L 5 KA 2041/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KA 1776/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 2041/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14.04.2011 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 9.726,75 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Kläger wenden sich gegen eine sachlich-rechnerische Berichtigung für das Quartal IV/2003.

Die Kläger waren im streitgegenständlichen Zeitraum als Ärzte für Allgemeinmedizin mit Sitz in M. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen und betrieben dort ab 01.12.2003 eine Gemeinschaftspraxis, die der Kläger zu 1 zuvor als Einzelpraxis geführt hatte.

Mit Bescheid vom 19.03.2004 berichtigte die Rechtsvorgängerin der Beklagten (KV N.) sachlich-rechnerisch die Honoraranforderung der Kläger für das Quartal IV/03. Dieser Bescheid enthielt den Hinweis, dass aufgrund der neuen Praxisnummer die Abrechnung unter Vorbehalt bearbeitet worden sei. Nach Überprüfung doppelt abgerechneter Leistungen würde sie unaufgefordert auf die Kläger zukommen. Mit Bescheid vom 29.03.2004 nahm sie eine weitere, sonstige Kostenträger betreffende sachlich-rechnerische Berichtigung der Honoraranforderung der Kläger für das Quartal IV/03 vor. Auf dieser Grundlage setzte die Beklagte mit getrennten Bescheiden vom 15.04.2004 das Honorar für das Quartal IV/03 gegenüber dem Kläger zu 1 und gegenüber der Gemeinschaftspraxis fest.

Mit Bescheid vom 07.05.2004 erfolgte durch die Rechtsvorgängerin der Beklagten eine sachlich-rechnerische Berichtigung des die Gemeinschaftspraxis betreffenden Bescheids in Höhe von 9.726,75 EUR. Hierzu wurde ausgeführt, mit Schreiben vom 19.03.2004 sei aufgrund der neuen Praxisnummer (Gemeinschaftspraxis ab 01.12.2003) eine sachlich-rechnerische Berichtigung für das Quartal IV/03 unter Vorbehalt vorgenommen worden. Nach nochmaliger Überprüfung der Abrechnungsunterlagen müssten die EBM-Nummer 1 wegen Doppelabrechnung sowie einmal die EBM-Nr. 801 nachträglich gestrichen werden. Die EBM-Nummern 1 und 801 seien laut Leistungslegende auch bei mehrmaligem Arzt-Patienten-Kontakt nur einmal im Behandlungsfall abrechnungsfähig.

Die Kläger haben am 19.05.2004 Widerspruch eingelegt und erklärt, der Widerspruch richte sich gegen die Abrechnungen vom IV. Quartal 2003 für die Einzelpraxisabrechnung für die Zeit vom 01.10.2003 bis 30.11.2003 und die Abrechnung für die Gemeinschaftspraxis für die Zeit vom 01.12.2003 bis 31.12.2003. Nach Durchsicht der Abrechnungsunterlagen ergäben sich Differenzen bezüglich der Fallzahlen der eingereichten Abrechnungen sowie des abgerechneten Leistungsvolumens. Die bisher von ihnen festgestellte Fallzahl betrage für Dr. L. 1.425 Fälle mit einem angeforderten Punktvolumen von 1.406.261 und für die Gemeinschaftspraxis 1.143 Fälle mit einem noch zu berechnenden Punktevolumen. Mit weiterem, am 27.10.2005 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben führten die Kläger aus, sie hielten aufgrund der Praxisneugründung und des hinzugekommenen Kollegen den Anspruch auf Abrechnung der Ziff. 1 EBM ab 01.12.2003 für gerechtfertigt. Außerdem bestehe trotz Rücksprache mit Frau F., einer Mitarbeiterin der Beklagten, eine für sie nicht nachvollziehbare Fallzahlendifferenz von ca. 50 Fällen, insoweit werde um Aufklärung gebeten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22.02.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, die Ordinationsgebühr sei lediglich einmal im Behandlungsfall abrechnungsfähig. Der Behandlungsfall sei in § 21 BMV-Ä wie folgt definiert: "Die gesamte von demselben Vertragsarzt innerhalb desselben Kalendervierteljahres an dem Kranken ambulant zulasten derselben Krankenkasse vorgenommene Behandlung gilt jeweils als Behandlungsfall". Des Weiteren sei in § 5d HMV geregelt: "Änderungen im Mitgliederstatus oder der Rechtsform der Praxis innerhalb eines Quartals werden abrechnungstechnisch erst zum Beginn des Abrechnungsquartals berücksichtigt, welches auf die Änderung folgt". Die Rechtsform der Praxis habe sich innerhalb des Quartals IV/03 geändert. Gemäß § 5d HVM sei die Praxis somit im Quartal IV/03 abrechnungstechnisch noch als Einzelpraxis zu behandeln gewesen. Eine erneute Abrechnung der Gebührennummer 1 EBM bei den von der Gemeinschaftspraxis behandelten Patienten ab dem 01.12.2003 scheide aus, da diese Ziffer bereits von Dr. L. in der Zeit vom 01.10.2003 bis 30.11.2003 abgerechnet worden sei. Eine angebliche Fallzahldifferenz könne nicht festgestellt werden.

Die Kläger haben ihr Begehren weiterverfolgt und am 07.03.2007 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Sie machen geltend, die Beklagte gehe auf die seitens der Kläger geltend gemachte Scheinzahlendifferenz über 50 Scheine nicht ein. Soweit die Beklagte meine, dass die Ordinationsgebühr nur einmal im Behandlungsfall abrechnungsfähig sei, treffe dies aufgrund der unterschiedlichen Praxiskonstellationen (zunächst Einzelpraxis, ab dem 01.12.2003 Gemeinschaftspraxis) nicht zu. Durch die Aufgabe der Einzelpraxis und Neugründung der Gemeinschaftspraxis mit Hinzukommen des neuen Arztes Dr. S. ab 01.12.2003 sei die Behandlung ab dem 01.12.2003 durch einen neuen Vertragsarzt vorgenommen worden, so dass die von diesem erbrachten Leistungen gemäß EBM Ziff. 1 abrechenbar seien. Dies werde auch durch § 5d HVM nicht abweichend bestimmt. Ergänzend haben die Kläger vorgetragen, mit Bescheid vom 29.04.2004 (alte Praxis Dr. L.) sei dieser seitens der Beklagten darüber informiert worden, dass ausweislich der diesem Bescheid beigefügten Kopie der Abrechnungsbescheide IV/03 (Gemeinschaftspraxis Dres. L. & S.) eine Überzahlung in Höhe von 27.415,73 EUR entstanden sei. Der zurückgeforderte Betrag sei rechnerisch weder nachvollziehbar, noch sei er sachlich begründet. Denn diesem Bescheid hätten alleine die Abrechnungsbescheide vom 19.03.2004 und 29.03.2004 betreffend die Gemeinschaftspraxis zugrunde gelegen. Mit Schreiben vom 11.05.2004 hätten die Kläger Widerspruch gegen diese Abrechnungen (die Einzelpraxisabrechnung Dr. L. und die Abrechnung betreffend die Gemeinschaftspraxis) mit den Bescheiden vom 19.03.2004 und 29.03.2004 erhoben. Mit dem Weiteren (hier streitgegenständlichen) Bescheid vom 07.05.2004 an die Gemeinschaftspraxis habe die Beklagte mitgeteilt, dass der Bescheid vom 19.03.2004 nur unter Vorbehalt bearbeitet worden sei. Dem sei zu widersprechen. Der Bescheid vom 07.05.2004 regele nicht, ob und inwieweit damit dem gegen den Bescheid vom 19.03.2004 eingelegten Widerspruch abgeholfen worden sei. Gegen den Bescheid vom 07.05.2004 hätten sie am 11.05.2004 Widerspruch eingelegt. Der Widerspruchsbescheid vom 22.02.2007 setze sich inhaltlich allein mit ihrem Widerspruch betreffend des Abrechnungsbescheides vom 19.03.2004 auseinander (Gemeinschaftspraxis). Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat geltend gemacht, aufgrund des Vortrags der Kläger zu einer angeblich nicht nachvollziehbaren Scheinzahldifferenz sei eine nochmalige Überprüfung vorgenommen worden, durch welche die Scheinzahldifferenz aber nicht habe verifiziert werden können. Die Berichtigung der Nummer 1 EBM sei trotz Wechsels der Rechtsform der Praxis innerhalb des IV. Quartals 2003 zu Recht erfolgt, weil diese nicht zwei Mal abgerechnet werden könne. Die Überzahlung in Höhe von 27.415,73 EUR habe nichts mit der Berichtigungsproblematik zu tun. Sie resultiere ausschließlich aus der Gewährung zu hoher Abschlagszahlungen und betreffe nur die Einzelpraxis Dr. L ... Diese Rückforderung stehe deshalb auch mit den Bescheiden vom 19.03.2004 und 29.03.2004 in keinem Zusammenhang. Letztere Bescheide würden vielmehr die Gemeinschaftspraxis im Quartal IV/03 betreffen und hätten ausweislich der Protokolle zu- und abgesetzter Leistungen nichts mit der Berichtigung wegen Doppelabrechnung der Nr. 1 EBM zu tun. Maßgeblich für die Frage der Doppelabrechnung sei vielmehr der Bescheid vom 07.05.2005. Dieser zitiere den Bescheid vom 19.03.2005, der an die Gemeinschaftspraxis gegangen sei, nur deshalb, weil dort ein Vorbehalt späterer, sachlich-rechnerischer Berichtigung im Hinblick auf Doppelabrechnungen enthalten gewesen sei. Dementsprechend betreffe der Widerspruchsbescheid auch nur den Bescheid vom 07.05.2004. Zuletzt haben die Kläger in der mündlichen Verhandlung des SG nur noch die Aufhebung des Bescheids vom 7.5.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.2.2007 verfolgt, soweit darin eine Honorarkürzung von 9.726,75 EUR wegen Doppelabrechnung der Nr 1 und 801 EBM ausgesprochen wurde.

Mit Urteil vom 14.04.2011 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, streitgegenständlich sei allein der Bescheid vom 07.05.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.02.2007 über die sachlich-rechnerische Berichtigung der Honorarabrechnung für das Quartal IV/2003 wegen der doppelten Abrechnung der Nr. 1 bzw. 801 EBM in der bis 31.03.2005 geltenden Fassung. Nicht streitgegenständlich seien hingegen die von den Klägern angesprochenen ursprünglichen Honorarabrechnungsbescheide vom 19.03.2004 bzw. 29.03.2004. Ebenso wenig sei streitgegenständlich eine von den Klägern in ihrem Widerspruchsschreiben geltend gemachte Fallzahldifferenz, da der hier streitgegenständliche Bescheid über die sachlich-rechnerische Berichtigung vom 07.05.2004 hierüber keine Regelung treffe, sondern sich vielmehr allein mit der Streichung der EBM-Nr. 1 in mehreren Fällen und der einmaligen Streichung der EBM-Nr. 801 befasse. Insoweit machten die Kläger ausweislich ihres Klageantrags auch nichts geltend. Die Beklagte habe den (doppelten) Ansatz der EBM-Nr. 1 (Ordinationsgebühr) bzw. der EBM-Nr. 801 (klinisch-neurologische Basisdiagnostik) im Rahmen der sachlich-rechnerischen Berichtigung zu Recht gestrichen. Rechtsgrundlage für die von der Beklagten vorgenommene sachlich-rechnerische Berichtigung sei § 45 Abs. 2 Satz 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) und § 34 Abs. 4 Satz 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä), die auf der Grundlage von § 83 Abs. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V - in der Fassung des Gesundheits-Reformgesetzes vom 20.12.1988, BGBl. I, 2477) vereinbart, dann auf der Grundlage des § 83 Abs. 1 SGB V (in der Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21.12.1992, BGBl. I 2266) geändert worden seien. Nach den genannten - im Primär- und Ersatzkassenbereich im Wesentlichen gleichlautenden und für die hier betroffenen Abrechnungen maßgeblichen - bundesmantelvertraglichen Vorschriften habe die Kassenärztliche Vereinigung die Befugnis, die von den Vertragsärzten eingereichten Abrechnungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und nötigenfalls richtig zu stellen, was auch im Wege nachgehender Richtigstellung erfolgen könne. Dabei könne die Richtigstellung von Amts wegen oder auf Antrag einer Krankenkasse durchgeführt werden (vgl. BSGE, 89, 90, 93 f. in SozR 3-2500 § 82 Nr. 3). Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit einer Abrechnung erstrecke sich auf die Frage, ob die abgerechneten Leistungen ordnungsgemäß - also ohne Verstoß gegen gesetzliche oder vertragliche Bestimmungen mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebotes - erbracht worden seien. Eine nach den Bestimmungen zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung rechtmäßige (Teil-)Aufhebung des Honorarbescheides mit Wirkung für die Vergangenheit löse nach § 50 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) eine entsprechende Rückzahlungsverpflichtung des Empfängers der Leistung aus (vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2006, B 6 KA 76/04 R in SozR 4-5520 § 33 Nr. 6 m.w.N.). Die Beklagte habe die sachlich-rechnerische Berichtigung zu Recht darauf gestützt, dass die EBM-Nr. 1 bzw. 801 für Behandlungsfälle, die der Kläger zu 1 im Quartal IV/2003 im Rahmen seiner Einzelpraxis bereits behandelt habe, bei weiterer Behandlung durch die Kläger im Rahmen der Gemeinschaftspraxis im Quartal IV/2003 ab 01.12.2003 nicht erneut und damit doppelt abgerechnet werden könne. Für die berufliche Kooperation im Status der Gemeinschaftspraxis im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 1 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) sei kennzeichnend, dass sich mehrere Ärzte des gleichen Fachgebiets oder ähnlicher Fachgebiete zur gemeinsamen und gemeinschaftlichen Ausübung des ärztlichen Berufs in einer Praxis zusammenschlössen, wobei - über die gemeinsame Nutzung der Praxiseinrichtungen sowie die gemeinsame Beschäftigung von Personal hinaus - die gemeinschaftliche Behandlung von Patienten und die gemeinschaftliche Karteiführung und Abrechnung in den Vordergrund träten (vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2006, m. w. N., auch zum Weiteren). Einen Schwerpunkt bilde die Zusammenarbeit zur gemeinsamen Einnahmenerzielung. Für die Annahme einer gemeinschaftlichen Berufsausübung im Rahmen einer Gemeinschaftspraxis sei neben einer Beteiligung der Partner an den Investitionen und Kosten der Praxis grundsätzlich auch eine Beteiligung am immateriellen Wert der Praxis (dem sogenannten "Goodwill") erforderlich, wobei die vertragliche Ausgestaltung im Einzelfall unterschiedlich sein könne. Diese Form der Zusammenarbeit bedürfe vorheriger Genehmigung durch den Zulassungsausschuss (§ 33 Abs. 2 Satz 2 Ärzte-ZV). Die entsprechende Genehmigung sei den Klägern für die gemeinsame Ausübung ihrer vertragsärztlichen Tätigkeit ab dem 01.12.2003 erteilt worden. Sie bildeten somit ab 01.12.2003 eine Gemeinschaftspraxis. Die hier streitige Ordinationsgebühr (Nr. 1 EBM) bzw. die klinisch-neurologische Basisdiagnostik (Nr. 801 EBM) könne für einen Behandlungsfall in einem Quartal grundsätzlich nur einmal abgerechnet werden. Dabei sei der Behandlungsfall entsprechend der Definition in § 21 Abs. 1 Satz 1 BMV-Ä bzw. - sachlich gleichlautend - in § 25 Abs. 1 Satz 1 EKV-Ä die gesamte von demselben Vertragsarzt innerhalb desselben Kalendervierteljahres an demselben Kranken ambulant zulasten derselben Krankenkasse vorgenommene Behandlung. Die Behandlung eines Versicherten in einem Quartal durch mehrere Mitglieder einer Gemeinschaftspraxis bildeten einen einzigen Behandlungsfall im Sinne des § 21 Abs. 1 Satz 1 BMV-Ä, § 25 Abs. 1 Satz 1 EKV-Ä (vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2006, a.a.O.). Vorliegend seien die Patienten, für die die Kläger die Ordinationsgebühr im IV. Quartal 2003 erneut abgerechnet hätten, unstreitig im IV. Quartal 2003 bereits durch den Kläger zu 1 noch im Rahmen seiner Einzelpraxis bis 30.11.2003 behandelt und abgerechnet worden. Der Kläger zu 1 als Mitglied der ab 01.12.2003 bestehenden Gemeinschaftspraxis habe die Patienten in dem hier streitgegenständlichen Quartal IV/2003 somit bereits behandelt gehabt. Durch den Zusammenschluss des Klägers zu 1 mit dem Kläger zu 2 zu einer Gemeinschaftspraxis liege nach Überzeugung der Kammer kein - ohnehin nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes (§ 76 Abs. 3 Satz 1 SGB V) zulässiger - Wechsel des Vertragsarztes durch die behandelten Patienten vor; vielmehr liege eine Weiterbehandlung der Patienten im Quartal IV/2003 zunächst durch den Kläger zu 1 als Einzelpraxis und sodann durch die Gemeinschaftspraxis, deren Mitglied der Kläger zu 1 sei, vor. Damit habe aber gerade der Kläger zu 1 als Mitglied der Gemeinschaftspraxis die betroffenen Versicherten bereits im Quartal IV/2003 behandelt, weshalb ein erneuter Ansatz der Ordinationsgebühr und der klinisch-neurologischen Basisdiagnostik bei demselben Patienten durch die Gemeinschaftspraxis im Quartal IV/2003 nach Überzeugung der Kammer nicht zulässig sei.

Gegen dieses ihnen am 21.04.2011 zugestellte Urteil haben die Kläger am 18.05.2011 Berufung beim Landessozialgericht eingelegt und im Wesentlichen ausgeführt, dem Urteil des Sozialgerichts könne nicht gefolgt werden. Soweit das Sozialgericht meine, dass die Ordinationsgebühr 1 x im Behandlungsfall abrechnungsfähig sei, treffe dies aufgrund der unterschiedlichen Praxiskonstellationen (zunächst bis 30.11.2003 nur Einzelpraxis Dr. L., erst ab dem 01.12.2003 dann Gemeinschaftspraxis Dres. L. & S.) nicht zu. Durch die Aufgabe der Einzelpraxis L. und Neugründung der Gemeinschaftspraxis mit Dr. S. ab 01.12.2003 sei die Behandlung/Abrechnung ab dem 01.12.2003 durch die Gemeinschaftspraxis als "neuen Vertragsarzt" von der Beklagten zugelassen worden, so dass die von der Gemeinschaftspraxis erbrachten Leistungen gemäß EBM Ziff. 1 ab dem 01.12.2003 auch abrechenbar seien.

Die Kläger beantragen sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14.04.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 07.05.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.02.2007 aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen, Honorar für das 4. Quartal 2003 in Höhe von 9.726,75 EUR nebst 5% Zinsen über den Basisdiskontsatz ab dem 11.05.2004 an die Kläger nachzuzahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Berichtigungsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.02.2007 sowie das diesen bestätigende Urteil des SG seien rechtlich nicht zu beanstanden. Zunächst sei der Auffassung des SG zuzustimmen, wenn es ausführe, dass hier kein Wechsel des Vertragsarztes durch die bereits behandelten Patienten von der Einzelpraxis zur Gemeinschaftspraxis, sondern nur eine Weiterbehandlung der von der Einzelpraxis bereits behandelten Patienten durch die Gemeinschaftspraxis vorliege und deshalb die Ordinationsgebühr nicht noch einmal durch die Gemeinschaftspraxis abgerechnet werden könne. Dies entspreche auch der Auffassung des erkennenden Senats in seinem Urteil vom 12.05.1999, L 5 KA 94/99. Denn die Einzelpraxis und die Gemeinschaftspraxis hätten die mit der Ordinationsgebühr als Quartalspauschale abgegoltenen Leistungen tatsächlich nur einmal gemeinsam erbracht. Der erstbehandelnde Kläger habe die mit der Ordinationsgebühr vergüteten Leistungen auf das Quartal bezogen nicht vollständig erbracht, sondern die weitere Erfüllung der Gemeinschaftspraxis, deren Mitglied er sei, überlassen. Eine tatsächlich nur einmal gemeinsam erbrachte Leistung könne aber rechtlich nicht in zwei selbständige Leistungen aufgeteilt werden. Selbst wenn man aber die Auffassung der Kläger teilen würde, dass allein nach der Definition des § 21 BMV-Ä, der von der gesamten von demselben Vertragsarzt innerhalb desselben Kalendervierteljahrs am selben Kranken ambulant zu Lasten der selben Krankenkasse vorgenommenen Behandlung spreche, in der vorliegenden Fallkonstellation die Nr. 1 EBM ein weiteres Mal abrechenbar wäre, habe die Beklagte diese Problematik in § 5d HVM geregelt. Hiernach würden Änderungen im Mitgliederstatus oder der Rechtsform der Praxis innerhalb eines Quartals abrechnungstechnisch erst zum Beginn des Abrechnungsquartals berücksichtigt, welches auf die Änderung folge. Diese Regelung erfasse ihrem Wortlaut nach eindeutig den hier vorliegenden Fall. Sie sei auch rechtmäßig. Es liege im weiten Gestaltungsermessen einer KV, dem das Vertragsarztrecht prägenden Quartalsbezug in der hier geregelten Weise Rechnung zu tragen. Die von den Klägern vorgenommene Auslegung, es werde lediglich die technische Abrechnung auf das Folgequartal verlagert, treffe ganz offensichtlich nicht zu.

Mit Verfügung vom 28.10.2011 hat die Berichterstatterin darauf hingewiesen, dass der Senat nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz die Berufung auch ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückweisen könne, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält und diese Verfahrensweise auf Grund des derzeitigen Sach- und Streitstandes beabsichtigt sei. Zuletzt wurde den Beteiligten mit Verfügung vom 18.12.2012 mitgeteilt, dass die zunächst für September 2012 in Aussicht gestellte Entscheidung nun im Januar 2013 durch Beschluss ergehen werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Berufungsakte, Gerichtsakte des SG sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

II.

Der Senat weist die Berufung der Kläger gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurück, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Die Berufung der Kläger ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthaft. Die Berufung ist auch sonst gem. § 151 SGG zulässig.

Die Berufung der Kläger ist aber nicht begründet. Denn das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 07.05.2004 in Gestalt des Widerspruchbescheids vom 22.02.2007 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.

Der Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid ist nicht deshalb formell rechtswidrig, weil die Kläger vor seinem Erlass entgegen § 24 Abs. 1 SGB X nicht angehört worden sind. Der Mangel der Anhörung kann gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X dadurch geheilt werden, dass dem Betroffenen durch die in den angefochtenen Bescheiden enthaltenen Hinweise auf die wesentlichen entscheidungserheblichen Gesichtspunkte Gelegenheit gegeben wird, sich im Widerspruchsverfahren sachgerecht zu äußern. Das ist im vorliegenden Fall geschehen.

Der Bescheid der Beklagten vom 07.05.2004 in Gestalt des Widerspruchbescheids vom 22.02.2007 ist auch materiell rechtmäßig. Zur Zeit des Erlasses des Bescheids war die Beklagte auf Grund von § 106 a Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V, der durch Artikel 1 Nr. 83 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) vom 14.11.2003 (BGBl. I 2190, 2217) mit Wirkung vom 1. Januar 2004 in das SGB V eingefügt worden ist, gesetzlich berechtigt und verpflichtet, die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte festzustellen. Durch die Einfügung von § 106 a in das SGB V ist eine Änderung der zuvor durch die Bestimmungen der Bundesmantelverträge geregelten sachlich-rechnerischen Berichtigung weder hinsichtlich deren Voraussetzungen noch hinsichtlich deren Rechtsfolgen erfolgt. Während bislang das Richtigstellungsverfahren von Amts wegen oder auf Antrag einer Krankenkasse durchgeführt werden konnte, ist die Beklagte nach neuem Recht - unabhängig von einem weiterhin möglichen Antrag - zu einem Tätigwerden von Amts wegen verpflichtet (BSG, Urteil vom 05.11.2008 - B 6 KA 1/08 R -, veröffentlicht in Juris).

Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen des Vertragsarztes zielt auf die Feststellung, ob die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots - abgerechnet worden sind. Festzustellen ist, ob die Abrechnungen mit den Abrechnungsvorgaben des Regelungswerks, also mit den Einheitlichen Bewertungsmaßstäben, den Honorarverteilungsverträgen sowie weiteren Abrechnungsbestimmungen übereinstimmen oder ob zu Unrecht Honorare angefordert werden (BSG, Urteil vom 05.11.2008 a.a.O.). Die Befugnis der Kassenärztlichen Vereinigung zur Richtigstellung bedeutet im Umfang der vorgenommenen Korrekturen eine teilweise Rücknahme des ursprünglichen Honorarbescheides. Eine nach den Bestimmungen zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung rechtmäßige (Teil-)Aufhebung des Honorarbescheids mit Wirkung für die Vergangenheit löst nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X, der Grundnorm des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs für den gesamten Bereich des Sozialrechts, eine entsprechende Rückzahlungsverpflichtung des Empfängers der Leistung aus (BSG , Urteil vom 14.12.2005 - B 6 KA 17/ 05 R -, veröffentlicht in Juris).

Vorrangiges Anwendungsfeld der auf der Grundlage der genannten Regelungen bestehenden Befugnis der Kassenärztlichen Vereinigung zur Berichtigung, d. h. Zurücknahme rechtswidriger Honorarbescheide sind Fallkonstellationen, in denen die Rechtswidrigkeit der Bescheide auf Fehlern aus der Sphäre des Vertragsarztes beruht, wenn sich also nachträglich herausstellt, dass der Vertragsarzt die Gebührenordnung falsch angewandt hat oder Leistungen gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung abgerechnet hat, die von einem Vertragsarzt erbracht worden sind, dessen Einsatz in der Praxis von der Kassenärztlichen Vereinigung zuvor nicht genehmigt worden war. Auf solche Konstellationen ist die Berichtigungsbefugnis nicht beschränkt. Die Vorschriften berechtigten die Kassenärztliche Vereinigung vielmehr generell zur Rücknahme unrichtiger und rechtswidriger Honorarbescheide; denn einzige tatbestandliche Voraussetzung für das Berichtigungsrecht der Kassenärztlichen Vereinigung ist nach genannten Vorschriften schon nach deren Wortlaut die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit des Honorarbescheides. Die Vorschriften differenzieren dabei nicht danach, in wessen Verantwortungsbereich die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit fällt. Sie erfassen alle Unrichtigkeiten der Honorarbescheide und berechtigen zur Rücknahme von Honorarbescheiden, soweit diese dadurch rechtswidrig waren. Ein Fehler der sachlich-rechnerischen Richtigkeit des Honorarbescheids und damit seine Unrichtigkeit im Sinne der Vorschriften ist daher auch gegeben, wenn diese auf Gründen beruht, die nicht dem Verantwortungsbereich des Vertragsarztes zuzurechnen sind (so ausdrücklich BSG, Urteil vom 31.10.2001 - B 6 KA 16/00 R - und BSG, Urteil vom 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R -, veröffentlicht in Juris).

Die Bestimmungen über die Befugnis der Kassenärztlichen Vereinigung, ärztliche Honoraranforderung und Honorarbescheide wegen sachlich-rechnerischer Fehler nachträglich zu korrigieren, verdrängen in ihrem Anwendungsbereich die Regelungen des § 45 SGB X. Sie stellen von den Vorschriften des SGB X abweichende Regelungen im Sinne des § 37 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) dar, die auf gesetzlicher Grundlage, nämlich auf Normen des SGB V, erlassen worden sind (ständige Rechtsprechung des BSG vgl. Urteil vom 30.06.2004 a.a.O. m.w.N. aus der Rechtsprechung des BSG).

Die umfassende Berichtigungsbefugnis der Kassenärztlichen Vereinigungen beruht auf den Besonderheiten des vertragsärztlichen Vergütungssystems. Das Interesse der Gesamtheit der Vertragsärzte ist einerseits darauf gerichtet, dass nach jedem Quartal die für die Honorarverteilung zur Verfügung stehenden Beträge möglichst umfassend und zeitnah ausbezahlt werden. Andererseits bergen frühzeitig ergehende Honorarbescheide das Risiko, dass sie später korrigiert werden müssen. So kann insbesondere das zu verteilende Gesamtvergütungsvolumen noch nicht abschließend festgelegt sein. Zudem sind im Zeitpunkt der Honorarauszahlung noch nicht bei allen Vertragsärzten die Abrechnungsprüfungen - sachlich-rechnerische und Wirtschaftlichkeitsprüfung - abgeschlossen. Erweist sich die Honorarberechnung für einen Teil der Vertragsärzte als fehlerhaft und muss ihnen Honorar nachgezahlt oder von ihnen einen Teil des Honorars zurückgefordert werden, so bedeutet das, dass andere umgekehrt zuviel oder zu wenig erhalten haben. Dies resultiert aus der Besonderheit, dass die Krankenkassen das festgelegte Gesamtvergütungsvolumen gemäß § 85 Abs. 1 SGB V mit befreiender Wirkung für die Gesamtheit der Vertragsärzteschaft entrichten, so dass bei überzahltem Honorar Nachforderungen an die Krankenkassen ausgeschlossen sind. Es liegt deshalb im Interesse der gesamten Ärzteschaft, die unter Umständen erforderlichen Korrekturen - und damit zugleich den Ausgleich im Verhältnis zu den anderen Vertragsärzten - auch später noch vornehmen zu können. Behält eine Kassenärztliche Vereinigung bei noch ungeklärter Rechtslage Gesamtvergütungsanteile nicht vorsorglich ein, sondern zahlt sie diese zunächst an ihre Mitglieder aus, so gewährleistet sie die Liquidität der Praxen und überträgt ihren Mitgliedern sogleich die Möglichkeit des Zinsgewinns aus noch nicht endgültig zustehenden Honoraranteilen. Mit dieser - für die Vertragsärzte günstigen - Vorgehensweise korrespondiert notwendigerweise die sich aus den bundesmantelvertraglichen Vorschriften ergebende Befugnis zur erleichterten Aufhebung von Honorarbescheiden bei fehlerhaften Honorarberechnungen. Sie trägt den für die Kassenärztliche Vereinigung unvermeidlichen Unsicherheiten bei der Anwendung der Leistungsverzeichnisse sowie der generellen Grundlagen der Honorarverteilung Rechnung (BSG, Urteil vom 14.12.2005 - B 6 KA 17/05 R -, veröffentlicht in Juris). Die Möglichkeit, einen Ausgleich zwischen zu niedrigen und zu hohen Honorarzahlungen zu erreichen, setzt andererseits wieder voraus, dass die Honorarbescheide in diesem Umfang, also hinsichtlich eines begrenzten Teils der Vergütung eines einzelnen Vertragsarztes, nicht in Bindung erwachsen. Andernfalls wäre die Kassenärztliche Vereinigung in dieser Konstellation nach endgültiger Klärung der Rechtslage bei Überzahlung nicht berechtigt, die Honorarbescheide zu ändern und überzahltes Honorar zurückzufordern. Das erfordert zwangsläufig die Berechtigung der Kassenärztlichen Vereinigung, auf die Gesamtvergütungsanteile zurückgreifen zu können, die bereits an die Vertragsärzte ausgezahlt worden sind, die von der ursprünglichen, nunmehr als rechtswidrig erkannten Honorarverteilung begünstigt wurden (BSG, Urteil vom 31.10.2002 B 6 KA 16/00 R – veröffentlicht in Juris).

Die genannten Berichtigungsvorschriften stellen somit bereichsspezifische Sonderregelungen dar mit der Folge, dass Honorarbescheide stets zunächst nur als vorläufig anzusehen sind und Vertrauensschutz auf deren Bestand nur in besonderen Konstellationen anerkannt werden kann.

Ausgehend von dieser Rechtslage war der Honorarbescheid für die Gemeinschaftspraxis vom 15.04.2004 für das Quartal 4/03 sachlich-rechnerisch von Amts wegen durch die Beklagte zu berichtigen. Denn dieser Honorarbescheid war sachlich-rechnerisch unrichtig.

Ordinationsgebühren knüpfen durch die Beschränkung der Abrechenbarkeit für einen Behandlungsfall typischerweise an eine quartalsweise Betrachtung an, indem sie eine weitergehende Honorierung der umfassten Leistungen im gleichen Quartal ausschließen. Entsprechendes gilt für die EBM-Nr. 801. Der Begriff des Behandlungsfalls wird durch § 21 Abs. 1 BMV-Ä bzw. § 25 Abs. 1 EKV definiert. "Behandlungsfall" war in der im streitbefangenen Zeitraum geltenden Fassung des BMV-Ä bzw. des EKV definiert als Gesamtheit der von demselben Vertragsarzt innerhalb desselben Kalendervierteljahres an demselben Kranken ambulant zu Lasten derselben Krankenkasse vorgenommenen Behandlungen.

Zum 01.01.2007 erfolgten neben der Definition des Behandlungsfalls differenzierte Festlegungen für den Arztfall und den Betriebsstättenfall. Der vor allem für die praxisübergreifende Tätigkeit maßgebliche Arztfall umfasst die Behandlung desselben Versicherten durch denselben an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt in einem Kalendervierteljahr zulasten derselben Krankenkasse unabhängig von der Betriebs- oder Nebenbetriebsstätte. (§ 21 Abs. 1b BMV-Ä bzw. in § 25 Abs. 1b EKV). Der Betriebsstättenfall umfasst die Behandlung desselben Versicherten in einem Kalendervierteljahr durch einen oder mehrere Ärzte derselben Betriebsstätte oder derselben Nebenbetriebsstätte zu Lasten derselben Krankenkasse unabhängig vom behandelnden Arzt. (§ 21 Abs. 1a BMV-Ä bzw. in § 25 Abs. 1a EKV). Hierdurch sollte eine eindeutige Unterscheidung der möglichen Fallkonstellationen in den Abrechungsbestimmungen erreicht werden. Während der Behandlungsfall die Behandlung durch alle Ärzte in allen Betriebsstätten einer Praxis umfasst, sind dem Betriebsstättenfall unabhängig vom Arzt nur die Behandlungen in derselben Betriebsstätte und dem Arztfall unabhängig von der Betriebsstätte nur die Behandlungen durch denselben Arzt zuzuordnen (vgl. Wezel/Liebold, Komm. zu EBM, Stand: 01.04.2010, Teil 8 zu 3.4).

Der umfassende Begriff des Behandlungsfalls ist dabei im Wesentlichen gleich geblieben. Ein Behandlungsfall ist zwar nun ausdrücklich definiert als die Behandlung desselben Versicherten durch dieselbe Arztpraxis in einem Kalendervierteljahr zulasten derselben Krankenkasse (§ 21 Abs. 1 BMV-Ä bzw. § 25 Abs. 1 EKV n.F.). Die Behandlung eines Versicherten in einem Quartal durch mehrere Mitglieder einer Gemeinschaftspraxis bildete aber, wie das SG zutreffend dargelegt hat, bereits vor der insoweit lediglich klarstellenden Änderung nur einen einzigen Behandlungsfall i.S. des § 21 Abs. 1 Satz 1 BMV-Ä, § 25 Abs. 1 Satz 1 EKV-Ä a.F. (BSG, Urteil vom 22.03.2006 - B 6 KA 76/04 R -, veröffentlicht in Juris unter Hinweis auf Engelmann, Kooperative Berufsausübung von Ärzten und Vertragsarztrecht in: von Wulffen/Krasney (Hrsg.), Festschrift 50 Jahre BSG, 2004, S. 429 ff. [435]). Der Begriff "Vertragsarzt" war damit immer schon ein Synonym für Arztpraxis.

Der Begriff der Arztpraxis umfasst alle Betriebsstätten einer Praxis. Die Betriebsstätte besteht auch bei Umwandlung einer Einzelpraxis in eine Berufsausübungsgemeinschaft weiter. Dies bedeutet, dass sich die Berufsausübungsgemeinschaft, die in einem laufenden Quartal gebildet wird, die von einem seiner Mitglieder in diesem Quartal bereits in Ansatz gebrachte Ordinationsgebühr auch dann zurechnen lassen muss, wenn die Behandlung des Versicherten von einem anderen, ggf. erst neu hinzugetretenen Mitglied der Arztpraxis fortgesetzt wird. Ein Wechsel der Arztpraxis innerhalb des Quartals und damit ein neuer Behandlungsfall kann hierin nicht gesehen werden, weil der Behandlungsfall nicht an die Person des behandelnden Arztes und auch nicht an die den Arzt bzw. die Ärzte in Person, die in einer Praxis tätig sind, anknüpft, sondern an der Ort der Leistungserbringung.

Dieses Verständnis entspricht Sinn und Zweck der hier streitigen fallbezogenen Abrechnungsbegrenzungen von Gebührenordnungsnummern. Diese sollen dem Anreiz entgegenwirken, Behandlungsfälle aus nicht medizinisch indizierten Gründen auszudehnen. Dem liefe es zuwider, eine erneute Abrechnung behandlungsbezogener Gebührennummern bei Weiterbehandlung eines Patienten während des Quartals zuzulassen, wenn eine bestehende Arztpraxis durch Hinzutreten von Ärzten den Status einer Berufsausübungsgemeinschaft erhält. Dies hat der Senat bereits grundsätzlich in dem Urteil vom 12.05.1999 - L 5 KA 4/99 entschieden und entspricht auch ständiger Rechtsprechung des BSG (vgl. dazu zuletzt zu einer § 5 d HVM ähnlichen Vorschrift BSG v. 27.6.2012 - B 6 KA 37/11 R Juris Rn 22 ff. m.w.N.)

Ob der Fall anders zu beurteilen wäre, wenn ein Arzt eine Berufsausübungsgemeinschaft verlässt und seine Tätigkeit in einer eigenen Betriebsstätte innerhalb des gleichen Quartals unter Weiterbehandlung "seiner" Patienten fortsetzt, bedarf hier keiner Entscheidung.

Der Senat teilt im Übrigen insoweit die Auffassung des Sozialgerichts, nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG) und sieht von einer eigenen Begründung ab.

Ausnahmen von dem Grundsatz, dass Honorarbescheide stets zunächst nur als vorläufig anzusehen sind und Vertrauensschutz besteht, liegen nicht vor. Zunächst liegt kein Fall vor, in dem eine Vorläufigkeit nicht mehr gegeben ist und damit § 45 SGB X Anwendung findet oder in dem trotz grundsätzlicher Vorläufigkeit schutzwürdiges Vertrauen bestehen kann, so dass die Berichtigungsvorschriften zwar weiterhin Anwendung finden, aber die Vertrauensschutzgrundsätze des § 45 SGB X dabei zu beachten sind.

Die Vertrauensschutzregelungen verdrängen §§ 45 SGB X ff. dann nicht, wenn die Vorläufigkeit des Honorarbescheids, soweit er zurückgenommen wird, nicht – mehr – besteht. Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteile vom 14.12.2005 - B 6 KA 17/05 R und 08.12.2006 - B 6 KA 12 /05 R -, veröffentlicht in Juris) sind die besonderen Richtigstellungsvorschriften nicht mehr anwendbar sind, wenn die Frist von vier Jahren seit Erlass des betroffenen Honorarbescheids bereits abgelaufen ist (vgl. aber BSG, Urteil vom 23.06.2010 - B 6 KA 7/09 R -, veröffentlicht in Juris, wonach lediglich Vertrauensschutz im Rahmen der Berichtigung zu berücksichtigen ist) oder soweit die Kassenärztliche Vereinigung ihre Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung bereits "verbraucht" hat, indem sie die Honoraranforderung des Vertragsarztes in einem der ursprünglichen Honorarverteilung nachfolgenden Verfahren auf ihre sachlich-rechnerische Richtigkeit überprüfte und vorbehaltlos bestätigte.

Die Frist von vier Jahren seit Erlass der betroffenen Honorarbescheide, die nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 23.06.2010 - B 6 KA 7/09 R -, veröffentlicht in Juris, m.w.N.) am Tag nach der Bekanntgabe beginnt, ist hier offensichtlich eingehalten. Auch liegt kein "Verbrauch" in der Weise vor, dass bereits eine sachlich-rechnerische Richtigstellung erfolgt wäre, die erneut von der Beklagten korrigiert würde. Nach dem Urteil des BSG vom 14.12.2005 (a.a.O.) ist die Befugnis zu sachlich-rechnerischer Richtigstellung "verbraucht", wenn die KV die Honoraranforderungen des Vertragsarztes in einem der ursprünglichen Honorarverteilung nachfolgenden Verfahren auf ihre sachlich-rechnerische Richtigkeit überprüfte und vorbehaltlos bestätigte, indem sie z.B. auf den Rechtsbehelf des Vertragsarztes hin die ursprüngliche Richtigstellung eines bestimmten Gebührenansatzes ohne jede Einschränkung wieder rückgängig machte. Durch solche Überprüfung und Bestätigung entfällt die spezifische Vorläufigkeit eines vertragsärztlichen Honorarbescheides und damit die Anwendbarkeit der Berichtigungsvorschriften.

Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Insbesondere betraf die sachlich-rechnerische Berichtigung vom 29.03.2004 nicht die Absetzung der hier streitigen Doppelberechnungen für die Zeit ab 01.12.2003. Diese waren nicht Gegenstand der zu dieser Berichtigung führenden Prüfung. Es erfolgten dementsprechend hinsichtlich der EBM-Nr. 1 lediglich weitere – sonstige Kostenträger betreffende - Umsetzungen. Weitere Absetzungen der EBM-Nr. 801 wurden auch für sonstige Kostenträger in diesem Bescheid nicht vorgenommen.

Damit waren die Honorarbescheide, soweit sie aufgehoben worden sind, vorläufig und grundsätzlich auf der Grundlage des § 106a SGB V zu berichtigen. Die Beklagte hat auch zu Recht die Honoraranforderung der Kläger in der Weise korrigiert, dass sie den Klägern die Beträge vergütet hat, die ihnen bei ordnungsgemäßer Abrechnung zugestanden hätten. In den Fällen, in denen die hausärztliche Grundvergütung und die Ordinationsgebühr bereits abgerechnet waren, wurde der Gemeinschaftspraxis der weitere Patientenkontakt nach Nr. 2 EBM abgerechnet.

Die Beklagte musste auch nicht ausnahmsweise Vertrauensschutzgesichtspunkte berücksichtigen. Der Anwendungsvorrang der Berichtigungsvorschriften vor § 45 SGB X schließt es zwar nicht aus, bei den Maßstäben, nach denen in solchen Ausnahmefällen auch im Rahmen der Honorarberichtigungsverfahren den betroffenen Ärzten Vertrauensschutz zu gewähren ist, auf die einzelnen Tatbestände des § 45 Abs. 2 Satz 3 i.V.m Abs. 4 SGB X zurückzugreifen. Ein solcher Ausnahmefall ist anzunehmen, wenn die Kassenärztliche Vereinigung es unterlassen hatte, bei der Erteilung des Honorarbescheids auf ihr bekannte Ungewissheiten hinsichtlich der Grundlagen der Honorarverteilung hinzuweisen (vgl. Clemens a.a.O. Rn. 200 ff. m.N.) und dadurch schützenswertes Vertrauen bei den Vertragsärzten hervorgerufen wurde, oder wenn die Fehlerhaftigkeit des Bescheides aus Umständen herrührt, die die besonderen Funktionsbedingungen des Systems vertragsärztlicher Honorierung nicht konkret tangieren (BSG, Urteil vom 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R -, veröffentlicht in Juris), insbesondere nicht verteilungsrelevant sind (vgl. Clemens a.a.O. Rn. 204 ff. m.N.). Die Praktizierung fehlerhafter Honorierung während längerer Zeit begründet dagegen jedenfalls für sich gesehen keinen Vertrauensschutz (vgl. Clemens a.a.O. Rn. 210 f. m.N.).

Ein solcher Fall bei dem trotz Anwendbarkeit der Berichtigungsvorschriften nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen Vertrauensschutz zu beachten ist, liegt hier nicht vor. Sowohl die Kläger als auch die Beklagte gehen davon aus, dass das nach dem EBM maßgebende Recht gültig ist. Streitig ist allein die Anwendung auf den vorliegenden Fall der Umwandlung einer Einzelpraxis in eine Gemeinschaftspraxis innerhalb eines Quartals. Hierbei geht es um die verteilungsrelevante Frage der ordnungsgemäßen Honorarabrechnung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 GKG.
Rechtskraft
Aus
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