Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6.
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 6 U 93/05
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 107/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 335/12 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt Gerichtskosten in Höhe von 225,00 EUR.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten insbesondere darüber, ob der Tod des Ehemanns der Klägerin H.-U. J. – geboren am. 1947; verstorben am. 2004 – (nachfolgend: der Versicherte) Folge einer Berufskrankheit (BK) oder einer Erkrankung wie eine BK war.
Die Klägerin wandte sich am 2. April 2004 an die Wehrbereichsverwaltung Ost und begehrte die Anerkennung einer Wehrdienstbeschädigung bei dem Versicherten. Dieser hatte vom 1. November 1966 bis zum 26. April 1968 seinen Grundwehrdienst bei der NVA geleistet. Beim Versicherten sei Lymphdrüsenkrebs festgestellt worden. Er habe ein Gewächs am Ellenbogen gehabt und sich deshalb am 23. November 1999 erstmals bei seiner Hausärztin vorgestellt. Am 19. Januar 2000 sei er operiert worden. Im Juli 2003 seien Metastasen aufgetreten. Als ursächlich sei die Strahlenbelastung des Versicherten während seines Einsatzes als Funkorter an einer Radaranlage anzusehen.
Die Wehrbereichsverwaltung leitete den Vorgang an die Beklagte weiter. Diese holte von der Praktischen Ärztin Dipl.-Med. M. den Befundbericht vom 19. August 2004 ein, welche u.a. die Arztbriefe vom 4. Dezember 2003 und 12. Januar 2004 beifügte. Hieraus ging beim Versicherten die Diagnose eines Merkelzellkarzinoms der Haut im Bereich des rechten Ellenbogens mit abdominaler Lymphdrüsenmetastasierung hervor.
In der von der Beklagten veranlassten Expositionsanalyse vom 16. November 2004 führte die Wehrbereichsverwaltung Ost aus, dass der Versicherte während seines Grundwehrdienstes auf dem Standort G.-R. in der Flugabwehr-Raketenabteilung an einem Radargerät P-12 als Funkorter eingesetzt gewesen sei. Funkorter hätten zum qualifizierten Personal der Radartechniker gehört. Die Radargeräte hätten allerdings an allen Störstrahlern über Abschalteinrichtungen in Form von Interlockschaltern verfügt. Körperbereiche seien von Strahlung nicht betroffen gewesen. Es sei daher auszuschließen, dass der Versicherte als Funkorter ionisierender Strahlung in Form von Röntgenstörstrahlung ausgesetzt gewesen sei. Eine mögliche Exposition gegenüber elektromagnetischen Strahlen könne mangels rekonstruierbarer Expositionsbedingungen nicht beurteilt werden. Nach derzeitigem wissenschaftlichen Kenntnisstand könnten hochfrequente elektromagnetische Strahlen (HF-Strahlung) selbst bei hochgradiger Exposition jedoch nur durch thermische Wirkung Schäden hervorrufen.
Mit Bescheid vom 2. Dezember 2004 lehnte es die Beklagte insbesondere ab, der Klägerin Hinterbliebenenleistungen zu erbringen, da mangels belegter schädigender Einwirkung schon die Anerkennung der geltend gemachten Erkrankung als BK nach Nr. 2402 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) – Erkrankungen durch ionisierende Strahlen – (BK 2402) scheitere. Nach den Darlegungen in der Stellungnahme vom 16. November 2004 und den Kriterien des Berichtes der Radarkommission vom 2. Juli 2003 in Verbindung mit dem Erlass des Bundesministeriums der Verteidigung vom 4. März 2004 sei beim Versicherten eine gesundheitsgefährdende Einwirkung ionisierender Strahlen aufgrund seiner Wehrdiensttätigkeit auszuschließen. Die Radargeräte, an denen er tätig gewesen sei, hätten an den Türen der Senderschränke über Interlockschalter verfügt, die beim Öffnen der Tür im laufenden Betrieb zur Abschaltung von Sendern bzw. Modulatoren geführt hätten. Somit habe keine Röntgenstrahlung austreten können. Auch sonst seien durch den konstruktiven Aufbau des Gerätes Strahleneinwirkungen ausgeschlossen gewesen. Strahlenmessungen am Gerät hätten einen Nullwert ergeben. Ergänzend führte die Beklagte aus, dass auch die Anerkennung der zum Tode führenden Erkrankung des Versicherten wie eine BK (Wie-BK) nicht möglich sei. Beim Betrieb von Radaranlagen würde von den Radarantennen HF-Strahlung in die Umgebung abgegeben, deren Stärke mit zunehmender Entfernung von der Sendeanlage rasch abnehme. Die unmittelbar neben dieser so genannten Haupt-Keule vorhandenen HF-Felder stammten aus Neben-Keulen, bei denen es sich um ungewollte, aber technisch meist unvermeidbare Abstrahlungsverluste mit wesentlich geringerer Intensität handele. Die Einwirkung durch HF-Felder mit Intensitäten weit oberhalb von Grenzwerten könne zu thermischen Effekten im Sinne von Erwärmungen bzw. Verbrennungen von Körpergeweben führen. HF-Strahlung führe nach wissenschaftlichem Erkenntnisstand jedoch nicht zu mit Latenzzeit auftretenden Krebserkrankungen. Es lägen auch keine neuen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse darüber vor, dass bestimmte Personengruppen durch HF-Strahlung in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung gefährdet seien, bestimmte Erkrankungen zu erleiden.
Hiergegen erhob die Klägerin am 27. Dezember 2004 Widerspruch und machte vor allem geltend, dass an den verwendeten Radargeräten keine Strahlenschutzvorrichtungen vorhanden gewesen seien. Für 79 Radargeräte der NVA lägen 170 Ortsdosisleistungs-Messwerte vor, mit denen 200 verschiedene Röntgenstörstrahler hätten lokalisiert werden können. Bei geöffnetem Sendeschrank seien am Radargerät P-18, das mit dem P-12 im Wesentlichen baugleich sei, in 5 cm Abstand 150 µSv//h gemessen worden, was eine 30fache Überschreitung der Ortsdosisleistung bedeute.
Mit auf dem Postweg übersandtem Widerspruchsbescheid vom 29. April 2005 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Mit der am 31. Mai 2005 vor dem Sozialgericht (SG) Halle erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Anliegen unter Beifügung umfangreicher Unterlagen weiter verfolgt. Eine Vielzahl von Einflussgrößen sei heute nicht mehr rekonstruierbar. Der Versicherte sei während seines Wehrdienstes an durchschnittlich vier Stunden pro Tag an sieben Tagen in der Woche einer unzulässig hohen Strahlenexposition ausgesetzt gewesen und dosimetrisch nicht untersucht worden. Bei Wartungs-, Überprüfungs- oder Reparaturarbeiten, welche zum Teil nur bei Sendebetrieb hätten durchgeführt werden können, habe die Möglichkeit bestanden, die Schutzstromkreise der Radargeräte mit einfachsten Mitteln zu überbrücken, wofür die Klägerin Zeugen benannt hat. Damit sei der in Betrieb befindliche Sender auch bei geöffneten Türen zugänglich gewesen. Der Abstand hierzu könne 10 bis 50 cm betragen haben. An ihrem Begehren auf Feststellung, dass es sich bei der Erkrankung des Versicherten um eine Wehrdienstbeschädigung vergleichbar einer Berufskrankheit der Nr. 92 der Liste der Berufskrankheiten nach der Berufskrankheitenverordnung der DDR (bösartige Neubildungen oder ihre Vorstufen durch ionisierende Strahlung) handele, hat die Klägerin dort nicht mehr festgehalten.
Die Beklagte hat den Bericht der Expertenkommission zur Frage der Gefährdung durch Strahlung in früheren Radareinrichtungen der Bundeswehr und der NVA (Radarkommission) vom 2. Juli 2003 und den Erlass des Bundesministeriums der Verteidigung zu Versorgungsverfahren der Beklagten bei Radar-Schädigung vom 4. März 2004 vorgelegt. Sie hat hierzu ausgeführt, dass nach dem Bericht der Radarkommission anstelle von Messdaten ein Kriterienkatalog heranzuziehen sei. Vorliegend scheitere die Anerkennung einer BK am Vorhandensein einer Abschaltautomatik am Radargerät P-12 (Nr. 4 der im Erlass vom 4. März 2004 genannten Anerkennungsvoraussetzungen). Danach stehe fest, dass der Versicherte nicht am geöffneten Gerät bei eingeschalteter Betriebsspannung von 5 kV und mehr tätig gewesen sei. Eine Strahlenexposition bei geschlossenem Gerät sei nach den Empfehlungen der Radarkommission nicht möglich gewesen.
Das SG hat von dem Leiter des Instituts und der Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin der Universität G. Privatdozent (PD) Dr. S. das Gutachten nach Aktenlage vom 20. September 2006 eingeholt. Dieser hat eingeschätzt, dass die Voraussetzungen einer BK 2402 nicht hinreichend wahrscheinlich zu machen seien. Für eine Verursachung der Tumorerkrankung durch die Einwirkung ionisierender Strahlung während der Wehrdienstzeit sprächen ein vorverlegtes Erkrankungsalter des Versicherten (52 Jahre gegenüber 63 Jahren) und sein weniger häufig betroffenes Geschlecht (4: 1). Allerdings existierten schon keine gesicherten Erkenntnisse, die auf einen Zusammenhang zwischen ionisierender Strahlung und der Entstehung von Merkelzellkarzinomen hindeuten würden, noch seien solche zu erwarten. Gegen eine Ursachenbeziehung spreche bei der Abwägung verschiedener Gesichtspunkte auch, dass eine Einwirkung ionisierender Strahlen vorliegend nicht belegt sei. Abgesehen davon bedingte eine externe Bestrahlung immer eine Exposition der Haut. Ein chronischer Hautschaden äußere sich nach hohen Strahlendosen – mehrere Sv und höher – in einer Atrophie mit pergamentartiger Beschaffenheit der Haut sowie in einer Pigmentverschiebung, ungleichmäßigen Pigmentierung, Trockenheit, Dauerepilation, trockenen Abschürfung, Verhornung und Rhagadenbildung der Haut. Außerdem könnten Wachstumsstörungen mit Längsriffelung und Brüchigkeit der Nägel auftreten; Ekzeme und schmerzhafte Ulzerationen sowie Warzenbildungen seien möglich. Alle diese Symptome seien beim Versicherten nicht beschrieben. Zudem sei die im Gegensatz zu Hautzellen geringe Strahlenempfindlichkeit der Merkelzellen zu beachten. Merkelzellen seien an der Unterseite der Epidermis sowie in der Haarwurzelscheide gelegene, mit feinen Nervenfasern verbundene Zellen, die wahrscheinlich der Neuralleiste entstammten. Das Merkelzellkarzinom sei mit einer Inzidenz von ca. 0,1 bis 0,3 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner im Jahr selten. Anzutreffen seien die Tumoren typischerweise im Bereich der lichtexponierten Areale der Gesichtshaut oder der Extremitäten. Etwa die Hälfte aller Patienten erkranke innerhalb des ersten Jahres nach Entfernung des Primärtumors an einem Lokalrezidiv oder einer Lymphknotenmetastasierung. Wichtigste Risikofaktoren zur Entstehung von Merkelzellkarzinomen seien die UV-Strahlung, eine systemisch medikamentöse Immunsuppression, maligne Lymphome oder eine chronische Arsenexposition. Nach epidemiologischer Datenlage seien auch keine gesicherten neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu einem Zusammenhang zwischen von Radargeräten ausgehender HF-Strahlung und einem erhöhten Risiko des Auftretens von Merkelzellkarzinomen vorhanden. Die bisher aus dem Bereich des Mobilfunks vorliegenden Untersuchungen lieferten insoweit keine Hinweise. Zudem seien beim Versicherten auch keine chronischen, nicht malignen Strahlenschäden der Haut dokumentiert, wie sie durch die Einwirkung hochfrequenter elektromagnetischer Felder infolge thermischer Effekte auftreten könnten. Eine Wie-BK sei damit ebenfalls nicht wahrscheinlich zu machen.
Die Klägerin hat die Kompetenz des Sachverständigen und die Wissenschaftlichkeit seines Gutachtens angezweifelt. Die Beauftragung eines Nuklearmediziners wäre wohl günstiger gewesen. Nach der von der Strahlenmessstelle der Bundeswehr bei der Wehrbereichsverwaltung Nord in M. am 21. März 2002 im Bereich der Senderöhre eines P-18 durchgeführten Messung seien im Abstand von 5 cm des als "offen" deklarierten Einbauortes 150 µSv/h und im Abstand von 40 cm 6 µSv/h aufgetreten. Auch eine Belastung durch radioaktive Leuchtfarbe sei in Betracht zu ziehen.
Nach dem von der Klägerin u.a. vorgelegten Teilbericht der Arbeitsgruppe Aufklärung der Arbeitsplatzverhältnisse am Radargerät P-12 vom 7. Juni 2002 diente dieses zur Erfassung von Flugzielen bis zu einer Entfernung von 250 km. Es bestand aus einem Geräte- sowie einem Aggregatehänger. An der Außenwand des Gerätehängers war der Antennenmast mit dem Antennenantrieb montiert. Im Gerätehänger waren der Sender (Senderöhre mit Betriebsspannung von 14 kV), der Modulator (Thyratron mit Betriebsspannung von 7 kV), der Empfänger sowie die Sichtgeräte, an denen sich die Arbeitsplätze der Funkorter befanden, untergebracht. Wartungs- und Reparaturarbeiten seien von der gesamten Besatzung durchgeführt worden, die aus einem Stationsleiter (Leutnant), einem Gruppenführer Funkorter (Unteroffizier), einem Funkorter (Wehrpflichtiger), einem Gruppenführer Elektromechaniker (Unteroffizier) sowie einem Elektromechaniker (Wehrpflichtiger) bestanden habe. Arbeiten im elektronischen Bereich seien überwiegend vom Stationsleiter und dem Gruppenführer Funkorter vorgenommen worden. Die technische Ausbildung der Funkorter habe nicht für eine selbständige Arbeit am Gerät ausgereicht. Sie seien hauptsächlich für Arbeiten im Bereich Mechanik und Pflege eingesetzt worden und hätten den Stationsleiter bei Wartungs- und Reparaturarbeiten unterstützt. Der Gruppenführer Elektromechaniker sowie der Kraftfahrer/Elektromechaniker seien für die Wartung und technische Einsatzbereitschaft der zum Gerät gehörenden Kfz, Stromerzeugungsaggregate und Frequenzumformer zuständig gewesen. Während des Betriebs des Radargerätes seien ständig ein bis zwei Besatzungsmitglieder im Gerätehänger an den Sichtgeräten tätig gewesen. Arbeiten im Sender oder Modulator seien bei eingeschalteter Hochspannung nicht möglich gewesen. Im P-18 seien der gleiche Modulator und der gleiche Sender verwendet worden. Nach den in der Luftwaffenwerft Trollenhagen durchgeführten Messungen seien weder am Modulator noch am Sender Werte der Ortsdosisleistung über dem Wert des Untergrundes festgestellt worden. Eine eventuell vom Thyratron ausgehende Röntgenstrahlung sei durch das Gerätegehäuse abgeschirmt worden. Eine Gefährdung des Personals durch ionisierende Strahlung sei somit nicht erkennbar; radioaktive Leuchtfarben seien nicht feststellbar gewesen.
Mit Urteil vom 26. Juli 2007 hat das SG die Klage abgewiesen und hierzu in den Gründen ausgeführt: Eine Exposition des Versicherten gegenüber ionisierenden Strahlen sei nicht nachgewiesen. Jedenfalls spreche nach den schlüssigen, überzeugenden und auch verwertbaren gutachtlichen Ausführungen nicht mehr dafür als dagegen, dass sein Tod durch die Einwirkung ionisierender Strahlen bedingt sei. Auch die Anerkennung einer Wie-BK scheide aus. Wie der Sachverständige erläutert habe, sei bei einer Belastung durch HF-Strahlen bislang kein erhöhtes Krebsrisiko nachgewiesen.
Gegen das ihr am 5. September 2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt im selben Monat Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie umfangreich ihre Sicht der Rechtsentwicklung dargestellt sowie ihr bisheriges Vorbringen wiederholt. Ergänzend ist sie der Ansicht, die Entscheidung der Beklagten beruhe auf bewusster und vorsätzlich falscher Rechtsanwendung, da die Exposition unvollständig ermittelt worden sei und die Beklagte dabei gegen ihre eigenen Richtlinien verstoßen habe. Der Wehrdienst des Versicherten sei eine versicherungspflichtige Tätigkeit im Sinne der Sozialversicherung der DDR gewesen. Schließlich rüge sie eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG).
Die Klägerin beantragt,
zum Beweis der Tatsache, dass ein Merkelzellkarzinom durch ionisierende Strahlung oder durch Mikrowellenstrahlung verursacht werden kann und im Falle des Versicherten wahrscheinlich verursacht worden ist, nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten von Prof. Dr. H., B ... 25, B., einzuholen;
hilfsweise,
festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 2. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchspruchsbescheides vom 29. April 2005 nichtig ist,
festzustellen, dass für die im NVA-Wehrdienst des Versicherten durch Einwirkung unzulässig hoher ionisierender Strahlung i.V.m. Mikrowellenstrahlung und die unter wehrdiensteigentümlichen Umständen und Einwirkungen zugefügten Gesundheitsschäden und infolge schädigungsbedingt eingetretenen Erkrankungen mit Todesfolge Merkelzellkarzinom bzw. Morbus Hodgkin die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Rechtsnachfolgerin der Bundesausführungsbehörde für Unfallversicherung und damit der Sozialversicherung der DDR zuständig ist,
festzustellen, dass (für) die im NVA-Wehrdienst des Versicherten durch Einwirkung unzulässig hoher ionisierender Strahlung i.V.m. Mikrowellenstrahlung und die unter wehrdiensteigentümlichen Umständen und Einwirkungen zugefügten Gesundheitsschäden und infolge schädigungsbedingt eingetretenen Erkrankungen mit Todesfolge Merkelzellkarzinom bzw. Morbus Hodgkin (die) Folgen einer Berufskrankheit nach Nr. 92 und 52 der Berufskrankheitenverordnung der DDR, hilfsweise einer BK 2402, hilfsweise (einer Erkrankung) wie eine Berufskrankheit sind,
festzustellen, dass zwischen ihr und der Beklagten in deren Eigenschaft als Rechtsnachfolgerin der Bundesausführungsbehörde für Unfallversicherung und damit der Sozialversicherung der DDR ein Rechtsverhältnis besteht,
festzustellen, dass zwischen ihr und der Staatlichen Versicherung der DDR in Abwicklung in ihrer Eigenschaft als Rechtsnachfolgerin der Staatlichen Versicherung der DDR ein Rechtsverhältnis besteht,
die Staatliche Versicherung der DDR in Abwicklung beizuladen,
die Beklagte und die Beizuladende gesamtschuldnerisch zu verurteilen, ihr vom Zeitpunkt der Erkrankung des Versicherten an Unfallrente und vom Zeitpunkt seines Todes an Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu zahlen,
die Beklagte und die Beizuladende gesamtschuldnerisch zu verurteilen, die zu gewährenden Leistungen sowie alle Kostenerstattung gemäß den gesetzlichen Bestimmungen zu verzinsen,
die Beklagte und die Beizuladende gesamtschuldnerisch zu verurteilen, ihr gemäß dem Arbeitsgesetzbuch der DDR den Verlust von auf Arbeit beruhendem Einkommen des Versicherten zu ersetzen,
die Beklagte und die Beizuladende gesamtschuldnerisch zu verurteilen, ihr gemäß dem Arbeitsgesetzbuch der DDR die Minderung der Rentenansprüche des Versicherten zu ersetzen sowie
die Beklagte und die Beizuladende gesamtschuldnerisch zu verurteilen, ihr gemäß dem Arbeitsgesetzbuch der DDR schädigungsbedingt notwendige Mehraufwendungen des Versicherten vollständig zu ersetzen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie schließt sich dem Urteil des SG an und bleibt bei ihrer Ansicht.
Neben weiteren Unterlagen hat die Klägerin das im Auftrag des Landgerichts F. (Oder) gefertigte Gutachten des TÜV R. von Juni 2006 über das Radargerät P-12 übersandt. Hierin war der Sachverständige Dr. S. zu dem Ergebnis gelangt, dass die Bildröhren der Sichtgeräte keinen nennenswerten Beitrag zu einer Personen- oder Organdosis leisteten. Strahlenexpositionen durch andere Störstrahlquellen (insbesondere Sender und Modulator) seien ebenfalls nicht zu erwarten, weil diese durch ihre Bauweise selbstabschirmend seien und/oder in Schränken betrieben würden, deren Wände die Strahlung abschirmten. Zusätzliche Strahlenschutzmaßnahmen zur Arbeit an den geschlossenen Geräten seien nicht erforderlich gewesen. Im Vergleich zur Röntgenstrahlung, die in einem Thyratron entstehe, sei die Quellstärke der Strahlung, die durch die zu betrachtenden Sichtgeräte bedingt sei, aufgrund der geringeren Spannung, der geringeren Ströme sowie der geringeren Ordnungszahl des Materials, in dem die Strahlung produziert werde, um mindestens zwei Größenordnungen geringer. Wegen der Schwächung in den starken Glaskolben der Röhren sei die Strahlung bei den Sichtgeräten gegenüber derjenigen des Thyratrons noch einmal stark reduziert. Die Messungen hätten diese Überlegungen bestätigt. An keinem Ort außerhalb der Schränke seien nennenswerte Dosisleistungen festzustellen gewesen. Zum technischen Aufbau des P-12 hatte der Sachverständige ausgeführt, dass im Senderschrank des Gerätes drei Elektronenröhren, die aufgrund ihrer Betriebsspannung Röntgenstrahlung emittieren könnten, untergebracht waren (eine Scheibentriode mit 14 kV, eine Thyratronröhre mit 7 kV und ein Kenotron mit 7 kV). In einem weiteren Schrank befänden sich sechs Gleichrichterröhren mit 4 kV sowie vier Kenotrone mit 3 kV. In den Sichtgeräten (Rundsichtgerät, Höhensichtgerät und Kontrollsichtgerät) seien drei Elektronenstrahlbildröhren mit Betriebsspannungen von je maximal 5 bzw. 3,2 kV untergebracht. Schließlich seien in einem weiteren Schrank sechs Gleichrichterröhren mit 4 kV und vier Kenotrone mit 3 kV enthalten. Die Messungen seien am 30. November und 1. Dezember 2005 auf dem Fliegerhorst T. durchgeführt worden. Zur Bestimmung der Dosisleistung ohne Abschirmung durch das Metallgehäuse des Senders sei unmittelbar hinter der Klappe im Inneren des Senders eine Stunde lang eine Bestrahlung erfolgt. Im Ergebnis habe sich bei den Sichtgeräten, außerhalb des Senders sowie bei geöffneter Senderklappe und 50%iger Leistung jeweils ein Nulleffekt ergeben (zulässiger Wert: 1 µSv/h). Innerhalb des Senders bei geschlossener Klappe sei ein Wert von ( 200 µSv/h erreicht worden. Bei eingeschalteter HF hätten sich innerhalb des Wagens Werte zwischen 0,1 und 0,2 µSv/h ergeben. Am Sende-/Empfangsumschalter seien bei geöffneter Klappe ein Nulleffekt bzw. ein Wert von 0,16 µSv/h erreicht worden. Am Modulator hätten die Dosimeter 0,11 µSv/h registriert.
Weiterhin hat die Klägerin das Schreiben des Bundesministeriums der Verteidigung zum Radargerät P-15 an die Beklagte vom 14. Juli 2010 vorgelegt und hierzu gemeint, der Versicherte sei zu völlig vergleichbaren Bedingungen dienstverwendet worden. Im genannten Schreiben wird die Empfehlung gegeben, bei Personen in der Zuständigkeit der Beklagten, die Schädigungen durch Tätigkeiten am Radargerät P-15 geltend machten bzw. geltend gemacht hätten, in jedem Einzelfall die individuellen Verhältnisse zu prüfen. Die Arbeitsgruppe Aufklärung der Arbeitsplatzverhältnisse Radar/ Strahlenmessstelle der Bundeswehr bei der Wehrbereichsverwaltung Nord habe festgestellt, dass die bislang maßgeblichen Gutachten des TÜV nur in den jeweils konkreten Fällen anwendbar seien und die dort getroffenen Klassifizierungen mit "strahlungssicher" nicht generell für das Radargerät P-15 gelten könnten. Eine pauschale Ablehnung entsprechender Anträge unter Hinweis auf die Strahlungssicherheit dieses Radargerätes sei daher nicht mehr als sachgerecht anzusehen.
Schließlich hat die Klägerin u.a. eine eidesstattliche Versicherung des Dipl.-Ing. F. vom 1. Februar 2012 übermittelt, wonach dieser während der Wehrdienstzeit des Versicherten auf Grundlage bereits vorliegender Unterlagen von einer Gesamtstrahlenexposition von 0,156 Sv (= 156 mSv = 156.000 µSv) ausgeht.
Der Senat hat u.a. am 15. Februar 2012 mündlich verhandelt, das Ablehnungsgesuch der Klägerin als unzulässig und rechtsmissbräuchlich verworfen sowie die Verhängung von Mutwillenskosten wegen der notwendigen Anberaumung eines neuen Verhandlungstermins vorbehalten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Beiakten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senats.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG statthafte, form- und fristgerecht erhobene (§ 151 Abs. 1 SGG) sowie auch ansonsten zulässige Berufung ist unbegründet.
1. Der Antrag der Klägerin auf Einholung eines Gutachtens von Prof. Dr. H. war nach § 109 Abs. 2 SGG als verspätet abzulehnen. Indem die Klägerin mit dem Antrag bis zur mündlichen Verhandlung wartete und ihn nicht in angemessener Frist davor gestellt hat, handelte sie grob nachlässig. Bereits mit gerichtlicher Verfügung vom 12. Mai 2009 wurde die Klägerin auf die Möglichkeit des § 109 SGG hingewiesen. In ihrer unmittelbaren Reaktion hierauf hat sie mit Schreiben vom 12. Juni 2009 ausdrücklich erklärt, eine Sachaufklärung nach dieser Vorschrift für entbehrlich zu halten. Unter dem 4. November 2011 hatte der Senat nochmals auf den fehlenden medizinischen Beleg einer Beeinflussung der Krebserkrankung des Versicherten durch ionisierende Strahlen hingewiesen. Auch daraus wurde deutlich, dass der Senat auf der bisherigen Basis zu entscheiden beabsichtigte. Spätestens nach Erhalt der Ladung am 14. Juni 2012 musste die anwaltlich vertretene Klägerin dann jedenfalls erkennen, dass die von Amts wegen durchzuführende Beweiserhebung beendet war. Erkennt aber ein Beteiligter oder musste er erkennen, dass dies der Fall ist, so hat er den Antrag nach § 109 Abs. 1 SGG innerhalb angemessener Frist zu stellen, sofern eine Ablehnung als verspätet vermieden werden soll. Eine Antragstellung mehr als drei Monate nach Erhalt der Ladung liegt jedenfalls außerhalb angemessener Frist. Da der Antrag nach § 109 SGG sowohl schriftlich als auch mündlich gestellt werden kann, kann sich die Klägerin auch nicht darauf berufen, sie habe mit ihrem Antrag bis zur mündlichen Verhandlung warten können (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 10. Dezember 1958 – 4 RJ 143/58 – SozR Nr. 24 zu § 109 SGG). Abgesehen davon ist der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung behauptete Grund der verspäteten Antragstellung erwiesenermaßen falsch. Denn die nochmals vorgelegten Unterlagen sind der Klägerin nicht erst vor kurzem bekannt geworden, sondern seit Jahren Aktenbestandteil. Den Lehrbrief 3 zum Strahlenschutz hatte die Klägerin bereits als Anlage K 15 ihrem Schriftsatz vom 2. März 2006 beigefügt (Bl. 105 der Gerichtsakten). Das Schreiben der Wehrbereichsverwaltung Ost an die Beklagte vom 7. Juli 2004 hatte die Klägerin mit ihrem Schriftsatz vom 8. Januar 2007 als Anlage 24 vorgelegt (Bl. 191 der Gerichtsakten).
2. Soweit die Klägerin die Feststellung der Nichtigkeit des angefochtenen Bescheides begehrt, ist der entsprechende Antrag zulässig (vgl. § 55 Abs. 1 Nr. 4 SGG), jedoch unbegründet. Einen Nichtigkeitsgrund nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) hat die Klägerin weder nachvollziehbar aufgezeigt noch ist ein solcher sonst ersichtlich. Insbesondere verlangt der rein ablehnende Bescheid der Beklagten vom 2. Dezember 2004 schon kein positives Tun im Sinne von Nr. 5 dieser Norm, dessen Befolgung einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklichen könnte. Allein eine aus Sicht der Klägerin unzureichende Sachverhaltsermittlung seitens der Beklagten würde unter Berücksichtigung aller Umstände bei verständiger Würdigung keinen besonders schwerwiegenden Fehler darstellen, der offensichtlich ist (§ 40 Abs. 1 SGB X).
3. Unzulässig ist die Klage, soweit die Klägerin die Feststellung einer Zuständigkeit der Beklagten ihr gegenüber erstrebt. Hierfür ist schon deshalb kein Rechtsschutzbedürfnis ersichtlich, weil die Beklagte ihre Zuständigkeit niemals bestritten hat (vgl. § 55 Abs. 1 Nr. 2 letzter Halbsatz SGG). Zudem ist auch deshalb nicht ersichtlich, wozu die bloße Feststellung einer Zuständigkeit in Rechtsnachfolge den Rechtsschutz fördern soll, weil insoweit direkte Feststellungs- bzw. Leistungsansprüche geltend gemacht werden können und von der Klägerin mit den Hilfsanträgen zu 3. bzw. 7. auch verfolgt werden.
4. Zulässig ist die Klage, soweit die Klägerin in der Sache die Feststellung begehrt, dass die zum Tode des Versicherten führenden Erkrankungen Folgen einer BK bzw. Wie-BK sind (Hilfsantrag zu 3). Soweit innerhalb dessen auch die Feststellung von Ursachen der Erkrankungen verfolgt wird, ist die Klage dagegen unzulässig. Denn diese Frage ist kein selbständiger Gegenstand des Verwaltungsverfahrens, über den durch Verwaltungsakt zu entscheiden wäre, sondern nur eine Tatbestandsvoraussetzung des streitigen Anspruchs (vgl. hierzu auch BSG, Urteil vom 29. November 2011 – B 2 U 26/10 R – juris).
Die im bezeichneten Umfang zulässige Klage ist jedoch unbegründet. Denn der Bescheid der Beklagten vom 2. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. April 2005 beschwert die Klägerin nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Das beim Versicherten diagnostizierte Merkelzellkarzinom mit abdominaler Lymphdrüsenmetastasierung erfüllt nicht die Anerkennungsvoraussetzungen einer BK bzw. Wie-BK. Im Hinblick auf einen Morbus Hodgkin ist die Klage schon deshalb unbegründet, weil eine solche Diagnose in keinem vorliegenden ärztlichen Bericht oder Gutachten gestellt worden ist und es somit bereits am Vollbeweis einer entsprechenden Erkrankung fehlt (siehe zu den inhaltlichen Anforderungen dieses Beweismaßstabs etwa BSG, Urteil vom 20. Januar 1987 – 2 RU 27/86 – SozR § 548 Nr. 84; Urteil vom 27. Juni 2006 – B 2 U 5/05 R – SozR 4-5671 § 6 Nr. 2).
Die Beklagte war nach Anlage I, Kap. VIII, Sachgebiet I, Abschn. III, Nr. 1, Buchst. c, Abs. 8, Nr. 2, Buchst. dd, zweiter Spiegelstrich des Vertrages zwischen der BRD und der DDR über die Herstellung der Einheit Deutschlands (EinigVtr) vom 31. August 1990 (BGBl. II, 889) zur Entscheidung berufen. Nach dem EinigVtr sind die Ansprüche, die nicht im inneren Zusammenhang mit Verrichtungen im engeren Staatsdienst der DDR standen, nämlich in die gesetzliche Unfallversicherung überführt worden, wenn ihnen Arbeitsunfälle oder Berufskrankheiten im Sinne der allgemeinen Sozialversicherung der DDR zugrunde lagen. Um einen solchen Fall geht es hier. Denn nach § 5 Abs. 1 der während der Wehrdienstzeit des Versicherten gültigen Verordnung über die Besoldung der Wehrpflichtigen für die Dauer des Dienstes in der Nationalen Volksarmee vom 24. Januar 1962 (GBl. DDR II 49 – WPflBesVO) galten durch Ausübung des Dienstes erlittene Körper- und Gesundheitsschäden als Folge von Arbeitsunfällen bzw. Berufserkrankungen, die nach Ausscheiden aus dem Wehrdienst gemäß § 5 Abs. 2 WPflBesVO gegebenenfalls durch die allgemeine Sozialversicherung der DDR zu entschädigen waren. Gleiches galt nach Einführung von § 220 Abs. 4 des Arbeitsgesetzbuches der DDR (AGB) vom 16. Juni 1977 (GBl. DDR I 185) i.V.m. § 11 der Verordnung zur Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten vom 17. November 1977 (GBl. DDR I 373).
Anzuwenden sind vorliegend die Vorschriften des SGB VII, weil der angeschuldigte Versicherungsfall (BK 2402 bzw. Wie-BK), zu dem vor allem auch das Vorliegen einer Erkrankung gehört, erst nach dem Inkrafttreten des SGB VII am 1. Januar 1997 eingetreten sein könnte (vgl. Art. 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz vom 7. August 1996, BGBl. I 1996, 1254 ff.; § 212 SGB VII). Denn an dem von der Klägerin als BK bzw. Wie-BK geltend gemachten Leiden, dem im Bereich des rechten Ellenbogens aufgetretenen Primärtumor, ist der Versicherte nach ihrem Vorbringen erst im Herbst 1999 erkrankt. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass er bereits vor dem 1. Januar 1997 an einem Tumor litt. Die Feststellung (von Folgen) einer BK nach Nr. 92 bzw. 52 der Berufskrankheitenverordnung der DDR kommt damit von vornherein nicht in Betracht (vgl. BSG, Urteil vom 27. April 2010 – B 2 U 14/09 R – juris).
Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Bken Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung (BKV) mit Zustimmung des Bundesrates als solche bezeichnet und die ein Versicherter infolge einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit erleidet. Die näheren Einzelheiten zum Erlass der BKV regeln § 9 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 6 SGB VII. Voraussetzung für die Anerkennung einer Erkrankung als BK 2402 ist nach deren Tatbestand das Vorliegen einer durch ionisierende Strahlen hervorgerufenen Gesundheitsstörung. Ein Betroffener muss also aufgrund seiner versicherten Tätigkeit Einwirkungen durch ionisierende Strahlen ausgesetzt gewesen sein, die bei ihm eine Erkrankung verursacht haben. Gemäß § 9 Abs. 2 SGB VII erfordert die Feststellung einer Wie-BK, dass im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Abs. 1 Satz 2 der Norm erfüllt sind. Es muss sich mithin um eine Erkrankung handeln, die durch besondere Einwirkungen, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind, verursacht wird. Sowohl bei der Anerkennung einer Erkrankung als BK als auch wie eine BK müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten Einwirkungen einschließlich ihrer Art und ihres Ausmaßes mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (so genannter Vollbeweis) belegt sein. Der ursächliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der Einwirkung sowie zwischen der Einwirkung und der Erkrankung beurteilt sich dagegen nach dem Beweismaßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 – B 2 U 5/05 R – SozR 4-5671 § 6 Nr. 2).
Hiervon ausgehend sind vorliegend weder die Voraussetzungen zur Feststellung einer BK 2402 (nachfolgend unter a) noch einer Wie-BK erfüllt (hierzu unter b).
a) Nach § 215 Abs. 1 Sätze 2 und 3 SGB VII fiel der Versicherte für die hier als Schädigungszeitraum geltend gemachte Ableistung seines Wehrdienstes bei der NVA unter den Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung. Es kann offen bleiben, ob er währenddessen ionisierenden Strahlen ausgesetzt war, oder sich vernünftige Zweifel hieran im Sinne des insoweit geltenden Maßstabs des Vollbeweises etwa aus den Angaben im Teilbericht der Arbeitsgruppe Aufklärung der Arbeitsplatzverhältnisse vom 7. Juni 2002 sowie im Gutachten des Dr. S. von Juni 2006 ergeben. Denn immerhin konnten die am 21. März 2002 in Munster festgestellten Messwerte bei den am 7. Juni 2002 sowie 30. November und 1. Dezember 2005 in T. durchgeführten Messungen nicht bestätigt werden.
Diese Frage kann dahinstehen, weil der Senat zugunsten der Klägerin unterstellt, dass das vorliegend eingesetzte Radargerät P-12 entsprechend ihrem Vortrag den Geräten P-15 bzw. P-18 gleich zu behandeln ist und der Versicherte während der Zeit vom 1. November 1966 bis zum 26. April 1968 einer Gesamtstrahlenexposition von 0,156 Sv ausgesetzt war, wie Dipl.-Ing. F. es annimmt. Beweiserhebungen hierzu bedurfte es damit nicht. Selbst wenn nämlich hiervon ausgegangen wird, sind die Voraussetzungen einer BK 2402 deshalb nicht erfüllt, weil sich ein wesentlicher Ursachenzusammenhang zwischen einer solchen (oder höheren) Exposition und der Krebserkrankung des Versicherten nicht hinreichend wahrscheinlich machen lässt.
Hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände mehr für als gegen den geltend gemachten Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann. Die bloße Möglichkeit einer Verursachung genügt dagegen nicht. Dabei muss die versicherte Einwirkung nach der im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden "Theorie der wesentlichen Bedingung" an der Verursachung der geltend gemachten Erkrankung wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besonderen Beziehungen der Ursache zum Eintritt des Erfolges (Gesundheitsschaden/Erkrankung) wertend abgeleitet werden. Gesichtspunkte hierfür sind z.B. das Ausmaß der versicherten Einwirkung, das Gewicht konkurrierender Ursachen oder aber die Krankheitsgeschichte unter Berücksichtigung der geltenden medizinischen Erkenntnisse. Erst wenn feststeht, dass eine bestimmte Einwirkung eine naturwissenschaftliche Ursache für einen Erfolg ist, stellt sich in einem zweiten Schritt die Frage nach einer wesentlichen Verursachung des Erfolgs (der Erkrankung) durch das Ereignis/die Einwirkung (vgl. nur BSG, Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 27/04 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 15; Urteil vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 17; Urteil vom 17. Februar 2009 – B 2 U 18/07 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 31; Urteil vom 15. Mai 2012 – B 2 U 31/11 R – juris).
Gemessen daran liegt keine ernste Zweifel ausschließende Wahrscheinlichkeit dafür vor, dass zwischen der angenommenen Strahlenexposition und dem Krebsleiden des Versicherten ein wesentlicher Ursachenzusammenhang besteht. Ein solcher ist nur möglich. Gewichtige Bedenken an ihm werden beim Senat deshalb hervorgerufen, weil nach den schlüssigen Darlegungen von PD Dr. S. schon keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse existieren, die auf einen Zusammenhang zwischen ionisierender Strahlung und der Entstehung eines Merkelzellkarzinoms (aus dem sich dann vorliegend der Lymphdrüsenkrebs entwickelt hat) hindeuten. Dabei ist der Sachverständige nicht lediglich bei den Expositionsermittlungen der Beklagten stehen geblieben, wie seine Ausführungen zu Schäden der Haut belegen. Insoweit hat er nämlich darauf hingewiesen, dass eine externe Bestrahlung (wie sie beim Versicherten allein in Frage kommt) immer zu einer Einwirkung auf die Haut führt, die hierauf mit bestimmten Veränderungen – etwa pergamentartiger Beschaffenheit, ungleichmäßiger Pigmentierung, Trockenheit, Dauerepilation oder Verhornung und Rhagadenbildung – reagiert. Auch Ekzeme und schmerzhafte Ulzerationen sowie Warzenbildungen sind laut PD Dr. S. möglich. Sind für den Versicherten derartige Hinweise aber nicht beschrieben, leuchtet der auch hieraus vom Sachverständigen gezogene Schluss auf die Unwahrscheinlichkeit des geltend gemachten Ursachenzusammenhangs ein. Dies gilt angesichts der von der Klägerin angeschuldigten extrem hohen Strahlenbelastung umso mehr. Hinzu kommt laut PD Dr. S. die geringe Strahlenempfindlichkeit der Merkelzellen. Gegen einen Kausalzusammenhang zwischen der versicherten Einwirkung und der Tumorerkrankung des Versicherten spricht schließlich, dass eine von der (unterstellten) Strahlenexposition gänzlich unabhängige naturwissenschaftliche Erklärung seines Krankheitsbildes nahe liegt. Auch hierauf hat der Sachverständige nachvollziehbar hingewiesen. Denn nach ihm sind Merkelzellkarzinome typischerweise vor allem im Bereich lichtexponierter Extremitätenareale anzutreffen. Einer der wichtigsten Risikofaktoren für ihre Entstehung ist die UV-Strahlung. Gegenteilige medizinische Einschätzungen sind im Verfahren von keinem Arzt vertreten worden und werden auch von der Klägerin – auch im Rahmen ihrer Antragstellung nach § 109 SGG – nicht behauptet.
b) Auch die Voraussetzungen einer Wie-BK liegen nicht vor.
Zur Feststellung einer Wie-BK ist zunächst erforderlich, dass es bei dem geltend gemachten Leiden um eine Erkrankung geht, die ihrer Art nach noch nicht von einer Listen-BK erfasst wird. Zusätzlich muss die Erkrankung abstrakt nach neuen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen durch besondere Einwirkungen verursacht werden, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Schließlich muss neben dieser Erkrankung auch eine nach der zweiten Voraussetzung einschlägige versicherte Exposition im konkreten Einzelfall vorliegen und beim Betroffenen überdies ein wesentlicher Ursachenzusammenhang zwischen diesen Einwirkungen und seiner Krankheit hinreichend wahrscheinlich sein (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 1986 – 2 RU 80/84 – SozR 2200 § 551 Nr. 27; Urteil vom 4. Juni 2002 – B 2 U 16/01 R – juris; Urteil vom 20. Juli 2010 – B 2 U 19/09 R – juris).
Danach steht jedenfalls nicht fest, dass der Versicherte einer bestimmten Personengruppe angehörte, die durch ihre Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung besonderen Einwirkungen ausgesetzt war, die nach neuen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen generell geeignet sind, Merkelzellkarzinome im Bereich der Extremitäten zu verursachen.
Eine Risikoerhöhung im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII würde zunächst das Vorhandensein ausreichender medizinischer Erkenntnisse dafür erfordern, dass bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit Einwirkungen ausgesetzt wären, mit denen die übrige Bevölkerung nicht in diesem Maße in Kontakt käme, und die geeignet wären, die genannten Tumoren hervorzurufen. Unter Heranziehung der von PD Dr. S. ausgewerteten Studien lässt sich nicht belegen, dass das beim Versicherten entstandene Krebsleiden überhaupt infolge der Einwirkung von HF-Strahlung erheblich häufiger aufzutreten pflegt als bei der übrigen Bevölkerung. Im Gegenteil hat der Sachverständige dargelegt, dass sich auf epidemiologischer Datenlage gerade keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu einem Zusammenhang zwischen von Radargeräten ausgehender HF-Strahlung und einem erhöhten Risiko des Auftretens von Merkelzellkarzinomen sichern lassen. Es liegen auch keine Anhaltspunkte für davon abweichende neue Erkenntnisse vor. Das Tatbestandsmerkmal "neu” im Sinne von § 9 Abs. 2 SGB VII ist nur dann erfüllt, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch feststeht, dass die betroffenen Erkenntnisse bei der letzten Änderung der BKV – vorliegend die Zweite Verordnung zur Änderung der BKV vom 11. Juni 2009 (BGBl. I S. 1273) – noch nicht berücksichtigt wurden. Dies ist grundsätzlich dann der Fall, wenn sie erst nach der letzten BKV-Novelle bekannt geworden sind (näher hierzu BSG, Urteil vom 14. November 1996 – 2 RU 9/96 – SozR 3-2200 § 551 Nr. 9, Urteil vom 4. Juni 2002 – B 2 U 20/01 R – juris). Für den Verordnungsgeber bei der letzten Änderung der BKV berücksichtigungsfähige Erkenntnisse, denen zufolge die Entstehung von Merkelzellkarzinomen überhaupt durch bestimmte versicherte Einwirkungen beeinflusst wird, sind für den Senat nicht ersichtlich und von der Klägerin auch nicht vorgetragen. Im Rahmen ihrer Antragstellung nach § 109 SGG hat die Klägerin nicht einmal behauptet, dass der von ihr benannte Prof. Dr. H. insoweit überhaupt über neue Erkenntnisse verfügt.
Lässt sich damit aber schon abstrakt kein Ursachenzusammenhang wahrscheinlich machen, entfällt die Frage der Kausalität zwischen angeschuldigter Exposition und Tumorerkrankung im konkreten Einzelfall des Versicherten.
Der Senat vermag auch keinen – von der Klägerin nicht näher begründeten – Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG zu erkennen. Für Versorgungsempfänger und frühere Wehrpflichtige der NVA galten entsprechend ihrer sachlichen Unterschiede schon nach DDR-Recht verschiedene Regelungssysteme. Während Wehrpflichtige unfallversichert waren (s.o.), gehörten die aktiven Angehörigen der bewaffneten Organe und der Zollverwaltung der DDR Sonderversorgungssystemen an. Es ist aus Sicht des Senats nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber tendenzfrei hieran angeknüpft und die Regelungen der Sonderversorgungssysteme u.a. über Renten aufgrund von Dienstunfällen in das Sachgebiet "Rentenversicherung" (im Sinne des EinigVtr) überführt und Wehrpflichtige wie den Versicherten (gemäß § 215 Abs. 1 Sätze 2 und 3 SGB VII rückwirkend) der Unfallversicherung zugeordnet hat.
5. Soweit die Klägerin mit ihrem Hilfsantrag zu 4. die Feststellung eines Rechtsverhältnisses zwischen ihr und der Beklagten erstrebt, ist die Klage unzulässig. Eine zulässige Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG setzt den Bezug auf ein konkretes Rechtsverhältnis, aus dem bestimmte Rechte in Anspruch genommen werden, voraus. Trotzdem der Senat unter dem 12. September 2012 auch hierauf hingewiesen hat, ist die Klägerin bei ihrem nicht ausreichend konkretisierten Antrag geblieben.
6. Die mit dem Hilfsantrag zu 5. verfolgte Feststellung eines Rechtsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Staatlichen Versicherung der DDR in Abwicklung (SinA) beinhaltet eine völlig neue Klage, die unzulässig ist (§ 99 Abs. 1 SGG). Sachdienlichkeit der Klageänderung ist nicht gegeben, weil sie in keinem Zusammenhang zum bisherigen Verfahren steht. Eine Einwilligung der Beizuladenden liegt nicht vor, wobei eine Beiladung der SinA (Hilfsantrag zu 6.) nicht in Betracht kam, weil es insoweit schon an dem von § 75 Abs. 2 und 5 SGG vorausgesetzten Alternativverhältnis zwischen dieser und der Beklagten fehlt. Von der Klägerin wird weder behauptet noch ist sonst ersichtlich, dass die SinA ein anderer Träger der gesetzlichen Unfallversicherung ist, gegenüber dem die von der Klägerin verfolgten Ansprüche durchgreifen könnten. Die mit den Hilfsanträgen zu 3. und 7. (zu letzterem sogleich nachfolgend) geltend gemachten Ansprüche scheitern nicht mangels Zuständigkeit der Beklagten, sondern daran, dass beim Versicherten die Voraussetzungen eines Versicherungsfalls nicht erfüllt waren.
7. Die Klage auf Verurteilung, der Klägerin vom Zeitpunkt der Erkrankung des Versicherten an Unfallrente und vom Zeitpunkt seines Todes an Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu zahlen (Hilfsantrag zu 7.), ist im Hinblick auf die SinA unzulässig. Die Klägerin behauptet schon selbst nicht, dass die SinA eine Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung ist, die die nach Bundesrecht begehrten Leistungen zu erbringen und einen Leistungsanspruch abgelehnt hätte. Insofern liegt bereits keine Verwaltungsentscheidung vor, die einer Prüfung durch den Senat zugänglich wäre oder ist sonst erkennbar, weshalb sich die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes aufdrängen sollte. Eine Beiladung hatte nicht zu erfolgen, weil wiederum kein Alternativverhältnis ersichtlich ist, wonach die SinA anstatt der Beklagten leistungspflichtig ist, wenn dieser gegenüber die Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt sind.
In Bezug auf die Beklagte ist die Klage zulässig. Die Beklagte hat im Bescheid vom 2. Dezember 2004 nicht nur Hinterbliebenenleistungen, sondern insgesamt Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung abgelehnt. Dies beinhaltet auch die Ablehnung eines Leistungsanspruchs des Versicherten nach § 56 SGB VII, den die Klägerin als dessen (Sonder-)Rechtsnachfolgerin geltend machen kann. In der Sache ist die Klage jedoch nicht begründet. Denn der Bescheid der Beklagten vom 2. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. April 2005 beschwert die Klägerin deshalb nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, weil die Beklagte darin zutreffend Ansprüche auf Verletztenrente sowie Hinterbliebenenrente abgelehnt hat. Voraussetzung eines Anspruchs auf Verletztenrente ist nämlich die Minderung der Erwerbsfähigkeit "infolge eines Versicherungsfalls" (§ 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Auch ein Leistungsanspruch der Klägerin als Witwe des Versicherten nach § 65 SGB VII setzt den Eintritt dessen Todes infolge eines Versicherungsfalls voraus (§ 63 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Eine insoweit nur in Frage kommende BK 2402 bzw. Wie-BK (vgl. § 7 Abs. 1, 2. Fall SGB VII) lag beim Versicherten aber nicht vor (s.o. unter 4.).
8. Die zum Hilfsantrag 8. erhobene Klage ist sowohl bezüglich der Beklagten als auch der SinA mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig. Zu Zinsansprüchen nach § 44 Sozialgesetzbuch Erstes Buch kann vor Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes in einem Verwaltungsverfahren einfacher eine Entscheidung herbeigeführt werden.
9. Was schließlich die Hilfsanträge zu 9. bis 11. anbelangt, sind die entsprechenden Klagen gegen die Beklagte unzulässig, wobei der Senat die Begehren der Klägerin zu ihren Gunsten als Verfolgung sozialrechtlicher Rechtspositionen auslegt. Die Beklagte hat im angefochtenen Bescheid Ansprüche aus der gesetzlichen Unfallversicherung abgelehnt und keine Entscheidung über Ansprüche nach dem AGB getroffen, für die im Rahmen des Systems der gesetzlichen Unfallversicherung auch kein normativer Ansatz existiert. In Bezug auf die SinA gelten die Ausführungen unter 6. und 7. entsprechend.
Nach alledem konnte die Berufung keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, die Entscheidung über die von der Klägerin zu tragenden Gerichtskosten auf § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 sowie Sätze 2 und 3 SGG. Der Senat hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, weil die Klägerin, der ihr Prozessbevollmächtigter gleich steht, durch Verschulden die Vertagung der mündlichen Verhandlung am 15. Februar 2012 sowie die Anberaumung des neuen Termins verursacht hat. Schon mit Verfügung vom 28. September 2011 hat der Senat im Hinblick auf den für den 29. September 2011 bestimmten Termin den von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung bevollmächtigten Bund zur Unterstützung Strahlengeschädigter e.V. auf den Hintergrund der Ladung der Klägerin hingewiesen. Ihr Erscheinen war zur Besprechung notwendig, welche Anträge zulässig und sachdienlich gestellt werden können, um ihr Anliegen zu verfolgen; ihr Fernbleiben würde zu einer Vertagung führen. Diese Begründung hat die Klägerin ausweislich ihres Schriftsatzes vom 9. November 2011 auch zur Kenntnis genommen. An diesen Umständen hatte sich auch bis zu dem auf den 15. Februar 2012 bestimmten Termin nichts geändert. Der Klägerin war also bewusst, dass ihr Nichterscheinen bzw. dasjenige ihres (neuen) Prozessbevollmächtigten die Anberaumung eines neuen Termins notwendig machen würde, weil dadurch keine Hinweismöglichkeit zur sachdienlichen Antragstellung verblieb. Indem für sie niemand zum Termin erschien, hat sie durch ihr Verschulden die Vertagung der mündlichen Verhandlung verursacht. Bei der Höhe der Missbrauchskosten hat der Senat lediglich den Mindestbetrag von 225 EUR (§ 192 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 184 Abs. 2 SGG) angesetzt, obgleich die tatsächlich durch das Verhalten der anwaltlich vertretenen Klägerin verursachten Kosten für die Senatstermine deutlich höher sind. Da die Kosten bei verständigem Handeln vermeidbar gewesen wären, sind sie durch die Klägerin zu erstatten (vgl. BSG, Urteil vom 27. April 1994 – 10 RAr 10/93 – juris).
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor. Die Entscheidung beruht auf gesicherter Rechtsauslegung und tatsächlicher Einzelfallbeurteilung ohne dass der Senat von einem der in der genannten Vorschrift bezeichneten Gerichte abweicht.
Die Klägerin trägt Gerichtskosten in Höhe von 225,00 EUR.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten insbesondere darüber, ob der Tod des Ehemanns der Klägerin H.-U. J. – geboren am. 1947; verstorben am. 2004 – (nachfolgend: der Versicherte) Folge einer Berufskrankheit (BK) oder einer Erkrankung wie eine BK war.
Die Klägerin wandte sich am 2. April 2004 an die Wehrbereichsverwaltung Ost und begehrte die Anerkennung einer Wehrdienstbeschädigung bei dem Versicherten. Dieser hatte vom 1. November 1966 bis zum 26. April 1968 seinen Grundwehrdienst bei der NVA geleistet. Beim Versicherten sei Lymphdrüsenkrebs festgestellt worden. Er habe ein Gewächs am Ellenbogen gehabt und sich deshalb am 23. November 1999 erstmals bei seiner Hausärztin vorgestellt. Am 19. Januar 2000 sei er operiert worden. Im Juli 2003 seien Metastasen aufgetreten. Als ursächlich sei die Strahlenbelastung des Versicherten während seines Einsatzes als Funkorter an einer Radaranlage anzusehen.
Die Wehrbereichsverwaltung leitete den Vorgang an die Beklagte weiter. Diese holte von der Praktischen Ärztin Dipl.-Med. M. den Befundbericht vom 19. August 2004 ein, welche u.a. die Arztbriefe vom 4. Dezember 2003 und 12. Januar 2004 beifügte. Hieraus ging beim Versicherten die Diagnose eines Merkelzellkarzinoms der Haut im Bereich des rechten Ellenbogens mit abdominaler Lymphdrüsenmetastasierung hervor.
In der von der Beklagten veranlassten Expositionsanalyse vom 16. November 2004 führte die Wehrbereichsverwaltung Ost aus, dass der Versicherte während seines Grundwehrdienstes auf dem Standort G.-R. in der Flugabwehr-Raketenabteilung an einem Radargerät P-12 als Funkorter eingesetzt gewesen sei. Funkorter hätten zum qualifizierten Personal der Radartechniker gehört. Die Radargeräte hätten allerdings an allen Störstrahlern über Abschalteinrichtungen in Form von Interlockschaltern verfügt. Körperbereiche seien von Strahlung nicht betroffen gewesen. Es sei daher auszuschließen, dass der Versicherte als Funkorter ionisierender Strahlung in Form von Röntgenstörstrahlung ausgesetzt gewesen sei. Eine mögliche Exposition gegenüber elektromagnetischen Strahlen könne mangels rekonstruierbarer Expositionsbedingungen nicht beurteilt werden. Nach derzeitigem wissenschaftlichen Kenntnisstand könnten hochfrequente elektromagnetische Strahlen (HF-Strahlung) selbst bei hochgradiger Exposition jedoch nur durch thermische Wirkung Schäden hervorrufen.
Mit Bescheid vom 2. Dezember 2004 lehnte es die Beklagte insbesondere ab, der Klägerin Hinterbliebenenleistungen zu erbringen, da mangels belegter schädigender Einwirkung schon die Anerkennung der geltend gemachten Erkrankung als BK nach Nr. 2402 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) – Erkrankungen durch ionisierende Strahlen – (BK 2402) scheitere. Nach den Darlegungen in der Stellungnahme vom 16. November 2004 und den Kriterien des Berichtes der Radarkommission vom 2. Juli 2003 in Verbindung mit dem Erlass des Bundesministeriums der Verteidigung vom 4. März 2004 sei beim Versicherten eine gesundheitsgefährdende Einwirkung ionisierender Strahlen aufgrund seiner Wehrdiensttätigkeit auszuschließen. Die Radargeräte, an denen er tätig gewesen sei, hätten an den Türen der Senderschränke über Interlockschalter verfügt, die beim Öffnen der Tür im laufenden Betrieb zur Abschaltung von Sendern bzw. Modulatoren geführt hätten. Somit habe keine Röntgenstrahlung austreten können. Auch sonst seien durch den konstruktiven Aufbau des Gerätes Strahleneinwirkungen ausgeschlossen gewesen. Strahlenmessungen am Gerät hätten einen Nullwert ergeben. Ergänzend führte die Beklagte aus, dass auch die Anerkennung der zum Tode führenden Erkrankung des Versicherten wie eine BK (Wie-BK) nicht möglich sei. Beim Betrieb von Radaranlagen würde von den Radarantennen HF-Strahlung in die Umgebung abgegeben, deren Stärke mit zunehmender Entfernung von der Sendeanlage rasch abnehme. Die unmittelbar neben dieser so genannten Haupt-Keule vorhandenen HF-Felder stammten aus Neben-Keulen, bei denen es sich um ungewollte, aber technisch meist unvermeidbare Abstrahlungsverluste mit wesentlich geringerer Intensität handele. Die Einwirkung durch HF-Felder mit Intensitäten weit oberhalb von Grenzwerten könne zu thermischen Effekten im Sinne von Erwärmungen bzw. Verbrennungen von Körpergeweben führen. HF-Strahlung führe nach wissenschaftlichem Erkenntnisstand jedoch nicht zu mit Latenzzeit auftretenden Krebserkrankungen. Es lägen auch keine neuen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse darüber vor, dass bestimmte Personengruppen durch HF-Strahlung in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung gefährdet seien, bestimmte Erkrankungen zu erleiden.
Hiergegen erhob die Klägerin am 27. Dezember 2004 Widerspruch und machte vor allem geltend, dass an den verwendeten Radargeräten keine Strahlenschutzvorrichtungen vorhanden gewesen seien. Für 79 Radargeräte der NVA lägen 170 Ortsdosisleistungs-Messwerte vor, mit denen 200 verschiedene Röntgenstörstrahler hätten lokalisiert werden können. Bei geöffnetem Sendeschrank seien am Radargerät P-18, das mit dem P-12 im Wesentlichen baugleich sei, in 5 cm Abstand 150 µSv//h gemessen worden, was eine 30fache Überschreitung der Ortsdosisleistung bedeute.
Mit auf dem Postweg übersandtem Widerspruchsbescheid vom 29. April 2005 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Mit der am 31. Mai 2005 vor dem Sozialgericht (SG) Halle erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Anliegen unter Beifügung umfangreicher Unterlagen weiter verfolgt. Eine Vielzahl von Einflussgrößen sei heute nicht mehr rekonstruierbar. Der Versicherte sei während seines Wehrdienstes an durchschnittlich vier Stunden pro Tag an sieben Tagen in der Woche einer unzulässig hohen Strahlenexposition ausgesetzt gewesen und dosimetrisch nicht untersucht worden. Bei Wartungs-, Überprüfungs- oder Reparaturarbeiten, welche zum Teil nur bei Sendebetrieb hätten durchgeführt werden können, habe die Möglichkeit bestanden, die Schutzstromkreise der Radargeräte mit einfachsten Mitteln zu überbrücken, wofür die Klägerin Zeugen benannt hat. Damit sei der in Betrieb befindliche Sender auch bei geöffneten Türen zugänglich gewesen. Der Abstand hierzu könne 10 bis 50 cm betragen haben. An ihrem Begehren auf Feststellung, dass es sich bei der Erkrankung des Versicherten um eine Wehrdienstbeschädigung vergleichbar einer Berufskrankheit der Nr. 92 der Liste der Berufskrankheiten nach der Berufskrankheitenverordnung der DDR (bösartige Neubildungen oder ihre Vorstufen durch ionisierende Strahlung) handele, hat die Klägerin dort nicht mehr festgehalten.
Die Beklagte hat den Bericht der Expertenkommission zur Frage der Gefährdung durch Strahlung in früheren Radareinrichtungen der Bundeswehr und der NVA (Radarkommission) vom 2. Juli 2003 und den Erlass des Bundesministeriums der Verteidigung zu Versorgungsverfahren der Beklagten bei Radar-Schädigung vom 4. März 2004 vorgelegt. Sie hat hierzu ausgeführt, dass nach dem Bericht der Radarkommission anstelle von Messdaten ein Kriterienkatalog heranzuziehen sei. Vorliegend scheitere die Anerkennung einer BK am Vorhandensein einer Abschaltautomatik am Radargerät P-12 (Nr. 4 der im Erlass vom 4. März 2004 genannten Anerkennungsvoraussetzungen). Danach stehe fest, dass der Versicherte nicht am geöffneten Gerät bei eingeschalteter Betriebsspannung von 5 kV und mehr tätig gewesen sei. Eine Strahlenexposition bei geschlossenem Gerät sei nach den Empfehlungen der Radarkommission nicht möglich gewesen.
Das SG hat von dem Leiter des Instituts und der Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin der Universität G. Privatdozent (PD) Dr. S. das Gutachten nach Aktenlage vom 20. September 2006 eingeholt. Dieser hat eingeschätzt, dass die Voraussetzungen einer BK 2402 nicht hinreichend wahrscheinlich zu machen seien. Für eine Verursachung der Tumorerkrankung durch die Einwirkung ionisierender Strahlung während der Wehrdienstzeit sprächen ein vorverlegtes Erkrankungsalter des Versicherten (52 Jahre gegenüber 63 Jahren) und sein weniger häufig betroffenes Geschlecht (4: 1). Allerdings existierten schon keine gesicherten Erkenntnisse, die auf einen Zusammenhang zwischen ionisierender Strahlung und der Entstehung von Merkelzellkarzinomen hindeuten würden, noch seien solche zu erwarten. Gegen eine Ursachenbeziehung spreche bei der Abwägung verschiedener Gesichtspunkte auch, dass eine Einwirkung ionisierender Strahlen vorliegend nicht belegt sei. Abgesehen davon bedingte eine externe Bestrahlung immer eine Exposition der Haut. Ein chronischer Hautschaden äußere sich nach hohen Strahlendosen – mehrere Sv und höher – in einer Atrophie mit pergamentartiger Beschaffenheit der Haut sowie in einer Pigmentverschiebung, ungleichmäßigen Pigmentierung, Trockenheit, Dauerepilation, trockenen Abschürfung, Verhornung und Rhagadenbildung der Haut. Außerdem könnten Wachstumsstörungen mit Längsriffelung und Brüchigkeit der Nägel auftreten; Ekzeme und schmerzhafte Ulzerationen sowie Warzenbildungen seien möglich. Alle diese Symptome seien beim Versicherten nicht beschrieben. Zudem sei die im Gegensatz zu Hautzellen geringe Strahlenempfindlichkeit der Merkelzellen zu beachten. Merkelzellen seien an der Unterseite der Epidermis sowie in der Haarwurzelscheide gelegene, mit feinen Nervenfasern verbundene Zellen, die wahrscheinlich der Neuralleiste entstammten. Das Merkelzellkarzinom sei mit einer Inzidenz von ca. 0,1 bis 0,3 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner im Jahr selten. Anzutreffen seien die Tumoren typischerweise im Bereich der lichtexponierten Areale der Gesichtshaut oder der Extremitäten. Etwa die Hälfte aller Patienten erkranke innerhalb des ersten Jahres nach Entfernung des Primärtumors an einem Lokalrezidiv oder einer Lymphknotenmetastasierung. Wichtigste Risikofaktoren zur Entstehung von Merkelzellkarzinomen seien die UV-Strahlung, eine systemisch medikamentöse Immunsuppression, maligne Lymphome oder eine chronische Arsenexposition. Nach epidemiologischer Datenlage seien auch keine gesicherten neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu einem Zusammenhang zwischen von Radargeräten ausgehender HF-Strahlung und einem erhöhten Risiko des Auftretens von Merkelzellkarzinomen vorhanden. Die bisher aus dem Bereich des Mobilfunks vorliegenden Untersuchungen lieferten insoweit keine Hinweise. Zudem seien beim Versicherten auch keine chronischen, nicht malignen Strahlenschäden der Haut dokumentiert, wie sie durch die Einwirkung hochfrequenter elektromagnetischer Felder infolge thermischer Effekte auftreten könnten. Eine Wie-BK sei damit ebenfalls nicht wahrscheinlich zu machen.
Die Klägerin hat die Kompetenz des Sachverständigen und die Wissenschaftlichkeit seines Gutachtens angezweifelt. Die Beauftragung eines Nuklearmediziners wäre wohl günstiger gewesen. Nach der von der Strahlenmessstelle der Bundeswehr bei der Wehrbereichsverwaltung Nord in M. am 21. März 2002 im Bereich der Senderöhre eines P-18 durchgeführten Messung seien im Abstand von 5 cm des als "offen" deklarierten Einbauortes 150 µSv/h und im Abstand von 40 cm 6 µSv/h aufgetreten. Auch eine Belastung durch radioaktive Leuchtfarbe sei in Betracht zu ziehen.
Nach dem von der Klägerin u.a. vorgelegten Teilbericht der Arbeitsgruppe Aufklärung der Arbeitsplatzverhältnisse am Radargerät P-12 vom 7. Juni 2002 diente dieses zur Erfassung von Flugzielen bis zu einer Entfernung von 250 km. Es bestand aus einem Geräte- sowie einem Aggregatehänger. An der Außenwand des Gerätehängers war der Antennenmast mit dem Antennenantrieb montiert. Im Gerätehänger waren der Sender (Senderöhre mit Betriebsspannung von 14 kV), der Modulator (Thyratron mit Betriebsspannung von 7 kV), der Empfänger sowie die Sichtgeräte, an denen sich die Arbeitsplätze der Funkorter befanden, untergebracht. Wartungs- und Reparaturarbeiten seien von der gesamten Besatzung durchgeführt worden, die aus einem Stationsleiter (Leutnant), einem Gruppenführer Funkorter (Unteroffizier), einem Funkorter (Wehrpflichtiger), einem Gruppenführer Elektromechaniker (Unteroffizier) sowie einem Elektromechaniker (Wehrpflichtiger) bestanden habe. Arbeiten im elektronischen Bereich seien überwiegend vom Stationsleiter und dem Gruppenführer Funkorter vorgenommen worden. Die technische Ausbildung der Funkorter habe nicht für eine selbständige Arbeit am Gerät ausgereicht. Sie seien hauptsächlich für Arbeiten im Bereich Mechanik und Pflege eingesetzt worden und hätten den Stationsleiter bei Wartungs- und Reparaturarbeiten unterstützt. Der Gruppenführer Elektromechaniker sowie der Kraftfahrer/Elektromechaniker seien für die Wartung und technische Einsatzbereitschaft der zum Gerät gehörenden Kfz, Stromerzeugungsaggregate und Frequenzumformer zuständig gewesen. Während des Betriebs des Radargerätes seien ständig ein bis zwei Besatzungsmitglieder im Gerätehänger an den Sichtgeräten tätig gewesen. Arbeiten im Sender oder Modulator seien bei eingeschalteter Hochspannung nicht möglich gewesen. Im P-18 seien der gleiche Modulator und der gleiche Sender verwendet worden. Nach den in der Luftwaffenwerft Trollenhagen durchgeführten Messungen seien weder am Modulator noch am Sender Werte der Ortsdosisleistung über dem Wert des Untergrundes festgestellt worden. Eine eventuell vom Thyratron ausgehende Röntgenstrahlung sei durch das Gerätegehäuse abgeschirmt worden. Eine Gefährdung des Personals durch ionisierende Strahlung sei somit nicht erkennbar; radioaktive Leuchtfarben seien nicht feststellbar gewesen.
Mit Urteil vom 26. Juli 2007 hat das SG die Klage abgewiesen und hierzu in den Gründen ausgeführt: Eine Exposition des Versicherten gegenüber ionisierenden Strahlen sei nicht nachgewiesen. Jedenfalls spreche nach den schlüssigen, überzeugenden und auch verwertbaren gutachtlichen Ausführungen nicht mehr dafür als dagegen, dass sein Tod durch die Einwirkung ionisierender Strahlen bedingt sei. Auch die Anerkennung einer Wie-BK scheide aus. Wie der Sachverständige erläutert habe, sei bei einer Belastung durch HF-Strahlen bislang kein erhöhtes Krebsrisiko nachgewiesen.
Gegen das ihr am 5. September 2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt im selben Monat Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie umfangreich ihre Sicht der Rechtsentwicklung dargestellt sowie ihr bisheriges Vorbringen wiederholt. Ergänzend ist sie der Ansicht, die Entscheidung der Beklagten beruhe auf bewusster und vorsätzlich falscher Rechtsanwendung, da die Exposition unvollständig ermittelt worden sei und die Beklagte dabei gegen ihre eigenen Richtlinien verstoßen habe. Der Wehrdienst des Versicherten sei eine versicherungspflichtige Tätigkeit im Sinne der Sozialversicherung der DDR gewesen. Schließlich rüge sie eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG).
Die Klägerin beantragt,
zum Beweis der Tatsache, dass ein Merkelzellkarzinom durch ionisierende Strahlung oder durch Mikrowellenstrahlung verursacht werden kann und im Falle des Versicherten wahrscheinlich verursacht worden ist, nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten von Prof. Dr. H., B ... 25, B., einzuholen;
hilfsweise,
festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 2. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchspruchsbescheides vom 29. April 2005 nichtig ist,
festzustellen, dass für die im NVA-Wehrdienst des Versicherten durch Einwirkung unzulässig hoher ionisierender Strahlung i.V.m. Mikrowellenstrahlung und die unter wehrdiensteigentümlichen Umständen und Einwirkungen zugefügten Gesundheitsschäden und infolge schädigungsbedingt eingetretenen Erkrankungen mit Todesfolge Merkelzellkarzinom bzw. Morbus Hodgkin die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Rechtsnachfolgerin der Bundesausführungsbehörde für Unfallversicherung und damit der Sozialversicherung der DDR zuständig ist,
festzustellen, dass (für) die im NVA-Wehrdienst des Versicherten durch Einwirkung unzulässig hoher ionisierender Strahlung i.V.m. Mikrowellenstrahlung und die unter wehrdiensteigentümlichen Umständen und Einwirkungen zugefügten Gesundheitsschäden und infolge schädigungsbedingt eingetretenen Erkrankungen mit Todesfolge Merkelzellkarzinom bzw. Morbus Hodgkin (die) Folgen einer Berufskrankheit nach Nr. 92 und 52 der Berufskrankheitenverordnung der DDR, hilfsweise einer BK 2402, hilfsweise (einer Erkrankung) wie eine Berufskrankheit sind,
festzustellen, dass zwischen ihr und der Beklagten in deren Eigenschaft als Rechtsnachfolgerin der Bundesausführungsbehörde für Unfallversicherung und damit der Sozialversicherung der DDR ein Rechtsverhältnis besteht,
festzustellen, dass zwischen ihr und der Staatlichen Versicherung der DDR in Abwicklung in ihrer Eigenschaft als Rechtsnachfolgerin der Staatlichen Versicherung der DDR ein Rechtsverhältnis besteht,
die Staatliche Versicherung der DDR in Abwicklung beizuladen,
die Beklagte und die Beizuladende gesamtschuldnerisch zu verurteilen, ihr vom Zeitpunkt der Erkrankung des Versicherten an Unfallrente und vom Zeitpunkt seines Todes an Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu zahlen,
die Beklagte und die Beizuladende gesamtschuldnerisch zu verurteilen, die zu gewährenden Leistungen sowie alle Kostenerstattung gemäß den gesetzlichen Bestimmungen zu verzinsen,
die Beklagte und die Beizuladende gesamtschuldnerisch zu verurteilen, ihr gemäß dem Arbeitsgesetzbuch der DDR den Verlust von auf Arbeit beruhendem Einkommen des Versicherten zu ersetzen,
die Beklagte und die Beizuladende gesamtschuldnerisch zu verurteilen, ihr gemäß dem Arbeitsgesetzbuch der DDR die Minderung der Rentenansprüche des Versicherten zu ersetzen sowie
die Beklagte und die Beizuladende gesamtschuldnerisch zu verurteilen, ihr gemäß dem Arbeitsgesetzbuch der DDR schädigungsbedingt notwendige Mehraufwendungen des Versicherten vollständig zu ersetzen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie schließt sich dem Urteil des SG an und bleibt bei ihrer Ansicht.
Neben weiteren Unterlagen hat die Klägerin das im Auftrag des Landgerichts F. (Oder) gefertigte Gutachten des TÜV R. von Juni 2006 über das Radargerät P-12 übersandt. Hierin war der Sachverständige Dr. S. zu dem Ergebnis gelangt, dass die Bildröhren der Sichtgeräte keinen nennenswerten Beitrag zu einer Personen- oder Organdosis leisteten. Strahlenexpositionen durch andere Störstrahlquellen (insbesondere Sender und Modulator) seien ebenfalls nicht zu erwarten, weil diese durch ihre Bauweise selbstabschirmend seien und/oder in Schränken betrieben würden, deren Wände die Strahlung abschirmten. Zusätzliche Strahlenschutzmaßnahmen zur Arbeit an den geschlossenen Geräten seien nicht erforderlich gewesen. Im Vergleich zur Röntgenstrahlung, die in einem Thyratron entstehe, sei die Quellstärke der Strahlung, die durch die zu betrachtenden Sichtgeräte bedingt sei, aufgrund der geringeren Spannung, der geringeren Ströme sowie der geringeren Ordnungszahl des Materials, in dem die Strahlung produziert werde, um mindestens zwei Größenordnungen geringer. Wegen der Schwächung in den starken Glaskolben der Röhren sei die Strahlung bei den Sichtgeräten gegenüber derjenigen des Thyratrons noch einmal stark reduziert. Die Messungen hätten diese Überlegungen bestätigt. An keinem Ort außerhalb der Schränke seien nennenswerte Dosisleistungen festzustellen gewesen. Zum technischen Aufbau des P-12 hatte der Sachverständige ausgeführt, dass im Senderschrank des Gerätes drei Elektronenröhren, die aufgrund ihrer Betriebsspannung Röntgenstrahlung emittieren könnten, untergebracht waren (eine Scheibentriode mit 14 kV, eine Thyratronröhre mit 7 kV und ein Kenotron mit 7 kV). In einem weiteren Schrank befänden sich sechs Gleichrichterröhren mit 4 kV sowie vier Kenotrone mit 3 kV. In den Sichtgeräten (Rundsichtgerät, Höhensichtgerät und Kontrollsichtgerät) seien drei Elektronenstrahlbildröhren mit Betriebsspannungen von je maximal 5 bzw. 3,2 kV untergebracht. Schließlich seien in einem weiteren Schrank sechs Gleichrichterröhren mit 4 kV und vier Kenotrone mit 3 kV enthalten. Die Messungen seien am 30. November und 1. Dezember 2005 auf dem Fliegerhorst T. durchgeführt worden. Zur Bestimmung der Dosisleistung ohne Abschirmung durch das Metallgehäuse des Senders sei unmittelbar hinter der Klappe im Inneren des Senders eine Stunde lang eine Bestrahlung erfolgt. Im Ergebnis habe sich bei den Sichtgeräten, außerhalb des Senders sowie bei geöffneter Senderklappe und 50%iger Leistung jeweils ein Nulleffekt ergeben (zulässiger Wert: 1 µSv/h). Innerhalb des Senders bei geschlossener Klappe sei ein Wert von ( 200 µSv/h erreicht worden. Bei eingeschalteter HF hätten sich innerhalb des Wagens Werte zwischen 0,1 und 0,2 µSv/h ergeben. Am Sende-/Empfangsumschalter seien bei geöffneter Klappe ein Nulleffekt bzw. ein Wert von 0,16 µSv/h erreicht worden. Am Modulator hätten die Dosimeter 0,11 µSv/h registriert.
Weiterhin hat die Klägerin das Schreiben des Bundesministeriums der Verteidigung zum Radargerät P-15 an die Beklagte vom 14. Juli 2010 vorgelegt und hierzu gemeint, der Versicherte sei zu völlig vergleichbaren Bedingungen dienstverwendet worden. Im genannten Schreiben wird die Empfehlung gegeben, bei Personen in der Zuständigkeit der Beklagten, die Schädigungen durch Tätigkeiten am Radargerät P-15 geltend machten bzw. geltend gemacht hätten, in jedem Einzelfall die individuellen Verhältnisse zu prüfen. Die Arbeitsgruppe Aufklärung der Arbeitsplatzverhältnisse Radar/ Strahlenmessstelle der Bundeswehr bei der Wehrbereichsverwaltung Nord habe festgestellt, dass die bislang maßgeblichen Gutachten des TÜV nur in den jeweils konkreten Fällen anwendbar seien und die dort getroffenen Klassifizierungen mit "strahlungssicher" nicht generell für das Radargerät P-15 gelten könnten. Eine pauschale Ablehnung entsprechender Anträge unter Hinweis auf die Strahlungssicherheit dieses Radargerätes sei daher nicht mehr als sachgerecht anzusehen.
Schließlich hat die Klägerin u.a. eine eidesstattliche Versicherung des Dipl.-Ing. F. vom 1. Februar 2012 übermittelt, wonach dieser während der Wehrdienstzeit des Versicherten auf Grundlage bereits vorliegender Unterlagen von einer Gesamtstrahlenexposition von 0,156 Sv (= 156 mSv = 156.000 µSv) ausgeht.
Der Senat hat u.a. am 15. Februar 2012 mündlich verhandelt, das Ablehnungsgesuch der Klägerin als unzulässig und rechtsmissbräuchlich verworfen sowie die Verhängung von Mutwillenskosten wegen der notwendigen Anberaumung eines neuen Verhandlungstermins vorbehalten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Beiakten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senats.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG statthafte, form- und fristgerecht erhobene (§ 151 Abs. 1 SGG) sowie auch ansonsten zulässige Berufung ist unbegründet.
1. Der Antrag der Klägerin auf Einholung eines Gutachtens von Prof. Dr. H. war nach § 109 Abs. 2 SGG als verspätet abzulehnen. Indem die Klägerin mit dem Antrag bis zur mündlichen Verhandlung wartete und ihn nicht in angemessener Frist davor gestellt hat, handelte sie grob nachlässig. Bereits mit gerichtlicher Verfügung vom 12. Mai 2009 wurde die Klägerin auf die Möglichkeit des § 109 SGG hingewiesen. In ihrer unmittelbaren Reaktion hierauf hat sie mit Schreiben vom 12. Juni 2009 ausdrücklich erklärt, eine Sachaufklärung nach dieser Vorschrift für entbehrlich zu halten. Unter dem 4. November 2011 hatte der Senat nochmals auf den fehlenden medizinischen Beleg einer Beeinflussung der Krebserkrankung des Versicherten durch ionisierende Strahlen hingewiesen. Auch daraus wurde deutlich, dass der Senat auf der bisherigen Basis zu entscheiden beabsichtigte. Spätestens nach Erhalt der Ladung am 14. Juni 2012 musste die anwaltlich vertretene Klägerin dann jedenfalls erkennen, dass die von Amts wegen durchzuführende Beweiserhebung beendet war. Erkennt aber ein Beteiligter oder musste er erkennen, dass dies der Fall ist, so hat er den Antrag nach § 109 Abs. 1 SGG innerhalb angemessener Frist zu stellen, sofern eine Ablehnung als verspätet vermieden werden soll. Eine Antragstellung mehr als drei Monate nach Erhalt der Ladung liegt jedenfalls außerhalb angemessener Frist. Da der Antrag nach § 109 SGG sowohl schriftlich als auch mündlich gestellt werden kann, kann sich die Klägerin auch nicht darauf berufen, sie habe mit ihrem Antrag bis zur mündlichen Verhandlung warten können (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 10. Dezember 1958 – 4 RJ 143/58 – SozR Nr. 24 zu § 109 SGG). Abgesehen davon ist der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung behauptete Grund der verspäteten Antragstellung erwiesenermaßen falsch. Denn die nochmals vorgelegten Unterlagen sind der Klägerin nicht erst vor kurzem bekannt geworden, sondern seit Jahren Aktenbestandteil. Den Lehrbrief 3 zum Strahlenschutz hatte die Klägerin bereits als Anlage K 15 ihrem Schriftsatz vom 2. März 2006 beigefügt (Bl. 105 der Gerichtsakten). Das Schreiben der Wehrbereichsverwaltung Ost an die Beklagte vom 7. Juli 2004 hatte die Klägerin mit ihrem Schriftsatz vom 8. Januar 2007 als Anlage 24 vorgelegt (Bl. 191 der Gerichtsakten).
2. Soweit die Klägerin die Feststellung der Nichtigkeit des angefochtenen Bescheides begehrt, ist der entsprechende Antrag zulässig (vgl. § 55 Abs. 1 Nr. 4 SGG), jedoch unbegründet. Einen Nichtigkeitsgrund nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) hat die Klägerin weder nachvollziehbar aufgezeigt noch ist ein solcher sonst ersichtlich. Insbesondere verlangt der rein ablehnende Bescheid der Beklagten vom 2. Dezember 2004 schon kein positives Tun im Sinne von Nr. 5 dieser Norm, dessen Befolgung einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklichen könnte. Allein eine aus Sicht der Klägerin unzureichende Sachverhaltsermittlung seitens der Beklagten würde unter Berücksichtigung aller Umstände bei verständiger Würdigung keinen besonders schwerwiegenden Fehler darstellen, der offensichtlich ist (§ 40 Abs. 1 SGB X).
3. Unzulässig ist die Klage, soweit die Klägerin die Feststellung einer Zuständigkeit der Beklagten ihr gegenüber erstrebt. Hierfür ist schon deshalb kein Rechtsschutzbedürfnis ersichtlich, weil die Beklagte ihre Zuständigkeit niemals bestritten hat (vgl. § 55 Abs. 1 Nr. 2 letzter Halbsatz SGG). Zudem ist auch deshalb nicht ersichtlich, wozu die bloße Feststellung einer Zuständigkeit in Rechtsnachfolge den Rechtsschutz fördern soll, weil insoweit direkte Feststellungs- bzw. Leistungsansprüche geltend gemacht werden können und von der Klägerin mit den Hilfsanträgen zu 3. bzw. 7. auch verfolgt werden.
4. Zulässig ist die Klage, soweit die Klägerin in der Sache die Feststellung begehrt, dass die zum Tode des Versicherten führenden Erkrankungen Folgen einer BK bzw. Wie-BK sind (Hilfsantrag zu 3). Soweit innerhalb dessen auch die Feststellung von Ursachen der Erkrankungen verfolgt wird, ist die Klage dagegen unzulässig. Denn diese Frage ist kein selbständiger Gegenstand des Verwaltungsverfahrens, über den durch Verwaltungsakt zu entscheiden wäre, sondern nur eine Tatbestandsvoraussetzung des streitigen Anspruchs (vgl. hierzu auch BSG, Urteil vom 29. November 2011 – B 2 U 26/10 R – juris).
Die im bezeichneten Umfang zulässige Klage ist jedoch unbegründet. Denn der Bescheid der Beklagten vom 2. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. April 2005 beschwert die Klägerin nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Das beim Versicherten diagnostizierte Merkelzellkarzinom mit abdominaler Lymphdrüsenmetastasierung erfüllt nicht die Anerkennungsvoraussetzungen einer BK bzw. Wie-BK. Im Hinblick auf einen Morbus Hodgkin ist die Klage schon deshalb unbegründet, weil eine solche Diagnose in keinem vorliegenden ärztlichen Bericht oder Gutachten gestellt worden ist und es somit bereits am Vollbeweis einer entsprechenden Erkrankung fehlt (siehe zu den inhaltlichen Anforderungen dieses Beweismaßstabs etwa BSG, Urteil vom 20. Januar 1987 – 2 RU 27/86 – SozR § 548 Nr. 84; Urteil vom 27. Juni 2006 – B 2 U 5/05 R – SozR 4-5671 § 6 Nr. 2).
Die Beklagte war nach Anlage I, Kap. VIII, Sachgebiet I, Abschn. III, Nr. 1, Buchst. c, Abs. 8, Nr. 2, Buchst. dd, zweiter Spiegelstrich des Vertrages zwischen der BRD und der DDR über die Herstellung der Einheit Deutschlands (EinigVtr) vom 31. August 1990 (BGBl. II, 889) zur Entscheidung berufen. Nach dem EinigVtr sind die Ansprüche, die nicht im inneren Zusammenhang mit Verrichtungen im engeren Staatsdienst der DDR standen, nämlich in die gesetzliche Unfallversicherung überführt worden, wenn ihnen Arbeitsunfälle oder Berufskrankheiten im Sinne der allgemeinen Sozialversicherung der DDR zugrunde lagen. Um einen solchen Fall geht es hier. Denn nach § 5 Abs. 1 der während der Wehrdienstzeit des Versicherten gültigen Verordnung über die Besoldung der Wehrpflichtigen für die Dauer des Dienstes in der Nationalen Volksarmee vom 24. Januar 1962 (GBl. DDR II 49 – WPflBesVO) galten durch Ausübung des Dienstes erlittene Körper- und Gesundheitsschäden als Folge von Arbeitsunfällen bzw. Berufserkrankungen, die nach Ausscheiden aus dem Wehrdienst gemäß § 5 Abs. 2 WPflBesVO gegebenenfalls durch die allgemeine Sozialversicherung der DDR zu entschädigen waren. Gleiches galt nach Einführung von § 220 Abs. 4 des Arbeitsgesetzbuches der DDR (AGB) vom 16. Juni 1977 (GBl. DDR I 185) i.V.m. § 11 der Verordnung zur Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten vom 17. November 1977 (GBl. DDR I 373).
Anzuwenden sind vorliegend die Vorschriften des SGB VII, weil der angeschuldigte Versicherungsfall (BK 2402 bzw. Wie-BK), zu dem vor allem auch das Vorliegen einer Erkrankung gehört, erst nach dem Inkrafttreten des SGB VII am 1. Januar 1997 eingetreten sein könnte (vgl. Art. 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz vom 7. August 1996, BGBl. I 1996, 1254 ff.; § 212 SGB VII). Denn an dem von der Klägerin als BK bzw. Wie-BK geltend gemachten Leiden, dem im Bereich des rechten Ellenbogens aufgetretenen Primärtumor, ist der Versicherte nach ihrem Vorbringen erst im Herbst 1999 erkrankt. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass er bereits vor dem 1. Januar 1997 an einem Tumor litt. Die Feststellung (von Folgen) einer BK nach Nr. 92 bzw. 52 der Berufskrankheitenverordnung der DDR kommt damit von vornherein nicht in Betracht (vgl. BSG, Urteil vom 27. April 2010 – B 2 U 14/09 R – juris).
Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Bken Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung (BKV) mit Zustimmung des Bundesrates als solche bezeichnet und die ein Versicherter infolge einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit erleidet. Die näheren Einzelheiten zum Erlass der BKV regeln § 9 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 6 SGB VII. Voraussetzung für die Anerkennung einer Erkrankung als BK 2402 ist nach deren Tatbestand das Vorliegen einer durch ionisierende Strahlen hervorgerufenen Gesundheitsstörung. Ein Betroffener muss also aufgrund seiner versicherten Tätigkeit Einwirkungen durch ionisierende Strahlen ausgesetzt gewesen sein, die bei ihm eine Erkrankung verursacht haben. Gemäß § 9 Abs. 2 SGB VII erfordert die Feststellung einer Wie-BK, dass im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Abs. 1 Satz 2 der Norm erfüllt sind. Es muss sich mithin um eine Erkrankung handeln, die durch besondere Einwirkungen, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind, verursacht wird. Sowohl bei der Anerkennung einer Erkrankung als BK als auch wie eine BK müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten Einwirkungen einschließlich ihrer Art und ihres Ausmaßes mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (so genannter Vollbeweis) belegt sein. Der ursächliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der Einwirkung sowie zwischen der Einwirkung und der Erkrankung beurteilt sich dagegen nach dem Beweismaßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 – B 2 U 5/05 R – SozR 4-5671 § 6 Nr. 2).
Hiervon ausgehend sind vorliegend weder die Voraussetzungen zur Feststellung einer BK 2402 (nachfolgend unter a) noch einer Wie-BK erfüllt (hierzu unter b).
a) Nach § 215 Abs. 1 Sätze 2 und 3 SGB VII fiel der Versicherte für die hier als Schädigungszeitraum geltend gemachte Ableistung seines Wehrdienstes bei der NVA unter den Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung. Es kann offen bleiben, ob er währenddessen ionisierenden Strahlen ausgesetzt war, oder sich vernünftige Zweifel hieran im Sinne des insoweit geltenden Maßstabs des Vollbeweises etwa aus den Angaben im Teilbericht der Arbeitsgruppe Aufklärung der Arbeitsplatzverhältnisse vom 7. Juni 2002 sowie im Gutachten des Dr. S. von Juni 2006 ergeben. Denn immerhin konnten die am 21. März 2002 in Munster festgestellten Messwerte bei den am 7. Juni 2002 sowie 30. November und 1. Dezember 2005 in T. durchgeführten Messungen nicht bestätigt werden.
Diese Frage kann dahinstehen, weil der Senat zugunsten der Klägerin unterstellt, dass das vorliegend eingesetzte Radargerät P-12 entsprechend ihrem Vortrag den Geräten P-15 bzw. P-18 gleich zu behandeln ist und der Versicherte während der Zeit vom 1. November 1966 bis zum 26. April 1968 einer Gesamtstrahlenexposition von 0,156 Sv ausgesetzt war, wie Dipl.-Ing. F. es annimmt. Beweiserhebungen hierzu bedurfte es damit nicht. Selbst wenn nämlich hiervon ausgegangen wird, sind die Voraussetzungen einer BK 2402 deshalb nicht erfüllt, weil sich ein wesentlicher Ursachenzusammenhang zwischen einer solchen (oder höheren) Exposition und der Krebserkrankung des Versicherten nicht hinreichend wahrscheinlich machen lässt.
Hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände mehr für als gegen den geltend gemachten Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann. Die bloße Möglichkeit einer Verursachung genügt dagegen nicht. Dabei muss die versicherte Einwirkung nach der im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden "Theorie der wesentlichen Bedingung" an der Verursachung der geltend gemachten Erkrankung wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besonderen Beziehungen der Ursache zum Eintritt des Erfolges (Gesundheitsschaden/Erkrankung) wertend abgeleitet werden. Gesichtspunkte hierfür sind z.B. das Ausmaß der versicherten Einwirkung, das Gewicht konkurrierender Ursachen oder aber die Krankheitsgeschichte unter Berücksichtigung der geltenden medizinischen Erkenntnisse. Erst wenn feststeht, dass eine bestimmte Einwirkung eine naturwissenschaftliche Ursache für einen Erfolg ist, stellt sich in einem zweiten Schritt die Frage nach einer wesentlichen Verursachung des Erfolgs (der Erkrankung) durch das Ereignis/die Einwirkung (vgl. nur BSG, Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 27/04 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 15; Urteil vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 17; Urteil vom 17. Februar 2009 – B 2 U 18/07 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 31; Urteil vom 15. Mai 2012 – B 2 U 31/11 R – juris).
Gemessen daran liegt keine ernste Zweifel ausschließende Wahrscheinlichkeit dafür vor, dass zwischen der angenommenen Strahlenexposition und dem Krebsleiden des Versicherten ein wesentlicher Ursachenzusammenhang besteht. Ein solcher ist nur möglich. Gewichtige Bedenken an ihm werden beim Senat deshalb hervorgerufen, weil nach den schlüssigen Darlegungen von PD Dr. S. schon keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse existieren, die auf einen Zusammenhang zwischen ionisierender Strahlung und der Entstehung eines Merkelzellkarzinoms (aus dem sich dann vorliegend der Lymphdrüsenkrebs entwickelt hat) hindeuten. Dabei ist der Sachverständige nicht lediglich bei den Expositionsermittlungen der Beklagten stehen geblieben, wie seine Ausführungen zu Schäden der Haut belegen. Insoweit hat er nämlich darauf hingewiesen, dass eine externe Bestrahlung (wie sie beim Versicherten allein in Frage kommt) immer zu einer Einwirkung auf die Haut führt, die hierauf mit bestimmten Veränderungen – etwa pergamentartiger Beschaffenheit, ungleichmäßiger Pigmentierung, Trockenheit, Dauerepilation oder Verhornung und Rhagadenbildung – reagiert. Auch Ekzeme und schmerzhafte Ulzerationen sowie Warzenbildungen sind laut PD Dr. S. möglich. Sind für den Versicherten derartige Hinweise aber nicht beschrieben, leuchtet der auch hieraus vom Sachverständigen gezogene Schluss auf die Unwahrscheinlichkeit des geltend gemachten Ursachenzusammenhangs ein. Dies gilt angesichts der von der Klägerin angeschuldigten extrem hohen Strahlenbelastung umso mehr. Hinzu kommt laut PD Dr. S. die geringe Strahlenempfindlichkeit der Merkelzellen. Gegen einen Kausalzusammenhang zwischen der versicherten Einwirkung und der Tumorerkrankung des Versicherten spricht schließlich, dass eine von der (unterstellten) Strahlenexposition gänzlich unabhängige naturwissenschaftliche Erklärung seines Krankheitsbildes nahe liegt. Auch hierauf hat der Sachverständige nachvollziehbar hingewiesen. Denn nach ihm sind Merkelzellkarzinome typischerweise vor allem im Bereich lichtexponierter Extremitätenareale anzutreffen. Einer der wichtigsten Risikofaktoren für ihre Entstehung ist die UV-Strahlung. Gegenteilige medizinische Einschätzungen sind im Verfahren von keinem Arzt vertreten worden und werden auch von der Klägerin – auch im Rahmen ihrer Antragstellung nach § 109 SGG – nicht behauptet.
b) Auch die Voraussetzungen einer Wie-BK liegen nicht vor.
Zur Feststellung einer Wie-BK ist zunächst erforderlich, dass es bei dem geltend gemachten Leiden um eine Erkrankung geht, die ihrer Art nach noch nicht von einer Listen-BK erfasst wird. Zusätzlich muss die Erkrankung abstrakt nach neuen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen durch besondere Einwirkungen verursacht werden, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Schließlich muss neben dieser Erkrankung auch eine nach der zweiten Voraussetzung einschlägige versicherte Exposition im konkreten Einzelfall vorliegen und beim Betroffenen überdies ein wesentlicher Ursachenzusammenhang zwischen diesen Einwirkungen und seiner Krankheit hinreichend wahrscheinlich sein (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 1986 – 2 RU 80/84 – SozR 2200 § 551 Nr. 27; Urteil vom 4. Juni 2002 – B 2 U 16/01 R – juris; Urteil vom 20. Juli 2010 – B 2 U 19/09 R – juris).
Danach steht jedenfalls nicht fest, dass der Versicherte einer bestimmten Personengruppe angehörte, die durch ihre Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung besonderen Einwirkungen ausgesetzt war, die nach neuen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen generell geeignet sind, Merkelzellkarzinome im Bereich der Extremitäten zu verursachen.
Eine Risikoerhöhung im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII würde zunächst das Vorhandensein ausreichender medizinischer Erkenntnisse dafür erfordern, dass bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit Einwirkungen ausgesetzt wären, mit denen die übrige Bevölkerung nicht in diesem Maße in Kontakt käme, und die geeignet wären, die genannten Tumoren hervorzurufen. Unter Heranziehung der von PD Dr. S. ausgewerteten Studien lässt sich nicht belegen, dass das beim Versicherten entstandene Krebsleiden überhaupt infolge der Einwirkung von HF-Strahlung erheblich häufiger aufzutreten pflegt als bei der übrigen Bevölkerung. Im Gegenteil hat der Sachverständige dargelegt, dass sich auf epidemiologischer Datenlage gerade keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu einem Zusammenhang zwischen von Radargeräten ausgehender HF-Strahlung und einem erhöhten Risiko des Auftretens von Merkelzellkarzinomen sichern lassen. Es liegen auch keine Anhaltspunkte für davon abweichende neue Erkenntnisse vor. Das Tatbestandsmerkmal "neu” im Sinne von § 9 Abs. 2 SGB VII ist nur dann erfüllt, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch feststeht, dass die betroffenen Erkenntnisse bei der letzten Änderung der BKV – vorliegend die Zweite Verordnung zur Änderung der BKV vom 11. Juni 2009 (BGBl. I S. 1273) – noch nicht berücksichtigt wurden. Dies ist grundsätzlich dann der Fall, wenn sie erst nach der letzten BKV-Novelle bekannt geworden sind (näher hierzu BSG, Urteil vom 14. November 1996 – 2 RU 9/96 – SozR 3-2200 § 551 Nr. 9, Urteil vom 4. Juni 2002 – B 2 U 20/01 R – juris). Für den Verordnungsgeber bei der letzten Änderung der BKV berücksichtigungsfähige Erkenntnisse, denen zufolge die Entstehung von Merkelzellkarzinomen überhaupt durch bestimmte versicherte Einwirkungen beeinflusst wird, sind für den Senat nicht ersichtlich und von der Klägerin auch nicht vorgetragen. Im Rahmen ihrer Antragstellung nach § 109 SGG hat die Klägerin nicht einmal behauptet, dass der von ihr benannte Prof. Dr. H. insoweit überhaupt über neue Erkenntnisse verfügt.
Lässt sich damit aber schon abstrakt kein Ursachenzusammenhang wahrscheinlich machen, entfällt die Frage der Kausalität zwischen angeschuldigter Exposition und Tumorerkrankung im konkreten Einzelfall des Versicherten.
Der Senat vermag auch keinen – von der Klägerin nicht näher begründeten – Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG zu erkennen. Für Versorgungsempfänger und frühere Wehrpflichtige der NVA galten entsprechend ihrer sachlichen Unterschiede schon nach DDR-Recht verschiedene Regelungssysteme. Während Wehrpflichtige unfallversichert waren (s.o.), gehörten die aktiven Angehörigen der bewaffneten Organe und der Zollverwaltung der DDR Sonderversorgungssystemen an. Es ist aus Sicht des Senats nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber tendenzfrei hieran angeknüpft und die Regelungen der Sonderversorgungssysteme u.a. über Renten aufgrund von Dienstunfällen in das Sachgebiet "Rentenversicherung" (im Sinne des EinigVtr) überführt und Wehrpflichtige wie den Versicherten (gemäß § 215 Abs. 1 Sätze 2 und 3 SGB VII rückwirkend) der Unfallversicherung zugeordnet hat.
5. Soweit die Klägerin mit ihrem Hilfsantrag zu 4. die Feststellung eines Rechtsverhältnisses zwischen ihr und der Beklagten erstrebt, ist die Klage unzulässig. Eine zulässige Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG setzt den Bezug auf ein konkretes Rechtsverhältnis, aus dem bestimmte Rechte in Anspruch genommen werden, voraus. Trotzdem der Senat unter dem 12. September 2012 auch hierauf hingewiesen hat, ist die Klägerin bei ihrem nicht ausreichend konkretisierten Antrag geblieben.
6. Die mit dem Hilfsantrag zu 5. verfolgte Feststellung eines Rechtsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Staatlichen Versicherung der DDR in Abwicklung (SinA) beinhaltet eine völlig neue Klage, die unzulässig ist (§ 99 Abs. 1 SGG). Sachdienlichkeit der Klageänderung ist nicht gegeben, weil sie in keinem Zusammenhang zum bisherigen Verfahren steht. Eine Einwilligung der Beizuladenden liegt nicht vor, wobei eine Beiladung der SinA (Hilfsantrag zu 6.) nicht in Betracht kam, weil es insoweit schon an dem von § 75 Abs. 2 und 5 SGG vorausgesetzten Alternativverhältnis zwischen dieser und der Beklagten fehlt. Von der Klägerin wird weder behauptet noch ist sonst ersichtlich, dass die SinA ein anderer Träger der gesetzlichen Unfallversicherung ist, gegenüber dem die von der Klägerin verfolgten Ansprüche durchgreifen könnten. Die mit den Hilfsanträgen zu 3. und 7. (zu letzterem sogleich nachfolgend) geltend gemachten Ansprüche scheitern nicht mangels Zuständigkeit der Beklagten, sondern daran, dass beim Versicherten die Voraussetzungen eines Versicherungsfalls nicht erfüllt waren.
7. Die Klage auf Verurteilung, der Klägerin vom Zeitpunkt der Erkrankung des Versicherten an Unfallrente und vom Zeitpunkt seines Todes an Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu zahlen (Hilfsantrag zu 7.), ist im Hinblick auf die SinA unzulässig. Die Klägerin behauptet schon selbst nicht, dass die SinA eine Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung ist, die die nach Bundesrecht begehrten Leistungen zu erbringen und einen Leistungsanspruch abgelehnt hätte. Insofern liegt bereits keine Verwaltungsentscheidung vor, die einer Prüfung durch den Senat zugänglich wäre oder ist sonst erkennbar, weshalb sich die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes aufdrängen sollte. Eine Beiladung hatte nicht zu erfolgen, weil wiederum kein Alternativverhältnis ersichtlich ist, wonach die SinA anstatt der Beklagten leistungspflichtig ist, wenn dieser gegenüber die Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt sind.
In Bezug auf die Beklagte ist die Klage zulässig. Die Beklagte hat im Bescheid vom 2. Dezember 2004 nicht nur Hinterbliebenenleistungen, sondern insgesamt Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung abgelehnt. Dies beinhaltet auch die Ablehnung eines Leistungsanspruchs des Versicherten nach § 56 SGB VII, den die Klägerin als dessen (Sonder-)Rechtsnachfolgerin geltend machen kann. In der Sache ist die Klage jedoch nicht begründet. Denn der Bescheid der Beklagten vom 2. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. April 2005 beschwert die Klägerin deshalb nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, weil die Beklagte darin zutreffend Ansprüche auf Verletztenrente sowie Hinterbliebenenrente abgelehnt hat. Voraussetzung eines Anspruchs auf Verletztenrente ist nämlich die Minderung der Erwerbsfähigkeit "infolge eines Versicherungsfalls" (§ 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Auch ein Leistungsanspruch der Klägerin als Witwe des Versicherten nach § 65 SGB VII setzt den Eintritt dessen Todes infolge eines Versicherungsfalls voraus (§ 63 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Eine insoweit nur in Frage kommende BK 2402 bzw. Wie-BK (vgl. § 7 Abs. 1, 2. Fall SGB VII) lag beim Versicherten aber nicht vor (s.o. unter 4.).
8. Die zum Hilfsantrag 8. erhobene Klage ist sowohl bezüglich der Beklagten als auch der SinA mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig. Zu Zinsansprüchen nach § 44 Sozialgesetzbuch Erstes Buch kann vor Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes in einem Verwaltungsverfahren einfacher eine Entscheidung herbeigeführt werden.
9. Was schließlich die Hilfsanträge zu 9. bis 11. anbelangt, sind die entsprechenden Klagen gegen die Beklagte unzulässig, wobei der Senat die Begehren der Klägerin zu ihren Gunsten als Verfolgung sozialrechtlicher Rechtspositionen auslegt. Die Beklagte hat im angefochtenen Bescheid Ansprüche aus der gesetzlichen Unfallversicherung abgelehnt und keine Entscheidung über Ansprüche nach dem AGB getroffen, für die im Rahmen des Systems der gesetzlichen Unfallversicherung auch kein normativer Ansatz existiert. In Bezug auf die SinA gelten die Ausführungen unter 6. und 7. entsprechend.
Nach alledem konnte die Berufung keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, die Entscheidung über die von der Klägerin zu tragenden Gerichtskosten auf § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 sowie Sätze 2 und 3 SGG. Der Senat hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, weil die Klägerin, der ihr Prozessbevollmächtigter gleich steht, durch Verschulden die Vertagung der mündlichen Verhandlung am 15. Februar 2012 sowie die Anberaumung des neuen Termins verursacht hat. Schon mit Verfügung vom 28. September 2011 hat der Senat im Hinblick auf den für den 29. September 2011 bestimmten Termin den von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung bevollmächtigten Bund zur Unterstützung Strahlengeschädigter e.V. auf den Hintergrund der Ladung der Klägerin hingewiesen. Ihr Erscheinen war zur Besprechung notwendig, welche Anträge zulässig und sachdienlich gestellt werden können, um ihr Anliegen zu verfolgen; ihr Fernbleiben würde zu einer Vertagung führen. Diese Begründung hat die Klägerin ausweislich ihres Schriftsatzes vom 9. November 2011 auch zur Kenntnis genommen. An diesen Umständen hatte sich auch bis zu dem auf den 15. Februar 2012 bestimmten Termin nichts geändert. Der Klägerin war also bewusst, dass ihr Nichterscheinen bzw. dasjenige ihres (neuen) Prozessbevollmächtigten die Anberaumung eines neuen Termins notwendig machen würde, weil dadurch keine Hinweismöglichkeit zur sachdienlichen Antragstellung verblieb. Indem für sie niemand zum Termin erschien, hat sie durch ihr Verschulden die Vertagung der mündlichen Verhandlung verursacht. Bei der Höhe der Missbrauchskosten hat der Senat lediglich den Mindestbetrag von 225 EUR (§ 192 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 184 Abs. 2 SGG) angesetzt, obgleich die tatsächlich durch das Verhalten der anwaltlich vertretenen Klägerin verursachten Kosten für die Senatstermine deutlich höher sind. Da die Kosten bei verständigem Handeln vermeidbar gewesen wären, sind sie durch die Klägerin zu erstatten (vgl. BSG, Urteil vom 27. April 1994 – 10 RAr 10/93 – juris).
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor. Die Entscheidung beruht auf gesicherter Rechtsauslegung und tatsächlicher Einzelfallbeurteilung ohne dass der Senat von einem der in der genannten Vorschrift bezeichneten Gerichte abweicht.
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