Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 37 AL 78/11
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 AL 328/12 B
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
In der Regel hat die Verhängung von Ordnungsgeld gegen den nicht erschienenen, persönlich geladenen Kläger zu unterbleiben, wenn eine das Verfahren abschließende Entscheidung trotz Ausbleibens des Klägers ergehen kann.
I. Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts München vom 9. November 2012 aufgehoben.
II. Die Staatskasse hat dem Beschwerdeführer die ihm im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf.), der anwaltlich vertreten ist, hat sich mit der Klage vor dem Sozialgericht München gegen den Bescheid der beklagten Bundesagentur für Arbeit vom 10. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Dezember 2010 gewandt. Streitig war dabei die Zulässigkeit eines Widerspruchs vom 16. Dezember 2010 gegen Schreiben der Beklagten vom 9. und 10. Dezember 2010, mit denen dem Bf. mitgeteilt wurde, dass über seinen Antrag auf Bewilligung von Arbeitslosengeld vom 1. November 2010 noch nicht abschließend entschieden werden könne, da zunächst geprüft werden müsse, ob eine Sperrzeit eingetreten sei. Gegen die Schreiben legte der Bf. Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 21. Dezember 2010 als unzulässig von der Beklagten verworfen wurde.
Das Sozialgericht hat Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 9. November 2012 bestimmt und das persönliche Erscheinen des Bf. angeordnet. Die Ladung war mit dem Hinweis versehen, dass im Falle des Nichterscheinens ohne genügende Entschuldigung ein Ordnungsgeld bis zu 1.000.- EUR festgesetzt werden kann. Die Ladung wurde dem Bf. mit Zustellungsurkunde am 9. Oktober 2012 zugestellt. Zum Termin ist zwar der Prozessbevollmächtigte, nicht jedoch der Bf. erschienen. Dieser hat zu Protokoll gegeben, dass er vom Bf. bevollmächtigt worden sei, den heutigen Termin wahrzunehmen. Der Vorsitzende hat die Wirksamkeit der Ladung festgestellt und mit Beschluss ein Ordnungsgeld gegen den Bf. in Höhe von 200.- EUR verhängt. Ferner hat das Gericht mit Urteil die Klage abgewiesen.
Zur Begründung der am 20. November 2012 eingegangenen Beschwerde gegen den Ordnungsgeldbeschluss hat der Bf. ausgeführt, dass es sich um eine Rechtsfrage gehandelt habe, für deren Klärung die persönliche Anwesenheit nicht erforderlich gewesen sei. Streitig sei gewesen, ob die Beklagte auf ein Anschreiben vom 15. Dezember 2010 einen Widerspruchsbescheid habe erlassen dürfen, nach dem dieses Schreiben weder als Widerspruch bezeichnet noch als Widerspruch auslegbar gewesen sei, sondern als "Antrag" gekennzeichnet gewesen sei. Die Anordnung des persönlichen Erscheinens sei weder erforderlich noch auf Nachfrage vom Vorsitzenden begründbar gewesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 SGG) und begründet. Voraussetzung für die Auferlegung von Ordnungsgeld ist gemäß § 111 SGG i.V.m. §§ 141 Abs. 3, 380, 381 ZPO eine ordnungsgemäße Ladung sowie das unentschuldigte Nichterscheinen des Beteiligten, dessen persönliches Erscheinen angeordnet war.
Nach §§ 111, 202 SGG i.V.m. § 141 ZPO kann das persönliche Erscheinen eines Beteiligten zur mündlichen Verhandlung angeordnet werden und derjenige, der der Anordnung nicht Folge leistet, mit Ordnungsgeld wie ein im Vernehmungstermin nicht erschienener Zeuge belegt werden. Ob das Gericht eine Anordnung nach § 111 SGG treffen will, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Nach § 141 Abs. 1 S. 1 ZPO ist die Anordnung des persönlichen Erscheinens eines Beteiligten dann ermessensfehlerfrei, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Im sozialgerichtlichen Verfahren ist dabei der Ermessensspielraum weit. Die Anordnung des persönlichen Erscheinens des Bf. ist insofern ermessensfehlerfrei gewesen, zumal Zweck der Anordnung des persönlichen Erscheinens auch die Herbeiführung einer vergleichsweisen Erledigung sein kann (so z.B. auch Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 111 Rdnr. 2).
Allerdings sind die Voraussetzungen des § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO in Verbindung mit § 202 SGG gegeben. Danach kann die Partei auch bei Anordnung des persönlichen Erscheinens einen voll informierten, zur Abgabe aller nötigen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsabschluss bevollmächtigten Vertreter entsenden, der zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage ist. In der Regel hat die Verhängung von Ordnungsgeld zu unterbleiben, wenn eine das Verfahren abschließende Entscheidung trotz Ausbleibens des Klägers ergehen kann (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 111 Rdnr. 6 a). Dabei waren vorliegend inhaltlich Rechtsfragen formeller Art zu entscheiden, zu deren Klärung die Anwesenheit des Bf. nicht erforderlich war. Der Senat vermag nicht zu erkennen, weswegen das persönliche Erscheinen des Bf. im Termin zur Sachaufklärung erforderlich gewesen wäre, so dass er die Voraussetzungen für die Festsetzung von Ordnungsgeld gemäß § 111 SGG i.V.m. § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO nicht für gegeben ansieht.
Der Beschluss war deshalb bereits aus diesem Grund aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
II. Die Staatskasse hat dem Beschwerdeführer die ihm im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf.), der anwaltlich vertreten ist, hat sich mit der Klage vor dem Sozialgericht München gegen den Bescheid der beklagten Bundesagentur für Arbeit vom 10. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Dezember 2010 gewandt. Streitig war dabei die Zulässigkeit eines Widerspruchs vom 16. Dezember 2010 gegen Schreiben der Beklagten vom 9. und 10. Dezember 2010, mit denen dem Bf. mitgeteilt wurde, dass über seinen Antrag auf Bewilligung von Arbeitslosengeld vom 1. November 2010 noch nicht abschließend entschieden werden könne, da zunächst geprüft werden müsse, ob eine Sperrzeit eingetreten sei. Gegen die Schreiben legte der Bf. Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 21. Dezember 2010 als unzulässig von der Beklagten verworfen wurde.
Das Sozialgericht hat Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 9. November 2012 bestimmt und das persönliche Erscheinen des Bf. angeordnet. Die Ladung war mit dem Hinweis versehen, dass im Falle des Nichterscheinens ohne genügende Entschuldigung ein Ordnungsgeld bis zu 1.000.- EUR festgesetzt werden kann. Die Ladung wurde dem Bf. mit Zustellungsurkunde am 9. Oktober 2012 zugestellt. Zum Termin ist zwar der Prozessbevollmächtigte, nicht jedoch der Bf. erschienen. Dieser hat zu Protokoll gegeben, dass er vom Bf. bevollmächtigt worden sei, den heutigen Termin wahrzunehmen. Der Vorsitzende hat die Wirksamkeit der Ladung festgestellt und mit Beschluss ein Ordnungsgeld gegen den Bf. in Höhe von 200.- EUR verhängt. Ferner hat das Gericht mit Urteil die Klage abgewiesen.
Zur Begründung der am 20. November 2012 eingegangenen Beschwerde gegen den Ordnungsgeldbeschluss hat der Bf. ausgeführt, dass es sich um eine Rechtsfrage gehandelt habe, für deren Klärung die persönliche Anwesenheit nicht erforderlich gewesen sei. Streitig sei gewesen, ob die Beklagte auf ein Anschreiben vom 15. Dezember 2010 einen Widerspruchsbescheid habe erlassen dürfen, nach dem dieses Schreiben weder als Widerspruch bezeichnet noch als Widerspruch auslegbar gewesen sei, sondern als "Antrag" gekennzeichnet gewesen sei. Die Anordnung des persönlichen Erscheinens sei weder erforderlich noch auf Nachfrage vom Vorsitzenden begründbar gewesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 SGG) und begründet. Voraussetzung für die Auferlegung von Ordnungsgeld ist gemäß § 111 SGG i.V.m. §§ 141 Abs. 3, 380, 381 ZPO eine ordnungsgemäße Ladung sowie das unentschuldigte Nichterscheinen des Beteiligten, dessen persönliches Erscheinen angeordnet war.
Nach §§ 111, 202 SGG i.V.m. § 141 ZPO kann das persönliche Erscheinen eines Beteiligten zur mündlichen Verhandlung angeordnet werden und derjenige, der der Anordnung nicht Folge leistet, mit Ordnungsgeld wie ein im Vernehmungstermin nicht erschienener Zeuge belegt werden. Ob das Gericht eine Anordnung nach § 111 SGG treffen will, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Nach § 141 Abs. 1 S. 1 ZPO ist die Anordnung des persönlichen Erscheinens eines Beteiligten dann ermessensfehlerfrei, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Im sozialgerichtlichen Verfahren ist dabei der Ermessensspielraum weit. Die Anordnung des persönlichen Erscheinens des Bf. ist insofern ermessensfehlerfrei gewesen, zumal Zweck der Anordnung des persönlichen Erscheinens auch die Herbeiführung einer vergleichsweisen Erledigung sein kann (so z.B. auch Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 111 Rdnr. 2).
Allerdings sind die Voraussetzungen des § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO in Verbindung mit § 202 SGG gegeben. Danach kann die Partei auch bei Anordnung des persönlichen Erscheinens einen voll informierten, zur Abgabe aller nötigen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsabschluss bevollmächtigten Vertreter entsenden, der zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage ist. In der Regel hat die Verhängung von Ordnungsgeld zu unterbleiben, wenn eine das Verfahren abschließende Entscheidung trotz Ausbleibens des Klägers ergehen kann (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 111 Rdnr. 6 a). Dabei waren vorliegend inhaltlich Rechtsfragen formeller Art zu entscheiden, zu deren Klärung die Anwesenheit des Bf. nicht erforderlich war. Der Senat vermag nicht zu erkennen, weswegen das persönliche Erscheinen des Bf. im Termin zur Sachaufklärung erforderlich gewesen wäre, so dass er die Voraussetzungen für die Festsetzung von Ordnungsgeld gemäß § 111 SGG i.V.m. § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO nicht für gegeben ansieht.
Der Beschluss war deshalb bereits aus diesem Grund aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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