Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 2 AS 2771/11
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AS 250/12 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
I. Die Beschwerde der Klägerin vom 5. April 2012 gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 13. März 2012 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe:
I. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung ist statthaft.
Vorliegend ist nach § 144 Abs. 1 Satz 1 und 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) die Berufung nicht bereits von Gesetzes wegen zulässig. Denn der Wert des Beschwerdegegenstandes liegt bei höchstens 253,40 EUR. Dies ist die Differenz zwischen der beantragten Kostenerstattung zumindest nach Nummer 2400 des Vergütungsverzeichnisses (Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte [Rechtsanwaltsvergütungsgesetz – RVG]) mit einem Gebührenrahmen von 40,00 EUR bis zu 520,00 EUR und bewilligten 166,66 EUR. Dieser der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt damit nicht den Wert von 750,00 EUR. Dies ist aber nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bei einer Klage, die auf eine Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt gerichtet ist, Voraussetzung. Zudem ist auch keine wiederkehrende oder laufende Leistung für mehr als ein Jahr im Streit (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Das Sozialgericht hatte daher über die Zulassung des Rechtsmittels zu befinden. Es hat die Berufung nicht zugelassen.
Die im Übrigen zulässige Beschwerde ist jedoch unbegründet. Zulassungsgründe nach § 144 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nummer 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nummer 2) oder ein an der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrens-mangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nummer 3).
Eine Rechtssache hat dann im Sinne von § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG grundsätzliche Bedeutung, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Ein Individualinteresse genügt hingegen nicht (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG [10. Aufl., 2012], § 144 Rdnr. 28). Die entscheidungserhebliche Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (vgl. BSG, Beschluss vom 16. November 1987 – 5b BJ 118/87 – SozR 1500 § 160a Nr. 60 = JURIS-Dokument Rdnr. 3; BSG, Beschluss vom 16. Dezember 1993 – 7 BAr 126/93 – SozR 3-1500 § 160a Nr. 16 = JURIS-Dokument Rdnr. 6; ferner: Leitherer, a. a. O., § 144 Rdnrn. 28 f. und § 160 Rdnrn. 6 ff. [jeweils m. w. N.]). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann nicht mehr, wenn sie schon entschieden ist oder durch Auslegung des Gesetzes eindeutig beantwortet werden kann (vgl. BSG, Beschluss vom 30. September 1992 – 11 BAr 47/92 – SozR 3-4100 § 111 Nr. 1 S. 2 = JURIS-Dokument Rdnr. 8; Sächs. LSG, Beschluss vom 5. September 2012 – L 3 AS 640/10 NZB – JURIS-Dokument Rdnr. 25). Zur Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage muss die abstrakte Klärungsfähigkeit, das heißt die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung, und die konkrete Klärungsfähigkeit, das heißt die Entscheidungserheblichkeit der Rechtsfrage hinzutreten (vgl. dazu BSG, Urteil vom 14. Juni 1984 – 1 BJ 72/84 – SozR 1500 § 160 Nr. 53). Die Frage, ob eine Rechts-sache im Einzelfall richtig oder unrichtig entschieden ist, verleiht ihr noch keine grundsätzliche Bedeutung (vgl. BSG, Beschluss vom 26. Juni 1975 – 12 BJ 12/75 – SozR 1500 § 160a Nr. 7 = JURIS-Dokument Rdnr. 2). Hinsichtlich Tatsachenfragen kann über § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG eine Klärung nicht verlangt werden.
Die Klägerin hält für grundsätzlich bedeutsam, ob die Vorschrift des § 15a Abs. 2 RVG auf die Betragsrahmengebühren – des Sozialrechts anzuwenden ist. Diese Rechtsfrage lässt sich unmittelbar aus dem Gesetz beantworten.
Unter dem 26. Oktober 2009 stellte die Klägerin einen Überprüfungsantrag zu einem Bescheid vom 18. August 2009, der zunächst mit Bescheid vom 16. Juni 2010 abgelehnt worden war. Auf den Widerspruch hin wurde vom Beklagten vollständig abgeholfen und ein Kostenanerkenntnis erklärt. Im Rahmen der vom Prozessbevollmächtigten beantragten Kostenerstattung setzte der Beklagte lediglich eine Rahmengebühr nach § 14 RVG i. V. m. Nummer 2401 des Vergütungsverzeichnisses fest, nicht die vom Bevollmächtigten begehrte Gebühr nach § 14 RVG i. V. m. Nummer 2400 des Vergütungsverzeichnisses. Die Rechtsbehelfe der Klägerin dagegen blieben erfolglos.
Die von der Klägerin aufgeworfene Frage ist nicht klärungsbedürftig. In der Recht-sprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG, Urteil vom 25. Februar 2010 – B 11 AL 24/08 R – BSGE 106, 21 ff. [Rdnr. 13] = SozR 4-1300 § 63 Nr. 12 Rdnr. 13 = JURIS-Dokument 13) ist geklärt, dass nach § 63 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 des Sozialgesetzbuches – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – Zehntes Buch (SGB X) nur die Geschäftsgebühr der Nummer 2401 des Vergütungsverzeichnisses zu erstatten ist, wenn der Bevollmächtigte der Klagepartei bereits mit dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren befasst war. Unberührt davon ist zwar zusätzlich auch die Geschäftsgebühr nach Nummer 2400 des Vergütungsverzeichnisses für die Tätigkeit im Verwaltungsverfahren angefallen. Hinsichtlich dieser Gebühr besteht aber kein Erstattungsanspruch (vgl. BSG, a. a. O., Rdnr. 19).
§ 15a RVG ist weder direkt noch entsprechend anwendbar. Nach § 15a Abs. 1 RVG kann der Rechtsanwalt, wenn das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz die Anrechnung einer Gebühr auf eine andere Gebühr vorsieht, weitere Gebühren fordern, jedoch nicht mehr als den um den Anrechnungsbetrag verminderten Gesamtbetrag der beiden Gebühren. Ein Dritter kann sich auf die Anrechnung nur berufen, soweit er den Anspruch auf eine der beiden Gebühren erfüllt hat, wegen eines dieser Ansprüche gegen ihn ein Vollstreckungstitel besteht oder beide Gebühren in demselben Verfahren gegen ihn geltend gemacht werden (vgl. § 15a Abs. 2 RVG).
Eine direkte Anwendung von § 15a RVG scheitert schon daran, dass die Regelung nach dem insoweit klaren Gesetzeswortlaut nur dann eingreift, wenn es um die Anrechnung einer Gebühr auf eine andere Gebühr geht. Im Verhältnis der Nummern 2400 und 2401 des Vergütungsverzeichnisses geht es aber gerade nicht um die Anrechnung einer Gebühr auf eine andere. Vielmehr ist die Frage zu klären, welche dieser beiden Alternativen einschlägig ist.
§ 15a RVG kann auch nicht entsprechend zur Anwendung gebracht werden. Es liegt schon keine ungewollte Regelungslücke vor. Vielmehr wollte der Gesetzgeber mit § 15a RVG das Innenverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Auftraggeber in einer bestimmten Weise regeln. Ausgangspunkt war, dass der Bundesgerichtshof mehrmals entschieden hatte, dass eine Gebühr von vornherein in gekürzter Höhe entsteht, wenn auf sie eine andere Gebühr angerechnet wird mit der Folge, dass der unterlegene Prozessgegner sie deshalb auch nur in entsprechend verminderter Höhe zu erstatten hatte. Weil dieses Verständnis der Anrechnung zu unbefriedigenden Ergebnissen, nämlich die Benachteiligung des Auftraggebers, führe, sollte der im Gesetz zuvor nicht definierte Begriff der Anrechnung inhaltlich bestimmt werden (BT-Drucks 16/12717 S. 58). Ziel des Gesetzes ist danach, den mit den Anrechnungsvorschriften verfolgten Gesetzeszweck zu wahren, zugleich aber uner-wünschte Auswirkungen der Anrechnung zum Nachteil des Auftraggebers zu vermeiden. Die Vorschrift regelt in Absatz 1, welche Wirkung der Anrechnung im Verhältnis zwischen dem Rechtsanwalt und dem Schuldner der Gebühren zukommt. In Absatz 2 legt sie fest, in welchem Umfang sich die Anrechnung gegenüber Dritten auswirkt. Eine Bedeutung über die Regelung von Anrechnungsfragen hinaus kann der Vorschrift damit nicht beigemessen werden. Die weiteren Darlegungen der Klägerin, insbesondere zu ihrer Rechtswahrnehmungsfreiheit und weiteren verfassungsrechtlichen Aspekten, liegen neben der Sache und sind nicht geeignet, die Klärungsbedürftigkeit einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage darzutun.
Die dargestellte Bewertung der Rechtslage entspricht der gefestigten Rechtsprechung des Sächsischen Landessozialgerichtes (vgl. die Beschlüsse vom 21. August 2012 – L 3 AS 79/11 NZB – [n. v.], 10. November 2011 – L 2 AS 837/11 NZB – [n. v.], 5. September 2011 – L 6 AS 261/11 B KO – [n. v.] und 3. Juli 2012 – L 7 AS 723/11 NZB – [n. v.]) sowie die Rechtsprechung anderer Landessozialgerichte (vgl. z. B.: Thür. LSG, Beschluss vom 4. März 2011 – L 6 SF 184/11 B – AGS 2011, 438 = JURIS-Dokument = NJW-Spezial 2011, 540 [Kurzwiedergabe]; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22. August 2011 – L 19 AS 634/10 B –JURIS-Dokument)
Auch eine etwaige Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG ist weder geltend gemacht noch ersichtlich. Der Zulassungsgrund liegt nur dann vor, wenn das Urteil des Sozialgerichts entscheidungstragend auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der von dem zur gleichen Rechtsfrage aufgestellten Rechtssatz in einer Entscheidung eines der im § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht (vgl. BSG, Beschluss vom 29. November 1989 – 7 BAr 130/88 – SozR 1500 § 160a Nr. 67 = JURIS-Dokument Rdnr. 7; Leitherer, a. a. O., § 160 Rdnr. 13). Dabei ist erforderlich, dass das Sozialgericht objektiv von einer solchen höhergerichtlichen Entscheidung abgewichen ist und nicht etwa nur fehlerhaft das Recht angewendet hat (vgl. Leitherer, a. a. O., § 160 Rdnr. 14a). Eine Divergenz in dem beschriebenen Sinne ist nicht festzustellen.
Vorliegend fehlt es an der Darlegung, dass das Sozialgericht einen tragenden Rechtssatz entworfen hat, den eines der genannten höheren Gerichte zuvor abweichend entwickelt und angewendet hat. Dass das Sozialgericht von einer höherrangigen Entscheidung bewusst abweichen wollte, lässt sich auch den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils nicht entnehmen.
Schließlich liegt auch der Zulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG nicht vor. Ein Verfahrensmangel ist ein Verstoß gegen eine Vorschrift, die das sozialgerichtliche Verfahren regelt. Er bezieht sich begrifflich auf das prozessuale Vorgehen des Gerichts auf dem Weg zum Urteil, nicht aber auf dessen sachlichen Inhalt, das heißt seine Richtigkeit (vgl. Leitherer, a. a. O., § 144 Rdnr. 32 ff.). Die Zulassung der Berufung aufgrund eines Verfahrensmangels erfordert, dass dieser Mangel nicht nur vorliegt, sondern auch geltend gemacht wird (vgl. § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG). An einer solchen Geltendmachung fehlt es hier.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
III. Prozesskostenhilfe kann nicht bewilligt werden. Zum einen mangelt es aus den vor-stehend dargelegten Gründen der Rechtsverfolgung der Klägerin an der hinreichenden Erfolgsaussicht (vgl. § 73a Abs. 1 SGG i. V. m. § 114 der Zivilprozessordnung [ZPO]). Zum anderen waren dem Prozesskostenhilfeantrag weder der nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 117 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 und 4 ZPO i. V. m. der Verordnung zur Einführung eines Vordrucks für die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Prozeßkostenhilfe (Prozesskostenhilfevordruckverordnung – PKHVV) vom 17. Oktober 1994 (BGBl. I S. 3001) i. d. F. des Artikel 36 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I, S. 3022) erforderliche Vordruck der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin noch sonstige Unterlagen beigefügt, die eine Prüfung der prozesskostenhilferechtlichen Bedürftigkeit ermöglichen würden. Die Klägerin hat vielmehr mit ihrem Nichtzulassungsbeschwerdeschriftsatz vom 16. Februar 2012 angekündigt, die Erklärung nachzureichen. Entsprechende Unterlagen sind jedoch nicht bei Gericht eingegangen.
IV. Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (vgl. § 177 SGG).
Dr. Scheer Höhl Atanassov
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe:
I. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung ist statthaft.
Vorliegend ist nach § 144 Abs. 1 Satz 1 und 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) die Berufung nicht bereits von Gesetzes wegen zulässig. Denn der Wert des Beschwerdegegenstandes liegt bei höchstens 253,40 EUR. Dies ist die Differenz zwischen der beantragten Kostenerstattung zumindest nach Nummer 2400 des Vergütungsverzeichnisses (Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte [Rechtsanwaltsvergütungsgesetz – RVG]) mit einem Gebührenrahmen von 40,00 EUR bis zu 520,00 EUR und bewilligten 166,66 EUR. Dieser der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt damit nicht den Wert von 750,00 EUR. Dies ist aber nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bei einer Klage, die auf eine Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt gerichtet ist, Voraussetzung. Zudem ist auch keine wiederkehrende oder laufende Leistung für mehr als ein Jahr im Streit (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Das Sozialgericht hatte daher über die Zulassung des Rechtsmittels zu befinden. Es hat die Berufung nicht zugelassen.
Die im Übrigen zulässige Beschwerde ist jedoch unbegründet. Zulassungsgründe nach § 144 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nummer 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nummer 2) oder ein an der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrens-mangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nummer 3).
Eine Rechtssache hat dann im Sinne von § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG grundsätzliche Bedeutung, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Ein Individualinteresse genügt hingegen nicht (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG [10. Aufl., 2012], § 144 Rdnr. 28). Die entscheidungserhebliche Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (vgl. BSG, Beschluss vom 16. November 1987 – 5b BJ 118/87 – SozR 1500 § 160a Nr. 60 = JURIS-Dokument Rdnr. 3; BSG, Beschluss vom 16. Dezember 1993 – 7 BAr 126/93 – SozR 3-1500 § 160a Nr. 16 = JURIS-Dokument Rdnr. 6; ferner: Leitherer, a. a. O., § 144 Rdnrn. 28 f. und § 160 Rdnrn. 6 ff. [jeweils m. w. N.]). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann nicht mehr, wenn sie schon entschieden ist oder durch Auslegung des Gesetzes eindeutig beantwortet werden kann (vgl. BSG, Beschluss vom 30. September 1992 – 11 BAr 47/92 – SozR 3-4100 § 111 Nr. 1 S. 2 = JURIS-Dokument Rdnr. 8; Sächs. LSG, Beschluss vom 5. September 2012 – L 3 AS 640/10 NZB – JURIS-Dokument Rdnr. 25). Zur Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage muss die abstrakte Klärungsfähigkeit, das heißt die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung, und die konkrete Klärungsfähigkeit, das heißt die Entscheidungserheblichkeit der Rechtsfrage hinzutreten (vgl. dazu BSG, Urteil vom 14. Juni 1984 – 1 BJ 72/84 – SozR 1500 § 160 Nr. 53). Die Frage, ob eine Rechts-sache im Einzelfall richtig oder unrichtig entschieden ist, verleiht ihr noch keine grundsätzliche Bedeutung (vgl. BSG, Beschluss vom 26. Juni 1975 – 12 BJ 12/75 – SozR 1500 § 160a Nr. 7 = JURIS-Dokument Rdnr. 2). Hinsichtlich Tatsachenfragen kann über § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG eine Klärung nicht verlangt werden.
Die Klägerin hält für grundsätzlich bedeutsam, ob die Vorschrift des § 15a Abs. 2 RVG auf die Betragsrahmengebühren – des Sozialrechts anzuwenden ist. Diese Rechtsfrage lässt sich unmittelbar aus dem Gesetz beantworten.
Unter dem 26. Oktober 2009 stellte die Klägerin einen Überprüfungsantrag zu einem Bescheid vom 18. August 2009, der zunächst mit Bescheid vom 16. Juni 2010 abgelehnt worden war. Auf den Widerspruch hin wurde vom Beklagten vollständig abgeholfen und ein Kostenanerkenntnis erklärt. Im Rahmen der vom Prozessbevollmächtigten beantragten Kostenerstattung setzte der Beklagte lediglich eine Rahmengebühr nach § 14 RVG i. V. m. Nummer 2401 des Vergütungsverzeichnisses fest, nicht die vom Bevollmächtigten begehrte Gebühr nach § 14 RVG i. V. m. Nummer 2400 des Vergütungsverzeichnisses. Die Rechtsbehelfe der Klägerin dagegen blieben erfolglos.
Die von der Klägerin aufgeworfene Frage ist nicht klärungsbedürftig. In der Recht-sprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG, Urteil vom 25. Februar 2010 – B 11 AL 24/08 R – BSGE 106, 21 ff. [Rdnr. 13] = SozR 4-1300 § 63 Nr. 12 Rdnr. 13 = JURIS-Dokument 13) ist geklärt, dass nach § 63 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 des Sozialgesetzbuches – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – Zehntes Buch (SGB X) nur die Geschäftsgebühr der Nummer 2401 des Vergütungsverzeichnisses zu erstatten ist, wenn der Bevollmächtigte der Klagepartei bereits mit dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren befasst war. Unberührt davon ist zwar zusätzlich auch die Geschäftsgebühr nach Nummer 2400 des Vergütungsverzeichnisses für die Tätigkeit im Verwaltungsverfahren angefallen. Hinsichtlich dieser Gebühr besteht aber kein Erstattungsanspruch (vgl. BSG, a. a. O., Rdnr. 19).
§ 15a RVG ist weder direkt noch entsprechend anwendbar. Nach § 15a Abs. 1 RVG kann der Rechtsanwalt, wenn das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz die Anrechnung einer Gebühr auf eine andere Gebühr vorsieht, weitere Gebühren fordern, jedoch nicht mehr als den um den Anrechnungsbetrag verminderten Gesamtbetrag der beiden Gebühren. Ein Dritter kann sich auf die Anrechnung nur berufen, soweit er den Anspruch auf eine der beiden Gebühren erfüllt hat, wegen eines dieser Ansprüche gegen ihn ein Vollstreckungstitel besteht oder beide Gebühren in demselben Verfahren gegen ihn geltend gemacht werden (vgl. § 15a Abs. 2 RVG).
Eine direkte Anwendung von § 15a RVG scheitert schon daran, dass die Regelung nach dem insoweit klaren Gesetzeswortlaut nur dann eingreift, wenn es um die Anrechnung einer Gebühr auf eine andere Gebühr geht. Im Verhältnis der Nummern 2400 und 2401 des Vergütungsverzeichnisses geht es aber gerade nicht um die Anrechnung einer Gebühr auf eine andere. Vielmehr ist die Frage zu klären, welche dieser beiden Alternativen einschlägig ist.
§ 15a RVG kann auch nicht entsprechend zur Anwendung gebracht werden. Es liegt schon keine ungewollte Regelungslücke vor. Vielmehr wollte der Gesetzgeber mit § 15a RVG das Innenverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Auftraggeber in einer bestimmten Weise regeln. Ausgangspunkt war, dass der Bundesgerichtshof mehrmals entschieden hatte, dass eine Gebühr von vornherein in gekürzter Höhe entsteht, wenn auf sie eine andere Gebühr angerechnet wird mit der Folge, dass der unterlegene Prozessgegner sie deshalb auch nur in entsprechend verminderter Höhe zu erstatten hatte. Weil dieses Verständnis der Anrechnung zu unbefriedigenden Ergebnissen, nämlich die Benachteiligung des Auftraggebers, führe, sollte der im Gesetz zuvor nicht definierte Begriff der Anrechnung inhaltlich bestimmt werden (BT-Drucks 16/12717 S. 58). Ziel des Gesetzes ist danach, den mit den Anrechnungsvorschriften verfolgten Gesetzeszweck zu wahren, zugleich aber uner-wünschte Auswirkungen der Anrechnung zum Nachteil des Auftraggebers zu vermeiden. Die Vorschrift regelt in Absatz 1, welche Wirkung der Anrechnung im Verhältnis zwischen dem Rechtsanwalt und dem Schuldner der Gebühren zukommt. In Absatz 2 legt sie fest, in welchem Umfang sich die Anrechnung gegenüber Dritten auswirkt. Eine Bedeutung über die Regelung von Anrechnungsfragen hinaus kann der Vorschrift damit nicht beigemessen werden. Die weiteren Darlegungen der Klägerin, insbesondere zu ihrer Rechtswahrnehmungsfreiheit und weiteren verfassungsrechtlichen Aspekten, liegen neben der Sache und sind nicht geeignet, die Klärungsbedürftigkeit einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage darzutun.
Die dargestellte Bewertung der Rechtslage entspricht der gefestigten Rechtsprechung des Sächsischen Landessozialgerichtes (vgl. die Beschlüsse vom 21. August 2012 – L 3 AS 79/11 NZB – [n. v.], 10. November 2011 – L 2 AS 837/11 NZB – [n. v.], 5. September 2011 – L 6 AS 261/11 B KO – [n. v.] und 3. Juli 2012 – L 7 AS 723/11 NZB – [n. v.]) sowie die Rechtsprechung anderer Landessozialgerichte (vgl. z. B.: Thür. LSG, Beschluss vom 4. März 2011 – L 6 SF 184/11 B – AGS 2011, 438 = JURIS-Dokument = NJW-Spezial 2011, 540 [Kurzwiedergabe]; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22. August 2011 – L 19 AS 634/10 B –JURIS-Dokument)
Auch eine etwaige Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG ist weder geltend gemacht noch ersichtlich. Der Zulassungsgrund liegt nur dann vor, wenn das Urteil des Sozialgerichts entscheidungstragend auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der von dem zur gleichen Rechtsfrage aufgestellten Rechtssatz in einer Entscheidung eines der im § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht (vgl. BSG, Beschluss vom 29. November 1989 – 7 BAr 130/88 – SozR 1500 § 160a Nr. 67 = JURIS-Dokument Rdnr. 7; Leitherer, a. a. O., § 160 Rdnr. 13). Dabei ist erforderlich, dass das Sozialgericht objektiv von einer solchen höhergerichtlichen Entscheidung abgewichen ist und nicht etwa nur fehlerhaft das Recht angewendet hat (vgl. Leitherer, a. a. O., § 160 Rdnr. 14a). Eine Divergenz in dem beschriebenen Sinne ist nicht festzustellen.
Vorliegend fehlt es an der Darlegung, dass das Sozialgericht einen tragenden Rechtssatz entworfen hat, den eines der genannten höheren Gerichte zuvor abweichend entwickelt und angewendet hat. Dass das Sozialgericht von einer höherrangigen Entscheidung bewusst abweichen wollte, lässt sich auch den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils nicht entnehmen.
Schließlich liegt auch der Zulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG nicht vor. Ein Verfahrensmangel ist ein Verstoß gegen eine Vorschrift, die das sozialgerichtliche Verfahren regelt. Er bezieht sich begrifflich auf das prozessuale Vorgehen des Gerichts auf dem Weg zum Urteil, nicht aber auf dessen sachlichen Inhalt, das heißt seine Richtigkeit (vgl. Leitherer, a. a. O., § 144 Rdnr. 32 ff.). Die Zulassung der Berufung aufgrund eines Verfahrensmangels erfordert, dass dieser Mangel nicht nur vorliegt, sondern auch geltend gemacht wird (vgl. § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG). An einer solchen Geltendmachung fehlt es hier.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
III. Prozesskostenhilfe kann nicht bewilligt werden. Zum einen mangelt es aus den vor-stehend dargelegten Gründen der Rechtsverfolgung der Klägerin an der hinreichenden Erfolgsaussicht (vgl. § 73a Abs. 1 SGG i. V. m. § 114 der Zivilprozessordnung [ZPO]). Zum anderen waren dem Prozesskostenhilfeantrag weder der nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 117 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 und 4 ZPO i. V. m. der Verordnung zur Einführung eines Vordrucks für die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Prozeßkostenhilfe (Prozesskostenhilfevordruckverordnung – PKHVV) vom 17. Oktober 1994 (BGBl. I S. 3001) i. d. F. des Artikel 36 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I, S. 3022) erforderliche Vordruck der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin noch sonstige Unterlagen beigefügt, die eine Prüfung der prozesskostenhilferechtlichen Bedürftigkeit ermöglichen würden. Die Klägerin hat vielmehr mit ihrem Nichtzulassungsbeschwerdeschriftsatz vom 16. Februar 2012 angekündigt, die Erklärung nachzureichen. Entsprechende Unterlagen sind jedoch nicht bei Gericht eingegangen.
IV. Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (vgl. § 177 SGG).
Dr. Scheer Höhl Atanassov
Rechtskraft
Aus
Login
FSS
Saved