Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AL 1265/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 2417/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 09. Mai 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Förderung der Teilnahme an einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme.
Die am 19.03.1969 geborene Klägerin durchlief - erfolgreich - eine Berufsausbildung zur "Kauffrau im Einzelhandel", war jedoch ab 1999 - wegen der Pflege ihres zwischenzeitlich ver-storbenen, geistig behinderten Kindes - ausschließlich als Servicekraft geringfügig beschäftigt. Am 06.12.2010 beantragte sie bei der Beklagten die Förderung der Teilnahme an der Maßnahme "Ausbildung zur Podologin" in der Zeit vom 01.04.2011 - 31.03.2013 an der Schule für Podologie in N ... Bereits zuvor hatte die Klägerin anlässlich persönlicher Vorsprachen am 16.09., 27.10. und am 11.11.2010 ihren Wunsch, sich zur Podologin umschulen zu lassen, der Beklagten gegenüber artikuliert.
Mit Bescheid vom 22.12.2010 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin unter der Begründung, die Maßnahme sei zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt nicht notwendig, da die Klägerin wieder in ihrem erlernten Beruf tätig werden könne, ab. Ferner führte sie an, dass Stellenangebote für den erlernten Beruf häufiger vorhanden seien, als für den erstrebten Beruf, persönliche Gründe für den Umschulungswunsch der Klägerin könnten die Notwendigkeit i.S.d. gesetzlichen Regelungen nicht begründen.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.02.2011 als unbegründet zurück. Die Förderung der Teilnahme an einer Umschulungsmaßnahme gründe, so die Beklagte, in der Notwendigkeit, ungelernten Bewerbern zu einem Berufsabschluss zu verhelfen. Da die Klägerin jedoch nicht ungelernt sei, ihre erlernte Tätigkeit vielmehr nach einer Einarbeitungszeit wieder ausgeübt werden könne, sei die ablehnende Entscheidung nicht zu beanstanden. Im Übrigen habe ein Stellensuchlauf ergeben, dass im Tagespendelbereich keine offenen Stellen für Podologen vorhanden seien.
Hiergegen hat die Klägerin am 14.03.2011 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Sie hat vorgebracht, sie habe, für den Fall einer erfolgreichen Ausbildung zur Podologin, bereits eine Stellenzusage. Dies hätte von der Beklagten im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung berücksichtigt werden müssen. Die Klägerin hat ferner den Ausbildungsvertrag zwischen ihr und der Schule für Podologie vom 12.10.2010 vorgelegt. Die Beklagte ist der Klage unter Verweis auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid entgegen getreten. Ergänzend hat sie vorgetragen, die Klägerin sei aufgrund ihres Berufsabschlusses weder als Ungelernte noch als "wieder Ungelernte" einzustufen; die Klägerin könne nach einer Einarbeitungszeit und ggf. unter Förderung im Wege eines Eingliederungszuschusses wieder im Verkauf tätig sein. Hierzu sei die Klägerin jedoch offensichtlich nicht bereit. Ob die Klägerin bereits eine Einstellungszusage habe, sei unbeachtlich.
Mit Gerichtsbescheid vom 09.05.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Klägerin verfüge über eine abgeschlossene Berufsausbildung als "Kauffrau im Einzelhandel". Zwar habe die Klägerin mehr als vier Jahre lang lediglich eine Beschäftigung in an- bzw. ungelernter Tätigkeit ausgeübt, sie sei deswegen jedoch nicht daran gehindert, eine ihrem gelernten Beruf entsprechende Beschäftigung auszuüben. Die Klägerin habe diesbezüglich keine Gründe vorgetragen, weswegen ihr dies nicht mehr möglich sein solle. Die ausschließlich persönlichen Gründe, eine Umschulung anzustreben, begründeten keine Notwendigkeit i.S.d. § 77 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III).
Gegen den am 12.05.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 10.06.2011 Berufung eingelegt, zu deren Begründung sie ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und vertiefend anführt, das SG habe bei der Annahme, der Klägerin sei eine Beschäftigung im erlernten Beruf möglich, außer Betracht gelassen, dass sie seit 1999 wegen der Pflege ihrer zwischenzeitlich verstorbenen geistig behinderten Tochter lediglich als Servicekraft auf 400,- EUR Basis erwerbstätig gewesen sei. Auf Anfrage des Senats hat die Klägerin mitgeteilt, dass sie die Weiterbildungsmaßnahme zur Podologin angetreten habe und weiterhin besuche. Dies sei auch der Grund, warum sie sich nicht arbeitsuchend gemeldet habe.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 09. Mai 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 22. Dezember 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Februar 2011 zu verurteilen, der Klägerin dem Grunde nach ihre Ausbildung zur Podologin an der Schule für Podologie, N., vom 01. April 2011 - 31. März 2013 zu fördern.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrages verweist die Beklagte auf die aus ihrer Sicht zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid. Ergänzend bringt sie vor, dass selbst dann, wenn die Klägerin, wie von ihr geltend gemacht, keine Ausbildung zur Fachverkäuferin abgeschlossen habe, sie nicht als Ungelernte zu qualifizieren sei, da sie jedenfalls über einen anderen Berufsabschluss verfüge. Auch habe ein Stellenlauf ergeben, dass im Tagespendelbereich keine offenen Stellen als Podologin zu verzeichnen gewesen seien. Zudem hätte die Klägerin mit Maßnahmen anderer Art wieder in ihren Ausbildungsberuf eingegliedert werden können.
Mit Schriftsatz vom 10.07.2012 hat die Klägerin, mit solchem vom 12.07.2012 die Beklagte jeweils das Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die bei der Beklagten für die Klägerin und den streitgegenständlichen Vorgang geführte Verwaltungsakte sowie die Prozessakten beider Rechtszüge, welche Gegenstand der Entscheidungsfindung wurden, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet über die Berufung der Klägerin nach § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) im Einvernehmen mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
Die Berufung wurde form- und fristgerecht (vgl. § 151 Abs. 1 SGG) eingelegt, sie ist zulässig.
Die Berufung führt jedoch für die Klägerin nicht zum Erfolg; das SG hat die Klage gegen den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 22.12.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.02.2011 zu Recht abgewiesen.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Förderung ihre Ausbildung zur Podologin an der Schule für Podologie durch die Beklagte.
Gemäß § 81 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der seit dem 01.04.2012 geltenden Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20.12.2011 (BGBl. I 2854) können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei beruflicher Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert werden, wenn die Weiterbildung notwendig ist, um sie bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern, eine ihnen drohende Arbeitslosigkeit abzuwenden oder weil bei ihnen wegen fehlenden Berufsabschlusses die Notwendigkeit der Weiterbildung anerkannt ist (Nr.1), die Agentur für Arbeit sie vor Beginn der Teilnahme beraten (Nr.2) hat und die Maßnahme und der Träger der Maßnahme für die Förderung zugelassen sind (Nr.3). § 81 SGB III, anhand dem der geltend gemachte Anspruch zu beurteilen ist - im Rahmen der vorliegenden Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgebend (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., 2012, § 54, Rn. 34) - entspricht in seinen Inhalten im Wesentlichen dem bis zum 31.03.2011 geltenden § 77 SGB III.
§ 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III enthält drei Varianten, von denen einzig die Variante der Notwendigkeit wegen fehlenden Berufsabschlusses in Betracht kommt, da die Klägerin weder arbeitslos (vgl. § 16 SGB III) oder von Arbeitslosigkeit bedroht ist (vgl. § 17 SGB III).
Als persönliche Voraussetzung erfordert § 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III, dass eine berufliche Eingliederung des Arbeitnehmers ohne die Teilnahme an der Maßnahme nicht möglich ist. Entscheidend ist mithin, ob ohne die Bildungsmaßnahme Vermittlungschancen in angemessener und absehbarer Zeit bestehen (Hassel in Brand, SGB III, 6. Aufl., 2012, § 81 Rn. 10).
Die Klägerin hat eine Berufsausbildung zur Kauffrau im Einzelhandel durchlaufen. Kaufleute im Einzelhandel arbeiten hauptsächlich in Einzelhandelsgeschäften verschiedener Wirtschafts-bereiche: vom Modehaus über den Supermarkt bis zum Gemüseladen. Sie führen Beratungs-gespräche mit Kunden, verkaufen Waren und bearbeiten ggf. Reklamationen. Außerdem planen sie den Einkauf, bestellen Waren, nehmen Lieferungen entgegen, prüfen deren Qualität und sorgen für eine fachgerechte Lagerung. Sie zeichnen die Waren aus und helfen beim Auffüllen der Regale sowie bei der Gestaltung der Verkaufsräume. Auch bei der Planung und Umsetzung von werbe- und verkaufsfördernden Maßnahmen wirken Kaufleute im Einzelhandel mit. Sie beobachten den Markt, die Konkurrenz sowie den Warenfluss im eigenen Geschäft und beeinflussen die Sortimentsgestaltung entsprechend (Quelle: www.berufenet.arbeitsagentur.de). Insb. wegen des breiten Spektrums an Bereichen, in denen Kaufleute im Einzelhandel tätig sein können, ist der Senat nicht davon überzeugt, dass die Klägerin in dieses Tätigkeitsfeld nicht zügig vermittelt werden könnte. Durchgreifende Gründe, die einer Vermittlung der Klägerin entgegen stehen könnten, sind dem Senat nicht ersichtlich. Er sieht sich auch nicht in der Lage, dem Vortrag der Klägerin, eine Vermittlung sei deswegen unmöglich bzw. erschwert, weil sie seit 1999 als Servicekraft auf Basis geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse tätig gewesen ist, zu folgen. Dies gründet darin, dass sich der Kernbereich des Berufsbildes der Kauffrau im Einzelhandel jedenfalls nicht derart maßgeblich verändert hat, dass es der Klägerin mit ihren Vorkenntnissen nicht möglich wäre, auch in einem zeitgemäßen beruflichen Umfeld tätig sein zu können. Weitere Gründe in der Person der Klägerin, die einer Vermittlung in das Berufsfeld der Kauffrau im Einzelhandel entgegen stehen, wurden nicht vorgetragen und sind dem Senat auch anderweitig nicht ersichtlich. Der bloße Wunsch nach einer beruflichen Neuorientierung rechtfertigt die Annahme einer Notwendigkeit der beruflichen Eingliederung nicht. Dies gilt auch insofern, als die Klägerin tatsächlich, wie von ihr vorgetragen, bereits eine feste Stellenzusage für eine Tätigkeit als Podologin haben sollte.
Zur Überzeugung des Senats besteht mithin bereits keine Notwendigkeit i.S.d. § 81 Abs. 1 SGB III, die Umschulung der Klägerin zur Podologin zu fördern, um sie beruflich einzugliedern. Ggf. bestehenden Vermittlungshemmnissen kann hierbei durch flankierende Maßnahmen wie der Gewährung eines Eingliederungszuschusses begegnet werden.
Ob, wie klägerseits vorgetragen, die Beklagte eine fehlerhafte Ermessensentscheidung getroffen hat, kann hiernach offen bleiben, da in Ermangelung der tatbestandlichen Leistungsvoraussetzungen keine Ermessensentscheidung zu treffen war.
Die Klägerin hat mithin keinen Anspruch auf Förderung der von ihr durchgeführten Umschulung zur Podologin; der Bescheid der Beklagten vom 22.12.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.02.2011 ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Berufung ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Förderung der Teilnahme an einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme.
Die am 19.03.1969 geborene Klägerin durchlief - erfolgreich - eine Berufsausbildung zur "Kauffrau im Einzelhandel", war jedoch ab 1999 - wegen der Pflege ihres zwischenzeitlich ver-storbenen, geistig behinderten Kindes - ausschließlich als Servicekraft geringfügig beschäftigt. Am 06.12.2010 beantragte sie bei der Beklagten die Förderung der Teilnahme an der Maßnahme "Ausbildung zur Podologin" in der Zeit vom 01.04.2011 - 31.03.2013 an der Schule für Podologie in N ... Bereits zuvor hatte die Klägerin anlässlich persönlicher Vorsprachen am 16.09., 27.10. und am 11.11.2010 ihren Wunsch, sich zur Podologin umschulen zu lassen, der Beklagten gegenüber artikuliert.
Mit Bescheid vom 22.12.2010 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin unter der Begründung, die Maßnahme sei zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt nicht notwendig, da die Klägerin wieder in ihrem erlernten Beruf tätig werden könne, ab. Ferner führte sie an, dass Stellenangebote für den erlernten Beruf häufiger vorhanden seien, als für den erstrebten Beruf, persönliche Gründe für den Umschulungswunsch der Klägerin könnten die Notwendigkeit i.S.d. gesetzlichen Regelungen nicht begründen.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.02.2011 als unbegründet zurück. Die Förderung der Teilnahme an einer Umschulungsmaßnahme gründe, so die Beklagte, in der Notwendigkeit, ungelernten Bewerbern zu einem Berufsabschluss zu verhelfen. Da die Klägerin jedoch nicht ungelernt sei, ihre erlernte Tätigkeit vielmehr nach einer Einarbeitungszeit wieder ausgeübt werden könne, sei die ablehnende Entscheidung nicht zu beanstanden. Im Übrigen habe ein Stellensuchlauf ergeben, dass im Tagespendelbereich keine offenen Stellen für Podologen vorhanden seien.
Hiergegen hat die Klägerin am 14.03.2011 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Sie hat vorgebracht, sie habe, für den Fall einer erfolgreichen Ausbildung zur Podologin, bereits eine Stellenzusage. Dies hätte von der Beklagten im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung berücksichtigt werden müssen. Die Klägerin hat ferner den Ausbildungsvertrag zwischen ihr und der Schule für Podologie vom 12.10.2010 vorgelegt. Die Beklagte ist der Klage unter Verweis auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid entgegen getreten. Ergänzend hat sie vorgetragen, die Klägerin sei aufgrund ihres Berufsabschlusses weder als Ungelernte noch als "wieder Ungelernte" einzustufen; die Klägerin könne nach einer Einarbeitungszeit und ggf. unter Förderung im Wege eines Eingliederungszuschusses wieder im Verkauf tätig sein. Hierzu sei die Klägerin jedoch offensichtlich nicht bereit. Ob die Klägerin bereits eine Einstellungszusage habe, sei unbeachtlich.
Mit Gerichtsbescheid vom 09.05.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Klägerin verfüge über eine abgeschlossene Berufsausbildung als "Kauffrau im Einzelhandel". Zwar habe die Klägerin mehr als vier Jahre lang lediglich eine Beschäftigung in an- bzw. ungelernter Tätigkeit ausgeübt, sie sei deswegen jedoch nicht daran gehindert, eine ihrem gelernten Beruf entsprechende Beschäftigung auszuüben. Die Klägerin habe diesbezüglich keine Gründe vorgetragen, weswegen ihr dies nicht mehr möglich sein solle. Die ausschließlich persönlichen Gründe, eine Umschulung anzustreben, begründeten keine Notwendigkeit i.S.d. § 77 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III).
Gegen den am 12.05.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 10.06.2011 Berufung eingelegt, zu deren Begründung sie ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und vertiefend anführt, das SG habe bei der Annahme, der Klägerin sei eine Beschäftigung im erlernten Beruf möglich, außer Betracht gelassen, dass sie seit 1999 wegen der Pflege ihrer zwischenzeitlich verstorbenen geistig behinderten Tochter lediglich als Servicekraft auf 400,- EUR Basis erwerbstätig gewesen sei. Auf Anfrage des Senats hat die Klägerin mitgeteilt, dass sie die Weiterbildungsmaßnahme zur Podologin angetreten habe und weiterhin besuche. Dies sei auch der Grund, warum sie sich nicht arbeitsuchend gemeldet habe.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 09. Mai 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 22. Dezember 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Februar 2011 zu verurteilen, der Klägerin dem Grunde nach ihre Ausbildung zur Podologin an der Schule für Podologie, N., vom 01. April 2011 - 31. März 2013 zu fördern.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrages verweist die Beklagte auf die aus ihrer Sicht zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid. Ergänzend bringt sie vor, dass selbst dann, wenn die Klägerin, wie von ihr geltend gemacht, keine Ausbildung zur Fachverkäuferin abgeschlossen habe, sie nicht als Ungelernte zu qualifizieren sei, da sie jedenfalls über einen anderen Berufsabschluss verfüge. Auch habe ein Stellenlauf ergeben, dass im Tagespendelbereich keine offenen Stellen als Podologin zu verzeichnen gewesen seien. Zudem hätte die Klägerin mit Maßnahmen anderer Art wieder in ihren Ausbildungsberuf eingegliedert werden können.
Mit Schriftsatz vom 10.07.2012 hat die Klägerin, mit solchem vom 12.07.2012 die Beklagte jeweils das Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die bei der Beklagten für die Klägerin und den streitgegenständlichen Vorgang geführte Verwaltungsakte sowie die Prozessakten beider Rechtszüge, welche Gegenstand der Entscheidungsfindung wurden, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet über die Berufung der Klägerin nach § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) im Einvernehmen mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
Die Berufung wurde form- und fristgerecht (vgl. § 151 Abs. 1 SGG) eingelegt, sie ist zulässig.
Die Berufung führt jedoch für die Klägerin nicht zum Erfolg; das SG hat die Klage gegen den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 22.12.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.02.2011 zu Recht abgewiesen.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Förderung ihre Ausbildung zur Podologin an der Schule für Podologie durch die Beklagte.
Gemäß § 81 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der seit dem 01.04.2012 geltenden Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20.12.2011 (BGBl. I 2854) können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei beruflicher Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert werden, wenn die Weiterbildung notwendig ist, um sie bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern, eine ihnen drohende Arbeitslosigkeit abzuwenden oder weil bei ihnen wegen fehlenden Berufsabschlusses die Notwendigkeit der Weiterbildung anerkannt ist (Nr.1), die Agentur für Arbeit sie vor Beginn der Teilnahme beraten (Nr.2) hat und die Maßnahme und der Träger der Maßnahme für die Förderung zugelassen sind (Nr.3). § 81 SGB III, anhand dem der geltend gemachte Anspruch zu beurteilen ist - im Rahmen der vorliegenden Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgebend (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., 2012, § 54, Rn. 34) - entspricht in seinen Inhalten im Wesentlichen dem bis zum 31.03.2011 geltenden § 77 SGB III.
§ 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III enthält drei Varianten, von denen einzig die Variante der Notwendigkeit wegen fehlenden Berufsabschlusses in Betracht kommt, da die Klägerin weder arbeitslos (vgl. § 16 SGB III) oder von Arbeitslosigkeit bedroht ist (vgl. § 17 SGB III).
Als persönliche Voraussetzung erfordert § 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III, dass eine berufliche Eingliederung des Arbeitnehmers ohne die Teilnahme an der Maßnahme nicht möglich ist. Entscheidend ist mithin, ob ohne die Bildungsmaßnahme Vermittlungschancen in angemessener und absehbarer Zeit bestehen (Hassel in Brand, SGB III, 6. Aufl., 2012, § 81 Rn. 10).
Die Klägerin hat eine Berufsausbildung zur Kauffrau im Einzelhandel durchlaufen. Kaufleute im Einzelhandel arbeiten hauptsächlich in Einzelhandelsgeschäften verschiedener Wirtschafts-bereiche: vom Modehaus über den Supermarkt bis zum Gemüseladen. Sie führen Beratungs-gespräche mit Kunden, verkaufen Waren und bearbeiten ggf. Reklamationen. Außerdem planen sie den Einkauf, bestellen Waren, nehmen Lieferungen entgegen, prüfen deren Qualität und sorgen für eine fachgerechte Lagerung. Sie zeichnen die Waren aus und helfen beim Auffüllen der Regale sowie bei der Gestaltung der Verkaufsräume. Auch bei der Planung und Umsetzung von werbe- und verkaufsfördernden Maßnahmen wirken Kaufleute im Einzelhandel mit. Sie beobachten den Markt, die Konkurrenz sowie den Warenfluss im eigenen Geschäft und beeinflussen die Sortimentsgestaltung entsprechend (Quelle: www.berufenet.arbeitsagentur.de). Insb. wegen des breiten Spektrums an Bereichen, in denen Kaufleute im Einzelhandel tätig sein können, ist der Senat nicht davon überzeugt, dass die Klägerin in dieses Tätigkeitsfeld nicht zügig vermittelt werden könnte. Durchgreifende Gründe, die einer Vermittlung der Klägerin entgegen stehen könnten, sind dem Senat nicht ersichtlich. Er sieht sich auch nicht in der Lage, dem Vortrag der Klägerin, eine Vermittlung sei deswegen unmöglich bzw. erschwert, weil sie seit 1999 als Servicekraft auf Basis geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse tätig gewesen ist, zu folgen. Dies gründet darin, dass sich der Kernbereich des Berufsbildes der Kauffrau im Einzelhandel jedenfalls nicht derart maßgeblich verändert hat, dass es der Klägerin mit ihren Vorkenntnissen nicht möglich wäre, auch in einem zeitgemäßen beruflichen Umfeld tätig sein zu können. Weitere Gründe in der Person der Klägerin, die einer Vermittlung in das Berufsfeld der Kauffrau im Einzelhandel entgegen stehen, wurden nicht vorgetragen und sind dem Senat auch anderweitig nicht ersichtlich. Der bloße Wunsch nach einer beruflichen Neuorientierung rechtfertigt die Annahme einer Notwendigkeit der beruflichen Eingliederung nicht. Dies gilt auch insofern, als die Klägerin tatsächlich, wie von ihr vorgetragen, bereits eine feste Stellenzusage für eine Tätigkeit als Podologin haben sollte.
Zur Überzeugung des Senats besteht mithin bereits keine Notwendigkeit i.S.d. § 81 Abs. 1 SGB III, die Umschulung der Klägerin zur Podologin zu fördern, um sie beruflich einzugliedern. Ggf. bestehenden Vermittlungshemmnissen kann hierbei durch flankierende Maßnahmen wie der Gewährung eines Eingliederungszuschusses begegnet werden.
Ob, wie klägerseits vorgetragen, die Beklagte eine fehlerhafte Ermessensentscheidung getroffen hat, kann hiernach offen bleiben, da in Ermangelung der tatbestandlichen Leistungsvoraussetzungen keine Ermessensentscheidung zu treffen war.
Die Klägerin hat mithin keinen Anspruch auf Förderung der von ihr durchgeführten Umschulung zur Podologin; der Bescheid der Beklagten vom 22.12.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.02.2011 ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Berufung ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
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