L 11 KR 5581/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KR 616/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 5581/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 09.11.2011 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Übernahme von Mehrkosten für Wassergymnastik.

Der 1949 geborene Kläger, Rentner ohne festen Wohnsitz, ist Mitglied der Beklagten. Mit ärztlicher Verordnung vom 19.06.2008 wurde ihm durch den Orthopäden H., O.-S., Funktionstraining für die Dauer von 12 Monaten als Trockengymnastik einmal wöchentlich verordnet. Mit Schreiben vom 05.09.2008, eingegangen bei der Beklagten am 08.09.2008 beantragte der Kläger die Übernahme der Mehrkosten für Wassergymnastik (1,50 EUR pro Übungsstunde), da die Rheuma-Liga in R. (Wohnort seines damaligen Zustellungsbevollmächtigten) nur Wassergymnastik anbiete. Mit Schreiben vom 12.10.2008, eingegangen bei der Beklagten am 15.10.2008, erhob der Kläger Widerspruch wegen Ablehnung der Übernahme der (Mehr)kosten für Wassergymnastik gegen einen Bescheid der Beklagten vom 12.09.2008, mit dem indes allein die Übernahme von Fahrtkosten und von Kosten für Akupunkturbehandlungen abgelehnt worden war.

Mit Schreiben vom 18.02.2009, eingegangen beim Sozialgericht (SG) Konstanz am 25.02.2009, erhob der Kläger Untätigkeitsklage wegen fehlender Bescheidung seines Widerspruchs vom 12.10.2008. Zur Frage seines Wohnorts zum Zeitpunkt der Klageerhebung verwies er auf eine Anmeldebestätigung der Stadt A., wonach er dort mit Datum vom 17.02.2009 gemeldet war.

Mit Bescheid vom 03.03.2009 lehnte die Beklagte den Antrag auf Übernahme der Mehrkosten für Wassergymnastik ab, da eine Rücksprache mit der Rheuma-Liga ergeben habe, dass Versicherte bei Inanspruchnahme der Wassergymnastik in R. keine Mehrkosten zu tragen hätten. Die Untätigkeitsklage wertete sie zugleich als Widerspruch gegen den Bescheid vom 03.03.2009 und wies diesen mit Widerspruchsbescheid vom 23.04.2009 zurück.

Klage gegen diesen Widerspruchsbescheid erhob der Kläger beim SG Osnabrück (S 2 KR 279/09), SG Hamburg (S 25 KR 282/09), SG Stade (S 1 KR 10/10) und SG Schleswig (S 5 KR 159/09).

Mit Gerichtsbescheid vom 09.11.2011 hat das SG Konstanz die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei unzulässig. Über den Antrag auf Übernahme der Mehrkosten für Wassergymnastik vom 05.09.2008 sei am 03.03.2009 und damit vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts (§ 88 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) entschieden worden. Werde zugunsten des Klägers sein erstes Schreiben an das Gericht nach Erlass des Bescheids vom 03.03.2009 als Widerspruch gewertet (eingegangen am 24.03.2009), habe auch keine Untätigkeit iSv § 88 Abs 2 SGG vorgelegen, da über den Widerspruch innerhalb von drei Monaten entschieden worden sei. Die Klage könne auch in der Sache keinen Erfolg haben. Sollten Mehrkosten entstanden sein, habe hierfür nicht die Beklagte aufzukommen, denn dem Kläger sei Funktionstraining in Form von Trockengymnastik verordnet worden. Im Übrigen sei er den Nachweis, dass ihm tatsächlich Mehrkosten entstanden seien, trotz Aufforderung des Gerichts schuldig geblieben.

Gegen den ihm am 25.11.2011 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 19.12.2011 eingelegte Berufung des Klägers, die er nicht weiter begründet hat.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 09.11.2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 03.03.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.04.2009 zu verurteilen, Mehrkosten für Wassergymnastik zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg, sie ist unzulässig.

Der Senat kann in der vorliegenden, unveränderten Besetzung entscheiden, weil das vom Bevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 14.02.2013 gestellte Ablehnungsgesuch, wenn nicht gar offensichtlich rechtsmissbräuchlich (vgl hierzu Bundessozialgericht (BSG) 29.03.2007, B 9a SB 18/06 B, SozR 4-1500 § 60 Nr 4), so aber jedenfalls offensichtlich unzulässig ist (BSG 28.05.2001, B 14 KG 3/01 B, juris). Denn der Bevollmächtigte des Klägers hat ausdrücklich pauschal den gesamten Spruchkörper abgelehnt, ohne konkrete Anhaltspunkte für eine Befangenheit sämtlicher Senatsmitglieder vorzubringen (BSG 19.01.2010, B 11 AL 13/09 C, SozR 4-1500 § 60 Nr 7). Eine Entscheidung über das Befangenheitsgesuch durch gesonderten Beschluss war daher nicht erforderlich (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl, § 60 RdNr 10e mwN).

Der Senat hat trotz Ausbleiben des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung verhandeln und entscheiden können, denn der ordnungsgemäß zum Termin geladene Kläger war in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden (§ 110 Abs 1 Satz 2 SGG). Dem mit Schreiben vom 03.02.2013 gestellten Antrag auf Aufhebung des Termins wegen eines Krankenhausaufenthalts des Klägers war nicht stattzugeben. Der Kläger wird im vorliegenden Verfahren - gemäß § 73 Abs 2 Satz 2 Nr 2 SGG wirksam - durch seinen Sohn vertreten, worauf sich dieser mit seinem Schreiben vom 03.02.2013 ausdrücklich bezogen hat. Mit Schreiben vom 14.02.2013 hat der Vorsitzende darauf hingewiesen, dass eine Wahrnehmung des Termins durch den Bevollmächtigten möglich ist, weshalb kein erheblicher Grund iSv § 202 SGG iVm § 227 Abs 1 Zivilprozessordnung für eine Terminsverlegung vorliegt. Es ist nicht ansatzweise ersichtlich, weshalb die persönliche Anwesenheit des Klägers im Termin unerlässlich sein sollte (BSG 05.03.2004, B 9 SB 40/03 B, juris), hierzu hat der Kläger auch nichts vorgetragen.

Nach § 158 Satz 1 SGG ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen, wenn sie nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Frist oder nicht schriftlich oder nicht in elektronischer Form oder nicht zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt worden ist. Die Berufung des Klägers ist mangels Erreichens der Beschwerdesumme unzulässig. Nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung im Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs 1 Satz 2 SGG).

Vorliegend begehrte der Kläger ursprünglich im Rahmen einer Untätigkeitsklage die Bescheidung seines Antrags bzw Widerspruchs wegen Übernahme der Mehrkosten für Wassergymnastik. In der Sache ging es um Mehrkosten in Höhe von 1,50 EUR pro Behandlungseinheit, bei einer Frequenz von einer Übungseinheit pro Woche und einer Verordnung für ein Jahr entspricht dies insgesamt Mehrkosten von 78 EUR. Von der Berufungsbeschränkung werden auch Untätigkeitsklagen erfasst, die - wie hier - auf den Erlass eines Verwaltungsakts gerichtet sind, der Geld-, Dienst- oder Sachleistungen betrifft, die einen Wert von 750 EUR nicht übersteigen (BSG 06.10.2011, B 9 SB 45/11 B, SozR 4-1500 § 144 Nr 7). Unabhängig davon, ob der Kläger in der Sache nach Erledigung der Untätigkeitsklage durch Bescheidung sein Begehren bei sinnvoller Auslegung in eine Anfechtungs- und Leistungsklage umgestellt hat (dazu Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl, § 88 RdNr 10b), ist somit der erforderliche Beschwerdewert nicht erreicht. Streitig sind auch nicht Leistungen für die Dauer von mehr als einem Jahr, da sich die Verordnung genau auf ein Jahr bezieht. Das SG hat in dem angefochtenen Gerichtsbescheid die Berufung auch nicht zugelassen. Insbesondere stellt die unrichtige Rechtsmittelbelehrung keine Zulassung der Berufung dar (BSG 30.01.1957, 1 RA 63/56, BSGE 4,261; BSG 02.06.2004, B 7 AL 10/04 B, juris). Eine Prüfung des klägerischen Begehrens in der Sache ist dem Senat somit verwehrt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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