Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 1735/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 3664/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23.07.2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Regelaltersrente aufgrund der Berücksichtigung weiterer rentenrechtlicher Zeiten (Zeiten der Arbeitslosigkeit, der Kindererziehung und des Bezugs einer Rente wegen Berufsunfähigkeit) und den Zeitpunkt der Auszahlung der Rente (zum Monatsanfang oder zum Monatsende).
Der 1945 geborene Kläger war nach einer kaufmännischen Lehre als Kaufmännischer Angestellter beschäftigt und als solcher bis 30.09.1971 bei der Beklagten pflichtversichert. Im Anschluss daran war er nach Absolvierung eines Studiums zunächst als Beamter auf Widerruf, sodann als Beamter auf Probe und schließlich ab 12.09.1980 bis 30.06.1990 als Beamter auf Lebenszeit als Handels- und Religionslehrer im Berufsschuldienst tätig. Seit 01.09.1990 befindet er sich im Ruhestand und erhält ein Ruhegehalt nach dem Beamtenversorgungsgesetz. Seit 29.07.1992 ist dem Kläger ein Grad der Behinderung (GdB) von 80 zuerkannt.
Auf seinen Antrag vom 09.04.2010 bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 15.05.2010 seit dem 01.07.2010 eine Regelaltersrente mit einem monatlichen Zahlbetrag von 296,34 EUR.
Mit dem hiergegen am 21.05.2010 erhobenen Widerspruch wandte sich der Kläger gegen die Nichtberücksichtigung der Zeit der Arbeitslosigkeit vom 01.07.1969 bis 31.08.1969. Aus der entsprechenden Versichertenkarte ergebe sich seine Arbeitslosigkeit in diesem Zeitraum. Ebenso seien die Zeiten der Kindererziehung ihm zumindest anteilig zuzurechnen. Auch sei der Zeitraum seit 1990 rentenerhöhend zu berücksichtigen. Bereits seit 1990 sei er berufsunfähig. Er sei zuvor Handelsschulrat gewesen und die Beklagte habe damals im Wege der Amtshilfe für seinen Dienstherren ein Gutachten hinsichtlich seiner Dienstfähigkeit erstellt. Während dieses Verfahrens habe ihm die Beklagte mehrere Schreiben zugesandt, in welchen sie auf einen Rentenantrag Bezug nahm. Er müsse nun so gestellt werden, wie wenn er tatsächlich eine Rente seit 1990 bezogen hätte.
Durch Widerspruchsbescheid vom 25.07.2011 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Kläger habe einen Bezug von öffentlich-rechtlichen Leistungen in dem von ihm benannten Zeitraum der Arbeitslosigkeit nicht nachgewiesen. Die Zeiten der Kindererziehung seien grundsätzlich bei der Kindesmutter anzurechnen. Eine Anrechnung bei dem Kindesvater sei nur aufgrund einer gemeinsamen Erklärung der Eltern möglich. Eine solche habe der Kläger aber zusammen mit der Kindesmutter nicht abgegeben. Im Weiteren könne auch die Zeit der Berufsunfähigkeit nicht rentenerhöhend berücksichtigt werden, da der Kläger keine Rente bezogen habe. Die Begutachtung des Klägers sei infolge eines Amtshilfeersuchens und nicht aufgrund eines Rentenantrags erfolgt. Das Amtshilfeersuchen könne nicht als Rentenantrag gewertet werden. Einen eigenen Rentenantrag habe der Kläger nicht gestellt, so dass ihm vor dem 01.07.2010 keine Leistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt worden sei.
Am 23.08.2011 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Karlsruhe. Er wiederholte sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren und verlangte darüber hinaus die Auszahlung der Altersrente zum Monatsanfang. Hätte ihm die Beklagte im Jahr 1990 eine Berufsunfähigkeitsrente bewilligt, würde ihm auch seine jetzige Altersrente zum Monatsanfang ausbezahlt. Die Auszahlung der Rente zu verschiedenen Zeitpunkten, abhängig davon, wann erstmalig eine Rente bezogen wurde, sei gleichheitswidrig.
Mit Urteil vom 23.07.2012 wies das Sozialgericht die Klage ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die rentenrechtliche Berücksichtigung von Zeiten der Arbeitslosigkeit, der Kindererziehung oder des Bezugs einer Rente wegen Berufsunfähigkeit. Zu Recht habe die Beklagte den Zeitraum vom 01.07.1969 bis zum 31.08.1969 nicht als Anrechnungszeit berücksichtigt. Gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) seien Anrechnungszeiten u. a. Zeiten, in denen der Versicherte wegen Arbeitslosigkeit bei einer deutschen Agentur für Arbeit als arbeitsuchend gemeldet gewesen sei und eine öffentlich-rechtliche Leistung bezogen oder nur wegen des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens nicht bezogen habe. Der Kläger habe eine Meldung als arbeitsuchend in dem genannten Zeitraum nicht nachweisen können. Die von ihm vorgelegte Versicherungskarte beweise lediglich, dass er in diesem Zeitraum nicht beschäftigt gewesen sei, nicht jedoch, dass er auch als arbeitssuchend gemeldet gewesen sei. Im Weiteren habe der Kläger selbst ausgeführt, auch eine Anfrage bei der Agentur für Arbeit sei erfolglos gewesen, da die entsprechenden Akten nicht mehr vorhanden seien. Der Kläger habe ebenso keinen Anspruch auf die Zuordnung der Kindererziehungszeiten. Nach § 56 Abs. 2 Satz 8 SGB VI seien Kindererziehungszeiten, wenn die Eltern keine übereinstimmende Erklärung bezüglich deren Zuordnung abgegeben haben, der Kindesmutter zuzuordnen. Eine anderweitige Zuordnung könne gemäß § 56 Abs. 2 Satz 6 SGB VI infolge einer gemeinsamen Erklärung rückwirkend für bis zu zwei Kalendermonate vor Abgabe der Erklärung erfolgen, es sei denn, für einen Elternteil sei unter Berücksichtigung dieser Zeiten eine Leistung bindend festgestellt oder ein Versorgungsausgleich oder Rentensplitting durchgeführt worden. Demnach scheitere eine Berücksichtigung der Kinderziehungszeiten bereits an dem durch das Urteil des Amtsgerichts Durlach vom 07.11.1996 (1 F 17/95) durchgeführten Versorgungausgleichs. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf die Berücksichtigung weiterer Anrechnungszeiten aufgrund des Bezugs einer Rente wegen Berufsunfähigkeit gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB VI. Vor Beginn der Regelaltersrente am 01.07.2010 habe der Kläger keine Rente wegen Berufsunfähigkeit bezogen. Er sei von der Beklagten lediglich im Rahmen der Amtshilfe medizinisch begutachtet worden. Das Amtshilfebegehren könne nicht als Rentenantrag gewertet werden. Die Beklagte habe dem Kläger zwar durch mehrere Schreiben eine Rentenantragsstellung suggeriert, aber auch hierdurch könne nicht der Bezug einer Rente fingiert werden. Selbst wenn insofern eine im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs beachtliche Falschberatung erfolgt sein sollte, könne hierdurch nicht der Bezug einer entsprechenden Rente fingiert werden. Die Falschberatung wäre nicht für das Unterlassen der Rentenantragsstellung ursächlich gewesen. Im damaligen Verfahren nach § 14a BeamtVG sei der Kl. durch seine damalige Ehefrau vertreten worden. Diese habe sich aber bewusst für eine Erhöhung der Versorgungsbezüge ihres Ehemanns nach § 14a BeamtVG entschieden. Aufgrund des Schreibens des Landesamts für Besoldung und Versorgung B.-W. vom 17.04.1990 sei dem Kläger bzw. dessen damaliger Ehefrau bekannt gewesen, dass entweder einer Erhöhung der Versorgungsbezüge gemäß § 14a BeamtVG oder der Bezug einer Rente wegen Berufsunfähigkeit möglich sei. Ein Rentenbezug hätte nämlich die Anwendbarkeit des § 14a BeamtVG ausgeschlossen. Im Übrigen wäre, wenn der Kläger oder dessen damalige Ehefrau tatsächlich von der Stellung eines Rentenantrags ausgegangen wären, zu erwarten gewesen, dass sie bezüglich dessen Verbescheidung nach einem gewissen Zeitraum die Beklagte erinnern. Erstmals im vorliegenden Verfahren, damit 20 Jahre später, habe sich der Kläger jedoch auf einen entsprechenden Rentenantrag berufen.
Zu Recht zahle die Beklagte dem Kläger auch gemäß § 118 Abs. 1 Satz 1 SGB VI die ihm bewilligte Regelaltersrente am Monatsende und nicht am Monatsanfang aus. Eine Auszahlung zum Monatsanfang hätte gemäß § 272a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 SGB VI nur dann zu erfolgen, wenn der Kläger bereits vor dem 01.04.2004 eine Rente bezogen hätte. Die verschiedenen Zeitpunkte der Rentenauszahlung, je nachdem ob ein Rentenvorbezug gegeben sei, verstoße nicht gegen den grundgesetzlichen Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Grundgesetz). Der Kläger werde hierdurch nicht benachteiligt, da er dem ihm zustehenden Rentenbetrag in voller Höhe, wenn auch erst zum Monatsende erhalte. Es obliege der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, zu welchem Zeitpunkt er die Fälligkeit eines entsprechenden Leistungsanspruchs bestimme. Es müsse lediglich gewährleistet sein, dass infolge eines späteren Fälligkeitszeitpunkts nicht die wirtschaftliche Existenzgrundlage des Leistungsberechtigten gefährdet werde. Der Gesetzgeber habe jedoch zu Recht davon ausgehen dürfen, dass grundsätzlich vor dem ersten Monat des Rentenbezugs das letzte Gehalt am Monatsende des Vormonats ausbezahlt werde und damit die wirtschaftliche Existenzgrundlage des Leistungsberechtigten im ersten Monat des Rentenbezugs nicht gefährdet sei (Pflüger, in: jurisPK-SGB VI, 1. Aufl. 2008, Stand: 29.05.2012, § 118 SGB VI, Rn. 34; Polster, in: Kasseler Kommentar, SGB VI, 73. EL 2012, § 118 SGB VI, Rn. 7). Ein weiterer rechtfertigender Grund für die Änderung des Auszahlungszeitpunktes sei darüber hinaus der damit verbundene Einspareffekt. Die hierdurch erzielte Ersparnis habe je vollem Zugangsjahr rd. 750 Mio. Euro, was wiederum zu einer Beitragssatzentlastung geführt habe (BT-Drucks. 15/1831, S. 7, Pflüger, a. a. O., § 118 SGB VI, Rn. 7).
Gegen das ihm am 31.07.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20.08.2012 Berufung eingelegt. Er bezieht sich auf sein Vorbringen im Klageverfahren und führt ergänzend aus, die Erhöhung seiner Versorgungsbezüge nach § 14 a BeamtVG habe nur zu einer minimalen Erhöhung seiner Pension geführt. Sie sei wegen des gleichzeitigen Verzichts auf eine Berufsunfähigkeitsrente für ihn nur von Nachteil gewesen. Verantwortlich dafür seien seine damalige Ehefrau, das Landesamt für Besoldung und Versorgung und die damalige BfA. Der Bezug einer Berufsunfähigkeitsrente wäre für ihn wesentlich vorteilhafter gewesen. Er könne nicht nachvollziehen, dass er die Folgen dieser durch Dritte verursachten Nachteile als Bezieher von Altersrente dauerhaft hinzunehmen habe. Ihm müsse Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Er begehre eine Rentennachzahlung in Höhe zur Differenz der Bezüge nach § 14a BeamtVG. Zumindest wolle er so gestellt werden, als hätte er seit 1990 eine Berufsunfähigkeitsrente bezogen.
Der Kläger beantragt nach sachdienlicher Auslegung,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23.07.2012 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 15.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.07.2011 zu verurteilen, 1. die Zeit der Arbeitslosigkeit vom 01.07.1969 bis zum 31.08.1969 als rentenrechtliche Zeit zu berücksichtigten, 2. die Zeiten der Kindererziehung für seine am 23.12.1975, am 03.03.1977, am 31.08.1981 und am 08.09.1983 geborenen Kinder zu berücksichtigten, 3. die Zeit ab 1990, in der ein Anspruch auf eine Rente wegen Berufsunfähigkeit bestanden hat, als rentenrechtliche Zeit zu berücksichtigten und 4. die Rente am Monatsanfang auszubezahlen. 5. ihm Rente in Höhe der Differenz zu den Bezügen nach § 14a BeamtVG nachzuzahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend und nimmt auf deren Gründe Bezug.
Mit Schreiben vom 12.10.2012 und vom 02.11.2012 haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144, 151 SGG ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 SGG).
Die Berufung ist aber nicht begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagte vom 15.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf höhere Altersrente wegen Berücksichtigung weiterer rentenrechtlicher Zeiten, noch auf Auszahlung der Altersrente zum Monatsanfang. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Der Senat teilt die Rechtsauffassung des Sozialgerichts und nimmt auf die Gründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend ist hin Hinblick auf dem Vortrag im Berufungsverfahren das Folgende auszuführen:
Die Möglichkeit einer nachträglichen - rückwirkenden - Rentenantragstellung im Wege der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist dem Kläger gesetzlich nicht eröffnet. § 27 SGB X sieht eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Falle einer unverschuldeten Fristversäumnis vor. Die Rentenantragstellung war aber keine fristgebundene Verfahrenshandlung, sondern ist schlichtweg im Jahr 1990 unterblieben, weil der Kläger damals die Gewährung höherer Pensionsbezüge nach § 14a BeamtVG in Anspruch genommen hat.
Ein Rentenbezug kann für den zurück liegenden Zeitraum seit 1990 auch nicht fingiert werden. Die Beklagte hat deshalb bei der Berechnung der Altersrente keine Bezugszeiten berücksichtigen können. Daran ändert auch nichts, dass möglicherweise der Bezug einer Berufsunfähigkeitsrente für den Kläger günstiger gewesen wäre, als die Erhöhung der Versorgungsbezüge nach § 14a BeamtVG. Ebenso wenig spielt es bei der Berechnung der Rentenhöhe eine Rolle, aus welchen Gründen eine Berufsunfähigkeitsrente im Jahr 1990 nicht beantragt worden ist. Ob die Beklagte zu einem früheren Zeitpunkt überhaupt Veranlassung hatte, den Kläger auf die Möglichkeit eines Antrages auf Bezug von Berufsunfähigkeitsrente hinzuweisen und dies unter Verletzung ihrer Hinweispflicht unterlassen hat, ist für die Berechnung der Altersrente ebenfalls nicht maßgeblich.
Eine Rentennachzahlung in Höhe der Differenz zwischen der Erhöhung der Versorgungsbezüge nach § 14a BeamtVG und einer Berufsunfähigkeitsrente für die Zeit von 1990 bis zum Beginn der Altersrente am 01.07.2010 kann der Kläger im Berufungsverfahren nicht geltend machen. Der Kläger hat sich im vorliegenden Verfahren allein gegen die Höhe seiner Altersrente gewendet. Zahlungen für zurückliegende Zeiten hat er nach seinen Ausführungen im erstinstanzlichen Verfahren nicht geltend machen wollen, und auch zu keinem Zeitpunkt bei der Beklagten beantragt. Insoweit fehlt es bereits an der Durchführung eines Verwaltungsverfahrens.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Regelaltersrente aufgrund der Berücksichtigung weiterer rentenrechtlicher Zeiten (Zeiten der Arbeitslosigkeit, der Kindererziehung und des Bezugs einer Rente wegen Berufsunfähigkeit) und den Zeitpunkt der Auszahlung der Rente (zum Monatsanfang oder zum Monatsende).
Der 1945 geborene Kläger war nach einer kaufmännischen Lehre als Kaufmännischer Angestellter beschäftigt und als solcher bis 30.09.1971 bei der Beklagten pflichtversichert. Im Anschluss daran war er nach Absolvierung eines Studiums zunächst als Beamter auf Widerruf, sodann als Beamter auf Probe und schließlich ab 12.09.1980 bis 30.06.1990 als Beamter auf Lebenszeit als Handels- und Religionslehrer im Berufsschuldienst tätig. Seit 01.09.1990 befindet er sich im Ruhestand und erhält ein Ruhegehalt nach dem Beamtenversorgungsgesetz. Seit 29.07.1992 ist dem Kläger ein Grad der Behinderung (GdB) von 80 zuerkannt.
Auf seinen Antrag vom 09.04.2010 bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 15.05.2010 seit dem 01.07.2010 eine Regelaltersrente mit einem monatlichen Zahlbetrag von 296,34 EUR.
Mit dem hiergegen am 21.05.2010 erhobenen Widerspruch wandte sich der Kläger gegen die Nichtberücksichtigung der Zeit der Arbeitslosigkeit vom 01.07.1969 bis 31.08.1969. Aus der entsprechenden Versichertenkarte ergebe sich seine Arbeitslosigkeit in diesem Zeitraum. Ebenso seien die Zeiten der Kindererziehung ihm zumindest anteilig zuzurechnen. Auch sei der Zeitraum seit 1990 rentenerhöhend zu berücksichtigen. Bereits seit 1990 sei er berufsunfähig. Er sei zuvor Handelsschulrat gewesen und die Beklagte habe damals im Wege der Amtshilfe für seinen Dienstherren ein Gutachten hinsichtlich seiner Dienstfähigkeit erstellt. Während dieses Verfahrens habe ihm die Beklagte mehrere Schreiben zugesandt, in welchen sie auf einen Rentenantrag Bezug nahm. Er müsse nun so gestellt werden, wie wenn er tatsächlich eine Rente seit 1990 bezogen hätte.
Durch Widerspruchsbescheid vom 25.07.2011 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Kläger habe einen Bezug von öffentlich-rechtlichen Leistungen in dem von ihm benannten Zeitraum der Arbeitslosigkeit nicht nachgewiesen. Die Zeiten der Kindererziehung seien grundsätzlich bei der Kindesmutter anzurechnen. Eine Anrechnung bei dem Kindesvater sei nur aufgrund einer gemeinsamen Erklärung der Eltern möglich. Eine solche habe der Kläger aber zusammen mit der Kindesmutter nicht abgegeben. Im Weiteren könne auch die Zeit der Berufsunfähigkeit nicht rentenerhöhend berücksichtigt werden, da der Kläger keine Rente bezogen habe. Die Begutachtung des Klägers sei infolge eines Amtshilfeersuchens und nicht aufgrund eines Rentenantrags erfolgt. Das Amtshilfeersuchen könne nicht als Rentenantrag gewertet werden. Einen eigenen Rentenantrag habe der Kläger nicht gestellt, so dass ihm vor dem 01.07.2010 keine Leistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt worden sei.
Am 23.08.2011 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Karlsruhe. Er wiederholte sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren und verlangte darüber hinaus die Auszahlung der Altersrente zum Monatsanfang. Hätte ihm die Beklagte im Jahr 1990 eine Berufsunfähigkeitsrente bewilligt, würde ihm auch seine jetzige Altersrente zum Monatsanfang ausbezahlt. Die Auszahlung der Rente zu verschiedenen Zeitpunkten, abhängig davon, wann erstmalig eine Rente bezogen wurde, sei gleichheitswidrig.
Mit Urteil vom 23.07.2012 wies das Sozialgericht die Klage ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die rentenrechtliche Berücksichtigung von Zeiten der Arbeitslosigkeit, der Kindererziehung oder des Bezugs einer Rente wegen Berufsunfähigkeit. Zu Recht habe die Beklagte den Zeitraum vom 01.07.1969 bis zum 31.08.1969 nicht als Anrechnungszeit berücksichtigt. Gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) seien Anrechnungszeiten u. a. Zeiten, in denen der Versicherte wegen Arbeitslosigkeit bei einer deutschen Agentur für Arbeit als arbeitsuchend gemeldet gewesen sei und eine öffentlich-rechtliche Leistung bezogen oder nur wegen des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens nicht bezogen habe. Der Kläger habe eine Meldung als arbeitsuchend in dem genannten Zeitraum nicht nachweisen können. Die von ihm vorgelegte Versicherungskarte beweise lediglich, dass er in diesem Zeitraum nicht beschäftigt gewesen sei, nicht jedoch, dass er auch als arbeitssuchend gemeldet gewesen sei. Im Weiteren habe der Kläger selbst ausgeführt, auch eine Anfrage bei der Agentur für Arbeit sei erfolglos gewesen, da die entsprechenden Akten nicht mehr vorhanden seien. Der Kläger habe ebenso keinen Anspruch auf die Zuordnung der Kindererziehungszeiten. Nach § 56 Abs. 2 Satz 8 SGB VI seien Kindererziehungszeiten, wenn die Eltern keine übereinstimmende Erklärung bezüglich deren Zuordnung abgegeben haben, der Kindesmutter zuzuordnen. Eine anderweitige Zuordnung könne gemäß § 56 Abs. 2 Satz 6 SGB VI infolge einer gemeinsamen Erklärung rückwirkend für bis zu zwei Kalendermonate vor Abgabe der Erklärung erfolgen, es sei denn, für einen Elternteil sei unter Berücksichtigung dieser Zeiten eine Leistung bindend festgestellt oder ein Versorgungsausgleich oder Rentensplitting durchgeführt worden. Demnach scheitere eine Berücksichtigung der Kinderziehungszeiten bereits an dem durch das Urteil des Amtsgerichts Durlach vom 07.11.1996 (1 F 17/95) durchgeführten Versorgungausgleichs. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf die Berücksichtigung weiterer Anrechnungszeiten aufgrund des Bezugs einer Rente wegen Berufsunfähigkeit gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB VI. Vor Beginn der Regelaltersrente am 01.07.2010 habe der Kläger keine Rente wegen Berufsunfähigkeit bezogen. Er sei von der Beklagten lediglich im Rahmen der Amtshilfe medizinisch begutachtet worden. Das Amtshilfebegehren könne nicht als Rentenantrag gewertet werden. Die Beklagte habe dem Kläger zwar durch mehrere Schreiben eine Rentenantragsstellung suggeriert, aber auch hierdurch könne nicht der Bezug einer Rente fingiert werden. Selbst wenn insofern eine im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs beachtliche Falschberatung erfolgt sein sollte, könne hierdurch nicht der Bezug einer entsprechenden Rente fingiert werden. Die Falschberatung wäre nicht für das Unterlassen der Rentenantragsstellung ursächlich gewesen. Im damaligen Verfahren nach § 14a BeamtVG sei der Kl. durch seine damalige Ehefrau vertreten worden. Diese habe sich aber bewusst für eine Erhöhung der Versorgungsbezüge ihres Ehemanns nach § 14a BeamtVG entschieden. Aufgrund des Schreibens des Landesamts für Besoldung und Versorgung B.-W. vom 17.04.1990 sei dem Kläger bzw. dessen damaliger Ehefrau bekannt gewesen, dass entweder einer Erhöhung der Versorgungsbezüge gemäß § 14a BeamtVG oder der Bezug einer Rente wegen Berufsunfähigkeit möglich sei. Ein Rentenbezug hätte nämlich die Anwendbarkeit des § 14a BeamtVG ausgeschlossen. Im Übrigen wäre, wenn der Kläger oder dessen damalige Ehefrau tatsächlich von der Stellung eines Rentenantrags ausgegangen wären, zu erwarten gewesen, dass sie bezüglich dessen Verbescheidung nach einem gewissen Zeitraum die Beklagte erinnern. Erstmals im vorliegenden Verfahren, damit 20 Jahre später, habe sich der Kläger jedoch auf einen entsprechenden Rentenantrag berufen.
Zu Recht zahle die Beklagte dem Kläger auch gemäß § 118 Abs. 1 Satz 1 SGB VI die ihm bewilligte Regelaltersrente am Monatsende und nicht am Monatsanfang aus. Eine Auszahlung zum Monatsanfang hätte gemäß § 272a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 SGB VI nur dann zu erfolgen, wenn der Kläger bereits vor dem 01.04.2004 eine Rente bezogen hätte. Die verschiedenen Zeitpunkte der Rentenauszahlung, je nachdem ob ein Rentenvorbezug gegeben sei, verstoße nicht gegen den grundgesetzlichen Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Grundgesetz). Der Kläger werde hierdurch nicht benachteiligt, da er dem ihm zustehenden Rentenbetrag in voller Höhe, wenn auch erst zum Monatsende erhalte. Es obliege der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, zu welchem Zeitpunkt er die Fälligkeit eines entsprechenden Leistungsanspruchs bestimme. Es müsse lediglich gewährleistet sein, dass infolge eines späteren Fälligkeitszeitpunkts nicht die wirtschaftliche Existenzgrundlage des Leistungsberechtigten gefährdet werde. Der Gesetzgeber habe jedoch zu Recht davon ausgehen dürfen, dass grundsätzlich vor dem ersten Monat des Rentenbezugs das letzte Gehalt am Monatsende des Vormonats ausbezahlt werde und damit die wirtschaftliche Existenzgrundlage des Leistungsberechtigten im ersten Monat des Rentenbezugs nicht gefährdet sei (Pflüger, in: jurisPK-SGB VI, 1. Aufl. 2008, Stand: 29.05.2012, § 118 SGB VI, Rn. 34; Polster, in: Kasseler Kommentar, SGB VI, 73. EL 2012, § 118 SGB VI, Rn. 7). Ein weiterer rechtfertigender Grund für die Änderung des Auszahlungszeitpunktes sei darüber hinaus der damit verbundene Einspareffekt. Die hierdurch erzielte Ersparnis habe je vollem Zugangsjahr rd. 750 Mio. Euro, was wiederum zu einer Beitragssatzentlastung geführt habe (BT-Drucks. 15/1831, S. 7, Pflüger, a. a. O., § 118 SGB VI, Rn. 7).
Gegen das ihm am 31.07.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20.08.2012 Berufung eingelegt. Er bezieht sich auf sein Vorbringen im Klageverfahren und führt ergänzend aus, die Erhöhung seiner Versorgungsbezüge nach § 14 a BeamtVG habe nur zu einer minimalen Erhöhung seiner Pension geführt. Sie sei wegen des gleichzeitigen Verzichts auf eine Berufsunfähigkeitsrente für ihn nur von Nachteil gewesen. Verantwortlich dafür seien seine damalige Ehefrau, das Landesamt für Besoldung und Versorgung und die damalige BfA. Der Bezug einer Berufsunfähigkeitsrente wäre für ihn wesentlich vorteilhafter gewesen. Er könne nicht nachvollziehen, dass er die Folgen dieser durch Dritte verursachten Nachteile als Bezieher von Altersrente dauerhaft hinzunehmen habe. Ihm müsse Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Er begehre eine Rentennachzahlung in Höhe zur Differenz der Bezüge nach § 14a BeamtVG. Zumindest wolle er so gestellt werden, als hätte er seit 1990 eine Berufsunfähigkeitsrente bezogen.
Der Kläger beantragt nach sachdienlicher Auslegung,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23.07.2012 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 15.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.07.2011 zu verurteilen, 1. die Zeit der Arbeitslosigkeit vom 01.07.1969 bis zum 31.08.1969 als rentenrechtliche Zeit zu berücksichtigten, 2. die Zeiten der Kindererziehung für seine am 23.12.1975, am 03.03.1977, am 31.08.1981 und am 08.09.1983 geborenen Kinder zu berücksichtigten, 3. die Zeit ab 1990, in der ein Anspruch auf eine Rente wegen Berufsunfähigkeit bestanden hat, als rentenrechtliche Zeit zu berücksichtigten und 4. die Rente am Monatsanfang auszubezahlen. 5. ihm Rente in Höhe der Differenz zu den Bezügen nach § 14a BeamtVG nachzuzahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend und nimmt auf deren Gründe Bezug.
Mit Schreiben vom 12.10.2012 und vom 02.11.2012 haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144, 151 SGG ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 SGG).
Die Berufung ist aber nicht begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagte vom 15.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf höhere Altersrente wegen Berücksichtigung weiterer rentenrechtlicher Zeiten, noch auf Auszahlung der Altersrente zum Monatsanfang. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Der Senat teilt die Rechtsauffassung des Sozialgerichts und nimmt auf die Gründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend ist hin Hinblick auf dem Vortrag im Berufungsverfahren das Folgende auszuführen:
Die Möglichkeit einer nachträglichen - rückwirkenden - Rentenantragstellung im Wege der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist dem Kläger gesetzlich nicht eröffnet. § 27 SGB X sieht eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Falle einer unverschuldeten Fristversäumnis vor. Die Rentenantragstellung war aber keine fristgebundene Verfahrenshandlung, sondern ist schlichtweg im Jahr 1990 unterblieben, weil der Kläger damals die Gewährung höherer Pensionsbezüge nach § 14a BeamtVG in Anspruch genommen hat.
Ein Rentenbezug kann für den zurück liegenden Zeitraum seit 1990 auch nicht fingiert werden. Die Beklagte hat deshalb bei der Berechnung der Altersrente keine Bezugszeiten berücksichtigen können. Daran ändert auch nichts, dass möglicherweise der Bezug einer Berufsunfähigkeitsrente für den Kläger günstiger gewesen wäre, als die Erhöhung der Versorgungsbezüge nach § 14a BeamtVG. Ebenso wenig spielt es bei der Berechnung der Rentenhöhe eine Rolle, aus welchen Gründen eine Berufsunfähigkeitsrente im Jahr 1990 nicht beantragt worden ist. Ob die Beklagte zu einem früheren Zeitpunkt überhaupt Veranlassung hatte, den Kläger auf die Möglichkeit eines Antrages auf Bezug von Berufsunfähigkeitsrente hinzuweisen und dies unter Verletzung ihrer Hinweispflicht unterlassen hat, ist für die Berechnung der Altersrente ebenfalls nicht maßgeblich.
Eine Rentennachzahlung in Höhe der Differenz zwischen der Erhöhung der Versorgungsbezüge nach § 14a BeamtVG und einer Berufsunfähigkeitsrente für die Zeit von 1990 bis zum Beginn der Altersrente am 01.07.2010 kann der Kläger im Berufungsverfahren nicht geltend machen. Der Kläger hat sich im vorliegenden Verfahren allein gegen die Höhe seiner Altersrente gewendet. Zahlungen für zurückliegende Zeiten hat er nach seinen Ausführungen im erstinstanzlichen Verfahren nicht geltend machen wollen, und auch zu keinem Zeitpunkt bei der Beklagten beantragt. Insoweit fehlt es bereits an der Durchführung eines Verwaltungsverfahrens.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
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