Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 9 R 59/10
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 340/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Rentenversicherung - Grundsicherung für Arbeitsuchende - Erstattungsanspruch des nachrangigen Leistungsträgers - Verzinsung des Erstattungsanspruchs
Träger der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende haben keinen Anspruch auf Verzinsung des Erstattungsanspruchs gegenüber einem vorrangig verpflichteten Leistungsträger.
Ein Verzinsungsanspruch folgt weder aus § 108 Abs. 2 Satz 1 SGB X, noch aus einer analogen Anwendung dieser Vorschrift, weil eine unbeabsichtigte Regelungslücke nicht zu konstatieren ist.
Ein Verzinsungsanspruch folgt auch nicht aus § 291 BGB oder aus § 44 Abs. 1 SGB I.
Träger der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende haben keinen Anspruch auf Verzinsung des Erstattungsanspruchs gegenüber einem vorrangig verpflichteten Leistungsträger.
Ein Verzinsungsanspruch folgt weder aus § 108 Abs. 2 Satz 1 SGB X, noch aus einer analogen Anwendung dieser Vorschrift, weil eine unbeabsichtigte Regelungslücke nicht zu konstatieren ist.
Ein Verzinsungsanspruch folgt auch nicht aus § 291 BGB oder aus § 44 Abs. 1 SGB I.
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 15. März 2011 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 81,90 Euro festgesetzt.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Verzinsung einer, von der Beklagten im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens in Höhe von 819,51 Euro befriedigten, Erstattungsforderung des Klägers.
Seit 5. Dezember 2005 bezieht der Berechtigte (S K ) von der Klägerin Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende. Der Kläger bewilligte dem Berechtigten zuletzt mit Bescheid vom 11. Januar 2007 für den Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis 30. Juni 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von monatlich 529,25 Euro für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. März 2007, in Höhe von 497,58 Euro für den Monat April 2007 sowie in Höhe von 479,25 Euro für den Zeitraum vom 1. Mai bis 30. Juni 2007. Wegen einer dem Berechtigten, der bei der Beklagten rentenversicherungspflichtig ist, ab 10. Mai 2007 bewilligten und am 17. Juni 2007 abgebrochenen Rehabilitationsmaßnahme stand dem Berechtigten ein (vorrangiger) Anspruch auf Übergangsgeld gegen die Beklagte zu.
Auf die entsprechende Information der Beklagten an den Kläger hinsichtlich des vorrangigen Anspruchs des Berechtigten auf Übergangsgeld bezifferte der Kläger den ihm zu erstattenden Betrag erstmals mit Schreiben vom 2. August 2007 auf 820,20 Euro und mahnte die ausbleibende Zahlung mit Schreiben vom 23. Juni 2008 und 29. September 2009 an, ohne dass die Beklagte hierauf reagierte.
Daraufhin hat der Kläger am 15. Januar 2010 beim Sozialgericht Dresden Klage auf Zahlung von 985,46 Euro erhoben, worauf die Beklagte mit Schriftsatz vom 17. März 2010 einen Betrag in Höhe von 819,51 Euro anerkannte und bereits am 12. März 2010 zur Anweisung an den Kläger brachte, ohne die behauptete Verpflichtung zur Verzinsung zu akzeptieren. Der Kläger hat dieses Teilanerkenntnis am 28. Januar 2011 angenommen und die darüber hinausgehende Erstattungsforderung im Termin der mündlichen Verhandlung beim Sozialgericht Dresden am 15. März 2011 zurückgenommen, jedoch am Verzinsungsantrag festgehalten. Das Sozialgericht Dresden hat mit Urteil vom 15. März 2011 die Beklagte verurteilt, den Erstattungsanspruch in Höhe von 819,51 Euro, beginnend ab 1. Oktober 2007 und endend zum 28. Februar 2010, zu verzinsen und den sich daraus ergebenden Betrag an den Kläger auszuzahlen. Zugleich hat es im Urteil vom 15. März 2011 die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen und zur Begründung ausgeführt: Dem Kläger stehe ein Verzinsungsanspruch in entsprechender Anwendung des § 108 Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) zu, weil der Kläger als Träger der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende einem Träger der Sozialhilfe gleichgestellt werden könne. Beide Leistungsträger würden Leistungen des soziokulturellen Existenzminimums erbringen, weshalb eine Gleichbehandlung des Trägers der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende mit dem ausdrücklich in § 108 Abs. 2 SGB X erwähnten Träger der Sozialhilfe gerechtfertigt sei. Mit Beschluss vom 19. April 2011 hat das Sozialgericht Dresden den Streitwert des sozialgerichtlichen Verfahrens auf einen Betrag in Höhe von 985,46 Euro festgesetzt.
Gegen das ihr am 21. April 2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 19. Mai 2011 Berufung eingelegt, mit der sie die Klageabweisung, soweit das Sozialgericht dem Kläger einen Anspruch auf Verzinsung zugesprochen hat, begehrt. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Verzinsung, weil keine gesetzliche Grundlage existiere, auf die sich ein Zinszahlungsanspruch stützen könne. Die Vorschrift des § 108 Abs. 2 SGB X bestimme mit seinem eindeutigen Wortlaut abschließend die Träger, denen auf Antrag ein Zinsanspruch zustehe. Der Verzinsungspflicht unterfielen nur Erstattungsansprüche der Träger der Sozialhilfe, der Kriegsopferfürsorge und der Jugendhilfe. Erstattungsansprüche der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende seien daher nicht zu verzinsen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 15. März 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Mit Schriftsätzen vom 12. Dezember 2011 und 13. Februar 2012 haben die Beteiligten jeweils ihr Einverständnis zur Entscheidung des Rechtsstreits durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Dem Gericht haben die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird hierauf insgesamt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§ 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).
I. Die Berufung der Beklagten ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Zwar ist die Berufungssumme des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG (10.000 Euro bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts) nicht überschritten. Wegen der Zulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 15. März 2011 ist die Berufung aber statthaft, weil das Berufungsgericht an die Zulassung gebunden ist (§ 144 Abs. 3 SGG), ohne dass überprüft werden darf, ob der vom Sozialgericht angenommene Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG) gegeben ist.
II. Die Berufung der Beklagten ist auch begründet, weil das Sozialgericht Dresden, der auf Verteilung der Beklagten zur Verzinsung des Erstattungsanspruchs gerichteten Leistungsklage des Klägers zu Unrecht stattgegeben hat. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verzinsung, weil hierfür eine Rechtsgrundlage nicht existiert.
1. § 108 Abs. 2 Satz 1 SGB X kommt als Rechtsgrundlage nicht in Betracht, weil der Kläger keiner der in der Norm genannten exponierten Träger eines Hilfe- oder Fürsorgesystems ist, denen ausnahmsweise ein Anspruch auf Verzinsung eines Erstattungsanspruchs gegenüber einem anderen Träger eines sozialen Sicherungssystems eingeräumt ist. Nach der Vorschrift ist lediglich der Erstattungsanspruch, den ein Träger der Sozialhilfe, der Kriegsopferfürsorge und der Jugendhilfe gegenüber einem anderen Leistungsträgern hat, zu verzinsen. Der Kläger ist Träger der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (vgl. § 19a Abs. 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch [SGB I] sowie §§ 6 Abs. 1, 44b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch [SGB II]) und als solcher wesensverschieden zu einem Träger der Sozialhilfe (vgl. § 28 Abs. 2 SGB I sowie § 3 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch [SGB XII]).
2. Eine entsprechende, also analoge, Anwendung des § 108 Abs. 2 SGB X kommt – entgegen der Ansicht des Sozialgerichts – nicht in Betracht, weil es an den Voraussetzungen für eine Rechtsanalogie (planwidrige Regelungslücke und Vergleichbarkeit der Sachverhalte, vgl. BSG, Urteil vom 15. August 2012 - B 6 KA 48/11 R - JURIS-Dokument, RdNr. 26 mit weiteren Nachweisen) fehlt.
Es mag zwar sein, dass eine vergleichbare Interessenlage, also eine Vergleichbarkeit des geregelten mit dem zu regelnden Sachverhalt vorliegt, weil die von den Trägern der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu erbringenden Leistungen (vgl. § 19a Abs. 1 SGB I) ähnlich der Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums dienen, ähnliche fürsorgliche Elemente wie die Leistungen der Sozialhilfe aufweisen, für den betroffenen Personenkreis eine ähnliche Auffangfunktion wahrnehmen wie die Sozialhilfe und auch insoweit ebenso wie die Sozialhilfe dem Nachranggrundsatz Rechnung tragen (so argumentierend: Klattenhoff in: Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB X, K § 108, RdNr. 1 [Stand: Dezember 2005]; Kater in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Band 2, § 108 SGB X, RdNr. 6 [Stand: Oktober 2010]; Roller in: von Wulffen, Kommentar zum SGB X, 7. Aufl. 2010, § 108, RdNr. 6). Vor diesem Hintergrund erschiene eine Gleichstellung wegen Vergleichbarkeit der Sachverhalte durchaus gerechtfertigt, zumal der Normzweck des § 108 Abs. 2 SGB X gerade darin besteht, insbesondere die Träger der Sozialhilfe, die als unterstes soziales Netz Leistungen der sozialen Sicherung häufig als "Vorschusskasse" erbringen müssen, verzinsungsrechtlich dem leistungsberechtigten Antragsteller (vgl. § 44 SGB I) gleichzustellen (BT-Drs. 13/3904, S. 48) und die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für den von ihm zu betreuenden Personenkreis nicht minder vorschussweise Leistungen erbringen, sofern vorrangig verpflichtete Leistungsträger ihrer Leistungspflicht nicht nachkommen (vgl. § 5 SGB II).
Allerdings ist es nicht zutreffend, insoweit von einem "gesetzgeberischen Versehen" (so ausdrücklich: Klattenhoff in: Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB X, K § 108, RdNr. 1 [Stand: Dezember 2005]), also einer unbeabsichtigten Regelungslücke, als Grundvoraussetzung für die Bildung einer Rechtsanalogie, auszugehen. Dies gründet sich darauf, dass der Gesetzgeber nach Einführung des Leistungssystems der Grundsicherung für Arbeitsuchende, die Träger dieses Leistungssystems ebenso wie diejenigen, der ebenso vergleichbaren und ebenso der Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums dienenden, Träger der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, durch Art. 6 Nr. 1 des am 1. August 2006 in Kraft getretenen Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 (BGBl. I, S. 1706, konkret: S. 1718), zwar in die privilegierende Vorschrift des § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB X einbezogen und damit die bis zu diesem Zeitpunkt bereits bestehende Gerichtskostenfreiheit der Träger der Sozialhilfe, der Jugendhilfe und der Kriegsopferfürsorge auf die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende und der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erstreckt hat, andere Vorschriften – wie eben die des § 108 Abs. 2 SGB X – aber nicht erweitert und damit die Änderung gerade nicht zum Anlass genommen hat, auch weitere, vergleichbare Regelungen anzupassen. Der Gesetzgeber hat damit die Privilegierungsbedürftigkeit der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende vor dem Hintergrund ihrer existenzsichernden Leistungsverpflichtung und ihrer als soziales Netz dienenden Auffangfunktion in kostenrechtlichen Regelungen des allgemeinen Sozialverwaltungsrechts erkannt, jedoch ausdrücklich nur diesen konkreten Teilbereich, nämlich § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB X, einer gleichstellenden Regelung unterzogen. Daraus ist im Umkehrschluss die Argumentation gerechtfertigt, dass eine gleichstellende Privilegierung in anderen kostenrechtlichen Regelungen bewusst nicht in Angriff genommen wurde. Dabei ist es gleichgültig, ob der Gesetzgeber seine Gründe dafür offen gelegt hat oder nicht. Soweit die fehlende Verzinsungsfähigkeit eines Erstattungsanspruchs eines Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende gegenüber einem vorrangig zuständigen Leistungsträger, beispielsweise der gesetzlichen Renten-, Kranken-, Unfall-, Pflegeversicherung oder der Arbeitsförderung, für sozialpolitisch unbefriedigend gehalten werden sollte, was die von der Literatur zur analogen Anwendung des § 108 Abs. 2 SGB X zusammengetragenen Argumente durchaus belegen mögen, ist nicht die richterliche Rechtsfortbildung angezeigt. Vielmehr obläge es dem Gesetzgeber, durch entsprechende bereichsspezifische gesetzliche Regelungen insoweit Abhilfe zu schaffen (diesen Argumentationsstrang, zwar in anderem Zusammenhang, aber konkret die Analogiefähigkeit von Vorschriften des SGB X zutreffend neuerlich betonend: BSG, Urteil vom 27. Juni 2012 - B 12 R 6/10 R - JURIS-Dokument, RdNr. 24).
3. Eine anderweitige Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Verzinsungsanspruch des Klägers existiert ebenfalls nicht. Insbesondere folgt ein solcher weder aus § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), noch aus einer analogen Anwendung dieser Norm. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gilt für Erstattungsansprüche der Sozialleistungsträger untereinander, dass im Bereich des Sozialrechts keine Prozesszinsen zu entrichten sind (vgl. dazu ausführlich und die Entwicklung zusammenfassend: BSG, Urteil vom 19. September 2007 - B 1 KR 39/06 R - JURIS-Dokument, RdNr. 28-30; zuletzt: BSG, Urteil vom 23. Mai 2012 - B 14 AS 190/11 R - JURIS-Dokument, RdNr. 33). Auch § 44 Abs. 1 SGB I scheidet als Anspruchsgrundlage aus, da diese Norm nur eine Verzinsung von Sozialleistungen vorsieht und auf das Verhältnis der Sozialleistungsträger untereinander ebenfalls mangels Planwidrigkeit einer Regelungslücke nicht entsprechend angewandt werden kann (BSG, Urteil vom 28. Oktober 2008 - B 8 SO 23/07 R - JURIS-Dokument, RdNr. 17 mit weiteren Nachweisen). III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG. Es handelt sich um ein gerichtskostenpflichtiges Verfahren, weil weder der Kläger, noch die Beklagte zu den in § 183 SGG genannten gerichtskostenprivilegierten Personen gehören, so dass es einer Streitwertfestsetzung nach § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 Alternative 1 SGG in Verbindung mit § 52 des Gerichtskostengesetzes (GKG) bedarf.
Die Kosten des Berufungsverfahren hat der Kläger zu tragen, da er mit dem, in der Berufungsinstanz nur noch streit- und verfahrensgegenständlichen, Verzinsungsantrag insgesamt unterliegt (§ 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO]). Die Gerichtskostenprivilegierung des § 64 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 SGB X, wonach unter anderem im Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit unter anderem die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende von den Gerichtskosten befreit sind, steht der Kostentragung vorliegend nicht entgegen, weil nach § 64 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 SGB X die Norm des § 197a SGG unberührt bleibt, so dass sich die Kostenfreiheit der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nur auf die Pauschgebührenpflicht des § 184 SGG bezieht, Verfahren in Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern von der Kostenfreiheit aber nicht erfasst sind, soweit nicht wiederum eine Gebührenbefreiung nach § 2 GKG eingreift (so deutlich und zutreffend: Roos in: von Wulffen, Kommentar zum SGB X, 7. Aufl. 2010, § 63, RdNr. 18d, unter zutreffender Bezugnahme auch auf: BT-Drs. 15/3867, S. 3).
Einer gleichzeitigen Abänderung oder Aufhebung der Kostenziffer (II.) im Tenor des Urteils des Sozialgerichts Dresden vom 15. März 2011 bedarf es nicht, weil sich das vom Sozialgericht angenommene Verhältnis der Kostenteilung zwischen den Beteiligten durch den Erfolg der Beklagten im Berufungsverfahren insgesamt nur unwesentlich verschiebt. Es ist daher gerechtfertigt, die Beklagte vier Fünftel und den Kläger ein Fünftel der Kosten des Klageverfahrens tragen zu lassen. Denn im Klageverfahren hat der Kläger zu einem erheblichen Teil (nämlich in Höhe von 819,51 Euro im Verhältnis zur ursprünglich mit der Klageerhebung geltend gemachten Erstattungsforderung in Höhe von 985,46 Euro) in Folge des angenommenen Anerkenntnisses obsiegt. Die Beklagte hat daher, wie das Sozialgericht ausgeurteilt hat, insoweit die Kosten des Klageverfahrens zum ganz überwiegenden Teil zu tragen, da sie erst im Laufe des sozialgerichtlichen Verfahrens den Erstattungsanspruch in Höhe von 819,51 Euro anerkannt hat und Veranlassung zur Erhebung der Leistungsklage gegeben hatte, nachdem der Kläger die ausbleibende Zahlung am 23. Juni 2009 und 29. September 2009 vergeblich angemahnt hatte. Ein sofortiges Anerkenntnis (§ 156 VwGO) lag daher nicht vor.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren ist nicht auf den ursprünglich streitigen Erstattungsanspruch in Höhe von 985,46 Euro festzusetzen. Diesen Wert betraf nur der ursprüngliche Antrag des Klägers (§ 52 Abs. 3 GKG) im erstinstanzlichen Verfahren, weshalb das Sozialgericht mit Beschluss vom 19. April 2011 diesen Streitwert festgesetzt hat; dieser, für das Klageverfahren mit dem rechtskräftig gewordenen Beschluss vom 19. April 2011 festgesetzte, Streitwert ändert sich insoweit für das Klageverfahren nicht. Für die Wertberechnung ist nach § 40 GKG der Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung maßgebend, die den (jeweiligen) Rechtszug einleitet. Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist nur noch die Verzinsung des Erstattungsbetrages, so dass der Wert der Zinsen als Nebenforderung maßgeblich ist, soweit er den Wert des (unstreitigen) Hauptanspruchs nicht übersteigt (§ 43 Abs. 2 GKG).
Der Wert der unstreitigen Hauptforderung des Berufungsverfahrens beträgt 819,51 Euro. Der Wert der streitigen Zinsen beträgt vier vom Hundert (§ 108 Abs. 2 Satz 1 SGB X) für die Dauer des Erstattungszeitraumes und für den Zeitraum nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des vollständigen, den gesamten Erstattungszeitraum umfassenden Erstattungsantrages beim Erstattungspflichtigen bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung, frühestens jedoch nach Eingang des vollständigen Leistungsantrages des Leistungsberechtigten beim zuständigen Leistungsträger (§ 108 Abs. 2 Satz 2 SGB X). Der Erstattungszeitraum betrifft damit vorliegend die Zeit vom 10. Mai 2007 bis 17. Juni 2007 und der Erfüllungszeitraum betrifft die Zeit vom 1. Oktober 2007 (am 2. August 2007 erfolgte die erstmalige Bezifferung des Erstattungsbetrages durch den Kläger) bis 28. Februar 2010 (am 12. März 2010 erfolgte die Anweisung der Zahlung in Höhe von 819,51 Euro durch die Beklagte). Verzinst werden nur volle Eurobeträge und der Kalendermonat ist mit 30 Tagen zu Grunde zu legen (§§ 108 Abs. 2 Satz 3 SGB X, 44 Abs. 3 SGB I). Daraus ergibt sich ein monatlicher Zinsanspruch in Höhe von 2,73 Euro (820 Euro geteilt durch 300), der mit der Anzahl der Verzinsungsmonate (30) zu multiplizieren ist. Der Zinsanspruch hat damit einen Wert in Höhe von 81,90 Euro, übersteigt den Wert der Hauptforderung nicht und ist in dieser Höhe zu Grunde zu legen.
IV. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 81,90 Euro festgesetzt.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Verzinsung einer, von der Beklagten im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens in Höhe von 819,51 Euro befriedigten, Erstattungsforderung des Klägers.
Seit 5. Dezember 2005 bezieht der Berechtigte (S K ) von der Klägerin Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende. Der Kläger bewilligte dem Berechtigten zuletzt mit Bescheid vom 11. Januar 2007 für den Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis 30. Juni 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von monatlich 529,25 Euro für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. März 2007, in Höhe von 497,58 Euro für den Monat April 2007 sowie in Höhe von 479,25 Euro für den Zeitraum vom 1. Mai bis 30. Juni 2007. Wegen einer dem Berechtigten, der bei der Beklagten rentenversicherungspflichtig ist, ab 10. Mai 2007 bewilligten und am 17. Juni 2007 abgebrochenen Rehabilitationsmaßnahme stand dem Berechtigten ein (vorrangiger) Anspruch auf Übergangsgeld gegen die Beklagte zu.
Auf die entsprechende Information der Beklagten an den Kläger hinsichtlich des vorrangigen Anspruchs des Berechtigten auf Übergangsgeld bezifferte der Kläger den ihm zu erstattenden Betrag erstmals mit Schreiben vom 2. August 2007 auf 820,20 Euro und mahnte die ausbleibende Zahlung mit Schreiben vom 23. Juni 2008 und 29. September 2009 an, ohne dass die Beklagte hierauf reagierte.
Daraufhin hat der Kläger am 15. Januar 2010 beim Sozialgericht Dresden Klage auf Zahlung von 985,46 Euro erhoben, worauf die Beklagte mit Schriftsatz vom 17. März 2010 einen Betrag in Höhe von 819,51 Euro anerkannte und bereits am 12. März 2010 zur Anweisung an den Kläger brachte, ohne die behauptete Verpflichtung zur Verzinsung zu akzeptieren. Der Kläger hat dieses Teilanerkenntnis am 28. Januar 2011 angenommen und die darüber hinausgehende Erstattungsforderung im Termin der mündlichen Verhandlung beim Sozialgericht Dresden am 15. März 2011 zurückgenommen, jedoch am Verzinsungsantrag festgehalten. Das Sozialgericht Dresden hat mit Urteil vom 15. März 2011 die Beklagte verurteilt, den Erstattungsanspruch in Höhe von 819,51 Euro, beginnend ab 1. Oktober 2007 und endend zum 28. Februar 2010, zu verzinsen und den sich daraus ergebenden Betrag an den Kläger auszuzahlen. Zugleich hat es im Urteil vom 15. März 2011 die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen und zur Begründung ausgeführt: Dem Kläger stehe ein Verzinsungsanspruch in entsprechender Anwendung des § 108 Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) zu, weil der Kläger als Träger der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende einem Träger der Sozialhilfe gleichgestellt werden könne. Beide Leistungsträger würden Leistungen des soziokulturellen Existenzminimums erbringen, weshalb eine Gleichbehandlung des Trägers der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende mit dem ausdrücklich in § 108 Abs. 2 SGB X erwähnten Träger der Sozialhilfe gerechtfertigt sei. Mit Beschluss vom 19. April 2011 hat das Sozialgericht Dresden den Streitwert des sozialgerichtlichen Verfahrens auf einen Betrag in Höhe von 985,46 Euro festgesetzt.
Gegen das ihr am 21. April 2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 19. Mai 2011 Berufung eingelegt, mit der sie die Klageabweisung, soweit das Sozialgericht dem Kläger einen Anspruch auf Verzinsung zugesprochen hat, begehrt. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Verzinsung, weil keine gesetzliche Grundlage existiere, auf die sich ein Zinszahlungsanspruch stützen könne. Die Vorschrift des § 108 Abs. 2 SGB X bestimme mit seinem eindeutigen Wortlaut abschließend die Träger, denen auf Antrag ein Zinsanspruch zustehe. Der Verzinsungspflicht unterfielen nur Erstattungsansprüche der Träger der Sozialhilfe, der Kriegsopferfürsorge und der Jugendhilfe. Erstattungsansprüche der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende seien daher nicht zu verzinsen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 15. März 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Mit Schriftsätzen vom 12. Dezember 2011 und 13. Februar 2012 haben die Beteiligten jeweils ihr Einverständnis zur Entscheidung des Rechtsstreits durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Dem Gericht haben die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird hierauf insgesamt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§ 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).
I. Die Berufung der Beklagten ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Zwar ist die Berufungssumme des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG (10.000 Euro bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts) nicht überschritten. Wegen der Zulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 15. März 2011 ist die Berufung aber statthaft, weil das Berufungsgericht an die Zulassung gebunden ist (§ 144 Abs. 3 SGG), ohne dass überprüft werden darf, ob der vom Sozialgericht angenommene Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG) gegeben ist.
II. Die Berufung der Beklagten ist auch begründet, weil das Sozialgericht Dresden, der auf Verteilung der Beklagten zur Verzinsung des Erstattungsanspruchs gerichteten Leistungsklage des Klägers zu Unrecht stattgegeben hat. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verzinsung, weil hierfür eine Rechtsgrundlage nicht existiert.
1. § 108 Abs. 2 Satz 1 SGB X kommt als Rechtsgrundlage nicht in Betracht, weil der Kläger keiner der in der Norm genannten exponierten Träger eines Hilfe- oder Fürsorgesystems ist, denen ausnahmsweise ein Anspruch auf Verzinsung eines Erstattungsanspruchs gegenüber einem anderen Träger eines sozialen Sicherungssystems eingeräumt ist. Nach der Vorschrift ist lediglich der Erstattungsanspruch, den ein Träger der Sozialhilfe, der Kriegsopferfürsorge und der Jugendhilfe gegenüber einem anderen Leistungsträgern hat, zu verzinsen. Der Kläger ist Träger der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (vgl. § 19a Abs. 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch [SGB I] sowie §§ 6 Abs. 1, 44b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch [SGB II]) und als solcher wesensverschieden zu einem Träger der Sozialhilfe (vgl. § 28 Abs. 2 SGB I sowie § 3 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch [SGB XII]).
2. Eine entsprechende, also analoge, Anwendung des § 108 Abs. 2 SGB X kommt – entgegen der Ansicht des Sozialgerichts – nicht in Betracht, weil es an den Voraussetzungen für eine Rechtsanalogie (planwidrige Regelungslücke und Vergleichbarkeit der Sachverhalte, vgl. BSG, Urteil vom 15. August 2012 - B 6 KA 48/11 R - JURIS-Dokument, RdNr. 26 mit weiteren Nachweisen) fehlt.
Es mag zwar sein, dass eine vergleichbare Interessenlage, also eine Vergleichbarkeit des geregelten mit dem zu regelnden Sachverhalt vorliegt, weil die von den Trägern der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu erbringenden Leistungen (vgl. § 19a Abs. 1 SGB I) ähnlich der Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums dienen, ähnliche fürsorgliche Elemente wie die Leistungen der Sozialhilfe aufweisen, für den betroffenen Personenkreis eine ähnliche Auffangfunktion wahrnehmen wie die Sozialhilfe und auch insoweit ebenso wie die Sozialhilfe dem Nachranggrundsatz Rechnung tragen (so argumentierend: Klattenhoff in: Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB X, K § 108, RdNr. 1 [Stand: Dezember 2005]; Kater in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Band 2, § 108 SGB X, RdNr. 6 [Stand: Oktober 2010]; Roller in: von Wulffen, Kommentar zum SGB X, 7. Aufl. 2010, § 108, RdNr. 6). Vor diesem Hintergrund erschiene eine Gleichstellung wegen Vergleichbarkeit der Sachverhalte durchaus gerechtfertigt, zumal der Normzweck des § 108 Abs. 2 SGB X gerade darin besteht, insbesondere die Träger der Sozialhilfe, die als unterstes soziales Netz Leistungen der sozialen Sicherung häufig als "Vorschusskasse" erbringen müssen, verzinsungsrechtlich dem leistungsberechtigten Antragsteller (vgl. § 44 SGB I) gleichzustellen (BT-Drs. 13/3904, S. 48) und die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für den von ihm zu betreuenden Personenkreis nicht minder vorschussweise Leistungen erbringen, sofern vorrangig verpflichtete Leistungsträger ihrer Leistungspflicht nicht nachkommen (vgl. § 5 SGB II).
Allerdings ist es nicht zutreffend, insoweit von einem "gesetzgeberischen Versehen" (so ausdrücklich: Klattenhoff in: Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB X, K § 108, RdNr. 1 [Stand: Dezember 2005]), also einer unbeabsichtigten Regelungslücke, als Grundvoraussetzung für die Bildung einer Rechtsanalogie, auszugehen. Dies gründet sich darauf, dass der Gesetzgeber nach Einführung des Leistungssystems der Grundsicherung für Arbeitsuchende, die Träger dieses Leistungssystems ebenso wie diejenigen, der ebenso vergleichbaren und ebenso der Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums dienenden, Träger der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, durch Art. 6 Nr. 1 des am 1. August 2006 in Kraft getretenen Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 (BGBl. I, S. 1706, konkret: S. 1718), zwar in die privilegierende Vorschrift des § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB X einbezogen und damit die bis zu diesem Zeitpunkt bereits bestehende Gerichtskostenfreiheit der Träger der Sozialhilfe, der Jugendhilfe und der Kriegsopferfürsorge auf die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende und der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erstreckt hat, andere Vorschriften – wie eben die des § 108 Abs. 2 SGB X – aber nicht erweitert und damit die Änderung gerade nicht zum Anlass genommen hat, auch weitere, vergleichbare Regelungen anzupassen. Der Gesetzgeber hat damit die Privilegierungsbedürftigkeit der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende vor dem Hintergrund ihrer existenzsichernden Leistungsverpflichtung und ihrer als soziales Netz dienenden Auffangfunktion in kostenrechtlichen Regelungen des allgemeinen Sozialverwaltungsrechts erkannt, jedoch ausdrücklich nur diesen konkreten Teilbereich, nämlich § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB X, einer gleichstellenden Regelung unterzogen. Daraus ist im Umkehrschluss die Argumentation gerechtfertigt, dass eine gleichstellende Privilegierung in anderen kostenrechtlichen Regelungen bewusst nicht in Angriff genommen wurde. Dabei ist es gleichgültig, ob der Gesetzgeber seine Gründe dafür offen gelegt hat oder nicht. Soweit die fehlende Verzinsungsfähigkeit eines Erstattungsanspruchs eines Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende gegenüber einem vorrangig zuständigen Leistungsträger, beispielsweise der gesetzlichen Renten-, Kranken-, Unfall-, Pflegeversicherung oder der Arbeitsförderung, für sozialpolitisch unbefriedigend gehalten werden sollte, was die von der Literatur zur analogen Anwendung des § 108 Abs. 2 SGB X zusammengetragenen Argumente durchaus belegen mögen, ist nicht die richterliche Rechtsfortbildung angezeigt. Vielmehr obläge es dem Gesetzgeber, durch entsprechende bereichsspezifische gesetzliche Regelungen insoweit Abhilfe zu schaffen (diesen Argumentationsstrang, zwar in anderem Zusammenhang, aber konkret die Analogiefähigkeit von Vorschriften des SGB X zutreffend neuerlich betonend: BSG, Urteil vom 27. Juni 2012 - B 12 R 6/10 R - JURIS-Dokument, RdNr. 24).
3. Eine anderweitige Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Verzinsungsanspruch des Klägers existiert ebenfalls nicht. Insbesondere folgt ein solcher weder aus § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), noch aus einer analogen Anwendung dieser Norm. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gilt für Erstattungsansprüche der Sozialleistungsträger untereinander, dass im Bereich des Sozialrechts keine Prozesszinsen zu entrichten sind (vgl. dazu ausführlich und die Entwicklung zusammenfassend: BSG, Urteil vom 19. September 2007 - B 1 KR 39/06 R - JURIS-Dokument, RdNr. 28-30; zuletzt: BSG, Urteil vom 23. Mai 2012 - B 14 AS 190/11 R - JURIS-Dokument, RdNr. 33). Auch § 44 Abs. 1 SGB I scheidet als Anspruchsgrundlage aus, da diese Norm nur eine Verzinsung von Sozialleistungen vorsieht und auf das Verhältnis der Sozialleistungsträger untereinander ebenfalls mangels Planwidrigkeit einer Regelungslücke nicht entsprechend angewandt werden kann (BSG, Urteil vom 28. Oktober 2008 - B 8 SO 23/07 R - JURIS-Dokument, RdNr. 17 mit weiteren Nachweisen). III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG. Es handelt sich um ein gerichtskostenpflichtiges Verfahren, weil weder der Kläger, noch die Beklagte zu den in § 183 SGG genannten gerichtskostenprivilegierten Personen gehören, so dass es einer Streitwertfestsetzung nach § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 Alternative 1 SGG in Verbindung mit § 52 des Gerichtskostengesetzes (GKG) bedarf.
Die Kosten des Berufungsverfahren hat der Kläger zu tragen, da er mit dem, in der Berufungsinstanz nur noch streit- und verfahrensgegenständlichen, Verzinsungsantrag insgesamt unterliegt (§ 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO]). Die Gerichtskostenprivilegierung des § 64 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 SGB X, wonach unter anderem im Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit unter anderem die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende von den Gerichtskosten befreit sind, steht der Kostentragung vorliegend nicht entgegen, weil nach § 64 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 SGB X die Norm des § 197a SGG unberührt bleibt, so dass sich die Kostenfreiheit der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nur auf die Pauschgebührenpflicht des § 184 SGG bezieht, Verfahren in Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern von der Kostenfreiheit aber nicht erfasst sind, soweit nicht wiederum eine Gebührenbefreiung nach § 2 GKG eingreift (so deutlich und zutreffend: Roos in: von Wulffen, Kommentar zum SGB X, 7. Aufl. 2010, § 63, RdNr. 18d, unter zutreffender Bezugnahme auch auf: BT-Drs. 15/3867, S. 3).
Einer gleichzeitigen Abänderung oder Aufhebung der Kostenziffer (II.) im Tenor des Urteils des Sozialgerichts Dresden vom 15. März 2011 bedarf es nicht, weil sich das vom Sozialgericht angenommene Verhältnis der Kostenteilung zwischen den Beteiligten durch den Erfolg der Beklagten im Berufungsverfahren insgesamt nur unwesentlich verschiebt. Es ist daher gerechtfertigt, die Beklagte vier Fünftel und den Kläger ein Fünftel der Kosten des Klageverfahrens tragen zu lassen. Denn im Klageverfahren hat der Kläger zu einem erheblichen Teil (nämlich in Höhe von 819,51 Euro im Verhältnis zur ursprünglich mit der Klageerhebung geltend gemachten Erstattungsforderung in Höhe von 985,46 Euro) in Folge des angenommenen Anerkenntnisses obsiegt. Die Beklagte hat daher, wie das Sozialgericht ausgeurteilt hat, insoweit die Kosten des Klageverfahrens zum ganz überwiegenden Teil zu tragen, da sie erst im Laufe des sozialgerichtlichen Verfahrens den Erstattungsanspruch in Höhe von 819,51 Euro anerkannt hat und Veranlassung zur Erhebung der Leistungsklage gegeben hatte, nachdem der Kläger die ausbleibende Zahlung am 23. Juni 2009 und 29. September 2009 vergeblich angemahnt hatte. Ein sofortiges Anerkenntnis (§ 156 VwGO) lag daher nicht vor.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren ist nicht auf den ursprünglich streitigen Erstattungsanspruch in Höhe von 985,46 Euro festzusetzen. Diesen Wert betraf nur der ursprüngliche Antrag des Klägers (§ 52 Abs. 3 GKG) im erstinstanzlichen Verfahren, weshalb das Sozialgericht mit Beschluss vom 19. April 2011 diesen Streitwert festgesetzt hat; dieser, für das Klageverfahren mit dem rechtskräftig gewordenen Beschluss vom 19. April 2011 festgesetzte, Streitwert ändert sich insoweit für das Klageverfahren nicht. Für die Wertberechnung ist nach § 40 GKG der Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung maßgebend, die den (jeweiligen) Rechtszug einleitet. Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist nur noch die Verzinsung des Erstattungsbetrages, so dass der Wert der Zinsen als Nebenforderung maßgeblich ist, soweit er den Wert des (unstreitigen) Hauptanspruchs nicht übersteigt (§ 43 Abs. 2 GKG).
Der Wert der unstreitigen Hauptforderung des Berufungsverfahrens beträgt 819,51 Euro. Der Wert der streitigen Zinsen beträgt vier vom Hundert (§ 108 Abs. 2 Satz 1 SGB X) für die Dauer des Erstattungszeitraumes und für den Zeitraum nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des vollständigen, den gesamten Erstattungszeitraum umfassenden Erstattungsantrages beim Erstattungspflichtigen bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung, frühestens jedoch nach Eingang des vollständigen Leistungsantrages des Leistungsberechtigten beim zuständigen Leistungsträger (§ 108 Abs. 2 Satz 2 SGB X). Der Erstattungszeitraum betrifft damit vorliegend die Zeit vom 10. Mai 2007 bis 17. Juni 2007 und der Erfüllungszeitraum betrifft die Zeit vom 1. Oktober 2007 (am 2. August 2007 erfolgte die erstmalige Bezifferung des Erstattungsbetrages durch den Kläger) bis 28. Februar 2010 (am 12. März 2010 erfolgte die Anweisung der Zahlung in Höhe von 819,51 Euro durch die Beklagte). Verzinst werden nur volle Eurobeträge und der Kalendermonat ist mit 30 Tagen zu Grunde zu legen (§§ 108 Abs. 2 Satz 3 SGB X, 44 Abs. 3 SGB I). Daraus ergibt sich ein monatlicher Zinsanspruch in Höhe von 2,73 Euro (820 Euro geteilt durch 300), der mit der Anzahl der Verzinsungsmonate (30) zu multiplizieren ist. Der Zinsanspruch hat damit einen Wert in Höhe von 81,90 Euro, übersteigt den Wert der Hauptforderung nicht und ist in dieser Höhe zu Grunde zu legen.
IV. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Jacobi Dr. Schnell Schuler
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