L 1 R 217/11

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 10 R 238/09
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 R 217/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 R 64/13
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 26. Mai 2011 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob der Kläger einen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit hat.

Der am ... 1962 geborene Kläger erlernte von 1979 bis 1981 den Beruf des Instandhaltungsmechanikers. Anschließend leistete er von 1981 bis 1983 den Wehrdienst bei der NVA ab. Während dieser Zeit – 1983 – erlitt er einen schweren Motorradunfall, bei dem er sich u. a. einen Oberschenkelbruch links zuzog. Danach arbeitete er von 1983 bis 1988 bei den H. Werken in B. im Bereich der Werkzeugausgabe. Ab 1988 wurde er als Sachbearbeiter eingesetzt und absolvierte eine Fortbildung zum Wirtschaftskaufmann. 1990/91 wurde er arbeitslos. Seitdem führte er kaufmännische Weiterbildungen (1992, 1995, 1999 und 2002) durch, nahm an einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (2003/2004) teil und arbeitete von 2004 bis 2007 in einem sogenannten 1-Euro-Job. Seit dem 04. April 2007 ist er arbeitsunfähig. An diesem Tag erfolgte eine Rückenoperation (erweiterte interlaminäre Fensterung L5/S1 links mit Sequestrektomie) in der Neurochirurgischen Belegarztabteilung des Klinikums Q. Der postoperative Verlauf war komplikationslos. Es folgte eine Anschlussheilbehandlung in der T. Fachklinik B. vom 24. April 2007 bis zum 22. Mai 2007. Die Rehabilitationsärzte schätzten das sozialmedizinische Leistungsvermögen dahingehend ein, dass der Kläger bei weiter ungestörtem Heilungsverlauf nach drei postoperativen Monaten wieder sechs Stunden und mehr körperlich mittelschwere Tätigkeiten unter Vermeidung von schwerem Heben und Tragen sowie Zwangshaltungen der Wirbelsäule in wechselnder Körperhaltung ohne Einschränkung der Arbeitsorganisation auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten könne. Auch als Wirtschaftskaufmann könne er dann wieder sechs Stunden und mehr arbeiten.

Am 26. März 2008 beantragte der Kläger eine Rente wegen Erwerbsminderung. Diesen Antrag begründete er mit orthopädischen Beschwerden und Schmerzen. Die Beklagte holte zunächst ein orthopädisches Gutachten des Facharztes für Orthopädie S. vom 15. Mai 2008 ein, der einen Zustand nach Bandscheiben-Operation im April 2007, einen Zustand nach Oberschenkelfraktur links mit Beinlängenverkürzung von 1,5 cm sowie ein chronisches Cervicobrachialsyndrom diagnostizierte. Für seine letzte Tätigkeit als Sachbearbeiter sei er vollschichtig einsetzbar. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne er leichte bis mittelschwere Arbeiten wechselnd oder wahlweise im Sitzen und Stehen ohne häufiges Bücken, Heben und Tragen von Lasten bis 15 kg sowie ohne Arbeiten in Zwangshaltungen verrichten.

Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 29. Mai 2008 ab, wogegen der Kläger am 12. Juni 2008 Widerspruch einlegte. Zur Begründung führte er aus, zusätzlich zu den orthopädischen Erkrankungen leide er an starken Gichtanfällen sowie unter einem chronischen Reizmagen, einhergehend mit einer Lebensmittelunverträglichkeit, die Magenschmerzen und Durchfall verursache. Hinzu kämen allergene Zustände durch Lösungsmittel, Pollenstaub und Insektenstiche sowie ständige Schmerzzustände. Daraufhin holte die Beklagte zunächst Befundberichte von den behandelnden Ärzten Dr. S. (Facharzt für Orthopädie) vom 25. Juli 2008 und Dr. G. (Facharzt für Allgemeinmedizin/Chirotherapie) vom 05. August 2008 ein. Dr. G. gab an, alle Therapien hielten nur kurz vor, meinst nur einen Tag. Dann träte wieder das alte Schmerzmuster auf. Der Kläger könne unmöglich arbeiten. Schließlich veranlasste die Beklagte ein nervenfachärztliches Gutachten durch den Arzt für Nervenheilkunde Dr. D. Dieser führte in seinem Gutachten vom 17. Oktober 2008 aus, in der gesamten Untersuchungssituation seien Verdeutlichungstendenzen aufgefallen. Der Kläger sei aus nervenärztlicher Sicht weiterhin in der Lage, einer vollschichtigen Tätigkeit als Wirtschaftskaufmann nachzugehen. Dabei seien stetige Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen sowie das vermehrte Einlegen von Pausen erforderlich. Nicht möglich seien das Tragen von Lasten, Tätigkeiten in Zwangshaltungen, auf Leitern oder Gerüsten sowie unter Kälteeinfluss. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 09. Dezember 2008 erklärte Dr. D., bei dem von ihm dargelegten vermehrten Einlegen von Pausen handele es sich um einen Diktierfehler, den er bei seiner Unterschrift übersehen habe. Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 04. März 2009 zurück.

Dagegen hat der Kläger am 01. April 2009 Klage beim Sozialgericht Magdeburg (SG) erhoben und erklärt, seine gesundheitlichen Probleme seien nicht vollständig berücksichtigt worden. Das SG hat zunächst medizinische Unterlagen aus der Schwerbehindertenakte des Klägers beigezogen und sodann Befundberichte von Dr. H. (Facharzt für Innere Medizin/Gastroenterologie) vom 12. Januar 2010, Dr. G. vom 13. Januar 2010 und Dr. S. (Eingang bei Gericht am 12. Februar 2010) eingeholt. Dr. G. und Dr. S. haben darin das berufliche Leistungsvermögen auf Null bzw. unter drei Arbeitsstunden pro Tag eingeschätzt. Das SG hat sodann ein orthopädisches Gutachten des Arztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. R. vom 15. Juli 2010 veranlasst. Dieser ist zu der Einschätzung gelangt, der Kläger könne noch mindestens sechs bis unter acht Stunden täglich leichte bis mittelschwere Arbeiten verrichten. Eine deutliche Aggravationstendenz sei aufgefallen. Für die geschilderten maximalen Schmerzen quasi überall habe sich bei der radiologischen Untersuchung überhaupt kein Korrelat gefunden. Anschließend hat das SG ein neuro-psychiatrisches Gutachten der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. eingeholt. Diese hat in ihrem Gutachten vom 23. Dezember 2010 aus psychiatrischer Sicht Anpassungsstörungen bei chronifiziertem Schmerzsyndrom diagnostiziert. Der Kläger könne in gewisser Regelmäßigkeit an mindestens fünf Tagen in der Woche erwerbstätig sein, allerdings derzeit nur vier bis unter sechs Stunden. Wegen der Schmerzsymptomatik bei statischer Belastung auch im Sitzen erschienen vermehrte Pausen erforderlich.

Mit Urteil vom 26. Mai 2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Das SG ist den sozialmedizinischen Einschätzungen der Gutachter S., Dr. D. und Dr. R. gefolgt. Demgegenüber hätten die anderslautenden Einschätzungen von Dr. G., Dr. S. und Dr. B. nicht überzeugen können.

Gegen das am 15. Juni 2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 07. Juli 2011 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Zur Begründung hat er sich im Wesentlichen auf die Leistungsbeurteilungen durch Dr. B. und Dr. S. gestützt.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 26. Mai 2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29. Mai 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. März 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 01. März 2008 zu gewähren, weiterhin hilfsweise, den Sachverhalt hinsichtlich der Umstellungsfähigkeit des Klägers durch Einholung eines weiteren psychiatrischen Sachverständigengutachtens weiter aufzuklären.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 26. Mai 2011 zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Senat hat zunächst eine ergänzende Stellungnahme von Dr. B. vom 20. Dezember 2011 eingeholt, in der sie bei ihrem Votum geblieben ist. Anschließend hat der Senat ein neurologisch-psychiatrisch-psychosomatisches und schmerzmedizinisches Fachgutachten durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie S. vom 20. Juli 2012 veranlasst. Dieser hat während der Untersuchung am selben Tag deutliche Anhaltspunkte für Aggravation festgestellt. In sozialmedizinischer Hinsicht hat er eingeschätzt, dass der Kläger körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten wechselweise im Gehen, Stehen und Sitzen sowie überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit zur bedarfsweisen Lageänderung noch vollschichtig an fünf Wochentagen verrichten könne. Weitere Pausen als die üblichen seien nicht erforderlich.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen. Diese Akten haben bei der mündlichen Verhandlung und der anschließenden Beratung des Senats vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Sie ist unbegründet, weil der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 29. Mai 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. März 2009 rechtmäßig ist und den Kläger nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung noch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

I.

Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) haben Versicherte, wenn die entsprechenden versicherungsrechtlichen Voraussetzungen vorliegen, dann einen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind. Nach Satz 2 der genannten Vorschrift ist derjenige teilweise erwerbsgemindert, der wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 Zweiter Halbsatz SGB VI).

Der Senat ist davon überzeugt, dass der Kläger in dem zu beurteilenden Zeitraum seit März 2008 bis heute noch in der Lage war und ist, mindestens sechs Stunden täglich einer körperlich leichten bis gelegentlich mittelschweren Tätigkeit wechselweise im Gehen, Stehen und Sitzen sowie überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit zur bedarfsweisen Lageänderung nachzugehen. Ausgeschlossen werden sollten dabei einseitige körperliche Belastungen, Zwangshaltungen, Heben und Tragen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel sowie ungünstige Witterungsbedingungen (Nässe, Kälte, Zugluft). Arbeiten unter Zeitdruck, im Akkord oder am Fließband sollten ebenso wie Arbeiten auf Gerüsten und Leitern vermieden werden.

Insoweit folgt der Senat aufgrund eigener Urteilsbildung den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen der Gutachter S. (Gutachten vom 15. Mai 2008), Dr. D. (Gutachten vom 17. Oktober 2008), Dr. R. (Gutachten vom 15. Juli 2010) und Stegemann (Gutachten vom 20. Juli 2012). In diesen Gutachten wird dem Kläger ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen für leichte bis zumindest gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeiten bescheinigt. Nach diesen ärztlichen Unterlagen liegen bei dem Kläger folgende Gesundheitsstörungen vor, die sein Leistungsvermögen im Erwerbsleben beeinflussen:

Bandscheibenvorfall mit nachfolgender Operation und Entwicklung eines Postdiskotomiesyndroms,

Zustand nach Oberschenkelbruchverletzung (bis auf Beinverkürzung folgenlos ausgeheilt),

Zustand nach Unterkieferfraktur mit zeitweiliger Luxation und Einschränkung der Unterkieferbeweglichkeit,

chronisches Schmerzsyndrom im Bewegungsapparat mit anhaltender somatoformer Schmerzstörung,

Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom bei Zustand nach Bandscheiben-Operation L5/S1,

autonome somatoforme Funktionsstörung im Magen-Darm-Bereich ("Reizmagen- und Reizdarmsyndrom"),

gastroskopisch gesicherte chronische Gastritis und Refluxösophagitis sowie Operation eines Zenkerschen Divertikels (eine Ausstülpung im Bereich des Schlundes) im März 2012,

Gicht.

Auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet hat der Sachverständige S. festgestellt, dass sowohl aktenkundig als auch nach Schilderung des Klägers bei der Untersuchung am 20. Juli 2012 niemals eine nennenswerte psychische Beeinträchtigung, etwa im Sinne einer Depression oder einer Angststörung, bestanden hat. Der Tagesablauf spricht dafür, dass der Kläger ziemlich aktiv ist. Er versorgt seinen Ein-Personen-Haushalt im Wesentlichen selbständig ohne Hilfe. Darüber hinaus besitzt er einen eigenen Pkw, mit dem er zur Begutachtung in W. am 20. Juli 2012 sowie zum Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage in H. am 20. November 2012 angereist ist. Er lebt in einer langjährigen, stabilen Partnerschaft in Form einer "Wochenendbeziehung" und pflegt auch außerhalb der Partnerschaft und Familie ausreichend soziale Kontakte, in dem er u. a. seinem langjährigen Angelhobby (dreimal pro Woche) nachgeht. In orthopädischer Hinsicht fiel bei der Begutachtung durch Dr. R. (Untersuchung am 13. Juli 2010) eine deutliche Aggravationstendenz des Klägers auf. Die demonstrierten Kraftgrade waren extrem wechselnd. Ebenfalls auffällig waren die geschilderten maximalen Schmerzen quasi überall. Insoweit fand Dr. R. bei der radiologischen Untersuchung allerdings überhaupt kein Korrelat. Hier zeigten sich mehr oder weniger unauffällige Gelenke, die die beklagten Beschwerden überhaupt nicht erklären konnten.

Dagegen konnten die ärztlichen Einschätzungen von Dr. G., Dr. S. und Dr. B. den Senat nicht überzeugen. Die Beurteilungen der behandelnden Ärzte Dr. G. und Dr. S. zum beruflichen Leistungsvermögen sowie zur Gehfähigkeit lassen sich unter Berücksichtigung der aktenkundigen Befunde und Diagnosen nicht begründen, worauf der Sachverständige S. zutreffend hingewiesen hat. Anscheinend handelt es sich bei den ärztlicherseits geäußerten Einschätzungen lediglich um Wiedergaben des Beschwerdevortrages des Klägers zu seiner subjektiven Gehstreckeneinschätzung, ohne dass diese medizinisch irgendwie begründbar oder objektivierbar wäre. Auch hierauf hat der Gutachter S. zu Recht hingewiesen. Das von Dr. B. eingeschätzte Leistungsvermögen von vier bis unter sechs Stunden ist ebenfalls nicht nachvollziehbar. Sie hat einen unauffälligen neurologischen Befund sowie psychischen Status geschildert. Ebenso wenig begründet ist ihre Auffassung, wegen der Schmerzsymptomatik bei statischer Belastung auch im Sitzen seien vermehrte Arbeitspausen nach ca. eineinhalb bis zwei Stunden erforderlich. In ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 20. Dezember 2011 hat sie eingeräumt, dass eine Quantifizierung der vermehrten Pausen bei dem Charakter der Leiden, insbesondere einem chronifizierten Schmerzsyndrom, nur aus subjektiver Sicht (nach Angabe des Klägers nach etwa einer Stunde) möglich sei. Es überzeugt den Senat nicht, dass Dr. B. ihre Beurteilung im Wesentlichen auf die Selbsteinschätzung des Klägers stützt. Denn dies erscheint deshalb fragwürdig, weil die Gutachter Dr. D., Dr. R. und S. übereinstimmend deutliche Aggravationstendenzen beschrieben haben. Hinzu kommt, dass Dr. B. irrtümlich davon ausging, hinsichtlich der Forderung vermehrter Pausen mit Dr. D. überein zu stimmen, obwohl dieser sich in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 09. Dezember 2008 insoweit korrigiert hat.

Der Senat sah sich nicht veranlasst, entsprechend dem in der mündlichen Verhandlung am 24. Januar 2013 hilfsweise gestellten Antrag, ein weiteres psychiatrisches Sachverständigengutachten einzuholen. Denn der Sachverhalt ist nach seiner Überzeugung umfassend ermittelt. Der Sachverständige S. hat die Beweisfrage 9 der Beweisanordnung vom 26. März 2012, in der nach der Umstellungsfähigkeit gefragt worden war, mit "Ja" beantwortet. Eine Begründung hierfür direkt in der Antwort zu der Beweisfrage war nicht erforderlich, weil sich aus dem gesamten Akteninhalt keine belastbaren Indizien dafür ergeben, dass die Umstellungsfähigkeit nennenswert im Sinne der Beweisfrage eingeschränkt sein könnte. Dem Sachverständigen war im Übrigen auch nur für den Fall einer eingeschränkten Umstellungsfähigkeit aufgegeben worden, die hierfür maßgebenden Umstände zu benennen. Soweit von klägerischer Seite in der mündlichen Verhandlung am 24. Januar 2013 im Zusammenhang mit der Umstellungsfähigkeit auf die im Verlauf des Verfahrens auch gestellte Diagnose einer Anpassungsstörung hingewiesen wurde, ergibt sich hieraus ebenfalls kein weiterer Ermittlungsbedarf. Denn für die Beurteilung des sozialmedizinischen Leistungsvermögens ist nicht in erster Linie die Diagnosestellung (hier: Anpassungsstörung) maßgebend, sondern es sind die Funktionseinschränkungen sowie Merkmale wie die Umstellungsfähigkeit entscheidend.

Im Ergebnis der Beurteilungen ergibt sich das eingangs geschilderte Leistungsbild. Mit einem Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden täglich ist der Kläger aber nicht teilweise erwerbsgemindert im Sinne von § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI.

II.

Ist der Kläger danach schon nicht teilweise erwerbsgemindert, so ist er erst recht nicht voll erwerbsgemindert. Denn dies erfordert gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI, dass ein Versicherter wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Da der Kläger, wie dargelegt, noch mindestens sechs Stunden täglich arbeiten kann, erfüllt er dieses Kriterium nicht.

Der Kläger ist auch nicht deshalb voll erwerbsgemindert, weil er wegen einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung oder einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen nicht mehr unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes tätig sein könnte. Das Restleistungsvermögen des Klägers reicht nämlich noch für Verrichtungen wie z.B. Zureichen, Abnehmen, leichte Reinigungsarbeiten ohne Zwangshaltungen, Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen sowie Bürohilfsarbeiten aus (vgl. die Aufzählungen in dem Beschluss des Großen Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. Dezember 1996 – GS 2/95 –, SozR 3-2600 § 44 SGB VI Nr. 8 = BSGE 80, 24, 33f.; in der Anwendbarkeit auf die aktuelle Rechtslage bestätigt in BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011 – B 13 R 78/09 R – juris, Rdnr. 14 ff.).

Schließlich ist er auch nicht aus gesundheitlichen Gründen gehindert, einen Arbeitsplatz aufzusuchen. Denn wie bereits geschildert, ist er zur Begutachtung in W. am 20. Juli 2012 sowie zum Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage in H. am 20. November 2012 mit dem eigenen Pkw aus B. angereist. Das gilt ebenso für die Anreise zur mündlichen Verhandlung am 24. Januar 2013.

III.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI. Danach haben Versicherte bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie vor dem ... 1961 geboren und berufsunfähig sind.

Der Kläger hat, ungeachtet der weiteren Voraussetzungen, bereits deshalb keinen Anspruch auf diese Rente, weil er nach dem 01. Januar 1961, nämlich am ... 1962, geboren ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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