L 7 AS 115/11

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 40 AS 693/08
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 115/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine Addition mehrerer Bewilligungsabschnitte erfolgt im Rahmen des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG lediglich dann, wenn mehrere prozessuale Ansprüche auf den selben Entstehungsgrund zurückgehen. Da in Verfahren nach dem SGB II für die einzelnen Bewilligungsabschnitte jeweils materiell-rechtlich selbstständige, nicht auf einem einheitlichen Stammrecht beruhende Ansprüche auf Sozialleistungen im Streit stehen, kommt ein Zusammenrechnen von mehreren Bewilligungsabschnitten nicht in Betracht.
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 17. Dezember 2010 wird verworfen.

II. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten in der Berufungsinstanz nur noch darüber, ob dem Kläger für die Bewilligungsabschnitte 16.09.2007 bis 31.03.2008, 01.04.2008 bis 30.09.2008 und 01.10.2008 bis 31.03.2009 um 2,51 EUR monatlich höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zustehen.

Der am ...1955 geborene Kläger legte bei erstmaliger Antragstellung auf Leistungen nach SGB II am 20.02.2007 eine Bescheinigung der Fachärztin für innere Medizin Dr. med. A S vom 06.02.2007 vor, wonach bei ihm eine Hyperlipidämie vorliege, die lipidsenkende Kost erforderlich mache. Die Krankenkost sei dauerhaft notwendig und werde ärztlich verordnet. Es lägen trotz Medikamenteneinnahme erhöhte Werte vor. Nachdem der Kläger im September 2007 in den Zuständigkeitsbereich des jetzigen Beklagten umgezogen war, beantragte er dort am 16.09.2007 Leistungen nach dem SGB II. Diese wurden ihm mit Bescheid vom 27.09.2007 für die Zeit vom 16.09.2007 bis 30.09.2007 in Höhe von 150,14 EUR und für die Zeit vom 01.10.2007 bis 31.03.2008 in Höhe von monatlich insgesamt 843,04 EUR bewilligt. Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers vom 08.10.2007, mit dem er unter anderem die hier streitige Erhöhung des Mehrbedarfes für kostenaufwändige Ernährung geltend gemacht hat, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23.01.2008 zurück. Der anerkannte Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung entspreche den Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge (DV).

Hiergegen hat der Kläger am 13.02.2008 beim Sozialgericht Dresden (SG) Klage erhoben. Er hat erstinstanzlich für die Zeit vom 16.09.2007 bis 30.09.2007 die anteilige Regelleistung (173,50 EUR) sowie den anteiligen ernährungsbedingten Mehrbedarf begehrt. Des Weiteren hat er für die Zeit vom 16.09.2007 bis 31.03.2008 einen um monatlich 2,51 EUR erhöhten Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung geltend gemacht. Hinsichtlich der Zahlung der anteiligen Regelleistung in Höhe von 173,50 EUR für September 2007 hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 26.01.2009 ein Anerkenntnis erklärt. Dieses hat der Kläger mit Schriftsatz vom 09.03.2009 angenommen.

Auf den Fortzahlungsantrag vom 14.02.2008 bewilligte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 08.04.2008 Leistungen für die Zeit vom 01.04.2008 bis 30.09.2008 in Höhe von 792,04 EUR. Hierbei berücksichtigte er einen Mehrbedarf von 35,79 EUR zuzüglich zu der Regelleistung von 347,00 EUR sowie Kosten der Unterkunft und Heizung von 300,25 EUR und einen befristeten Zuschlag von 109,00 EUR monatlich. Dieser Bescheid wurde mit Bescheid vom 17.05.2008 dahin geändert, dass für die Zeit vom 01.07.2008 bis 30.09.2008 767,04 EUR geleistet würden und zwar ausgehend von einer Regelleistung in Höhe von 351,00 EUR, einem Mehrbedarf in Höhe von 35,79 EUR, Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 300,25 EUR und einem befristeten Zuschlag in Höhe von 80,00 EUR. Am 13.04.2008 legte der Kläger hiergegen Widerspruch ein. Er verwies auf die seine mit Widerspruch gegen den Bescheid vom 27.09.2007 gegebene Begründung. Mit Widerspruchsbescheid vom 26.08.2008 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Der anerkannte Mehrbedarf in Höhe von 35,79 EUR entspreche den Empfehlungen des DV.

Mit Schriftsatz vom 30.09.2008 hat der Kläger die bisherige Klage vor dem Sozialgericht dahin erweitert, dass die genannten Bescheide ebenfalls angefochten würden.

Auf den Fortzahlungsantrag vom 13.08.2008 bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 04.09.2008 Leistungen für die Zeit vom 01.10.2008 bis 31.03.2009 in Höhe von 767,04 EUR monatlich (351,00 EUR Regelleistung, 35,79 EUR Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung, Kosten der Unterkunft und Heizung 300,25 EUR, befristeter Zuschlag 80,00 EUR). Den hiergegen gerichteten Widerspruch vom 07.09.2008, mit dem auf die Widerspruchsbegründung hinsichtlich der vorangegangenen Bescheide Bezug genommen und weiterhin die Höhe der Regelleistung moniert wurde, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29.10.2008 zurück. Die Regelleistung sei verfassungsgemäß. Die Höhe des Mehrbedarfs von 35,79 EUR entspreche den Empfehlungen des DV.

Mit Schriftsatz vom 01.12.2008 hat der Kläger die Klage wiederum erweitert und auch den letztgenannten Widerspruchsbescheid angefochten. Die begehrte Anhebung des ernährungsbedingten Mehrbedarfs um 7 % entspreche dem, was der DV selbst empfehle, nämlich die Regelwerte jährlich entsprechend der Regelsatzerhöhung zum 01.07. fortzuschreiben. In Anbetracht des Alters der Empfehlung aus dem Jahr 1997 sei die siebenprozentige Erhöhung angemessen. Im Hinblick auf die Klageerweiterungen hat er zunächst ausgeführt, dass auch hier die ungenügende Gewährung des ernährungsbedingten Mehrbedarfes angegriffen werde. Der Kläger weise keinen Regelfall einer Hyperlipidämie auf. Vielmehr sei die Erkrankung bei ihm bereits seit acht Jahren und damit chronisch vorliegend. Er befinde sich deshalb in ständiger Behandlung. Die Erkrankung sei dadurch gekennzeichnet, dass trotz regelmäßiger Medikamenteneinnahme keine zufriedenstellenden Werte erreicht würden. Die Fettstoffwechselstörung sei nicht damit auszugleichen, dass der Kläger lediglich eine normale Vollkost zu sich nehme. Auch eine bloße Fettreduzierung sei nicht ausreichend, vielmehr sei er darauf angewiesen, verschiedene preiswerte Lebensmittel durch höherwertige, dann aber auch preisintensivere Lebensmittel zu ersetzen. Hierdurch entstehe ein tatsächlicher krankheitsbedingter Mehrbedarf, der nicht aus dem Regelsatz abzudecken sei. Im Übrigen stehe einer Trennung der Verfahren nichts entgegen, sollte das Gericht die Klageerweiterung nicht für sachdienlich halten. Wegen der Einzelheiten des klägerischen Vorbringens wird auf die Schriftsätze vom 06.06.2008, 08.12.2008, 09.03.2009, 04.05.2009 und 09.12.2010 Bezug genommen.

Zur Frage der Klageerweiterung hat der Kläger vorgetragen, dass die vorgenommenen Klageerweiterungen nicht nur unter Kostengesichtspunkten sachdienlich, sondern grundsätzlich gemäß § 56 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig seien. Der Beklagte hat sich letztlich dahingehend geäußert, dass eine nachträgliche objektive Klagehäufung nur unter Vorliegen der Voraussetzung des § 99 SGG möglich sei. Gleichwohl werde einer Verbindung nicht mehr entgegengetreten.

Das SG hat Befundberichte eingeholt und mit Urteil vom 17.12.2010 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass mit der diagnostizierten Hyperlipidämie zwar medizinische Gründe für eine streng fettarme Ernährung bestünden, allerdings diese Ernährungsform im Verhältnis zu dem durch den Regelsatz gedeckten Aufwand für eine Vollkosternährung nicht zu einem Mehrbedarf führe.

Gegen das seiner Prozessbevollmächtigten am 10.01.2011 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, die am 10.02.2011 beim Sächsischen Landessozialgericht eingegangen ist. Er trägt vor, der Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung sei zu Recht gewährt worden, so dass auch ein Anspruch auf um 2,51 EUR monatlich höhere Leistungen bestehe. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) habe geklärt, dass auch die aktuellen Empfehlungen des DV die Verpflichtung zur Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen nicht entfallen ließen. Eine gegebenenfalls erforderliche Begutachtung im Einzelfall werde hierdurch nicht ersetzt. Die Empfehlungen des DV beinhalteten nur für Regelfälle der einzelnen Erkrankungen Ausführungen. Ein solcher liege beim Kläger aber gerade nicht vor, wie sich aus den eingeholten Befundberichten ergeben habe. Auch handle es sich bei der Frage, ob Mehrkosten im Verhältnis zu normaler Vollkost durch eine fettarme Ernährung entstünden, nicht um eine medizinische Problematik, so dass eine derartige Fragestellung von einem ärztlichen Sachverständigen auch nicht beurteilt werden könne.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 17. Dezember 2010 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger unter Abänderung der für den Zeitraum vom 16. September 2007 bis 31. März 2009 ergangenen Bescheide monatlich um 2,51 EUR höhere Leistungen zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verweist auf sein bisheriges Vorbringen und darauf, dass sich nach dem Inhalt der vom Senat eingeholten Stellungnahme von Prof. Dr. W,,, kein Anspruch auf ernährungsbedingten Mehrbedarf ergebe.

Der Senat hat eine ärztliche Stellungnahme zur Frage der vom Kläger benötigten Kostform bei Prof. Dr. W,,,, Chefarzt der Allergie- und Asthma-Klinik der "Medizinisches Zentrums B ... L GmbH" vom 12.06.2012 eingeholt, wegen deren Inhalts auf Bl.216/217 der Gerichtsakte Bezug genommen wird.

Dem Senat liegen die Verfahrensakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakten des Beklagten vor.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist nicht statthaft. Daher war sie zu verwerfen.

Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG (in der seit dem 01.04.2008 geltenden Fassung) bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR oder bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000,- EUR nicht übersteigt. Dies gilt nach Satz 2 der Norm nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

Das Berufungsbegehren ist auf Geldleistungen gerichtet. Die Addition der jeweiligen Unterschiedsbeträge zwischen begehrter und gewährter Höhe des Mehrbedarfszuschlages ergibt auch für 18 Monate nicht mehr als 750,00 EUR, sodass die Voraussetzungen einer zulassungsfreien Berufung gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG nicht gegeben sind.

Die jeweilige Dauer der drei aufeinander folgenden Bewilligungsabschnitte ist nicht zu addieren, sodass § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG nicht eingreift. Bei der Zeitberechnung kommt es auf den Bestimmungszeitraum an. Eine Zusammenrechnung mehrerer Zeitabschnitte erfolgt, wenn mehrere prozessuale Ansprüche auf denselben Entstehungsgrund zurückgehen und zu gleich bleibenden, wiederkehrenden Leistungen führen (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 144 RdNr. 24 m.w.N.; ebenso in der Vorauflage). Daher ist keine Zusammenrechnung möglich, wenn es am gleichen Entstehungsgrund fehlt, z.B. bei Erfüllung einer neuen Anwartschaft durch zwischenzeitliche Beschäftigung. Das BSG hat hierzu grundlegend bereits in seinem Urteil vom 08.10.1981 (7 RAr 72/80, RdNr. 20, zitiert nach Juris) ausgeführt, dass dann, wenn gleichartige wiederkehrende Leistungen, also in ihrer Grundstruktur gleiche Einzelansprüche, die auf einem einheitlichen Stammrecht beruhen und für die der Moment zeitlicher Dauer typisch ist, wie dies etwa beim Arbeitslosengeld (nach dem Arbeitsförderungsgesetz - AFG, also vergleichbar dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch – SGB III) unzweifelhaft der Fall sei, allein die Länge des Zeitraums, für den die Leistungen streitig seien, die Beschwer ausmache. In einem solchen Fall könne es keinen Unterschied machen, ob die wiederkehrenden Leistungen durch einen oder mehrere prozessuale Ansprüche geltend gemacht werden müssten bzw. ob die streitigen Bezugszeiten durch unstreitige Bezugszeiten unterbrochen seien. Jedenfalls dann, wenn die verschiedenen Ansprüche den gleichen Entstehungsgrund hätten und zu gleichen wiederkehrenden Leistungen führten, habe eine einheitliche Ermittlung des Beschwerdegegenstandes durch Zusammenrechnung der Bezugszeiten zu erfolgen.

Diese Voraussetzungen für eine Zusammenrechnung der Dauer der einzelnen streitigen Bewilligungsabschnitte liegen hier nicht vor.

Der erkennende Senat hat bereits in seinem Beschluss vom 26.04.2010 (L 7 AS 125/10 B ER) ausgeführt: "§ 41 SGB II begrenzt nämlich den jeweiligen Streitgegenstand in Rechtsstreitigkeiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende in zeitlicher Hinsicht auf die Dauer von sechs bzw. maximal zwölf Monaten (BSG, Beschluss vom 30.07.2008 – B 14 AS 7/08 B, RdNr. 5, ebenso LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.12.2007, L 13 AS 3729/07 RdNr. 11; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19.11.2008, L 10 AS 541/08, RdNr. 24; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 01.03.2010 – L 6 AS 33/10 B ER; vgl. auch BSG, Urteil vom 20.05.2003 – B 1 KR 25/01 R, RdNr. 17, und Urteil vom 26.06.1969 – 4 RJ 495/68, alle zitiert nach Juris.). Begründet wird dies im Wesentlichen damit, dass die Leistungsbewilligung im SGB II für in der Regel jeweils sechs Monate ihre Ursache unter anderem darin hat, dass es Ziel des Gesetzes ist, die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen wieder in Arbeit zu integrieren und ein dauerhafter Bezug von Leistungen nach dem SGB II (als rentenähnliches Recht) die Ausnahme sein solle. Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat nach eigener Prüfung vollumfänglich an. Somit richtet sich die für die Berufung maßgebliche Beschwer in derartigen Verfahren nicht allein nach dem Begehren des Klägers (oder Antragstellers), der ggf. unter Annahme einer fortdauernden Hilfebedürftigkeit Leistungen für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr begehrt, sondern die Beschwer wird begrenzt durch den jeweiligen Bewilligungszeitraum."

Hieran hält der Senat fest. Diese Ansicht, wonach eine Addition der zeitlichen Dauer von Bewilligungsabschnitten für SGB II-Leistungen im Rahmen des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG nicht vorzunehmen ist, wird durch die ober- und höchstrichterliche Rechtsprechung untermauert. So hat das LSG Sachsen-Anhalt (Beschluss vom 18.03.2010 – L 5 AS 93/10 B ER, RdNr. 20) hierzu ausgeführt: "Im zeitlichen Umfang ist das Interesse begrenzt auf die Dauer eines Bewilligungsabschnitts, mithin auf sechs Monate, höchstens zwölf Monate (§ 41 Abs. 1 Sätze 4, 5 SGB II; vgl. Beschluss des Senats vom 04.03.2010 – L 5 AS 41/10 B ER). Eine Einbeziehung weiterer Bewilligungsabschnitte kommt nicht in Betracht, da jeweils materiell-rechtlich selbstständige, hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen von einander unabhängige Ansprüche auf Sozialleistungen im Streit stehen (vgl. BSG, Urteil vom 18.03.1982 – 7 RAr 50/80, SozR 4100 § 118 Nr. 10). Nicht ausreichend für die Zusammenrechnung von einzelnen Zeitabschnitten sind ein natürlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang oder dasselbe Sozialrechtsverhältnis (vgl. BSG, Beschluss vom 30.07.2008 – B 14 AS 7/08 B, für Bewilligungsabschnitte bei SGB II-Leistungen)."

Das LSG Sachsen-Anhalt hat im weiteren Beschluss vom 13.05.2009 (L 5 AS 17/09 B, RdNrn. 24, 25) in Auseinandersetzung mit den vom BSG entschiedenen Fallgestaltungen (Honorarabrechnungen von Vertragsärzten im Rahmen ihres durch den Ersatzkassenvertrag begründeten Abrechnungsverhältnisses: BSG, Urteil vom 24.01.1974 – 6 RKa 2/73, SozR 1500 § 144 Nr. 1; Arbeitslosengeldbezug, der auf derselben Anwartschaftszeit beruht: BSG, Urteil vom 22.03.1989 – 7 RAr 108/88) nach Auffassung des erkennenden Senats zutreffend dargelegt, dass bei Ansprüchen nach dem SGB II nicht von einem gleichen Entstehungsgrund i.S.d. der zitierten und vorgehend zitierten BSG-Rechtsprechung auszugehen ist. Denn die Alg II-Zahlungen fließen zwar aus einem einheitlichen Rechtsverhältnis und kehren auch in regelmäßigen Abständen wieder. Sie beruhen aber deswegen nicht auf einem einheitlichen Entstehungsgrund, weil sie aus keinem einheitlichen Stammrecht heraus zufließen. Vielmehr sind die Voraussetzungen der Ansprüche in jedem Bewilligungsabschnitt voneinander unabhängig neu zu prüfen. Die Zusammenrechnung derart materiell selbstständiger Ansprüche widerspräche zudem der Zweckbestimmung als § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG. Der Gesetzgeber hat für Ansprüche von bestimmter, minderer Anspruchsdauer nur eine Instanz vorgesehen.

Dies entspricht auch der Rechtsprechung zum prozessualen Streitgegenstand im SGB II-Bereich. Hierzu hat das BSG bereits frühzeitig klargestellt, dass der jeweilige Bewilligungsabschnitt maßgeblich ist und eine Einbeziehung weiterer Bewilligungsabschnitte im Rahmen des § 96 SGG nicht erfolgt. Das BSG hat denn auch folgerichtig in einem Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren (B 7b AS 14/06 R, RdNr. 5) Folgendes festgehalten: "Dem Begriff der wiederkehrenden und laufenden Leistung i.S. des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG sind die Wiederholung, die Gleichhaltigkeit und der Ursprung in demselben Rechtsverhältnis (Stammrecht) gemeinsam (vgl. Littmann in Lüdtke, Hk SGG 2. Aufl. 2006, § 144 RdNr. 12; BSG, SozR 1500 § 144 Nr. 5). Leistungen beruhen auf demselben Rechtsverhältnis, wenn ihnen derselbe Leistungsfall zu Grunde liegt (BSG, SozR 4100 § 118 Nr. 10), auf den die Einzelansprüche zurückgeführt werden können. Lediglich ein natürlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang oder dasselbe Sozialrechtverhältnis reichen hierfür nicht aus. Zu Recht hat das LSG hierzu ausgeführt, dass § 41 SGB II insofern eine zeitliche Zäsur schafft, die den jeweiligen Streitgegenstand in zeitlicher Hinsicht umschreibt (vgl. zur Nichtanwendbarkeit des § 96 SGG im Bereich des SGB II: BSG, SozR 4-4200 § 22 Nr. 1 RdNr. 17). Insofern begrenzt § 41 SGB II den jeweiligen Streitgegenstand in Rechtsstreitigkeiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende in zeitlicher Hinsicht auf die Dauer von sechs bzw. maximal zwölf Monate. Die Leistungsbewilligung im SGB II für jeweils sechs Monate hat u.a. ihre Ursache darin, dass es Ziel des Gesetzes ist, die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen wieder in Arbeit zu integrieren und ein dauerhafter Bezug von Leistungen nach dem SGB II (als rentenähnliches Recht) die Ausnahme sein soll. Insofern kann mit der Behauptung der lediglich fiktiven Möglichkeit, auch noch in einigen Jahren Empfänger von Leistungen nach dem SGB II zu sein, die Berufungsfähigkeit nicht hergestellt werden, denn diese ist, was das LSG zutreffend ausgeführt hat, jeweils auf das sachlich verfolgbare (materiell mögliche) Prozessziel beschränkt."

Noch deutlicher hat sich das BSG in seinem Beschluss vom 22.07.2010 (B 4 AS 77/10 B, RdNr. 7) positioniert: "Das LSG hat auch den Begriff der wiederkehrenden und laufenden Leistung i.S. des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG zutreffend ausgelegt. Der wiederkehrenden und laufenden Leistung sind die Wiederholung, die Gleichhaltigkeit und der Ursprung in demselben Rechtsverhält- nis gemeinsam (BSG, Urteil vom 22.09.1976 – 7 RAr 107/75, SozR 1500 § 144 Nr. 5). Leistungen beruhen auf demselben Rechtsverhältnis, wenn ihnen derselbe Leistungsfall zu Grunde liegt (BSG, Urteil vom 18.03.1982 – 7 RAr 50/80, SozR 4100 § 118 Nr. 10), auf den die Einzelansprüche zurückgeführt werden können. Lediglich ein natürlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang oder dasselbe Sozialrechtsverhältnis reichen hierfür nicht aus. § 41 SGB II schafft eine zeitliche Zäsur, die den jeweiligen Streitgegen¬stand in zeitli- cher Hinsicht umschreibt (vgl. zur Nichtanwendbarkeit des § 96 SGG im Bereich des SGB II: BSG, Urteil vom 7.11.2006 – B 7b AS 8/06 R, BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 1 RdNr. 17) und auf die Dauer um sechs bzw. maximal zwölf Monaten begrenzt. Die Leistungsbewilligung im SGB II für jeweils sechs Monate erfolgt u.a. deswegen, weil es Ziel des Gesetzes ist, die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen wieder in Arbeit zu integrieren und ein dauerhafter Bezug von Leistungen nach dem SGB II (als rentenähnliches Recht) dieAusnahme sein soll (BSG, Beschluss vom 30.07.2008 – B 14 AS 7/08 B)."

Vorliegend ergeben sich die Ansprüche des Klägers jeweils nach einer gesonderten Prüfung der Voraussetzungen zu Beginn des jeweiligen Bewilligungsabschnittes. Diese Bewilligungsabschnitte beruhen nicht auf demselben Entstehungsgrund i.S. eines Stammrechts. Vielmehr sind alle Voraussetzungen der Ansprüche in jedem Bewilligungsabschnitt voneinander unabhängig neu zu prüfen. Der Anspruch entsteht jeweils neu. Er richtet sich nicht nach den Voraussetzungen, die zu Beginn des erstmaligen Leistungsbezugs gegeben waren. Die Gleichartigkeit der wiederkehrenden Leistungen allein ist kein sachlicher Grund, der eine einheitliche Ermittlung der Beschwer rechtfertigt (vgl. BSG, Urteil vom 18. 03.1982 – 7 RAr 50/80, SozR 4100 § 118 Nr. 10). Da es für die Zusammenrechnung prozessual selbstständiger Ansprüche im Rahmen des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG nicht ausreicht, wenn die Ansprüche auf der gleichen Rechtsgrundlage beruhen, ein gleiches Stammrecht aber nicht vorliegt, kommt eine Zusammenrechnung der drei Bewilligungsabschnitte nicht in Betracht.

Die Gegenmeinung (LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 15.04.2008 – L 11 AS 35/07) übersieht, dass es nicht nur auf den Entstehungsgrund, der immer in einem Sozialrechtsverhältnis mit dem Träger der jeweiligen Leistung und den hierfür maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen zu sehen ist, ankommt, sondern darüber hinaus auch gleichbleibende bzw. gleich gebliebene Anspruchsvoraussetzungen in der Person des Klägers bzw. seinen Lebensumständen zu fordern sind. Anders ausgedrückt: Die einmal erfolgte Bewilligung darf nicht dem Grunde nach in einem späteren Bewilligungsabschnitt neu zur Prüfung gestellt sein, lediglich in ihrem Umfang mag sich die Leistung ändern dürfen. Da die Leistungen nach dem SGB II aber für einen Bewilligungsabschnitt, längstens für ein Jahr, gewährt werden und eine folgende Bewilligung unabhängig von der in einem früheren Bewilligungsabschnitt festgestellten Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen geprüft wird, mithin die Leistungsfrage von der Erfüllung ihrer Voraussetzungen sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zum Zeitpunkt der erneuten Prüfung abhängig ist, sind die Voraussetzungen für die Zusammenrechnung des zeitlichen Umfangs mehrerer Bewilligungsabschnitte im Rahmen des § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGG nicht gegeben.

Da auch bei einer Verbindung durch das SG, die hier konkludent erfolgt ist (vgl. hierzu den der Entscheidung des BSG vom 03.03.2009 – B 4 AS 37/08 R – zu Grunde liegenden Sachverhalt), die Statthaftigkeit der Berufung bei mehreren Ansprüchen zu prüfen ist (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 113 RdNr. 4), bleibt es bei dem obigen Ergebnis.

Die (fehlerhafte) Rechtsmittelbelehrung durch das SG ändert hieran nichts (vgl. BSG, Urteil vom 22.07.2010 – B 4 AS 77/10 B, RdNr. 8).

Die Berufung ist daher zu verwerfen.

Selbst bei Statthaftigkeit und Zulässigkeit der Berufung wäre ihr mangels Begründetheit der Erfolg versagt geblieben, da nach den medizinischen Feststellungen eine Vollkost ausreichend gewesen wäre. Dies legt bereits die Aussage von Dipl. Med. L nahe, die eine "mediterrane Kost" empfohlen hat und wird insbesondere durch die ärztliche Stellungnahme des sachverständigen Zeugen Prof. Dr. W vom 12.06.2012 belegt, der in Kenntnis der vom Kläger in seiner Klinik im Jahre 2009 durchgeführten Rehabilitationsbehandlung unter Berücksichtigung der ihm übersandten Kopie der Definition der "Vollkost" i.S. der Empfehlungen des DV gerade diese Kostform als für den Kläger möglich bezeichnet und weiter ausgeführt hat, eine spezifische cholesterinsenkende Kost sei nicht empfohlen. Diese Vollkost verursacht nach den in den Empfehlungen des DV unter Hinweis auf entsprechende Studien enthaltenen Ausführungen keine Mehrkosten. Soweit der Kläger dem entgegenhalten will, seine Erhebungen in mehreren Läden hätten für die von ihm aufgelisteten Produkte Mehrkosten ergeben, so ist darauf hinzuweisen, dass diese Produktliste in ihrer Gesamtheit nicht der Definition der Vollkost entspricht, insbesondere im Übermaß tierische Produkte enthält, wohingegen auch von seiner früheren behandelnden Ärztin mit "mediterraner Kost" eine überwiegend pflanzliche Kost, insbesondere Gemüse, empfohlen worden war. Der vom Kläger möglicherweise zu tragende Mehraufwand für Ernährung beruht mithin nicht auf medizinischer Notwendigkeit, sondern auf seinen Ernährungswünschen, die den ihm gegebenen Ernährungsempfehlungen zumindest teilweise entgegenstehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 103 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

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Dr. Anders Wagner

zugleich für den infolge Urlaubsabwesenheit an der Unterschriftsleistung gehinderten RiLSG Weinholtz
Rechtskraft
Aus
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