L 1 SV 1/12 B

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
1
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 1 SV 15/12
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 SV 1/12 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts über eine Richterablehnung ist nach § 172 Abs. 2 SGG unstatthaft
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Neuruppin vom 12. November 2012 wird als unstatthaft verworfen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgericht, mit dem der Ablehnungsantrag des Beschwerdeführers gegen den ehrenamtlichen Richter K abgelehnt worden ist, ist nicht statthaft. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers können Beschlüsse des Sozialgerichts über die Ablehnung von Richterinnen und Richtern nach § 172 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht mit der Beschwerde angefochten werden. Die Regelung ist unabhängig davon, dass ihr hinsichtlich der Ablehnung von Richterinnen und Richtern erst durch die Rechtsänderung zum 1. Januar 2012 Bedeutung zukam, eindeutig. Auch wenn § 60 Abs. 1 SGG nach seinem Wortlaut auch auf die Möglichkeit der sofortigen Beschwerde in § 46 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) verweist und damit nach dem Wortlaut möglicherweise beide Normen (§ 46 Abs. 2 ZPO und § 172 Abs. 2 SGG) den Beschluss des Sozialgerichts über eine Richterablehnung erfassen, lässt sich diese eventuelle Konkurrenz unter Berücksichtigung des eindeutigen Willens des Gesetzgebers (BR-Drs. 315/11 Seite 40) durch Auslegung zugunsten von § 172 Abs. 2 SGG lösen (ebenso LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 2. Juli 2012 – Az.: L 13 AS 2584/12 B). Der Gesetzgeber ging eindeutig von einer Spezialität von § 172 Abs. 2 SGG im Verhältnis zu § 46 Abs. 2 ZPO aus. Der Auffassung des LSG Nordrhein-Westfalen (u.a. Beschluss vom 29. Mai 2012 – Az.: L 11 KR 206/12 B, L 11 KR 299/12 B), dass insoweit eine ausdrückliche gesetzliche Regelung erforderlich gewesen wäre, vermag der Senat nicht zu folgen. Der im Schrifttum als "contra-legem-Entscheidung" bezeichneten Rechtsprechung des 11. Senats des LSG NRW (so Wedel NZS 2012, Seite 720) steht der vom Wortlaut des § 172 Abs. 2 SGG erfasste Wille des Gesetzgebers und der Zweck des Gesetzes entgegen. Ob eine Übertragung der Entscheidung über Ablehnungsgesuche auf das Sozialgericht zur Entlastung derselben beiträgt, mag man bezweifeln, insoweit steht dem Gesetzgeber jedoch eine Einschätzungsprärogative zu. Den Gerichten steht es hingegen nicht zu, die eigene Einschätzung an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers zu stellen. Dass insoweit einem einzelnen Spruchkörper eine umfassende Bewertung auch kaum möglich ist, wird dadurch belegt, dass die gesetzliche Neuregelungen Teil der Empfehlungen der Länderarbeitsgruppe der Justizministerkonferenz "Maßnahmen zur Verminderung der Belastung und zur Effizienzsteigerung der Sozialgerichte" war, die wiederum eine umfangreiche Befragung der richterlichen Praxis durchgeführt hat (Empfehlungen der Länderarbeitsgruppe vom 19. Oktober 2009, Seite 30; abrufbar etwa unter http://www.harald-thome.de/media/files/Empfehlungen BR-AG SozGer 09-10-19.pdf). Dort wurde insbesondere ein Beschleunigungseffekt bei der Behandlung von Ablehnungsanträgen während der mündlichen Verhandlung und durch die nicht mehr notwendige Versendung der Akten an das LSG gesehen. Auf diese Empfehlungen hat der Gesetzgeber Bezug genommen (BR-Drs. 315/11 Seite 2/3). Mit dem gesetzgeberischen Ziel und Konzept einer Beschleunigung und Effizienzsteigerung ist das vom LSG NRW gefundene Ergebnis einer Prüfung des Ablehnungsantrags in zwei Instanzen nicht zu vereinbaren. Der Richter darf sich jedoch nicht dem vom Gesetzgeber festgelegten Sinn und Zweck des Gesetzes entziehen (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 25. 1. 2011 – Az.: 1 BvR 918/10).

Der Antrag war daher als unstatthaft zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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