L 13 R 4706/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 2817/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 4706/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 22. Oktober 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für die Berufungsinstanz nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligen ist die Höhe und Dauer der dem Kläger gewährten Rente wegen voller Erwerbsminderung im Streit. Vorab ist streitig, ob die vor dem Sozialgericht Mannheim (SG) unter den Aktenzeichen S 2 RJ 1602/04 und S 6 R 101/12 geführten Klageverfahren wirksam beendet worden sind.

In dem Verfahren S 2 RJ 1602/04 war zwischen den Beteiligten die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung streitig. Die Beklagte hatte dem Kläger mit Bescheid vom 31. März 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Mai 2004 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gewährt, den darüber hinausgehenden Antrag auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung aber abgelehnt. Im hiergegen angestrengten Klageverfahren unterbreitete die Beklagte dem Kläger unter dem 8. November 2006 zur Erledigung des Rechtsstreits folgen Vergleichsvorschlag:

1. Die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg gewährt dem Kläger, ausgehend von einem am 1. Dezember 2004 eingetretenen Leistungsfall neben der bisherigen Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung vom 1. Juli 2005 bis 30. Juni 2008 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit nach den gesetzlichen Vorschriften. Bestehen für denselben Zeitraum Ansprüche auf mehrere Renten aus eigener Versicherung, wird gemäß § 89 Abs. 1 SGB VI nur die höchste Rente geleistet. 2. Die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg übernimmt die Kosten des Klageverfahrens dem Grunde nach zur Hälfte. 3. Der Kläger nimmt das Angebot an und die Beteiligten betrachten das Verfahren übereinstimmend als erledigt.

Mit Schriftsatz vom 27. November 2006 (Eingang beim SG am 29. November 2006) teilte der damalige Bevollmächtigte des Klägers mit, dass das Vergleichsangebot der Beklagten zur Erledigung des Rechtsstreits angenommen werde.

Mit Beschluss des SG vom 21. Dezember 2006 (S 2 R 4161/06 KO-A) sind die im Zusammenhang mit der Begutachtung durch Dr. R ... ein entstandenen Kosten und baren Auslagen des Klägers auf die Staatskasse übernommen worden

In dem Verfahren S 6 R 101/12 wandte der Kläger sich gegen den Bescheid der Beklagten vom 23. August 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2011, mit denen eine höhere Bewertung der seitens des Klägers in Polen zurückgelegten Versicherungszeiten abgelehnt wurde. Vor dem SG fand am 12. Juni 2012 ein Erörterungstermin statt. Ausweislich der Niederschrift über die nichtöffentliche Sitzung, zu der ein Schriftführer nicht hinzugezogen worden ist, wurde auf Seite 2 neben einem rechtlichen Hinweis der Vorsitzenden Folgendes protokolliert:

"Die Beteiligten schließen daraufhin auf Vorschlag des Gerichts folgenden Vergleich:

1. Die Beklagte erkennt unter Änderung des Überprüfungsbescheides vom 23. August 2011 sowie des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2011 und Änderung der Bewilligungsbescheide vom 14. Dezember 2006, 16. Mai 2008 und 3. März 2011 an, dass die Versicherungszeit des Klägers vom 1. August 1968 bis 25. September 1968 ebenfalls als nachgewiesene Zeit mit sechs Sechsteln zu berücksichtigen ist. 2. Der Kläger erklärt den Rechtsstreit im Übrigen für erledigt.

vorläufig aufgezeichnet, wieder vorgespielt und genehmigt."

Das Protokoll wurde von der Vorsitzenden unterschrieben; die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle bestätigte mit ihrer Unterschrift die Richtigkeit der Übertragung der Tonbandaufnahme in das Protokoll. Die Niederschriften wurden an die Beteiligten übersandt und dem Kläger am 20. Juni 2012 zugestellt.

Mit Ausführungsbescheid vom 22. Juni 2012 führte die Beklagte den Vergleich vom 12. Juni 2012 dahingehend aus, dass die Rente wegen voller Erwerbsminderung zugunsten des Klägers unter Bewertung des Zeitraums vom 1. August 1968 bis 25. September 1968 mit 6/6 neu festgestellt wurde. Der Bescheid vom 26. August 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2011 wurde zurückgenommen und durch diesen Bescheid ersetzt.

Hiergegen legte der Kläger am 5. Juli 2012 mit der Begründung Widerspruch ein, entgegen der Vereinbarung vor der 6. Kammer des Sozialgerichts Mannheim würden die ersten 36 Kalendermonate seiner Pflichtbeitragszeiten weiterhin als Zeiten der beruflichen Ausbildung angerechnet. Diese seien ohne Minderung zu berücksichtigen. Mit Widerspruchsbescheid vom 29. August 2012 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Die Einstufung der ersten 36 Kalendermonate der Beschäftigungszeiten des Klägers als Ausbildungszeit anstelle einer vollwertigen Beitragszeit sowie die Zuordnung der entsprechenden Entgelte sei zu Recht erfolgt. Dass die ersten 36 Monate des Berufslebens nicht als Ausbildungszeit bewerten werden könnten, sei durch den Bevollmächtigten der Beklagten und die Vorsitzende in dem Erörterungstermin umfassend erläutert worden. Nachdem der Vergleich vom 12. Juni 2012 korrekt umgesetzt worden sei, sei der Widerspruch als unzulässig zurückzuweisen.

Am 29. August 2012 hat der Kläger beim SG "Widerspruch gegen den Rentenvergleich vom 12. Juni 2012" eingelegt und unter dem 3. September 2012 auf Nachfrage des Gerichts klargestellt, dass er damit den vor der 6. Kammer des Sozialgerichts Mannheim am 12. Juni 2012 geschlossenen Vergleich anfechten wolle. Der Rentenvergleich sei unter falschen Voraussetzungen geschlossen worden. Ihm seien Fakten und Gesetze vorenthalten worden. Gleichzeitig hat der Kläger beantragt, dass ihm "die im Verfahren S 2 R 1602/04 entstandenen Gerichts- und Gutachterkosten vollständig erstattet" würden und dass seine "Rente bis zum 65. Lebensjahr weitergezahlt" werde, da er auch dem Rentenvergleich im Jahr 2006 unter falschen Voraussetzungen zugestimmt habe. Diese Anliegen des Klägers sind unter dem Aktenzeichen S 6 R 2817/12 geführt worden.

Ferner hat der Kläger am 3. August 2012 Klage gegen den Ausführungsbescheid vom 22. Juni 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. August 2012 erhoben. Die Klage ist unter dem Aktenzeichen S 6 R 2871/12 geführt worden.

Mit Beschluss vom 5. September 2012 hat das SG die Verfahren S 6 R 2817/12 und S 6 R 2871/12 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Aktenzeichen S 6 R 2817/12 verbunden.

Das SG hat die Ausführungen des Klägers sinngemäß dahingehend ausgelegt, dass dieser begehrt, die Verfahren unter den Aktenzeichen S 2 RJ 1602/04 und S 6 R 101/12 fortzuführen und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 31. März 2004, des Widerspruchsbescheids vom 28. Mai 2004, des Bescheids vom 20. August 2011 (gemeint: 23. August 2011) und des Widerspruchsbescheids vom 15. Dezember 2011 sowie des Bescheids vom 22. Juni 2012 und des Widerspruchsbescheids vom 29. August 2012 zu verurteilen, dem Kläger weiterhin eine Rente wegen voller Erwerbsminderung unter Berücksichtigung höherer Entgelte zu zahlen.

Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 22. Oktober 2012 festgestellt, dass die gerichtlichen Verfahren S 2 RJ 1602/04 und S 6 R 101/12 vor dem Sozialgericht Mannheim durch wirksamen Vergleich beendet worden sind. Im Übrigen ist die Klage abgewiesen worden. Mit beiden in den Jahren 2006 und 2012 geschlossenen Vergleichen habe der Kläger die gerichtlichen Verfahren wirksam beendet. Im Jahr 2006 habe er das Verfahren für erledigt erklärt. Die durch den Kläger erklärte Erledigung des Rechtsstreits stehe einer Klagerücknahme gleich. Die Klagerücknahme erledige nach § 102 Abs. 1 Satz 2 SGG den Rechtsstreit in der Hauptsache. Die Erledigungserklärung sei schriftsätzlich durch den Bevollmächtigten des Klägers erfolgt. Der Kläger selbst habe nicht angegeben, weshalb die Erklärung nicht wirksam sein sollte. Schließlich sei ein Widerruf oder eine Anfechtung der Klagerücknahme nicht möglich. Etwas anderes könne nur dann gelten, wenn der Kläger durch arglistige Täuschung oder falsche Informationen zur Klagerücknahme bewegt worden sei. Hierfür seien keine Anhaltspunkte ersichtlich. Gründe für die Wiederaufnahme des Verfahrens lägen ebenfalls nicht vor und würden auch vom Kläger nicht behauptet. Im Ergebnis dasselbe gelte für den am 12. Juni 2012 geschlossenen Vergleich. Es fände sich weder ein Anfechtungs- noch ein Widerrufsgrund im Sinne der genannten Vorschriften. Der Kläger habe verschiedenste Punkte genannt, aufgrund derer er die Bewertung der zurückgelegten Beitragszeiten nicht für richtig halte. Jeder einzelne Punkt sei im Erörterungstermin mit dem Kläger durchgegangen worden. Die Vorsitzende habe ihn darauf hingewiesen, dass die Klage lediglich für die Zeit vom 1. August 1968 bis zum 25. September 1968 Aussicht auf Erfolg haben könne. Dies sei in dem am 12. Juni 2012 geschlossenen Vergleich auch umgesetzt worden. Dem Kläger sei im Termin erläutert worden, dass die ersten 36 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für Zeiten einer versicherten Beschäftigung bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres stets als Zeiten einer beruflichen Ausbildung gelten. Auf die Verständnisprobleme des Klägers hinsichtlich des § 246 Satz 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sei ausführlich eingegangen worden. Dem Kläger sei auch erläutert worden, dass dies nicht für polnische Beitragszeiten gelte. Da der Kläger darauf beharrt habe, dass die berücksichtigten Entgelte zu gering seien, habe der Beklagtenvertreter ergänzend erläutert, dass die Bewertung als beitragsgeminderte Zeit eine Vergleichsbewertung der aus den zugeordneten Entgelten ermittelten Entgeltpunkte und der Gesamtleistungsbewertung sei. Da die Entgeltpunkte aus den Entgelten im Falle des Klägers höher seien, bleibe es dabei. Nicht einmal ansatzweise sei im Erörterungstermin dem Kläger erläutert worden, dass die Ausbildungszeiten mit höheren Entgelten zu belegen wären oder gar bereits belegt worden seien. Er sei im Gegenteil ausführlich darauf hingewiesen worden, dass der Abschluss des Vergleichs für ihn lediglich eine marginale Rentenerhöhung bedeute. Nachdem die Vergleiche in den Verfahren S 2 RJ 1602/04 und S 6 R 101/12 vor dem SG Mannheim wirksam geschlossen worden seien, seien auch der Bescheid vom 22. Juni 2012, der den Vergleich vom 12. Juni 2012 umgesetzt habe, und der Widerspruchsbescheid vom 29. August 2012 zu Recht ergangen. Auch insoweit sei die Klage des Klägers daher abzuweisen.

Gegen den ihm am 25. Oktober 2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 7. November 2012 Berufung beim SG Mannheim eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, seines Erachtens sei der Vergleich vom 12. Juni 2012 im Verfahren S 6 R 101/12 unter falschen Voraussetzungen geschlossen worden. Zum Beweis berufe er sich auf die Tonbandaufnahme der mündlichen Verhandlung vom 12. Juni 2012 und benenne seine Schwester Frau M. G. als Zeugin. Eine ausführliche Erläuterung, dass durch Zustimmung zu einem Vergleich das gerichtliche Verfahren als wirksam beendet angesehen werde und ein späterer/nachträglicher Widerruf oder eine Anfechtung einer Klagerücknahme nicht mehr möglich sei, habe am Verhandlungstag am 12. Juni 2012 nicht stattgefunden. Der Wegfall dieser Erläuterung sei einer falschen Information gleichzustellen und als ausreichender Grund für den Widerruf, Anfechtung einer Klagerücknahme oder Wiederaufnahme zu erklären. Ferner sei eine Erstattung der Kosten nicht festzustellen. Eine entsprechende Überweisung des ausgelegten Betrages auf sein Konto sei nicht auffindbar. Auch der Rentenvergleich im Jahr 2006 sei unter falschen Voraussetzungen geschlossen worden. Die damals vorliegende Erkrankung sei zehn Jahre lang falsch diagnostiziert worden, was letztendlich zu einer plötzlichen Notoperation und dem unerwarteten Verlust seines Arbeitsplatzes geführt habe. Dem Operateur sei ein gravierender Fehler unterlaufen, der anstatt den Gesundheitszustand zu verbessern, diesen einschneidend verschlechtert habe. Obwohl dieser nicht erkannte oder verschwiegene Operationsfehler den Grund seiner Erwerbsunfähigkeit darstelle, sei er der damaligen Patientenakte nicht zu entnehmen. Dies habe eine enorme psychische Belastung für ihn dargestellt und ihn dazu gezwungen, privat ein medizinisches Gutachten zu beantragen. Der Grund seiner massiven gesundheitlichen Beschwerden sei ihm nicht bekannt und laut der Aussage der Ärzte auch nicht nachvollziehbar gewesen. Die Feststellung der Erwerbsminderung habe ihn enorm viel Kraft gekostet. Unter diesen "äußeren", d. h. für ihn falschen Bedingungen, habe er dem Vergleich zugestimmt, da er sich nicht in der Lage gefühlt habe, den Sachverhalt eingehend zu prüfen. Der Begriff "Ausbildungszeiten" sei seines Erachtens ausschließlich für die Zeit der tatsächlichen, d.h. fachschulischen Ausbildungszeiten anzuwenden; so sei das verstanden und auf die Zeit vom 1. September 1965 bis 30. Juni 1968 bezogen worden. Vom 1. September 1965 bis 30. Juli 1968 habe er eine Fachschulausbildung als Elektriker durchgeführt, welche jedoch bei der Berechnung der Rente weder als Beitragszeiten noch als Anrechnungszeit berücksichtigt worden sei. Diese Ausbildung sei u. a. mit Arbeitsblocks verbunden gewesen und habe, wie es ihm bekannt sei, im maßgebenden Zeitraum der Versicherungspflicht unterlegen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 22. Oktober 2012 aufzuheben, festzustellen, dass die Verfahren S 2 RJ 1602/04 und S 6 R 101/12 nicht durch Vergleich vor dem Sozialgericht Mannheim beendet worden sind und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 31. März 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Mai 2004, des Bescheides vom 20. August 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2011 und des Bescheides vom 22. Juni 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. August 2012 zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze unter Berücksichtigung höherer Entgelte zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Im Rahmen eines Erörterungstermins am 12. Dezember 2012 beantragte der Kläger die Abhörung des Tonbandes des SG Mannheim und den Vergleich mit den von ihm gefertigten schriftlichen Aufzeichnungen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, der Akten des SG Mannheim (S 2 RJ 1602/04, S 6 R 2871/12, S 6 R 2817/12 und S 6 R 101/12) sowie der Berufungsakten des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die Berufung ist zulässig, denn sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 Abs. 1 SGG), und statthaft (§ 143 SGG), sie ist jedoch unbegründet.

Das Begehren des Klägers, die Verfahren des SG (S 2 RJ 1602/04 und S 6 R 101/12) fortzusetzen und nach seinem Klageantrag zu entscheiden, die Rente unter höherer Bewertung polnischer Versicherungszeiten neu festzustellen, bleibt ohne Erfolg. Nicht Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 4. November 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Dezember 2012. Das dortige Begehren, die gewährte Rente ohne Minderung des Zugangsfaktors zu bewilligen, war nicht Streitgegenstand des genannten Klageverfahrens.

Das SG hat zutreffend vor einer Entscheidung in der Sache geprüft, ob der ursprüngliche Rechtsstreit durch den Vergleich beendet wurde oder nicht. Wenn - wie hier - der Rechtsstreit beendet wurde, ist dies festzustellen und eine materielle Prüfung der geltend gemachten Leistungsansprüche ist ausgeschlossen (vgl. BSG, Urteil vom 28.11.2002 - B 7 AL 26/02 R - Juris). Der Senat schließt sich nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren der Entscheidung des SG uneingeschränkt an, sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Das SG hat zutreffend festgestellt, dass der Rechtsstreit S 2 RJ 1602/04, in dem die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung dem Grunde nach streitig war, durch außergerichtlichen Vergleich erledigt worden ist. Gemäß § 101 Abs.1 SGG können die Beteiligten, um den geltend gemachten Anspruch vollständig oder zum Teil zu erledigen, zur Niederschrift des Gerichts oder des Vorsitzenden oder des beauftragten oder ersuchten Richters einen Vergleich schließen, soweit sie über den Gegenstand der Klage verfügen können. Die Beklagte und der Bevollmächtigte des Klägers haben bezüglich der vom Kläger begehrten Rente wegen voller Erwerbsminderung zwar keinen gerichtlichen Vergleich geschlossen, da der Vergleich nicht zur Niederschrift des Gerichts geschlossen wurde, es liegt aber ein außergerichtlicher Vergleich vor. Das Vergleichsangebot der Beklagten wurde durch den Bevollmächtigten des Klägers schriftlich angenommen. Dieser außergerichtliche Vergleich bindet die Beteiligten materiell und beendet den Rechtsstreit zwar nicht unmittelbar, aber mittelbar deshalb, weil der Vergleich nicht nur eine Regelung in der Sache enthält, sondern auch die Erklärung, dass sich die Beteiligten einig sind, dass der Rechtsstreit damit in vollem Umfang erledigt ist. Diese Erledigungserklärung beendet den Rechtsstreit (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10.Auflage, § 101, Rdnr. 18). Der Vergleich wurde von dem wirksam bevollmächtigten Vertreter des Klägers geschlossen. Da auch nicht ersichtlich und im Übrigen vom Kläger nicht vorgetragen wird, dass der Vergleich nichtig sei oder dass wirksame Anfechtungsgründe gemäß § 116 ff. BGB vorliegen, bleibt der Rechtsstreit beendet. Allein die durch den Kläger zur Verfolgung seiner Rechte aufgewandten Kosten vermögen einen Anfechtungsgrund nicht zu begründen. Inwieweit der Kläger aus dem von ihm vorgetragenen Umstand, seiner Erkrankung liege ein ärztlicher Fehler zugrunde, welcher auch für die Ärzte der Rehabilitationseinrichtung erkennbar gewesen sei, einen Anfechtungsgrund herleiten will, bleibt unklar. Hinsichtlich der angesprochenen Kosten für die Erstattung eines Gutachtens nach § 109 SGG durch Dr. Rein verweist das SG zutreffend auf den Beschluss vom 21. Dezember 2006, mit dem die Kosten auf die Staatskasse übernommen wurden. Die Auszahlung des Kostenvorschusses an den Kläger ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens und war auch nicht Gegenstand des Vergleichs bzw. Anlass oder Bedingung für dessen Abschluss.

Auch der Rechtsstreit S 6 R 101/12 wurde wirksam durch Vergleich beendet. Die im Erörterungstermin vor dem SG am 12. Juni 2012 durch den Kläger abgegebene Erklärung, dass der Rechtsstreit im Übrigen erledigt sei (vgl. Ziffer 2 des Vergleiches) sowie die Genehmigung des Vergleichs, kann weder frei widerrufen noch entsprechend den bürgerlich-rechtlichen Vorschriften wegen Irrtums oder Drohung (§§ 119, 123 BGB) angefochten werden (vgl. Leitherer, a.a.O., § 101 Rdnr. 17a). Der Vergleich ist wirksam zustande gekommen. Vor dem mit der Sache befassten Gericht haben der Kläger und der Beklagte sich deckende Erklärungen abgegeben und eine zwischen den Beteiligten bestehende Ungewissheit durch gegenseitiges Nachgeben beseitigt (vgl. § 54 SGB X und § 779 BGB). Der Vergleich entspricht auch dem einschlägigen Prozessrecht. Die Erklärungen der Beteiligten wurden entsprechend § 101 Abs. 1 SGG in die Sitzungsniederschrift aufgenommen, vorgelesen und genehmigt (§ 122 SGG i.V.m. § 162 Abs. 1 Satz 1, § 160 Abs. 3 Ziff. 1 Zivilprozessordnung - ZPO). Dies wurde im Protokoll vermerkt (§ 162 Abs. 1 Satz 3 ZPO), das unterschrieben wurde (§ 163 ZPO). Die Zulässigkeit der Verwendung von Tonaufnahmegeräten zur vorläufigen Protokollaufzeichnung der wesentlichen Erklärungen der Beteiligten folgt aus § 122 SGG i. V. m. § 160a ZPO. Die Niederschrift ist nach der mündlichen Verhandlung unverzüglich erstellt worden (§ 160a Abs. 2 ZPO). Das Verfahren war bereits durch die Erklärungen in der mündlichen Verhandlung beendet, einer Feststellung des Zustandekommens und des Inhalts des Vergleichs durch Beschluss nach § 202 SGG i. V. m. § 278 Abs. 6 ZPO war nicht erforderlich. Diese Norm regelt lediglich die Form eines Vergleichsabschlusses im schriftlichen Verfahren, also gerade nicht einen Vergleich, der in der mündlichen Verhandlung protokolliert wurde.

Der Kläger hat den Vergleich auch nicht wirksam widerrufen. Der von den Beteiligten geschlossene Vergleich enthält keinen Widerrufsvorbehalt; ohne einen solchen ist der Widerruf aber rechtlich ausgeschlossen.

Der (materiell-rechtliche) Vergleichsvertrag wurde auch nicht in der Folgezeit unwirksam, insbesondere wurde er nicht wirksam angefochten. Es liegen keine Anfechtungsgründe nach §§ 119 ff BGB vor. Für den Vortrag des Klägers, er sei durch die Vorsitzende und den Beklagtenvertreter getäuscht worden, gibt es keinerlei Anhaltpunkte. In das Protokoll über die mündliche Verhandlung, dem nach § 202 SGG i. V. m. § 415 ZPO insoweit Beweiskraft zukommt, wurde allein der Hinweis der Vorsitzenden aufgenommen, dass die Zeit vom 1. August 1968 bis 25. September 1968 als nachgewiesene und nicht nur glaubhaft gemachte Zeit und damit ohne Kürzung auf fünf Sechstel zu berücksichtigen sei. Ob und inwieweit über weitere Zeiten gesprochen wurde, ist aus dem Protokoll nicht ersichtlich. Aus welchen Gründen der Kläger den Vergleich geschlossen hat, ist, nachdem keinerlei Anhaltspunkte für eine Täuschung des Klägers bestehen, unbeachtlich. Ein Motivirrtum genügt nicht als Anfechtungsgrund.

Die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme nach §§ 179, 180 SGG i. V. m. §§ 579, 580 ZPO (Nichtigkeits- bzw. Restitutionsklage) liegen nicht vor. Insoweit wird auf die Ausführungen des SG Bezug genommen.

Mit Bescheid vom 22. Juni 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. August 2012 hat die Beklagten den Vergleich vom 12. Juni 2012 umgesetzt, indem sie - wie im Vergleichswege vereinbart - die Zeit vom 1. August 1968 bis zum 25. September 1968 als nachgewiesene Zeit zu sechs Sechsteln berücksichtigt hat. Weitergehende Ansprüche kann der Kläger bei einem Ausführungsbescheid wie dem hier angefochtenen nicht geltend machen. Dieser enthält grundsätzlich keine Regelung im Sinne des § 31 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), soweit die Beklagte nur der eingegangenen Verpflichtung entspricht, was hier der Fall ist (BSG, Beschluss vom 18. September 2003 - B 9 V 82/02 B, LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. August 2008 - L 3 U 37/04-16 - jeweils zitiert nach Juris).

Da die Verfahren S 2 RJ 1602/04 und S 6 R 101/12 wirksam beendet worden sind, ist dem Senat eine inhaltliche Prüfung der vom Kläger geltend gemachten Ansprüche verwehrt.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Verfahrensausgang.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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