L 4 KR 8/10

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 13 KR 230/09
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 4 KR 8/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 4/12 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 2.445,05 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Streitig ist ein Vergütungsanspruch für zwei Krankenhausbehandlungen in Gesamthöhe von insgesamt 2.445,05 EUR.

Die Klägerin ist Trägerin des Fachkrankenhauses für Psychiatrie, Psychotherapie, Neurologie und psychosomatische Medizin in J. (im Folgenden: Krankenhaus), das in den Krankenhausplan des Landes Sachsen-Anhalt aufgenommen ist. Der bei der Beklagten versicherte L. (im Folgenden: der Versicherte) wurde am 23. Februar 2009 mit der Aufnahmediagnose einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode sowie einer kombinierten anderen Persönlichkeitsstörung auf Verordnung eines praktischen Arztes in die Tagesklinik des Krankenhauses eingewiesen. Die Klägerin übermittelte noch am selben Tag Daten nach § 301 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) an die Beklagte. Als voraussichtliches Behandlungsende wurde der 10. April 2009 genannt; tatsächlich wurde der Versicherte am 6. März 2009 entlassen. Die Aufnahmeanzeige umfasste die Stammdaten des Patienten (Versicherungs-Nr., Vor- und Nachname, Geburtsdatum, Geschlecht, Institutionskennzeichen des Krankenhauses, Detaildaten über die Aufnahme einschließlich der Angaben des einweisenden Arztes mittels dessen Arztnummer sowie die Aufnahmediagnose). Der Versicherte wurde auf der Station für Allgemeine Psychiatrie/Tagesklinik behandelt. Hierüber legte die Klägerin eine Rechnung vom 24. März 2009 über 1.609,45 EUR. Bereits am 23. März 2009 erfolgte die Wiederaufnahme des Versicherten mit den bereits oben genannten Diagnosen. Die Klägerin übermittelte noch am selben Tag Daten nach § 301 Sozialgesetzbuch, die als voraussichtlichen Entlassungstermin den 28. Mai 2009 vorsahen. Tatsächlich wurde der Versicherte am 27. März 2009 entlassen und über diese Behandlung eine weitere Rechnung vom 23. April 2009 in Höhe von 835,60 EUR erstellt.

Mit Schreiben vom 25. Februar 2009 bestätigte die Beklagte die Aufnahme ihres Versicherten. Wörtlich führte sie u. a. aus:

"Die Krankenhausbehandlung kann nur dann zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden, wenn nach Art oder Schwere der Krankheit die medizinische Versorgung gemeinsam mit der pflegerischen Betreuung nur mit den Mitteln eines Krankenhauses möglich ist, d.h. wenn ambulante vertragsärztliche Versorgung, ggf. ergänzt durch häusliche Krankenpflege nach § 37 SGB V oder Maßnahmen der stationären oder ambulanten Rehabilitation nach § 40 SGB V, für eine bedarfsgerechte Behandlung nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnissen nicht ausreichen.

Bezüglich der Krankenhausbehandlung unseres o.g. Versicherten möchten wir auf der Basis der geltenden gesetzlichen (§§ 39, 275, 276 SGB V) Regelungen und der diese konkretisierenden Rechtsprechung (S 11 KR 55/05, B 1 KR 32/04 R, B 3 KR 9/03 R, GS 1/06) die Notwendigkeit überprüfen.

Überprüfungsgrund ist, dass in diesem Fall aufgrund der angegebenen Diagnose und der uns übermittelten Daten nach § 301 SGB V nach Art und Schwere der Erkrankung eine ambulante Behandlung/stationäre Rehabilitation ausreichend scheint und deshalb zur Zeit nicht ausgeschlossen werden kann, dass eine Überprüfung durch den MDK notwendig wird. Daher kann auf dieser Basis zunächst keine Kostenübernahmeerklärung ausgestellt werden.

Wir bitten deshalb, uns die benötigten Informationen zur medizinischen Begründung der Notwendigkeit der Behandlung mit den besonderen Mitteln eines Krankenhauses bis zum 11. März 2009 zu übermitteln, damit wir auf dieser Basis entweder eine Kostenübernahmeerklärung ausstellen, oder – falls erforderlich – eine MDK-Überprüfung einleiten können.

Wir bitten Sie, für die medizinische Begründung das angehängte Formular zu verwenden. Alternativ können Sie die Begründung auch formlos an uns senden."

In einem Schreiben vom 14. April 2009 verlangte die Beklagte vom Krankenhaus nochmals eine medizinische Begründung für die Notwendigkeit der stationären Behandlung bis zum 21. April 2009. Das Krankenhaus reagierte mit Schreiben vom 20. April 2009 und gab an: Die Notwendigkeit der stationären Behandlung des Versicherten sei gegeben. Sofern die Beklagte mit dieser Entscheidung nicht einverstanden sei, stehe es ihr frei, den Sachverhalt durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) überprüfen zu lassen. Mit Schreiben vom 28. April 2009 erinnerte die Beklagte an die erbetene nachvollziehbare medizinische Begründung und kündigte an, den bisherigen Rechnungsbetrag in Höhe von 1.609,45 EUR nicht zu begleichen. Daraufhin machte das Krankenhaus mit Schriftsatz vom 19. Mai 2009 geltend, die Behandlung sei bis zum 6. März 2009 notwendig gewesen. Dies könne durch den MDK überprüft werden.

Für die Folgebehandlung ab dem 23. März 2009 wiederholte sich dieser Ablauf zwischen beiden Beteiligten mit Schreiben der Beklagten vom 27. März 2009, 14. April 2009 und 28. April 2009 sowie den Schreiben der Klägerin vom 9. April 2009, 20. April 2009 und 19. Mai 2009.

Am 2. Juni 2009 wandte sich die inzwischen anwaltlich vertretene Klägerin gegen diese Verwaltungspraxis der Beklagten. Diese habe die notwendigen Daten bereits erhalten. Ihre Forderung einer qualifizierten medizinischen Begründung, die ihr gegenüber abzugeben sei, sei unzulässig, da diese Prüfung dem MDK vorbehalten sei. Die Krankenkasse beabsichtigte offenbar, die Prüfung gemäß § 275 SGB V selbst – ohne Einschaltung des MDK – vorzunehmen.

Am 7. September 2009 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Magdeburg (SG) erhoben und die Zahlung von insgesamt 2.445,05 EUR nebst Zinsen begehrt. Ergänzend hat sie vorgetragen: Das Krankenhaus müsse eine medizinische Begründung nur unter den Voraussetzungen des § 275 SGB V abgeben, die hier nicht gegeben seien. Die rechtswidrige Praxis der Beklagten habe zu Zahlungsrückständen von ca. 200.000,- EUR geführt. Offenbar sei beabsichtigt, die Kostenregelung des § 275 Abs. 1 c SGB V zu umgehen. Der Zinsanspruch beruhe auf § 7 der Budget- und Entgeltvereinbarung für das Jahr 2008. Nach Überschreiten des Fälligkeitstermins stehe der Klägerin auch ohne eine gesonderte Mahnung ein Verzugszins in Höhe von fünf Prozent zu.

Die Beklagte hat demgegenüber geltend gemacht, ihr stehe ein Zurückbehaltungsrecht zu. In begründeten Einzelfällen dürfe sie die Kostenübernahmeerklärung befristen und damit die Auflage an das Krankenhaus verbinden, die über die Befristung hinausgehende Krankenhausbehandlung zu begründen. Die Zahlung sei zu verweigern, wenn das Krankenhaus der Begründungspflicht nicht nachkomme. In manchen Fällen werde keine Kostenübernahmeerklärung abgegeben, sondern sogleich eine medizinische Begründung verlangt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) im Beschluss des Großen Senats vom 25. September 2007 – GS 1/06 sei den Krankenkassen und nachfolgend auch den Sozialgerichten das Recht eingeräumt worden, den medizinischen Sachverhalt der Krankenhausbehandlung auf seine Erforderlichkeit zu prüfen, ohne dass den behandelnden Krankenhausärzten eine sog. Einschätzungsprärogative zukomme. Hier habe das Krankenhaus nicht die bei einem Verlängerungsantrag erforderlichen Unterlagen übersandt. Es bedürfe daher für den Kostenübernahmeantrag einer ergänzenden medizinischen Begründung, die dann vom MDK überprüft werden könne. Zu dieser qualifizierten Begründung sei die Klägerin nach § 301 SGB V verpflichtet. Nach der Rechtsprechung des BSG werde den Krankenkassen eine uneingeschränkte Überprüfungsmöglichkeit zugebilligt, die es rechtfertige, auch über die in § 301 SGB V normierten Angaben hinaus weitere Begründungen vom Krankenhaus zu verlangen. Im Übrigen könne die Krankenkasse auch nach § 301 Abs. 1 Nr. 3 SGB V eine medizinische Begründung verlangen. Das Krankenhaus habe es hier versäumt, die entscheidungserheblichen Angaben zu übermitteln und damit gravierend gegen seine Mitwirkungspflichten verstoßen. Die Beklagte sei daher berechtigt, die Bezahlung beider Krankenhausrechnungen zu verweigern.

In einer nichtöffentlichen Sitzung vom 19. November 2009 hat die Kammervorsitzende die Beklagte ausführlich auf das Urteil des BSG vom 23. Juli 2002 – B 3 KR 64/01 R hingewiesen und daraus auszugsweise wörtlich zitiert. Das SG hat die Beklagte mit Gerichtsbescheid vom 28. Dezember 2009 antragsgemäß verurteilt, an die Klägerin Behandlungskosten in Höhe von insgesamt 2.445,05 EUR für den Krankenhausaufenthalt des Versicherten R. in der Zeit vom 23. Februar 2009 bis 6. März 2009 sowie 23. März 2009 bis 27. März 2009 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten auf 1.609,45 EUR seit dem 18. April 2009 sowie auf 835,60 EUR seit dem 18. Mai 2009 zu zahlen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: § 275 SGB V verpflichte die Beklagte, aber nicht die Klägerin, in den aufgeführten Fällen eine gutachterliche Stellungnahme des MDK einzuholen. Dies habe sie unterlassen und stattdessen von der Klägerin eine medizinische Begründung an sich selbst verlangt. Mit dieser Vorabprüfung habe sie einschätzen wollen, ob die Einschaltung des MDK erforderlich ist. Dieses Vorgehen sei nach seinem klaren Wortlaut ("sind die Krankenkassen verpflichtet") von § 275 SGB V nicht gedeckt. Auch sei es rechtswidrig (Urteil des BSG vom 28. Februar 2007 – B 3 KR 12/06, zitiert nach juris) von der Klägerin zu verlangen, an die Krankenkasse medizinische Unterlagen zu übersenden. Dies sei vielmehr dem MDK vorbehalten. § 301 SGB V zähle aus datenschutzrechtlichen Gründen abschließend auf, welche Angaben den Krankenkassen zu übermitteln sind. Aus dem Wortlaut des § 301 SGB V und hierbei insbesondere aus dessen Abs. 1 Nr. 3 werde deutlich, dass die Krankenkasse nicht berechtigt ist, schon bei Aufnahme ihres Versicherten vom Krankenhaus eine medizinische Begründung zu verlangen. Die Beklagte sei daher verpflichtet, den medizinischen Sachverhalt durch den MDK prüfen zu lassen. Die Klägerin habe sich einer MDK-Prüfung zu keinem Zeitpunkt verschlossen, sondern dies ausdrücklich angeregt. Nach Ablauf der sechswöchigen Frist des § 275 Abs. 1 Satz 1 SGB V sei die Beklagte mit Einwendungen generell ausgeschlossen. Eine Prüfung zum jetzigen Zeitpunkt durch den MDK sei daher nicht mehr möglich. Der Zinsanspruch ergebe sich aus § 7 der Budget- und Entgeltvereinbarung für 2008.

Die Beklagte hat gegen den ihr am 14. Januar 2010 zugestellten Gerichtsbescheid am 20. Januar 2010 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt und auf ihr bisheriges Vorbringen verwiesen. Ergänzend hat sie ausgeführt: Ihrer umfassenden Überprüfungspflicht könne die Beklagte nur nachkommen, wenn das Krankenhaus auch umfassend, vollständig und abschließend die dafür notwendigen Informationen an sie übermittle. Zu Unrecht sei das SG davon ausgegangen, die Beklagte habe die Herausgabe von medizinischen Unterlagen verlangt. Vielmehr sei die Klägerin ihren umfassenden Informationspflichten nach § 301 SGB V nicht nachgekommen. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz gäbe es keinen Automatismus dergestalt, die Beklagte zu verpflichten, alle medizinischen Sachverhalte an den MDK "durchzureichen". Dies verursache einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand zu ihren Lasten. Überdies habe die Klägerin die Rechtsprechung des BSG im Urteil vom 22. April 2009 – B 3 KR 24/07 R nicht beachtet. Hiernach verstoße ein Krankenhaus gegen seine Pflichten, wenn es angeforderte Informationen formelhaft ablehne. Dies sei mit dem vorliegenden Sachverhalt vergleichbar.

Die Beklagte beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom

28. Dezember 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, ihren Informationspflichten nach § 301 SGB V nachgekommen zu sein. Darüber hinaus dürfe sie schon aus Gründen des Datenschutzes keine weitergehenden medizinischen Informationen an die Beklagte übermitteln.

Auf Anforderung des Senats hat die Klägerin die Patientenakte vorgelegt; der Senat hat die Beklagte gefragt (Schreiben vom 28. Januar 2011), ob eine Auswertung durch den MDK beabsichtigt sei. Am 13. April 2011 hat die Beklagte erklärt, die Patientenakte nicht zu benötigen, da eine Auswertung durch den MDK nicht beabsichtigt sei. Es werde nicht der Ablauf oder der Inhalt der Behandlung, sondern die medizinische Notwendigkeit bestritten und zudem die fehlende Zuarbeit des Krankenhauses im Verfahren gerügt.

Auf eine Senatsanfrage im Verfahren L 4 KR 66/09 hat die Klägerin die zwischen den Beteiligten geltende Budget- und Entgeltvereinbarung (2008) vorgelegt, die nunmehr gerichtsbekannt ist. § 7 enthält dabei folgende Regelung:

"§ 7 Zahlungsregelungen

Der Rechnungsbetrag ist spätestens am 21. Kalendertag nach Eingang der Rechnung zu überweisen. Die Fälligkeit tritt am 24. Kalendertag unter Berücksichtigung eines Post- und Banklaufweges von 3 Tagen ab Rechnungsdatum ein. Bei Verzug werden Verzugszinsen in Höhe von 5 % p.a. erhoben, ohne dass es einer vorherigen Mahnung bedarf.

Die Rechnungen sind kontinuierlich und vollständig mit den Daten nach § 301 SGB V auf elektronischem Wege oder maschinell verwertbar auf Datenträger zu übermitteln."

Am 2. September 2011 hat die Klägerin und am 5. September 2011 sowie am 12. September 2011 die Beklagte die Zustimmung zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Patientenakte haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).

Die Berufung der Beklagten ist nach §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG statthaft. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 SGG) und damit zulässig. Die Klage ist als Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG zulässig, weil es sich um einen Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis handelt, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt. Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen und die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten (BSG, Urt. v. 17. Mai 2000 – B 3 KR 33/99 R; Urt. v. 10. April 2008 - B 3 KR 19/05 R; Urt. v. 20. November 2008 – B 3 KN 4/08 KR R; B 3 KN 1/08 KR R; Urt. v. 16. Dezember 2008 – B 1 KN 1/07 KR R; B 1 KN 2/08 KR R; B 1 KN 3/08 KR R zitiert nach juris; stRspr.). Die Berufung ist jedoch unbegründet.

I. Der Klägerin steht ein Vergütungsanspruch aus den Rechnungen vom 24. März 2009 und vom 23. April 2009 zu. Rechtsgrundlage dieses Vergütungsanspruchs ist § 109 Absatz 4 Satz 3 SGB V in Verbindung mit der Budget- und Entgeltvereinbarung 2008. Der gesetzlichen Behandlungspflicht der zugelassenen Krankenhäuser (§ 109 Absatz 4 Satz 2 SGB V) steht ein Vergütungsanspruch gegenüber, der auf der Grundlage der gesetzlichen Ermächtigung in den §§ 16, 17 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) nach Maßgabe der Bundespflegesatzverordnung in der Budget- und Entgeltvereinbarung zwischen Krankenkasse und Krankenhaus festgelegt wird, soweit noch nicht das DRG-Vergütungssystem anzuwenden ist.

Eine Krankenkasse ist nach § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V in Verbindung mit der Budget- und Entgeltvereinbarung zur Zahlung der vereinbarten Entgelte nur verpflichtet, wenn die Versorgung im Krankenhaus im Sinne des § 39 SGB V erforderlich war. Dies richtet sich allein nach den medizinischen Erfordernissen (Großer Senat des BSG, Beschluss vom 25. September 2007, GS 1/06 - Leitsatz 1) und verlangt von Seiten der Krankenkassen sowie ggf. von den Sozialgerichten eine eingehende Prüfung von Amts wegen.

Ob die Krankenhausbehandlung der Versicherten im Krankenhaus für den Zeitraum vom 23. Februar 2009 bis 6. März 2009 bzw. 23. März 2009 bis 27. März 2009 tatsächlich erforderlich war, kann der Senat im vorliegenden Fall ausnahmsweise offenlassen. Bereits aus § 7 Abs. 1 Satz 1 der Budget- und Entgeltvereinbarung (2008) ergibt sich eine Vorleistungspflicht der Beklagten. Sie war daher innerhalb der in § 7 Abs. 2 der Budget- und Entgeltvereinbarung festgelegten Fristen verpflichtet, nach Rechnungsstellung und Übersendung der notwendigen Daten gemäß § 301 SGB V die fällige Summe zu zahlen (im Folgenden 1.). Dabei stand ihr kein Zurückbehaltungsrecht zu. Die Klägerin war nicht verpflichtet, die Notwendigkeit der Behandlung genauer zu begründen (im Folgenden 2.). Eine derartige Pflicht ergibt sich weder aus § 301 SGB V noch aus möglichen Besonderheiten des Einzelfalls. Wäre die Klägerin der Forderung der Beklagten nach einer gesonderten Begründung für den Behandlungsfall nachgekommen, hätte dies eine Verletzung des § 26 Abs. 1 Nr. 2 des Datenschutzgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (DSG-LSA) zur Folge gehabt (im Folgenden 3.). Die Beklagte hat mit ihrer Vorgehensweise das gesetzliche Prüfverfahren nach § 275 SGB V umgangen und dadurch Einwände gegen den Vergütungsanspruch nach § 275 Abs. 1 c Satz 2 SGB V endgültig verloren (im Folgenden 4.). Die Vorgehensweise der Beklagten ist auch unter Beachtung der wechselseitigen Obhutspflichten zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen rechtsmissbräuchlich und führt zu einem Einwendungsausschluss (im Folgenden 5.).

1. Die Beklagte war nach Erhalt der Rechnungen zur Zahlung verpflichtet. § 7 Abs. 1 Satz 1 der zwischen den Beteiligten geltenden Budget- und Entgeltvereinbarung (2008) bestimmt, dass der Rechnungsbetrag spätestens am 21. Kalendertag nach Eingang der Rechnung zu überweisen ist; wobei die Fälligkeit am 24. Kalendertag unter Berücksichtigung eines Post- und Banklaufweges von drei Tagen ab Rechnungsdatum eintritt. Diese Regelung begründet eine Pflicht der Beklagten, nach Übermittlung der vollständigen Daten nach § 301 SGB V und der vollständigen Rechnung die Zahlung innerhalb der genannten Frist vorzunehmen. Anhaltspunkte für unvollständige Daten oder Mängel der Abrechnung, die einer Fälligkeit der Rechnung entgegenstehen könnten, sind hier nicht ersichtlich. Solche formalen Einwände hat die Beklagte hier auch nicht konkret geltend gemacht. Weder hat sie Fehler in der Abrechnung bemängelt noch konkret fehlende Daten gemäß § 301 SGB V gerügt. Auch für eine denkbare Pflicht des Krankenhauses nach einer ergänzenden medizinischen Begründung zum Behandlungsfall und einer damit verbundenen Erweiterung des Kataloges der nach § 301 SGB V zu übermittelnden Daten bleibt kein Raum.

Die Klägerin ist ihren Übermittlungspflichten nach § 100 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) und § 301 SGB V vollständig nachgekommen. Das Krankenhaus hat grundsätzlich im Rahmen der wechselseitigen Leistungsbeziehungen zur Krankenkasse diejenigen Angaben zu machen und Unterlagen beizubringen, die zur Beurteilung der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit im Einzelfall erforderlich sind. Die Auskunftsverpflichtung der Klägerin ergibt sich nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 22. April 2009 – B 3 KR 24/07 R, zitiert nach juris) grundsätzlich aus § 100 Abs. 1 Satz 3 SGB X und hier speziell aus § 301 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V.

Nach § 100 Abs. 1 Satz 3 SGB X ist das Krankenhaus verpflichtet, dem Leistungsträger "im Einzelfall auf Verlangen Auskunft zu erteilen, soweit es für die Durchführung von dessen Aufgaben nach diesem Gesetzbuch erforderlich" ist und entweder der Betroffene eingewilligt hat (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB X) oder dies gesetzlich zugelassen ist (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB X); ausgenommen hiervon sind nach § 100 Abs. 2 SGB X nur Angaben, die den Arzt oder ihm nahe stehende Personen der Gefahr aussetzen würden, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden. Nach den zwingenden gesetzlichen Auskunftspflichten aus § 284 Abs. 1 Nr. 4 und 7 SGB V (in der Fassung vom 12.12.1996, BGBl. I S. 1859, die vom 1. Januar 1997 bis 31. Dezember 2001 gültig war) war die Erhebung von Sozialdaten im Versorgungszeitraum für die Zwecke der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zugelassen, soweit sie nach Maßgabe der Prüfaufträge von Krankenkasse und MDK u. a. für die "Prüfung der Leistungspflicht und die Gewährung von Leistungen an Versicherte (§§ 2 und 11)" und für die "Beteiligung des Medizinischen Dienstes (§ 275)" erforderlich waren. Die Vorschrift ist auch im Folgenden insoweit im Wesentlichen unverändert geblieben.

Gesetzlich im Sinne von § 100 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB X zugelassen und damit für den Krankenhausträger zwingend sind die Angaben nach § 301 Abs. 1 SGB V (in der insoweit unveränderten Fassung vom 22.12.1999, BGBl. I S. 2626). Danach sind die Krankenhäuser verpflichtet, der Krankenkasse bei Krankenhausbehandlung u. a. den Grund der Aufnahme sowie die Einweisungsdiagnose, die Aufnahmediagnose, die voraussichtliche Dauer der Krankenhausbehandlung sowie, falls diese überschritten wird, auf Verlangen der Krankenkasse die medizinische Begründung zu übermitteln (§ 301 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V). Hiermit ist – auch zur Wahrung des Datenschutzes – abschließend und enumerativ aufgezählt, welche Angaben der Krankenkasse bei einer Krankenhausbehandlung ihrer Versicherten auf jeden Fall zu übermitteln sind (vgl. BT-Drucks. 12/3608, S. 124). In § 301 SGB V werden damit die Mindestangaben bezeichnet, die eine gesetzliche Krankenkasse insbesondere zur ordnungsgemäßen Abrechnung und zur Überprüfung der Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung benötigt (vgl. BT-Drucks. 12/3608, S. 124). Genügt die Anzeige schon diesen (Mindest-) Anforderungen nicht, fehlt es bereits an der Fälligkeit der Vergütungsforderung (BSG SozR 4-2500 § 109 Nr. 1 Rz. 12).

Wie bereits ausgeführt, hat die Klägerin mit der Übermittlung der nach § 301 SGB V vollständigen Daten die Fälligkeitsvoraussetzungen erfüllt. Einer darüber hinausgehenden medizinischen Begründung nach § 301 Abs. 1 Nr. 3 SGB V bedurfte es dabei nicht, da diese nach dem klaren Gesetzeswortlaut von der Krankenkasse nur verlangt werden darf, wenn die vom Krankenhaus angegebene voraussichtliche Dauer der Krankenhausbehandlung überschritten wird. Dies ist bei beiden strittigen Rechnungen des vorliegenden Sachverhaltes nicht der Fall.

2. Aber auch die inhaltlichen Bedenken der Beklagten greifen nicht durch. Sie kann hier von der Klägerin keine ergänzende medizinische Begründung des Krankenhauses für die beiden Behandlungsfälle verlangen und hat daher auch kein Zurückbehaltungsrecht gegenüber den fälligen Krankenhausrechnungen. Das Krankenhaus hat seine aus § 301 SGB V folgenden Datenübermittlungspflichten bereits vollständig erfüllt. Die Voraussetzungen zur Übermittlung von Informationen und Auskünften über § 301 SGB V hinaus sind hier nicht gegeben.

§ 301 SGB V regelt und begrenzt den Datenverkehr auf das für die Abrechnung einer Krankenhausbehandlung Unerlässliche, verbietet allerdings nicht generell die Anforderung und Übermittlung weiterer Daten, wenn diese für ein Prüfungsverfahren erforderlich sind (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 13. August 2009 – L 4 KN 87/04 KR; Urteil vom 13. August 2009 – L 4 KN 40/04 KR; Urteil vom 19. November 2009 – L 4 KR 76/05). Insbesondere das BSG hat die besonderen Gestaltungsmöglichkeiten der Krankenkasse bei der Durchführung des Prüfungsverfahrens nach § 275 SGB V häufig betont. Allein die Krankenkasse ist bei der Prüfung von Krankenhausrechnungen "Herrin" des Begutachtungsauftrages an den MDK. In diesem Rahmen entscheidet sie nach Maßgabe der §§ 275 ff SGB V, ob und mit welcher konkreten Fragestellung sie den MDK bei der Klärung einer medizinischen Frage einschaltet. Sie kann den Begutachtungsauftrag jederzeit ändern, ergänzen oder beenden, wenn sie dies aufgrund neuer Erkenntnisse für angezeigt hält. So hat das BSG der Krankenkasse sogar ein eigenes Klagerecht auf Herausgabe medizinischer Unterlagen an den MDK zugebilligt (vgl. BSG, Urteil vom 28. Februar 2007 – B 3 KR 12/06 R). Die "Übermittlung der Sozialdaten" im Sinne des § 276 Abs. 2 Satz 1 SGB V geschieht in der Regel durch die vorübergehende Überlassung der Behandlungsunterlagen, kann aber auch auf anderem Wege erfolgen. Dabei steht es dem Krankenhaus frei, ob es die Unterlagen direkt an den MDK aushändigt oder übersendet oder sie in einem verschlossenen Umschlag an die Krankenkasse zur Weiterleitung an den MDK schickt. Auf die "Einsichtnahme" in die Behandlungsunterlagen im Krankenhaus vor Ort ist der MDK gemäß § 276 Abs. 4 SGB V grundsätzlich nur bei noch laufendem stationären Krankenhausaufenthalt des Versicherten beschränkt (vgl. BSG a.a.O.).

In Anlehnung an die Entscheidungen des Senats (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 13. August 2009 – L 4 KN 87/04 KR; Urteil vom 13. August 2009 – L 4 KN 40/04 KR; Urteil vom 19. November 2009 – L 4 KR 76/05) sind von den Krankenhäusern außerhalb des Anwendungsbereichs von § 301 SGB V weitere Daten an die Krankenkassen nur zu übermitteln, wenn diese sich bei der Ausübung ihres Prüfungsrechtes an die gesetzlichen Voraussetzungen nach §§ 275, 276 SGB V halten. Hier brauchte die Klägerin keine weiteren Daten zu übermitteln, denn die Beklagte hat sich nicht an die vorgenannten Regeln gehalten.

Während in den oben aufgeführten vom Senat entschiedenen Sachverhalten die Krankenkasse zur medizinischen Überprüfung des Behandlungsfalles jeweils fest entschlossen und dazu den MDK entweder bereits eingeschaltet hatte oder dessen Einschaltung unmittelbar bevor stand, beabsichtigte sie hier die Durchführung einer Art Vorermittlung, um festzustellen, ob Anlass zur Überprüfung des Behandlungsfalles besteht. Zwar hat sie in den gleichlautenden Schreiben vom 25. Februar 2009 und vom 27. März 2009 an das Krankenhaus erklärt, die Notwendigkeit der stationären Krankenhausbehandlung "auf der Basis der geltenden gesetzlichen (§§ 39, 275, 276 SGB V) Regelungen" überprüfen zu wollen, hat ferner einen Überprüfungsgrund angegeben, hat aber dann lediglich ausgeführt, es könne "zur Zeit nicht ausgeschlossen werden ( ), dass eine Überprüfung durch den MDK notwendig wird". Nach Vorlage der angeforderten Informationen zur medizinischen Begründung der Notwendigkeit der Behandlung mit den besonderen Mitteln eines Krankenhauses wollte die Beklagte sodann prüfen, ob eine Kostenübernahmeerklärung abzugeben oder der MDK mit der Überprüfung zu beauftragen war. Mit dem Hinweis, Ergebnis der Überprüfung könne auch die Abgabe der Kostenübernahmeerklärung ohne Einschaltung des MDK sein, hat die Beklagte deutlich gemacht, dass mit ihrer Anfrage das gesetzlich geregelte Prüfverfahren nach § 275 SGB V noch nicht unmittelbar eingeleitet werden sollte. Dieses Vorgehen steht mit § 275 SGB V offensichtlich nicht in Einklang, denn danach hat die Krankenkasse ("ist verpflichtet") in den genannten Fällen eine gutachtliche Stellungnahme des MDK einzuholen (§ 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). Von der Möglichkeit, zur Vorbereitung einer Stellungnahme des MDK medizinische Unterlagen beizuziehen und durch die Krankenkasse selbst auszuwerten, spricht § 275 SGB V dagegen nicht.

Anderweitige Rechtsgrundlagen, auf die sich die Beklagte hier berufen könnte, sind nicht ersichtlich. Ein Sicherstellungsvertrag nach § 112 Abs. 1 SGB V mit (u. a.) Regelungen zur Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung (vgl. Abs. 2 Nr. 2 der Vorschrift) besteht in Sachsen-Anhalt nicht. Auf die Rechtsprechung des BSG kann sich die Beklagte ebenfalls nicht stützen. Mit Urteil vom 22. April 2009 (B 3 KR 24/07 R) hat das BSG entschieden, dass das Krankenhaus als Grundlage des Prüfverfahrens im Rahmen der wechselseitigen Leistungsbeziehungen zur Krankenkasse diejenigen Angaben zu machen und Unterlagen beizubringen hat, die zur Beurteilung der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit im Einzelfall erforderlich sind (a.a.O., RdNr. 14). Dabei steigern sich die Pflichten im Rahmen eines dreistufigen Prüfverfahrens: Auf der ersten Stufe der Sachverhaltserhebung hat das Krankenhaus zwingend die Angaben nach § 301 Abs. 1 SGB V zu machen. Diese Angaben liegen hier vor. Darüber hinaus kann das Krankenhaus noch auf der ersten Stufe vertraglich verpflichtet sein, der Krankenkasse noch vor Einschaltung des MDK mittels Kurzberichtes die Notwendigkeit und/oder Dauer der stationären Behandlung zu erläutern (a.a.O., RdNr. 17). Für diese Vorstufe zur MDK-Prüfung fehlt hier aber die erforderliche vertragliche Vereinbarung, die in dem vom BSG entschiedenen Fall gegeben war.

Ferner hat das BSG in der angegebenen Entscheidung mit überzeugender Begründung, der der Senat folgt, ausgeführt, dass die zweite Stufe des Prüfverfahrens erreicht wird, wenn sich die Notwendigkeit des Krankenhausaufenthaltes aus den Angaben nach § 301 Abs. 1 SGB V oder eines Kurzberichtes nicht erschließt. Dann ist ein Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V (hier anwendbar in der insoweit unveränderten Fassung vom 22.12.1999, BGBl. I S. 2626) einzuleiten und vom MDK eine gutachtliche Stellungnahme einzuholen (a.a.O., RdNr. 18). Diesen Weg hat die Beklagte hier nicht beschritten. Auch konnte sich die Beklagte auf keine vertragliche Regelung der Beteiligten in Sachsen-Anhalt beziehen, um ihr Vorgehen zu rechtfertigen.

Eine Verletzung von Mitwirkungspflichten kann der Klägerin aus diesen Gründen fehlender gesetzlicher oder vertraglicher Pflichten nicht vorgeworfen werden. Zu bedenken ist ferner Folgendes: Die Ausgestaltung des Abrechnungsverfahrens nach den §§ 301, 275 und 276 SGB V in Verbindung mit der Budget- und Entgeltvereinbarung soll unter den Bedingungen der Massenabrechnung von Krankenhausaufenthalten eine für Krankenhäuser, Krankenkassen und MDK gleichermaßen tragfähige wie nach den Kriterien des § 39 SGB V inhaltlich zutreffende Überprüfung von Krankenhausabrechnungen sicherstellen. Dabei sind den Beteiligten besondere gegenseitige Obhutspflichten auferlegt. So hat das Krankenhaus bereits bei der Erklärung nach § 301 SGB V dafür Sorge zu tragen, dass der Krankenkasse nach Möglichkeit ohne Einleitung eines Prüfverfahrens nach §§ 275, 276 SGB V alle entscheidungserheblichen Angaben zur Verfügung stehen. Andernfalls hat es dem MDK zur Vermeidung weiterer Sanktionen alle für dessen Prüfung erforderlichen Krankenbehandlungsunterlagen zur Verfügung zu stellen. Das enthebt das Krankenhaus zwar nicht von der Prüfung, ob die Weitergabe im Sinne von § 276 Abs. 2 Satz 1 SGB V erforderlich und damit zulässig ist. Jedoch verstößt es schwerwiegend gegen seine gesetzlichen Pflichten, wenn es die Weitergabe angeforderter Unterlagen ohne substantiierten Hinweis auf bereits vorliegende, eine zuverlässige Beurteilung ermöglichende Unterlagen nur formelhaft ablehnt oder sie grundlos verweigert (vgl. BSG, Urteil vom 22. 4. 2009, a.a.O., RdNr. 32).

Indes ist hier diese Rechtsprechung nicht anwendbar. Der Hinweis der Beklagten auf dieses Urteil des BSG geht daher fehl. Im dort entschiedenen Sachverhalt hatte die Krankenkasse – anders als hier – das Prüfverfahren ordnungsgemäß eingeleitet und unter Einschaltung des MDK mehrfach versucht, den medizinischen Sachverhalt aufzuklären. Die dortige Weigerung des Krankenhauses, die Patientenakte an den MDK zu übersenden, ist hier nicht gegeben, denn das Krankenhaus hat die Einschaltung des MDK mehrfach selbst angeregt (u. a. Schreiben vom 20. April 2009 und 19. Mai 2009 bzw. 9. April 2009 und 20. April 2009) und damit hinreichend kundgetan, sich pflichtgemäß im Sinne der Rechtsprechung des BSG verhalten zu wollen.

3. Dem Begehren der Beklagten auf Übermittlung einer medizinischen Begründung ohne konkreten Anlass steht auch § 26 Abs. 1 Nr. 2 Datenschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (DSG-LSA) entgegen. Medizinische Daten sind personenbezogene Daten besonderer Art und damit aus Sicht des Versicherten als Grundrechtsträger der informationellen Selbstbestimmung besonders schutzwürdig. Nach § 26 Abs. 1 Nr. 2 DSG-LSA dürfen besonders geschützte personenbezogene Daten, wie sie hier gegeben sind, nicht ohne ausdrückliche Einwilligung des Betroffenen übermittelt werden, wobei sich die Einwilligung auf die konkret zu übertragenen Daten beziehen muss. Eine derartige Einwilligung lag hier nicht vor. Zum Schutz der persönlichen Daten des Versicherten bedarf es daher einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage, die es Krankenkasse und Krankenhaus erlaubt, über § 301 SGB V hinaus medizinische Sozialdaten anzufordern oder zu übermitteln. Eine solche Ermächtigungsnorm steht aber nur dem MDK, nicht auch den Krankenkassen zur Verfügung: Während die Leistungserbringer gegenüber dem MDK gemäß § 276 Abs. 2 SGB V (Fassung vom 26. März 2007) verpflichtet sind, Sozialdaten auf Anforderung unmittelbar an diesen zu übermitteln, soweit dies für die gutachtliche Stellungnahme und Prüfung erforderlich ist, steht den Krankenkassen für die Datenübermittlung bzw. –anforderung nur § 301 SGB V zur Verfügung. Das Krankenhaus hätte hier also, wenn dem Ansinnen der Beklagten entsprochen worden wäre, klar gegen die Datenschutzbestimmung des § 26 Abs. 1 Nr. 2 DSG-LSA verstoßen. Vor diesem Hintergrund erscheint es auch aus datenschutzrechtlicher Sicht konsequent, wenn der 3. Senat des BSG in seiner Entscheidung vom 22. April 2009 (a.a.O.) für den MDK aus dem Rechtsgedanken des § 35 SGB X eine besondere Begründungspflicht herleitet, wenn das Krankenhaus ihm Behandlungsunterlagen zur Verfügung stellen soll. Denn das Krankenhaus ist im Verhältnis zu seinen Patienten auf der Grundlage des Behandlungsvertrages und zur Meidung strafrechtlicher Sanktionen nach § 203 Abs. 1 Nr. 1 Strafgesetzbuch (StGB) verpflichtet, die Rechtmäßigkeit solcher Anforderungen zu prüfen. Dies gilt erst Recht für Anforderungen der Krankenkasse, die sich über § 301 SGB V hinaus auf keine vergleichbare Norm wie § 276 Abs. 2 SGB V stützen kann.

Der gegen die Rechtssprechung des BSG vorgebrachten Kritik zur Frage des Einsichtsrechts der Krankenkassen in die Behandlungsunterlagen eines Krankenhauses (vgl. Knispel, Gesundheitsrecht (GesR) 2011, S. 518 ff.) schließt sich der Senat nicht an. Vielmehr verlangt das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung des Versicherten gerade nach einer eindeutigen Eingriffsnorm, um den Krankenkassen das Recht zuzubilligen, ohne Einschaltung des MDK selbst in Behandlungsunterlagen ihres Versicherten Einsicht nehmen zu dürfen. Hieran fehlt es aber. Auch muss dem Versicherten als Grundrechtsträger grundsätzlich das Recht eingeräumt werden, einer Verwertung seiner besonders schutzwürdigen medizinischen Daten zu widersprechen. Weder entsteht damit eine unerträgliche Rechtslücke noch wird die Gefahr begründet, der Versicherte könnte sich möglicher Vergütungsansprüche eigenmächtig "entziehen" (so aber Knispel, GesR 2011, S. 518 [525]). Schließlich würde sich der Versicherte bei einer völlig grundlosen Weigerung, seine medizinischen Daten im Vergütungsstreit zwischen Krankenhaus und Krankenkasse auswerten zu lassen, einem aussichtsreichen Klageverfahren gegen sich selbst aussetzen.

4. Das Vorgehen der Beklagten ist auch vor dem Hintergrund der gesetzlichen Neuregelungen zum Prüfverfahren gemäß § 275 Abs. 1c SGB V rechtswidrig und schließt Einwände wegen vermeintlicher Pflichtverletzungen der Klägerin aus.

Gemäß § 275 Abs. 1c SGB V in der Fassung vom 26. März 2007 (BGBl. I S. 378) ist bei Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V eine Prüfung nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V zeitnah durchzuführen. Die Prüfung ist spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den MDK dem Krankenhaus anzuzeigen. Falls die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages führt, hat die Krankenkasse dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale in Höhe von 100,- EUR zu entrichten. Mit dieser Aufwandspauschale soll einer ungezielten und übermäßigen Einleitung von Begutachtungen entgegengewirkt werden (BT-Drucksache 16/3100, S. 171) und der durch den Prüfumfang ausgelöste Verwaltungsaufwand bei den Krankenhäusern möglichst gering gehalten werden. Die Einführung der Pauschale von 100,- EUR hatte dabei nicht in dem erhofften Umfang zu einer Reduzierung der Prüfquote der Krankenkassen geführt. Dies veranlasste den Gesetzgeber zu einer weiteren Verschärfung zu ihren Lasten. Mit Gesetz vom 17. März 2009 (BGBl. I S. 546) ist die Pauschale deutlich auf nunmehr 300,- EUR angehoben worden. Diese gesetzliche Neureglung des § 275 Abs. 1c SGB V, die auf den vorliegenden Fall anwendbar gewesen wäre, wenn die Beklagte den MDK eingeschaltet hätte, kann als besonderer Ausdruck des Beschleunigungsgrundsatzes angesehen werden (Wagner/Knittel, Soziale Krankenversicherung Pflegeversicherung, Stand: September 2010, § 275, RdNr. 17).

Bei Beachtung der Zielsetzung des Gesetzes, die Krankenkassen zu einem schnellen und zielorientierten Prüfverfahren anzuhalten, bewirkt das Verhalten der Beklagten hier eine Umgehung des § 275 Abs. 1c SGB V. Denn durch die vom Gesetz nicht vorgesehene Vorprüfung bleibt es fraglich, ob die eigentliche Prüfungsentscheidung noch zeitnah getroffen werden und vor allem innerhalb der Frist von nur sechs Wochen auch der MDK beauftragt werden kann. Mit ihrem Vorgehen zielt die Beklagte darauf ab, in Analogie zu den in einigen anderen Bundesländern abgeschlossenen Sicherstellungsverträgen eine Verpflichtung des Krankenhauses zur Mitwirkung an der Vorprüfung durch Übermittlung von weitergehenden medizinischen Daten zu begründen, damit, so das vorgerichtlich erklärte Ziel, ggf. auch die Voraussetzung für eine Kostenübernahmeerklärung der Krankenkasse geschaffen werden kann. Für derartige Vorprüfungen stehen der Beklagten aber, wie ausgeführt, keine gesetzlichen oder vertraglichen Anspruchsgrundlagen zur Verfügung. Rechtsgrundlage ist allein § 275 Abs. 1c SGB V mit der Folge, dass dem Krankenhaus ggf. eine Aufwandspauschale zu zahlen ist. Nur so können die Krankenkassen dem Ziel des Gesetzgebers, Einzelfallprüfungen "zukünftig zielorientierter und zügiger" einzusetzen (so zum Ganzen: Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zum Entwurf des GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 171 zu Nummer 185 (§ 275) zu Buchst a), gerecht werden.

Mit der Regelung des § 275 Abs. 1c SGB V ist durch die Formulierung "ist spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den Medizinischen Dienst dem Krankenhaus anzuzeigen" ein streng formalisiertes Prüfverfahren eingeführt worden. Hält sich die Krankenkasse an diese Vorgaben nicht, sind damit automatisch mögliche Einwände gegen die Krankenhausabrechnung ausgeschlossen (so auch BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 – B 3 KR 12/08 R, zitiert nach juris). Eine Auswertung der Patientenakte brauchte der Senat deshalb nicht mehr zu veranlassen.

5. Ein endgültiger Einwendungsausschluss zu Lasten der Beklagten ergibt sich auch aus dem besonderen Vertrauensverhältnis der Beteiligten und den Geboten von Treu und Glauben nach § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Nach dem auch im Sozialrecht anwendbaren Rechtsgedanken des § 242 BGB kann eine Krankenkasse nach Treu und Glauben mit Einwendungen ausgeschlossen werden, wenn sie das zu deren Klärung vorgesehene Verfahren nicht rechtzeitig einleitet (vgl. BSGE 89 S.104, 110= SozR 3-2500 § 112 Nr. 2 S. 10, 16 - "Berliner Fälle").

Die Beklagte hat hier weder die vom Gesetz vorgeschriebene verbindliche Prüfentscheidung getroffen noch das im Anschluss daran vorgesehene Prüfverfahren nach § 275 SGB V mit Hilfe des MDK und unter Beachtung der dafür notwendigen Fristen eingeleitet. Selbst den Zugang der Patientenakte im Berufungsverfahren hat sie nicht zum Anlass genommen, den medizinischen Sachverhalt ggf. noch aufzuklären. Sie hat damit die medizinische Aufklärung des Falles mit eigenen Mitteln (Beiziehung der Patientenakte, Einschaltung des MDK) endgültig verweigert, was als Verletzung der Pflicht zur Mitwirkung anzusehen ist. Außerdem hat sie mit der unterlassenen Auswertung der Unterlagen seit Februar 2009 die Beweislage zu Lasten der Klägerin verschlechtert. Denn mit zunehmendem Zeitablauf dürfte es der Klägerin immer schwerer fallen, nach Durchführung einer Sachaufklärung von Amts wegen auf dabei zu Tage getretene konkrete Bedenken gegen die Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung zu reagieren, die sie bis dahin nicht gekannt hat. Auch unter diesem Gesichtspunkt kommt hier keine medizinische Sachaufklärung in Betracht, sondern ist von einem endgültigen Einwendungsausschluss der Beklagten gemäß § 242 BGB auszugehen.

II. Der Zinsanspruch ergibt sich aus den vom Sozialgericht Magdeburg zutreffend erkannten Rechtsgrundlagen. Auf die Gründe der Vorinstanz wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG verwiesen.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 1 und § 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG).

Die Revision war nicht zuzulassen, da es an den gesetzlichen Voraussetzungen (§ 160 Abs. 2 SGG) hierfür fehlt. Das BSG hat die zugrunde liegenden Rechtsfragen spätestens seit den zitierten Entscheidungen des Großen Senats sowie des 3. Senats vom 20. November 2008 und des 1. Senats vom 16. Dezember 2008 und durch die weiteren Folgeentscheidungen vom 22. April 2009 – B 3 KR 24/07 R sowie vom 8. September 2009 – B 1 KR 11/09 R, vom 17. Dezember 2009 – B 3 KR 12/08 R und vom 22. Juni 2010 – B 1 KR 1/10 R (jeweils zitiert nach juris) umfassend geklärt.
Rechtskraft
Aus
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