Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
15
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 3 VS 11/08
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 VS 19/10
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Gemäß § 88 Abs. 3 SVG ist die zweitentscheidende Behörde (hier: Versorgungsverwaltung) an die Entscheidung der erstentscheidenden Behörde (hier: Bundeswehrverwaltung) gebunden. Diese Bindungswirkung gilt anabhängig davon, ob bei der Erstentscheidung die von § 88 Abs. 2 SVG vorgegebene Zuständigkeitsverteilung beachtet worden ist oder nicht.
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom
13. April 2010 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger gegen den Beklagten einen Anspruch auf nachdienstliche Versorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) hat.
Der Kläger leistete Wehrdienst von Juli 1977 bis Juni 1981. Er war unter anderem tätig als Fernsprecher und Lagerverwalter, teilweise auch als Funker und Kraftfahrer im Bereich von Raketenstellungen. Der Kläger geht davon aus, dass er dabei der Einwirkung von Radarstrahlen im Sinne von Hochfrequenzstrahlung ausgesetzt gewesen und dadurch zahlreiche Gesundheitsstörungen verursacht worden seien.
Bei einem ersten, im Juni 1984 eingeleiteten Verfahren wurden Wehrdienstbeschädigungsfolgen nicht anerkannt.
Einen erneuten Antrag des Klägers vom 18.07.2001 auf Anerkennung von diversen Gesundheitsstörungen als Folge einer dienstlichen Einwirkung von Radarstrahlen hat die Bundeswehrverwaltung mit Bescheid vom 21.02.2002 abgelehnt; der Kläger sei in seinen dienstlichen Verwendungen keinen Röntgenstrahlen ausgesetzt gewesen, die zu einer gesundheitlichen Schädigung hätten führen können.
Mit Bescheid vom 13.05.2002 lehnte es der Beklagte ab, Beschädigtenversorgung zu leisten. Die Versorgungsverwaltung sei an die Entscheidung der Bundeswehrverwaltung gemäß § 88 Abs. 3 SVG gebunden; Anhaltspunkte für ein Abweichen von dieser Entscheidung seien nicht ersichtlich.
Den gegen den Bescheid der Bundeswehrverwaltung vom 21.02.2002 erhobenen Widerspruch wies diese mit Widerspruchsbescheid vom 02.04.2004 zurück. Der dagegen beschrittene Weg zur Sozialgerichtsbarkeit führte zu keinem Erfolg des Klägers. Das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 20.04.2007, Az.: S 3 VS 3/04, wurde durch Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 10.06.2008, Az.: L 15 VS 19/07, bestätigt. Die vom Bayerischen Landessozialgericht beauftragte Gutachterin war zu dem Ergebnis gekommen, dass die vom Kläger angegebenen Gesundheitsstörungen, die teilweise während, teilweise nach dem Wehrdienst aufgetreten seien, nicht auf Einflüsse der Tätigkeit bei der Bundeswehr zurückzuführen seien. Mit Beschluss vom 11.09.2008, Az ... B 9 VS 4/08 B, lehnte es das Bundessozialgericht wegen mangelnder Erfolgsaussichten ab, dem Kläger für seine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision Prozesskostenhilfe zu gewähren; die Beschwerde wurde als unzulässig verworfen. Der Beklagte war im sozialgerichtlichen Verfahren beigeladen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 01.08.2008 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 13.05.2002 als unbegründet zurück und berief sich dabei auf die Bindungswirkung gemäß § 88 Abs. 3 SVG; es sei nicht ersichtlich, dass die Bundeswehrverwaltung bei ihrer Entscheidung das Recht unrichtig angewandt habe oder von einem falschen Sachverhalt ausgegangen sei.
Am 01.09.2008 hat der Kläger dagegen Klage erhoben; begründet worden ist die Klage nicht.
Mit Urteil vom 13.04.2010 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Ein Anspruch des Klägers auf nachdienstliche Versorgung nach dem SVG wegen der behaupteten Folgen von Radarstrahlung bestehe nicht, weil die Einwirkung von Radarstrahlungen nicht bewiesen und Folgen der Radarstrahlung nicht wenigstens wahrscheinlich seien, wie bereits rechtskräftig im Verfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland entschieden worden sei. Dem Gericht sei eine erneute inhaltliche Prüfung nicht möglich, da es an das rechtskräftige sozialgerichtliche Urteil im Verfahren gegen die Bundeswehrverwaltung gebunden sei. Neue Tatsachen oder Beweismittel habe der Kläger nicht vorgebracht.
Dagegen hat der anwaltlich vertretene Kläger Berufung eingelegt. Entgegen der Annahme des Sozialgerichts seien die Einwirkung und die Folgen der Radarstrahlung wahrscheinlich. Zu Unrecht meine das Gericht, wegen des rechtskräftig gewordenen Urteils gegen die Bundeswehrverwaltung an einer erneuten Prüfung in der Sache gehindert zu sein. Weiterer Sachvortrag ist trotz entsprechender Ankündigung nicht erfolgt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 13.04.2010 abzuändern, den Bescheid des Beklagten vom 13.05.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.08.2008 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger Versorgung wegen Radarschäden zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
Im Erörterungstermin vom 13.12.2011 ist der Sachverhalt mit dem Kläger eingehend besprochen worden.
Der Senat hat die Akten des Beklagten, des Beigeladenen, des Sozialgerichts Regensburg zu den Az. S 3 VS 11/08, S 3 VS 3/04 und S 5 U 313/02 und des Bayerischen Landessozialgerichts zu den Az. L 15 VS 19/07 und L 10 V 105/89.SVG beigezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Berufungsakte und der beigezogenen Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden können, da die Beteiligten dazu im Erörterungstermin vom 13.12.2011 ihr Einverständnis erklärt haben.
Der Beklagte hat es mit Bescheid vom 13.05.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.08.2008 zu Recht abgelehnt, Folgen einer Wehrdienstbeschädigung anzuerkennen und dem Kläger nachdienstliche Versorgung zu leisten. Er ist an die vorhergehende ablehnende Entscheidung der Bundeswehrverwaltung gebunden.
Mit gerichtlich in allen drei Instanzen bis hin zum Bundessozialgericht bestätigtem Bescheid vom 21.02.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.04.2004 hat es die Bundeswehrverwaltung abgelehnt, die vom Kläger geltend gemachten gesundheitlichen Störungen als Folgen einer Wehrdienstbeschädigung anzuerkennen. Dieser Bescheid der Bundeswehrverwaltung und die bestätigende rechtskräftige gerichtliche Entscheidung sind für den Beklagten als Versorgungsverwaltung gemäß § 88 Abs. 3 Satz 1 SVG verbindlich. Durch diese Bindungswirkung wird die im öffentlichen Interesse notwendige Einheitlichkeit von Entscheidungen der jeweils befassten Behörden und Gerichte gewährleistet; divergierende Entscheidungen werden so vermieden (vgl. Sailer, in: Wilke, Soziales Entschädigungsrecht, 7. Aufl. 1992, § 88 SVG, Rdnr. 3; Lilienfeld, in: Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 1. Aufl. 2012, § 88 SVG, Rdnr. 10). Die Versorgungsverwaltung als zweitentscheidende Behörde darf von der vorangegangenen Behördenentscheidung nach rechtskräftiger Entscheidung eines Gerichts der Sozialgerichtsbarkeit gemäß § 88 Abs. 3 Sätze 2 und 3 SVG nur unter den Voraussetzungen der §§ 44 oder 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) abweichen. Gründe für ein Abweichen liegen aber nicht vor. Es ist weder etwas ersichtlich noch hat der Kläger etwas vorgetragen, was Anlass geben könnte, an eine abweichende Entscheidung zu denken. Vielmehr hat er nur - wie schon im gerichtlichen Verfahren gegen die Bundeswehrverwaltung - ausgeführt, dass "die Einwirkung von Radarstrahlung und die Folgen der Radarstrahlung wahrscheinlich" seien. Darin erschöpft sich der gesamte zur Sache ergangene Vortrag des Klägers im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren. Irgendetwas Neues ist mit dieser unbegründeten und durch die Feststellungen im Verfahren gegen die Bundeswehrverwaltung widerlegten Behauptung nicht verbunden. Damit verbleibt es bei der Bindungswirkung des gerichtlich bestätigten Bescheids der Bundeswehrverwaltung. Weitere Erkrankungen, über die die Bundeswehrverwaltung noch nicht entschieden hätte und die eine Entscheidung des Beklagten erforderlich machen würden, liegen nicht vor.
Ob eine Zuständigkeit der Bundeswehrverwaltung hinsichtlich aller geltend gemachten Gesundheitsstörungen bestanden hat, was mit Blick auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 29.04.2010, Az.: B 9 VS 2/09 R, zweifelhaft erscheint, ist nicht entscheidungserheblich. Denn die in § 88 Abs. 3 SVG begründete Bindungswirkung gilt unabhängig davon, ob bei der Erstentscheidung, die Bindungswirkung entfaltet, die von § 88 Abs. 2 SVG vorgegebene Zuständigkeitsverteilung beachtet worden ist oder nicht (vgl. Lilienfeld, a.a.O., § 88 SVG, Rdnr. 10). Im Sinne der nicht nur im öffentlichen, sondern auch im Interesse der Beteiligten liegenden gebotenen Einheitlichkeit der Entscheidungen hat eine potentielle Verletzung der in § 88 Abs. 2 SVG vorgegebenen Zuständigkeitsverteilung zwischen den dort genannten Behörden, die keinen besonders schwerwiegenden Fehler im Sinne des § 40 Abs. 1 SGB X mit der Folge der Nichtigkeit darstellen kann, da keine absolute sachliche Unzuständigkeit ohne jeden Bezug zum Aufgabengebiet besteht (vgl. Roos, in: von Wulffen, SGB X, 7. Aufl. 2010, § 40, Rdnr. 9), bei der Feststellung der Bindungswirkung des § 88 Abs. 3 SVG als unbeachtlich zurückzustehen. Der vom Gesetzgeber vorgesehenen Zuständigkeitsverteilung auf vorrangig und nachrangig zuständige Behörden, wobei die Reihenfolge wechseln kann, liegt zugrunde, dass bei Manifestierung der Gesundheitsstörung schon während der Zeit des Wehrdienstes regelmäßig auch ein Versorgungsanspruch gegen die Bundeswehr in Betracht kommt, bei einer erst nach dem Wehrdienst aufgetretenen Schädigung hingegen nur ein nachdienstlicher, gegen den Träger der Versorgungsverwaltung gerichteter Versorgungsanspruch. Die Behörde, die für den Versorgungsanspruch zuständig ist, soll die Entscheidung auch zu den Schädigungsfolgen treffen; kommen zwei zeitlich aufeinander folgende Versorgungsansprüche in Betracht, ist die für den zeitlich als erstes in Betracht kommenden Anspruch zuständige Behörde für die Erstentscheidung zuständig. Dies zeigt einerseits, dass abhängig vom zeitlichem Auftreten der Gesundheitsschädigung die Behördenzuständigkeit unterschiedlich ist. Dies belegt aber auch, dass beide Behörden annähernd gleich sachnah sind und der Gesetzgeber beiden Behörden eine gleichwertige Entscheidungskompetenz zumisst. Daher führt ein etwaiger Verstoß gegen die Zuständigkeitsregelung nicht dazu, dass eine völlig unzuständige und damit sachferne Behörde entscheidet, was auch in der Qualität der sachlichen Entscheidung seinen Niederschlag finden würde. Vielmehr führt ein Verstoß gegen die Zuständigkeitsverteilung nur zu einer Vertauschung der Reihenfolge bei vor- und nachrangiger Zuständigkeit, ohne dass ein Qualitätsverlust bei der Entscheidung und damit eine Belastung des Adressaten des Verwaltungsakts durch die fehlende sachliche Kompetenz der Behörde zu befürchten wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
13. April 2010 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger gegen den Beklagten einen Anspruch auf nachdienstliche Versorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) hat.
Der Kläger leistete Wehrdienst von Juli 1977 bis Juni 1981. Er war unter anderem tätig als Fernsprecher und Lagerverwalter, teilweise auch als Funker und Kraftfahrer im Bereich von Raketenstellungen. Der Kläger geht davon aus, dass er dabei der Einwirkung von Radarstrahlen im Sinne von Hochfrequenzstrahlung ausgesetzt gewesen und dadurch zahlreiche Gesundheitsstörungen verursacht worden seien.
Bei einem ersten, im Juni 1984 eingeleiteten Verfahren wurden Wehrdienstbeschädigungsfolgen nicht anerkannt.
Einen erneuten Antrag des Klägers vom 18.07.2001 auf Anerkennung von diversen Gesundheitsstörungen als Folge einer dienstlichen Einwirkung von Radarstrahlen hat die Bundeswehrverwaltung mit Bescheid vom 21.02.2002 abgelehnt; der Kläger sei in seinen dienstlichen Verwendungen keinen Röntgenstrahlen ausgesetzt gewesen, die zu einer gesundheitlichen Schädigung hätten führen können.
Mit Bescheid vom 13.05.2002 lehnte es der Beklagte ab, Beschädigtenversorgung zu leisten. Die Versorgungsverwaltung sei an die Entscheidung der Bundeswehrverwaltung gemäß § 88 Abs. 3 SVG gebunden; Anhaltspunkte für ein Abweichen von dieser Entscheidung seien nicht ersichtlich.
Den gegen den Bescheid der Bundeswehrverwaltung vom 21.02.2002 erhobenen Widerspruch wies diese mit Widerspruchsbescheid vom 02.04.2004 zurück. Der dagegen beschrittene Weg zur Sozialgerichtsbarkeit führte zu keinem Erfolg des Klägers. Das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 20.04.2007, Az.: S 3 VS 3/04, wurde durch Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 10.06.2008, Az.: L 15 VS 19/07, bestätigt. Die vom Bayerischen Landessozialgericht beauftragte Gutachterin war zu dem Ergebnis gekommen, dass die vom Kläger angegebenen Gesundheitsstörungen, die teilweise während, teilweise nach dem Wehrdienst aufgetreten seien, nicht auf Einflüsse der Tätigkeit bei der Bundeswehr zurückzuführen seien. Mit Beschluss vom 11.09.2008, Az ... B 9 VS 4/08 B, lehnte es das Bundessozialgericht wegen mangelnder Erfolgsaussichten ab, dem Kläger für seine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision Prozesskostenhilfe zu gewähren; die Beschwerde wurde als unzulässig verworfen. Der Beklagte war im sozialgerichtlichen Verfahren beigeladen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 01.08.2008 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 13.05.2002 als unbegründet zurück und berief sich dabei auf die Bindungswirkung gemäß § 88 Abs. 3 SVG; es sei nicht ersichtlich, dass die Bundeswehrverwaltung bei ihrer Entscheidung das Recht unrichtig angewandt habe oder von einem falschen Sachverhalt ausgegangen sei.
Am 01.09.2008 hat der Kläger dagegen Klage erhoben; begründet worden ist die Klage nicht.
Mit Urteil vom 13.04.2010 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Ein Anspruch des Klägers auf nachdienstliche Versorgung nach dem SVG wegen der behaupteten Folgen von Radarstrahlung bestehe nicht, weil die Einwirkung von Radarstrahlungen nicht bewiesen und Folgen der Radarstrahlung nicht wenigstens wahrscheinlich seien, wie bereits rechtskräftig im Verfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland entschieden worden sei. Dem Gericht sei eine erneute inhaltliche Prüfung nicht möglich, da es an das rechtskräftige sozialgerichtliche Urteil im Verfahren gegen die Bundeswehrverwaltung gebunden sei. Neue Tatsachen oder Beweismittel habe der Kläger nicht vorgebracht.
Dagegen hat der anwaltlich vertretene Kläger Berufung eingelegt. Entgegen der Annahme des Sozialgerichts seien die Einwirkung und die Folgen der Radarstrahlung wahrscheinlich. Zu Unrecht meine das Gericht, wegen des rechtskräftig gewordenen Urteils gegen die Bundeswehrverwaltung an einer erneuten Prüfung in der Sache gehindert zu sein. Weiterer Sachvortrag ist trotz entsprechender Ankündigung nicht erfolgt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 13.04.2010 abzuändern, den Bescheid des Beklagten vom 13.05.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.08.2008 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger Versorgung wegen Radarschäden zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
Im Erörterungstermin vom 13.12.2011 ist der Sachverhalt mit dem Kläger eingehend besprochen worden.
Der Senat hat die Akten des Beklagten, des Beigeladenen, des Sozialgerichts Regensburg zu den Az. S 3 VS 11/08, S 3 VS 3/04 und S 5 U 313/02 und des Bayerischen Landessozialgerichts zu den Az. L 15 VS 19/07 und L 10 V 105/89.SVG beigezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Berufungsakte und der beigezogenen Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden können, da die Beteiligten dazu im Erörterungstermin vom 13.12.2011 ihr Einverständnis erklärt haben.
Der Beklagte hat es mit Bescheid vom 13.05.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.08.2008 zu Recht abgelehnt, Folgen einer Wehrdienstbeschädigung anzuerkennen und dem Kläger nachdienstliche Versorgung zu leisten. Er ist an die vorhergehende ablehnende Entscheidung der Bundeswehrverwaltung gebunden.
Mit gerichtlich in allen drei Instanzen bis hin zum Bundessozialgericht bestätigtem Bescheid vom 21.02.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.04.2004 hat es die Bundeswehrverwaltung abgelehnt, die vom Kläger geltend gemachten gesundheitlichen Störungen als Folgen einer Wehrdienstbeschädigung anzuerkennen. Dieser Bescheid der Bundeswehrverwaltung und die bestätigende rechtskräftige gerichtliche Entscheidung sind für den Beklagten als Versorgungsverwaltung gemäß § 88 Abs. 3 Satz 1 SVG verbindlich. Durch diese Bindungswirkung wird die im öffentlichen Interesse notwendige Einheitlichkeit von Entscheidungen der jeweils befassten Behörden und Gerichte gewährleistet; divergierende Entscheidungen werden so vermieden (vgl. Sailer, in: Wilke, Soziales Entschädigungsrecht, 7. Aufl. 1992, § 88 SVG, Rdnr. 3; Lilienfeld, in: Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 1. Aufl. 2012, § 88 SVG, Rdnr. 10). Die Versorgungsverwaltung als zweitentscheidende Behörde darf von der vorangegangenen Behördenentscheidung nach rechtskräftiger Entscheidung eines Gerichts der Sozialgerichtsbarkeit gemäß § 88 Abs. 3 Sätze 2 und 3 SVG nur unter den Voraussetzungen der §§ 44 oder 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) abweichen. Gründe für ein Abweichen liegen aber nicht vor. Es ist weder etwas ersichtlich noch hat der Kläger etwas vorgetragen, was Anlass geben könnte, an eine abweichende Entscheidung zu denken. Vielmehr hat er nur - wie schon im gerichtlichen Verfahren gegen die Bundeswehrverwaltung - ausgeführt, dass "die Einwirkung von Radarstrahlung und die Folgen der Radarstrahlung wahrscheinlich" seien. Darin erschöpft sich der gesamte zur Sache ergangene Vortrag des Klägers im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren. Irgendetwas Neues ist mit dieser unbegründeten und durch die Feststellungen im Verfahren gegen die Bundeswehrverwaltung widerlegten Behauptung nicht verbunden. Damit verbleibt es bei der Bindungswirkung des gerichtlich bestätigten Bescheids der Bundeswehrverwaltung. Weitere Erkrankungen, über die die Bundeswehrverwaltung noch nicht entschieden hätte und die eine Entscheidung des Beklagten erforderlich machen würden, liegen nicht vor.
Ob eine Zuständigkeit der Bundeswehrverwaltung hinsichtlich aller geltend gemachten Gesundheitsstörungen bestanden hat, was mit Blick auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 29.04.2010, Az.: B 9 VS 2/09 R, zweifelhaft erscheint, ist nicht entscheidungserheblich. Denn die in § 88 Abs. 3 SVG begründete Bindungswirkung gilt unabhängig davon, ob bei der Erstentscheidung, die Bindungswirkung entfaltet, die von § 88 Abs. 2 SVG vorgegebene Zuständigkeitsverteilung beachtet worden ist oder nicht (vgl. Lilienfeld, a.a.O., § 88 SVG, Rdnr. 10). Im Sinne der nicht nur im öffentlichen, sondern auch im Interesse der Beteiligten liegenden gebotenen Einheitlichkeit der Entscheidungen hat eine potentielle Verletzung der in § 88 Abs. 2 SVG vorgegebenen Zuständigkeitsverteilung zwischen den dort genannten Behörden, die keinen besonders schwerwiegenden Fehler im Sinne des § 40 Abs. 1 SGB X mit der Folge der Nichtigkeit darstellen kann, da keine absolute sachliche Unzuständigkeit ohne jeden Bezug zum Aufgabengebiet besteht (vgl. Roos, in: von Wulffen, SGB X, 7. Aufl. 2010, § 40, Rdnr. 9), bei der Feststellung der Bindungswirkung des § 88 Abs. 3 SVG als unbeachtlich zurückzustehen. Der vom Gesetzgeber vorgesehenen Zuständigkeitsverteilung auf vorrangig und nachrangig zuständige Behörden, wobei die Reihenfolge wechseln kann, liegt zugrunde, dass bei Manifestierung der Gesundheitsstörung schon während der Zeit des Wehrdienstes regelmäßig auch ein Versorgungsanspruch gegen die Bundeswehr in Betracht kommt, bei einer erst nach dem Wehrdienst aufgetretenen Schädigung hingegen nur ein nachdienstlicher, gegen den Träger der Versorgungsverwaltung gerichteter Versorgungsanspruch. Die Behörde, die für den Versorgungsanspruch zuständig ist, soll die Entscheidung auch zu den Schädigungsfolgen treffen; kommen zwei zeitlich aufeinander folgende Versorgungsansprüche in Betracht, ist die für den zeitlich als erstes in Betracht kommenden Anspruch zuständige Behörde für die Erstentscheidung zuständig. Dies zeigt einerseits, dass abhängig vom zeitlichem Auftreten der Gesundheitsschädigung die Behördenzuständigkeit unterschiedlich ist. Dies belegt aber auch, dass beide Behörden annähernd gleich sachnah sind und der Gesetzgeber beiden Behörden eine gleichwertige Entscheidungskompetenz zumisst. Daher führt ein etwaiger Verstoß gegen die Zuständigkeitsregelung nicht dazu, dass eine völlig unzuständige und damit sachferne Behörde entscheidet, was auch in der Qualität der sachlichen Entscheidung seinen Niederschlag finden würde. Vielmehr führt ein Verstoß gegen die Zuständigkeitsverteilung nur zu einer Vertauschung der Reihenfolge bei vor- und nachrangiger Zuständigkeit, ohne dass ein Qualitätsverlust bei der Entscheidung und damit eine Belastung des Adressaten des Verwaltungsakts durch die fehlende sachliche Kompetenz der Behörde zu befürchten wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
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