Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 26 KR 4659/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 198/13 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 23.10.2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um Beitragsforderungen zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung für die Zeit vom 27.12.2009 bis 19.04.2010 und 20.10.2010 bis 02.01.2011.
Der Kläger bezog vom 27.03. bis 26.12.2009 einen Existenzgründungszuschuss von der Agentur für Arbeit und war freiwilliges Mitglied der Beklagten zu 1). Als Bemessungsgrundlage der beitragspflichtigen Einnahmen wurde die Mindestbemessungsgrundlage (60. Teil der monatlichen Bezugsgröße) zugrunde gelegt. Mit Beitragsbescheid vom 21.12.2009 wurde dem Kläger die gesetzliche Anpassung der Mindesteinnahme ab 01.01.2010 mitgeteilt (1.277,50 EUR statt bisher 1.260,00 EUR) und die Höhe der Beiträge auf insgesamt 207,59 EUR monatlich festgesetzt ab 01.01.2010 unter Vorbehalt der endgültigen Festsetzung nach Vorlage des Einkommenssteuerbescheids. Nachdem der Kläger trotz mehrfacher Nachfrage nicht mitgeteilt hatte, ob der Gründungszuschuss weiterbewilligt worden war, setzte die Beklagte die Beiträge mit Bescheid vom 23.02.2010 ab 27.12.2009 neu fest unter Berücksichtigung einer Mindestbemessungsgrundlage von 1.916,25 EUR; ab 01.01.2010 beliefen sich die Beiträge auf insgesamt 311,39 EUR monatlich.
Am 21.06.2010 wandte sich der Kläger gegen die Höhe der Abbuchung der Beiträge von seinem Konto im März 2010 und verlangte Erstattung der über 207,59 EUR monatlich hinausgehenden Beträge. Vom 20.04. bis 19.10.2010 bezog der Kläger Arbeitslosengeld. Nach dem am 29.07.2010 vorgelegten Einkommenssteuerbescheid erzielte der Kläger im Jahr 2009 keine steuerpflichtigen Einnahmen. Mit Bescheid vom 27.08.2010 setzte die Beklagte die Beiträge für die Zeit vom 01.04.2009 bis 19.04.2010 endgültig fest, wobei sich gegenüber dem Bescheid vom 23.02.2010 keine Änderungen ergaben. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.02.2011 zurück; die Beitragseinstufung als Selbstständiger in der Zeit vom 27.12.2009 bis 19.04.2010 sei nicht zu beanstanden.
Am 31.12.2010 teilte der Kläger auf einem Formblatt der Beklagten mit, welches den Satz enthielt: "Ich möchte auch weiterhin Mitglieder der Techniker Krankenkasse bleiben", dass er ab 03.01.2011 versicherungspflichtig beschäftigt sei. Dabei gab er an, keine Einnahmen zu haben. Mit Bescheid vom 16.02.2011 wurde dem Kläger mitgeteilt, er sei vom 20.10.2010 bis 02.01.2011 freiwillig krankenversichert; die Beiträge beliefen sich auf insgesamt 138,40 EUR monatlich.
Am 28.03.2011 stellte der Kläger ua einen Überprüfungsantrag hinsichtlich des Widerspruchsbescheids vom 15.02.2011. Diesen lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 30.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.07.2011 ab.
Mit Schreiben vom 01.06.2011 erhob der Kläger zudem Widerspruch gegen den Bescheid vom 16.02.2011, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.07.2011 zurückwies.
Gegen die Widerspruchsbescheide vom 19.07.2011 richtet sich die am 11.08.2011 zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobene Klage. Mit Änderungsbescheid vom 04.10.2012 hat die Beklagte auch für die Zeit vom 27.12.2009 bis 28.02.2010 die Beiträge aufgrund der besonderen Mindestbemessung (2009: 1.260,00 EUR; 2010: 1.277,50 EUR) berechnet.
Mit Urteil vom 23.10.2012 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 30.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.07.2011 verurteilt, den Bescheid vom 27.08.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.02.2011 und des Änderungsbescheids vom 04.10.2012 insoweit aufzuheben, als vom Kläger für die Zeit vom 01.03.2010 bis 19.04.2010 Beiträge zur Krankenversicherung höher als 182,68 EUR und zur Pflegeversicherung höher als 24,91 EUR monatlich gefordert werden. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Für die Zeit vom 27.12.2009 bis 28.02.2010 habe die Beklagte die Bemessungsgrundlage für die Bezieher eines Existenzgründungszuschusses zugrundegelegt, so dass dem Begehren des Klägers insoweit für diesen Zeitraum vollumfänglich entsprochen worden sei. Für die Zeit vom 01.03. bis 19.04.2010 sei der Bescheid vom 27.08.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.02.2011 an den Vorschriften der §§ 45, 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch zu messen. Eine Aufhebung des Beitragsbescheids vom 21.12.2009 sei indes nicht erfolgt. Insoweit sei daher die Klage in dem Umfang begründet, wie aus dem Tenor ersichtlich. Hinsichtlich des Bescheids vom 16.02.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.07.2011 sei die Klage unbegründet. Unabhängig davon, ob der Kläger freiwilliges Mitglied geworden sei oder in der Auffangpflichtversicherung nach § 5 Abs 1 Nr 13 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch versichert gewesen sei, ändere sich an der Beitragshöhe nichts. Diese sei zutreffend festgesetzt worden.
Gegen das ihm am 14.12.2012 zugestellte Urteil richtet sich die am 11.01.2013 eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers. Hinsichtlich seiner Ausführungen wird auf Seite 1 bis 8 des Schreibens vom 10.01.2013 verwiesen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die gemäß § 145 Abs 1 Sätze 1 und 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist zwar zulässig (§ 145 Abs 1 SGG), jedoch in der Sache nicht begründet, weil die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung nicht gegeben sind.
Nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts (LSG), wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Dies gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (Satz 2 aaO). Beide Voraussetzungen sind hier nicht gegeben; weder stehen wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr im Streit, noch ist die erforderliche Berufungssumme erreicht. Entgegen der Auffassung des Klägers war Streitgegenstand im erstinstanzlichen Verfahren nicht eine Beitragsforderung für den Zeitraum 01.04.2009 bis 19.04.2010, sondern nur für den Zeitraum 27.12.2009 bis 19.04.2010 (und 20.10.2010 bis 02.01.2011). Dies ergibt sich schon eindeutig aus den Widerspruchsbescheiden vom 15.02.2011 und dem weiteren, auf Überprüfungsantrag ergangenen Widerspruchsbescheid vom 19.07.2011 Der Kläger hatte sich insoweit ursprünglich dagegen gewandt, dass die Bemessungsgrundlage nach Ende des Bezugs des Existenzgründungszuschusses angehoben worden war. Das SG hat zutreffend auch nur über diesen Zeitraum entschieden. Soweit der Kläger nunmehr meint, die Beiträge dürften sich für diesen Zeitraum - wie später zugrunde gelegt - auch nur auf 138,40 EUR belaufen, macht dies überschlägig für vier Monate gerechnet 276,76 EUR aus ([207,59 EUR - 138,40 EUR] x 4). Im nachfolgenden Zeitraum vom 20.10.2010 bis 02.01.2011 betrug die Beitragsforderung insgesamt 346,22 EUR, so dass auch insgesamt die Berufungssumme nicht überschritten worden ist. Das SG hat die Berufung im angefochtenen Urteil auch nicht zugelassen, sodass sie der Zulassung durch das LSG bedurft hätte. Eine solche Zulassung kommt vorliegend nicht in Betracht.
Nach § 144 Abs 2 SGG ist die Berufung nur zuzulassen, wenn (1.) die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder (2.) das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG), des Bundessozialgerichts (BSG), des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder (3.) ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1.) Die Berufung ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn ihre Entscheidung über den Einzelfall dadurch an Bedeutung gewinnt, dass die Einheit und Entwicklung des Rechts gefördert wird oder dass für eine Anzahl ähnlich liegender Fälle die notwendige Klärung erfolgt (so die ständige Rechtsprechung des BSG seit 20.12.1955, 10 RV 225/54, BSGE 2, 129, 132). Die Streitsache muss mit anderen Worten eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwerfen, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern; die entscheidungserhebliche Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (vgl BSG 16.11.1987, 5b BJ 118/87, SozR 1500 § 160a Nr 60; BSG 16.12.1993, 7 BAr 126/93, SozR 3-1500 § 160a Nr 16; ferner Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 144 RdNrn 28 f; § 160 RdNrn 6 ff jeweils mwN). Von einer Klärung ist im Regelfall auszugehen, wenn die Frage höchstrichterlich entschieden ist (BSG 21.11.1983, 9a BVi 7/83, SozR 1500 § 160 Nr 51). Dem steht gleich, wenn zur Auslegung vergleichbarer Regelungen schon höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichend Anhaltspunkte für die Beantwortung der konkreten Frage geben (BSG 31.03.1993, 13 BJ 215/92, SozR 3-1500 § 146 Nr 2) oder wenn die Beantwortung so gut wie unbestritten ist (BSG 02.03.1976, 12/11 BA 116/75, SozR 1500 § 160 Nr 17) oder von vornherein praktisch außer Zweifel steht (BSG 04.06.1975, 11 BA 4/75, BSGE 40, 40, 42 = SozR 1500 § 160a Nr 4; BSG 30.03.2005, B 4 RA 257/04 B, SozR 4-1500 § 160a Nr 7). Die Frage, ob eine Rechtssache im Einzelfall richtig oder unrichtig entschieden ist, verleiht ihr noch keine grundsätzliche Bedeutung (BSG 26.06.1975, 12 BJ 12/75, SozR 1500 § 160a Nr 7).
Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im oben dargestellten Sinn stellen sich hier nicht. Die vom Kläger behauptete "unrichtige Rechtsanwendung" ist in keinem Fall ein Grund, die Berufung zuzulassen.
(2.) Eine Abweichung der Entscheidung des SG von einer Entscheidung eines der in § 144 Abs 2 Nr 2 SGG genannten Gerichte (Divergenz) liegt nicht vor. Divergenz bedeutet einen Widerspruch im Rechtssatz oder das Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze, die zwei Urteilen zugrunde gelegt worden sind. Dies setzt begrifflich voraus, dass das SG einen entsprechenden abstrakten Rechtssatz gebildet hat. Es muss die Rechtsfrage entschieden und nicht etwa übersehen haben. Eine Abweichung liegt daher nicht schon dann vor, wenn die Entscheidung nicht den vom Obergericht aufgestellten Kriterien entspricht, sondern erst, wenn diesen Kriterien widersprochen wird, also andere Maßstäbe entwickelt werden. Nicht eine Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung wegen Divergenz (BSG 29.11.1989, 7 BAr 130/98, SozR 1500 § 160a Nr 67; Leitherer in Meyer-Ladewig ua, aaO, § 144 RdNr 28). Ein derartiger Widerspruch wird vom Kläger nicht aufgezeigt, er ist auch nicht ersichtlich.
(3.) Ein Verfahrensfehler, auf dem die Entscheidung beruhen kann, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Ein Verfahrensmangel liegt nur vor bei einem Verstoß des erstinstanzlichen Gerichts gegen eine Vorschrift, die das sozialgerichtliche Verfahren regelt. Der Mangel bezieht sich nicht auf den sachlichen Inhalt des Urteils, es geht insoweit nicht um die Richtigkeit der Entscheidung, sondern um das prozessuale Vorgehen des Gerichts auf dem Weg zum Urteil (vgl Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig ua, aaO, § 144 RdNr 32). Ein Verfahrensmangel verpflichtet nur dann zur Zulassung der Berufung, wenn er gerügt ("geltend gemacht") wird. Dafür genügt es, wenn Tatsachen substantiiert vorgetragen werden, aus denen sich der Mangel des Verfahrens ergibt.
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Der Kläger rügt insgesamt Rechtsverweigerung, Rechtsverzögerung und andere Verletzung von Amtspflichten, ohne dass seine Ausführungen tatsächlich konkrete Tatsachen erkennen lassen, aus denen sich ein Verfahrensmangel ergeben könnte. Soweit der Kläger eine Verletzung rechtlichen Gehörs rügt, weil er in der mündlichen Verhandlung am 23.10.2012 nicht zu Wort habe kommen können und keine Möglichkeit gehabt habe, Ergänzungsfragen und Beweisanträge zu stellen, so ist eine Verletzung des rechtlichen Gehörs schon deshalb ausgeschlossen, weil der ordnungsgemäß geladene Kläger der Verhandlung ferngeblieben ist und damit auf die Möglichkeit der Wahrnehmung des rechtlichen Gehörs verzichtet hat. Das SG durfte auch in seiner Abwesenheit verhandeln und entscheiden, weil in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden war (§ 110 Abs 1 Satz 2 SGG). Davon abgesehen hat das SG am 18.09.2012 einen dreistündigen Erörterungstermin durchgeführt, an dem der Kläger die Möglichkeit hatte, sich zu äußern. Soweit der Kläger eine Rechtsverweigerung rügt, da nicht über seine gesamten Anträge entschieden worden sei, ist dem zu entgegnen, dass das Gericht nach § 123 SGG über die vom Kläger erhobenen Ansprüche entscheidet, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Das SG hat das Begehren des Klägers aus den teilweise schwer verständlichen Schriftsätzen zutreffend ermittelt und dargelegt. Dabei durfte es Ausführungen des Klägers unberücksichtigt lassen, die nichts mit dem Streitgegenstand zu tun haben.
Soweit die Verletzung der Amtsermittlungspflicht nach § 103 SGG gerügt wird, müssen auch die Tatsachen, die den Mangel ergeben, genau bezeichnet werden (BSG 21.03.1978, 7/12/7 RAr 41/76, SozR 1500 § 150 Nr 11). Erforderlich sind konkrete Angaben dazu, welche zusätzlichen Ermittlungen das Gericht hätte anstellen, welche Beweismittel es hätte einsetzen müssen und zu welchen Ergebnissen diese Ermittlungen geführt hätten (BSG 26.04.2005, B 5 RJ 6/04 R, SozR 4-2600 § 4 Nr 2 RdNr 35). Diesen Anforderungen genügt die behauptete "Notwendigkeit der Feststellung von Amts wegen den Sachverhalt festzustellen, ob die Beklagte dem Kläger in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise auch im Laufe des hängigen Gerichtsverfahrens absichtlich Schaden zufügt" offensichtlich nicht.
Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG). Das angefochtene Urteil vom 23.10.2012 wird hiermit rechtskräftig (§ 145 Abs 4 Satz 4 SGG).
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um Beitragsforderungen zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung für die Zeit vom 27.12.2009 bis 19.04.2010 und 20.10.2010 bis 02.01.2011.
Der Kläger bezog vom 27.03. bis 26.12.2009 einen Existenzgründungszuschuss von der Agentur für Arbeit und war freiwilliges Mitglied der Beklagten zu 1). Als Bemessungsgrundlage der beitragspflichtigen Einnahmen wurde die Mindestbemessungsgrundlage (60. Teil der monatlichen Bezugsgröße) zugrunde gelegt. Mit Beitragsbescheid vom 21.12.2009 wurde dem Kläger die gesetzliche Anpassung der Mindesteinnahme ab 01.01.2010 mitgeteilt (1.277,50 EUR statt bisher 1.260,00 EUR) und die Höhe der Beiträge auf insgesamt 207,59 EUR monatlich festgesetzt ab 01.01.2010 unter Vorbehalt der endgültigen Festsetzung nach Vorlage des Einkommenssteuerbescheids. Nachdem der Kläger trotz mehrfacher Nachfrage nicht mitgeteilt hatte, ob der Gründungszuschuss weiterbewilligt worden war, setzte die Beklagte die Beiträge mit Bescheid vom 23.02.2010 ab 27.12.2009 neu fest unter Berücksichtigung einer Mindestbemessungsgrundlage von 1.916,25 EUR; ab 01.01.2010 beliefen sich die Beiträge auf insgesamt 311,39 EUR monatlich.
Am 21.06.2010 wandte sich der Kläger gegen die Höhe der Abbuchung der Beiträge von seinem Konto im März 2010 und verlangte Erstattung der über 207,59 EUR monatlich hinausgehenden Beträge. Vom 20.04. bis 19.10.2010 bezog der Kläger Arbeitslosengeld. Nach dem am 29.07.2010 vorgelegten Einkommenssteuerbescheid erzielte der Kläger im Jahr 2009 keine steuerpflichtigen Einnahmen. Mit Bescheid vom 27.08.2010 setzte die Beklagte die Beiträge für die Zeit vom 01.04.2009 bis 19.04.2010 endgültig fest, wobei sich gegenüber dem Bescheid vom 23.02.2010 keine Änderungen ergaben. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.02.2011 zurück; die Beitragseinstufung als Selbstständiger in der Zeit vom 27.12.2009 bis 19.04.2010 sei nicht zu beanstanden.
Am 31.12.2010 teilte der Kläger auf einem Formblatt der Beklagten mit, welches den Satz enthielt: "Ich möchte auch weiterhin Mitglieder der Techniker Krankenkasse bleiben", dass er ab 03.01.2011 versicherungspflichtig beschäftigt sei. Dabei gab er an, keine Einnahmen zu haben. Mit Bescheid vom 16.02.2011 wurde dem Kläger mitgeteilt, er sei vom 20.10.2010 bis 02.01.2011 freiwillig krankenversichert; die Beiträge beliefen sich auf insgesamt 138,40 EUR monatlich.
Am 28.03.2011 stellte der Kläger ua einen Überprüfungsantrag hinsichtlich des Widerspruchsbescheids vom 15.02.2011. Diesen lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 30.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.07.2011 ab.
Mit Schreiben vom 01.06.2011 erhob der Kläger zudem Widerspruch gegen den Bescheid vom 16.02.2011, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.07.2011 zurückwies.
Gegen die Widerspruchsbescheide vom 19.07.2011 richtet sich die am 11.08.2011 zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobene Klage. Mit Änderungsbescheid vom 04.10.2012 hat die Beklagte auch für die Zeit vom 27.12.2009 bis 28.02.2010 die Beiträge aufgrund der besonderen Mindestbemessung (2009: 1.260,00 EUR; 2010: 1.277,50 EUR) berechnet.
Mit Urteil vom 23.10.2012 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 30.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.07.2011 verurteilt, den Bescheid vom 27.08.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.02.2011 und des Änderungsbescheids vom 04.10.2012 insoweit aufzuheben, als vom Kläger für die Zeit vom 01.03.2010 bis 19.04.2010 Beiträge zur Krankenversicherung höher als 182,68 EUR und zur Pflegeversicherung höher als 24,91 EUR monatlich gefordert werden. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Für die Zeit vom 27.12.2009 bis 28.02.2010 habe die Beklagte die Bemessungsgrundlage für die Bezieher eines Existenzgründungszuschusses zugrundegelegt, so dass dem Begehren des Klägers insoweit für diesen Zeitraum vollumfänglich entsprochen worden sei. Für die Zeit vom 01.03. bis 19.04.2010 sei der Bescheid vom 27.08.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.02.2011 an den Vorschriften der §§ 45, 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch zu messen. Eine Aufhebung des Beitragsbescheids vom 21.12.2009 sei indes nicht erfolgt. Insoweit sei daher die Klage in dem Umfang begründet, wie aus dem Tenor ersichtlich. Hinsichtlich des Bescheids vom 16.02.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.07.2011 sei die Klage unbegründet. Unabhängig davon, ob der Kläger freiwilliges Mitglied geworden sei oder in der Auffangpflichtversicherung nach § 5 Abs 1 Nr 13 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch versichert gewesen sei, ändere sich an der Beitragshöhe nichts. Diese sei zutreffend festgesetzt worden.
Gegen das ihm am 14.12.2012 zugestellte Urteil richtet sich die am 11.01.2013 eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers. Hinsichtlich seiner Ausführungen wird auf Seite 1 bis 8 des Schreibens vom 10.01.2013 verwiesen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die gemäß § 145 Abs 1 Sätze 1 und 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist zwar zulässig (§ 145 Abs 1 SGG), jedoch in der Sache nicht begründet, weil die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung nicht gegeben sind.
Nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts (LSG), wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Dies gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (Satz 2 aaO). Beide Voraussetzungen sind hier nicht gegeben; weder stehen wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr im Streit, noch ist die erforderliche Berufungssumme erreicht. Entgegen der Auffassung des Klägers war Streitgegenstand im erstinstanzlichen Verfahren nicht eine Beitragsforderung für den Zeitraum 01.04.2009 bis 19.04.2010, sondern nur für den Zeitraum 27.12.2009 bis 19.04.2010 (und 20.10.2010 bis 02.01.2011). Dies ergibt sich schon eindeutig aus den Widerspruchsbescheiden vom 15.02.2011 und dem weiteren, auf Überprüfungsantrag ergangenen Widerspruchsbescheid vom 19.07.2011 Der Kläger hatte sich insoweit ursprünglich dagegen gewandt, dass die Bemessungsgrundlage nach Ende des Bezugs des Existenzgründungszuschusses angehoben worden war. Das SG hat zutreffend auch nur über diesen Zeitraum entschieden. Soweit der Kläger nunmehr meint, die Beiträge dürften sich für diesen Zeitraum - wie später zugrunde gelegt - auch nur auf 138,40 EUR belaufen, macht dies überschlägig für vier Monate gerechnet 276,76 EUR aus ([207,59 EUR - 138,40 EUR] x 4). Im nachfolgenden Zeitraum vom 20.10.2010 bis 02.01.2011 betrug die Beitragsforderung insgesamt 346,22 EUR, so dass auch insgesamt die Berufungssumme nicht überschritten worden ist. Das SG hat die Berufung im angefochtenen Urteil auch nicht zugelassen, sodass sie der Zulassung durch das LSG bedurft hätte. Eine solche Zulassung kommt vorliegend nicht in Betracht.
Nach § 144 Abs 2 SGG ist die Berufung nur zuzulassen, wenn (1.) die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder (2.) das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG), des Bundessozialgerichts (BSG), des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder (3.) ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1.) Die Berufung ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn ihre Entscheidung über den Einzelfall dadurch an Bedeutung gewinnt, dass die Einheit und Entwicklung des Rechts gefördert wird oder dass für eine Anzahl ähnlich liegender Fälle die notwendige Klärung erfolgt (so die ständige Rechtsprechung des BSG seit 20.12.1955, 10 RV 225/54, BSGE 2, 129, 132). Die Streitsache muss mit anderen Worten eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwerfen, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern; die entscheidungserhebliche Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (vgl BSG 16.11.1987, 5b BJ 118/87, SozR 1500 § 160a Nr 60; BSG 16.12.1993, 7 BAr 126/93, SozR 3-1500 § 160a Nr 16; ferner Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 144 RdNrn 28 f; § 160 RdNrn 6 ff jeweils mwN). Von einer Klärung ist im Regelfall auszugehen, wenn die Frage höchstrichterlich entschieden ist (BSG 21.11.1983, 9a BVi 7/83, SozR 1500 § 160 Nr 51). Dem steht gleich, wenn zur Auslegung vergleichbarer Regelungen schon höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichend Anhaltspunkte für die Beantwortung der konkreten Frage geben (BSG 31.03.1993, 13 BJ 215/92, SozR 3-1500 § 146 Nr 2) oder wenn die Beantwortung so gut wie unbestritten ist (BSG 02.03.1976, 12/11 BA 116/75, SozR 1500 § 160 Nr 17) oder von vornherein praktisch außer Zweifel steht (BSG 04.06.1975, 11 BA 4/75, BSGE 40, 40, 42 = SozR 1500 § 160a Nr 4; BSG 30.03.2005, B 4 RA 257/04 B, SozR 4-1500 § 160a Nr 7). Die Frage, ob eine Rechtssache im Einzelfall richtig oder unrichtig entschieden ist, verleiht ihr noch keine grundsätzliche Bedeutung (BSG 26.06.1975, 12 BJ 12/75, SozR 1500 § 160a Nr 7).
Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im oben dargestellten Sinn stellen sich hier nicht. Die vom Kläger behauptete "unrichtige Rechtsanwendung" ist in keinem Fall ein Grund, die Berufung zuzulassen.
(2.) Eine Abweichung der Entscheidung des SG von einer Entscheidung eines der in § 144 Abs 2 Nr 2 SGG genannten Gerichte (Divergenz) liegt nicht vor. Divergenz bedeutet einen Widerspruch im Rechtssatz oder das Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze, die zwei Urteilen zugrunde gelegt worden sind. Dies setzt begrifflich voraus, dass das SG einen entsprechenden abstrakten Rechtssatz gebildet hat. Es muss die Rechtsfrage entschieden und nicht etwa übersehen haben. Eine Abweichung liegt daher nicht schon dann vor, wenn die Entscheidung nicht den vom Obergericht aufgestellten Kriterien entspricht, sondern erst, wenn diesen Kriterien widersprochen wird, also andere Maßstäbe entwickelt werden. Nicht eine Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung wegen Divergenz (BSG 29.11.1989, 7 BAr 130/98, SozR 1500 § 160a Nr 67; Leitherer in Meyer-Ladewig ua, aaO, § 144 RdNr 28). Ein derartiger Widerspruch wird vom Kläger nicht aufgezeigt, er ist auch nicht ersichtlich.
(3.) Ein Verfahrensfehler, auf dem die Entscheidung beruhen kann, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Ein Verfahrensmangel liegt nur vor bei einem Verstoß des erstinstanzlichen Gerichts gegen eine Vorschrift, die das sozialgerichtliche Verfahren regelt. Der Mangel bezieht sich nicht auf den sachlichen Inhalt des Urteils, es geht insoweit nicht um die Richtigkeit der Entscheidung, sondern um das prozessuale Vorgehen des Gerichts auf dem Weg zum Urteil (vgl Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig ua, aaO, § 144 RdNr 32). Ein Verfahrensmangel verpflichtet nur dann zur Zulassung der Berufung, wenn er gerügt ("geltend gemacht") wird. Dafür genügt es, wenn Tatsachen substantiiert vorgetragen werden, aus denen sich der Mangel des Verfahrens ergibt.
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Der Kläger rügt insgesamt Rechtsverweigerung, Rechtsverzögerung und andere Verletzung von Amtspflichten, ohne dass seine Ausführungen tatsächlich konkrete Tatsachen erkennen lassen, aus denen sich ein Verfahrensmangel ergeben könnte. Soweit der Kläger eine Verletzung rechtlichen Gehörs rügt, weil er in der mündlichen Verhandlung am 23.10.2012 nicht zu Wort habe kommen können und keine Möglichkeit gehabt habe, Ergänzungsfragen und Beweisanträge zu stellen, so ist eine Verletzung des rechtlichen Gehörs schon deshalb ausgeschlossen, weil der ordnungsgemäß geladene Kläger der Verhandlung ferngeblieben ist und damit auf die Möglichkeit der Wahrnehmung des rechtlichen Gehörs verzichtet hat. Das SG durfte auch in seiner Abwesenheit verhandeln und entscheiden, weil in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden war (§ 110 Abs 1 Satz 2 SGG). Davon abgesehen hat das SG am 18.09.2012 einen dreistündigen Erörterungstermin durchgeführt, an dem der Kläger die Möglichkeit hatte, sich zu äußern. Soweit der Kläger eine Rechtsverweigerung rügt, da nicht über seine gesamten Anträge entschieden worden sei, ist dem zu entgegnen, dass das Gericht nach § 123 SGG über die vom Kläger erhobenen Ansprüche entscheidet, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Das SG hat das Begehren des Klägers aus den teilweise schwer verständlichen Schriftsätzen zutreffend ermittelt und dargelegt. Dabei durfte es Ausführungen des Klägers unberücksichtigt lassen, die nichts mit dem Streitgegenstand zu tun haben.
Soweit die Verletzung der Amtsermittlungspflicht nach § 103 SGG gerügt wird, müssen auch die Tatsachen, die den Mangel ergeben, genau bezeichnet werden (BSG 21.03.1978, 7/12/7 RAr 41/76, SozR 1500 § 150 Nr 11). Erforderlich sind konkrete Angaben dazu, welche zusätzlichen Ermittlungen das Gericht hätte anstellen, welche Beweismittel es hätte einsetzen müssen und zu welchen Ergebnissen diese Ermittlungen geführt hätten (BSG 26.04.2005, B 5 RJ 6/04 R, SozR 4-2600 § 4 Nr 2 RdNr 35). Diesen Anforderungen genügt die behauptete "Notwendigkeit der Feststellung von Amts wegen den Sachverhalt festzustellen, ob die Beklagte dem Kläger in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise auch im Laufe des hängigen Gerichtsverfahrens absichtlich Schaden zufügt" offensichtlich nicht.
Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG). Das angefochtene Urteil vom 23.10.2012 wird hiermit rechtskräftig (§ 145 Abs 4 Satz 4 SGG).
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