L 11 KR 1768/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 26 KR 5688/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 1768/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26.03.2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Gewährung von Krankengeld (Krg) für die Zeit ab 07.07.2011.

Die 1953 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. Zuletzt war sie 2009 als Montagearbeiterin versicherungspflichtig beschäftigt. Bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 30.03.2011 bezog sie Arbeitslosengeld, anschließend von der Beklagten Krg für die Zeit vom 31.03. bis 14.06.2011. Vom 15.06. bis 06.07.2011 absolvierte die Klägerin eine von der Rentenversicherung getragene stationäre Rehabilitationsmaßnahme in der Reha-Klinik Ü. in I ... Aus dem Heilverfahren wurde die Klägerin mit den Diagnosen chronisch rezidivierendes Wirbelsäulensyndrom bei relativer muskulärer Insuffizienz, statischer Überlastung und Dekonditionierung, metabolisches Syndrom und gemischte neurasthenische und Angststörung arbeitsfähig für die Vermittlung durch die Agentur für Arbeit entlassen.

Am 07.07.2011 suchte die Klägerin ihren Hausarzt Dr K. auf, welcher ihr riet, zur Arbeitsagentur zu gehen. Dort stellte sich die Klägerin noch am gleichen Tag vor mit der Angabe, weiterhin arbeitsunfähig zu sein. Von der Arbeitsagentur erhielt sie daraufhin den Hinweis, sich dort wieder zu melden, sobald sie wieder arbeitsfähig sei. Am 08.07.2011 suchte die Klägerin erneut Dr K. auf, welcher für die Zeit vom 07. bis 15.07.2012 eine Arbeitsunfähigkeits-Erstbescheinigung mit der Diagnose LWS-Syndrom ausstellte. In der Folgezeit stellte Dr K. durchgehend Folgebescheinigungen bis 19.08.2011 aus, im weiteren Verlauf liegen nach Aktenlage nicht durchgehend Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor.

Mit Bescheid vom 11.07.2011 lehnte die Beklagte die Gewährung von Krg ab. Am Tag nach ärztlicher Feststellung der Arbeitsunfähigkeit (AU), dem 09.07.2011 bestehe keine Versicherung mit Anspruch auf Krg mehr. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12.09.2011 zurück.

Hiergegen richtet sich die am 04.10.2011 zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobene Klage. Die Klägerin bestreite, dass sie bei Entlassung aus der Reha-Maßnahme arbeitsfähig gewesen sei. Dr. K. habe zutreffend Arbeitsunfähigkeit attestiert. Im Ergebnis bestehe somit durchgehende AU im Zeitpunkt der Beendigung der Reha-Maßnahme und nahtlos darüber hinaus.

Mit Urteil vom 26.03.2012 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, ein Krg-Anspruch bestehe über den 06.07.2011 hinaus nicht. Der Versicherungsschutz der Klägerin in der gesetzlichen Krankenversicherung im Rahmen des Bezugs von Arbeitslosengeld habe am 30.03.2011 geendet. Die AU der Klägerin sei erstmals am 21.02.2011 festgestellt worden, sodass der Anspruch auf Krg ab dem 22.02.2011 bestanden, während des Bezugs von Arbeitslosengeld jedoch geruht habe. Nach dem Ende des Arbeitslosengeldbezugs ab dem 31.03.2011 sei die Klägerin nach § 192 Abs 1 Nr 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) versichert gewesen, wonach die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger so lange erhalten bleibe, wie ein Anspruch auf Krg bestehe. Während der Rehabilitationsmaßnahme habe die Klägerin Übergangsgeld bezogen, wodurch sie nach § 192 Abs 1 Nr 3 SGB V versichert gewesen sei. Mit der Entlassung aus der Rehabilitation am 06.07.2011 habe auch der Bezug von Übergangsgeld und mithin die Mitgliedschaft im Rahmen des § 192 Abs 1 Nr 3 SGB V geendet. Nach diesem Zeitpunkt richte sich der Krankenversicherungsschutz der Klägerin nach der über den Ehemann bestehenden Familienversicherung. Erneut festgestellt worden sei die AU am 08.07.2011, sodass der Anspruch auf Krg am Tag nach der ärztlichen Feststellung am 09.07.2011 entstehe. Zum Zeitpunkt der Feststellung der AU sei die Klägerin familienversichert gewesen, Familienversicherte hätten indes keinen Anspruch auf Krg. Unerheblich sei, dass die Klägerin eine durchgehende AU geltend mache. Die zuletzt festgestellte AU sei befristet bis 24.06.2011 gewesen. Aus der Rehabilitationsmaßnahme sei die Klägerin arbeitsfähig entlassen worden, weshalb die Mitgliedschaft der Klägerin mit der Möglichkeit des Bezugs von Krg bzw Übergangsgeld mit Entlassung aus der Rehabilitation geendet habe. Eine rückwirkende Entstehung des Krg-Anspruches bei verspäteter ärztlicher Feststellung sei selbst dann ausgeschlossen, wenn die AU zweifelsfrei ununterbrochen bestanden habe und den Versicherten keinerlei Verschulden an der unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen ärztlichen Feststellung treffe.

Hiergegen richtet sich die am 26.04.2012 eingelegte Berufung der Klägerin. Sie macht weiterhin geltend, auch im Entlasszeitraum aus der Reha durchgehend arbeitsunfähig gewesen zu sein; sie habe nach wie vor an starken Schmerzen im LWS-Bereich gelitten. Der Arzt, welcher den Entlassbericht erstellt habe, habe sie nicht richtig untersucht. Über die Dauer der Reha sei es ihr sogar noch schlechter gegangen. Am 06.07.2011 sei es ihr aus zeitlichen Gründen nicht mehr möglich gewesen, Dr K. aufzusuchen. Am 07.07. sei sie gleich vormittags dort gewesen, allerdings von Dr K. dann zum Arbeitsamt geschickt worden. Am selben Tag habe sie Dr K. nicht mehr aufsuchen können, da dieser nachmittags seine Praxis geschlossen gehabt habe. Die Klägerin frage sich, was sie anders hätte machen sollen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26.03.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 11.07.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.09.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Krankengeld ab 07.07.2011 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und verweist nochmals darauf, dass bei Entstehung des Krg-Anspruchs am 09.07.2011 keine Versicherung mit Krg-Anspruch mehr vorliege.

Der Senat hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung von Dr K. als sachverständiger Zeuge. Er hat ausgeführt, dass am 07.07.2011 seines Erachtens nach keine Fähigkeit der Klägerin bestanden habe, auch leichte körperliche Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig zu verrichten. Die AU-Bescheinigung habe er am 08.07.2011 rückwirkend vom 07.07. bis zunächst 15.07.2011 wegen LWS-Syndrom ausgestellt. Zunächst sei er am 07.07.2011 der Meinung gewesen, der Reha-Aufenthalt sei tragfähig genug für eine zu erwartende Arbeitsbelastung.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

Die gemäß §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 11.07.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.09.2011 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Krg für die Zeit ab 07.07.2011.

Rechtsgrundlage des Anspruchs auf Krg sind die §§ 44 ff SGB V. Nach § 44 Abs 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krg, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär behandelt werden. Der Anspruch auf Krg entsteht bei Krankenhausbehandlung oder Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung von ihrem Beginn an, im Übrigen von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt (§ 46 Satz 1 SGB V). Grundsätzlich setzt daher der Anspruch auf Krg die vorherige ärztliche Feststellung der AU voraus. Dem Attest des behandelnden Arztes mit der Feststellung der AU kommt lediglich die Bedeutung einer gutachtlichen Stellungnahme zu, welche die Grundlage für den über den Krg-Bezug zu erteilenden Verwaltungsakt der Krankenkasse bildet, ohne dass Krankenkasse und Gerichte an den Inhalt der ärztlichen Bescheinigung gebunden sind (BSG 08.11.2005, B 1 KR 18/04 R, SozR 4-2500 § 44 Nr 7). Vorliegend käme daher allenfalls ein Krg-Anspruch ab dem 09.07.2011 - und nicht wie beantragt bereits ab 07.07.2011 - in Betracht. Denn erst am 08.07.2011 wurde AU durch Dr. K. bescheinigt. Die Voraussetzungen eines Krg-Anspruchs, also nicht nur die AU, sondern auch die ärztliche Feststellung der AU, müssen bei zeitlich befristeter AU-Feststellung und dementsprechender Krg-Gewährung für jeden Bewilligungsabschnitt jeweils erneut vorliegen (BSG 26.06.2007, B 1 KR 8/07 R, SozR 4-2500 § 44 Nr 12). Zudem muss der Versicherte die AU und deren Fortdauer grundsätzlich rechtzeitig ärztlich feststellen lassen und seiner Krankenkasse gemäß § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V melden (BSG 08.11.2005, B 1 KR 30/04 R, SozR 4-2500 § 46 Nr 1).

Versicherte erhalten Krg ohne zeitliche Begrenzung, für den Fall der AU wegen derselben Krankheit, jedoch längstens 78 Wochen innerhalb von drei Jahren, gerechnet vom Tag des Beginns der AU an (§ 48 Abs 1 Satz 1 SGB V). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bestimmt allein das bei Entstehen eines Krg-Anspruchs bestehende Versicherungsverhältnis, wer in welchem Umfang als Versicherter Anspruch auf Krg hat (BSG 05.05.2009, B 1 KR 20/08 R, SozR 4-2500 § 192 Nr 4; BSG 02.11.2007, B 1 KR 38/06 R, SozR 4-2500 § 44 Nr 14). Die Versicherungsverhältnisse, die die Gewährung von Krankengeld nicht einschließen, sind in § 44 Abs 2 SGB V aufgeführt. Danach können insbesondere gemäß § 10 SGB V Familienversicherte Krg nicht beanspruchen (§ 44 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB V). Am 09.07.2011 war die Klägerin nur im Rahmen einer Familienversicherung nach § 10 SGB V bei der Beklagten versichert, weshalb sie keinen Anspruch auf Krg hat.

Bis 30.03.2011 war die Klägerin im Rahmen des Bezugs von Arbeitslosengeld versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten gemäß § 5 Abs 1 Nr 2 SGB V. Nach § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V bleibt die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger erhalten, solange ein Anspruch auf Krg besteht oder diese Leistung in Anspruch genommen wird. Entsprechend blieb die Mitgliedschaft der Klägerin wegen des Krankengeldbezugs nach § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V für die Zeit vom 31.03. bis 14.06.2011 erhalten sowie während des Bezugs von Übergangsgeld in der Zeit vom 15.06. bis 06.07.2011 nach § 192 Abs 1 Nr 3 SGB V. Mit der Entlassung aus der Rehabilitation endete auch der Bezug von Übergangsgeld und damit die Mitgliedschaft im Rahmen des § 192 Abs 1 Nr 3 SGB V, sodass sich der Krankenversicherungsschutz der Klägerin nach diesem Zeitpunkt nach § 10 Abs 1 SGB V richtet.

Es liegt auch kein Fall vor, bei dem aufgrund einer Fehlbeurteilung der AU durch den behandelnden Arzt oder den MDK eine Ausnahme von der wortgetreuen Auslegung des § 46 Satz 1 Nr 2 SGB V und des § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V gerechtfertigt wäre. Beide Regelungen sind grundsätzlich strikt zu handhaben, denn mit dem Erfordernis vorgeschalteter ärztlich festzustellender AU sollen beim Krg Missbrauch und praktische Schwierigkeiten vermieden werden (BSG 18.03.1966, 3 RK 58/62, BSGE 24, 278 = SozR Nr 16 zu § 182 RVO). Nur in engen Grenzen hat die Rechtsprechung des BSG Ausnahmen hierzu anerkannt, wenn die ärztliche Feststellung oder die Meldung der AU durch Umstände verhindert oder verzögert worden sind, die dem Verantwortungsbereich der Krankenkasse zuzurechnen sind (BSG 08.11.2005, B 1 KR 30/04 R, SozR 4-2500 § 46 Nr 1 mwN). Hat der Versicherte (1.) alles in seiner Macht stehende und ihm zumutbare getan, um seine Ansprüche zu wahren, wurde er (2.) daran aber durch eine von der Krankenkasse zu vertretende Fehlentscheidung gehindert (zB durch die Fehlbeurteilung der Arbeitsunfähigkeit des Vertragsarztes und des MDK), und macht er (3.) - zusätzlich - seine Rechte bei der Kasse unverzüglich (spätestens innerhalb der zeitlichen Grenzen des § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V) nach Erlangung der Kenntnis von dem Fehler geltend, kann er sich auf den Mangel auch zu einem späteren Zeitpunkt berufen (BSG 08.11.2005 aaO).

Eine derartige Konstellation liegt hier nicht vor. Es ist schon nicht ersichtlich, dass die Entlassung aus der Reha-Maßnahme als arbeitsfähig eine objektive Fehlbeurteilung darstellen könnte und die Klägerin in der Ü.-Klinik in I. insoweit irrtümlich "gesund geschrieben" worden wäre. Die Beurteilung als arbeitsfähig für leichte Tätigkeiten ist nach den gesamten Ausführungen im Entlassungsbericht vom 11.07.2011 ohne Weiteres schlüssig und nachvollziehbar. So bestanden bei der Klägerin zu Beginn der Reha-Maßnahme eklatante Defizite der wichtigsten rumpfführenden Muskelgruppen verstärkt durch statische Überlastung bei schwacher Ausdauerleistungsfähigkeit. Durch Wirbelsäulengymnastik, Übungen der medizinischen Trainingstherapie, gerätegestützte Kräftigung im Fitnessraum und Training auf Laufband und Fahrradergometer konnte der Ausdauer- und Kraftstatus nach den Ausführungen im Entlassungsbericht gebessert werden. Wesentliche körperliche Einschränkungen waren in der Therapie nicht zu erkennen. Insoweit wird auch eine Diskrepanz zwischen dem subjektiven Beschwerdebild und den erhobenen Befunden berichtet. Beim Rehabilitationsergebnis wird unter den subjektiven Angaben eine Besserung der Beschwerdesymptomatik, vor allem der Schmerzen angegeben, wenn auch die Klägerin sich nicht als so belastbar wie bei völliger Gesundheit und auch beruflich nur vermindert belastbar ansah. Nach alledem bestehen keinerlei Anhaltspunkte, die bei Abschluss der Maßnahme getroffene ärztliche Beurteilung als arbeitsfähig in Zweifel zu ziehen. Allein die subjektiven Angaben der Klägerin im Rahmen des Verfahrens, während und nach der Reha sei es ihr sogar noch schlechter gegangen, können zu keiner anderen Beurteilung führen. Schließlich spricht auch das Verhalten von Dr K. und seine Einlassungen im Berufungsverfahren für die Richtigkeit der von der Reha-Klinik bei Entlassung der Klägerin getroffenen Beurteilung. Dr K. hat die Klägerin am 07.07.2011 nicht nur zur Arbeitsagentur geschickt, sondern er hat auf Nachfrage ausdrücklich bestätigt, dass er zunächst davon ausgegangen sei, der Reha-Aufenthalt sei "tragfähig genug für eine zu erwartende Arbeitsbelastung". Seine rückwirkend erst am Folgetag geänderte Einschätzung kann nach alledem keine andere Beurteilung begründen. Ebenso spielt es auch keine Rolle, dass die Klägerin nunmehr vorträgt, Dr K. habe sich nach eigenen Angaben ihr gegenüber als verpflichtet gesehen, sie zur Arbeitsagentur zu schicken. Nach alledem kommt es nicht darauf an, dass der Klägerin kein Vorwurf zu machen ist, sie habe sich nicht ausreichend um die Verfolgung ihrer Anspruche gekümmert oder sich nicht rechtzeitig bei ihrem Arzt vorgestellt.

Der geltend gemachte Krg-Anspruch ist auch nicht nach § 19 Abs 2 Satz 1 SGB V begründet. Ist die Mitgliedschaft auch unter Berücksichtigung der Erhaltungstatbestände in § 192 SGB V beendet, besteht gemäß § 19 Abs 2 Satz 1 SGB V noch ein nachgehender Leistungsanspruch (ggf auch auf Krg) längstens für einen Monat nach dem Ende der Mitgliedschaft, solange keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Der beitragsfreie, nachwirkende Versicherungsschutz dient der Vermeidung sozialer Härten. Er soll verhindern, dass Betroffene bei kurzzeitigen Beschäftigungslücken, etwa einem Arbeitsplatzwechsel, vorübergehend keinen Krankenversicherungsschutz haben. Da § 19 Abs 2 Satz 1 eine Ausnahmevorschrift zur Vermeidung sozialer Härten darstellt, entfallen die Schutzbedürftigkeit und damit der gesetzgeberische Grund für die Gewährung eines über das Mitgliedschaftsende hinausreichenden, begrenzten, beitragsfreien Versicherungsschutzes, wenn es keine Sicherungslücke (mehr) gibt. Eine solche Lücke ist nicht gegeben, wenn entweder unmittelbar im Anschluss eine bisherige Pflichtmitgliedschaft oder zu einem späteren Zeitpunkt innerhalb der Monatsfrist des § 19 Abs 2 Satz 2 SGB V ein neues Versicherungsverhältnis begründet wird (BSG 26.06.2007, B 1 KR 2/07 R, juris). Das aktuelle Versicherungsverhältnis hat mithin Vorrang gegenüber dem nachgehenden Anspruch. Eine Versicherung nach § 10 SGB V (Familienversicherung) hat deswegen Vorrang vor dem - grundsätzlich subsidiären (vgl BSG 20.08.1986, 8 RK 74/84, juris) - nachgehenden Leistungsanspruch. Dies hat der Gesetzgeber mit Wirkung vom 01.01.2004 durch die Einfügung von Satz 2 in § 19 Abs 2 SGB V in Kenntnis der entgegenstehenden Rechtsprechung des BSG (07.05.2002, B 1 KR 24/01 R, SozR 3-2500 § 19 Nr 5) ausdrücklich normiert. Mitglieder, deren eigene Mitgliedschaft endet, die aber nach § 10 SGB V Familienversicherte sind oder werden können, sind daher auf den Familienversicherungsschutz verwiesen. Sie haben mangels Schutzbedürftigkeit keinen nachgehenden Leistungsanspruch aus § 19 Abs 2 Satz 1 SGB V (vgl Hessisches Landessozialgericht (LSG) 26.10.2010, L 1 KR 84/10, juris, Entscheidungen des Senats vom 28.06.2011, L 11 KR 3181/09 und 12.03.2012, L 11 KR 3638/11; LSG Baden-Württemberg 14.12.2011, L 5 KR 119/11). Es verstößt auch nicht gegen Art 3 Abs 1 und Art 6 Abs 1 Grundgesetz, dass Familienversicherte gemäß § 19 Abs 2 SGB V keinen Anspruch auf Krg haben (Hessisches LSG 26.10.2010, aaO; Thüringer LSG 31.01.2012, L 6 KR 80/08, juris; Senatsbeschluss vom 12.03.2012, aaO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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