Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
30
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 30 R 948/10
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 170/13
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Klage gegen den Bescheid vom 15.10.2009 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 25.03.2010 und des Bescheides vom 07.04.2011 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Klägerin trägt die Gerichtskosten.
Tatbestand:
Streitig zwischen der Beteiligten ist der versicherungsrechtliche Status des Beigeladenen.
Die klagende Gesellschaft beantragte am 12.03.2009 bei der Beklagten, den sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen im Hinblick auf seine Tätigkeit als Geschäftsführer festzustellen. Vorgelegt wurden mehrere Verträge. Hieraus ergab sich, dass zwei Schwestern D. mit Geschäftsanteilen von je DM 12.500 als "Hauptbeteiligte" der 1996 gegründeten klagenden GmbH dem Beigeladenen mit Wirkung ab 01.01.2007 jeweils eine "Unterbeteiligung" einräumten. Die Unterbeteiligungen entsprachen in voller Höhe den von den Hauptbeteiligten an der Hauptgesellschaft gehaltenen Geschäftsanteilen. Dadurch entstand eine Innengesellschaft. Für die Einräumung der Unterbeteiligungen wurde eine zunächst gestundete und dann ratenweise zu erbringende Gegenleistung von EUR 25.000,00 durch den Beigeladenen vereinbart. Der Beigeladene wurde unter Bezugnahme auf einen Gesellschafterbeschluss vom 21.04.2005 zum Geschäftsführer der GmbH bestellt. Hierfür standen ihm jährlich 13 Monatsgehälter zu je EUR 5600,00 und ein auch privat nutzbarer Dienstwagen der gehobenen Mittelklasse zu. Vereinbart waren außerdem ein Jahresurlaub von 30 Tagen, eine Kündigungsfrist von 3 Monaten und ein En-de des Dienstverhältnisses spätestens mit Ablauf des Monats der Vollendung des 65. Lebensjahres oder der festgestellten Erwerbsminderung.
Nach Mahnungen erhielt die Beklagte am 20.05.2009 weitere Informationen. Hierbei wur-de die Motivation für das Gesellschaftsmodell dargestellt. Ursprünglich sei beabsichtigt gewesen, die Anteile der Erbengemeinschaft D. an der GmbH je zur Hälfte an die beiden Kinder und an den Beigeladenen zu übertragen. Im Hinblick auf Gewährleistungsansprü-che von dritter Seite in Höhe von etwa EUR 25.000,00 gegen den Beigeladenen und zur Vermeidung von Pfändungen in die GmbH-Anteile seien lediglich die Anteile an E. D. übertragen worden und über die restlichen Anteile ein Unterbeteiligungsvertrag zwischen der Erbengemeinschaft und dem Beigeladenen geschlossen worden.
Am 17.09.2009 hörte die Beklagte die klagende GmbH und den Beigeladenen zu ihrer Absicht an, für Letzteren das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses festzustellen. Bei GmbH-Geschäftsführern, die nicht am Stammkapital beteiligt sind (so-genannten Fremdgeschäftsführern) liege nach der ständigen Rechtsprechung des BSG grundsätzlich ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vor. Der Fremdgeschäftsführer sei in eine nicht von ihm selbst gegebene Ordnung des Betriebes eingegliedert und dürfe nur im Rahmen des Gesellschaftsvertrages und der Gesellschafterbeschlüsse handeln. Die Rechtsprechung habe ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nur ausnahmsweise in Fällen einer Familien-GmbH oder in Gesellschaften verneint, in denen familienhafte Bindungen zu Mehrheitsgesellschaftern bestehen. Der Beigeladene sei aufgrund schriftlichen Anstellungsvertrages vom 21.04.2005 als Geschäftsführer bei der klagenden GmbH tätig. Es bestehe ein Arbeitsvertrag, der die Mitarbeit des Beigeladenen in der Gesellschaft regelt. Dieser Anstellungsvertrag enthalte arbeitsvertraglich typische Regelungen zum Urlaubsanspruch und Kündigungsregelungen. Es werde eine Vergütung in Höhe von EUR 5600,00 und damit ein für die Tätigkeit übliches Arbeitsentgelt bezahlt. Der Beigeladene sei am Stammkapital der Gesellschaft nicht beteiligt und könne somit keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft ausüben. Seine Unterbeteiligung in der Innengesellschaft verschaffe ihm kein Stimmrecht in der Hauptgesellschaft.
Mit Bescheiden vom 15.10.2009 an Klägerin und Beigeladenen stellte die Beklagte fest, dass der Kläger seine Tätigkeit in abhängiger Beschäftigung ausübe. Zur Begründung wiederholte sie im Wesentlichen die Argumente aus der Anhörung. Ergänzt wurde noch das Argument, dass der Beigeladene zwar durch Tantiemen am Erfolg der Gesellschaft beteiligt sei, jedoch kein unternehmerisches Risiko im Sinne einer Verlustbeteiligung trage.
Der Widerspruch hiergegen rügte eine Verkennung der rechtlichen Auswirkungen des Unterbeteiligungsvertrages. Durch das Recht, im Falle einer Kapitalerhöhung der Gesellschaft seinen eigenen Kapitalanteil zu erhöhen, und durch die direkte Ausschüttung von Gewinnen habe der Beigeladene de facto eine Stellung wie ein Gesellschafter entsprechend der Höhe seiner Unterbeteiligung mit 50 %. Er sei auch im Hinblick auf seine Bran-chen- und Fachkenntnisse, seine Ausbildung und seine nachgewiesene Befähigung und jahrzehntelange Erfahrung als einziger in der Lage, die Firma zu führen.
Die Widerspruchsbescheide vom 25.03.2010 bestätigten die Ausgangsbescheide. Sie betonten, der Beigeladene verfüge nicht direkt über Anteile am Stammkapital der Gesellschaft. Aus seiner Unterbeteiligung könne kein maßgeblicher Einfluss auf die Geschicke der GmbH abgeleitet werden. Der Geschäftsführerdienstvertrag enthalte die für abhängig Beschäftigte typischen Regelungen, wonach der Beigeladene seine gesamte Arbeitskraft schuldet, seinen Jahresurlaub an den betrieblichen Belangen der GmbH auszurichten hat und zur Übernahme einer Nebentätigkeit der Zustimmung der Gesellschaft bedarf. Die Vergütung erfolge in Form eines gleichbleibenden Monatsgehalts. Es handele sich damit allenfalls um ein Entgeltrisiko abhängig Beschäftigter, aber nicht um ein unternehmeri-sches Risiko selbstständig Tätiger.
Nach Erhebung der Klage hiergegen ergänzte die Beklagte am 07.04.2011 die angefoch-tenen Bescheide bezüglich der Versicherungspflicht in anderen Zweigen der Sozialversicherung und in der Arbeitslosenversicherung. In einem Termin zur mündlichen Verhandlung am 28.04.2011 beschrieb der Klägervertreter für den Beigeladenen eine typische Managertätigkeit in großer formaler Freiheit. Der Dienstvertrag werde nicht praktiziert und feste Bezüge seien nur formell ausgewiesen. Die Beklagte verwies demgegenüber auf die schriftliche Vertragslage. Der Beigeladene sei am Gewinn beteiligt, nicht hingegen am Verlust. Im übrigen sei der Beigeladene bis Februar 2009 in gleicher Position versicherungspflichtig gewesen.
Zwischen dem Gericht und den Beteiligten wurde Einvernehmen über die Zweckmäßigkeit erzielt, die steuerliche Behandlung der Einkünfte des Beigeladenen für 2009 und 2010 zu klären. Zu diesem Zweck wurde der Rechtsstreit vertagt.
Die vorgelegten Einkommensteuerbescheide für den Beigeladenen für die Jahre 2009 und 2010 wiesen positive Einkünfte nur aus nichtselbstständiger Tätigkeit aus. Zusätzlich waren für 2009 geringe und für 2010 etwas größere Verluste aus Gewerbebetrieb als Einzelunternehmer dokumentiert.
In einer Klagebegründung vom 19.06.2012 wurde vorgetragen, der Beigeladene sei Herr des Unternehmens und führe es nach eigenem Gutdünken ohne jede Einflussnahme der weiteren Gesellschafter. Nur er habe die fachliche und sachliche Kompetenz zur Führung des Dachdeckerei- und Spenglereibetriebes.
Der Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 15.10.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.03.2010 aufzuheben. Es wird festgestellt, dass zwischen der Klägerin und deren Geschäftsführer C. kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis besteht.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat die Akten der Beklagten beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Prozessakte sowie auf den gesamten Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage wurde nach Durchführung des gesetzlich vorgeschriebenen Widerspruchsverfahrens form- und fristgerecht beim zuständigen Gericht erhoben und ist somit zulässig.
Die Klage ist jedoch in der Sache nicht begründet. § 7 a Abs. 1 S. 1 SGB IV ermöglicht ein Anfrageverfahren über die Frage einer strittigen Beschäftigung in Abgrenzung zu einer selbstständigen Tätigkeit. Abs. 1 S. 3 der Vorschrift begründet eine bundesweite Sonderzuständigkeit der Beklagten für entsprechende Statusfeststellungen. Nach Abs. 2 der Vorschrift entscheidet die Beklagte aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung vorliegt.
Den zitierten Abs. 2 hätte der Gesetzgeber nicht eigens in die Vorschrift des § 7 a SGB IV aufnehmen müssen, weil Behörden die im Rahmen ihrer Zuständigkeit zu treffenden Entscheidungen ausnahmslos aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzel-falls zu treffen haben.
Die berufliche Entfaltung des Klägers gleicht mehr der Arbeit eines selbstständigen Gewerbetreibenden oder Handwerksmeisters als der Beschäftigung eines Fließbandarbeiters oder Supermarktverkäufers. In seiner Handlungsfreiheit, seiner Befugnis zum Abschluss von Verträgen sowie im Ausmaß seines Engagements ist seine Tätigkeit sogar typisch unternehmerisch.
Dieses Profil macht ihn jedoch nicht schon selbst zum Unternehmer, weil es unter sozial-rechtlichen Aspekten wesentlich auf seine persönliche vertragliche Situation ankommt. Der Schlüsselbegriff zur Charakterisierung der Stellung des Klägers ist der des "Managers". Zahllose Unternehmen beschäftigen hoch qualifizierte Kaufleute, Betriebswirte, Juristen und Ingenieure, die unterhalb der Vorstandsebene mit sehr umfassenden Kompe-tenzen große Produktionsstätten oder Verkaufsmärkte weithin eigenständig leiten und sowohl von den Arbeitern und Angestellten als "Chefs" betrachtet als auch von den Kunden mit der "Firma" identifiziert werden. Ganz selbstverständlich sind sie zu Abschluss und Kündigung von Beschäftigungsverträgen und Grundstücksgeschäften befugt, haben erheblichen Einfluss auf die Produktpalette, die individuellen Vertragskonditionen und auf den Werbeauftritt. Bei einem wie vorliegend kleineren Unternehmen entfallen arbeitsrechtliche und immobilienrechtliche Befugnisse und tritt das ganz persönliche Vertrauen einer kleinen Gesellschaftergruppe in den Geschäftsführer in den Vordergrund. Dessen Tätigkeit unterscheidet sich tatsächlich über lange Zeiträume hinweg nicht von der eines ei-genständigen kleinen Unternehmers. Wer jedoch wie der Beigeladene von der Gesellschaft ein festes Gehalt bezieht, einen Urlaubsanspruch hat, Kündigungsschutz genießt und jedenfalls formal zur Lenkung der Gesellschaft nicht berechtigt ist, hat im rechtlichen Sinne nicht die Position eines Unternehmers. Er ist abhängig beschäftigter Geschäftsführer. Diese Wertung hat vorliegend auch das Finanzamt entweder selbst getroffen oder aus den Angaben des Beigeladenen unwidersprochen übernommen.
Dass der Arbeitsplatz des Klägers und sein künftiges Entgelt in hohem Maße von seiner eigenen Leistung abhängen, ist typisch nicht nur für Personen in leitender Verantwortung für ein Unternehmen, sondern im weiteren Sinne für jeden Teilnehmer an Produktion und Dienstleistung. Zu einem je nach Firmengröße unterschiedlichen Bruchteil beeinflussen der Koch eines Restaurants, die Vertriebschefin eines Verlages, der Verkäufer in einem Einzelhandelsgeschäft oder die Ärztin in einer Privatklinik stets mit ihrer Arbeitsqualität die eigene berufliche Zukunft, ohne dass sie dadurch zu Unternehmerpersönlichkeiten wer-den.
Einzige Besonderheit ist vorliegend die Konstruktion einer Innengesellschaft mit finanzieller Beteiligung des Beigeladenen an den Gesellschaftsanteilen. Diese Konstruktion ist je-doch nicht geeignet, die rechtliche Stellung des Beigeladenen nach außen hin zu verändern. Ob der Fremdgeschäftsführer einer GmbH zu einem oder mehreren Gesellschaftern in einem Verhältnis als Kreditgeber oder Kreditnehmer steht, hat auf die rechtliche Bewertung seiner Tätigkeit keinen Einfluss.
Unbeachtlich bleibt das Argument, die vertraglichen Regelungen würden in der Praxis nicht umgesetzt. Ausführliche und teilweise mit notarieller Beurkundung gefertigte Verträge schließt man ab, um ganz bestimmte beispielsweise berufsrechtliche, haftungsrechtliche, erbrechtliche oder steuerrechtliche Vorteile zu sichern. Es kann nicht angehen, solche Verträge dann in Rechtsbereichen für irrelevant zu erklären, in denen aus den getroffenen Regelungen Belastungen erwachsen.
Die Kostenentscheidungen beruhen auf §§ 193 und 197 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. §§ 154–162 Verwaltungsgerichtsordnung.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Klägerin trägt die Gerichtskosten.
Tatbestand:
Streitig zwischen der Beteiligten ist der versicherungsrechtliche Status des Beigeladenen.
Die klagende Gesellschaft beantragte am 12.03.2009 bei der Beklagten, den sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen im Hinblick auf seine Tätigkeit als Geschäftsführer festzustellen. Vorgelegt wurden mehrere Verträge. Hieraus ergab sich, dass zwei Schwestern D. mit Geschäftsanteilen von je DM 12.500 als "Hauptbeteiligte" der 1996 gegründeten klagenden GmbH dem Beigeladenen mit Wirkung ab 01.01.2007 jeweils eine "Unterbeteiligung" einräumten. Die Unterbeteiligungen entsprachen in voller Höhe den von den Hauptbeteiligten an der Hauptgesellschaft gehaltenen Geschäftsanteilen. Dadurch entstand eine Innengesellschaft. Für die Einräumung der Unterbeteiligungen wurde eine zunächst gestundete und dann ratenweise zu erbringende Gegenleistung von EUR 25.000,00 durch den Beigeladenen vereinbart. Der Beigeladene wurde unter Bezugnahme auf einen Gesellschafterbeschluss vom 21.04.2005 zum Geschäftsführer der GmbH bestellt. Hierfür standen ihm jährlich 13 Monatsgehälter zu je EUR 5600,00 und ein auch privat nutzbarer Dienstwagen der gehobenen Mittelklasse zu. Vereinbart waren außerdem ein Jahresurlaub von 30 Tagen, eine Kündigungsfrist von 3 Monaten und ein En-de des Dienstverhältnisses spätestens mit Ablauf des Monats der Vollendung des 65. Lebensjahres oder der festgestellten Erwerbsminderung.
Nach Mahnungen erhielt die Beklagte am 20.05.2009 weitere Informationen. Hierbei wur-de die Motivation für das Gesellschaftsmodell dargestellt. Ursprünglich sei beabsichtigt gewesen, die Anteile der Erbengemeinschaft D. an der GmbH je zur Hälfte an die beiden Kinder und an den Beigeladenen zu übertragen. Im Hinblick auf Gewährleistungsansprü-che von dritter Seite in Höhe von etwa EUR 25.000,00 gegen den Beigeladenen und zur Vermeidung von Pfändungen in die GmbH-Anteile seien lediglich die Anteile an E. D. übertragen worden und über die restlichen Anteile ein Unterbeteiligungsvertrag zwischen der Erbengemeinschaft und dem Beigeladenen geschlossen worden.
Am 17.09.2009 hörte die Beklagte die klagende GmbH und den Beigeladenen zu ihrer Absicht an, für Letzteren das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses festzustellen. Bei GmbH-Geschäftsführern, die nicht am Stammkapital beteiligt sind (so-genannten Fremdgeschäftsführern) liege nach der ständigen Rechtsprechung des BSG grundsätzlich ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vor. Der Fremdgeschäftsführer sei in eine nicht von ihm selbst gegebene Ordnung des Betriebes eingegliedert und dürfe nur im Rahmen des Gesellschaftsvertrages und der Gesellschafterbeschlüsse handeln. Die Rechtsprechung habe ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nur ausnahmsweise in Fällen einer Familien-GmbH oder in Gesellschaften verneint, in denen familienhafte Bindungen zu Mehrheitsgesellschaftern bestehen. Der Beigeladene sei aufgrund schriftlichen Anstellungsvertrages vom 21.04.2005 als Geschäftsführer bei der klagenden GmbH tätig. Es bestehe ein Arbeitsvertrag, der die Mitarbeit des Beigeladenen in der Gesellschaft regelt. Dieser Anstellungsvertrag enthalte arbeitsvertraglich typische Regelungen zum Urlaubsanspruch und Kündigungsregelungen. Es werde eine Vergütung in Höhe von EUR 5600,00 und damit ein für die Tätigkeit übliches Arbeitsentgelt bezahlt. Der Beigeladene sei am Stammkapital der Gesellschaft nicht beteiligt und könne somit keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft ausüben. Seine Unterbeteiligung in der Innengesellschaft verschaffe ihm kein Stimmrecht in der Hauptgesellschaft.
Mit Bescheiden vom 15.10.2009 an Klägerin und Beigeladenen stellte die Beklagte fest, dass der Kläger seine Tätigkeit in abhängiger Beschäftigung ausübe. Zur Begründung wiederholte sie im Wesentlichen die Argumente aus der Anhörung. Ergänzt wurde noch das Argument, dass der Beigeladene zwar durch Tantiemen am Erfolg der Gesellschaft beteiligt sei, jedoch kein unternehmerisches Risiko im Sinne einer Verlustbeteiligung trage.
Der Widerspruch hiergegen rügte eine Verkennung der rechtlichen Auswirkungen des Unterbeteiligungsvertrages. Durch das Recht, im Falle einer Kapitalerhöhung der Gesellschaft seinen eigenen Kapitalanteil zu erhöhen, und durch die direkte Ausschüttung von Gewinnen habe der Beigeladene de facto eine Stellung wie ein Gesellschafter entsprechend der Höhe seiner Unterbeteiligung mit 50 %. Er sei auch im Hinblick auf seine Bran-chen- und Fachkenntnisse, seine Ausbildung und seine nachgewiesene Befähigung und jahrzehntelange Erfahrung als einziger in der Lage, die Firma zu führen.
Die Widerspruchsbescheide vom 25.03.2010 bestätigten die Ausgangsbescheide. Sie betonten, der Beigeladene verfüge nicht direkt über Anteile am Stammkapital der Gesellschaft. Aus seiner Unterbeteiligung könne kein maßgeblicher Einfluss auf die Geschicke der GmbH abgeleitet werden. Der Geschäftsführerdienstvertrag enthalte die für abhängig Beschäftigte typischen Regelungen, wonach der Beigeladene seine gesamte Arbeitskraft schuldet, seinen Jahresurlaub an den betrieblichen Belangen der GmbH auszurichten hat und zur Übernahme einer Nebentätigkeit der Zustimmung der Gesellschaft bedarf. Die Vergütung erfolge in Form eines gleichbleibenden Monatsgehalts. Es handele sich damit allenfalls um ein Entgeltrisiko abhängig Beschäftigter, aber nicht um ein unternehmeri-sches Risiko selbstständig Tätiger.
Nach Erhebung der Klage hiergegen ergänzte die Beklagte am 07.04.2011 die angefoch-tenen Bescheide bezüglich der Versicherungspflicht in anderen Zweigen der Sozialversicherung und in der Arbeitslosenversicherung. In einem Termin zur mündlichen Verhandlung am 28.04.2011 beschrieb der Klägervertreter für den Beigeladenen eine typische Managertätigkeit in großer formaler Freiheit. Der Dienstvertrag werde nicht praktiziert und feste Bezüge seien nur formell ausgewiesen. Die Beklagte verwies demgegenüber auf die schriftliche Vertragslage. Der Beigeladene sei am Gewinn beteiligt, nicht hingegen am Verlust. Im übrigen sei der Beigeladene bis Februar 2009 in gleicher Position versicherungspflichtig gewesen.
Zwischen dem Gericht und den Beteiligten wurde Einvernehmen über die Zweckmäßigkeit erzielt, die steuerliche Behandlung der Einkünfte des Beigeladenen für 2009 und 2010 zu klären. Zu diesem Zweck wurde der Rechtsstreit vertagt.
Die vorgelegten Einkommensteuerbescheide für den Beigeladenen für die Jahre 2009 und 2010 wiesen positive Einkünfte nur aus nichtselbstständiger Tätigkeit aus. Zusätzlich waren für 2009 geringe und für 2010 etwas größere Verluste aus Gewerbebetrieb als Einzelunternehmer dokumentiert.
In einer Klagebegründung vom 19.06.2012 wurde vorgetragen, der Beigeladene sei Herr des Unternehmens und führe es nach eigenem Gutdünken ohne jede Einflussnahme der weiteren Gesellschafter. Nur er habe die fachliche und sachliche Kompetenz zur Führung des Dachdeckerei- und Spenglereibetriebes.
Der Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 15.10.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.03.2010 aufzuheben. Es wird festgestellt, dass zwischen der Klägerin und deren Geschäftsführer C. kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis besteht.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat die Akten der Beklagten beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Prozessakte sowie auf den gesamten Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage wurde nach Durchführung des gesetzlich vorgeschriebenen Widerspruchsverfahrens form- und fristgerecht beim zuständigen Gericht erhoben und ist somit zulässig.
Die Klage ist jedoch in der Sache nicht begründet. § 7 a Abs. 1 S. 1 SGB IV ermöglicht ein Anfrageverfahren über die Frage einer strittigen Beschäftigung in Abgrenzung zu einer selbstständigen Tätigkeit. Abs. 1 S. 3 der Vorschrift begründet eine bundesweite Sonderzuständigkeit der Beklagten für entsprechende Statusfeststellungen. Nach Abs. 2 der Vorschrift entscheidet die Beklagte aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung vorliegt.
Den zitierten Abs. 2 hätte der Gesetzgeber nicht eigens in die Vorschrift des § 7 a SGB IV aufnehmen müssen, weil Behörden die im Rahmen ihrer Zuständigkeit zu treffenden Entscheidungen ausnahmslos aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzel-falls zu treffen haben.
Die berufliche Entfaltung des Klägers gleicht mehr der Arbeit eines selbstständigen Gewerbetreibenden oder Handwerksmeisters als der Beschäftigung eines Fließbandarbeiters oder Supermarktverkäufers. In seiner Handlungsfreiheit, seiner Befugnis zum Abschluss von Verträgen sowie im Ausmaß seines Engagements ist seine Tätigkeit sogar typisch unternehmerisch.
Dieses Profil macht ihn jedoch nicht schon selbst zum Unternehmer, weil es unter sozial-rechtlichen Aspekten wesentlich auf seine persönliche vertragliche Situation ankommt. Der Schlüsselbegriff zur Charakterisierung der Stellung des Klägers ist der des "Managers". Zahllose Unternehmen beschäftigen hoch qualifizierte Kaufleute, Betriebswirte, Juristen und Ingenieure, die unterhalb der Vorstandsebene mit sehr umfassenden Kompe-tenzen große Produktionsstätten oder Verkaufsmärkte weithin eigenständig leiten und sowohl von den Arbeitern und Angestellten als "Chefs" betrachtet als auch von den Kunden mit der "Firma" identifiziert werden. Ganz selbstverständlich sind sie zu Abschluss und Kündigung von Beschäftigungsverträgen und Grundstücksgeschäften befugt, haben erheblichen Einfluss auf die Produktpalette, die individuellen Vertragskonditionen und auf den Werbeauftritt. Bei einem wie vorliegend kleineren Unternehmen entfallen arbeitsrechtliche und immobilienrechtliche Befugnisse und tritt das ganz persönliche Vertrauen einer kleinen Gesellschaftergruppe in den Geschäftsführer in den Vordergrund. Dessen Tätigkeit unterscheidet sich tatsächlich über lange Zeiträume hinweg nicht von der eines ei-genständigen kleinen Unternehmers. Wer jedoch wie der Beigeladene von der Gesellschaft ein festes Gehalt bezieht, einen Urlaubsanspruch hat, Kündigungsschutz genießt und jedenfalls formal zur Lenkung der Gesellschaft nicht berechtigt ist, hat im rechtlichen Sinne nicht die Position eines Unternehmers. Er ist abhängig beschäftigter Geschäftsführer. Diese Wertung hat vorliegend auch das Finanzamt entweder selbst getroffen oder aus den Angaben des Beigeladenen unwidersprochen übernommen.
Dass der Arbeitsplatz des Klägers und sein künftiges Entgelt in hohem Maße von seiner eigenen Leistung abhängen, ist typisch nicht nur für Personen in leitender Verantwortung für ein Unternehmen, sondern im weiteren Sinne für jeden Teilnehmer an Produktion und Dienstleistung. Zu einem je nach Firmengröße unterschiedlichen Bruchteil beeinflussen der Koch eines Restaurants, die Vertriebschefin eines Verlages, der Verkäufer in einem Einzelhandelsgeschäft oder die Ärztin in einer Privatklinik stets mit ihrer Arbeitsqualität die eigene berufliche Zukunft, ohne dass sie dadurch zu Unternehmerpersönlichkeiten wer-den.
Einzige Besonderheit ist vorliegend die Konstruktion einer Innengesellschaft mit finanzieller Beteiligung des Beigeladenen an den Gesellschaftsanteilen. Diese Konstruktion ist je-doch nicht geeignet, die rechtliche Stellung des Beigeladenen nach außen hin zu verändern. Ob der Fremdgeschäftsführer einer GmbH zu einem oder mehreren Gesellschaftern in einem Verhältnis als Kreditgeber oder Kreditnehmer steht, hat auf die rechtliche Bewertung seiner Tätigkeit keinen Einfluss.
Unbeachtlich bleibt das Argument, die vertraglichen Regelungen würden in der Praxis nicht umgesetzt. Ausführliche und teilweise mit notarieller Beurkundung gefertigte Verträge schließt man ab, um ganz bestimmte beispielsweise berufsrechtliche, haftungsrechtliche, erbrechtliche oder steuerrechtliche Vorteile zu sichern. Es kann nicht angehen, solche Verträge dann in Rechtsbereichen für irrelevant zu erklären, in denen aus den getroffenen Regelungen Belastungen erwachsen.
Die Kostenentscheidungen beruhen auf §§ 193 und 197 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. §§ 154–162 Verwaltungsgerichtsordnung.
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