L 5 KR 3415/12 B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KR 1818/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 3415/12 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 11.7.2012 wird zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde der Klägerin ist gem. §§ 172 ff. Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, insbesondere nicht gem. § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG ausgeschlossen, und auch sonst zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Der Klägerin ist Prozesskostenhilfe für das beim Sozialgericht anhängige Klageverfahren nicht zu bewilligen.

Gem. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussichten liegen vor, wenn nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage, wobei in begrenztem Maße auch eine vorweggenommene Beweiswürdigung zulässig ist (vgl. BVerfG NJW 1997, 2745; BGH NJW 1994, 1160), eine gewisse Erfolgswahrscheinlichkeit besteht; entfernte Erfolgschancen genügen nicht (vgl. BVerfGE 81, 347; BSG SozR 3-1500 § 62 Nr. 19).

Hinreichende Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung (wegen Kosten für eine Haushaltshilfe i. H. v. 832,50 EUR) im vorstehend beschriebenen Sinn können im Hinblick darauf, dass noch weitere Ermittlungen des MDK durchzuführen sind (Schreiben des MDK vom 31.8.2012, um bloße Vorermittlungen durch Ärztebefragungen handelt es sich nicht; dazu Senatsbeschluss vom 28.3.2007, - L 5 R 5913/06 PKH-B -), nicht verneint werden. Die Klägerin verfügt aber (jedenfalls) über zumutbar einzusetzendes Vermögen, nämlich ein Bausparguthaben bei der Bausparkasse S. H. von 4.955,20 EUR (Stand 31.12.2012) und ein Sparguthaben bei der Volksbank Ü. von 1.900,82 EUR, und kann daher die Kosten der Prozessführung aufbringen.

Der Einsatz von Vermögen für die Kosten der Prozessführung ist in § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO i. V. m. § 90 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) geregelt. Gem. § 90 Abs. 1 SGB XII ist das gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen mit Ausnahme des in § 90 Abs. 2 SGB XII aufgeführten (Schon-)Vermögens. Zum (Schon-)Vermögen gehören u.a. kleinere Barbeträge oder sonstige Geldwerte der (um Prozesskostenhilfe) nachfragenden Person (§ 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII). Was unter einem kleineren Barbetrag bzw. sonstigen Geldwert i. S. d. § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII zu verstehen ist, ist in § 1 der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII (DurchführungsVO) näher festgelegt. Danach sind kleinere Barbeträge oder sonstige Geldwerte im Sinne des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII, wenn die Sozialhilfe vom Vermögen der nachfragenden Person abhängig ist, bei der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII 1.600 EUR, jedoch 2.600 EUR bei nachfragenden Personen, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, sowie bei voll Erwerbsgeminderten im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung und den diesem Personenkreis vergleichbaren Invalidenrentnern. Hinzukommen 256 EUR für jede Person, die vom Nachfragenden überwiegend unterhalten wird. Gem. § 90 Abs. 3 SGB XII darf die Sozialhilfe schließlich nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist bei der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel des SGB XII insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.

Davon ausgehend ist der (1964 geborenen) Klägerin, die eine 1995 geborene Tochter hat, der Einsatz ihres Bausparvertrags (auf den sie im Jahr 2012 100 EUR monatlich eingezahlt hat und offenbar weiter einzahlt) und des Sparguthabens bei der Volksbank Ü. zumutbar (zur Möglichkeit der Verwertung oder Beleihung von Bausparguthaben etwa OLG Saarbrücken, Beschl. v. 18.1.2012, - 9 WF 151/11 -). Inhaber des Sparguthabens bei der Volksbank Ü. ist die Klägerin. Dass das Guthaben für den Führerschein ihrer Tochter verwendet werden soll, ändert daran nichts; die Klägerin kann nicht deswegen Leistungen, hier Prozesskostenhilfe, von der Allgemeinheit verlangen, weil sie bestimmte Vermögensbestandteile für andere Zwecke als die Prozessführung einsetzen will. Bei den für den ersten Rechtszug anfallenden Prozesskosten von etwa 560,00 EUR (vgl. Nrn. 3102 und 3106 RVG-Vergütungsverzeichnis) verbleibt der Klägerin bei einem Bausparguthaben von 4.955,20 EUR (Stand 31.12.2012) und einem Sparguthaben von 1.900,82 EUR zumutbar einsetzbares Vermögen. § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII steht dem nicht entgegen. Die Klägerin, die weder das 60. Lebensjahr vollendet hat noch erwerbsgemindert ist, muss das Bausparguthaben bzw. Sparguthaben in Anspruch zu nehmen, soweit die Guthaben einen (Schon-)Betrag von 1.856 EUR (1.600 EUR + 256 EUR) übersteigen. Der Schonbetrag bei Hilfe in besonderen Lebenslagen von 2.600 EUR ist nicht einschlägig (eingehend dazu LSG Sachsen, Beschl. v. 18.3.2011, - L 1 AL 111/10 B PKH -); davon abgesehen verbliebe der Klägerin auch unter Anwendung dieses Schonbetrags zumutbar einzusetzendes Vermögen. Die Voraussetzungen der Härteklausel in § 90 Abs. 3 SGB XII sind nicht erfüllt. Es stellt keine besondere Härte dar, wenn der Klägerin abzüglich des Schonbetrages der Einsatz des darüber hinausgehenden Betrages zugemutet wird. Insbesondere wird dadurch eine angemessene Alterssicherung nicht beeinträchtigt; auf den beabsichtigten Führerscheinerwerb der Tochter kommt es nicht an. Mit dem danach zumutbar einzusetzenden Bausparguthaben bzw. Sparguthaben von 5.000,02 EUR (6.856,02 EUR - 1.856 EUR) kann die Klägerin die außergerichtlichen Kosten des (gerichtskostenfreien) Verfahrens vor dem Sozialgericht bestreiten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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