleichgestellt ist (BGH, Urteil vom 15.2.1984, VIII ZR 213/82, BGHZE 90, 145, zur Vorgängervorschrift des § 557 BGB in der bis zum 31.8.2001 geltenden Fassung).
Der Anspruch der Klägerin auf Berücksichtigung ihrer Heizkosten beruht auf den §§ 11 Abs. 1 Satz 1, 12 Abs. 1 Satz 1 BSHG in Verbindung mit § 3 Abs. 2 und Abs. 1 Satz 1 und 2 RegelsatzVO a.F. Eine Nichtberücksichtigung der Heizkosten infolge einer fehlenden Berücksichtigungsfähigkeit der Unterkunftskosten scheidet nach dem soeben Gesagten aus. Andere Rechtsgründe hierfür sind nicht ersichtlich.
Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass beim Sozialhilfeanspruch der Klägerin in der Zeit bis zum (Wieder-) Einzug ihres Ehemannes am 29. Juli 2002 anteilig weitere 318.- Euro Unterkunftskosten im Monat anzusetzen waren. Hinzu kamen anteilig die tatsächlichen Heizkosten i.H.v. monatlich 84,82 Euro. Ab dem Einzug des Ehemannes waren 204,50 Euro Unterkunftskosten und die Hälfte der Heizkosten zu berücksichtigen, denn wie auch das Verwaltungsgericht Hamburg in seinem Beschluss vom 1. Oktober 2002 (Aktenzeichen 13 VG 3722/2002) bekräftigt hat, waren im streitgegenständlichen Zeitraum für einen Zweipersonenhaushalt Unterkunftskosten von monatlich 409.- Euro als angemessen anzusehen. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass die Beschwerde der Beklagten gegen den genannten Beschluss erfolgreich war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
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