L 16 KR 249/09 KL

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 KR 249/09 KL
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 3/14 R
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
Rev. der Kl. gegen Urteil LSG wird zurückgewiesen.
Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Höhe der Konvergenzzuweisungen nach § 272 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) im Jahresausgleichsbescheid für das Ausgleichsjahr 2010 und im Korrekturbescheid für das Ausgleichsjahr 2009.

Aufgrund der durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) vom 26.03.2007 (BGBl. I, 378) eingeführten neuen Regelung der Finanzierung der Krankenkassen erhalten diese seit dem 01.01.2009 aus dem als Sondervermögen vom Bundesversicherungsamt (BVA) verwalteten Gesundheitsfonds (§ 271 Abs. 1 SGB V) Zuweisungen zur Deckung ihrer Ausgaben (§ 266 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Diese Zuweisungen dienen der Deckung ihrer standardisierten Leistungsausgaben (§ 266 Abs. 2 Satz 1 SGB V) sowie der sonstigen Aufgaben (§ 270 SGB V). Die Zuweisungen sind alters-, geschlechts- und risikoadjustiert, so dass mit diesen Zuweisungen jährlich ein Risikostrukturausgleich (RSA) durchgeführt wird, mit dem die finanziellen Auswirkungen von Unterschieden in der Verteilung der Versicherten auf nach Alter und Geschlecht getrennte Versicherten- und Mobilitätsgruppen zwischen den Krankenkassen ausgeglichen werden (§ 266 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Die Krankenkassen erhalten monatliche Zuweisungen auf der Grundlage vorläufig festgestellter Werte (§ 266 Abs. 6 SGB V, § 39 Risikostrukturausgleichsordnung (RSAV)). Nach Ablauf des Kalenderjahres hat das BVA bis zum Ende des auf das Ausgleichsjahr folgenden Jahres die Höhe der Zuweisungen endgültig zu ermitteln (§ 266 Abs. 6 Satz 3 SGB V). Die - auf der Grundlage der vorläufigen Werte - gezahlten Zuweisungen gelten als Abschlagszahlungen und sind nach der Ermittlung endgültig in Höhe der Zuweisungen auszugleichen (§ 266 Abs. 6 Satz 4, 5 SGB V. Einzelheiten der Berechnung und des Ausgleichsverfahrens sind in § 41 RSAV beschrieben.

Im Rahmen einer Übergangsregelung zur Einführung des Gesundheitsfonds können daneben Krankenkassen Mittel zum Ausgleich der Belastung aufgrund der Einführung des Gesundheitsfonds erhalten (§ 272 SGB V). Die Finanzausstattung der Krankenkassen in einem Bundesland nach dem neuen Recht soll gegenüber der, die ihnen bei Beibehaltung der alten Finanzierungsregelungen zur Verfügung gestanden hätte, nicht wesentlich abweichen und evtl. Veränderungen sollen nur schrittweise eintreten. Diese sog. Konvergenzregelung soll "übermäßige Belastungssprünge aufgrund der Einführung des Gesundheitsfonds" vermeiden (BT-Drucks. 16/3100, 170). In der ursprünglichen Fassung der Vorschrift durch das GKV-WSG sollten symmetrisch länderbezogen sowohl Be- als auch Entlastungen berücksichtigt werden, so dass die Konvergenzzahlungen durch Absenkung der Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds an die Krankenkassen für Versicherte in solchen Bundesländern finanziert werden sollten, in denen die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds die fortgeschriebenen Beitragseinnahmen um mehr als 100 Millionen Euro übersteigen. Eine Neufassung erfolgte durch das am 01.01.2009 in Kraft getretene Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG) vom 15.12.2008 (BGBl I, 2426). In ihrer jetzigen Fassung sieht die Vorschrift nur noch den Ausgleich von Belastungen vor. Da die ursprünglich vorgesehene proportionale Anpassung der Zuweisungen an Versicherte in den übrigen Bundesländern gestrichen wurde und sich somit die Erhöhung der Zuweisungen für Versicherte in den belasteten Ländern nicht mehr durch eine Kürzung der Zuweisungen für Versicherte in den entlasteten Ländern finanziert, erfolgt die Finanzierung der Erhöhung der Zuweisungen aus der Liquiditätsreserve nach § 271 Abs. 2 SGB V (§ 272 Abs. 2 Satz 2 SGB V).

Das Nähere zur Umsetzung der Vorgaben der Abs. 1 und 2 ist in der RSAV zu regeln (§ 272 Abs. 4 Satz 1 SGB V). Auch die Ermächtigungsgrundlage ist im GKV-OrgWG neu gefasst worden. Während in der ursprünglichen Fassung die Ermächtigung sich nur auf das Nähere zur Umsetzung der Vorgaben des Abs. 1 sowie die Festlegung von Abschlagszahlungen bezog, wird in der jetzigen Fassung das "Nähere zur Umsetzung" durch die beispielhafte Benennung bestimmter Parameter näher festgelegt, wobei ausdrücklich auch das Nähere zur Bestimmung der Zuweisungen genannt wird.

Im GKV-OrgWG (Art. 6 Nr 0 lit.b) erfolgte zugleich auch die Einführung der §§ 33 - 33c RSAV zur Umsetzung der Vorgaben des § 272 SGB V. Die den Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds gegenüber zu stellenden fortgeschriebenen (fiktiven) Einnahmen werden nach § 33a RSAV ermittelt. Zunächst wird nach § 33a Abs. 2 RSAV ein "bundeslandspezifischer Beitragssatz" ermittelt, indem die am 30.06.2008 geltenden allgemeinen Beitragssätze aller Krankenkassen in dem Bundesland zuzüglich des zusätzlichen Beitragssatzes nach § 241a, bereinigt um die Beitragssatzanteile zur Entschuldung, herangezogen werden. Aus den bereinigten Beitragssätzen aller in einem Land tätigen Krankenkassen wird ein nach ihren Mitgliedern gewichteter durchschnittlicher Beitragssatz ermittelt (§ 33a Abs. 2 S. 2, 3 RSAV). Im nächsten Schritt wird dieser Beitragssatz mit den beitragspflichtigen Einnahmen aus Arbeitsentgelt der "Landesmitglieder" multipliziert und durch 100 geteilt. Anschließend werden noch die Beiträge nach § 34 Abs. 1a Satz 1 Nr. 2 bis 8 und Satz 6 RSAV (also vor allem Beiträge aus Rente und der Empfänger von Arbeitslosengeld I und II) für alle in einem Land tätigen Krankenkassen dazu addiert (Abs. 3). Diese ermittelten Einnahmen sind sodann gem. Abs. 4 nach Maßgabe der Absätze 5 und 6 um die ab 2009 ermittelten Ausgleichsansprüche und Ausgleichsverpflichtungen aufgrund des RSA und des Risikopools in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung zu bereinigen; die so bereinigten Einnahmen werden dann auf das jeweilige Ausgleichsjahr entsprechend der Veränderungsrate der beitragspflichtigen Einnahmen aller Mitglieder der Krankenkassen nach § 71 Abs. 3 SGB V fortgeschrieben. Vereinfacht gesagt wird also eine fiktive Landeskasse betrachtet und ihren fiktiven Einnahmen auf der Grundlage der alten Finanzierungsregelung werden die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds gegenüber gestellt. Die Durchführung der Übergangsregelung ist in § 33c RSAV geregelt. Wenn eine 100 Millionen Euro übersteigende Belastung ermittelt wird, wird (vereinfacht) dieser Mehrbetrag auf die in diesem Land tätigen Krankenkassen im Verhältnis ihrer dort lebenden Versicherten verteilt (Abs. 2 Satz 1, 2).

Bestandteil der monatlichen Zuweisungen sind somit ggfs. auch (vorläufig ermittelte) Erhöhungen nach § 272 SGB V (§ 33 Abs. 2 Satz 4 RSAV i.V.m. § 39 Abs. 1 bis 4 RSAV).

Mit Grundlagenbescheid I/2010 (neu) vom 23.11.2009, der den Grundlagenbescheid I/2010 vom 13.11.2009 ersetzte, entschied das Bundesversicherungsamt (BVA) gegenüber der Klägerin über die Neufestsetzung der kassenindividuellen Werte für die monatlichen Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds. Der monatliche Anpassungsbetrag nach § 272 SGB V belief sich danach für die Klägerin auf 0,00 Euro.

Dagegen hat die Klägerin am 10.12.2009 Klage erhoben.

Das BVA hat in der Folgezeit die Grundlagenbescheide II/2010 vom 31.03.2010, IIa/2010 vom 30.06.2010, III/2010 vom 30.09.2010 und IV/2010 vom 31.03.2010 erteilt sowie schließlich den Bescheid vom 16.11.2011

- über die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds (Risikostrukturausgleich) im Jahresausgleich 2010 und den Ausgleichsbetrag mit Zuweisungen 2010 (= Teil 1), den Korrekturbetrag im Risikostrukturausgleich bis 2008 (=Teil 2),

- den Korrekturbetrag im Risikopool bis 2008 (= Teil 3),

- den Gesamt-Ausgleichsanspruch / die Gesamt-Ausgleichsverpflichtung 2010 (einschließlich Korrekturbetrag für Zuweisungen 2009) (=Teil 4).

In dem Jahresausgleichsbescheid vom 16.11.2011 ist es bei dem Anpassungsbetrag nach § 272 SGB V für 2010 von 0,00 Euro verblieben.

Ebenfalls unter dem 16.11.2011 hat das BVA nach § 266 Abs. 6 Satz 6 SGB V den Bescheid über die Korrektur der Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds (Risikostrukturausgleich) in Jahresausgleich 2009 und den Korrekturbetrag für Zuweisungen 2009 erteilt. Der Anpassungsbetrag nach § 272 SGB V für 2009 betrug danach unter Berücksichtigung der korrigierten Meldungen nunmehr 275.703,57 Euro (gegenüber 252.925,77 Euro gemäß Jahresausgleichsbescheid vom 16.11.2010 ( Gegenstand des Verfahrens L 16 KR 88/09 KL)). Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass der Korrekturbescheid vom 16.11.2011 Gegenstand des Verfahrens geworden ist.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe bei der "Herabsetzung" der Konvergenzzuweisungen nach § 272 SGB V auf 0,00 EUR den gesetzgeberischen Willen missachtet. Da im Gesundheitssystem Vergütungsvereinbarungen in der Regel prospektiv verhandelt und abgeschlossen würden, hätten die Krankenkassen davon ausgehen können und müssen, dass die Konvergenzregelung wenigstens länger als ein Jahr zur Anwendung kommen würde und damit zu Anpassungszahlungen führen würde. Auf dieser Prämisse aufbauend seien sodann die erforderlichen Finanzplanungen der Krankenkassen und namentlich ihre eigenen für 2010 erfolgt.

Im Übrigen macht die Klägerin wie in ihrem Klageverfahren gegen den Jahresausgleichsbescheids für das Ausgleichsjahr 2009 vom 16.11.2010 (L 16 KR 88/09 KL) geltend:

Die Berechnung der Konvergenzzuweisungen nach § 272 SGB V sei von der Beklagten nicht korrekt durchgeführt worden; es müsse daher eine Neuberechnung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erfolgen.

Die von § 272 SGB V beabsichtigte Vermeidung übermäßiger Belastungswirkungen könne nur erreicht werden, wenn bei der Berechnung der Zuweisungen der in einem Bundesland tätigen Krankenkassen "tatsächliche", respektive reale Zahlungen ermittelt würden. Die Beklagte habe dagegen lediglich "rechnerische und damit letztlich fiktive" Zuweisungen ermittelt, auch wenn sie sich dabei auf § 33b Abs. 2 und 3 RSAV berufe. Ihres Erachtens hätten die Zuweisungen nach § 272 SGB V unter Heranziehung der Morbiditätsinformationen der jeweiligen Versicherten in jedem Bundesland ermittelt werden müssen. Diese Berechnung wäre zwar aufwändiger, aber erbringbar. Die risikoadjustierte Grundpauschale für die Versicherten in Bayern sei niedrig und demzufolge auch die tatsächlichen Zuweisungen. Da sich die Berechnung der Beklagten hinsichtlich der Konvergenzzuweisungen aber beschränke auf die Heranziehung der risikoadjustierten Grundpauschale jeder Krankenkasse und damit unabhängig vom jeweiligen Bundesland, respektive Wohnort der Versicherten, flössen in die Berechnung für Bayern die eher überdurchschnittliche Morbidität und damit höheren risikoadjustierten Grundpauschalen anderer Bundesländer ein. Folge sei, dass die "(nur) rechnerisch" vom BVA ab 2009 für Bayern ermittelten Zuweisungen höher lägen, als die tatsächlichen Zuweisungen, die für Versicherte im Bundesland Bayern zur Verfügung standen. Die Differenz zwischen fortgeschriebenen Einnahmen und Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds werde mit dieser Berechnungsweise zu niedrig ausgewiesen und produziere ein mit § 272 SGB V unvereinbares Ergebnis. Auch soweit diese Berechnung auf § 33b RSAV gestützt werde, ändere dies nichts an der Rechtswidrigkeit der Berechnung der Zuweisungen, da seinerseits § 33b RSAV gegen § 272 SGB V verstoße. Der Begriff der "in einem Land tätigen Krankenkassen" ignoriere die Umverteilung innerhalb (überregionaler) Krankenkassen. Kasseninterne Geldtransfers überregional tätiger Krankenkassen dürften bei der Umsetzung der Konvergenz keine Rolle spielen. Insoweit könne auch auf die Ausführungen des Präsidenten des BVA aus November 2010 verwiesen werden. Das Vorgehen der Beklagten führe dazu, dass die in weiten Teilen Bayerns bestehende Unterdeckung durch die Konvergenzvorschrift des § 272 SGB V nicht abgefedert werde. Auf die Höhe der hier allein streitigen Kompetenzzuweisungen nach § 272 SGB V wirke sich schließlich ein Methodenfehler bei der Berechnung der allgemeinen Zuweisungen aus.

Trotz "offensichtlicher Fehlerhaftigkeit und im Widerspruch zu eigenen Feststellungen" halte das BVA weiterhin an der Nichtannualisierung der "Ausgaben Verstorbener" in den Festlegungen der Morbiditätsgruppen, des Zuordnungsalgorithmus, des Regressions- sowie des Berechnungsverfahrens des BVA gemäß § 31 Abs. 4 RSAV vom 30.09.2009 für das Ausgleichsjahr 2010 fest. Diese Festlegungen hätten insoweit keine korrekte normkonkretisierende Wirkung als Verwaltungsvorschrift, weil sie durch die Erkenntnisfortschritte in der Wissenschaft überholt seien und darüber hinaus von Anfang an nicht dem Erkenntnisstand der Wissenschaft entsprochen hätten. Dadurch, dass die Ausgaben Verstorbener nicht annualisiert würden, würden diese Kosten künstlich abgewertet und unvollständig berücksichtigt. Es komme insoweit zu einer Unterdeckung, während es bei jungen Altersgruppen zu einer Überdeckung komme. Durch dieses fehlerhafte Verfahren werde sie benachteiligt. Es handele sich um einen Verstoß gegen das Willkürverbot, denn ein sachlicher Grund für die Nichtannualisierung bestehe nicht. Die Beklagte habe seit langem Kenntnis davon, dass die Festlegungen nach § 31 Abs. 4 RSAV hinsichtlich des Methodenfehlers nicht haltbar seien. Die Erkenntnis, dass das Berechnungsverfahren für während des Ausgleichsjahres Verstorbene einer Änderung bedürfe, habe sich bereits während des laufenden Ausgleichsjahres 2009 durchgesetzt. Die Klägerin verweist dazu besonders auf den Beschluss des Wissenschaftlichen Beirats vom 16.09.2009. Der Wissenschaftliche Beirat habe sich bereits damals auf wissenschaftliche Erkenntnisse aus dem Jahre 2000 bezogen (van den Ven & Ellis), also 9 Jahre vor Einführung des Morbi-RSA. Die Notwendigkeit der vollständigen Annualisierung unvollständiger Versichertenepisoden sei schon damals nachgewiesen worden. Der nicht hinnehmbare Methodenfehler werde auch ausführlich und zutreffend im "Evaluationsbericht zum Jahresausgleich 2009 im Risikostrukturausgleich" - Endfassung 22.06.2011 - beschrieben. Ihre Einschätzung sei vom Wissenschaftlichen Beirat in dessen Sitzung am 24.06.2012 bestätigt worden. Die Umsetzung der Empfehlungen des Wissenschaftlichen Beirats halte das BVA im "Entwurf der Festlegung für das Ausgleichsjahr 2013" selbst für geboten. Die gebotene und ohne weiteres mögliche Beseitigung des Methodenfehlers sei jedoch ab 2009 und weiterhin unterblieben, obwohl § 266 Abs. 6 Satz 6 SGB V ausdrücklich bestimme, dass bei der Feststellung sachlicher Fehler in den Berechnungsgrundlagen das BVA diese bei der nächstmöglichen Gelegenheit zu berücksichtigen habe.

Der Methodenfehler schlage durch auf die Höhe der hier streitigen Konvergenzzuweisungen nach § 272 SGB V des Jahres 2010 und zwar nicht gegenläufig im Sinne einer Erhöhung der Zuweisung aus dem Gesundheitsfonds, was den Differenzbetrag zu den fortgeschrieben Einnahmen reduzieren würde, sondern er führe zu einer Reduzierung der Zuweisungen für die im Bundesland Bayern wohnenden Versicherten, denn bei der Gegenüberstellung nach § 272 SGB V sei nicht auf die einzelne Kasse abzustellen, sondern auf eine virtuelle "GKV-Bayern". Bei einer Behebung des Methodenfehlers würde sich die Höhe der Zuweisungen für die virtuelle "Bayernkasse", auf die abzustellen sei, verringern. Damit würde sich aber der Differenzbetrag zu den fortgeschriebenen Einnahmen erhöhen und die Zuweisungen nach § 272 SGB V erhöhen.

Die Klägerin beantragt,

den Jahresausgleichsbescheid vom 16.11.2011 und den Korrekturbescheid für das Ausgleichsjahr 2009 vom 16.11.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, über die Zuweisungen aus der Konvergenzregelung nach § 272 SGB V für die Jahre 2009 und 2010 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die angefochtenen Bescheide, namentlich die darin vorgenommene Umsetzung der Konvergenzregelung für rechtmäßig.

§ 33b RSAV widerspreche nicht den gesetzlichen Vorgaben des § 272 SGB V. Dies ergebe sich bereits aus dem Umstand, dass nach § 272 Abs. 4 Satz 1 SGB V in der Rechtsverordnung nach § 266 Abs. 7 SGB V u.a. auch das Nähere zur Bestimmung der Zuweisungen zu regeln sei. Wenn, wie von der Klägerin behauptet, mit Zuweisungen im Sinne des § 272 Abs. 1 SGB V tatsächliche Zuweisungen gemeint gewesen seien, hätte sich die Verordnungsermächtigung erübrigt.

Der in § 33b RSAV vorgegebenen Berechnung der Zuweisungen liege vor allem die Sachlogik zugrunde, dass die Finanzausstattung, die in einem Bundesland für die Versorgung zur Verfügung stehe, sowohl nach den Finanzierungsregelungen vor dem Jahre 2009 als auch nach Einführung des Gesundheitsfonds nicht nur vom RSA abhängig, sondern auch vom kasseninternen Transfers bundesweit tätiger Krankenkassen. Die fortgeschriebenen Einnahmen nach § 33a RSAV enthielten die Auswirkungen kasseninterner Transfers auf die Finanzausstattung in den Bundesländern, in dem in den einzelnen Bundesländern die tatsächlichen Beitragssätze auch der überregional tätigen Krankenkassen bei der Ermittlung des durchschnittlichen Beitragssatzes im Bundesland angesetzt würden. Der Beitragssatz einer überregional tätigen Krankenkasse sei eine Mischkalkulation aus Regionen mit hohem und Regionen mit niedrigem Ausgabenniveau bzw. von Regionen mit unterschiedlicher Grundlohnhöhe. Wenn die Auswirkungen der kasseninternen Transfers überregional tätiger Krankenkassen auch bei der Vergleichsgröße der den Bundesländern zugerechneten Zuweisungen nach § 33b RSAV berücksichtigt werde, sei es folgerichtig, wenn - wie das der Verordnungsgeber vorgesehen habe - die Zuweisungen den Krankenkassen insgesamt zugerechnet würden und von dort nach dem Wohnsitz auf die Bundesländer verteilt würden. Damit werde der Tatsache Rechnung getragen, dass eine Krankenkasse keinesfalls zweckgebundene Zuweisungen für Bundesländer erhalte, sondern die Zuweisungen als allgemeine Haushaltsmittel der Krankenkassen zur Deckung ihrer Gesamtausgaben gelten. Erst die damit erfolgte pauschale Berücksichtigung kasseninterner Transfers mache die Zuweisungen nach § 33b RSAV mit den fortgeschriebenen Ausgaben nach § 33a RSAV vergleichbar. Zuweisungen aus dem Gesundheitsfond würden auf der Ebene der Krankenkassen und nicht auf Länderebene verteilt. Es sei eine methodische Frage, in welcher Weise die Zuweisungen an die Krankenkassen im Rahmen der Konvergenzregelungen auf die Bundesländer verteilt würden. Der Gesetzgeber habe daher in § 272 Abs. 4 Satz 1 SGB V die detaillierte Regelung "des Näheren" dem Verordnungsgeber übertragen. Die Unterscheidung der Klägerin "zwischen tatsächlichen" und "rechnerisch ermittelten oder fiktiven" Zuweisungen sei nicht zielführend, denn auch nach dem Konzept der Klägerin würden Zuweisungen errechnet, allerdings ohne Berücksichtigung der kasseninternen Transfers bundesweit tätiger Krankenkassen. Die länderübergreifenden Transfers innerhalb überregionaler Krankenkassen spielten nicht nur eine geringe Rolle. Dies zeige schon der Umstand, dass die Länder Bayern und Baden-Württemberg darauf bestanden hätten, dass in dem nach § 272 Abs. 4 Satz 3 SGB V einzuholenden Gutachten die Transfers zwischen den einzelnen Ländern quantifiziert würden. Entsprechend sei der Gutachterauftrag erweitert worden und die beauftragten Gutachter Wasem, Buchner und Wille hätten in dem Sondergutachten "länderübergreifende Transfers durch die überregionale Beitragskalkulation bundesweit tätiger Krankenkassen" vom 03.06.2008 entsprechende Untersuchungen angestellt. Die Ergebnisse der Sonderauswertung zeigten, dass es sich bei den kasseninternen Transfers nicht um eine zu vernachlässigende Größe handele. Allein für Baden-Württemberg hätten die Gutachter im Jahre 2006 die Mittelabflüsse in andere Bundesländer auf etwa 337 Millionen Euro eingeschätzt, während für Bayern ein Mittelzufluss in Höhe von rund 370 Millionen Euro genannt werde. Wenn auf der Einnahmeseite die überregionalen Transfers bundesweit tätiger Krankenkassen pauschal berücksichtigt würden, könne die Berechnung der länderspezifischen Zuweisungen sinnvoller Weise nur analog erfolgen. Somit müsse die Ermittlung der Zuweisung der in einem Bundesland tätigen Krankenkassen zur Sicherstellung der Vergleichbarkeit beider Größen die interregionalen Transfers pauschal berücksichtigen. § 33b RSAV folge dieser Sachlogik und sei daher nicht beanstanden.

Auch der Argumentation der Klägerin, der Verordnungsgeber habe mit der Einführung insbesondere des § 33b RSAV nicht das umgesetzt, was er in der Ermächtigungsnorm des § 272 SGB V an Vorgabe festgelegt habe, sei nicht zu folgen. Dagegen spreche schon, dass die Neufassung des § 272 SGB V und die Einführung der §§ 33 ff. RSAV im Rahmen des GKV-OrgWG in einem Akt und auf der Grundlage der zuvor eingeholten wissenschaftlichen Expertise erfolgt seien.

Zu dem Vorwurf der Rechtswidrigkeit bzw. der Willkürlichkeit der Festlegungen führt die Beklagte aus: Der Vorwurf, es fehle ein sachlicher Grund für vorgenommene Differenzierung beim Umgang mit unvollständigen Versichertenepisoden, sei haltlos. So sei den von allen Anhörungspartnern mitgetragenen ersten Festlegungen für das Ausgleichsjahr 2009 insbesondere auch hinsichtlich der Berücksichtigung unvollständiger Versichertenepisoden eine intensive fachliche Auseinandersetzung mit den in Betracht kommenden Umsetzungsmöglichkeiten vorausgegangen. Das BVA habe seinen Entwurf zur Festlegung veröffentlicht und die Spitzenverbände der am RSA beteiligten Krankenkassen um Stellungnahme gebeten. Alle damaligen Spitzenverbände hätten ihre Stellungnahme übermittelt, wobei von keinem Anhörungspartner - auch nicht dem AOK-Bundesverband- die vom BVA vorgeschlagene Verfahrensweise in Frage gestellt worden sei. Wie in der Erläuterung zu den Festlegungen ausgeführt, seien die Ausgaben Verstorbener nicht annualisiert worden, da es ansonsten zu einer Überschätzung der von ihnen verursachten Ausgaben käme. Vor dem Hintergrund der sich dem BVA zum Zeitpunkt der Festlegungen darstellenden Faktenlage seien die getroffenen Regelungen nicht zu beanstanden; sie seien insbesondere nicht "durch Erkenntnisfortschritt in Wissenschaft und Technik überholt". Im Vorfeld der Festlegungen für die Ausgleichsjahre ab 2010 habe sich eine breit gefächerte fachliche Diskussion zur Berücksichtigung unvollständiger Versichertenepisoden entwickelt, im Zuge derer sich die Anhörungspartner des BVA jedoch stets äußerst kontrovers positioniert hätten. Änderungsvorschläge seien vom BVA geprüft worden, Anpassungen jedoch zunächst zurück gestellt worden. Auch in den Folgejahren sei die grundsätzliche Einschätzung in den kontroversen Stellungnahmen unverändert geblieben. Insbesondere sei eine Positionierung des GKV-Spitzenverbandes ausgeblieben. Der Wissenschaftliche Beirat habe in seinem Ende 2011 veröffentlichten Evaluationsbericht zum Jahresausgleich 2009 die bis dahin praktizierte Berücksichtigung unvollständiger Versichertenepisoden umfassend untersucht und - erstmalig wissenschaftlich unabhängig - empirisch belegt, dass es bei alten Versicherten und Versicherten mit schweren Krankheiten zu Unterdeckungen komme. Der anschließend vom BVA unterbreitete Änderungsvorschlag habe wieder zu äußerst kontroversen Stellungnahmen im Anhörungsverfahren geführt. Die Kontroverse habe die Frage betroffen, ob eine Änderung zum gegenwärtigen Zeitpunkt oder im Paket mit anderen Fragestellungen durchzuführen sei. Insbesondere der GKV-Spitzenverband habe sich vor dem Hintergrund dieser kontroversen Stellungnahmen erneut nicht eindeutig positioniert und darüber hinaus gravierende Bedenken hinsichtlich der rechtlichen Gebotenheit einer Änderung geltend gemacht. Im Zeitpunkt der hier streitgegenständlichen Festlegungen sei mithin bereits kein mit der heutigen Faktenlage vergleichbarer wissenschaftlicher Erkenntnisstand gegeben gewesen.

Zu Unrecht meine schließlich die Klägerin, sie habe darauf vertrauen dürfen, dass für mehrere Jahre und insbesondere auch für das Jahr 2010 mit einem Konvergenzzuschlag zu rechnen sei. Auf die veränderten Zahlen sei bereits im November 2009 aufmerksam gemacht worden. Außerdem sei in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass im Jahr 2009 ohnehin die Zuweisungen durch die Einführung des Morbi-RSA um etwa 50 Millionen Euro höher ausgefallen seien als dies in einem System ohne direkte Morbiditätsorientierung der Fall gewesen wäre.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Gegenstand des Verfahrens ist neben dem Jahresausgleichsbescheid für das Kalenderjahr 2010 vom 16.11.2011 der Bescheid vom 16.11.2011, mit dem die Beklagte im Zusammenhang mit dem Jahresausgleich 2010 die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds für 2009 korrigiert und auch den Anpassungsbetrag nach § 272 SGB V neu festgesetzt hat. Diese Korrektur stützt sich auf § 266 Abs. 6 Satz 6 SGB V. Nach dieser Vorschrift werden Fehler, die nach Abschluss der Ermittlungen der Werte für die Höhe der in dem betreffenden Kalenderjahr zustehenden Zuweisungen festgestellt werden, bei der nächsten Ermittlung berücksichtigt. Diese Regelung galt auch schon für den "Alt-RSA". Insoweit hat das BSG entschieden, dass ein Bescheid über einen Jahresausgleich, der eine Korrektur für Vorjahre enthalte, nicht gemäß § 96 SGG Gegenstand von Verfahren zu früheren Jahresausgleichen werde. Über die Rechtmäßigkeit eines solchen Bescheides sei deshalb unabhängig von Verfahren zu Ausgleichsbescheiden für frühere Jahre zu befinden (BSG SozR 4 - 2500 § 266 Nr. 1 Rz. 32). Zwar hat hier die Beklagte einen eigenständigen, zudem noch mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenen Korrekturbescheid erlassen und nicht die Korrektur für das Vorjahr wie üblich in dem das Ausgleichsjahr 2010 betreffenden Jahresausgleichsbescheid vorgenommen. Dieser Erlass eines eigenständigen Korrekturbescheids war aber nach dem Vortrag der Beklagten allein technischen Gründen (eine kurzfristige Änderung der RSAV konnte EDV-technisch nicht mehr bis zum Erlass des Jahresausgleichsbescheids umgesetzt werden) geschuldet; die Beklagte hat insoweit eingeräumt, aufgrund der entstandenen Irritationen sei dieses Vorgehen als nicht optimal zu bezeichnen. In dem Korrekturbescheid wird aber ausdrücklich im Teil III darauf hingewiesen, der Korrekturbetrag sei Teil des Gesamtausgleichsanspruchs bzw. der Gesamtausgleichsverpflichtung 2010 gemäß Teil 4 des Bescheides über die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfond im Jahresausgleich 2010 vom 16.11.2011 und werde dort fällig gestellt. Zugleich wird in dem Jahresausgleichsbescheid vom 16.11.2011 in Teil 4 "Gesamtausgleichsanspruch /Gesamt- Ausgleichsverpflichtung 2010" der Korrekturbetrag für Zuweisungen 2009 als Saldoposten genannt. In dem Hinweis zu Teil 4 wird ausgeführt, der Korrekturbetrag vom 16.11.2011 werde "aufgrund der verfahrensbezogenen Verbindungen mit dem Jahresausgleich 2010 bzw. dem Regelungsverbund" als Teil des Gesamt-Ausgleichsanspruchs bzw. der Gesamt-Ausgleichsverpflichtung geltend gemacht. Die Beklagte ist also ersichtlich von der genannten Rechtsprechung des BSG ausgegangen und hat die inhaltliche Verbindung beider Bescheide auch deutlich benannt. Trotz "formaler Trennung" bilden beide Bescheide eine inhaltliche Einheit. Aufgrund des gleichzeitigen Erlasses von Korrekturbescheid und Jahresausgleich war für die - sachkundigen - Bescheidempfänger aufgrund der Hinweise deutlich, dass mit dem Korrekturbescheid nicht der im Verfahren L 16 KR 88/09 KL angefochtene Jahresausgleichsbescheid 2009 geändert, sondern lediglich entsprechend § 266 Abs. 6 Satz 6 SGB V nachträglich festgestellte Fehler der Feststellung für 2009 im Jahresausgleich 2010 berichtigt werden sollten. Die Beteiligten sind daher zutreffend davon ausgegangen, dass der Korrekturbescheid vom 16.11.2011 Gegenstand dieses den Jahresausgleich 2010 betreffenden Verfahrens ist.

II. Die Klage ist zulässig.

Sie bedurfte gemäß § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGG keines Vorverfahrens und ist bei dem nach § 29 Abs. 3. Nr. 1 SGG funktionell zuständigen Gericht erhoben worden. Die Klägerin durfte ihre mit dem Aufhebungsantrag verbundene und letztlich auf höhere Konvergenzzuweisungen zielende Verpflichtungsklage (vgl. BSG SozR 4-2500 § 266 Nr. 2 Rz. 16 (unter Verweis auf § 54 Abs. 4 SGG)) auf die Verpflichtung zur Neubescheidung beschränken. Mit dem angefochtenen Verwaltungsakt hat das BVA zwar eine gebundene Entscheidung getroffen, denn weder die Höhe der Konvergenzzuweisungen noch die Rückforderung überzahlter Abschlüsse steht im Ermessen der Beklagten, der Klägerin ist jedoch eine Konkretisierung der von ihr beanspruchten Zuweisungshöhe gegenwärtig nicht möglich, weil die Auswirkungen des von ihr angenommenen Verstoßes des § 33b RSAV gegen § 272 SGB V und des behaupteten Methodenfehlers von ihr nicht zu beziffern sind.

III. Die Klage ist aber unbegründet.

1. Der Bescheid vom 16.11.2010 ist nicht wegen formeller Mängel rechtswidrig.

a) Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 28.12.2010 (L 16 KR 661/10 ER) im Anschluss an die Rechtsprechung des BSG zum "Alt-RSA" ausgeführt hat, finden die Vorschriften des SGB X über das Verwaltungsverfahren, insbesondere die §§ 20, 24, 35 SGB X im Zusammenhang mit dem Risikostrukturausgleich keine Anwendung, weil die §§ 266, 277, 268 SGB V bzw. die RSAV insoweit eigenständige Regelungen treffen. Das BSG hat in den Urteilen vom 24.01.2003 zum "Alt-RSA" (u.a. SozR 4-2500 § 266 Nr. 1 Rn 33 ff) dargelegt, dass der Gesetzgeber zum RSA im SGB V bzw. der RSAV eigenständige Regelungen zur Durchführung des Ausgleichsverfahrens getroffen hat und insbesondere die Erhebung und Überprüfung der Daten in einem gestuften Verfahren geregelt hat. Diese gehen nach § 37 Satz 1 SGB I den Vorschriften des SGB X vor. Diese Rechtslage ist nicht überholt (ebenso A. Becker in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl., § 266 Rn. 63; Schmehl in: Sodan (Hrsg.), Handbuch des Krankenversicherungsrechts, § 39 Rn. 88). Innerhalb der für den RSA geltenden spezifischen Verfahrensregelungen besteht für das BVA nur insoweit eine Überprüfungspflicht hinsichtlich der von den Kassen gemeldeten Daten, als dies ausdrücklich bestimmt ist. Eine solche Bestimmung findet sich in § 273 SGB V, der aber keine umfassende Prüfungspflicht des BVA statuiert. Die Vorschrift ist als Reaktion auf Aktivitäten der Krankenkassen eingeführt worden, im Hinblick auf den morbiditätsorientierten RSA Ärzte in ihrem Kodierverhalten zu beeinflussen (vgl. Göpffarth/Sichert, in: Becker/Kingreen, SGB V, 2. Aufl., § 273 Rn. 1). Sie wurde zusammen mit dem Satz 2 des § 268 Abs. 3 SGB V durch das Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17.07.2009 (BGBl. I, 1990) m.W.v. 23.07.2009 eingefügt. Schon der Wortlaut des § 273 Abs. 1 Satz 1 SGB V zeigt, dass das BVA die Datenmeldungen der Kassen nicht generell, sondern nur hinsichtlich bestimmter Einzelheiten, nämlich der Vorgaben des § 268 Abs. 3 Sätze 1, 2, 14 SGB V, insbesondere hinsichtlich der Zulässigkeit der Meldung von Diagnosedaten und Arzneimittelkennzeichen zu prüfen hat. § 268 Abs. 3 Satz 2 SGB V schreibt vor, dass für die Durchführung des morbiditätsorientierten RSA der Meldung der versichertenbezogenen Diagnose- und Verordnungsdaten nur die von den Leistungserbringern im Rahmen der Durchführung der Versorgung nach §§ 294 bis 303 SGB V erhobenen Daten zugrunde gelegt werden dürfen; Nacherhebungen und Korrekturen gezielt für Zwecke des RSA sind demnach unzulässig (Göpffarth/Sichert, a.a.O.). Diese Beschränkung der Prüfungspflicht des BVA wird auch in der Gesetzesbegründung deutlich gemacht. Zur gleichzeitig vorgenommenen Änderung des § 268 Abs. 3 SGB V ist ausgeführt worden, durch die Neuregelung werde klargestellt, dass die Diagnosedaten und Arzneimittelkennzeichen für die Durchführung des RSA nur genutzt werden dürften, wenn sie unter Einhaltung der Datenübermittlung nach den §§ 294 bis 303 erhoben würden. Außerhalb dieser Abrechnungswege erhobene Verordnungs- und Diagnosedaten dürften nicht genutzt oder verarbeitet werden (BT-Drucks. 16/13428, 94). In der Begründung zur Neuregelung des § 273 SGB V wird auf die Vorgaben des § 268 Abs. 3 SGB V Bezug genommen und dazu ausgeführt, dem BVA werde die Befugnis eingeräumt, zu überprüfen, ob "diese rechtlichen Vorgaben" eingehalten worden seien, um eine einheitliche Verwendung der Daten für den RSA sicherzustellen und Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern. Bisher habe das BVA keine Möglichkeit festzustellen, ob die von den Krankenkassen gemeldeten Daten unter Missachtung der Vorgaben des § 268 Abs. 3 erhoben worden seien (a.a.O., S. 94 f.). Sowohl der Gesetzeswortlaut als auch die Gesetzesbegründung zeigen, dass § 273 SGB V dem BVA nur im Gesetz umschriebene und begrenzte eigene Prüfungsbefugnisse einräumt (vgl. auch Peters, in: Kasseler Kommentar, SGB V, § 273 Rn. 4), die sich nur auf die Diagnose- und Verordnungsdaten zur Durchführung des unmittelbar morbiditätsorientierten RSA erstrecken. Die für die Durchführung des § 272 SGB V nach § 34 RSAV zu erhebenden "länderbezogenen" Daten zählen jedoch nicht zu den in § 273 Abs. 1 SGB V genannten Daten, so dass für sie die diesbezügliche Prüfungsbefugnis des BVA nicht gilt. Im Gegenschluss ergibt sich vielmehr aus § 273 SGB V, das für diese Daten gerade keine Amtsermittlungspflicht des BVA besteht.

b) Der Bescheid ist ausreichend begründet. Er enthält die im Sinne des § 35 Abs. 1 SGB X die für seinen Erlass entscheidungserheblichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe, denn die Klägerin kann grundsätzlich mit den im Bescheid einschließlich seiner Anlagen gemachten Angaben rechnerisch auf der Grundlage ihrer Daten die Feststellung der Konvergenzzuweisungen und der Rückzahlungsverpflichtungen nachvollziehen. Das BSG hat zum Alt-RSA zutreffend darauf hingewiesen, die Krankenkassen seien sowohl über die Rechtsgrundlage des RSA als auch über die für seine Durchführung maßgeblichen Tatsachen ausreichend informiert. Eine kassenindividuelle Begründung sei nicht zu fordern, denn die Kassen wüssten auch ohne solche Ausführungen in den Bescheiden, weshalb diese eine bestimmte Regelung enthielten. Eine individuelle Begründung kompliziere und verzögere nur das Verfahren, ohne zu einer Verbesserung der Rechtsstellung der Kassen zu führen (BSG SozR 4-2500 § 266 Nr. 1 Rz. 39 ff).In dem genannten Urteil hat das BSG einem entsprechenden Einwand der dort klagenden Kasse entgegengehalten, zwar könne nicht jede Kasse zur Überprüfung der ihr gegenüber ergangenen Bescheide die Vorlage und die Nachprüfung der konkreten Daten aller oder beliebiger anderer Krankenkasse verlangen. Insoweit befänden sich die Krankenkassen jedoch nicht in einer anderen Lage als ihre Mitglieder, die im Prozess gegen einen Beitragsbescheid ebenfalls nicht erreichen könnten, die Vorgänge über alle anderen Mitglieder einzusehen und zu prüfen, ob die Kasse die Beiträge vollständig erhoben und nur die zulässigen Leistungen erbracht und auch nur die erbrachten Leistungen bezahlt hätten (a.a.O. Rz. 105). Dem ist nichts hinzuzufügen.

2. Die angefochtenen Bescheide sind auch inhaltlich nicht zu beanstanden.

Das BVA hat mit ihnen vielmehr die der Klägerin nach § 272 SGB V für das Ausgleichsjahr 2010 zustehenden Konvergenzzuweisungen in richtiger Höhe festgesetzt bzw. entsprechend § 266 Abs. 6 Satz 6 SGB V nachträglich festgestellte Fehler der Feststellung für 2009 im Jahresausgleich 2010 berichtigt.

a) Die Beklagte hat die Konvergenzzuweisung nach § 33 c RSAV unter Einhaltung der Vorgaben der §§ 33a, 33 b RSAV festgestellt, also einerseits die fortgeschriebenen Einnahmen der in Bayern tätigen Krankenkassen nach § 33 a RSAV und andererseits die auf die Versicherten mit Wohnsitz in Bayern entfallenen Zuweisungen nach § 33 b RSAV ermittelt. Durch Gegenüberstellung beider Werte hat sie die im Jahr 2010 bestehende Belastung (§ 33 c Abs. 1 Satz 3 RSAV) festgestellt, die im Ausgleichsjahr 2010 den in diesem Jahr geltenden Schwellenwert von 200 Millionen Euro (§ 33 c Abs. 2 Satz 3 RSAV) nicht überschritten hat, so dass die Klägerin nach § 33c Abs. 2 Satz 2 RSAV keine Erhöhung der Zuweisungen zur Deckung der standardisierten Leistungsausgaben (§ 266 Abs. 2 Satz 1 SGB V) und für sonstige Ausgaben (§ 270 Abs. 1 Satz 1 SGB V) erhalten hat. Es ist nicht ersichtlich, dass der Beklagten insoweit Fehler unterlaufen sind; auch die Klägerin hat solche nicht geltend gemacht.

b) Die Klägerin hält die Feststellungen der Konvergenzzuweisungen (u.a.) deshalb für rechtswidrig, weil die auf die Versicherten mit Wohnsitz in Bayern entfallenden Zuweisungen fehlerhaft nicht unter Berücksichtigung der Morbiditätsinformationen dieser Versicherten ermittelt worden seien. § 33 b Abs. 2 RSAV sieht demgegenüber vor, dass die "Landeszuweisungen" so ermittelt werden, dass je Kasse die Zuweisungen für alle Versicherten nach dem Anteil der Versicherungstage auf die Versicherten in den jeweiligen Bundesländern verteilt werden, so dass die "Landeszuweisungen" sich nicht nach den Morbiditätsinformationen der im jeweiligen Bundesland liegenden Versicherten, sondern nach den Morbiditätsdaten aller Versicherten der jeweiligen Krankenkasse richten. Entgegen der Ansicht der Klägerin widerspricht diese Regelung nicht § 272 SGB V, sondern hält sich im Rahmen der in § 272 Abs. 4 Satz 1 SGB V eingeräumten Ermächtigung.

aa) Schon im Ausgangspunkt ist der Argumentation der Klägerin zu widersprechen, § 272 SGB V fordere die Ermittlung "realer Belastungen" die nur unter Berücksichtigung der "tatsächlich" zugeflossenen Zuweisung festgestellt werden könnten. Das von ihr gebildete Gegensatzpaar "tatsächliche" und "rechnerische und damit letztlich fiktive" Zuweisung ist irreführend. Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass die Zuweisungen auf der Kassenebene zufließen und zur Umsetzung der Konvergenzregelung auf die Landesebene verteilt werden müssen, so dass sich insoweit (nur) die methodische Frage des "Wie" stellt. Auch nach dem Konzept der Klägerin müssen Zuweisungen errechnet werden.

bb) Insoweit lässt sich § 272 SGB V keine Präferenz für ein bestimmtes methodisches Vorgehen entnehmen. Die Formulierungen "Belastung" in Abs. 1 bzw. "Belastungswirkung" in Abs. 2 sind unbestimmt, ihnen lässt sich nichts dafür entnehmen, der Gesetzgeber habe damit die Berücksichtigung der Zuweisungen auf der Grundlage der "länderspezifischen" Morbiditätsinformation im Auge gehabt. Die Begriffe lassen offen, was als relevante Belastung angesehen werden soll. Auch die Gesetzesbegründung ist insoweit unergiebig. In der Begründung des GKV-WSG heißt es lediglich, die Verteilungswirkung des Gesundheitsfonds solle sich in jährlichen Schritten von maximal 100 Millionen Euro angeglichen werden, um unverhältnismäßige Belastungssprünge aufgrund der Einführung des Fonds zu vermeiden (BT-Drucks. 16/3100, 170). Der Gesetzgeber dürfte insoweit auch noch keine klaren Vorstellungen von den "Belastungen" gehabt haben, denn die länderspezifischen Auswirkungen sollten erst in einem Gutachten ermittelt werden (s. § 274 Abs. 4 Satz 3 SGB V). Bei der Neufassung des § 272 SGB V im GKV-OrgWG ist zur Begründung ausgeführt worden, die Regelung ziele darauf ab, Krankenkassen in Ländern mit derzeit überdurchschnittlich hohen Beitragseinnahmen und Ausgaben in der Übergangsphase zusätzliche Mittel über den Gesundheitsfonds zu Verfügung zu stellen. Dadurch solle die Finanzierung der bestehenden Versorgungsstrukturen bei Einführung des Gesundheitsfonds zunächst weitgehend aus den Zuweisungen des Gesundheitsfonds erfolgen können und zugleich eine Anpassung an die neuen Finanzierungsstrukturen ohne Belastungssprünge sichergestellt werden (BT-Drucks. 16/10609, 62). Auch diese Begründung ist nicht im Sinne der Klägerin weiterführend. Die Begründung legt nahe, dass bislang hohe Ausgaben durch hohe Beitragseinnahmen finanziert worden seien. Das trifft aber nicht zu, die Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass ein genereller Zusammenhang zwischen der Höhe der Beitragssätze, der Grundlohnhöhe und dem Versorgungsniveau nicht bestehe. Dies zeige schon der Umstand, dass in dem Gutachten von Buchner/Wasem zu den länderübergreifenden Transfers unter den Bedingungen der bis zum 31.12.2008 geltenden Finanzierungsregelungen für Baden-Württemberg Abflüsse in Höhe von 337 Millionen Euro, dagegen für Bayern Zuflüsse in Höhe von rund 370 Millionen Euro ermittelt worden seien. Die Versorgungsstrukturen in Bayern sind somit anders als die Gesetzbegründung nahelegt nicht durch die im Land generierten Beitragseinnahmen finanziert worden, während umgekehrt die Versorgungsstrukturen in Baden-Württemberg trotz erheblicher Mittelabflüsse geschaffen werden konnten. Vor allem ist auch die Ausgabenseite für § 272 SGB V ohne Bedeutung, denn § 272 Abs. 1 Satz 2 SGB V schreibt einen länderweisen Vergleich der Einnahmen, die die Krankenkassen bei Fortgeltung der alten Finanzierungsregelungen für die in einem Land wohnhaften Versicherten erzielt hätten mit den Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds vor. Satz 3 bestimmt in diesem Zusammenhang (nur), wie die fortgeschriebenen Beitragseinnahmen grundsätzlich zu berechnen sind.

Das Nähere zur Umsetzung der Absätze 1 und 2 ist dagegen in der RSAV zu regeln (§ 272 Abs. 4 Satz 1 SGB V). Auch diese Vorschrift ist im GKV-OrgWG neu gefasst worden. Während in der ursprünglichen Fassung durch das GKV-WSG die Ermächtigung sich allgemein auf das Nähere zur Umsetzung des Abs. 1 und die Festlegung von Abschlagszahlungen bezog, ist in der jetzigen Fassung der Inhalt der Ermächtigung bestimmter gefasst. Das "Nähere zur Umsetzung" wird durch die beispielhafte Benennung einzelner Parameter konkretisiert, wobei ausdrücklich die Bestimmung der Zuweisungen genannt wird. In der Gesetzesbegründung (a.a.O.) heißt es dazu, in der Rechtsverordnung sei insbesondere festzulegen, "wie die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds im Sinne der Übergangsregelungen zu ermitteln sind". Die Ausführungen wären kaum verständlich, wenn tatsächlich der Gesetzgeber gewollt hätte, dass die Zuweisungen nach dem Modell der Klägerin ermittelt werden sollen. Die Ermächtigung in § 272 Abs. 4 Satz 1 SGB V ist auch nicht im Sinne des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG zu unbestimmt, wenn der Gesetzgeber nicht die tatsächlichen Zuweisungen auf der Grundlage der Morbiditätsinformationen der Versicherten im jeweiligen Bundesland gemeint hat.

Das BVerfG hat im Beschluss vom 18.7.2005 (zu § 268 Abs. 2 SGB V) ausgeführt (SozR 4-2500 § 266 Nr. 8 Rn. 233): Nach Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen im Gesetz bestimmt werden. Das Bundesverfassungsgericht hat dieses Bestimmtheitsgebot in ständiger Rechtsprechung konkretisiert. Danach soll sich das Parlament seiner Verantwortung als gesetzgebende Körperschaft nicht dadurch entäußern können, dass es einen Teil der Gesetzgebungsmacht der Exekutive überträgt, ohne die Grenzen dieser Kompetenzen bedacht und diese nach Tendenz und Programm so genau umrissen zu haben, dass schon aus der Ermächtigung erkennbar und vorhersehbar ist, was dem Bürger gegenüber zulässig sein soll. Die Ermächtigung muss in ihrem Wortlaut nicht so genau wie irgend möglich gefasst sein; sie hat nur hinreichend bestimmt zu sein. Dazu genügt es, wenn sich die dort geforderte Bestimmtheit durch Auslegung nach den allgemein gültigen Auslegungsmethoden ermitteln lässt. Auch die Entstehungsgeschichte der Norm kann herangezogen werden. Welche Bestimmtheitsanforderungen im Einzelnen erfüllt sein müssen, ist von den Besonderheiten des jeweiligen Regelungsgegenstandes sowie der Intensität der Maßnahme abhängig. Die Bestimmtheit der Ermächtigungsnorm muss vor allem der Grundrechtsrelevanz der Regelung entsprechen, zu der ermächtigt wird. Greift die Regelung erheblich in die Rechtsstellung des Betroffenen ein, so müssen höhere Anforderungen an die Bestimmtheit der Ermächtigung gestellt werden, als wenn es sich um einen Regelungsbereich handelt, der die Grundrechtsausübung weniger tangiert (vgl. m.w.N. BVerfGE 58, 257 (277 f.); 80, 1 (20 f.)).

Nach diesen Maßstäben ist § 272 Abs. 4 Satz 1 SGB V auch dann hinreichend bestimmt, wenn man annimmt, dass § 272 Abs. 1 SGB V nicht vorgibt, wie die Zuweisungen im Einzelnen zu ermitteln sind. Die Verordnungsermächtigung muss nicht so konkret sein, dass der Verordnungserlass sich in Rechtsanwendung erschöpft. Vielmehr dürfen dem Verordnungsgeber mit der Verwendung allgemeiner und nicht verbindlich definierter Begriffe Gestaltungsspielräume eröffnet werden. Hier lässt sich aus den Vorgaben des § 272 Abs. 1 SGB V entnehmen, welches vom Gesetzgeber gesetzte Programm durch die Rechtsverordnung erreicht werden soll: Die Finanzausstattung der Krankenkassen soll sich bezogen auf die Länderebene durch die Einführung des Gesundheitsfonds um nicht mehr als 100 Millionen Euro pro Jahr "verschlechtern". Dazu ist für jedes Bundesland ein Vergleich des Finanzstatus quo mit dem Finanzstatus quo ante vorzunehmen. Die Grenzen der Ermächtigung ergeben sich schon aus dieser Beschränkung auf einen Vergleich der Einnahmeseite und der Belastungsgrenze von 100 Millionen Euro. Angesichts der Komplexität des RSA sind auch an die Festlegung von Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung keine überzogenen Anforderungen zu stellen.Der Gesetzgeber kann zudem davon ausgehen, dass die Krankenkassen aufgrund ihrer grundsätzlich gegebenen Sachkunde eher in der Lage sind, die sich für sie aufgrund der gesetzlichen Vorgaben ergebenden Auswirkungen zu erfassen. Schließlich ist zu berücksichtigenden, dass die Konvergenzregelung keineswegs wesentlich in die Rechtsstellung der Kassen eingreift, da es lediglich um eine Ergänzung der wesentlich bedeutsameren allgemeinen Zuweisungen geht.

cc) Die in § 33b RSAV vorgegebene Ermittlung der Zuweisungen ist sachgerecht.

§ 33b RSAV beruht auf der Sachlogik, dass die kasseninternen Transfers, die unter den Bedingungen der bis zum 31.12.2008 geltenden Finanzierungsregelungen durch die bundeseinheitliche Festsetzung der Beitragssätze überregional tätiger Krankenkassen bewirkt worden sind, bei der Festsetzung der fortgeschriebenen Beitragseinnahmen pauschal berücksichtigt werden, so dass entsprechend auf der anderen Seite diese Verteilungswirkung auch auf der Zuweisungsseite zu berücksichtigen ist. Der Beitragssatz einer überregional tätigen Krankenkasse stellte sich als Mischkalkulation aus Regionen mit unterschiedlichem Grundlohn- und Ausgabenniveau dar, denn die Krankenkassen haben keine ausgabendeckende Beitragssätze für Bundesländer oder Regionen kalkuliert. Dadurch kam es zu länderübergreifenden Finanztransfers innerhalb der überregional tätigen Krankenkassen. Diese kasseninternen Transfers waren für die Finanzausstattung in den einzelnen Bundesländern von nicht unerheblicher Bedeutung. Dies zeigt das Gutachten von Buchner/Wasem/Wille, das für Bayern Mittelzuflüsse in Höhe von rund 370 Millionen Euro, für Baden-Württemberg dagegen Abflüsse in Höhe von rund 337 Millionen Euro errechnet hat. Da die bis zum 31.12.2008 geltenden Beitragssätze nach § 272 Abs. 1 Satz 3 SGB V Ausgangspunkt für die Ermittlung der fortgeschriebenen Einnahmen sind, werden somit diese kasseninternen Transfers auf der Seite der fortgeschriebenen Einnahmen berücksichtigt. Es ist somit folgerichtig, wenn auf der Seite der Zuweisungen ebenfalls berücksichtigt wird, dass die Zuweisungen auf der Ebene der Krankenkassen zur Verfügung gestellt werden, also auch insoweit kasseninterne überregionale Transfers stattfinden, weil nicht die Leistungsausgaben in einem Bundesland nur durch die Zuweisungen für die Versicherten mit Wohnsitz in diesem Bundesland gedeckt werden.

(1) Die Klägerin stellt zu Unrecht in Abrede, dass § 272 SGB V keine Grundlage für die Berücksichtigung der kasseninternen Transfers biete. Weshalb - wie sie unter Hinweis auf eine (angebliche) Aussage des Präsidenten des BVA vorträgt - der Begriff der in einem Bundesland tätigen Krankenkassen die Umverteilung innerhalb überregional tätiger Krankenkassen ignorieren soll, erschließt sich dem Senat nicht. Im Rahmen des § 272 SGB V werden nicht nur Krankenkassen mit Schwerpunkt im jeweiligen Bundesland, sondern auch die überregional tätigen Krankenkassen berücksichtigt. Wenn es bei der Konvergenzregelung darum geht, mögliche Veränderungen der für das jeweilige Bundesland zur Verfügung stehenden Finanzsumme nur schrittweise eintreten zu lassen, wäre die Ausklammerung der bis zum 31.12.2008 gegeben Finanztransfers, die - wie dargelegt - für die Finanzausstattung in den einzelnen Bundesländern von nicht unwesentlicher Bedeutung waren, nicht gerechtfertigt. Dass tatsächlich die länderübergreifenden Transfers bei der inhaltlichen Gestaltung der Konvergenzregelung eines wichtige Rolle gespielt haben, zeigt, worauf die Beklagte zu Recht hingewiesen hat, die Beratung im Bundesrat anlässlich des Erlasses der 16. RSA-Änderungsverordnung (BR-Plenarprotokoll zur 840. Sitzung vom 20.12.2007, S. 453 ff.). Mit der Änderung der Verordnung wurde in § 34 Abs. 3 RSAV der Gutachtenauftrag aus § 272 Abs. 4 Satz 3 SGB V neu gefasst und konkretisiert. Insoweit forderten die Vertreter der Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg eine Erweiterung des Gutachtenauftrags dahingehend, dass u.a. auch die Finanzströme innerhalb der überregionalen Krankenkassen aufgezeigt werden sollten. Der Vertreter der Bundesregierung sicherte eine entsprechende Ergänzung des Gutachtenauftrags zu, wonach die Gutachter auch die Transferzahlungen innerhalb der überregionalen Krankenkassen berechnen sollten (vgl. Anlage 22 zum genannten Plenarprotokoll). Die Debatte zeigt, dass sehr wohl alle Beteiligten von der Berücksichtigung der kasseninternen Transfers ausgegangen sind.

(2) Gegen die Berücksichtigung der Finanztransfers lässt sich auch nicht einwenden, dass deren Erfassung die Berücksichtigung der Ausgabenseite voraussetze, da es nur dann zu überregionalen Transfers komme, wenn die Ausgaben in einem Bundesland höher sind als die dort generierten Finanzmittel, dass § 272 SGB V aber nur einen Vergleich der Einnahmen vorsehe und somit die Ausgaben nicht berücksichtige.

Diese Argumentation wäre nur dann durchgreifend, wenn eine Berücksichtigung der Transfers in exakter Höhe gewollt worden wäre, die tatsächlich nur unter Berücksichtigung der Ausgaben hätte vorgenommen werden können. Eine solche Berechnung wäre mangels nach Bundesländern differenzierten Jahresrechnungen der Krankenkassen auch gar nicht möglich gewesen. § 272 SGB V bzw. §§ 33 ff. RSAV berücksichtigen aber nur in pauschaler Weise diese Transfers. Durch die Anwendung der Beitragssätze der überregionalen Krankenkassen bei der Ermittlung des bundeslandspezifischen Beitragssatzes (§ 272 Abs. 1 Satz 3 SGB V, § 33a Abs. 2 RSAV) werden bei der Berechnung der bereinigten Einnahmen die Auswirkungen der überregionalen Transfers berücksichtigt. Dass solche kasseninternen Transfers bis Ende 2008 stattgefunden haben, streitet die Klägerin nicht ab.

(3) Die Ermittlung der Zuweisungen nach § 33b RSAV ist nicht methodisch fehlerhaft. Zwar werden bei der Ermittlung der fortgeschriebenen Einnahmen nach § 33a RSAV zum einen die beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder mit Wohnsitz im jeweiligen Bundesland berücksichtigt (§§ 33a Abs. 3 Satz 1 RSAV) und wird zum anderen bei der Bereinigung dieser Einnahmen um die fiktiven Ausgleichsansprüche bzw. -verpflichtungen auf Grundlage des RSA und Risikopools in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung (§ 272 Abs. 1 Satz 3 SGB V) diese Bereinigung auf der Grundlage der Morbiditätsdaten der in einem Bundesland lebenden Versicherten vorgenommen (§ 33a Abs. 5 RSAV). Insofern erfolgt in der Tat eine "Korrektur" der Finanzkraft auf der Grundlage der - im Alt-RSA an den Faktoren Alter, Geschlecht und Erwerbsminderungsrente festgemachten - "landesspezifischen" Morbiditätsstrukturen. Zugleich werden aber bei der Bildung des bundeslandspezifischen Beitragssatzes die bundeseinheitlichen Beitragssätze der überregionalen Krankenkassen herangezogen, so dass die damit verbundenen kasseninternen Transfers sehr wohl bei der Ermittlung der fortgeschriebenen Einnahmen (pauschal) berücksichtigt werden. Im Alt-RSA sind aber nur etwa 90 Prozent der Einnahmen einer Kasse in das Ausgleichsverfahren eingeflossen. Die verbleibenden Mittel waren zwar zum Teil zur Finanzierung der nicht berücksichtigungsfähigen Ermessens- und Satzungsleistungen (§ 266 Abs. 4 Nr. 2 SGB V in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung) und der Verwaltungsausgaben einzusetzen, standen jedoch jedenfalls zum Teil auch für die geschilderten Transfers zur Verfügung. Entscheidend ist, dass die mit dem bundesweit einheitlichen Beitragssatz überregionaler Krankenkassen verbundenen länderübergreifende Finanztransfers grundsätzlich bei der Ermittlung der fortgeschriebenen Einnahmen berücksichtigt werden, so dass es methodisch mindestens vertretbar ist, die kasseninternen Transfers auf der Seite der Zuweisungen dadurch - wiederum pauschal - zu berücksichtigen, dass die "Landeszuweisungen" so berechnet werden, dass die auf der Ebene der Krankenkassen zugeflossenen Zuweisungen von dort auf die einzelnen Bundesländer verteilt werden. Das von der Klägerin favorisierte Modell der Berechnung der Zuweisungen auf der Basis der Morbiditätsdaten der im jeweiligen Bundesland lebenden Versicherten wäre dem methodischen Einwand ausgesetzt, das zwar auf der Einnahmeseite jedenfalls im Ansatz die kasseninternen Transfers berücksichtigt werden, nicht dagegen auf der Seite der Zuweisungen, so dass es zu einer Überschätzung der durch den Gesundheitsfonds bewirkten Belastung kommen würde.

dd) Gegen das Modell der Klägerin spricht auch, dass die Berechnung nach den Morbiditätsdaten der Versicherten in den jeweiligen Bundesländern aufwändiger wäre und zu einer (weiteren) Komplizierung des RSA führen würde. Angesichts des Umstandes, dass das BSG schon zum alten RSA die bestehenden Differenzierungen wegen des Aufwands kritisch beurteilt hatte (SozR 4-2500 § 266 Nr. 1 Rn. 84), durfte sich der Verordnungs-/Gesetzgeber auch unter diesem Gesichtspunkt gegen eine weitere Komplizierung des Verfahrens und für die in § 33b RSAV vorgesehene Art und Weise der Berechnung der Zuweisungen entscheiden.

§ 33b RSAV ist somit mit § 272 SGB V vereinbar.

c) Der jüngste Vortrag der Klägerin, der Jahresausgleich für 2010 leide an dem beschriebenen Methodenfehler, betrifft nicht spezifisch die Ermittlung der Konvergenzzuweisungen, sondern primär die allgemeinen Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds für alle gesetzlichen Krankenkassen. Insoweit ist bereits fraglich, ob überhaupt in Bezug auf die hier allein angefochtenen Konvergenzzuweisungen eine materielle Beschwer der Klägerin schlüssig dargetan ist. Die Klägerin legt dazu dar, dass bei Durchführung der geforderten Annualisierung der fiktiven "Bayern-GKV" wegen der eher günstigen Morbidität in diesem Lande niedrigere Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds zustehen würden. Bei niedrigeren Zuweisungen für die "Bayern-GKV" ergebe sich aber eine größere Differenz im Sinne des § 272 SGB V zwischen Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds für das Land und den fortgeschriebenen Einnahmen, so dass sich für die Klägerin ein Anspruch auf höhere Konvergenzzuweisungen ergeben würde. Diese Argumentation geht von der - vom Senat nicht geteilten - Prämisse aus, für die Berechnung der Konvergenzzuweisungen seien die Zuweisungen auf der Grundlage der landesspezifischen Morbiditätsinformationen zu ermitteln. Wenn gem. § 33b RSAV die risikoadjustierten Grundpauschalen der Kassen zu Grunde gelegt werden, dürfte sich dagegen in der Summe der gerügte Methodenfehler nicht auswirken, da sowohl durch diese Berechnungsweise "begünstigte" als auch "benachteiligte" Krankenkassen in die virtuelle "Bayern-GKV" eingehen. Außerdem ist unklar, inwieweit dem Vortrag der Klägerin Berechnungen zugrunde liegen, die die Ansicht der Klägerin bestätigen.

Auch wenn man zugunsten der Klägerin die schlüssige Behauptung einer materiellen Beschwer annimmt, werden dadurch, dass das BVA mit den angefochtenen Bescheiden bei der Ermittlung der Zuweisungen für die "Bayern-GKV" im Rahmen des § 272 SGB V die Ausgaben von im Berichtsjahr Verstorbener nicht annualisert hat, Rechte der Klägerin nicht verletzt.

aa) Die Bestimmung des Regressionsverfahrens zur Ermittlung der Gewichtungsfaktoren ist wie auch der Morbiditätsgruppen, des Algorithmus für die Zuordnung der Versicherten zu den Morbiditätsgruppen, und des Berechnungsverfahren zur Ermittlung der Risikozuschläge gemäß § 31 Abs. 4 RSAV auf das BVA delegiert worden. Die Festlegungen des BVA vom 30.09.2009 für das Ausgleichsjahr 2010 sehen aber (wie im Vorjahr) vor, dass die Ausgaben Verstorbener - wie im Jahresausgleichsbescheid vom 16.11.2011 für das Jahr 2010 geschehen - nicht in dem von der Klägerin geforderten Sinne annualisiert werden. Dort heißt es zum Regressionsverfahren zur Ermittlung der Gewichtungsfaktoren:

"Jede Zuordnung zu einer der im Abschnitt "Algorithmus für die Zuordnung der Versicherten zu den Morbiditätsgruppen" unter a, b und c genannten Gruppen gilt als Risikomerkmal. Für die Versicherten der Stichprobe wird für jedes Risikomerkmal ein Gewichtungsfaktor wie folgt berechnet:

1 ...

2. Annualisierung der Leistungsausgaben: Die Leistungsausgaben der nach § 30 RSAV gemeldeten Hauptleistungsbereiche werden versichertenbezogen aufsummiert, durch die Zahl der Versichertentage im Berichtsjahr geteilt und mit der Zahl der Kalendertage des Berichtsjahres vervielfacht (Annualisierung der Leistungsausgaben). Die Leistungsausgaben von im Berichtsjahr Verstorbenen werden hiervon abweichend nicht annualisiert.

3. Ermittlung der Regressionskoefizienten: Für jedes Risikomerkmal wird ein Regressions- koeffizient ermittelt. Die Ermittlung erfolgt durch eine multiple lineare WLS-Regression ("Weighted Least Squares") ohne Konstante, in der die Risikomerkmale die erklärenden Variablen für die Höhe der annualisierten Leistungsausgaben bilden. Die WLS-Gewichte werden berechnet, indem für jeden Versicherten die Versicherungstage des Berichtsjahres durch die Zahl der Kalendertage des Berichtsjahres geteilt werden. Im Berichtsjahr Verstorbenen wird hiervon abweichend das Gewicht Eins zugeordnet."

bb) Die Anwendung des beschriebenen Regressionsverfahrens ist nicht zu beanstanden. Die Festlegungen für das Ausgleichsjahr 2010 verstoßen entgegen der Ansicht der Klägerin nicht gegen §§ 268, 266 Abs. 6 Satz 6 SGB V oder das grundgesetzliche Willkürverbot.

Es geht bei der von der Klägerin beanstandeten Regelung in den Festlegungen 2010 nicht um eine gegen § 268 Abs.1 Satz 1Nr. 3 SGB V verstoßende Gruppenbildung (etwa: "im Berichtsjahr Verstorbene"). Auch orientieren sich die von der Klägerin beanstandeten Festlegungen zweifelsfrei an den in der maßgeblichen Regelungen der §§ 266 und 268 SGB V und der RSAV zum Ausdruck kommenden Zielsetzungen und Grundzügen der Zuweisungen des morbiditätsorientierten RSA. Entgegen der Ansicht der als Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht grundrechtsfähigen Klägerin beruhen die Festlegungen für das Ausgleichsjahr 2010 auch nicht auf Willkür.

Zwar weist die Klägerin zutreffend darauf hin, dass bereits in wissenschaftlichen Veröffentlichungen aus dem Jahre 2000 die Auffassung vertreten worden war, dass auch die Ausgaben Verstorbener annualisiert werden sollten. Es kann aber nicht die Rede davon sein, dass das BVA in den Festlegungen vom 30.09.2009 aus sachfremden Erwägungen heraus einen wissenschaftlichen Standard, dessen Eignung und Notwendigkeit für den neuen Morbi-RSA schon festgestanden hätte, unbeachtet gelassen hätte.

Wie bereits in der Erläuterung des BVA zu den Festlegungen für das Ausgleichsjahr 2009 (IV a zum Punkt "Regression und Gewichtung") ausgeführt, waren, um die Frage zu klären, wie die Ausgaben von Versicherten, die nicht an allen Tagen des Berichtsjahres versichert waren, in der Regression behandelt werden sollen, in einer vom BVA durchgeführten Analyse verschiedene Varianten im Hinblick auf die Prognosegüte des Modells verglichen worden. Die höchste Erklärungskraft hatte danach eine WLS-Regression (Weighted Least Squares) erzielt, bei der die Ausgaben der unterjährig Versicherten mit Ausnahme von Verstorbenen auf das Jahr hochgerechnet werden (Annualisierung) und die Versicherten in der Regression durch ein Gewicht, welches dem Kehrwert des Annualisierungsfaktors entspricht, gewichtet werden. Die Ausgaben Verstorbener sind nicht annualisiert worden, da es nach damaliger Einschätzung ansonsten zu einer Überschätzung der von ihnen verursachten Ausgaben komme. Diese Einschätzung hatte das BVA im Anhörungsverfahren zur Diskussion gestellt, ohne dass die Spitzenverbände Einwände diesbezüglich erhoben hätten (vgl. "Dokumentation zur Anhörung der Spitzenverbände der Krankenkassen zum Entwurf der Festlegung nach § 31 Abs. 4 RSAV").

cc) Zutreffend verweist die Beklagte ferner darauf, dass sich im Vorfeld der Festlegungen für die Ausgleichsjahre ab 2010 eine breit gefächerte fachliche Diskussion zur Berücksichtigung unvollständiger Versichertenepisoden entwickelt hatte. So weisen etwa die (auf der Homepage des BVA zu findenden) Stellungnahmen der angehörten Verbände im Anhörungsverfahren zu den Festlegungen für 2010 aus, dass damals Änderungsvorschläge geprüft und von den Anhörungspartnern des BVA 2009 äußerst kontrovers diskutiert worden sind, so dass Anpassungen zunächst zurück gestellt worden sind. Namentlich der GKV-Spitzenverband (Stellungnahme vom 28.08.2009 (S. 12)) hatte einer Änderung in Bezug auf die Annualisierung ausdrücklich widersprochen und (u.a.) ausgeführt, vor allem anderen sei festzustellen, dass mit der beabsichtigten Änderung eine Sonderregelung für Verstorbene implementiert würde, die nicht durch die einschlägigen Vorgaben des § 268 Abs. 1 SGB V gedeckt sei. Der Tod als solcher sei kein Morbiditätsmerkmal im Sinne der Gesetzesvorschrift. Die vorgeschlagene Änderung sei nach Ansicht des Verbandes somit rechtlich nicht zulässig. Die Berechnung unterschiedlicher Zuschläge für Verstorbene und nicht verstorbene Versicherte würde praktisch der Bildung einer gesonderten Versichertengruppe gleichkommen, was nicht mit § 29 RSAV in Einklang stünde. Eine unabhängig von der tatsächlichen Versicherungszeit beziehungsweise dem Todeszeitpunkt in voller Höhe zu leistende Zuweisung für Verstorbene würde eine Sonderbehandlung darstellen, die bereits grundsätzlich nicht mit der Systematik des M-RSA im Einklang stünde. Auch der BKK-Bundesverband hatte im Anhörungsverfahren Stellung genommen und unter dem 01.09.2009 entgegen dem damaligen Vorschlag des Wissenschaftlichen Beirats (vom 06.07.2009) plädiert. Die Regelungen seien nicht zu befürworten, da in erheblichem Maße vom Verfahren jedes morbiditätsbezogenen RSA abgewichen und für eine einzelne Gruppen von Versicherten eine Sonderregelung geschaffen werde, für die es keine Rechtsgrundlage gebe. Es sei Wille des Gesetzgebers gewesen, einen prospektiven Ausgleich ohne gesonderte Berücksichtigung von Hochkostenfällen zu etablieren. Der vorgelegte Entwurf zur Berücksichtigung der vollen Versicherungszeiten auch für im Ausgleichsjahr Verstorbene stelle nicht nur eine Begünstigung einer einzelnen Versichertengruppe dar (zu Lasten anderer - auch anderer Hochkostenfälle), sondern verletzte in eklatanter Weise das Prinzip eines prospektiven Ausgleichsmodells auf der Basis dokumentierter Erkrankungen. Auch der Aspekt der Vermeidung von Selektionsanreizen treffe nicht zu, da der Sterbezeitpunkt naturgemäß nicht im Vorhinein bekannt sei. Vielmehr sollten Krankenkassen nicht aus dem frühzeitigen Ableben eines Versicherten im Jahresverlauf monetäre Vorteile ziehen. Das wäre der Fall, falls die Zuweisungen für einen im Januar Versterbenden dieselben wären wie für einen Dezember Versterbenden (bei ansonsten gleicher Klassifikation). Darüber hinaus habe der Gesetzgeber die Kriterien in § 268 SGB V klar definiert. Eine Standardisierung bedeute in jedem Fall, dass die tatsächlichen Leistungsausgaben der Versicherten nach oben und unten vom Standard abweichen könnten. Unterdeckungen bei bestimmten Versichertengruppen - wie beispielsweise Sterbefällen - stünden also Überdeckung anderer Versichertengruppen gegenüber und würden gegebenenfalls von diesen ausgeglichen. Würde man der Interpretation des Wissenschaftlichen Beirats im Bereich der HMG folgen, so würden sich weitere "Sonderfälle", wie zum Beispiel ein Hochrisikoausgleich für besonders teure Leistungsfälle innerhalb der GKV, anschließen. Da der Gesetzgeber dies aber nicht vorgesehen habe, sähen sie die Anpassung innerhalb des Indikationsmodells als nicht rechtens an. Bedenken wurden auch in der Gemeinsame Stellungnahme der Techniker Krankenkasse, der KKH Allianz, der Hanseatischen Krankenkasse, der Handelskrankenkasse und der (früheren) Gmünder Ersatzkasse sowie in der Stellungnahme der IKK zum Entwurf der Festlegungen nach § 31 Abs. 4 RSAV für das Ausgleichsjahr 2010 geäußert, während die DAK den Vorstoß, die Ausgaben Verstorbener zu annualisieren, ausdrücklich unterstützte.

Soweit mit den genannten Stellungnahmen im Anhörungsverfahren juristische oder juristisch eingekleidete Einwände gegen die Annualisierung vorgebracht worden sind, kann sich zwar das BVA im Falle einer sachlich gebotenen Änderung der Feststellungen dieser nicht unter Hinweis auf die umstrittene Rechtslage oder eine nicht eindeutige Positionierung des GKV-Spitzenverbandes entziehen, sondern muss zu den Einwänden Stellung beziehen und entscheiden, ob tatsächlich einer aus fachlicher Sicht eindeutig gebotenen Anpassung der Feststellungen Rechtsgründe entgegenstehen. Hier durfte das BVA aber unabhängig von der Stichhaltigkeit der juristischen Argumente gegen die Änderung und ungeachtet des Votums des Wissenschaftlichen Beirats in der Sache die Änderung zurückstellen.

Die unterbliebene Annualisierung war bei den Festlegungen für 2009 von den Verbänden - wie dargelegt - nicht in Frage gestellt worden. Die Auswirkungen der Berechnung waren umstritten, gesicherte Erkenntnisse dazu lagen nicht vor. Die Beklagte weist insoweit zu Recht darauf hin, dass die bisher und auch 2010 praktizierte Berücksichtigung unvollständiger Versichertenepisoden erst in dem im Jahr 2011 veröffentlichten Evaluationsbericht zum Jahresausgleich 2009 des Wissenschaftlichen Beirats umfassend untersucht und - erstmalig wissenschaftlich unabhängig - empirisch belegt worden sei, dass es bei alten Versicherten und Versicherten mit schweren Krankheiten zu Unterdeckungen komme. Nunmehr hat der Beirat in seinem Gutachten in der Tat bestätigt, dass das gegenwärtige Verfahren dazu führte, dass die Ausgaben Verstorbener den Risikogruppen nur unvollständig zugerechnet werden und die ermittelten standardisierten Leistungsausgaben insbesondere in Risikogruppen, die eine hohe Mortalität aufweisen, systematisch zu niedrig ausfallen. Die Folge davon sei, dass der RSA Unterschiede in den Altersstrukturen zwischen den Krankenkassen nicht mehr vollständig ausgleiche und Krankheiten mit hoher Mortalität (z.B. bösartige Neubildungen) systematische Unterdeckungen aufwiesen. Mit einer Annualisierung der Ausgaben auch von verstorbenen Versicherten könne auf Individual- und Gruppenebene sowie auf der Ebene der Krankenkassen eine größere Zielgenauigkeit der Zuweisungen erreicht werden. Die im Jahresausgleich 2009 beobachtete Tendenz, nach der mit der durchschnittlichen Morbidität einer Kasse ihre Unterdeckung zunahm, würde bei einer sachgerechten Annualisierung weitestgehend beseitigt. Auch würde die festgestellte Belastung von Krankenkassen mit vielen Hochkostenfällen weitgehend beseitigt, so dass damit dann auch die Notwendigkeit der Einführung eines Risikopools reduziert würde. Der Beirat hat daher empfohlen, die Sonderberechnung der Zuweisungen für Verstorbene zu streichen und ihre Ausgaben entsprechend der international üblichen Verfahrensweise zu annualisieren.

Im Zeitpunkt der hier streitgegenständlichen Festlegungen für das Jahr 2010 hat aber noch kein mit der durch den Evaluationsbericht geschaffenen Faktenlage vergleichbarer wissenschaftlicher Erkenntnisstand vorgelegen. An der Diskussion im Anhörungsverfahren wird vielmehr deutlich, dass nicht nur unterschiedliche Interessen und abweichende rechtliche Bewertungen der Kassen und ihrer Verbände vorgelegen haben. Vielmehr hat auch bei der Diskussion um die Festlegungen für das Ausgleichsjahr 2010 noch Unklarheit darüber geherrscht, ob bei einer Annualisierung eine Überbewertung der Ausgaben Verstorbener zu erwarten sei oder bei Fortsetzung des bisherigen Verfahrens eine Unterdeckung bei alten Versicherten und Versicherten mit schweren Krankheiten eintrete, letztlich damit auch, ob durch die Annualisierung eine Sonderregelung bezüglich der Ausgaben für Verstorbene geschaffen würde oder es ob im Gegenteil um die Abschaffung einer zu unzutreffenden Zuweisungen führenden und sachlich nicht gerechtfertigten Ausnahme von der ansonsten angewandten Regel gehe, die Ausgaben bei unvollständigen Versichertenepisoden zu annualisieren. Dafür spricht zur Überzeugung des Senats letztlich auch, dass die Frage der Annualisierung der Ausgaben Verstorbener bei den (allgemeinen) Zuweisungen für die Ausgleichsjahre 2009 und 2010 vor der Veröffentlichung des Evaluationsberichts vom 22.06.2011 und der anschließenden Stellungnahme des Beirats vom 24.06.2012 in keinem Klageverfahren zum Gegenstand gemacht worden war und auch von der Klägerin im vorliegenden Verfahren zur Begründung eines Anspruchs auf Konvergenzzuweisung nach § 272 SGB V erstmals mit Schriftsatz vom 30.10.2012 herangezogen worden ist. Wenn der behauptete Methodenfehler und die Lösung zu seiner Beseitigung nämlich schon vor der Bekanntgabe der Festlegungen für das Ausgleichsjahr 2010 am 30.09.2009 oder gar schon am 06.07.2008 bei den Festlegungen für das Jahr 2009 evident gewesen wären, wie heute von der Klägerin vorgetragen wird, wäre unerfindlich, weshalb die Klägerin und andere Kassen, die die Annualisierung im Anhörungsverfahren zu den Festlegungen für das Ausgleichsjahr 2010 befürwortet hatten, nicht mit dieser Begründung schon ab 2009 die Rechtswidrigkeit der allgemeinen Zuweisungen für 2009 und 2010 in Klageverfahren geltend gemacht haben.

dd) Nach allem meint deshalb die Beklagte zu Recht, dass die Festlegungen für das Jahr 2010 nicht willkürlich oder sonst rechtswidrig gewesen sind. Abgesehen davon, dass das gebotene Modell zur Beseitigung der nun belegten Unterdeckung nicht eindeutig erscheinen muss (vgl. die bei Schmidt/Göpffarth, Die Berücksichtigung von Verstorbenen im morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich, in: Repschläger, U. (Hrsg.), BARMER Gesundheitswesen aktuell 2009, 32 ff., diskutierten Lösungen), war eine rückwirkende Berücksichtigung der genannten Erkenntnisse auf die allgemeinen Zuweisungen und - in dem von der Klägerin angenommene Sinne (s.o.) - mittelbar auf die hier streitigen Konvergenzzuweisungen nach § 272 SGB V für das Ausgleichsjahr 2010 auch dann nicht vorzunehmen, wenn man von einem grundsätzlichen Korrekturbedarf bei der Berechnung der Zuschläge im Rahmen des Regressionsverfahrens ausgeht.

(1) Das BVA hat nach § 31 Abs. 4 Satz 1 RSAV die das Versichertenklassifikationsmodell bestimmenden Faktoren, darunter das Regressionsverfahren zur Ermittlung der Gewichtungsfaktoren bis zum 30.9. eines Jahres "für das folgende Ausgleichsjahr" festzulegen.

Schon der Wortlaut zeigt, dass das Klassifikationsmodell für das gesamte folgende Jahr gelten soll. Hierfür spricht auch der Zweck der Vorschrift. Da die Festlegungen die Risikoadjustierung der Grundpauschalen steuern, bestimmen sie wesentlich die Verteilung der Zuweisungen auf die Krankenkassen. Für ihre Finanzplanung müssen sich diese darauf verlassen können, dass nach erfolgter Festlegung die Faktoren nicht nachträglich geändert werden und es zu einer wesentlichen Umverteilung der schon geflossenen bzw, einkalkulierten Mittel kommt. Somit können nicht aufgrund nachträglich gewonnener Erkenntnisse wesentliche Faktoren des Versichertenklassifikationsmodells für ein Ausgleichsjahr geändert werden. Bestätigt wird dieses Ergebnis durch § 31 Abs. 4 Satz 6 RSAV, der durch das GKV-OrgWG eingefügt worden ist (Art. 6 Nr. 0 lit. c). Danach können die Festlegungen unterjährig angepasst werden, wenn die allgemein gültige Kodierung der Diagnosen oder der Arzneimittelklassifikation aktualisiert wird. Anlass für eine Anpassung kann also nur eine Änderung der genannten Parameter für die Zuordnung zu einer der Morbiditätsgruppen sein. Im Gegenschluss ergibt sich daraus, dass wegen sonstiger neuer Gesichtspunkte die Festlegungen nicht geändert werden dürfen. Entsprechend wird in der Gesetzesbegründung hervorgehoben, ohne diese Regelung hätte das BVA entsprechende Änderungen erst im Rahmen der für das folgende Ausgleichsjahr zu treffenden Festlegungen vornehmen können (BT-Drucks. 16/10609, 68). Die Korrektur der Festlegungen nur für zukünftige Ausgleichsjahre entspricht letztlich der Konzeption des RSA als lernendem System.

(2) Aus der von der Klägerin genannten Vorschrift des § 266 Abs. 6 Satz 6 SGB V ergibt sich erst recht nicht die Möglichkeit einer Änderung des Berechnungsverfahren im Jahresausgleich 2010. Nach dieser Vorschrift hat das BVA sachliche oder rechnerische Fehler in den Berechnungsgrundlagen, die nach Abschluss des Jahresausgleichs festgestellt werden, bei der nächsten Ermittlung der Höhe der Zuweisungen nach den dafür geltenden Vorschriften zu berücksichtigen. Sie betrifft also nur die nachträgliche Korrektur von Fehlern nach Abschluss des Jahresausgleichs und ist daher nicht einschlägig, weil die Klägerin ja Änderungen der Festlegungen im Jahresausgleich fordert. Zudem wären Korrekturen nach dieser Norm auch erst im folgenden Jahresausgleich (hier also im Ausgleichsjahr 2011) vorzunehmen. Sachliche oder rechnerische Fehler in den Berechnungsgrundlagen im Sinne des § 266 Abs. 6 Satz 6 SGB V sind im Übrigen auch nur Fehler, die die Datenbasis und deren rechnerische Auswertung betreffen, nicht etwaige später deutlich werdende Defizite des Morbi-RSA, die durch die rechtlichen Vorgaben - wie hier durch den von der Klägerin geltend gemachte Methodenfehler in den Festlegungen - begründet sind.

3) Daraus, dass die Klägerin darauf vertraut hat, dass nach § 272 SGB V nicht nur für das Jahr 2009 sondern für mehrere Jahre und insbesondere für das Jahr 2010 mit einem Konvergenzzuschlag zu rechnen sei, lässt sich ein tragender Einwand gegen die angefochtenen Entscheidungen der Beklagten nicht herleiten. Es soll nicht verkannt werden, dass durch die ab 01.10.2009 geltenden Vorschriften des RSA die Finanzplanung der Krankenkassen zunächst mit Unsicherheiten behaftet gewesen ist, hinsichtlich der Konvergenzzuweisungen für 2010 ist aber schon festzustellen, dass die Krankenkassen auf die veränderten Zahlen bereits im November 2009 aufmerksam gemacht worden sind. Das Vertrauen der Klägerin beruht i.Ü. nicht auf durch Gesetz oder Verwaltungshandeln eingeräumten und geschützten Rechtspositionen. Es handelt sich vielmehr um bloße Erwartungen, die durch aus dem politischen Raum stammende Äußerungen genährt worden sein mögen, rechtlich aber nicht geschützt sind. Demgemäß kann auch die Klägerin eine Vorschrift, die einen solchen Schutz begründen könnte, nicht benennen.

Der Jahresausgleichsbescheid vom 16.11.2011 erweist sich somit hinsichtlich der Konvergenzzuweisungen für das Jahr 2010 als rechtmäßig. Die mit dem weiteren Bescheid vom selben Tage vorgenommenen Korrekturen - auch zur Konvergenzzuweisung für das Jahr 2009 - nach § 266 Abs. 6 Satz 6 SGV tragen der neuen Datenlage Rechnung und begegnen keinen Bedenken, so dass die Klage insgesamt abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Sozialgerichtgesetz (SGG) iVm § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Der Senat hat dem Rechtsstreit auch wegen der weiteren anhängigen Verfahren grundsätzliche Bedeutung beigemessen und daher die Revision zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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