Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 15 R 4269/08
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 598/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 R 11/13 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Vorschrift des § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB IV gilt grundsätzlich auch für Erstattungsansprüche für vor dem 01.01.2008 entrichtete Beiträge. Sind aber bereits vor dem 01.01.2008 Erstattungsansprüche festgesetzt oder Beanstandungen getroffen worden oder bestand vor dem 01.01.2008 wegen eines Antrags des Erstattungsberechtigten oder wegen offensichtlicher Kenntnis des Versicherungsträgers von der Unwirksamkeit der Beiträge Anlass zur Einleitung derartiger Verfahren, so gilt noch die alte Rechtslage.
I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte erstattet der Klägerin auch die außergerichtlichen
Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte zur Erstattung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung für den Zeitraum vom 11.04.1995 bis 30.11.2003 verpflichtet ist.
Die Klägerin ist seit 26.01.1979 Mitarbeiterin in der Firma (Metzgerei, Partyservice, Catering) ihres Ehegatten. Seit Beginn der Tätigkeit bis zum 31.12.2007 wurden Sozialversicherungsbeiträge entrichtet.
Die zuständige Krankenkasse stellte als Einzugsstelle auf Antrag der Klägerin vom 22.05.2006 und in Abstimmung mit der Beklagten per Bescheid vom 25.07.2007 fest, dass die Tätigkeit der Klägerin in der Firma ihres Ehemannes ab 11.04.1995 nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis ausgeübt wurde und damit nicht der Sozialversicherungspflicht unterlag.
In der internen Abstimmung hatte die Beklagte zunächst mit Schreiben vom 26.07.2006 die Auffassung vertreten, dass es sich um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis handele, das nun nach einem Motivwechsel rückwirkend als selbständige Tätigkeit dargestellt werden solle. Hintergrund dafür sei wohl die begehrte Erstattung der vermeintlich zu Unrecht gezahlten Pflichtbeiträge. Erst nach Vorlage weiterer Unterlagen hatte die Beklagte mit Schreiben vom 16.05.2007 an die Einzugsstelle ausdrücklich deren Auffassung gebilligt, wonach die Klägerin ab 11.04.1995 dem Personenkreis der Selbständigen zuzuordnen sei.
Der gegen den Bescheid vom 25.07.2007 gerichtete Widerspruch mit dem Ziel, dass die Feststellung der Krankenkasse bereits ab dem 29.03.1983 gelten solle, wurde mit Widerspruchsbescheid vom 13.12.2007 zurückgewiesen. Dabei wurde das Gesamtbild der Arbeitsleistung gewürdigt.
Mit Schreiben vom 18.01.2008 beantragte die Klägerin (und ihr Arbeitgeber) gegenüber der Krankenkasse die Rückerstattung der seit 11.04.1995 bis zum 31.12.2007 gezahlten Rentenversicherungsbeiträge (Gesamthöhe der Beiträge zur RV: Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil 20.628,57 EUR). Auf den Beanstandungsschutz aufgrund der letzten Betriebsprüfung vom 18.08.2006 zum Prüfzeitraum 01.04.2002 bis 31.12.2005 wurde im Formularantrag verzichtet. Leistungen in der Rentenversicherung seien nicht in Anspruch genommen worden. Die Beiträge sollten auch nicht nach § 202 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) als Beiträge zur freiwilligen Versicherung verbleiben.
Der Antrag wurde unter Bezugnahme auf die "gemeinsamen Grundsätze für die Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge" an die Beklagte zur Bearbeitung weitergereicht (Eingang 17.03.2008).
Die Beklagte beanstandete mit Bescheid vom 22.04.2008 die zu Unrecht gezahlten Pflichtbeiträge im Zeitraum vom 01.12.2003 bis zum 31.12.2007. Die Beitragszahlung sei zu Unrecht erfolgt, weil durch die zuständige Einzugsstelle festgestellt worden sei, dass in dem angegebenen Zeitraum keine Versicherungspflicht bestanden habe. Diese Beiträge würden beanstandet, weil die Beiträge ohne Rechtsgrundlage gezahlt worden seien. Der daraus resultierende Erstattungsbetrag in Höhe von jeweils 2858 EUR wurde im Juli 2008 an die Klägerin und den Arbeitgeber überwiesen.
Die Beiträge für den Zeitraum 11.04.1995 bis 30.11.2003 würden jedoch als zu Recht gezahlt gelten und könnten nicht erstattet werden. Nach Ablauf von vier Jahren nach dem Kalenderjahr, in dem sie gezahlt worden seien, würden wegen fehlender Versicherungspflicht zu Unrecht gezahlte Beiträge von abhängig Beschäftigten als zu Recht gezahlt gelten. Diese Beiträge dürften nicht beanstandet und erstattet werden. Die Beiträge würden als zu Recht gezahlte Beiträge im Versicherungskonto enthalten bleiben.
Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein und begründete diesen damit, dass der Bescheid der Krankenkasse vom Juli 2007 datiere. Sie habe bereits im Sommer 2006 den Antrag bei der IKK gestellt; die IKK habe die Bearbeitung verzögert. Der Widerspruchsbescheid sei erst im Dezember erlassen worden. Mit dem Bescheid vom Juli 2007 seien die Beiträge beanstandet worden. Die Verjährung der Beiträge sei nicht nachvollziehbar.
Mit Schreiben vom 13.05.2008 wies die Beklagte darauf hin, dass nach dem mit Wirkung ab 01.01.2008 an § 26 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) angefügten Satz 3 zu Unrecht gezahlte Beiträge nach Ablauf der in § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV bestimmten Frist als zu Recht entrichtete Beiträge gelten würden. Betroffen hiervon seien ausschließlich Pflichtbeiträge von abhängig Beschäftigten, die wegen Fehlens der Versicherungspflicht in voller Höhe zu Unrecht gezahlt worden seien. Die Fiktion trete vier Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres ein, in dem die unwirksamen Beiträge entrichtet worden seien. Grundsätzlich sei davon auszugehen, dass die Beiträge zum Zeitpunkt ihrer Fälligkeit gezahlt worden seien. Einen Verzicht auf die Fiktion sehe das Gesetz nicht vor. Betroffen seien auch vor dem 01.01.2008 zu Unrecht gezahlte Pflichtbeiträge. Anders wäre es nur, wenn Beiträge bereits mit Bescheid bis zum 31.12.2007 beanstandet worden wären. Für Erstattungsanträge, die vor dem 01.01.2008 gestellt worden seien, gelte noch die alte Rechtslage. Als Antrag in diesem Sinne sei eine Willenserklärung anzusehen, die auf Erstattung gerichtet sei, nicht ein Antrag auf Feststellung der Versicherungspflicht. Hier sei der Erstattungsantrag erst am 18.01.2008 gestellt worden, so dass eine Erstattung der Beiträge für die Zeit vom 11.04.1995 - 30.11.2003 nicht möglich sei.
Weiter erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 05.06.2008, dass mit dem Bescheid der Krankenkasse vom 25.07.2007 lediglich eine versicherungsrechtliche Beurteilung der Tätigkeit erfolgt sei und keine Beitragsbeanstandung. Eine solche sei erst mit Bescheid vom 22.04.2008 durch die Beklagte vorgenommen worden.
Die Klägerin hielt ihren Widerspruch aufrecht. Der Beklagten sei bereits im Juli 2006 klar gewesen, dass Hintergrund für die Feststellung der Versicherungspflicht das Erstattungsbegehren sei.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 10.09.2008 zurückgewiesen.
Dagegen hat die Klägerin am 10.10.2008 Klage beim Sozialgericht Regensburg (SG) erhoben und zur Begründung ausgeführt, dass sie den Antrag auf Rückerstattung bereits im Jahr 2007 bei ihrem Antrag an die IKK und auch in ihrem Widerspruch vom 30.07.2007 gestellt habe. Auch aus dem Widerspruchsbescheid der IKK sei ersichtlich, dass im Jahre 2007 ein Statusfragebogen sowie der entsprechende Antrag auf Rückerstattung vorgelegen habe.
Es würde gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn sich die Beklagte nun darauf berufe, dass vor dem 01.01.2008 ein Erstattungsantrag nicht gestellt worden sei. Die Beklagte habe im Rahmen der Beteiligung durch die Einzugsstelle gewusst, dass die Klägerin alle zu Unrecht gezahlten Beiträge zurückhaben wolle. Die Fiktionswirkung des § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB IV sei nicht anwendbar, so dass die Beiträge für den Zeitraum 11.04.1995 bis 30.11.2003 zurückzuzahlen seien.
Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass sich ihrer Ansicht nach keine Erstattungsanträge aus den Unterlagen ergäben. Im gesamten Schriftwechsel zwischen der Krankenkasse und der Klägerin sei ausschließlich die Statusfeststellung angestrebt worden. Auch die Krankenkasse habe bestätigt, dass erstmals am 18.01.2008 ein Antrag auf Erstattung der Beiträge gestellt worden sei.
Das SG hat die Beklagte dazu aufgefordert, zu der Rechtsprechung des 6. Senats des BayLSG (L 6 LW 22/05, nachfolgend BSG, Urteil v. 24.06.2010, B 10 LW 4/09 R, BSGE 106, 239) Stellung zu nehmen.
Die Beklagte hat dazu ausgeführt, dass mit dem Bescheid der Einzugsstelle vom 25.07.2007, wonach die Klägerin seit 11.04.1995 nicht der Versicherungspflicht unterliege, weder eine ausdrückliche noch eine stillschweigende Beanstandung der Beiträge erfolgt sei. Im Übrigen hätte die Klägerin bereits auf der Grundlage des Bescheids vom 25.07.2007 die Beitragserstattung beantragen können; der Widerspruch habe die Zeit vor dem 11.04.1995 betroffen. Erst durch den Antrag der Klägerin vom 18.01.2008 sei das Beanstandungsverfahren eingeleitet worden. Die Fiktion des § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB IV sei damit zutreffend angewandt worden. Außerdem hätte die Klägerin bereits seit Aufnahme der Beschäftigung Erkundigungen bei der Beitragseinzugsstelle tätigen und für die Zeit ab 01.01.1999 die Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens gemäß § 7a SGB VI beantragen können. Ein Recht könne nach Treu und Glauben verwirken, wenn es der Berechtigte über längere Zeit nicht geltend mache.
Die Klägerin hat demgegenüber die Auffassung vertreten, dass die Aussagen in der Entscheidung L 6 LW 22/05 zu übertragen seien. Die Klägerin habe sich nach Treu und Glauben auf den Bescheid der Krankenkasse vom 25.07.2007 verlassen dürfen. Mit dem Widerspruch gegen die Entscheidung der Krankenkasse habe sich inzidenter auch der Antrag auf Erstattung ergeben. Aus dem Antrag, dem Bescheid und dem Widerspruch habe sich eindeutig ergeben, dass die Klägerin ab Feststellung der fehlenden Versicherungspflicht die geleisteten Beiträge zurückhaben wollte. Treu und Glauben sei ausschließlich zugunsten der Klägerin anzuwenden. Die Klägerin habe davon ausgehen dürfen, dass auch ein entsprechendes Beanstandungs- und Erstattungsverfahren durchgeführt werde. Die Fiktion des § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB IV könne deshalb nicht angewendet werden. Der Klägerin dürfe nicht angelastet werden, dass sie auf die Feststellung der Krankenkasse, wonach sie seit 11.04.1995 nicht der Versicherungspflicht unterliege, vertraut habe.
In der mündlichen Verhandlung am 18.06.2010 ist festgehalten worden, dass für die Klägerin bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs unstrittig keine Leistungen geltend gemacht worden oder zu erbringen gewesen sind.
Mit Urteil vom 18.06.2010 ist die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 22.04.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.09.2008 verurteilt worden, der Klägerin die für den Zeitraum vom 11.04.1995 bis 30.11.2003 entrichteten Beiträge entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu erstatten. Selbst wenn man der Auffassung sei, dass die Klägerin nicht bereits mit den Schreiben von 2006 bzw. 2007 gegenüber der Krankenkasse die für den streitigen Zeitraum gezahlten Beiträge beanstandet habe, sondern erst mit Schreiben vom 18.01.2008, seien die Beiträge nicht nach § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV verjährt. Mit dem Bescheid vom 22.04.2008 seien zwar die für den Zeitraum vom 11.04.1995 bis 30.11.2003 gezahlten Beiträge als zu Recht gezahlt behandelt worden, darin sei aber gleichzeitig eine zumindest sinngemäße Beanstandung im Sinne des § 27 Abs. 2 Satz 2 SGB IV zu sehen, mit der Folge, dass die Verjährung erst mit dem Ablauf des Kalenderjahres 2008 begonnen habe und die Verjährung noch nicht eingetreten sei. Unabhängig davon sei die geltend gemachte Einrede der Verjährung ermessensfehlerhaft. Im Bescheid vom 22.04.2008 habe die Beklagte ihr Ermessen nicht erkannt und auch nicht ausgeübt. Allein deshalb sei der Bescheid rechtswidrig; hierzu hat sich das SG auf die Entscheidung des BSG vom 26.03.1987, 11 a RLw 3/86 berufen. Im Übrigen stehe der Verjährungseinrede der Beklagten der Gesichtspunkt des "venire contra factum proprium" entgegen, da sie im Schreiben vom 26.07.2006 an die Krankenkasse noch die Auffassung vertreten habe, dass die Klägerin nach Auffassung der Beklagten nicht zum Personenkreis der Selbständigen gehören würde.
Gegen das am 07.07.2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 29.07.2010 Berufung eingelegt. Ein Erstattungsanspruch, über den eine Ermessensentscheidung hinsichtlich seiner Verjährung zu treffen wäre, sei aufgrund des § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB IV nicht entstanden. Ursprünglich zu Unrecht gezahlte Beiträge würden nach Ablauf der in § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV bestimmten Frist als zu Recht gezahlte Beiträge gelten. Insoweit komme es nur auf den Ablauf der Frist an; eine Ermessensentscheidung stehe dem Rentenversicherungsträger nicht zu. Die gesetzliche Fiktion des § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB VI führe dazu, dass die zum Zeitpunkt des Antrags auf Erstattung von der Frist des § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV betroffenen Beiträge nicht beanstandet und damit auch nicht erstattet werden könnten.
Dies sei auch der Wille des Gesetzgebers. Soweit das SG auf § 27 Abs. 2 Satz 2 SGB IV abstelle und meine, die Beklagte habe mit dem Bescheid vom 22.04.2008 eine "sinngemäße Beanstandung" der Beiträge für die Zeit vom 11.04.1995 bis 30.11.2003 ausgesprochen, könne die Beklagte diese Auffassung nicht nachvollziehen. Der Bescheid weise klar aus, dass diese Beiträge wegen § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB IV gerade nicht beanstandet werden könnten und als zu Recht gezahlte Beiträge zu behandeln seien.
Es stelle sich allenfalls die Frage, ob § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB IV Anwendung finde. Dies sei der Fall, da der Erstattungsantrag erst nach dem Inkrafttreten der Vorschrift gestellt worden sei. Im gesamten Verfahren zur Klärung der Versicherungspflicht bei der IKK sei kein Erstattungsantrag gestellt worden. Dieser sei auch nicht durch den "Zweck" des Verfahrens auf Klärung der Versicherungspflicht als gestellt zu fingieren, zumal der Zweck nicht eindeutig sei und oftmals nur Rechtssicherheit erreicht werden solle. Auch vor Einführung des § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB IV sei es bei entsprechenden Verfahren nicht zwingend zur Erstattung von Beiträgen gekommen, wenn festgestellt worden sei, dass Versicherungspflicht nicht vorlag. Für den Versicherten habe nach § 202 Satz1 SGB VI nämlich stets die Möglichkeit der Umwandlung der zu Unrecht gezahlten Pflicht- in freiwillige Beiträge bestanden. Ein Automatismus, dass bei fehlender Versicherungspflicht die Beiträge erstattet würden, habe nie bestanden. Deshalb verstoße es auch nicht gegen Treu und Glauben, wenn die Erstattung der Beiträge aufgrund des seit 2008 geltenden § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB IV verwehrt würden.
Die Beklagte stellt den Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 18.06.2010 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 22.04.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.09.2008 abzuweisen.
Die Klägerin stellt den Antrag,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie meint, dass ein Erstattungsanspruch entstanden sei und beruft sich auf das Urteil des Sozialgerichts. Die Beklagte habe selbst festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht nicht erfüllt seien und die Klägerin seit dem 11.04.1995 Beiträge zu Unrecht entrichtet habe.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie des gerichtlichen Verfahrens Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das SG hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Der Bescheid der Beklagten vom 22.04.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.09.2008 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
Der Berufung ist daher zurückzuweisen.
Die Klägerin hat einen Erstattungsanspruch gegen die Beklagte.
Nach § 26 Abs. 2 Satz 1 SGB IV sind zu Unrecht entrichtete Beiträge zu erstatten, es sei denn, dass der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs auf Grund dieser Beiträge oder für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind, Leistungen erbracht oder zu erbringen hat.
Der Anspruch scheitert unstrittig nicht daran, dass Leistungen erbracht wurden oder noch zu erbringen sind.
Die Klägerin hat auf den Beanstandungsschutz, den eine Prüfung beim Arbeitgeber nach § 26 Abs. 1 Satz 1 SGB IV grundsätzlich vermittelt, jedenfalls verzichtet (zur Möglichkeit des Verzichts auf eine Schutzvorschrift, vgl. Rossbach, Kommentar zum Sozialrecht, 2. Aufl., § 26 SGB IV, Rn. 4, 5).
Es liegen außerdem auch "zu Unrecht" entrichtete Beiträge vor. Für die Zahlung der Beiträge bestand kein Rechtsgrund.
Für den Zeitraum vom 11.04.1995 bis 30.11.2003 wurden in der irrigen Annahme, es liege Versicherungspflicht vor, Pflichtbeiträge gezahlt. Beitragszeiten sind aber allein durch die tatsächliche Zahlung nicht entstanden (vgl. Niesel, Kasseler Kommentar, § 55 SGB VI Rn. 4, BSG SozR 3-2200 § 1251 Nr. 2). Mit Bescheid der Krankenkasse als zuständiger Einzugsstelle wurde (erstmals) mit Bescheid vom 25.07.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.12.2007 bindend festgestellt, dass für die Klägerin seit 11.04.1995 keine Versicherungspflicht in der Rentenversicherung bestand. Damit wurden die seit April 1995 geleisteten Beiträge ohne Rechtsgrund entrichtet.
Die Beiträge gelten auch nicht nach § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB IV als zu Recht entrichtete Beiträge. Der Bescheid vom 22.04.2008 wendet § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB IV in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung (eingefügt durch Art. 1 Nr. 14 des Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch u. a. Gesetze vom 19. Dezember 2007 - SGB IV ÄndG - , BGBl. I Seite 3024) an, wonach die im fraglichen Zeitraum gezahlten Beiträge als zu Recht entrichtet gelten würden. In Anwendung dieser neuen Gesetzesfassung wäre die Haltung der Beklagten zutreffend.
Nach Ansicht des Senats ist hier aber der ab 01.01.2008 geltende § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB IV noch nicht anwendbar.
Das SGB IV ÄndG enthält keine ausdrückliche Übergangsregelung (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.01.2011, L 4 R 4672/10 und LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 07.12.2011- L 2 R 335/11, juris). § 300 SGB VI bezieht sich nur auf Ansprüche nach dem SGB VI. Damit bestimmt sich der zeitliche Anwendungsbereich des § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB IV nach den allgemeinen Regeln des intertemporalen Sozialrechts. Insoweit gilt nach der Rechtsprechung des BSG, dass sich Entstehung und Fortbestand sozialrechtlicher Ansprüche grundsätzlich nach dem Recht beurteilen, das zur Zeit der anspruchsbegründenden Ereignisse oder Umstände gegolten hat, soweit nicht das später in Kraft gesetzte Recht ausdrücklich oder sinngemäß etwas anderes bestimmt (vgl SozR 3-2500 § 48 Nr 5, sowie Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen m.w.N.)
Der Erstattungsanspruch entsteht grundsätzlich bereits mit der Zahlung der zu Unrecht entrichteten Beiträge; er ist (anders als etwa § 210 SGB VI) nicht von einer Antragstellung abhängig (vgl. § 27 SGB IV: "beim Fehlen eines Antrags"), sondern muss auch von Amts wegen erfüllt werden (vgl. Seewald in: Kasseler Kommentar, § 26 SGB IV Rn. 12; Kommentar zum Recht der gesetzlichen Rentenversicherung, hrsgeg. v. Verband Deutscher Rentenversicherungsträger, § 26 Rn 3.2).
Ausgehend von dem o.g. Grundsatz würde § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB VI also erst Erstattungsansprüche erfassen, deren Entstehung auf ab dem 01.01.2008 zu Unrecht entrichteten Beiträgen beruht, d.h. letztlich könnte § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB IV seine Wirkung erst ab 01.01.2013 entfalten.
Dies entspricht aber erkennbar nicht der Intention des Gesetzgebers. Aus der Entstehungsgeschichte der Norm ergibt sich die Zielsetzung, dass gerade auch die vor 01.01.2008 entrichteten Beiträge erfasst sein sollen (vgl. auch Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 21.01.2011 v. 21.01.2011 - L 4 R 4672/10; LSG Niedersachsen-Bremen, a.a.O).
Der Gesetzgeber wollte die bisherige Rechtslage, wonach zu Unrecht entrichtete Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung im Einzelfall viele Jahre rückwirkend erstattet werden mussten, ändern (BTDrucks 16/6540 S. 18). Hintergrund war, dass die bis dahin geltende Rechtslage immer häufiger von Finanzdienstleistern genutzt worden war, um z.B. mitarbeitende Familienangehörige des Arbeitgebers oder GmbH-Gesellschafter dahingehend zu beraten, dass ggf. rückwirkend ab Beginn des Beschäftigungsverhältnisses (teilweise mehr als 30 Jahre zurück) kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorgelegen habe. Der Erstattungsbetrag sollte anschließend in eine private Alterssicherung eingezahlt werden; die Ansprüche zur gesetzlichen Rentenversicherung gingen damit verloren. Mit der Neuregelung sollte einerseits die Sicherstellung des Sozialversicherungsschutzes der betreffenden Arbeitnehmer erreicht, andererseits auch die Versichertengemeinschaft davor geschützt werden, dass die Arbeitnehmer während ihres Arbeitslebens einen umfassenden Versicherungsschutz genießen, aber kurz vor dem Rentenbeginn der Versichertengemeinschaft die entsprechenden Beiträge wieder entziehen (s. Kreikebohm, SGB IV, 1. Aufl. 2008, Rn. 9, Anlage).
Die rückwirkende Anwendung des Gesetzes, mit der auch Beiträge, die bis zum 31.12.2007 entrichtet worden sind, erfasst werden, ist grundsätzlich auch verfassungskonform (s. dazu ausführlich LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 07.12.2011 - L 2 R 335/11, juris Rn. 38ff). Der Erstattungsanspruch wird zwar von Art. 14 GG erfasst. Es handelt sich aber um eine verhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung. Auch die tatbestandliche Rückanknüpfung ist gerechtfertigt. Wie in der Gesetzesbegründung dargelegt ist, wird in der Regel kein schutzwürdiges Vertrauen verletzt. Der Betroffene wird gegenüber der Situation, von der er bis zur Feststellung des Nichtvorliegens der Versicherungspflicht selbst ausgegangen ist, nicht schlechter gestellt (vgl. BTDrucks 16/6540 S. 18). Dadurch, dass die zu Unrecht entrichteten Beiträge in der gesetzlichen Rentenversicherung nach Ablauf der Verjährungsfrist von vier Jahren nach § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV als zu Recht entrichtete Pflichtbeiträge gelten, bleiben die Beiträge und darauf beruhende Ansprüche erhalten.
Damit bleibt es bei der Situation, auf die sich der Betroffene jahrelang eingerichtet hatte.
Die Ziele des Gesetzes, nämlich die Sicherstellung des Sozialversicherungsschutzes der betreffenden Arbeitnehmer und der Schutz der Versichertengemeinschaft werden damit bei einer Auslegung, die Erstattungszeiträume vor 2008 grundsätzlich erfasst, verhältnismäßig umgesetzt.
Dies kann allerdings nicht ohne Einschränkung für alle Erstattungsbegehren für vor 2008 entrichtete Beiträge gelten.
Sind Beiträge aufgrund der alten Rechtslage bereits erstattet worden, so können diese Verwaltungsakte in aller Regel nicht mehr rückgängig gemacht werden (vgl. § 45 SGB X).
Da es im Vergleich zu bereits entschiedenen Fällen nicht auf die Bearbeitungsdauer der Beklagten ankommen kann, erscheint es angebracht, auch diejenigen Fälle nach altem Recht zu behandeln, in denen bereits vor dem 01.01.2008 ein Erstattungsantrag gestellt wurde (vgl. Kreikebohm SGB IV Rn. 9; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15.09.2008 - L 24 B 182/08 KR, sozialgerichtsbarkeit.de; offen gelassen LSG Niedersachsen-Bremen vom 07.12.2011 - L 2 R 335/11, juris Rn. 34); auch die Beklagte selbst stellt auf den Zeitpunkt des Erstattungsantrags ab (s. auch Verbandskommentar zum Recht der gestzl. RV, § 26 S. 4).
Die Klägerin hat einen ausdrücklichen Erstattungsantrag hier erst im Februar 2008 gestellt. Ihr Vortrag im Verfahren, dass sie bereits zuvor dieses Anliegen geäußert habe, ist nicht belegt. In dem Antrag auf Feststellung der Versicherungspflicht kann auch nicht konkludent ein Erstattungsantrag gesehen werden (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.01.2011 - L 4 KR 4672/10, juris Rn. 27, a.a.O; LSG Niedersachsen-Bremen vom 07.12.2011 - L 2 R 335/11, juris Rn. 34).
Der Senat sieht allerdings den Antrag des Erstattungsberechtigten nicht als das einzige Abgrenzungskriterium für die Anwendbarkeit der alten Rechtslage an.
Auch dann, wenn der Rentenversicherungsträger bereits eine Beanstandung der Beiträge vor dem 01.01.2008 ausgesprochen hat, kann die dadurch eingetretene Rechtsfolge des § 27 Abs. 2 Satz 2 SGB IV (Verjährungsbeginn nach Beanstandung) aus Vertrauensschutzgründen nicht mehr durch die erst später in Kraft getretene Vorschrift des § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB IV gehindert werden. Dies entspricht auch dem Wortlaut des § 26 Abs. 1 Satz 3, wonach nur solche Beiträge als zu Recht entrichtete Pflichtbeiträge gelten, die "nicht mehr" beanstandet werden dürfen. Bereits vor 01.01.2008 beanstandete Beiträge verjähren daher weiterhin nach § 27 Abs. 2 Satz 2 SGB IV.
Nichts anderes kann aber nach Ansicht des Senats gelten, wenn Beiträge zwar nicht vor dem 01.01.2008 beanstandet worden sind, aber in dieser Zeit für die Beklagte offensichtlich bereits Anlass zu einer Beanstandung von Amts wegen bestanden hat. Der Versicherungsträger ist im Interesse der Versichertengemeinschaft verpflichtet, die Beanstandung vorzunehmen, sobald er Kenntnis von der Unwirksamkeit der Beitragsleistung hat (vgl. BSGE 58, 154, 156). Klarheit über das Bestehen bzw. Nichtbestehen der Pflichtbeiträge erscheint schon deshalb objektiv erforderlich, weil die Anzahl der Pflichtbeiträge Auswirkungen auf rentenrechtliche Leistungsansprüche (z.B. auf Rente wegen Erwerbsminderung) hat.
Hier ist eine Beanstandung durch die Beklagte im Jahr 2007 zwar nicht erfolgt. Eine Beanstandung kann auch nicht in dem Bescheid der Krankenkasse vom 25.07.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.12.2007 gesehen werden. Bei der Beanstandung im Sinne des § 27 Abs. 2 SGB IV handelt es sich um einen rechtstechnischen Begriff gerade der Rentenversicherung (vgl. ausdrücklich BSGE 68, 269, 271f mit weiterer Begründung, vgl. auch Seewald, Kasseler Kommentar, § 27 SGB IV Rn. 16).
Für die Beklagte lag aber bereits im Jahr 2007 ein offenkundiger Anlass zu einer Beanstandung vor. Sie hat selbst im Schreiben vom 16.05.2007 ausdrücklich der Auffassung der Einzugsstelle zugestimmt, dass die Klägerin dem Personenkreis der Selbständigen zuzuordnen ist. Es war damit für die Beklagte klar absehbar, dass die Einzugsstelle dementsprechend entscheiden würde. Die langwierige Klärung des Sachverhalts und der rechtlichen Fragen war hinsichtlich der Beiträge ab 01.04.1995 erkennbar abgeschlossen, so dass mit einer zeitnahen Verbescheidung darüber jedenfalls noch vor Jahresabschluss auch zu rechnen war. Das Widerspruchsverfahren, das im Dezember 2007 abgeschlossen worden ist, betraf nur die Beiträge vor dem 01.04.1995. Ggf. wäre insoweit auch eine Nachfrage zum Sachstand veranlasst gewesen.
Gegen die Durchführung der Beanstandung noch im Jahr 2007 spricht auch nicht der durch die Betriebsprüfung vom 18.06.2006 (Prüfungszeitraum 01.04.2002 bis 31.12.2005) grundsätzlich vermittelte Beanstandungsschutz (§ 26 Abs. 1 Satz 1, 2 SGB IV), auf den die Klägerin ausdrücklich erst im Februar 2008 verzichtet hat. Ein Beanstandungsschutz war in entsprechender Anwendung des § 45 Abs. 2 SGB X (s. § 26 Abs. 1 Satz 1 SGB IV) schon deshalb nicht gegeben, weil die Klägerin bereits durch ihre Antragstellung bei der Einzugsstelle vom 22.05.2006 zum Ausdruck gebracht hat, dass sie selbst nicht mehr von einer rechtmäßigen Beitragszahlung seit 11.04.1995 ausging (vgl. § 45 Abs. 2 Nr. 3 SGB X).
Auf den Zeitpunkt der Antragstellung erst im Jahr 2008 kommt es unter diesen Umständen nicht an. Weder die Beanstandung noch der Erstattungsanspruch nach § 26 SGB IV setzen einen Antrag voraus. Letzteres ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 27 Abs. 1 SGB IV ("bei Fehlen eines Antrags"). Auch das Verwaltungsverfahren zur Beitragserstattung ist daher von Amts wegen einzuleiten, sobald die Tatsache der unrechtmäßigen Beitragsentrichtung der Beklagten (auch durch eigene Feststellungen) bekannt geworden ist (vgl. Hauck/Haines, SGB IV, § 26 Nr. 4a, S. 9; Rossbach, Kommentar zum Sozialrecht, 2. Aufl., § 26 SGB IV Rn. 9).
Angesichts des Schreibens der Beklagten vom 16.05.2007 und der von der Beklagten bereits zuvor geäußerten Vermutung über eine angestrebte Beitragserstattung bestanden für die Beklagte bereits im Jahr 2007 offensichtliche und ausreichende Anhaltspunkte für ein Tätigwerden von Amts wegen. Daher kann sie sich auch nach dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht darauf berufen, dass die Klägerin selbst den Erstattungsantrag erst 2008 gestellt hat. Die Klägerin hat offenkundig zunächst noch den Abschluss des Widerspruchsverfahrens (bezüglich der Zeit vor 01.04.1995) bei der Einzugsstelle abgewartet; ein "Verzicht" auf ihre nach der alten Gesetzeslage bestehenden Rechte kann aus diesem Verhalten nicht abgelesen werden.
Gegen die Einleitung eines Erstattungsverfahrens von Amts wegen noch im Jahr 2007 spricht auch nicht, dass darin erst noch bestimmte Fragen (Verzicht auf vorangegangenen Beanstandungsschutz, freiwillige Beiträge, keine entgegenstehenden Leistungen etc.) zu klären waren; diese Klärung wäre auch bei einer Antragstellung durch den Erstattungsberechtigten noch im Jahr 2007 erforderlich gewesen.
Zusammenfassend ist der Senat der Auffassung, dass die Vorschrift des § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB IV grundsätzlich auch Erstattungsansprüche für vor dem 01.01.2008 entrichtete Beiträge erfasst. Sind aber bereits vor dem 01.01.2008 Erstattungsansprüche oder Beanstandungen vollzogen worden oder bestand vor dem 01.01.2008 wegen eines Antrags des Erstattungsberechtigten oder wegen offensichtlicher Kenntnis des Versicherungsträgers von der Unwirksamkeit der Beiträge Anlass zur Einleitung eines derartigen Verfahrens, so gilt noch die alte Rechtslage. Letzteres wird regelmäßig erst nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens zur Feststellung des sozialrechtlichen Status nach § 28h Abs. 2 SGB IV angenommen werden können (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.01.2011, L 4 R 4672/10, Nr. 2.2.4)
Bei Anwendung des bis zum 31.12.2007 geltenden Rechts durfte sich die Beklagte im Bescheid vom 22.04.2008 nicht auf die Regelung des § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB IV berufen. Der Bescheid war insoweit rechtswidrig.
Die Beklagte hätte auch für den hier noch strittigen Erstattungszeitraum eine Beanstandung aussprechen müssen mit der Folge, dass die Verjährung erst nach Ablauf des Jahres 2008 begonnen hätte (§ 27 Abs. 2 Satz 2 SGB IV) und die Beklagte im Bescheid vom 22.04.2008 die Einrede der Verjährung auch noch nicht erheben konnte.
Die Auffassung des Sozialgerichts, dass der Bescheid eine sinngemäße Beanstandung auch der Beiträge vom 11.04.1995 bis zum 30.11.2003 bereits enthält, widerspricht dem ausdrücklichen Wortlaut des Bescheids und auch dem erkennbaren Willen der Beklagten. Der vom 6. Senat des Bayerischen Landessozialgericht entschiedene Fall (L 6 LW 22/05, nachfolgend BSGE 106, 239-244), in dem eine konkludente Beanstandung angenommen wurde, war anders gelagert. Im Ergebnis ist dem Urteil des Sozialgerichts aber aus den o.g. Gründen zu folgen.
Da die Klägerin auch in zweiter Instanz obsiegt, hat die Beklagte der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.
II. Die Beklagte erstattet der Klägerin auch die außergerichtlichen
Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte zur Erstattung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung für den Zeitraum vom 11.04.1995 bis 30.11.2003 verpflichtet ist.
Die Klägerin ist seit 26.01.1979 Mitarbeiterin in der Firma (Metzgerei, Partyservice, Catering) ihres Ehegatten. Seit Beginn der Tätigkeit bis zum 31.12.2007 wurden Sozialversicherungsbeiträge entrichtet.
Die zuständige Krankenkasse stellte als Einzugsstelle auf Antrag der Klägerin vom 22.05.2006 und in Abstimmung mit der Beklagten per Bescheid vom 25.07.2007 fest, dass die Tätigkeit der Klägerin in der Firma ihres Ehemannes ab 11.04.1995 nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis ausgeübt wurde und damit nicht der Sozialversicherungspflicht unterlag.
In der internen Abstimmung hatte die Beklagte zunächst mit Schreiben vom 26.07.2006 die Auffassung vertreten, dass es sich um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis handele, das nun nach einem Motivwechsel rückwirkend als selbständige Tätigkeit dargestellt werden solle. Hintergrund dafür sei wohl die begehrte Erstattung der vermeintlich zu Unrecht gezahlten Pflichtbeiträge. Erst nach Vorlage weiterer Unterlagen hatte die Beklagte mit Schreiben vom 16.05.2007 an die Einzugsstelle ausdrücklich deren Auffassung gebilligt, wonach die Klägerin ab 11.04.1995 dem Personenkreis der Selbständigen zuzuordnen sei.
Der gegen den Bescheid vom 25.07.2007 gerichtete Widerspruch mit dem Ziel, dass die Feststellung der Krankenkasse bereits ab dem 29.03.1983 gelten solle, wurde mit Widerspruchsbescheid vom 13.12.2007 zurückgewiesen. Dabei wurde das Gesamtbild der Arbeitsleistung gewürdigt.
Mit Schreiben vom 18.01.2008 beantragte die Klägerin (und ihr Arbeitgeber) gegenüber der Krankenkasse die Rückerstattung der seit 11.04.1995 bis zum 31.12.2007 gezahlten Rentenversicherungsbeiträge (Gesamthöhe der Beiträge zur RV: Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil 20.628,57 EUR). Auf den Beanstandungsschutz aufgrund der letzten Betriebsprüfung vom 18.08.2006 zum Prüfzeitraum 01.04.2002 bis 31.12.2005 wurde im Formularantrag verzichtet. Leistungen in der Rentenversicherung seien nicht in Anspruch genommen worden. Die Beiträge sollten auch nicht nach § 202 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) als Beiträge zur freiwilligen Versicherung verbleiben.
Der Antrag wurde unter Bezugnahme auf die "gemeinsamen Grundsätze für die Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge" an die Beklagte zur Bearbeitung weitergereicht (Eingang 17.03.2008).
Die Beklagte beanstandete mit Bescheid vom 22.04.2008 die zu Unrecht gezahlten Pflichtbeiträge im Zeitraum vom 01.12.2003 bis zum 31.12.2007. Die Beitragszahlung sei zu Unrecht erfolgt, weil durch die zuständige Einzugsstelle festgestellt worden sei, dass in dem angegebenen Zeitraum keine Versicherungspflicht bestanden habe. Diese Beiträge würden beanstandet, weil die Beiträge ohne Rechtsgrundlage gezahlt worden seien. Der daraus resultierende Erstattungsbetrag in Höhe von jeweils 2858 EUR wurde im Juli 2008 an die Klägerin und den Arbeitgeber überwiesen.
Die Beiträge für den Zeitraum 11.04.1995 bis 30.11.2003 würden jedoch als zu Recht gezahlt gelten und könnten nicht erstattet werden. Nach Ablauf von vier Jahren nach dem Kalenderjahr, in dem sie gezahlt worden seien, würden wegen fehlender Versicherungspflicht zu Unrecht gezahlte Beiträge von abhängig Beschäftigten als zu Recht gezahlt gelten. Diese Beiträge dürften nicht beanstandet und erstattet werden. Die Beiträge würden als zu Recht gezahlte Beiträge im Versicherungskonto enthalten bleiben.
Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein und begründete diesen damit, dass der Bescheid der Krankenkasse vom Juli 2007 datiere. Sie habe bereits im Sommer 2006 den Antrag bei der IKK gestellt; die IKK habe die Bearbeitung verzögert. Der Widerspruchsbescheid sei erst im Dezember erlassen worden. Mit dem Bescheid vom Juli 2007 seien die Beiträge beanstandet worden. Die Verjährung der Beiträge sei nicht nachvollziehbar.
Mit Schreiben vom 13.05.2008 wies die Beklagte darauf hin, dass nach dem mit Wirkung ab 01.01.2008 an § 26 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) angefügten Satz 3 zu Unrecht gezahlte Beiträge nach Ablauf der in § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV bestimmten Frist als zu Recht entrichtete Beiträge gelten würden. Betroffen hiervon seien ausschließlich Pflichtbeiträge von abhängig Beschäftigten, die wegen Fehlens der Versicherungspflicht in voller Höhe zu Unrecht gezahlt worden seien. Die Fiktion trete vier Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres ein, in dem die unwirksamen Beiträge entrichtet worden seien. Grundsätzlich sei davon auszugehen, dass die Beiträge zum Zeitpunkt ihrer Fälligkeit gezahlt worden seien. Einen Verzicht auf die Fiktion sehe das Gesetz nicht vor. Betroffen seien auch vor dem 01.01.2008 zu Unrecht gezahlte Pflichtbeiträge. Anders wäre es nur, wenn Beiträge bereits mit Bescheid bis zum 31.12.2007 beanstandet worden wären. Für Erstattungsanträge, die vor dem 01.01.2008 gestellt worden seien, gelte noch die alte Rechtslage. Als Antrag in diesem Sinne sei eine Willenserklärung anzusehen, die auf Erstattung gerichtet sei, nicht ein Antrag auf Feststellung der Versicherungspflicht. Hier sei der Erstattungsantrag erst am 18.01.2008 gestellt worden, so dass eine Erstattung der Beiträge für die Zeit vom 11.04.1995 - 30.11.2003 nicht möglich sei.
Weiter erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 05.06.2008, dass mit dem Bescheid der Krankenkasse vom 25.07.2007 lediglich eine versicherungsrechtliche Beurteilung der Tätigkeit erfolgt sei und keine Beitragsbeanstandung. Eine solche sei erst mit Bescheid vom 22.04.2008 durch die Beklagte vorgenommen worden.
Die Klägerin hielt ihren Widerspruch aufrecht. Der Beklagten sei bereits im Juli 2006 klar gewesen, dass Hintergrund für die Feststellung der Versicherungspflicht das Erstattungsbegehren sei.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 10.09.2008 zurückgewiesen.
Dagegen hat die Klägerin am 10.10.2008 Klage beim Sozialgericht Regensburg (SG) erhoben und zur Begründung ausgeführt, dass sie den Antrag auf Rückerstattung bereits im Jahr 2007 bei ihrem Antrag an die IKK und auch in ihrem Widerspruch vom 30.07.2007 gestellt habe. Auch aus dem Widerspruchsbescheid der IKK sei ersichtlich, dass im Jahre 2007 ein Statusfragebogen sowie der entsprechende Antrag auf Rückerstattung vorgelegen habe.
Es würde gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn sich die Beklagte nun darauf berufe, dass vor dem 01.01.2008 ein Erstattungsantrag nicht gestellt worden sei. Die Beklagte habe im Rahmen der Beteiligung durch die Einzugsstelle gewusst, dass die Klägerin alle zu Unrecht gezahlten Beiträge zurückhaben wolle. Die Fiktionswirkung des § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB IV sei nicht anwendbar, so dass die Beiträge für den Zeitraum 11.04.1995 bis 30.11.2003 zurückzuzahlen seien.
Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass sich ihrer Ansicht nach keine Erstattungsanträge aus den Unterlagen ergäben. Im gesamten Schriftwechsel zwischen der Krankenkasse und der Klägerin sei ausschließlich die Statusfeststellung angestrebt worden. Auch die Krankenkasse habe bestätigt, dass erstmals am 18.01.2008 ein Antrag auf Erstattung der Beiträge gestellt worden sei.
Das SG hat die Beklagte dazu aufgefordert, zu der Rechtsprechung des 6. Senats des BayLSG (L 6 LW 22/05, nachfolgend BSG, Urteil v. 24.06.2010, B 10 LW 4/09 R, BSGE 106, 239) Stellung zu nehmen.
Die Beklagte hat dazu ausgeführt, dass mit dem Bescheid der Einzugsstelle vom 25.07.2007, wonach die Klägerin seit 11.04.1995 nicht der Versicherungspflicht unterliege, weder eine ausdrückliche noch eine stillschweigende Beanstandung der Beiträge erfolgt sei. Im Übrigen hätte die Klägerin bereits auf der Grundlage des Bescheids vom 25.07.2007 die Beitragserstattung beantragen können; der Widerspruch habe die Zeit vor dem 11.04.1995 betroffen. Erst durch den Antrag der Klägerin vom 18.01.2008 sei das Beanstandungsverfahren eingeleitet worden. Die Fiktion des § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB IV sei damit zutreffend angewandt worden. Außerdem hätte die Klägerin bereits seit Aufnahme der Beschäftigung Erkundigungen bei der Beitragseinzugsstelle tätigen und für die Zeit ab 01.01.1999 die Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens gemäß § 7a SGB VI beantragen können. Ein Recht könne nach Treu und Glauben verwirken, wenn es der Berechtigte über längere Zeit nicht geltend mache.
Die Klägerin hat demgegenüber die Auffassung vertreten, dass die Aussagen in der Entscheidung L 6 LW 22/05 zu übertragen seien. Die Klägerin habe sich nach Treu und Glauben auf den Bescheid der Krankenkasse vom 25.07.2007 verlassen dürfen. Mit dem Widerspruch gegen die Entscheidung der Krankenkasse habe sich inzidenter auch der Antrag auf Erstattung ergeben. Aus dem Antrag, dem Bescheid und dem Widerspruch habe sich eindeutig ergeben, dass die Klägerin ab Feststellung der fehlenden Versicherungspflicht die geleisteten Beiträge zurückhaben wollte. Treu und Glauben sei ausschließlich zugunsten der Klägerin anzuwenden. Die Klägerin habe davon ausgehen dürfen, dass auch ein entsprechendes Beanstandungs- und Erstattungsverfahren durchgeführt werde. Die Fiktion des § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB IV könne deshalb nicht angewendet werden. Der Klägerin dürfe nicht angelastet werden, dass sie auf die Feststellung der Krankenkasse, wonach sie seit 11.04.1995 nicht der Versicherungspflicht unterliege, vertraut habe.
In der mündlichen Verhandlung am 18.06.2010 ist festgehalten worden, dass für die Klägerin bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs unstrittig keine Leistungen geltend gemacht worden oder zu erbringen gewesen sind.
Mit Urteil vom 18.06.2010 ist die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 22.04.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.09.2008 verurteilt worden, der Klägerin die für den Zeitraum vom 11.04.1995 bis 30.11.2003 entrichteten Beiträge entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu erstatten. Selbst wenn man der Auffassung sei, dass die Klägerin nicht bereits mit den Schreiben von 2006 bzw. 2007 gegenüber der Krankenkasse die für den streitigen Zeitraum gezahlten Beiträge beanstandet habe, sondern erst mit Schreiben vom 18.01.2008, seien die Beiträge nicht nach § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV verjährt. Mit dem Bescheid vom 22.04.2008 seien zwar die für den Zeitraum vom 11.04.1995 bis 30.11.2003 gezahlten Beiträge als zu Recht gezahlt behandelt worden, darin sei aber gleichzeitig eine zumindest sinngemäße Beanstandung im Sinne des § 27 Abs. 2 Satz 2 SGB IV zu sehen, mit der Folge, dass die Verjährung erst mit dem Ablauf des Kalenderjahres 2008 begonnen habe und die Verjährung noch nicht eingetreten sei. Unabhängig davon sei die geltend gemachte Einrede der Verjährung ermessensfehlerhaft. Im Bescheid vom 22.04.2008 habe die Beklagte ihr Ermessen nicht erkannt und auch nicht ausgeübt. Allein deshalb sei der Bescheid rechtswidrig; hierzu hat sich das SG auf die Entscheidung des BSG vom 26.03.1987, 11 a RLw 3/86 berufen. Im Übrigen stehe der Verjährungseinrede der Beklagten der Gesichtspunkt des "venire contra factum proprium" entgegen, da sie im Schreiben vom 26.07.2006 an die Krankenkasse noch die Auffassung vertreten habe, dass die Klägerin nach Auffassung der Beklagten nicht zum Personenkreis der Selbständigen gehören würde.
Gegen das am 07.07.2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 29.07.2010 Berufung eingelegt. Ein Erstattungsanspruch, über den eine Ermessensentscheidung hinsichtlich seiner Verjährung zu treffen wäre, sei aufgrund des § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB IV nicht entstanden. Ursprünglich zu Unrecht gezahlte Beiträge würden nach Ablauf der in § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV bestimmten Frist als zu Recht gezahlte Beiträge gelten. Insoweit komme es nur auf den Ablauf der Frist an; eine Ermessensentscheidung stehe dem Rentenversicherungsträger nicht zu. Die gesetzliche Fiktion des § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB VI führe dazu, dass die zum Zeitpunkt des Antrags auf Erstattung von der Frist des § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV betroffenen Beiträge nicht beanstandet und damit auch nicht erstattet werden könnten.
Dies sei auch der Wille des Gesetzgebers. Soweit das SG auf § 27 Abs. 2 Satz 2 SGB IV abstelle und meine, die Beklagte habe mit dem Bescheid vom 22.04.2008 eine "sinngemäße Beanstandung" der Beiträge für die Zeit vom 11.04.1995 bis 30.11.2003 ausgesprochen, könne die Beklagte diese Auffassung nicht nachvollziehen. Der Bescheid weise klar aus, dass diese Beiträge wegen § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB IV gerade nicht beanstandet werden könnten und als zu Recht gezahlte Beiträge zu behandeln seien.
Es stelle sich allenfalls die Frage, ob § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB IV Anwendung finde. Dies sei der Fall, da der Erstattungsantrag erst nach dem Inkrafttreten der Vorschrift gestellt worden sei. Im gesamten Verfahren zur Klärung der Versicherungspflicht bei der IKK sei kein Erstattungsantrag gestellt worden. Dieser sei auch nicht durch den "Zweck" des Verfahrens auf Klärung der Versicherungspflicht als gestellt zu fingieren, zumal der Zweck nicht eindeutig sei und oftmals nur Rechtssicherheit erreicht werden solle. Auch vor Einführung des § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB IV sei es bei entsprechenden Verfahren nicht zwingend zur Erstattung von Beiträgen gekommen, wenn festgestellt worden sei, dass Versicherungspflicht nicht vorlag. Für den Versicherten habe nach § 202 Satz1 SGB VI nämlich stets die Möglichkeit der Umwandlung der zu Unrecht gezahlten Pflicht- in freiwillige Beiträge bestanden. Ein Automatismus, dass bei fehlender Versicherungspflicht die Beiträge erstattet würden, habe nie bestanden. Deshalb verstoße es auch nicht gegen Treu und Glauben, wenn die Erstattung der Beiträge aufgrund des seit 2008 geltenden § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB IV verwehrt würden.
Die Beklagte stellt den Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 18.06.2010 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 22.04.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.09.2008 abzuweisen.
Die Klägerin stellt den Antrag,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie meint, dass ein Erstattungsanspruch entstanden sei und beruft sich auf das Urteil des Sozialgerichts. Die Beklagte habe selbst festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht nicht erfüllt seien und die Klägerin seit dem 11.04.1995 Beiträge zu Unrecht entrichtet habe.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie des gerichtlichen Verfahrens Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das SG hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Der Bescheid der Beklagten vom 22.04.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.09.2008 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
Der Berufung ist daher zurückzuweisen.
Die Klägerin hat einen Erstattungsanspruch gegen die Beklagte.
Nach § 26 Abs. 2 Satz 1 SGB IV sind zu Unrecht entrichtete Beiträge zu erstatten, es sei denn, dass der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs auf Grund dieser Beiträge oder für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind, Leistungen erbracht oder zu erbringen hat.
Der Anspruch scheitert unstrittig nicht daran, dass Leistungen erbracht wurden oder noch zu erbringen sind.
Die Klägerin hat auf den Beanstandungsschutz, den eine Prüfung beim Arbeitgeber nach § 26 Abs. 1 Satz 1 SGB IV grundsätzlich vermittelt, jedenfalls verzichtet (zur Möglichkeit des Verzichts auf eine Schutzvorschrift, vgl. Rossbach, Kommentar zum Sozialrecht, 2. Aufl., § 26 SGB IV, Rn. 4, 5).
Es liegen außerdem auch "zu Unrecht" entrichtete Beiträge vor. Für die Zahlung der Beiträge bestand kein Rechtsgrund.
Für den Zeitraum vom 11.04.1995 bis 30.11.2003 wurden in der irrigen Annahme, es liege Versicherungspflicht vor, Pflichtbeiträge gezahlt. Beitragszeiten sind aber allein durch die tatsächliche Zahlung nicht entstanden (vgl. Niesel, Kasseler Kommentar, § 55 SGB VI Rn. 4, BSG SozR 3-2200 § 1251 Nr. 2). Mit Bescheid der Krankenkasse als zuständiger Einzugsstelle wurde (erstmals) mit Bescheid vom 25.07.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.12.2007 bindend festgestellt, dass für die Klägerin seit 11.04.1995 keine Versicherungspflicht in der Rentenversicherung bestand. Damit wurden die seit April 1995 geleisteten Beiträge ohne Rechtsgrund entrichtet.
Die Beiträge gelten auch nicht nach § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB IV als zu Recht entrichtete Beiträge. Der Bescheid vom 22.04.2008 wendet § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB IV in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung (eingefügt durch Art. 1 Nr. 14 des Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch u. a. Gesetze vom 19. Dezember 2007 - SGB IV ÄndG - , BGBl. I Seite 3024) an, wonach die im fraglichen Zeitraum gezahlten Beiträge als zu Recht entrichtet gelten würden. In Anwendung dieser neuen Gesetzesfassung wäre die Haltung der Beklagten zutreffend.
Nach Ansicht des Senats ist hier aber der ab 01.01.2008 geltende § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB IV noch nicht anwendbar.
Das SGB IV ÄndG enthält keine ausdrückliche Übergangsregelung (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.01.2011, L 4 R 4672/10 und LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 07.12.2011- L 2 R 335/11, juris). § 300 SGB VI bezieht sich nur auf Ansprüche nach dem SGB VI. Damit bestimmt sich der zeitliche Anwendungsbereich des § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB IV nach den allgemeinen Regeln des intertemporalen Sozialrechts. Insoweit gilt nach der Rechtsprechung des BSG, dass sich Entstehung und Fortbestand sozialrechtlicher Ansprüche grundsätzlich nach dem Recht beurteilen, das zur Zeit der anspruchsbegründenden Ereignisse oder Umstände gegolten hat, soweit nicht das später in Kraft gesetzte Recht ausdrücklich oder sinngemäß etwas anderes bestimmt (vgl SozR 3-2500 § 48 Nr 5, sowie Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen m.w.N.)
Der Erstattungsanspruch entsteht grundsätzlich bereits mit der Zahlung der zu Unrecht entrichteten Beiträge; er ist (anders als etwa § 210 SGB VI) nicht von einer Antragstellung abhängig (vgl. § 27 SGB IV: "beim Fehlen eines Antrags"), sondern muss auch von Amts wegen erfüllt werden (vgl. Seewald in: Kasseler Kommentar, § 26 SGB IV Rn. 12; Kommentar zum Recht der gesetzlichen Rentenversicherung, hrsgeg. v. Verband Deutscher Rentenversicherungsträger, § 26 Rn 3.2).
Ausgehend von dem o.g. Grundsatz würde § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB VI also erst Erstattungsansprüche erfassen, deren Entstehung auf ab dem 01.01.2008 zu Unrecht entrichteten Beiträgen beruht, d.h. letztlich könnte § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB IV seine Wirkung erst ab 01.01.2013 entfalten.
Dies entspricht aber erkennbar nicht der Intention des Gesetzgebers. Aus der Entstehungsgeschichte der Norm ergibt sich die Zielsetzung, dass gerade auch die vor 01.01.2008 entrichteten Beiträge erfasst sein sollen (vgl. auch Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 21.01.2011 v. 21.01.2011 - L 4 R 4672/10; LSG Niedersachsen-Bremen, a.a.O).
Der Gesetzgeber wollte die bisherige Rechtslage, wonach zu Unrecht entrichtete Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung im Einzelfall viele Jahre rückwirkend erstattet werden mussten, ändern (BTDrucks 16/6540 S. 18). Hintergrund war, dass die bis dahin geltende Rechtslage immer häufiger von Finanzdienstleistern genutzt worden war, um z.B. mitarbeitende Familienangehörige des Arbeitgebers oder GmbH-Gesellschafter dahingehend zu beraten, dass ggf. rückwirkend ab Beginn des Beschäftigungsverhältnisses (teilweise mehr als 30 Jahre zurück) kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorgelegen habe. Der Erstattungsbetrag sollte anschließend in eine private Alterssicherung eingezahlt werden; die Ansprüche zur gesetzlichen Rentenversicherung gingen damit verloren. Mit der Neuregelung sollte einerseits die Sicherstellung des Sozialversicherungsschutzes der betreffenden Arbeitnehmer erreicht, andererseits auch die Versichertengemeinschaft davor geschützt werden, dass die Arbeitnehmer während ihres Arbeitslebens einen umfassenden Versicherungsschutz genießen, aber kurz vor dem Rentenbeginn der Versichertengemeinschaft die entsprechenden Beiträge wieder entziehen (s. Kreikebohm, SGB IV, 1. Aufl. 2008, Rn. 9, Anlage).
Die rückwirkende Anwendung des Gesetzes, mit der auch Beiträge, die bis zum 31.12.2007 entrichtet worden sind, erfasst werden, ist grundsätzlich auch verfassungskonform (s. dazu ausführlich LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 07.12.2011 - L 2 R 335/11, juris Rn. 38ff). Der Erstattungsanspruch wird zwar von Art. 14 GG erfasst. Es handelt sich aber um eine verhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung. Auch die tatbestandliche Rückanknüpfung ist gerechtfertigt. Wie in der Gesetzesbegründung dargelegt ist, wird in der Regel kein schutzwürdiges Vertrauen verletzt. Der Betroffene wird gegenüber der Situation, von der er bis zur Feststellung des Nichtvorliegens der Versicherungspflicht selbst ausgegangen ist, nicht schlechter gestellt (vgl. BTDrucks 16/6540 S. 18). Dadurch, dass die zu Unrecht entrichteten Beiträge in der gesetzlichen Rentenversicherung nach Ablauf der Verjährungsfrist von vier Jahren nach § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV als zu Recht entrichtete Pflichtbeiträge gelten, bleiben die Beiträge und darauf beruhende Ansprüche erhalten.
Damit bleibt es bei der Situation, auf die sich der Betroffene jahrelang eingerichtet hatte.
Die Ziele des Gesetzes, nämlich die Sicherstellung des Sozialversicherungsschutzes der betreffenden Arbeitnehmer und der Schutz der Versichertengemeinschaft werden damit bei einer Auslegung, die Erstattungszeiträume vor 2008 grundsätzlich erfasst, verhältnismäßig umgesetzt.
Dies kann allerdings nicht ohne Einschränkung für alle Erstattungsbegehren für vor 2008 entrichtete Beiträge gelten.
Sind Beiträge aufgrund der alten Rechtslage bereits erstattet worden, so können diese Verwaltungsakte in aller Regel nicht mehr rückgängig gemacht werden (vgl. § 45 SGB X).
Da es im Vergleich zu bereits entschiedenen Fällen nicht auf die Bearbeitungsdauer der Beklagten ankommen kann, erscheint es angebracht, auch diejenigen Fälle nach altem Recht zu behandeln, in denen bereits vor dem 01.01.2008 ein Erstattungsantrag gestellt wurde (vgl. Kreikebohm SGB IV Rn. 9; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15.09.2008 - L 24 B 182/08 KR, sozialgerichtsbarkeit.de; offen gelassen LSG Niedersachsen-Bremen vom 07.12.2011 - L 2 R 335/11, juris Rn. 34); auch die Beklagte selbst stellt auf den Zeitpunkt des Erstattungsantrags ab (s. auch Verbandskommentar zum Recht der gestzl. RV, § 26 S. 4).
Die Klägerin hat einen ausdrücklichen Erstattungsantrag hier erst im Februar 2008 gestellt. Ihr Vortrag im Verfahren, dass sie bereits zuvor dieses Anliegen geäußert habe, ist nicht belegt. In dem Antrag auf Feststellung der Versicherungspflicht kann auch nicht konkludent ein Erstattungsantrag gesehen werden (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.01.2011 - L 4 KR 4672/10, juris Rn. 27, a.a.O; LSG Niedersachsen-Bremen vom 07.12.2011 - L 2 R 335/11, juris Rn. 34).
Der Senat sieht allerdings den Antrag des Erstattungsberechtigten nicht als das einzige Abgrenzungskriterium für die Anwendbarkeit der alten Rechtslage an.
Auch dann, wenn der Rentenversicherungsträger bereits eine Beanstandung der Beiträge vor dem 01.01.2008 ausgesprochen hat, kann die dadurch eingetretene Rechtsfolge des § 27 Abs. 2 Satz 2 SGB IV (Verjährungsbeginn nach Beanstandung) aus Vertrauensschutzgründen nicht mehr durch die erst später in Kraft getretene Vorschrift des § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB IV gehindert werden. Dies entspricht auch dem Wortlaut des § 26 Abs. 1 Satz 3, wonach nur solche Beiträge als zu Recht entrichtete Pflichtbeiträge gelten, die "nicht mehr" beanstandet werden dürfen. Bereits vor 01.01.2008 beanstandete Beiträge verjähren daher weiterhin nach § 27 Abs. 2 Satz 2 SGB IV.
Nichts anderes kann aber nach Ansicht des Senats gelten, wenn Beiträge zwar nicht vor dem 01.01.2008 beanstandet worden sind, aber in dieser Zeit für die Beklagte offensichtlich bereits Anlass zu einer Beanstandung von Amts wegen bestanden hat. Der Versicherungsträger ist im Interesse der Versichertengemeinschaft verpflichtet, die Beanstandung vorzunehmen, sobald er Kenntnis von der Unwirksamkeit der Beitragsleistung hat (vgl. BSGE 58, 154, 156). Klarheit über das Bestehen bzw. Nichtbestehen der Pflichtbeiträge erscheint schon deshalb objektiv erforderlich, weil die Anzahl der Pflichtbeiträge Auswirkungen auf rentenrechtliche Leistungsansprüche (z.B. auf Rente wegen Erwerbsminderung) hat.
Hier ist eine Beanstandung durch die Beklagte im Jahr 2007 zwar nicht erfolgt. Eine Beanstandung kann auch nicht in dem Bescheid der Krankenkasse vom 25.07.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.12.2007 gesehen werden. Bei der Beanstandung im Sinne des § 27 Abs. 2 SGB IV handelt es sich um einen rechtstechnischen Begriff gerade der Rentenversicherung (vgl. ausdrücklich BSGE 68, 269, 271f mit weiterer Begründung, vgl. auch Seewald, Kasseler Kommentar, § 27 SGB IV Rn. 16).
Für die Beklagte lag aber bereits im Jahr 2007 ein offenkundiger Anlass zu einer Beanstandung vor. Sie hat selbst im Schreiben vom 16.05.2007 ausdrücklich der Auffassung der Einzugsstelle zugestimmt, dass die Klägerin dem Personenkreis der Selbständigen zuzuordnen ist. Es war damit für die Beklagte klar absehbar, dass die Einzugsstelle dementsprechend entscheiden würde. Die langwierige Klärung des Sachverhalts und der rechtlichen Fragen war hinsichtlich der Beiträge ab 01.04.1995 erkennbar abgeschlossen, so dass mit einer zeitnahen Verbescheidung darüber jedenfalls noch vor Jahresabschluss auch zu rechnen war. Das Widerspruchsverfahren, das im Dezember 2007 abgeschlossen worden ist, betraf nur die Beiträge vor dem 01.04.1995. Ggf. wäre insoweit auch eine Nachfrage zum Sachstand veranlasst gewesen.
Gegen die Durchführung der Beanstandung noch im Jahr 2007 spricht auch nicht der durch die Betriebsprüfung vom 18.06.2006 (Prüfungszeitraum 01.04.2002 bis 31.12.2005) grundsätzlich vermittelte Beanstandungsschutz (§ 26 Abs. 1 Satz 1, 2 SGB IV), auf den die Klägerin ausdrücklich erst im Februar 2008 verzichtet hat. Ein Beanstandungsschutz war in entsprechender Anwendung des § 45 Abs. 2 SGB X (s. § 26 Abs. 1 Satz 1 SGB IV) schon deshalb nicht gegeben, weil die Klägerin bereits durch ihre Antragstellung bei der Einzugsstelle vom 22.05.2006 zum Ausdruck gebracht hat, dass sie selbst nicht mehr von einer rechtmäßigen Beitragszahlung seit 11.04.1995 ausging (vgl. § 45 Abs. 2 Nr. 3 SGB X).
Auf den Zeitpunkt der Antragstellung erst im Jahr 2008 kommt es unter diesen Umständen nicht an. Weder die Beanstandung noch der Erstattungsanspruch nach § 26 SGB IV setzen einen Antrag voraus. Letzteres ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 27 Abs. 1 SGB IV ("bei Fehlen eines Antrags"). Auch das Verwaltungsverfahren zur Beitragserstattung ist daher von Amts wegen einzuleiten, sobald die Tatsache der unrechtmäßigen Beitragsentrichtung der Beklagten (auch durch eigene Feststellungen) bekannt geworden ist (vgl. Hauck/Haines, SGB IV, § 26 Nr. 4a, S. 9; Rossbach, Kommentar zum Sozialrecht, 2. Aufl., § 26 SGB IV Rn. 9).
Angesichts des Schreibens der Beklagten vom 16.05.2007 und der von der Beklagten bereits zuvor geäußerten Vermutung über eine angestrebte Beitragserstattung bestanden für die Beklagte bereits im Jahr 2007 offensichtliche und ausreichende Anhaltspunkte für ein Tätigwerden von Amts wegen. Daher kann sie sich auch nach dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht darauf berufen, dass die Klägerin selbst den Erstattungsantrag erst 2008 gestellt hat. Die Klägerin hat offenkundig zunächst noch den Abschluss des Widerspruchsverfahrens (bezüglich der Zeit vor 01.04.1995) bei der Einzugsstelle abgewartet; ein "Verzicht" auf ihre nach der alten Gesetzeslage bestehenden Rechte kann aus diesem Verhalten nicht abgelesen werden.
Gegen die Einleitung eines Erstattungsverfahrens von Amts wegen noch im Jahr 2007 spricht auch nicht, dass darin erst noch bestimmte Fragen (Verzicht auf vorangegangenen Beanstandungsschutz, freiwillige Beiträge, keine entgegenstehenden Leistungen etc.) zu klären waren; diese Klärung wäre auch bei einer Antragstellung durch den Erstattungsberechtigten noch im Jahr 2007 erforderlich gewesen.
Zusammenfassend ist der Senat der Auffassung, dass die Vorschrift des § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB IV grundsätzlich auch Erstattungsansprüche für vor dem 01.01.2008 entrichtete Beiträge erfasst. Sind aber bereits vor dem 01.01.2008 Erstattungsansprüche oder Beanstandungen vollzogen worden oder bestand vor dem 01.01.2008 wegen eines Antrags des Erstattungsberechtigten oder wegen offensichtlicher Kenntnis des Versicherungsträgers von der Unwirksamkeit der Beiträge Anlass zur Einleitung eines derartigen Verfahrens, so gilt noch die alte Rechtslage. Letzteres wird regelmäßig erst nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens zur Feststellung des sozialrechtlichen Status nach § 28h Abs. 2 SGB IV angenommen werden können (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.01.2011, L 4 R 4672/10, Nr. 2.2.4)
Bei Anwendung des bis zum 31.12.2007 geltenden Rechts durfte sich die Beklagte im Bescheid vom 22.04.2008 nicht auf die Regelung des § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB IV berufen. Der Bescheid war insoweit rechtswidrig.
Die Beklagte hätte auch für den hier noch strittigen Erstattungszeitraum eine Beanstandung aussprechen müssen mit der Folge, dass die Verjährung erst nach Ablauf des Jahres 2008 begonnen hätte (§ 27 Abs. 2 Satz 2 SGB IV) und die Beklagte im Bescheid vom 22.04.2008 die Einrede der Verjährung auch noch nicht erheben konnte.
Die Auffassung des Sozialgerichts, dass der Bescheid eine sinngemäße Beanstandung auch der Beiträge vom 11.04.1995 bis zum 30.11.2003 bereits enthält, widerspricht dem ausdrücklichen Wortlaut des Bescheids und auch dem erkennbaren Willen der Beklagten. Der vom 6. Senat des Bayerischen Landessozialgericht entschiedene Fall (L 6 LW 22/05, nachfolgend BSGE 106, 239-244), in dem eine konkludente Beanstandung angenommen wurde, war anders gelagert. Im Ergebnis ist dem Urteil des Sozialgerichts aber aus den o.g. Gründen zu folgen.
Da die Klägerin auch in zweiter Instanz obsiegt, hat die Beklagte der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.
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