L 3 AS 4272/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 16 AS 1758/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 4272/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 31. August 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Im Streit steht die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit vom 01.02.2010 bis 31.07.2010.

Der 1982 geborene Kläger lebt zusammen mit seinen Eltern (D. und P. B., beide geboren 1957) in deren Eigenheim, mit einer Gesamtgröße von 86 qm (Baujahr 1987, 4 Zimmer, Küche, Bad, Ölheizung). Die Eltern, die über monatliche Rentenbezüge in Höhe von 1.272,55 EUR (Stand 2007) verfügen, beantragten für die Zeit ab 01.01.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Während die Bundesagentur für Arbeit Leistungen mangels Hilfebedürftigkeit ablehnte, bewilligte der damals für die Kosten der Unterkunft und Heizung zuständige Landkreis K. - Sozialamt - monatliche Leistungen in Höhe von 294,84 EUR. Wegen der Einstellung dieser Leistungen ab April 2007 strengte der Vater des Klägers eine Klage vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) an. Nachdem das SG die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 14.06.2005 - S 5 AS 1021/05) und das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) die Berufung zurückgewiesen hatte (Urteil vom 20.01.2006 - L 8 AS 3073/05), lehnte das Bundessozialgericht (BSG) den daraufhin gestellten Antrag des Vaters des Klägers, ihm für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG Prozesskostenhilfe zu gewähren, ab (Beschluss vom 03.04.2007 - B 11b AS 7/06 B). In dem Beschluss vom 03.04.2007 führte das BSG aus, der Vater des Klägers sowie seine mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebende Ehefrau seien nicht hilfebedürftig. Bei dem Bedarf für Unterkunft ging der Senat davon aus, dass die Angaben zu den Kosten der Unterkunft in Höhe von 404,92 EUR (exklusive Heizkosten) vom Vater des Klägers zutreffend seien. Dies ergebe entsprechend der Anzahl der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft (2) und der Zahl der Hausbewohner (mit dem Kläger 3) einen Betrag für die Eltern des Klägers in Höhe von 269,95 EUR (= 404,92 EUR x 2: 3). Der daraus errechnete Gesamtbedarf in Höhe von 891,95 EUR sei auch unter Berücksichtigung der Angaben zu den Heizkosten durch das Einkommen gedeckt.

Der Kläger steht seit April 2007 im laufenden Leistungsbezug nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 14.01.2010 sowie Änderungsbescheid vom 27.04.2010 bewilligte der damals für die Kosten der Unterkunft und Heizung zuständige Landkreis K. - Sozialamt - Leistungen in Höhe von 128,42 EUR monatlich. Bei der Berechnung der Leistungen wurden die Angaben des Klägers im "Zusatzblatt 1 zur Feststellung der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung" vom 26.04.2006 zugrunde gelegt, die er in den Folgeanträgen wiederholte. Danach zahlt er einen Betrag von insgesamt 150,- EUR an seine Eltern. Nach Abzug des in der Regelleistung enthaltenen Anteils für Warmwasser und Haushaltsenergie von insgesamt 21,58 EUR monatlich gelangten 128,42 EUR zur Auszahlung.

Am 28.01.2010 hat der Kläger gegen die Bewilligungsentscheidung Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Beim Beklagten ging ein entsprechender Widerspruch am 03.02.2010 ein. Der Kläger hat geltend gemacht, er habe Leistungen nach dem SGB II weder beantragt noch eingeklagt. Es gehe ihm um Zahlungsansprüche gegen die M. Versicherung wegen eines Unfalls, die mit Urteil des Landgerichts K. rechtskräftig festgestellt worden seien (5 O 74/04). Diese seien auf die Träger der gesetzlichen Sozialversicherung übergeleitet worden.

Mit Schreiben vom 23.03.2010 hat der Kläger gegenüber dem Landkreis K. - Sozialamt - erklärt, die Kaltmiete betrage ab 01.04.2010 300,- EUR monatlich, so dass die Leistungen zu erhöhen seien. Im Übrigen stünden ihm nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 03.04.2007 höhere Unterkunftskosten zu. Der Landkreis K. - Sozialamt - hat den Kläger daraufhin aufgefordert, Nachweise zu den Unterkunftskosten vorzulegen (Schreiben vom 01.04.2010 - Bl. 126 der SG-Akte). Dieser Aufforderung ist der Kläger nicht nachgekommen.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 13.07.2010 zurückgewiesen. In der Begründung heißt es, Fehler bei der Berechnung der bewilligten Leistungen für Unterkunft und Heizung seien nicht erkennbar. Das Ansinnen, anstelle von Leistungen nach dem SGB II lieber Leistungen aus der Unfallversicherung in Anspruch zu nehmen, müsse der Kläger dort geltend machen. Solange der Kläger Leistungen nach dem SGB II beantrage, bestehe eine Verpflichtung zur Leistungsbewilligung. Es stehe dem Kläger jedoch frei, sich aus dem Leistungsbezug abzumelden.

Mit Gerichtsbescheid vom 31.08.2010, dem Kläger zugestellt am 04.09.2010, hat das SG die Klage abgewiesen. Soweit sich der Kläger generell gegen die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II wende, sei die Klage bereits mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Denn ein Rechtsschutzbedürfnis fehle, wenn sich durch die begehrte Entscheidung die rechtliche oder wirtschaftliche Situation des Klägers nicht verbessern würde. Im Übrigen könne ein aufgedrängter Leistungsbezug nicht vorliegen, da die Leistungen nach dem SGB II nur auf Antrag erbracht würden (§ 37 Abs. 1 SGB II). Soweit der Kläger eine Behebung seiner Unfallfolgen durch Zahlungen der M. Versicherung begehre, sei eine Zusammenhang zu der angefochtenen Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II nicht erkennbar. Die auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung gerichtete Klage sei unbegründet. Die für die Zeit ab 01.04.2010 geltend gemachten höheren Unterkunftskosten habe der Kläger trotz Aufforderung nicht durch entsprechende Nachweise belegt. Auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 03.04.2007 (B 11b AS 7/06 B) stünden dem Kläger keine höheren Leistungen für Unterkunft und Heizung zu.

Der Kläger hat am 09.09.2010 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Er wiederholt im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem Klageverfahren.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid vom 31. August 2010 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 14. Januar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. April 2010 zu verurteilen, ihm höhere Leistungen nach dem SGB II zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die angefochtenen Bescheide.

Aktenkundig ist ein Schreiben des Klägers an das Jobcenter Landkreis K. vom 22.02.2012. Darin erklärt er: "Mietzahlungen an meine Eltern liegen unstreitig nicht vor ..., finden sich in keinem Antrag."

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

Auf Beklagtenseite ist nach dem Ende der getrennten Aufgabenwahrnehmung ab 01.01.2012 das Jobcenter Landkreis Karlsruhe (gemeinsame Einrichtung gemäß § 44b SGB II in der seit 01.01.2011 gültigen Fassung) als Rechtsnachfolger an die Stelle der bisherigen in getrennter Trägerschaft geführten Behörden getreten. Dieser kraft Gesetzes eintretende Beteiligtenwechsel wegen der Weiterentwicklung der Organisation des SGB II stellt eine im Berufungsverfahren zulässige Klageänderung im Sinne von §§ 99, 153 Abs. 1 SGG dar (vgl. BSG, Urteil vom 18.01.2011 - B 4 AS 99/10 R, in juris). Das Passivrubrum war entsprechend von Amts wegen zu berichtigen.

Die geltend gemachten Ansprüche betreffen die Zeit vom 01.02.2010 bis 31.07.2010. Auf diesen Zeitraum bezieht sich der angefochtene Bewilligungsbescheid, mit dem Leistungen für Unterkunft und Heizung gewährt wurden.

Ein Anspruch auf höhere Leistungen - soweit ein solches Begehren dem klägerischen Vorbringen überhaupt zu entnehmen ist - besteht nicht.

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit sie angemessen sind.

Der Kläger hat bereits nicht nachgewiesen, in welcher Höhe Kosten für Unterkunft und Heizung im streiterheblichen Zeitraum angefallen sind. Die bloße Erklärung in den Anträgen, er zahle 150,- EUR bzw. 300,- EUR, wie im Schreiben vom 23.03.2010 mitgeteilt, reicht nicht aus. Aufgrund der jüngsten Angaben des Klägers gegenüber dem Jobcenter Landkreis K. im Schreiben vom 22.02.2012, er zahle gar keine Miete, ist vielmehr davon auszugehen, dass weder eine rechtliche Zahlungsverpflichtung besteht, noch eine tatsächliche Mietzahlung erfolgt. Sind dem Kläger keine Kosten für Unterkunft und Heizung entstanden, kann er schon deshalb keinen Anspruch auf Leistungen haben. Vor diesem Hintergrund kommt auch eine Aufteilung der Kosten nach Kopfteilen, wie sie zwischenzeitlich vom Beklagten vorgenommen wird, nicht in Betracht. Mit dieser Aufteilung, wenn mehrere Familienmitglieder eine Wohnung gemeinsam nutzen, wird lediglich dem Umstand Rechnung getragen, dass in diesen Fällen in aller Regel eine an der unterschiedlichen Intensität der Nutzung ausgerichtete Aufteilung der Aufwendungen nicht möglich ist (BSG, Urteil vom 20.08.2009 - B 14 AS 34/08 R).

Die weiteren Ausführungen des SG zum klägerischen Vortrag - Behebung der Unfallfolgen durch Zahlung der M. Versicherung, Leistungsgewährung gegen den Willen des Klägers - sind zutreffend. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen an und sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Begründung ab.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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