Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 12 AS 399/12
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 2 AS 42/13 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 07.12.2012 aufgehoben. Dem Kläger wird für das erstinstanzliche Verfahren ab 26.10.2012 ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt X, L, bewilligt.
Gründe:
I. In der Hauptsache begehrt der Kläger die Bewilligung höherer Leistungen der Unterkunft und Heizung für Juni 2011.
Der Kläger bewohnt eine 83 qm große Wohnung in L. Die monatlichen Kosten für diese Wohnung lagen ab dem 01.06.2011 bei 549,51 Euro (Grundmiete 302,51 Euro, Vorauszahlung für Betriebskosten 105,- Euro und Vorauszahlung für Heizung/Warmwasser 142,- Euro). Mit Heiz- und Betriebskostenabrechnung vom 06.05.2011 rechnete der Vermieter des Klägers die Kosten für die Abrechnungsperiode 01.01.2010 bis 31.12.2010 ab und errechnete ein Guthaben des Klägers in Höhe von 106,16 Euro (16,93 Euro Betriebskosten und 89,23 Euro Heizung/Warmwasser). Das Guthaben verrechnete er mit der für Juni 2011 fälligen Miete. Für diesen Monat war vom Kläger nur eine Miete von 443,35 Euro zu zahlen.
Mit Bescheid vom 31.05.2011 bewilligte der Beklagte dem Kläger aufgrund eines Antrags vom 19.05.2011 im Anschluss an das zuvor bis zum 28.05.2011 bezogene ALG-I vorläufige Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum 01.05.2011 bis 31.07.2011. Für den Monat Juni 2011 wurden unter Berücksichtigung des Regelsatzes von 364,- Euro und von Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 443,35 Euro Leistungen von insgesamt 807,35 Euro gewährt. Für die Folgemonate wurden demgegenüber neben dem Regelsatz Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 549,51 Euro bewilligt. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass im Monat Juni 2011 das Guthaben aus der Betriebs- und Heizkostenabrechnung 2010 fällig geworden sei. Das Guthaben werde daher im Juni 2011 angerechnet.
Mit Schreiben vom 29.06.2011 legte der Kläger gegen die Berechnung der Leistungen für Juni 2011 Widerspruch ein. Der Beklagte sei nicht dazu berechtigt, das ihm zustehende Guthaben auf seine Mietkosten anzurechnen. Dieses "Geld stehe in seinem Eigentum" und sei ihm zurückzuerstatten. Mit Widerspruchsbescheid vom 27.01.2012 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.
Der Kläger hat hiergegen am 31.01.2012 Klage vor dem Sozialgericht Köln erhoben und am 26.10.2012 einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt X gestellt. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass ihm das Guthaben zustehe und eine Verrechnung nicht zulässig sei. Mit Beschluss vom 07.12.2012 hat das Sozialgericht den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Die Klage biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil die Anrechnung des Guthabens nach § 22 Abs. 3 SGB II ausdrücklich zu erfolgen haben. Durch die Verrechnung des Vermieters bestehe in dem entsprechenden Monat tatsächlich ein geringerer Bedarf für die Kosten der Unterkunft.
Der Kläger hat gegen den am 11.12.2012 zugestellten Beschluss am 04.01.2013 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung verweist er erneut darauf, dass es sich bei dem Guthaben um "sein Vermögen" handele, dass ihm zustehe. Die grundsätzliche Anrechnung führe dazu, dass auf diesem Wege das ihm zustehende Schonvermögen nicht berücksichtigt würde. Die Regelung des § 22 Abs. 3 SGB II beziehe sich nur auf die Fälle, in denen das Guthaben aus einem Zeitraum stamme, in dem der Betroffene im Leistungsbezug gestanden habe.
Der Beklagte hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
II.
Die Beschwerde des Klägers ist zulässig und begründet.
Das Sozialgericht hat die Gewährung von Prozesskostenhilfe zu Unrecht abgelehnt.
Beteiligte, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen können, erhalten gemäß § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
Der Kläger erhält Leistungen nach dem SGB II und kann die Kosten der Prozessführung nicht selbst aufbringen. Die Klage hat auch hinreichende Aussicht auf Erfolg und erscheint nicht mutwillig.
Dem Kläger stehen für Juni 2011 höhere Kosten der Unterkunft und Heizung zu. Die mit dem Bewilligungsbescheid vom 31.05.2011 erfolgte Anrechnung des Guthabens aus der Heiz- und Betriebskostenabrechnung für 2010 in Höhe von 106,16 Euro auf die in diesem Monat angefallenen Mietkosten in Höhe von 549,51 Euro entspricht nicht der Regelung des § 22 Abs. 3 SGB II. Nach dieser Vorschrift mindern Rückzahlungen und Gutschriften, die den Bedarfen für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift. Das Guthaben aus der Heiz- und Betriebskostenrückzahlung für 2010 ist vom Vermieter mit der Miete für Juni 2011 verrechnet worden. Es ist Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II, das dem Kläger im Juni 2011 zugeflossen ist. Auch eine Betriebskostenrückzahlung, die dem Hilfebedürftigen nicht ausgezahlt worden ist, sondern die mit einer künftigen Mietforderung verrechnet worden ist, bewirkt einen "wirtschaftlichen Zuwachs", weil sie die entsprechende Verbindlichkeit verringert (vgl. BSG, Urteil vom 16.05.2012 - B 4 AS 132/11 R).
Nach der Sonderregelung zur Einkommensanrechnung von Rückzahlungen und Guthaben des § 22 Abs. 3 SGB II ist allerdings abweichend vom tatsächlichen "Zufluss" des Einkommens im Juni 2011 für die Einkommensanrechnung erst der Monat nach der Rückzahlung oder Gutschrift maßgeblich. Erst die in diesem Monat entstehenden Aufwendungen werden gemindert (vgl. auch BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 4 AS 139/11 R, RdNr. 18). Der Beklagte hätte folglich das Guthaben nicht im Juni 2011, sondern erst im Juli 2011 berücksichtigen dürfen.
Die Beiordnung eines Rechtsanwalts ist unter Berücksichtigung der Komplexität der Regelung des § 22 Abs. 3 SGB II auch erforderlich.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten (§ 73a SGG iVm § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Gründe:
I. In der Hauptsache begehrt der Kläger die Bewilligung höherer Leistungen der Unterkunft und Heizung für Juni 2011.
Der Kläger bewohnt eine 83 qm große Wohnung in L. Die monatlichen Kosten für diese Wohnung lagen ab dem 01.06.2011 bei 549,51 Euro (Grundmiete 302,51 Euro, Vorauszahlung für Betriebskosten 105,- Euro und Vorauszahlung für Heizung/Warmwasser 142,- Euro). Mit Heiz- und Betriebskostenabrechnung vom 06.05.2011 rechnete der Vermieter des Klägers die Kosten für die Abrechnungsperiode 01.01.2010 bis 31.12.2010 ab und errechnete ein Guthaben des Klägers in Höhe von 106,16 Euro (16,93 Euro Betriebskosten und 89,23 Euro Heizung/Warmwasser). Das Guthaben verrechnete er mit der für Juni 2011 fälligen Miete. Für diesen Monat war vom Kläger nur eine Miete von 443,35 Euro zu zahlen.
Mit Bescheid vom 31.05.2011 bewilligte der Beklagte dem Kläger aufgrund eines Antrags vom 19.05.2011 im Anschluss an das zuvor bis zum 28.05.2011 bezogene ALG-I vorläufige Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum 01.05.2011 bis 31.07.2011. Für den Monat Juni 2011 wurden unter Berücksichtigung des Regelsatzes von 364,- Euro und von Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 443,35 Euro Leistungen von insgesamt 807,35 Euro gewährt. Für die Folgemonate wurden demgegenüber neben dem Regelsatz Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 549,51 Euro bewilligt. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass im Monat Juni 2011 das Guthaben aus der Betriebs- und Heizkostenabrechnung 2010 fällig geworden sei. Das Guthaben werde daher im Juni 2011 angerechnet.
Mit Schreiben vom 29.06.2011 legte der Kläger gegen die Berechnung der Leistungen für Juni 2011 Widerspruch ein. Der Beklagte sei nicht dazu berechtigt, das ihm zustehende Guthaben auf seine Mietkosten anzurechnen. Dieses "Geld stehe in seinem Eigentum" und sei ihm zurückzuerstatten. Mit Widerspruchsbescheid vom 27.01.2012 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.
Der Kläger hat hiergegen am 31.01.2012 Klage vor dem Sozialgericht Köln erhoben und am 26.10.2012 einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt X gestellt. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass ihm das Guthaben zustehe und eine Verrechnung nicht zulässig sei. Mit Beschluss vom 07.12.2012 hat das Sozialgericht den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Die Klage biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil die Anrechnung des Guthabens nach § 22 Abs. 3 SGB II ausdrücklich zu erfolgen haben. Durch die Verrechnung des Vermieters bestehe in dem entsprechenden Monat tatsächlich ein geringerer Bedarf für die Kosten der Unterkunft.
Der Kläger hat gegen den am 11.12.2012 zugestellten Beschluss am 04.01.2013 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung verweist er erneut darauf, dass es sich bei dem Guthaben um "sein Vermögen" handele, dass ihm zustehe. Die grundsätzliche Anrechnung führe dazu, dass auf diesem Wege das ihm zustehende Schonvermögen nicht berücksichtigt würde. Die Regelung des § 22 Abs. 3 SGB II beziehe sich nur auf die Fälle, in denen das Guthaben aus einem Zeitraum stamme, in dem der Betroffene im Leistungsbezug gestanden habe.
Der Beklagte hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
II.
Die Beschwerde des Klägers ist zulässig und begründet.
Das Sozialgericht hat die Gewährung von Prozesskostenhilfe zu Unrecht abgelehnt.
Beteiligte, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen können, erhalten gemäß § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
Der Kläger erhält Leistungen nach dem SGB II und kann die Kosten der Prozessführung nicht selbst aufbringen. Die Klage hat auch hinreichende Aussicht auf Erfolg und erscheint nicht mutwillig.
Dem Kläger stehen für Juni 2011 höhere Kosten der Unterkunft und Heizung zu. Die mit dem Bewilligungsbescheid vom 31.05.2011 erfolgte Anrechnung des Guthabens aus der Heiz- und Betriebskostenabrechnung für 2010 in Höhe von 106,16 Euro auf die in diesem Monat angefallenen Mietkosten in Höhe von 549,51 Euro entspricht nicht der Regelung des § 22 Abs. 3 SGB II. Nach dieser Vorschrift mindern Rückzahlungen und Gutschriften, die den Bedarfen für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift. Das Guthaben aus der Heiz- und Betriebskostenrückzahlung für 2010 ist vom Vermieter mit der Miete für Juni 2011 verrechnet worden. Es ist Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II, das dem Kläger im Juni 2011 zugeflossen ist. Auch eine Betriebskostenrückzahlung, die dem Hilfebedürftigen nicht ausgezahlt worden ist, sondern die mit einer künftigen Mietforderung verrechnet worden ist, bewirkt einen "wirtschaftlichen Zuwachs", weil sie die entsprechende Verbindlichkeit verringert (vgl. BSG, Urteil vom 16.05.2012 - B 4 AS 132/11 R).
Nach der Sonderregelung zur Einkommensanrechnung von Rückzahlungen und Guthaben des § 22 Abs. 3 SGB II ist allerdings abweichend vom tatsächlichen "Zufluss" des Einkommens im Juni 2011 für die Einkommensanrechnung erst der Monat nach der Rückzahlung oder Gutschrift maßgeblich. Erst die in diesem Monat entstehenden Aufwendungen werden gemindert (vgl. auch BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 4 AS 139/11 R, RdNr. 18). Der Beklagte hätte folglich das Guthaben nicht im Juni 2011, sondern erst im Juli 2011 berücksichtigen dürfen.
Die Beiordnung eines Rechtsanwalts ist unter Berücksichtigung der Komplexität der Regelung des § 22 Abs. 3 SGB II auch erforderlich.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten (§ 73a SGG iVm § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
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