Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 4324/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 1321/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 30.01.2012 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat den Klägern deren außergerichtliche Kosten im Klageverfahren zu 2/3 und im Berufungsverfahren in vollem Umfang zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens noch streitig, ob der Kläger zu 1) wegen seiner Tätigkeit für die Klägerin zu 2) ab dem 01.11.2008 als abhängig Beschäftigter in der gesetzlichen Renten- und sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung sozialversicherungspflichtig ist.
Die Klägerin zu 2) mit Sitz in H. ist im IT-Bereich tätig. Gesellschafter der Klägerin zu 2) sind der Kläger zu 1) sowie vier weitere Personen. Sie sind alle mit Anteilen von 5.000,00 EUR am Stammkapital beteiligt und haben als bisherige Arbeitskollegen die Klägerin zu 2) gegründet, als ihr bisheriger Arbeitgeber seine Niederlassung in He. aufgab. Jedem Gesellschafter ist im täglichen Geschäftsgang ein eigener Zuständigkeitsbereich zur eigenen Verantwortung übertragen. Der Gesellschaftsvertrag vom 24.07.2002 (dazu vgl Blatt 8 bis 17 der Verwaltungsakte) bestimmt, dass die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung mit einer Mehrheit von 100 % der abgegebenen Stimmen zu fassen sind. Alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer sind die Gesellschafter A. W. und J. S ... Der Kläger zu 1) als Vertriebs- und Marketingleiter ist - wie auch die beiden weiteren Gesellschafter - bei der Klägerin zu 2) angestellt (vgl Anstellungsvertrag vom 21.08.2002). Dem Kläger zu 1) standen aufgrund des Arbeitsvertrages Urlaubsansprüche (30 Arbeitstage) und Entgeltansprüche entsprechend dem betrieblichen Vergütungsmodell zu; zunächst war eine monatliche Vergütung von 500,00 EUR vereinbart. Am 30.10.2008 schlossen die Klägerin zu 2) und der Kläger zu 1) mit Wirkung ab dem 01.11.2008 einen weiteren Anstellungsvertrag zur Modifizierung der Vereinbarung vom 21.08.2002. Der Kläger sei als Vertriebs- und Marketingleiter tätig und unterliege keinen Weisungen der Gesellschaft zur Ausführung sowie Gestaltung seiner Tätigkeit. Er erhalte ein monatliches Gehalt von 5.300,00 EUR brutto. Die Gesellschaft könne den Vertrag nur aus wichtigem Grund kündigen, ein ordentliches Kündigungsrecht sei ausgeschlossen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Arbeitsverträge wird auf Blatt 31 ff der Verwaltungsakte (Vertrag ab 01.11.2008) bzw Blatt 70 ff der SG-Akte (Vertrag ab 01.08.2002) Bezug genommen.
Am 22.12.2008 beantragten beide Kläger im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens bei der Beklagten die Feststellung, dass der Kläger zu 1) seit dem 01.08.2002 nicht sozialversicherungspflichtig sei. Er sei jederzeit uneingeschränkt in der Lage, alle Gesellschafterbeschlüsse zu verhindern. Er habe ein Vetorecht, das ihn in die Lage versetze, die Geschicke des Unternehmens nach seinem Gutdünken zu beeinflussen. Gegenüber Mitarbeitern übe er Arbeitgeberfunktion aus; er besitze die Befugnis zur Einstellung und Entlassung von Personal.
Mit Schreiben vom 24.02.2009 hörte die Beklagte die Kläger zu der beabsichtigten Feststellung der abhängigen Beschäftigung des Klägers an. Die Kläger verwiesen in ihrer Stellungnahme auf das bestehende Vetorecht des Klägers zu 1).
Mit gesonderten Bescheiden vom 05.03.2009 stellte die Beklagte gegenüber den Klägern fest, die Tätigkeit des Klägers zu 1) bei der Klägerin zu 2) werde seit dem 01.08.2002 im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt. Aufgrund des Kapitaleinsatzes von 20 % am Gesamtkapital des Unternehmens und des daraus resultierenden Stimmrechts sei es dem Kläger zu 1) nicht möglich, die Geschicke der Klägerin zu 2) maßgeblich zu beeinflussen. Mangels Vetorechts bzw Sperrminorität könne er keine Entscheidungen verhindern. Die Sperrminorität eines mitarbeitenden Gesellschafters schließe ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht von vornherein aus. Angesichts feststehender Bezüge trage der Kläger zu 1) kein Unternehmerrisiko. Alleine aus der Ausübung einer weisungsfreien Tätigkeit könne nicht auf eine selbständige Tätigkeit geschlossen werden.
Die am 11.03.2009 erhobenen Widersprüche wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 25.11.2009 zurück. Der Kläger zu 1) sei aufgrund seines Anstellungsvertrages an die Weisungen der Geschäftsführer gebunden und habe als Mitgesellschafter nicht die Rechtsmacht, Weisungen zu verhindern, die ihm als Angestellten nicht genehm seien.
Am 23.12.2009 haben die Kläger beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben.
Mit Bescheiden vom 01.11.2010 hat die Beklagte festgestellt, dass der Kläger zu 1) in der Pflegeversicherung, der Rentenversicherung sowie in der Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig sei. Die Versicherungspflicht beginne am 01.08.2002. In der Krankenversicherung sei der Kläger zu 1) wegen regelmäßiger Überschreitung der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei.
Mit Urteil vom 30.01.2012 hat das SG die Bescheide der Beklagten vom 05.03.2009 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 25.11.2009 in der Fassung der Bescheide vom 01.11.2010 abgeändert und festgestellt, dass der Kläger zu 1) in der Zeit ab dem 01.11.2008 nicht mehr in einem der Versicherungspflicht zur Renten-, Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegenden abhängigen Beschäftigungsverhältnis gestanden habe. Im Übrigen hat das SG die Klagen abgewiesen. Bis zum 31.10.2008 habe der Kläger zu 1) in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis gestanden. Er habe zwar mit seinem Kapitalanteil von 20 % grds Gesellschafterbeschlüsse verhindern können, doch habe er nicht Entscheidungen der Geschäftsführer verhindern können. Für eine abhängige Beschäftigung spreche bis 31.10.2008 der Anstellungsvertrag vom 21.08.2002, dessen Regelungen nahezu vollständig denjenigen entsprächen, die im Arbeitsleben für abhängig Beschäftigte höherer Art üblich seien. Auch wenn dieser Vertrag nicht gelebt worden sei, so lasse sich kein Zeitpunkt feststellen, wann keine abhängige Beschäftigung mehr vorgelegen habe. Erst ab dem zum 01.11.2008 geltenden Vertrag seien dem Kläger zu 1) Rechte eingeräumt worden, die sich deutlich von abhängig Beschäftigten unterschieden. Die ihm zukommende Weisungsfreiheit hinsichtlich Zeit, Ort, Art Umfang, Ausführung und Gestaltung der Tätigkeit, die Nichtvergütung von Überstunden, die fehlende Entgeltfortzahlung und ein fehlender Urlaubsanspruch sprächen gegen eine abhängige Beschäftigung.
Gegen das ihr am 02.03.2012 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 28.03.2012 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Obwohl eine Änderung des Gesellschaftsvertrages nicht vorgenommen worden sei, habe das SG entschieden, dass seit dem 01.11.2008 ein sozialversicherungspflichtiges abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht mehr vorliege. Die Rechtsprechung des BSG verneine ein Beschäftigungsverhältnis eines mitarbeitenden Gesellschafters nur dann, wenn dieser kraft seines Anteils am Stammkapital maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der GmbH nehmen könne. Ein mitarbeitender Gesellschafter mit einer Kapitalbeteiligung von unter 50 %, der nicht zum Geschäftsführer berufen sei, besitze allein aufgrund seiner gesetzlichen Gesellschaftsrechte nicht die Rechtsmacht, seine Weisungsgebundenheit als Angestellter der Gesellschaft aufzuheben oder abzuschwächen. Auch habe der Anstellungsvertrag ab dem 01.11.2008 eine Freiheit gegenüber Weisungen der Geschäftsführer nicht bestimmt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 30.01.2012 aufzuheben und die Klagen in vollem Umfang abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.
Die Kläger sind der Berufung entgegengetreten und halten die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Entscheidend sei, dass der Kläger zu 1) mit 20 % am Kapital der Klägerin zu 2) beteiligt sei und Gesellschafterbeschlüsse einstimmig zu erfolgen hätten. Da er bei der Ausübung seines Stimmrechts weisungsfrei handele, käme ihm ein Vetorecht zu mit dem er nach seinem Gutdünken die Geschicke des Unternehmens beeinflussen könne. Er sei jederzeit in der Lage, unliebsame Gesellschafterbeschlüsse und damit Weisungen zu verhindern. Auch sei im Anstellungsvertrag ab dem 01.11.2008 ein ordentliches Kündigungsrecht ausgeschlossen. Die Gesellschafter arbeiteten - unabhängig von der Stellung als Geschäftsführer - auf Augenhöhe und gleichberechtigt.
Der Rechtsstreit wurde mit den Beteiligten in einem Termin erörtert. Wegen des Inhalts und Ergebnisses wird auf die Niederschrift (Blatt 66 bis 72 der Senatsakte) Bezug genommen. Dazu hat die Beklagte ausgeführt, dem Kläger zu 1) fehle die Rechtsmacht, sich im Streitfall durchzusetzen. Die Kläger haben dazu ausgeführt, der Kläger zu 1) sei Gründungsgesellschafter, der mit dem Unternehmen zusammen gewachsen sei. Er habe auch privat Gelder in die Firma eingebracht in Form von Privateinlagen, Bürgschaften sowie anderweitiger Haftungen in einem Umfang von ca 300.000,00 EUR. Auch habe er in der Anfangszeit zugunsten der Zahlung der Gehälter der Mitarbeiter lange Zeit auf die Auszahlung seines Gehaltes verzichtet. Auch sei die Branche von persönlichen Kundenbeziehungen geprägt. Daher bündele der Kläger zu 1) in seiner Person sämtliche Kundenkontakte sowie das "good will" des Unternehmens. Er sei das Gesicht des Unternehmens nach außen. Der Kläger zu 1) könne nicht hinweg gedacht werden, ohne dass eine nicht ersetzbare Lücke entstehen würde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig, jedoch unbegründet.
Gegenstand der isolierten Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG), die zulässigerweise mit einer Feststellungsklage (§ 55 SGG) kombiniert wurde, sind die Bescheide der Beklagten vom 05.03.2009 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 25.11.2009 in der Fassung der Bescheide vom 01.11.2010, mit denen die Beklagte festgestellt hatte, der Kläger zu 1) unterliege seit dem 01.08.2002 wegen seiner als abhängige Beschäftigung iSd § 7 SGB IV zu wertenden Tätigkeit bei der Klägerin zu 2) der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten-, sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung.
Das Urteil des SG ist mangels Anfechtung durch die Kläger rechtskräftig geworden, soweit es den Zeitraum bis 31.10.2008 betrifft. Streitig ist vorliegend nur der Zeitraum ab 01.11.2008.
Nach § 7a Abs 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung der nach § 7a Abs 1 Satz 3 zuständigen Deutschen Rentenversicherung Bund beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Bei einem anderen Versicherungsträger oder einer Einzugsstelle war kein Verfahren anhängig, sodass die Beklagte zuständig war.
Im Rahmen einer Statusfeststellung nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV darf sich die Beklagte nicht darauf beschränken, eine abhängige Beschäftigung oder zusätzlich eine daraus folgende Versicherungspflicht "dem Grunde nach" festzustellen. Dies käme einer unzulässigen Elementenfeststellung gleich. Die Beklagte muss vielmehr, um einen Lebenssachverhalt zum Rechtsbegriff der abhängigen Beschäftigung zuzuordnen, das konkrete Rechtsverhältnis bezeichnen, an das sozialrechtlich angeknüpft werden soll, auch Aussagen darüber treffen, in welchen Zweigen der Sozialversicherung die festgestellte Beschäftigung im jeweiligen Feststellungszeitraum zur Sozialversicherung geführt hat. Dies hat das BSG in seinen Urteilen vom 11.03.2009 (B 12 R 11/07 R, juris RdNr 14 ff.) und vom 04.06.2009 (B 12 R 6/08 R, juris, RdNr 13 ff.) ergänzend zu seiner früheren Rechtsprechung entschieden. Dieser Rechtsprechung hat die Beklagte durch die Bescheide vom 01.11.2010 Rechnung getragen, die gemäß § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden sind.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterlagen im streitgegenständlichen Zeitraum in der Renten-, Pflegeversicherung sowie der Arbeitslosenversicherung der Versicherungspflicht (§ 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI, § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 iVm Satz 1 SGB XI, § 25 Abs 1 SGB III). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV in der ab 01.01.1999 geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4 - 2400 § 7 Nr 7, BSG 04.07.2007, B 11a AL 5/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 8) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit BVerfG 20.05.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr 11 = juris). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 7).
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG 08.08.1990, 11 RAr 77/89, SozR 3-2400 § 7 Nr 4; BSG 08.12.1994, 11 RAr 49/94 SozR 3-4100 § 168 Nr 18). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSG 01.12.1977, 12/3/12 RK 39/74, BSGE 45, 199, 200 ff; BSG 04.06.1998, B 12 KR 5/97 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 13; BSG 10.08.2000, B 12 KR 21/98 R, BSGE 87, 53, 56; jeweils mwN). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl hierzu insgesamt BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 7).
Auf dieser Grundlage ist auch zu beurteilen, ob der Gesellschafter einer GmbH zu dieser gleichzeitig in einem Beschäftigungsverhältnis steht. Dies ist grundsätzlich neben seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung möglich. Das BSG hat insoweit mehrmals entschieden, dass eine Abhängigkeit gegenüber der Gesellschaft selbst im Rahmen einer Geschäftsführertätigkeit nicht bereits durch die Stellung des Geschäftsführers als Gesellschafter ausgeschlossen ist. Beim am Stammkapital der Gesellschaft beteiligten Geschäftsführern ist der Umfang der Beteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenen Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal. Bei Fremdgeschäftsführern, die nicht am Gesellschaftskapital beteiligt sind, hat das BSG dementsprechend regelmäßig eine abhängige Beschäftigung angenommen, soweit nicht besondere Umstände vorliegen, die eine Weisungsgebundenheit im Einzelfall ausnahmsweise aufheben (BSG 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 20; BSG 06.03.2003, B 11 AL 25/02 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 1). Vergleichbares gilt auch bei Geschäftsführern, die zwar zugleich Gesellschafter sind, jedoch weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine so genannte Sperrminorität verfügen (BSG 06.03.2003, B 11 AL 25/02 R SozR 4-2400 § 7 Nr 1). Auch für diesen Personenkreis ist im Regelfall von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen. Eine hiervon abweichende Beurteilung kommt wiederum nur dann in Betracht, wenn besondere Umstände des Einzelfalls den Schluss zulassen, es liege keine Weisungsgebundenheit vor. Eine Sperrminorität in diesem Sinne liegt dann vor, wenn der Gesellschafter nach dem Gesetz und den Abreden des Gesellschaftsvertrags Einzelanweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit verhindern könnte (BSG 08.08.1990, 11 RAr 77/89, SozR 3-2400 § 7 Nr 4; BSG 23.06.1994, 12 RK 72/92, NJW 1994, 2974). Dagegen liegt kein maßgeblicher gesellschaftsrechtlicher Einfluss - und damit in der Regel eine Stellung als Beschäftigter - vor, wenn der Gesellschafter so wesentliche Entscheidungen wie die Auflösung der Gesellschaft, die operative Neuausrichtung oder seine eigene Abberufung bzw Entlassung nicht verhindern kann. Bei Fehlen einer (maßgeblichen) Unternehmensbeteiligung ist eine nicht abhängige Beschäftigung nur in sehr eng begrenzten Einzelfällen anzunehmen. Ein solcher Ausnahmefall kann beispielsweise bei Familienunternehmen vorliegen, wenn die familiäre Verbundenheit der beteiligten Familienmitglieder zwischen ihnen ein Gefühl erhöhter Verantwortung schafft, die beispielsweise dadurch zum Ausdruck kommt, dass die Höhe der Bezüge von der Ertragslage des Unternehmens abhängig gemacht wird oder wenn es aufgrund der familienhaften Rücksichtnahme an der Ausübung eines Direktionsrechts völlig mangelt. Hiervon ist insbesondere bei demjenigen auszugehen, der - obwohl nicht maßgeblich am Unternehmenskapital beteiligt - aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte des Unternehmens nach eigenem Gutdünken führt (vgl. BSG 08.12.1987, 7 RAr 25/86, juris).
Das BSG hat in der Vergangenheit in seiner Rechtsprechung - überwiegend zu Leistungsansprüchen des Arbeitsförderungs- und Unfallversicherungsrechts - auch für den Fall, dass der Geschäftsführer einer Gesellschaft nicht zumindest über eine Sperrminorität verfügte, eine selbstständige Tätigkeit des Betroffenen für möglich erachtet, wenn dessen Tätigwerden innerhalb einer Gesellschaft durch eine besondere Rücksichtnahme aufgrund familiärer Bindungen geprägt war (BSG 29.10.1986, 7 RAr 43/85, USK 86145; BSG 08.12.1987, 7 RAr 25/86, USK 87170; BSG 14.12.1999, B 2 U 48/98 R, USK 9975; BSG 23.09.1982, 10 RAr 10/81, SozR 2100 § 7 Nr 7 S 6; BSG 28.01.1992, 11 RAr 133/90, USK 9201; BSG 11.02.1993, 7 RAr 48/92, USK 9347; im konkreten Fall abgelehnt: BSG 10.05.2007, B 7a AL 8/06 R, USK 2007-53; umgekehrt allerdings (Beschäftigung trotz Sperrminorität bei familiärer Bindung für möglich gehalten): BSG 06.02.1992, 7 RAr 134/90, SozR 3-4100 § 104 Nr 8 S 37). Ohne Geschäftsführerstellung hat der 12. Senat eine - nach den allgemeinen Grundsätzen eigentlich ausgeschlossene - selbstständige Tätigkeit für den Fall als gegeben erachtet, dass der in einer GmbH Tätige neben seinem Ehegatten alleiniger oder gleichberechtigter Gesellschafter der GmbH ist (BSG 17.05.2001, B 12 KR 34/00 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 17). Dabei hat das BSG jedoch nicht auf eine familiäre Verbundenheit, sondern maßgebend auf die mit der Gesellschafterstellung verbundene Rechtsmacht abgestellt (BSG, aaO, S 58, 60). Weitergehend hatte allerdings der 3. Senat des BSG bereits 1971 die Selbstständigkeit eines nicht zum (ggf weiteren) Geschäftsführer bestellten Minderheitsgesellschafters angenommen, weil dieser in der betrieblichen Praxis der mit ihm verheirateten Geschäftsführerin und Mehrheitsgesellschafterin vollständig gleichgestellt gewesen sei sowie sich faktisch als zweiter Geschäftsführer betätigt und neben der hauptamtlichen Geschäftsführerin die GmbH nach außen vertreten habe (BSG 15.12.1971, 3 RK 67/68, SozR Nr 68 zu § 165 RVO; vgl auch BSG 23.06.1994, 12 RK 72/92, USK 9448). Noch darüber hinausgehend hat der 11. Senat des BSG eine selbstständige Tätigkeit sogar im Fall des - nicht an der GmbH beteiligten und nicht zum Geschäftsführer bestellten - Sohnes eines Allein-Gesellschafter-Geschäftsführers für möglich gehalten (BSG 30.01.1990, 11 RAr 47/88, BSGE 66, 168 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1; in Abgrenzung zur familienhaften Mithilfe vgl aber BSG 16.12.1960, 3 RK 47/56, SozR Nr 22 zu § 165 RVO). Dabei ist der 11. Senat davon ausgegangen, dass für einen Fremdgeschäftsführer einer Familiengesellschaft, der mit den Gesellschaftern familiär verbunden ist, eine Ausnahme von der Beschäftigtenstellung in Betracht komme, wenn er faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führen konnte und geführt hat, ohne dass ihn der oder die Gesellschafter daran hinderten (BSG 08.12.1987, 7 RAr 25/86, USK 87170). Diese Ausnahme solle - so der 11. Senat - auch gelten, wenn der Alleingesellschafter zugleich Alleingeschäftsführer ist und die Tätigkeit der faktischen Leitung des Betriebes formal auf der Ebene unter dem Geschäftsführer ausgeübt werde. Indessen lasse eine bloß "probeweise" Leitung des Betriebs durch den als Unternehmensnachfolger uU vorgesehenen Sohn eine (abhängige) Beschäftigung nicht entfallen.
Auf Grundlage dieser Rechtsprechung ist der Kläger zu 1) seit 01.11.2008 in seiner Tätigkeit bei der Klägerin zu 2) nicht abhängig beschäftigt und damit nicht sozialversicherungspflichtig.
Bei der vom Senat anzustellenden Gesamtschau unter Abwägung aller Umstände des vorliegenden Einzelfalles muss zunächst die gesellschaftsrechtliche Stellung des Klägers zu 1) berücksichtigt werden. Insoweit verfügt er über eine Kapitalbeteiligung, die ausreicht um ihm nicht genehme Beschlüsse der Gesellschaft zu verhindern. Er ist an der mit einem Stammkapital von 25.000,00 EUR ausgestatteten Klägerin zu 2) mit einer Stammeinlage von 5.000,00 EUR (20 %) beteiligt. Die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung sind mit 100 % der abgegebenen Stimmen - mithin unter Einbeziehung aller Gesellschafter einstimmig - zu fassen. Damit ist der Kläger zu 1) - ebenso wie seine Mitgesellschafter - im Besitz einer sog Sperrminorität. Nach der Rechtsprechung kommt es maßgeblich insoweit nicht darauf an, ob der Gesellschafter die Geschicke der Gesellschaft aktiv beeinflussen kann; vielmehr genügt es, wenn er ihm nicht genehme Beschlüsse verhindern kann. Eine solche Sperrminorität schließt die Annahme einer abhängigen Beschäftigung grundsätzlich aus (BSG 18.04.1991, 7 RAr 32/90, SozR 3-4100 § 168 Nr 5 = juris).
Doch besitzt ein GmbH-Gesellschafter, der in der GmbH angestellt und nicht zum Geschäftsführer bestellt ist - wie vorliegend der Kläger zu 1), der mit 20 % am Kapital der Klägerin zu 2) beteiligt und ohne Geschäftsführer zu sein, angestellt ist -, allein aufgrund seiner Gesellschaftsrechte nicht die Rechtsmacht, seine Weisungsgebundenheit als Angestellter der Gesellschaft aufzuheben oder abzuschwächen (BSG 17.05.2001, B 12 KR 34/00 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 17 = juris Rdnr 15). Vorbehaltlich anderweitiger Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag ist die Dienstaufsicht und das Weisungsrecht über die Angestellten der GmbH nämlich Sache der laufenden Geschäftsführung und nicht der Gesellschafterversammlung (BSG 23.06.1994, 12 RK 72/92, USK 9448 S 253 = NJW 1994, 2974, 2975 = juris). Das SG ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger zu 1) jedenfalls bis zum 31.10.2008 aufgrund des Arbeitsvertrages vom 01.08.2002 rechtlich an die Weisungen der Geschäftsführer gebunden war. Diese führen die laufenden Geschäfte der GmbH, zu denen auch die Ausübung des Weisungsrechts gegenüber den Beschäftigten gehört. Einschränkungen sah der Gesellschaftsvertrag insoweit weder vor dem 01.11.2008 noch seither vor. Im Gesellschaftsvertrag hat die Gesellschafterversammlung Weisungsrechte gegenüber Beschäftigten weder allgemein noch im Einzelfall an sich gezogen oder vorbehalten. Auch soweit der Kläger zu 1) innerhalb der GmbH für den Bereich Vertrieb/Marketing allein verantwortlich ist, war er zunächst rechtlich nur als Erfüllungsgehilfe der Geschäftsführer tätig; allein diese sind kraft Gesetzes der GmbH verpflichtet. Der zum 01.11.2008 in Kraft getretene Anstellungsvertrag sieht jedoch eine Weisungsfreiheit gegenüber Weisungen der "Gesellschaft" vor. Da die Gesellschaft gegenüber ihren Mitarbeitern keine direkten Weisungen erteilt, sondern dies eine den Geschäftsführern zustehende Angelegenheit der laufenden Geschäftsführung ist, ginge die vereinbarte Weisungsfreiheit gegenüber der Gesellschaft ins Leere. Diese Regelung muss dahingehend verstanden werden, dass eine Weisungsfreiheit gegenüber den Vorgaben der Geschäftsführer gemeint war. Denn nur so macht die getroffene und nach Auffassung des Senats auch gelebte Regelung Sinn. Angesichts der tatsächlichen Umstände muss der Senat annehmen, dass sich die vertragliche Regelung zur Weisungsfreiheit nicht nur auf Weisungen der Gesellschaft beziehen sollte sondern gerade auch die Weisungsfreiheit gegenüber den Geschäftsführern bestimmt sein sollte.
Dies folgt für den Senat aus der Entstehungsgeschichte der Klägerin zu 2) sowie dem gelebten geschäftlichen Alltag. Die fünf Gesellschafter gründeten die Klägerin zu 2), nachdem sie bereits als Arbeitskollegen in derselben Branche tätig waren und ihr bisheriger Arbeitgeber in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war. Schon bei der Gründung wurde durch das Einstimmigkeitserfordernis in der Gesellschaftsversammlung dokumentiert, dass alle fünf Gesellschafter gleichberechtigt waren. Jeder war für einen anderen Teilbereich des Betriebes zuständig, der Kläger zu 1) zB für den Vertrieb und das Marketing. Die Beschränkung auf die Bestellung von lediglich zwei Geschäftsführern war dem Umstand geschuldet, dass die Klägerin zu 2) in dem von ihr angestrebten Geschäftsfeld mit eher kleinen und mittelständischen Kunden nicht als kleines Unternehmen mit zu vielen Geschäftsführern auftreten sollte. Nichtsdestotrotz war der tägliche Geschäftsablauf schon von Anfang an durch eine Kultur der gemeinsam besprochenen und getroffenen Entscheidungen geprägt; dies wurde gerade auch in der mündlichen Verhandlung deutlich, als die Geschäftsführer davon berichteten, wie auch im alltäglichen Geschäftsgang sich alle Gesellschafter abstimmen und Entscheidungen nicht alleine von den Geschäftsführern getroffen werden. Insoweit konnten die Gesellschafter, mithin alles Gründungsgesellschafter, darlegen, dass in dem von ihnen betriebenen Unternehmen mit außer ihnen nur wenigen Mitarbeitern eine Geschäftstätigkeit gegen den Willen eines Gesellschafters nicht nur auf gesellschaftsrechtlichem Gebiet sondern auch im geschäftlichen Alltag nicht möglich war, ohne das Fortbestehen der Gesellschaft durch Ausstieg eines Gesellschafters zu gefährden.
Beabsichtigt und gelebt war daher eher eine Gesellschaftsform, die von einem gleichberechtigten Miteinander der Gesellschafter geprägt war und dies bis heute ist. Dies gilt nicht nur für den alltäglichen Geschäftsgang sondern bezieht sich auch auf eine gleichberechtigte Haftung unabhängig von der Stellung als Geschäftsführer. Dies verdeutlicht auch der Umstand, dass alle Gesellschafter mit derselben Pflichteinlage am Unternehmen beteiligt sind und keiner der Gesellschafter die Stellung eines Finanzierers der Klägerin zu 2) eingenommen hat. Auch haben alle über die Stammeinlage hinaus weitere persönliche Haftungen, Bürgschaften und Einlagen in vergleichbarem, erheblichem Umfang ins Unternehmen eingebracht bzw für das Unternehmen übernommen.
Diese Gleichberechtigung der Gesellschafter im täglichen Betriebsgang zeigt sich auch nicht nur im jeweils gemeinsam besprochenen und abgestimmten täglichen Geschäftsbetrieb sondern auch zB in einer vergleichbaren Entlohnung mit der Möglichkeit, in Abhängigkeit vom Geschäftsergebnis zusätzliche Zahlungen zu erhalten – unabhängig von der jeweiligen Stellung als Geschäftsführer. Auch die nachgelagerte Auszahlung des Gehalts am Monatsende in Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Lage der Klägerin zu 2), die durch die Gesellschafter zu bestimmen ist, macht deutlich, dass der Kläger zu 1) auch hinsichtlich seines Gehalts nicht wie eine abhängig Beschäftigter anzusehen ist. Auch der Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts, der Übernahme von über die Pflichteinlage hinausgehender persönlicher Haftungen für Schulden der Gesellschaft durch zusätzliche private Einlagen und die Übernahme von Bürgschaften durch die Gesellschafter in nicht unerheblichem Umfang - der Kläger zu 1) hat die persönliche Haftung für ca 300.000,00 EUR übernommen -, die Einräumung der Möglichkeit, Urlaub ohne Genehmigung, nur nach Maßgabe der geschäftlichen Erfordernisse, nehmen zu können, zeigen, dass die Auswahl der Geschäftsführer eher zufällig und durch den gelebten Geschäftsbetrieb überlagert war. Dem entspricht auch die Tatsache, dass – wie vom SG im Urteil angeführt – der Kläger zu 1) bei Großprojekten ohne Beteiligung der Geschäftsführer aber im Einvernehmen mit allen Gesellschaftern berechtigt war, die Klägerin zu 2) zu vertreten. Insoweit war das Miteinander im Betrieb dadurch geprägt, dass sich alle Gesellschafter entsprechend dem ihnen gemeinschaftlich zugewiesenen Geschäftsbereich als Vertreter der Klägerin zu 2) gerieren durften und dies auch taten. Faktisch haben alle Gesellschafter für ihren Zuständigkeitsbereich als "Geschäftsführer" agiert.
Vor diesem Hintergrund kann die Abrede der Weisungsfreiheit nur so verstanden werden, dass der Kläger zu 1) nicht nur von Weisungen der Gesellschafterversammlung sondern auch der Geschäftsführer frei war. Insoweit konnten die Geschäftsführer auch nicht einseitig den Zuständigkeitsbereich des Klägers zu 1) verändern oder ohne Mitwirkung der aller Gesellschafter Entscheidungen treffen, die im Rahmen der Führung der laufenden Geschäfte einen einseitigen Eingriff in Zuständigkeiten des Klägers zu 1) bedeuteten.
Die vereinbarte Weisungsfreiheit ist auch nicht bloß dahin zu verstehen, dass damit die normalerweise bestehende Weisungsgebundenheit - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert (dazu zuletzt BSG 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 17 = juris) worden wäre. Vielmehr war eine umfassende Freistellung von sämtlichen Weisungen der Geschäftsführer vereinbart worden, sodass auch kein Weisungsrecht "dem Grunde nach" mehr bestand. Insoweit war die Weisungsbefugnis der Geschäftsführer wirksam abbedungen, sodass ihnen auch keine entsprechende Rechtsmacht mehr zustand. Diese Position der Weisungsfreiheit kann der Kläger zu 1) auch im Streitfall gegenüber der Klägerin zu 2) bzw deren Geschäftsführern durchsetzen.
Damit steht der Kläger zu 1) in seiner Tätigkeit bei der Klägerin zu 2) nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis. Denn er ist, was die gesellschaftsrechtliche Stellung betrifft, mit einer Sperrminorität ausgestattet, was die arbeitsrechtliche Stellung betrifft, weisungsfrei auch gegenüber den Geschäftsführern und unter Bedingungen angestellt, die denjenigen der Geschäftsführer vergleichbar sind, und was die haftungsrechtliche Seite betrifft, jedenfalls im Vergleich zu Fremdgeschäftsführern wegen der Übernahme persönlicher Haftungen mit erheblichen Haftungsrisiken belastet.
Da die vorliegende Stellung des Klägers zu 1) so deutlich von derjenigen eines abhängig Beschäftigten abweicht, musste der Senat im Rahmen der Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls ausnahmsweise davon ausgehen, dass der Kläger zu 1) - auch ohne dass er formell zum Geschäftsführer bestellt worden war - zumindest ab dem 01.11.2008 bei der Klägerin zu 2) nicht abhängig beschäftigt ist. Diese Entscheidung lässt sich aber nicht auf andere Fälle übertragen sondern trägt den vorliegenden besonderen Umständen einer kleinen GmbH mit in allem gleichberechtigten und gleichgestellten voll mitarbeitenden (Gründungs-)Gesellschaftern Rechnung.
Damit hat das SG zutreffend entschieden, dass die Bescheide der Beklagten vom 05.03.2009 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 25.11.2009 in der Fassung der Bescheide vom 01.11.2010 zumindest ab dem 01.11.2008 rechtswidrig, insoweit abzuändern sind und festzustellen war, dass der Kläger zu 1) wegen seiner Tätigkeit bei der Klägerin zu 2) ab dem 01.11.2008 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten-, sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.
Die Berufung der Beklagten war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht für beide Instanzen auf § 193 SGG. Denn der Kläger zu 1) gehört zu dem Personenkreis des § 183 SGG und eine nach Parteien getrennte Kostenentscheidung desselben Rechtsstreits ist nach Auffassung des Senats nicht möglich. Bei seiner Kostenentscheidung hat der Senat berücksichtigt, dass die Kläger in erster Instanz nur zu einem Teil, im Berufungsverfahren jedoch voll obsiegt hatte.
Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.
Die Beklagte hat den Klägern deren außergerichtliche Kosten im Klageverfahren zu 2/3 und im Berufungsverfahren in vollem Umfang zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens noch streitig, ob der Kläger zu 1) wegen seiner Tätigkeit für die Klägerin zu 2) ab dem 01.11.2008 als abhängig Beschäftigter in der gesetzlichen Renten- und sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung sozialversicherungspflichtig ist.
Die Klägerin zu 2) mit Sitz in H. ist im IT-Bereich tätig. Gesellschafter der Klägerin zu 2) sind der Kläger zu 1) sowie vier weitere Personen. Sie sind alle mit Anteilen von 5.000,00 EUR am Stammkapital beteiligt und haben als bisherige Arbeitskollegen die Klägerin zu 2) gegründet, als ihr bisheriger Arbeitgeber seine Niederlassung in He. aufgab. Jedem Gesellschafter ist im täglichen Geschäftsgang ein eigener Zuständigkeitsbereich zur eigenen Verantwortung übertragen. Der Gesellschaftsvertrag vom 24.07.2002 (dazu vgl Blatt 8 bis 17 der Verwaltungsakte) bestimmt, dass die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung mit einer Mehrheit von 100 % der abgegebenen Stimmen zu fassen sind. Alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer sind die Gesellschafter A. W. und J. S ... Der Kläger zu 1) als Vertriebs- und Marketingleiter ist - wie auch die beiden weiteren Gesellschafter - bei der Klägerin zu 2) angestellt (vgl Anstellungsvertrag vom 21.08.2002). Dem Kläger zu 1) standen aufgrund des Arbeitsvertrages Urlaubsansprüche (30 Arbeitstage) und Entgeltansprüche entsprechend dem betrieblichen Vergütungsmodell zu; zunächst war eine monatliche Vergütung von 500,00 EUR vereinbart. Am 30.10.2008 schlossen die Klägerin zu 2) und der Kläger zu 1) mit Wirkung ab dem 01.11.2008 einen weiteren Anstellungsvertrag zur Modifizierung der Vereinbarung vom 21.08.2002. Der Kläger sei als Vertriebs- und Marketingleiter tätig und unterliege keinen Weisungen der Gesellschaft zur Ausführung sowie Gestaltung seiner Tätigkeit. Er erhalte ein monatliches Gehalt von 5.300,00 EUR brutto. Die Gesellschaft könne den Vertrag nur aus wichtigem Grund kündigen, ein ordentliches Kündigungsrecht sei ausgeschlossen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Arbeitsverträge wird auf Blatt 31 ff der Verwaltungsakte (Vertrag ab 01.11.2008) bzw Blatt 70 ff der SG-Akte (Vertrag ab 01.08.2002) Bezug genommen.
Am 22.12.2008 beantragten beide Kläger im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens bei der Beklagten die Feststellung, dass der Kläger zu 1) seit dem 01.08.2002 nicht sozialversicherungspflichtig sei. Er sei jederzeit uneingeschränkt in der Lage, alle Gesellschafterbeschlüsse zu verhindern. Er habe ein Vetorecht, das ihn in die Lage versetze, die Geschicke des Unternehmens nach seinem Gutdünken zu beeinflussen. Gegenüber Mitarbeitern übe er Arbeitgeberfunktion aus; er besitze die Befugnis zur Einstellung und Entlassung von Personal.
Mit Schreiben vom 24.02.2009 hörte die Beklagte die Kläger zu der beabsichtigten Feststellung der abhängigen Beschäftigung des Klägers an. Die Kläger verwiesen in ihrer Stellungnahme auf das bestehende Vetorecht des Klägers zu 1).
Mit gesonderten Bescheiden vom 05.03.2009 stellte die Beklagte gegenüber den Klägern fest, die Tätigkeit des Klägers zu 1) bei der Klägerin zu 2) werde seit dem 01.08.2002 im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt. Aufgrund des Kapitaleinsatzes von 20 % am Gesamtkapital des Unternehmens und des daraus resultierenden Stimmrechts sei es dem Kläger zu 1) nicht möglich, die Geschicke der Klägerin zu 2) maßgeblich zu beeinflussen. Mangels Vetorechts bzw Sperrminorität könne er keine Entscheidungen verhindern. Die Sperrminorität eines mitarbeitenden Gesellschafters schließe ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht von vornherein aus. Angesichts feststehender Bezüge trage der Kläger zu 1) kein Unternehmerrisiko. Alleine aus der Ausübung einer weisungsfreien Tätigkeit könne nicht auf eine selbständige Tätigkeit geschlossen werden.
Die am 11.03.2009 erhobenen Widersprüche wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 25.11.2009 zurück. Der Kläger zu 1) sei aufgrund seines Anstellungsvertrages an die Weisungen der Geschäftsführer gebunden und habe als Mitgesellschafter nicht die Rechtsmacht, Weisungen zu verhindern, die ihm als Angestellten nicht genehm seien.
Am 23.12.2009 haben die Kläger beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben.
Mit Bescheiden vom 01.11.2010 hat die Beklagte festgestellt, dass der Kläger zu 1) in der Pflegeversicherung, der Rentenversicherung sowie in der Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig sei. Die Versicherungspflicht beginne am 01.08.2002. In der Krankenversicherung sei der Kläger zu 1) wegen regelmäßiger Überschreitung der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei.
Mit Urteil vom 30.01.2012 hat das SG die Bescheide der Beklagten vom 05.03.2009 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 25.11.2009 in der Fassung der Bescheide vom 01.11.2010 abgeändert und festgestellt, dass der Kläger zu 1) in der Zeit ab dem 01.11.2008 nicht mehr in einem der Versicherungspflicht zur Renten-, Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegenden abhängigen Beschäftigungsverhältnis gestanden habe. Im Übrigen hat das SG die Klagen abgewiesen. Bis zum 31.10.2008 habe der Kläger zu 1) in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis gestanden. Er habe zwar mit seinem Kapitalanteil von 20 % grds Gesellschafterbeschlüsse verhindern können, doch habe er nicht Entscheidungen der Geschäftsführer verhindern können. Für eine abhängige Beschäftigung spreche bis 31.10.2008 der Anstellungsvertrag vom 21.08.2002, dessen Regelungen nahezu vollständig denjenigen entsprächen, die im Arbeitsleben für abhängig Beschäftigte höherer Art üblich seien. Auch wenn dieser Vertrag nicht gelebt worden sei, so lasse sich kein Zeitpunkt feststellen, wann keine abhängige Beschäftigung mehr vorgelegen habe. Erst ab dem zum 01.11.2008 geltenden Vertrag seien dem Kläger zu 1) Rechte eingeräumt worden, die sich deutlich von abhängig Beschäftigten unterschieden. Die ihm zukommende Weisungsfreiheit hinsichtlich Zeit, Ort, Art Umfang, Ausführung und Gestaltung der Tätigkeit, die Nichtvergütung von Überstunden, die fehlende Entgeltfortzahlung und ein fehlender Urlaubsanspruch sprächen gegen eine abhängige Beschäftigung.
Gegen das ihr am 02.03.2012 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 28.03.2012 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Obwohl eine Änderung des Gesellschaftsvertrages nicht vorgenommen worden sei, habe das SG entschieden, dass seit dem 01.11.2008 ein sozialversicherungspflichtiges abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht mehr vorliege. Die Rechtsprechung des BSG verneine ein Beschäftigungsverhältnis eines mitarbeitenden Gesellschafters nur dann, wenn dieser kraft seines Anteils am Stammkapital maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der GmbH nehmen könne. Ein mitarbeitender Gesellschafter mit einer Kapitalbeteiligung von unter 50 %, der nicht zum Geschäftsführer berufen sei, besitze allein aufgrund seiner gesetzlichen Gesellschaftsrechte nicht die Rechtsmacht, seine Weisungsgebundenheit als Angestellter der Gesellschaft aufzuheben oder abzuschwächen. Auch habe der Anstellungsvertrag ab dem 01.11.2008 eine Freiheit gegenüber Weisungen der Geschäftsführer nicht bestimmt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 30.01.2012 aufzuheben und die Klagen in vollem Umfang abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.
Die Kläger sind der Berufung entgegengetreten und halten die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Entscheidend sei, dass der Kläger zu 1) mit 20 % am Kapital der Klägerin zu 2) beteiligt sei und Gesellschafterbeschlüsse einstimmig zu erfolgen hätten. Da er bei der Ausübung seines Stimmrechts weisungsfrei handele, käme ihm ein Vetorecht zu mit dem er nach seinem Gutdünken die Geschicke des Unternehmens beeinflussen könne. Er sei jederzeit in der Lage, unliebsame Gesellschafterbeschlüsse und damit Weisungen zu verhindern. Auch sei im Anstellungsvertrag ab dem 01.11.2008 ein ordentliches Kündigungsrecht ausgeschlossen. Die Gesellschafter arbeiteten - unabhängig von der Stellung als Geschäftsführer - auf Augenhöhe und gleichberechtigt.
Der Rechtsstreit wurde mit den Beteiligten in einem Termin erörtert. Wegen des Inhalts und Ergebnisses wird auf die Niederschrift (Blatt 66 bis 72 der Senatsakte) Bezug genommen. Dazu hat die Beklagte ausgeführt, dem Kläger zu 1) fehle die Rechtsmacht, sich im Streitfall durchzusetzen. Die Kläger haben dazu ausgeführt, der Kläger zu 1) sei Gründungsgesellschafter, der mit dem Unternehmen zusammen gewachsen sei. Er habe auch privat Gelder in die Firma eingebracht in Form von Privateinlagen, Bürgschaften sowie anderweitiger Haftungen in einem Umfang von ca 300.000,00 EUR. Auch habe er in der Anfangszeit zugunsten der Zahlung der Gehälter der Mitarbeiter lange Zeit auf die Auszahlung seines Gehaltes verzichtet. Auch sei die Branche von persönlichen Kundenbeziehungen geprägt. Daher bündele der Kläger zu 1) in seiner Person sämtliche Kundenkontakte sowie das "good will" des Unternehmens. Er sei das Gesicht des Unternehmens nach außen. Der Kläger zu 1) könne nicht hinweg gedacht werden, ohne dass eine nicht ersetzbare Lücke entstehen würde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig, jedoch unbegründet.
Gegenstand der isolierten Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG), die zulässigerweise mit einer Feststellungsklage (§ 55 SGG) kombiniert wurde, sind die Bescheide der Beklagten vom 05.03.2009 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 25.11.2009 in der Fassung der Bescheide vom 01.11.2010, mit denen die Beklagte festgestellt hatte, der Kläger zu 1) unterliege seit dem 01.08.2002 wegen seiner als abhängige Beschäftigung iSd § 7 SGB IV zu wertenden Tätigkeit bei der Klägerin zu 2) der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten-, sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung.
Das Urteil des SG ist mangels Anfechtung durch die Kläger rechtskräftig geworden, soweit es den Zeitraum bis 31.10.2008 betrifft. Streitig ist vorliegend nur der Zeitraum ab 01.11.2008.
Nach § 7a Abs 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung der nach § 7a Abs 1 Satz 3 zuständigen Deutschen Rentenversicherung Bund beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Bei einem anderen Versicherungsträger oder einer Einzugsstelle war kein Verfahren anhängig, sodass die Beklagte zuständig war.
Im Rahmen einer Statusfeststellung nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV darf sich die Beklagte nicht darauf beschränken, eine abhängige Beschäftigung oder zusätzlich eine daraus folgende Versicherungspflicht "dem Grunde nach" festzustellen. Dies käme einer unzulässigen Elementenfeststellung gleich. Die Beklagte muss vielmehr, um einen Lebenssachverhalt zum Rechtsbegriff der abhängigen Beschäftigung zuzuordnen, das konkrete Rechtsverhältnis bezeichnen, an das sozialrechtlich angeknüpft werden soll, auch Aussagen darüber treffen, in welchen Zweigen der Sozialversicherung die festgestellte Beschäftigung im jeweiligen Feststellungszeitraum zur Sozialversicherung geführt hat. Dies hat das BSG in seinen Urteilen vom 11.03.2009 (B 12 R 11/07 R, juris RdNr 14 ff.) und vom 04.06.2009 (B 12 R 6/08 R, juris, RdNr 13 ff.) ergänzend zu seiner früheren Rechtsprechung entschieden. Dieser Rechtsprechung hat die Beklagte durch die Bescheide vom 01.11.2010 Rechnung getragen, die gemäß § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden sind.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterlagen im streitgegenständlichen Zeitraum in der Renten-, Pflegeversicherung sowie der Arbeitslosenversicherung der Versicherungspflicht (§ 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI, § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 iVm Satz 1 SGB XI, § 25 Abs 1 SGB III). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV in der ab 01.01.1999 geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4 - 2400 § 7 Nr 7, BSG 04.07.2007, B 11a AL 5/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 8) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit BVerfG 20.05.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr 11 = juris). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 7).
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG 08.08.1990, 11 RAr 77/89, SozR 3-2400 § 7 Nr 4; BSG 08.12.1994, 11 RAr 49/94 SozR 3-4100 § 168 Nr 18). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSG 01.12.1977, 12/3/12 RK 39/74, BSGE 45, 199, 200 ff; BSG 04.06.1998, B 12 KR 5/97 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 13; BSG 10.08.2000, B 12 KR 21/98 R, BSGE 87, 53, 56; jeweils mwN). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl hierzu insgesamt BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 7).
Auf dieser Grundlage ist auch zu beurteilen, ob der Gesellschafter einer GmbH zu dieser gleichzeitig in einem Beschäftigungsverhältnis steht. Dies ist grundsätzlich neben seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung möglich. Das BSG hat insoweit mehrmals entschieden, dass eine Abhängigkeit gegenüber der Gesellschaft selbst im Rahmen einer Geschäftsführertätigkeit nicht bereits durch die Stellung des Geschäftsführers als Gesellschafter ausgeschlossen ist. Beim am Stammkapital der Gesellschaft beteiligten Geschäftsführern ist der Umfang der Beteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenen Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal. Bei Fremdgeschäftsführern, die nicht am Gesellschaftskapital beteiligt sind, hat das BSG dementsprechend regelmäßig eine abhängige Beschäftigung angenommen, soweit nicht besondere Umstände vorliegen, die eine Weisungsgebundenheit im Einzelfall ausnahmsweise aufheben (BSG 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 20; BSG 06.03.2003, B 11 AL 25/02 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 1). Vergleichbares gilt auch bei Geschäftsführern, die zwar zugleich Gesellschafter sind, jedoch weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine so genannte Sperrminorität verfügen (BSG 06.03.2003, B 11 AL 25/02 R SozR 4-2400 § 7 Nr 1). Auch für diesen Personenkreis ist im Regelfall von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen. Eine hiervon abweichende Beurteilung kommt wiederum nur dann in Betracht, wenn besondere Umstände des Einzelfalls den Schluss zulassen, es liege keine Weisungsgebundenheit vor. Eine Sperrminorität in diesem Sinne liegt dann vor, wenn der Gesellschafter nach dem Gesetz und den Abreden des Gesellschaftsvertrags Einzelanweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit verhindern könnte (BSG 08.08.1990, 11 RAr 77/89, SozR 3-2400 § 7 Nr 4; BSG 23.06.1994, 12 RK 72/92, NJW 1994, 2974). Dagegen liegt kein maßgeblicher gesellschaftsrechtlicher Einfluss - und damit in der Regel eine Stellung als Beschäftigter - vor, wenn der Gesellschafter so wesentliche Entscheidungen wie die Auflösung der Gesellschaft, die operative Neuausrichtung oder seine eigene Abberufung bzw Entlassung nicht verhindern kann. Bei Fehlen einer (maßgeblichen) Unternehmensbeteiligung ist eine nicht abhängige Beschäftigung nur in sehr eng begrenzten Einzelfällen anzunehmen. Ein solcher Ausnahmefall kann beispielsweise bei Familienunternehmen vorliegen, wenn die familiäre Verbundenheit der beteiligten Familienmitglieder zwischen ihnen ein Gefühl erhöhter Verantwortung schafft, die beispielsweise dadurch zum Ausdruck kommt, dass die Höhe der Bezüge von der Ertragslage des Unternehmens abhängig gemacht wird oder wenn es aufgrund der familienhaften Rücksichtnahme an der Ausübung eines Direktionsrechts völlig mangelt. Hiervon ist insbesondere bei demjenigen auszugehen, der - obwohl nicht maßgeblich am Unternehmenskapital beteiligt - aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte des Unternehmens nach eigenem Gutdünken führt (vgl. BSG 08.12.1987, 7 RAr 25/86, juris).
Das BSG hat in der Vergangenheit in seiner Rechtsprechung - überwiegend zu Leistungsansprüchen des Arbeitsförderungs- und Unfallversicherungsrechts - auch für den Fall, dass der Geschäftsführer einer Gesellschaft nicht zumindest über eine Sperrminorität verfügte, eine selbstständige Tätigkeit des Betroffenen für möglich erachtet, wenn dessen Tätigwerden innerhalb einer Gesellschaft durch eine besondere Rücksichtnahme aufgrund familiärer Bindungen geprägt war (BSG 29.10.1986, 7 RAr 43/85, USK 86145; BSG 08.12.1987, 7 RAr 25/86, USK 87170; BSG 14.12.1999, B 2 U 48/98 R, USK 9975; BSG 23.09.1982, 10 RAr 10/81, SozR 2100 § 7 Nr 7 S 6; BSG 28.01.1992, 11 RAr 133/90, USK 9201; BSG 11.02.1993, 7 RAr 48/92, USK 9347; im konkreten Fall abgelehnt: BSG 10.05.2007, B 7a AL 8/06 R, USK 2007-53; umgekehrt allerdings (Beschäftigung trotz Sperrminorität bei familiärer Bindung für möglich gehalten): BSG 06.02.1992, 7 RAr 134/90, SozR 3-4100 § 104 Nr 8 S 37). Ohne Geschäftsführerstellung hat der 12. Senat eine - nach den allgemeinen Grundsätzen eigentlich ausgeschlossene - selbstständige Tätigkeit für den Fall als gegeben erachtet, dass der in einer GmbH Tätige neben seinem Ehegatten alleiniger oder gleichberechtigter Gesellschafter der GmbH ist (BSG 17.05.2001, B 12 KR 34/00 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 17). Dabei hat das BSG jedoch nicht auf eine familiäre Verbundenheit, sondern maßgebend auf die mit der Gesellschafterstellung verbundene Rechtsmacht abgestellt (BSG, aaO, S 58, 60). Weitergehend hatte allerdings der 3. Senat des BSG bereits 1971 die Selbstständigkeit eines nicht zum (ggf weiteren) Geschäftsführer bestellten Minderheitsgesellschafters angenommen, weil dieser in der betrieblichen Praxis der mit ihm verheirateten Geschäftsführerin und Mehrheitsgesellschafterin vollständig gleichgestellt gewesen sei sowie sich faktisch als zweiter Geschäftsführer betätigt und neben der hauptamtlichen Geschäftsführerin die GmbH nach außen vertreten habe (BSG 15.12.1971, 3 RK 67/68, SozR Nr 68 zu § 165 RVO; vgl auch BSG 23.06.1994, 12 RK 72/92, USK 9448). Noch darüber hinausgehend hat der 11. Senat des BSG eine selbstständige Tätigkeit sogar im Fall des - nicht an der GmbH beteiligten und nicht zum Geschäftsführer bestellten - Sohnes eines Allein-Gesellschafter-Geschäftsführers für möglich gehalten (BSG 30.01.1990, 11 RAr 47/88, BSGE 66, 168 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1; in Abgrenzung zur familienhaften Mithilfe vgl aber BSG 16.12.1960, 3 RK 47/56, SozR Nr 22 zu § 165 RVO). Dabei ist der 11. Senat davon ausgegangen, dass für einen Fremdgeschäftsführer einer Familiengesellschaft, der mit den Gesellschaftern familiär verbunden ist, eine Ausnahme von der Beschäftigtenstellung in Betracht komme, wenn er faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führen konnte und geführt hat, ohne dass ihn der oder die Gesellschafter daran hinderten (BSG 08.12.1987, 7 RAr 25/86, USK 87170). Diese Ausnahme solle - so der 11. Senat - auch gelten, wenn der Alleingesellschafter zugleich Alleingeschäftsführer ist und die Tätigkeit der faktischen Leitung des Betriebes formal auf der Ebene unter dem Geschäftsführer ausgeübt werde. Indessen lasse eine bloß "probeweise" Leitung des Betriebs durch den als Unternehmensnachfolger uU vorgesehenen Sohn eine (abhängige) Beschäftigung nicht entfallen.
Auf Grundlage dieser Rechtsprechung ist der Kläger zu 1) seit 01.11.2008 in seiner Tätigkeit bei der Klägerin zu 2) nicht abhängig beschäftigt und damit nicht sozialversicherungspflichtig.
Bei der vom Senat anzustellenden Gesamtschau unter Abwägung aller Umstände des vorliegenden Einzelfalles muss zunächst die gesellschaftsrechtliche Stellung des Klägers zu 1) berücksichtigt werden. Insoweit verfügt er über eine Kapitalbeteiligung, die ausreicht um ihm nicht genehme Beschlüsse der Gesellschaft zu verhindern. Er ist an der mit einem Stammkapital von 25.000,00 EUR ausgestatteten Klägerin zu 2) mit einer Stammeinlage von 5.000,00 EUR (20 %) beteiligt. Die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung sind mit 100 % der abgegebenen Stimmen - mithin unter Einbeziehung aller Gesellschafter einstimmig - zu fassen. Damit ist der Kläger zu 1) - ebenso wie seine Mitgesellschafter - im Besitz einer sog Sperrminorität. Nach der Rechtsprechung kommt es maßgeblich insoweit nicht darauf an, ob der Gesellschafter die Geschicke der Gesellschaft aktiv beeinflussen kann; vielmehr genügt es, wenn er ihm nicht genehme Beschlüsse verhindern kann. Eine solche Sperrminorität schließt die Annahme einer abhängigen Beschäftigung grundsätzlich aus (BSG 18.04.1991, 7 RAr 32/90, SozR 3-4100 § 168 Nr 5 = juris).
Doch besitzt ein GmbH-Gesellschafter, der in der GmbH angestellt und nicht zum Geschäftsführer bestellt ist - wie vorliegend der Kläger zu 1), der mit 20 % am Kapital der Klägerin zu 2) beteiligt und ohne Geschäftsführer zu sein, angestellt ist -, allein aufgrund seiner Gesellschaftsrechte nicht die Rechtsmacht, seine Weisungsgebundenheit als Angestellter der Gesellschaft aufzuheben oder abzuschwächen (BSG 17.05.2001, B 12 KR 34/00 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 17 = juris Rdnr 15). Vorbehaltlich anderweitiger Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag ist die Dienstaufsicht und das Weisungsrecht über die Angestellten der GmbH nämlich Sache der laufenden Geschäftsführung und nicht der Gesellschafterversammlung (BSG 23.06.1994, 12 RK 72/92, USK 9448 S 253 = NJW 1994, 2974, 2975 = juris). Das SG ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger zu 1) jedenfalls bis zum 31.10.2008 aufgrund des Arbeitsvertrages vom 01.08.2002 rechtlich an die Weisungen der Geschäftsführer gebunden war. Diese führen die laufenden Geschäfte der GmbH, zu denen auch die Ausübung des Weisungsrechts gegenüber den Beschäftigten gehört. Einschränkungen sah der Gesellschaftsvertrag insoweit weder vor dem 01.11.2008 noch seither vor. Im Gesellschaftsvertrag hat die Gesellschafterversammlung Weisungsrechte gegenüber Beschäftigten weder allgemein noch im Einzelfall an sich gezogen oder vorbehalten. Auch soweit der Kläger zu 1) innerhalb der GmbH für den Bereich Vertrieb/Marketing allein verantwortlich ist, war er zunächst rechtlich nur als Erfüllungsgehilfe der Geschäftsführer tätig; allein diese sind kraft Gesetzes der GmbH verpflichtet. Der zum 01.11.2008 in Kraft getretene Anstellungsvertrag sieht jedoch eine Weisungsfreiheit gegenüber Weisungen der "Gesellschaft" vor. Da die Gesellschaft gegenüber ihren Mitarbeitern keine direkten Weisungen erteilt, sondern dies eine den Geschäftsführern zustehende Angelegenheit der laufenden Geschäftsführung ist, ginge die vereinbarte Weisungsfreiheit gegenüber der Gesellschaft ins Leere. Diese Regelung muss dahingehend verstanden werden, dass eine Weisungsfreiheit gegenüber den Vorgaben der Geschäftsführer gemeint war. Denn nur so macht die getroffene und nach Auffassung des Senats auch gelebte Regelung Sinn. Angesichts der tatsächlichen Umstände muss der Senat annehmen, dass sich die vertragliche Regelung zur Weisungsfreiheit nicht nur auf Weisungen der Gesellschaft beziehen sollte sondern gerade auch die Weisungsfreiheit gegenüber den Geschäftsführern bestimmt sein sollte.
Dies folgt für den Senat aus der Entstehungsgeschichte der Klägerin zu 2) sowie dem gelebten geschäftlichen Alltag. Die fünf Gesellschafter gründeten die Klägerin zu 2), nachdem sie bereits als Arbeitskollegen in derselben Branche tätig waren und ihr bisheriger Arbeitgeber in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war. Schon bei der Gründung wurde durch das Einstimmigkeitserfordernis in der Gesellschaftsversammlung dokumentiert, dass alle fünf Gesellschafter gleichberechtigt waren. Jeder war für einen anderen Teilbereich des Betriebes zuständig, der Kläger zu 1) zB für den Vertrieb und das Marketing. Die Beschränkung auf die Bestellung von lediglich zwei Geschäftsführern war dem Umstand geschuldet, dass die Klägerin zu 2) in dem von ihr angestrebten Geschäftsfeld mit eher kleinen und mittelständischen Kunden nicht als kleines Unternehmen mit zu vielen Geschäftsführern auftreten sollte. Nichtsdestotrotz war der tägliche Geschäftsablauf schon von Anfang an durch eine Kultur der gemeinsam besprochenen und getroffenen Entscheidungen geprägt; dies wurde gerade auch in der mündlichen Verhandlung deutlich, als die Geschäftsführer davon berichteten, wie auch im alltäglichen Geschäftsgang sich alle Gesellschafter abstimmen und Entscheidungen nicht alleine von den Geschäftsführern getroffen werden. Insoweit konnten die Gesellschafter, mithin alles Gründungsgesellschafter, darlegen, dass in dem von ihnen betriebenen Unternehmen mit außer ihnen nur wenigen Mitarbeitern eine Geschäftstätigkeit gegen den Willen eines Gesellschafters nicht nur auf gesellschaftsrechtlichem Gebiet sondern auch im geschäftlichen Alltag nicht möglich war, ohne das Fortbestehen der Gesellschaft durch Ausstieg eines Gesellschafters zu gefährden.
Beabsichtigt und gelebt war daher eher eine Gesellschaftsform, die von einem gleichberechtigten Miteinander der Gesellschafter geprägt war und dies bis heute ist. Dies gilt nicht nur für den alltäglichen Geschäftsgang sondern bezieht sich auch auf eine gleichberechtigte Haftung unabhängig von der Stellung als Geschäftsführer. Dies verdeutlicht auch der Umstand, dass alle Gesellschafter mit derselben Pflichteinlage am Unternehmen beteiligt sind und keiner der Gesellschafter die Stellung eines Finanzierers der Klägerin zu 2) eingenommen hat. Auch haben alle über die Stammeinlage hinaus weitere persönliche Haftungen, Bürgschaften und Einlagen in vergleichbarem, erheblichem Umfang ins Unternehmen eingebracht bzw für das Unternehmen übernommen.
Diese Gleichberechtigung der Gesellschafter im täglichen Betriebsgang zeigt sich auch nicht nur im jeweils gemeinsam besprochenen und abgestimmten täglichen Geschäftsbetrieb sondern auch zB in einer vergleichbaren Entlohnung mit der Möglichkeit, in Abhängigkeit vom Geschäftsergebnis zusätzliche Zahlungen zu erhalten – unabhängig von der jeweiligen Stellung als Geschäftsführer. Auch die nachgelagerte Auszahlung des Gehalts am Monatsende in Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Lage der Klägerin zu 2), die durch die Gesellschafter zu bestimmen ist, macht deutlich, dass der Kläger zu 1) auch hinsichtlich seines Gehalts nicht wie eine abhängig Beschäftigter anzusehen ist. Auch der Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts, der Übernahme von über die Pflichteinlage hinausgehender persönlicher Haftungen für Schulden der Gesellschaft durch zusätzliche private Einlagen und die Übernahme von Bürgschaften durch die Gesellschafter in nicht unerheblichem Umfang - der Kläger zu 1) hat die persönliche Haftung für ca 300.000,00 EUR übernommen -, die Einräumung der Möglichkeit, Urlaub ohne Genehmigung, nur nach Maßgabe der geschäftlichen Erfordernisse, nehmen zu können, zeigen, dass die Auswahl der Geschäftsführer eher zufällig und durch den gelebten Geschäftsbetrieb überlagert war. Dem entspricht auch die Tatsache, dass – wie vom SG im Urteil angeführt – der Kläger zu 1) bei Großprojekten ohne Beteiligung der Geschäftsführer aber im Einvernehmen mit allen Gesellschaftern berechtigt war, die Klägerin zu 2) zu vertreten. Insoweit war das Miteinander im Betrieb dadurch geprägt, dass sich alle Gesellschafter entsprechend dem ihnen gemeinschaftlich zugewiesenen Geschäftsbereich als Vertreter der Klägerin zu 2) gerieren durften und dies auch taten. Faktisch haben alle Gesellschafter für ihren Zuständigkeitsbereich als "Geschäftsführer" agiert.
Vor diesem Hintergrund kann die Abrede der Weisungsfreiheit nur so verstanden werden, dass der Kläger zu 1) nicht nur von Weisungen der Gesellschafterversammlung sondern auch der Geschäftsführer frei war. Insoweit konnten die Geschäftsführer auch nicht einseitig den Zuständigkeitsbereich des Klägers zu 1) verändern oder ohne Mitwirkung der aller Gesellschafter Entscheidungen treffen, die im Rahmen der Führung der laufenden Geschäfte einen einseitigen Eingriff in Zuständigkeiten des Klägers zu 1) bedeuteten.
Die vereinbarte Weisungsfreiheit ist auch nicht bloß dahin zu verstehen, dass damit die normalerweise bestehende Weisungsgebundenheit - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert (dazu zuletzt BSG 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 17 = juris) worden wäre. Vielmehr war eine umfassende Freistellung von sämtlichen Weisungen der Geschäftsführer vereinbart worden, sodass auch kein Weisungsrecht "dem Grunde nach" mehr bestand. Insoweit war die Weisungsbefugnis der Geschäftsführer wirksam abbedungen, sodass ihnen auch keine entsprechende Rechtsmacht mehr zustand. Diese Position der Weisungsfreiheit kann der Kläger zu 1) auch im Streitfall gegenüber der Klägerin zu 2) bzw deren Geschäftsführern durchsetzen.
Damit steht der Kläger zu 1) in seiner Tätigkeit bei der Klägerin zu 2) nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis. Denn er ist, was die gesellschaftsrechtliche Stellung betrifft, mit einer Sperrminorität ausgestattet, was die arbeitsrechtliche Stellung betrifft, weisungsfrei auch gegenüber den Geschäftsführern und unter Bedingungen angestellt, die denjenigen der Geschäftsführer vergleichbar sind, und was die haftungsrechtliche Seite betrifft, jedenfalls im Vergleich zu Fremdgeschäftsführern wegen der Übernahme persönlicher Haftungen mit erheblichen Haftungsrisiken belastet.
Da die vorliegende Stellung des Klägers zu 1) so deutlich von derjenigen eines abhängig Beschäftigten abweicht, musste der Senat im Rahmen der Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls ausnahmsweise davon ausgehen, dass der Kläger zu 1) - auch ohne dass er formell zum Geschäftsführer bestellt worden war - zumindest ab dem 01.11.2008 bei der Klägerin zu 2) nicht abhängig beschäftigt ist. Diese Entscheidung lässt sich aber nicht auf andere Fälle übertragen sondern trägt den vorliegenden besonderen Umständen einer kleinen GmbH mit in allem gleichberechtigten und gleichgestellten voll mitarbeitenden (Gründungs-)Gesellschaftern Rechnung.
Damit hat das SG zutreffend entschieden, dass die Bescheide der Beklagten vom 05.03.2009 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 25.11.2009 in der Fassung der Bescheide vom 01.11.2010 zumindest ab dem 01.11.2008 rechtswidrig, insoweit abzuändern sind und festzustellen war, dass der Kläger zu 1) wegen seiner Tätigkeit bei der Klägerin zu 2) ab dem 01.11.2008 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten-, sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.
Die Berufung der Beklagten war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht für beide Instanzen auf § 193 SGG. Denn der Kläger zu 1) gehört zu dem Personenkreis des § 183 SGG und eine nach Parteien getrennte Kostenentscheidung desselben Rechtsstreits ist nach Auffassung des Senats nicht möglich. Bei seiner Kostenentscheidung hat der Senat berücksichtigt, dass die Kläger in erster Instanz nur zu einem Teil, im Berufungsverfahren jedoch voll obsiegt hatte.
Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.
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