Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KR 1634/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 4367/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 26. September 2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Kläger wenden sich gegen die Zuzahlung zu Fahrtkosten und begehren von ihrem Nachbarn T. B. (im Folgenden B.) zu zahlendes Schmerzensgeld.
Die am 1947 geborene Klägerin zu 2), Ehefrau des Klägers zu 1), war bis 31. Dezember 2012 bei der Landwirtschaftlichen Krankenkasse Baden-Württemberg pflichtversichert und ist es seit 1. Januar 2013 bei der Beklagten als Trägerin der Krankenversicherung der Landwirte (im Folgenden einheitlich Beklagte). Nach einem Sturz wurde sie am 12. Februar 2012 gemäß der Verordnung einer Krankenbeförderung vom 12. Februar 2012 durch das O. Klinikum W. mit dem Rettungswagen des Deutschen Roten Kreuzes von ihrer Wohnung in das Klinikum W. transportiert, wofür das Deutsche Rote Kreuz der Beklagten, unter dem 12. Februar 2012 einen Betrag in Höhe von EUR 403,17 in Rechnung stellte.
Mit Bescheid vom 9. März 2012 forderte die Beklagte von der Klägerin zu 2) eine Zuzahlung zu den am 12. Februar 2012 entstandenen Fahr-/Transportkosten in Höhe von EUR 10,00.
Hiergegen erhoben die Kläger Widerspruch. Sie seien nicht bereit, den Zuzahlbetrag von EUR 10,00 zu tragen. Hierfür und auch für die der Beklagten entstandenen Kosten habe B. aufzukommen. Er habe am 12. Februar 2012 in ihrem Hofraum grundlos geschossen. Durch den Schreck sei die Klägerin zu 2) gestolpert und mit dem Hinterkopf auf Eis gestürzt, worauf sie bewusstlos geworden und lange Zeit auf dem Eis gelegen bzw. gesessen sei, bevor sie sich wieder habe aufrichten können. Sie habe sich darauf sehr schlecht gefühlt, habe starke Kopfschmerzen, Übelkeit und Schüttelfrost gehabt und sei mit dem Krankenwagen nach W. ins Krankenhaus gefahren worden. Bis heute fühle sie sich schlecht.
Mit Schreiben vom 27. März 2012 teilte die Beklagte der Klägerin zu 2) mit, dass sie, die Beklagte, nach § 60 Abs. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) die Zuzahlung bei Fahrten, die von Rettungsdiensten durchgeführt würden, einziehe. Der Zuzahlungsbetrag für den Rettungstransport betrage vorliegend EUR 10,00. Es komme grundsätzlich nicht darauf an, ob das zum Transport führende Ereignis vom Versicherten verschuldet oder nicht verschuldet worden sei. Die Verpflichtung zur Entrichtung der Zuzahlung bestehe trotzdem. Die Klägerin zu 2) habe gegebenenfalls die Möglichkeit, die von ihr zu leistende Zuzahlung beim Schädiger selbst geltend zu machen. Sie, die Beklagte, versuche ebenfalls, die ihr entstandenen Kosten beim vermuteten Schädiger in Regress zu nehmen. Auf Anfrage der Regressabteilung des Spitzenverbandes der Beklagten teilte das Polizeirevier Schramberg mit (Schreiben vom 13. Mai 2012), es lägen keine Anhaltspunkte für ein Fremdverschulden vor. Die Klägerin zu 2) sei in ihrem vereisten Garten zu Fall gekommen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Mai 2012 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch zurück. Ergänzend führte er aus, ein Erlass der Zuzahlung könne nicht erfolgen. Nach § 76 Abs. 2 Ziff. 3 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) dürfe der Versicherungsträger Ansprüche auf Einnahmen nur dann erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Diese Voraussetzungen könnten dann als gegeben betrachtet werden, wenn davon auszugehen sei, dass der Gesetzgeber die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage im Sinne eines Erlasses geregelt hätte. Hiervon sei nicht auszugehen, da die Zuzahlung nicht davon abhängig gemacht werde, aus welchen Gründen der Rettungstransport erfolgt sei. Bei Abwägung der Interessen der Klägerin zu 2) an dem Erlass der Zuzahlung mit den Interessen der Versichertengemeinschaft an der ordnungsgemäßen Erhebung der Einnahmen seitens des Versicherungsträgers würden letztere überwiegen.
Hiergegen erhoben die Kläger am 12. Juni 2012 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG). Sie trugen vor, B. habe die Kosten zu tragen. Ergänzend forderten sie Schmerzensgeld in Höhe von EUR 10.000,00 von B, da die Klägerin zu 2) bis heute schlimmste Kopfschmerzen habe. Es liege in der Verantwortung der Beklagten, dass sie für ihre Mitglieder eintrete.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Der von der Klägerin zu 2) geltend gemachte Einwand, dass eine dritte Person die Notwendigkeit des Rettungstransports schuldhaft verursacht habe, spiele für die Erhebung der Zuzahlung keine Rolle. Es gäbe keine Rechtsgrundlage, wonach die Zuzahlung zu einer Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung bei Fremdverschulden entfalle. Der in § 116 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) normierte Übergang eines Schadensersatzanspruches auf den Versicherungsträger umfasse nicht die vom Versicherten zu leistende Zuzahlung. Gegebenenfalls habe die Klägerin zu 2) die Möglichkeit, den ihr aus dem Schadensereignis entstandenen Aufwand beim vermuteten Schädiger selbst geltend zu machen. Ein Schadensersatzanspruch durch ihren (der Beklagten) Spitzenverband, auf welchen gemäß § 143e Abs. 2 Nr. 4 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) die Geltendmachung und Durchführung von Regressansprüchen nach den §§ 115 bis 119 SGB X übertragen worden sei, habe vorliegend nicht realisiert werden können. Nach Auskunft der Polizei lägen keine Anhaltspunkte für ein Fremdverschulden vor.
Mit Gerichtsbescheid vom 26. September 2012 wies das SG die Klage ab. Die vom Kläger zu 1) erhobene Klage sei unzulässig, da er nicht Adressat der angefochtenen Bescheide sei. Die von der Klägerin zu 2) erhobene Klage sei zwar zulässig, jedoch nicht begründet. Die Erhebung des Zuzahlungsbetrags von EUR 10,00 für die Fahrt des Rettungsdienstes zum Klinikum W. sei nicht zu beanstanden. Es komme nicht darauf an, ob die Verletzung der Klägerin zu 2) durch Verschulden eines Dritten, wie hier geltend gemacht, zustande gekommen sei. Die Zuzahlung sei von der versicherten Klägerin zu 2) zu leisten. Nicht ersichtlich sei auch, dass wegen Erreichens der Belastungsgrenze gemäß § 62 SGB V die Zuzahlung nicht zu erbringen sei. Die Voraussetzungen eines Erlasses gemäß § 76 Abs. 2 Ziff. 3 SGB IV lägen nicht vor. Die Entscheidung der Beklagten sei insoweit nicht ermessensfehlerhaft. Die wesentlichen Aspekte seien in die Ermessensabwägung mit einbezogen worden. Soweit die Kläger Ansprüche gegen B. geltend machen würden, sei der Rechtsweg zum Sozialgericht nicht gegeben. Zur Entscheidung über privatrechtliche Ansprüche hätten sich die Kläger an die Zivilgerichte zu wenden.
Hiergegen haben die Kläger am 5. Oktober 2010 beim SG Berufung eingelegt. Die Beklagte habe kein Recht, ihnen Kosten aufzubürden. Der Grundgedanke des deutschen Zivilprozessrechtes (§ 91 Zivilprozessordnung - ZPO -) bestehe darin, dass nicht der Geschädigte mit Kosten belastet werde, sondern der Schadensverursacher, hier B., sämtliche Kosten zu tragen habe. Er hafte auch für Schmerzensgeld und alles Weitere. Auf Nachfrage bezifferte die Klägerin zu 2) das von ihr begehrte Schmerzensgeld erneut mit EUR 10.000,00.
Die Kläger beantragen sachgerecht gefasst,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 26. September 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 9. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Mai 2012 aufzuheben sowie die Beklagte zu verpflichten, Schmerzensgeld in Höhe von EUR 10.000,00 bei T. B. geltend zu machen und an die Klägerin zu 2) auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf den Gerichtsbescheid des SG.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten in beiden Instanzenzügen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die Klage der Kläger richtet sich allein gegen den beklagten Sozialversicherungsträger. Die Kläger wenden sich gegen den Bescheid vom 9. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Mai 2012, mit welchem die Beklagte den Zuzahlungsbetrag von EUR 10,00 für den Transport mit dem Rettungswagen am 12. Februar 2012 forderte. Sie sind der Auffassung, dass diesen Betrag nicht sie, sondern B. zu zahlen habe, weil er am 12. Februar 2012 auf die Klägerin zu 2) geschossen habe. Sie haben vorgetragen, es liege in der Verantwortung der Beklagten, dass diese für ihre Mitglieder eintrete (so ausdrücklich in der Mitteilung vom 15. August 2012 an das SG). Auch in der Berufungsschrift vom 3. Oktober 2012 haben sie erneut deutlich gemacht, dass nach dem "Grundgedanken des Zivilprozessrechts (§ 91 ZPO)" nicht der Geschädigte mit Kosten belastet werden darf, sondern der Schadensverursacher, im vorliegenden Fall B., weshalb dieser sämtliche Kosten zu tragen habe.
Auch wenn die Kläger mehrmals formuliert haben, sie begehrten von B. Schmerzensgeld, legt der Senat dies nicht dahin aus, dass sie (auch) Klage gegen B. erhoben haben. Anträge sind so auszulegen, dass das Begehren der Antragstellerin/des Antragstellers möglichst weitgehend zum Tragen kommt, Rechtsbehelfe sind ohne Bindung an den Wortlaut nach dem wirklichen Willen des den Rechtsbehelf einlegenden Beteiligten auszulegen. Insbesondere ist nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung derjenige Rechtsbehelf gegen denjenigen Verwaltungsakt als eingelegt anzusehen, der nach Lage der Sache in Betracht kommt und Erfolg versprechen kann (z.B. BSG, Urteil vom 10. November 2011 - B 8 SO 18/10 R - in juris). Zum Einen wäre eine Klage gegen B. erkennbar unzulässig, weil der Rechtsweg zu den Sozialgerichten nicht gegeben wäre. Zum Anderen fielen für eine Klage gegen B. Gerichtsgebühren (§ 197a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) an, weil weder die Kläger noch B. insoweit als Versicherte im Sinne des § 183 Satz 1 SGG am Verfahren beteiligt wären. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Kläger Gerichtsgebühren verursachen wollten, die bereits mit Einreichen der Klage angefallen wären (§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG, § 6 Abs. 1 Nr. 4 Gerichtskostengesetz - GKG -). Der Senat legt deshalb das Begehren der Kläger mit Blick auf die Zahlung von Schmerzensgeld dahin aus, dass die Beklagte für die Klägerin zu 2) Schmerzensgeld bei B. geltend machen und an sie auszahlen soll. Die Auslegung des Begehrens der Kläger in diese Richtung schließt der Senat daraus, dass die Kläger vorgetragen haben, es liege in der Verantwortung der Beklagten, dass diese für ihre Mitglieder eintrete. Dass die Beklagte für die Klägerin zu 2) das Schmerzensgeld bei B. geltend macht, entspricht auch mit Blick auf die Gerichtskosten dem Begehren der Kläger, da sie insoweit als Versicherte im Sinne des § 183 Satz 1 SGG am Verfahren beteiligt sind und damit keine Gerichtskosten erhoben werden. Die Auslegung des Begehrens der Kläger mit dieser Zielrichtung ist auch nicht deshalb verfehlt, weil hierfür ersichtlich eine Rechtsgrundlage fehlt (dazu unter 3. b bb)). Zwar ist ein Anhaltspunkt für die Auslegung das von dem Beteiligten vernünftigerweise Gewollte. Eindeutigen Erklärungen darf aber nicht durch Auslegung ein anderer Erklärungsinhalt gegeben werden (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., vor § 60 Rd. 11a). Demgemäß hat der Senat den Antrag der Kläger sachgerecht gefasst (§ 123 SGG).
2. Die nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Kläger ist zulässig. Die Berufung ist auch statthaft. Der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG von EUR 750,00 ist überschritten, weil die Kläger den Betrag des von der Beklagten geltend zu machenden und an die Klägerin zu 2) auszuzahlenden Schmerzensgelds mit EUR 10.000,00 bezifferten.
3. Die Berufung der Kläger ist nicht begründet. Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 26. September 2012 die Klage des Klägers zu 1) zu Recht wegen Unzulässigkeit (a)) und die Klage der Klägerin zu 2) wegen Unbegründetheit (b)) abgewiesen.
a) Der Senat teilt die Auffassung des SG, wonach die vom Kläger zu 1) erhobene Klage gegen den Bescheid vom 9. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Mai 2012 deshalb unzulässig ist, weil nicht er, sondern nur die Klägerin zu 2) Adressat des streitigen Bescheids ist und er durch die Forderung der Zuzahlung nicht beschwert ist. Auch hinsichtlich des Begehrens wegen des Schmerzensgelds kann nach dem Vortrag der Kläger allein der Klägerin zu 2) ein Anspruch zustehen, weil sie die angeblich Geschädigte wäre.
b) Gegenüber der Klägerin zu 2) ist der Bescheid vom 9. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Mai 2012 rechtmäßig, da die Beklagte die Zuzahlung für die Fahrkosten in Höhe von EUR 10,00 zu Recht fordert (aa)). Wegen des Schmerzensgelds fehlt eine Anspruchsgrundlage (bb)).
aa) Gemäß § 60 Abs. 1 SGB V übernimmt die Krankenkasse nach den Abs. 2 und 3 die Kosten für Fahrten einschließlich der Transporte nach § 133 SGB V (Fahrkosten), wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig sind. Nach § 60 Abs. 2 SGB V übernimmt sie die Fahrkosten in Höhe des sich nach § 61 Satz 1 SGB V ergebenden Betrags je Fahrt übersteigenden Betrags bei Rettungsfahrten zum Krankenhaus auch dann, wenn eine stationäre Behandlung nicht erforderlich ist (Nr. 2). Soweit Fahrten nach § 60 Abs. 2 Satz 1 SGB V von Rettungsdiensten durchgeführt werden, zieht die Krankenkasse die Zuzahlung in Höhe des sich nach § 61 Satz 1 SGB V ergebenden Betrags je Fahrt von dem Versicherten ein (§ 60 Abs. 2 Satz 2 SGB V). Nach § 61 SGB V betragen Zuzahlungen, die Versicherte zu leisten haben, 10 v.H. des Abgabepreises, mindestens jedoch EUR 5,00 und höchstens EUR 10,00; allerdings jeweils nicht mehr als die Kosten des Mittels. Gemäß § 62 SGB V haben Versicherte während jedes Kalenderjahres nur Zuzahlungen bis zur Belastungsgrenze zu leisten; wird die Belastungsgrenze bereits innerhalb eines Kalenderjahres erreicht, hat die Krankenkasse eine Bescheinigung darüber zu erteilen, dass für den Rest des Kalenderjahres keine Zuzahlungen mehr zu leisten sind.
Nach Maßgabe dieser Vorschriften fordert die Beklagte gemäß § 60 Abs. 2 Satz 2 SGB V von der Klägerin zu 2) zu Recht eine Zuzahlung in Höhe von EUR 10,00.
Die Klägerin zu 2) wurde am 12. Februar 2012 auf der Grundlage einer Verordnung einer Krankenbeförderung von einem Rettungswagen des Deutschen Roten Kreuzes von ihrer Wohnung in das Klinikum W. transportiert. Die Beklagte hat die hierfür entstandenen Kosten in Höhe von EUR 403,17 dem Deutschen Roten Kreuz gegenüber übernommen und zieht nunmehr die von der Klägerin zu 2) zu entrichtende Zuzahlung von der Klägerin zu 2) ein. 10 v.H. des Abgabepreises, den Versicherte gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1 SGB V grundsätzlich zu leisten haben, betragen mit Blick auf die entstandenen Fahrkosten in Höhe von insgesamt EUR 403,17 EUR 40,32. Durch § 61 Satz 1 SGB V erfolgt insoweit jedoch eine Deckelung auf maximal EUR 10,00. Dies ist der streitgegenständliche Betrag, den die Beklagte in nicht zu beanstandender Weise von der Klägerin zu 2) fordert.
Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin zu 2) insoweit auch nicht deshalb, weil nach ihrem Vortrag das zum Transport führende Ereignis nicht von ihr, sondern von B. verschuldet worden sei. Die Verpflichtung zur Entrichtung der Zuzahlung besteht unabhängig von einem Verschulden oder Nichtverschulden des Versicherten. Die Klägerin zu 2) hat, worauf die Beklagte bereits hingewiesen hat, bei einem Nichtverschulden lediglich die Möglichkeit, bei dem Schädiger Regress zu nehmen. An der gesetzlichen Verpflichtung der Beklagten, die Zuzahlung von der versicherten Klägerin zu 2) einzuziehen und der Verpflichtung der Klägerin zu 2), diese Zuzahlung zu leisten, ändert sich hierdurch jedoch nichts.
In nicht zu beanstandender Weise hat die Beklagte auch den Erlass der Zuzahlung nach § 76 Abs. 2 Ziff. 3 SGB IV verneint. Nach § 76 Abs. 2 Ziff. 3 SGB IV darf der Versicherungsträger Ansprüche auf Einnahmen erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Insoweit handelt es sich um eine Ermessensvorschrift. Die Beklagte war sich der Tatsache, dass es sich hier um eine Ermessensentscheidung handelt, bewusst und hat die Interessen der Klägerin zu 2) an dem Erlass der Zuzahlung mit den Interessen der Versichertengemeinschaft an der ordnungsgemäßen Erhebung der Einnahmen seitens des Versicherungsträgers im Widerspruchsbescheid vom 24. Mai 2012 in nicht zu beanstandender Weise gegeneinander abgewogen und auf dieser Grundlage einen Erlass abgelehnt.
Von der Einziehung der Zuzahlung ist auch nicht deshalb abzusehen, weil die Klägerin zu 2) am 9. März 2012 bereits die Belastungsgrenze innerhalb des Kalenderjahres erreicht hatte. Anhaltspunkte hierfür sind nicht ersichtlich und werden von der Klägerin zu 2) auch nicht vorgetragen.
bb) Für das Begehren wegen des Schmerzensgelds fehlt eine Anspruchsgrundlage.
Zwar können nach § 66 SGB V die Krankenkassen den Versicherten bei der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen unterstützen. Dies setzt aber voraus, dass diese aus Behandlungsfehlern entstanden sind. Dies war hier nach dem Vortrag der Kläger nicht der Fall. Ebenso wenig kommt als Anspruchsgrundlage § 116 SGB X in Betracht, weil diese Vorschrift Ansprüche eines geschädigten Versicherten auf Schmerzensgeld nicht umfasst, sondern nur vom Versicherungsträger zu erbringende Sozialleistungen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Kläger wenden sich gegen die Zuzahlung zu Fahrtkosten und begehren von ihrem Nachbarn T. B. (im Folgenden B.) zu zahlendes Schmerzensgeld.
Die am 1947 geborene Klägerin zu 2), Ehefrau des Klägers zu 1), war bis 31. Dezember 2012 bei der Landwirtschaftlichen Krankenkasse Baden-Württemberg pflichtversichert und ist es seit 1. Januar 2013 bei der Beklagten als Trägerin der Krankenversicherung der Landwirte (im Folgenden einheitlich Beklagte). Nach einem Sturz wurde sie am 12. Februar 2012 gemäß der Verordnung einer Krankenbeförderung vom 12. Februar 2012 durch das O. Klinikum W. mit dem Rettungswagen des Deutschen Roten Kreuzes von ihrer Wohnung in das Klinikum W. transportiert, wofür das Deutsche Rote Kreuz der Beklagten, unter dem 12. Februar 2012 einen Betrag in Höhe von EUR 403,17 in Rechnung stellte.
Mit Bescheid vom 9. März 2012 forderte die Beklagte von der Klägerin zu 2) eine Zuzahlung zu den am 12. Februar 2012 entstandenen Fahr-/Transportkosten in Höhe von EUR 10,00.
Hiergegen erhoben die Kläger Widerspruch. Sie seien nicht bereit, den Zuzahlbetrag von EUR 10,00 zu tragen. Hierfür und auch für die der Beklagten entstandenen Kosten habe B. aufzukommen. Er habe am 12. Februar 2012 in ihrem Hofraum grundlos geschossen. Durch den Schreck sei die Klägerin zu 2) gestolpert und mit dem Hinterkopf auf Eis gestürzt, worauf sie bewusstlos geworden und lange Zeit auf dem Eis gelegen bzw. gesessen sei, bevor sie sich wieder habe aufrichten können. Sie habe sich darauf sehr schlecht gefühlt, habe starke Kopfschmerzen, Übelkeit und Schüttelfrost gehabt und sei mit dem Krankenwagen nach W. ins Krankenhaus gefahren worden. Bis heute fühle sie sich schlecht.
Mit Schreiben vom 27. März 2012 teilte die Beklagte der Klägerin zu 2) mit, dass sie, die Beklagte, nach § 60 Abs. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) die Zuzahlung bei Fahrten, die von Rettungsdiensten durchgeführt würden, einziehe. Der Zuzahlungsbetrag für den Rettungstransport betrage vorliegend EUR 10,00. Es komme grundsätzlich nicht darauf an, ob das zum Transport führende Ereignis vom Versicherten verschuldet oder nicht verschuldet worden sei. Die Verpflichtung zur Entrichtung der Zuzahlung bestehe trotzdem. Die Klägerin zu 2) habe gegebenenfalls die Möglichkeit, die von ihr zu leistende Zuzahlung beim Schädiger selbst geltend zu machen. Sie, die Beklagte, versuche ebenfalls, die ihr entstandenen Kosten beim vermuteten Schädiger in Regress zu nehmen. Auf Anfrage der Regressabteilung des Spitzenverbandes der Beklagten teilte das Polizeirevier Schramberg mit (Schreiben vom 13. Mai 2012), es lägen keine Anhaltspunkte für ein Fremdverschulden vor. Die Klägerin zu 2) sei in ihrem vereisten Garten zu Fall gekommen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Mai 2012 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch zurück. Ergänzend führte er aus, ein Erlass der Zuzahlung könne nicht erfolgen. Nach § 76 Abs. 2 Ziff. 3 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) dürfe der Versicherungsträger Ansprüche auf Einnahmen nur dann erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Diese Voraussetzungen könnten dann als gegeben betrachtet werden, wenn davon auszugehen sei, dass der Gesetzgeber die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage im Sinne eines Erlasses geregelt hätte. Hiervon sei nicht auszugehen, da die Zuzahlung nicht davon abhängig gemacht werde, aus welchen Gründen der Rettungstransport erfolgt sei. Bei Abwägung der Interessen der Klägerin zu 2) an dem Erlass der Zuzahlung mit den Interessen der Versichertengemeinschaft an der ordnungsgemäßen Erhebung der Einnahmen seitens des Versicherungsträgers würden letztere überwiegen.
Hiergegen erhoben die Kläger am 12. Juni 2012 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG). Sie trugen vor, B. habe die Kosten zu tragen. Ergänzend forderten sie Schmerzensgeld in Höhe von EUR 10.000,00 von B, da die Klägerin zu 2) bis heute schlimmste Kopfschmerzen habe. Es liege in der Verantwortung der Beklagten, dass sie für ihre Mitglieder eintrete.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Der von der Klägerin zu 2) geltend gemachte Einwand, dass eine dritte Person die Notwendigkeit des Rettungstransports schuldhaft verursacht habe, spiele für die Erhebung der Zuzahlung keine Rolle. Es gäbe keine Rechtsgrundlage, wonach die Zuzahlung zu einer Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung bei Fremdverschulden entfalle. Der in § 116 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) normierte Übergang eines Schadensersatzanspruches auf den Versicherungsträger umfasse nicht die vom Versicherten zu leistende Zuzahlung. Gegebenenfalls habe die Klägerin zu 2) die Möglichkeit, den ihr aus dem Schadensereignis entstandenen Aufwand beim vermuteten Schädiger selbst geltend zu machen. Ein Schadensersatzanspruch durch ihren (der Beklagten) Spitzenverband, auf welchen gemäß § 143e Abs. 2 Nr. 4 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) die Geltendmachung und Durchführung von Regressansprüchen nach den §§ 115 bis 119 SGB X übertragen worden sei, habe vorliegend nicht realisiert werden können. Nach Auskunft der Polizei lägen keine Anhaltspunkte für ein Fremdverschulden vor.
Mit Gerichtsbescheid vom 26. September 2012 wies das SG die Klage ab. Die vom Kläger zu 1) erhobene Klage sei unzulässig, da er nicht Adressat der angefochtenen Bescheide sei. Die von der Klägerin zu 2) erhobene Klage sei zwar zulässig, jedoch nicht begründet. Die Erhebung des Zuzahlungsbetrags von EUR 10,00 für die Fahrt des Rettungsdienstes zum Klinikum W. sei nicht zu beanstanden. Es komme nicht darauf an, ob die Verletzung der Klägerin zu 2) durch Verschulden eines Dritten, wie hier geltend gemacht, zustande gekommen sei. Die Zuzahlung sei von der versicherten Klägerin zu 2) zu leisten. Nicht ersichtlich sei auch, dass wegen Erreichens der Belastungsgrenze gemäß § 62 SGB V die Zuzahlung nicht zu erbringen sei. Die Voraussetzungen eines Erlasses gemäß § 76 Abs. 2 Ziff. 3 SGB IV lägen nicht vor. Die Entscheidung der Beklagten sei insoweit nicht ermessensfehlerhaft. Die wesentlichen Aspekte seien in die Ermessensabwägung mit einbezogen worden. Soweit die Kläger Ansprüche gegen B. geltend machen würden, sei der Rechtsweg zum Sozialgericht nicht gegeben. Zur Entscheidung über privatrechtliche Ansprüche hätten sich die Kläger an die Zivilgerichte zu wenden.
Hiergegen haben die Kläger am 5. Oktober 2010 beim SG Berufung eingelegt. Die Beklagte habe kein Recht, ihnen Kosten aufzubürden. Der Grundgedanke des deutschen Zivilprozessrechtes (§ 91 Zivilprozessordnung - ZPO -) bestehe darin, dass nicht der Geschädigte mit Kosten belastet werde, sondern der Schadensverursacher, hier B., sämtliche Kosten zu tragen habe. Er hafte auch für Schmerzensgeld und alles Weitere. Auf Nachfrage bezifferte die Klägerin zu 2) das von ihr begehrte Schmerzensgeld erneut mit EUR 10.000,00.
Die Kläger beantragen sachgerecht gefasst,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 26. September 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 9. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Mai 2012 aufzuheben sowie die Beklagte zu verpflichten, Schmerzensgeld in Höhe von EUR 10.000,00 bei T. B. geltend zu machen und an die Klägerin zu 2) auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf den Gerichtsbescheid des SG.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten in beiden Instanzenzügen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die Klage der Kläger richtet sich allein gegen den beklagten Sozialversicherungsträger. Die Kläger wenden sich gegen den Bescheid vom 9. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Mai 2012, mit welchem die Beklagte den Zuzahlungsbetrag von EUR 10,00 für den Transport mit dem Rettungswagen am 12. Februar 2012 forderte. Sie sind der Auffassung, dass diesen Betrag nicht sie, sondern B. zu zahlen habe, weil er am 12. Februar 2012 auf die Klägerin zu 2) geschossen habe. Sie haben vorgetragen, es liege in der Verantwortung der Beklagten, dass diese für ihre Mitglieder eintrete (so ausdrücklich in der Mitteilung vom 15. August 2012 an das SG). Auch in der Berufungsschrift vom 3. Oktober 2012 haben sie erneut deutlich gemacht, dass nach dem "Grundgedanken des Zivilprozessrechts (§ 91 ZPO)" nicht der Geschädigte mit Kosten belastet werden darf, sondern der Schadensverursacher, im vorliegenden Fall B., weshalb dieser sämtliche Kosten zu tragen habe.
Auch wenn die Kläger mehrmals formuliert haben, sie begehrten von B. Schmerzensgeld, legt der Senat dies nicht dahin aus, dass sie (auch) Klage gegen B. erhoben haben. Anträge sind so auszulegen, dass das Begehren der Antragstellerin/des Antragstellers möglichst weitgehend zum Tragen kommt, Rechtsbehelfe sind ohne Bindung an den Wortlaut nach dem wirklichen Willen des den Rechtsbehelf einlegenden Beteiligten auszulegen. Insbesondere ist nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung derjenige Rechtsbehelf gegen denjenigen Verwaltungsakt als eingelegt anzusehen, der nach Lage der Sache in Betracht kommt und Erfolg versprechen kann (z.B. BSG, Urteil vom 10. November 2011 - B 8 SO 18/10 R - in juris). Zum Einen wäre eine Klage gegen B. erkennbar unzulässig, weil der Rechtsweg zu den Sozialgerichten nicht gegeben wäre. Zum Anderen fielen für eine Klage gegen B. Gerichtsgebühren (§ 197a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) an, weil weder die Kläger noch B. insoweit als Versicherte im Sinne des § 183 Satz 1 SGG am Verfahren beteiligt wären. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Kläger Gerichtsgebühren verursachen wollten, die bereits mit Einreichen der Klage angefallen wären (§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG, § 6 Abs. 1 Nr. 4 Gerichtskostengesetz - GKG -). Der Senat legt deshalb das Begehren der Kläger mit Blick auf die Zahlung von Schmerzensgeld dahin aus, dass die Beklagte für die Klägerin zu 2) Schmerzensgeld bei B. geltend machen und an sie auszahlen soll. Die Auslegung des Begehrens der Kläger in diese Richtung schließt der Senat daraus, dass die Kläger vorgetragen haben, es liege in der Verantwortung der Beklagten, dass diese für ihre Mitglieder eintrete. Dass die Beklagte für die Klägerin zu 2) das Schmerzensgeld bei B. geltend macht, entspricht auch mit Blick auf die Gerichtskosten dem Begehren der Kläger, da sie insoweit als Versicherte im Sinne des § 183 Satz 1 SGG am Verfahren beteiligt sind und damit keine Gerichtskosten erhoben werden. Die Auslegung des Begehrens der Kläger mit dieser Zielrichtung ist auch nicht deshalb verfehlt, weil hierfür ersichtlich eine Rechtsgrundlage fehlt (dazu unter 3. b bb)). Zwar ist ein Anhaltspunkt für die Auslegung das von dem Beteiligten vernünftigerweise Gewollte. Eindeutigen Erklärungen darf aber nicht durch Auslegung ein anderer Erklärungsinhalt gegeben werden (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., vor § 60 Rd. 11a). Demgemäß hat der Senat den Antrag der Kläger sachgerecht gefasst (§ 123 SGG).
2. Die nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Kläger ist zulässig. Die Berufung ist auch statthaft. Der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG von EUR 750,00 ist überschritten, weil die Kläger den Betrag des von der Beklagten geltend zu machenden und an die Klägerin zu 2) auszuzahlenden Schmerzensgelds mit EUR 10.000,00 bezifferten.
3. Die Berufung der Kläger ist nicht begründet. Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 26. September 2012 die Klage des Klägers zu 1) zu Recht wegen Unzulässigkeit (a)) und die Klage der Klägerin zu 2) wegen Unbegründetheit (b)) abgewiesen.
a) Der Senat teilt die Auffassung des SG, wonach die vom Kläger zu 1) erhobene Klage gegen den Bescheid vom 9. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Mai 2012 deshalb unzulässig ist, weil nicht er, sondern nur die Klägerin zu 2) Adressat des streitigen Bescheids ist und er durch die Forderung der Zuzahlung nicht beschwert ist. Auch hinsichtlich des Begehrens wegen des Schmerzensgelds kann nach dem Vortrag der Kläger allein der Klägerin zu 2) ein Anspruch zustehen, weil sie die angeblich Geschädigte wäre.
b) Gegenüber der Klägerin zu 2) ist der Bescheid vom 9. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Mai 2012 rechtmäßig, da die Beklagte die Zuzahlung für die Fahrkosten in Höhe von EUR 10,00 zu Recht fordert (aa)). Wegen des Schmerzensgelds fehlt eine Anspruchsgrundlage (bb)).
aa) Gemäß § 60 Abs. 1 SGB V übernimmt die Krankenkasse nach den Abs. 2 und 3 die Kosten für Fahrten einschließlich der Transporte nach § 133 SGB V (Fahrkosten), wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig sind. Nach § 60 Abs. 2 SGB V übernimmt sie die Fahrkosten in Höhe des sich nach § 61 Satz 1 SGB V ergebenden Betrags je Fahrt übersteigenden Betrags bei Rettungsfahrten zum Krankenhaus auch dann, wenn eine stationäre Behandlung nicht erforderlich ist (Nr. 2). Soweit Fahrten nach § 60 Abs. 2 Satz 1 SGB V von Rettungsdiensten durchgeführt werden, zieht die Krankenkasse die Zuzahlung in Höhe des sich nach § 61 Satz 1 SGB V ergebenden Betrags je Fahrt von dem Versicherten ein (§ 60 Abs. 2 Satz 2 SGB V). Nach § 61 SGB V betragen Zuzahlungen, die Versicherte zu leisten haben, 10 v.H. des Abgabepreises, mindestens jedoch EUR 5,00 und höchstens EUR 10,00; allerdings jeweils nicht mehr als die Kosten des Mittels. Gemäß § 62 SGB V haben Versicherte während jedes Kalenderjahres nur Zuzahlungen bis zur Belastungsgrenze zu leisten; wird die Belastungsgrenze bereits innerhalb eines Kalenderjahres erreicht, hat die Krankenkasse eine Bescheinigung darüber zu erteilen, dass für den Rest des Kalenderjahres keine Zuzahlungen mehr zu leisten sind.
Nach Maßgabe dieser Vorschriften fordert die Beklagte gemäß § 60 Abs. 2 Satz 2 SGB V von der Klägerin zu 2) zu Recht eine Zuzahlung in Höhe von EUR 10,00.
Die Klägerin zu 2) wurde am 12. Februar 2012 auf der Grundlage einer Verordnung einer Krankenbeförderung von einem Rettungswagen des Deutschen Roten Kreuzes von ihrer Wohnung in das Klinikum W. transportiert. Die Beklagte hat die hierfür entstandenen Kosten in Höhe von EUR 403,17 dem Deutschen Roten Kreuz gegenüber übernommen und zieht nunmehr die von der Klägerin zu 2) zu entrichtende Zuzahlung von der Klägerin zu 2) ein. 10 v.H. des Abgabepreises, den Versicherte gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1 SGB V grundsätzlich zu leisten haben, betragen mit Blick auf die entstandenen Fahrkosten in Höhe von insgesamt EUR 403,17 EUR 40,32. Durch § 61 Satz 1 SGB V erfolgt insoweit jedoch eine Deckelung auf maximal EUR 10,00. Dies ist der streitgegenständliche Betrag, den die Beklagte in nicht zu beanstandender Weise von der Klägerin zu 2) fordert.
Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin zu 2) insoweit auch nicht deshalb, weil nach ihrem Vortrag das zum Transport führende Ereignis nicht von ihr, sondern von B. verschuldet worden sei. Die Verpflichtung zur Entrichtung der Zuzahlung besteht unabhängig von einem Verschulden oder Nichtverschulden des Versicherten. Die Klägerin zu 2) hat, worauf die Beklagte bereits hingewiesen hat, bei einem Nichtverschulden lediglich die Möglichkeit, bei dem Schädiger Regress zu nehmen. An der gesetzlichen Verpflichtung der Beklagten, die Zuzahlung von der versicherten Klägerin zu 2) einzuziehen und der Verpflichtung der Klägerin zu 2), diese Zuzahlung zu leisten, ändert sich hierdurch jedoch nichts.
In nicht zu beanstandender Weise hat die Beklagte auch den Erlass der Zuzahlung nach § 76 Abs. 2 Ziff. 3 SGB IV verneint. Nach § 76 Abs. 2 Ziff. 3 SGB IV darf der Versicherungsträger Ansprüche auf Einnahmen erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Insoweit handelt es sich um eine Ermessensvorschrift. Die Beklagte war sich der Tatsache, dass es sich hier um eine Ermessensentscheidung handelt, bewusst und hat die Interessen der Klägerin zu 2) an dem Erlass der Zuzahlung mit den Interessen der Versichertengemeinschaft an der ordnungsgemäßen Erhebung der Einnahmen seitens des Versicherungsträgers im Widerspruchsbescheid vom 24. Mai 2012 in nicht zu beanstandender Weise gegeneinander abgewogen und auf dieser Grundlage einen Erlass abgelehnt.
Von der Einziehung der Zuzahlung ist auch nicht deshalb abzusehen, weil die Klägerin zu 2) am 9. März 2012 bereits die Belastungsgrenze innerhalb des Kalenderjahres erreicht hatte. Anhaltspunkte hierfür sind nicht ersichtlich und werden von der Klägerin zu 2) auch nicht vorgetragen.
bb) Für das Begehren wegen des Schmerzensgelds fehlt eine Anspruchsgrundlage.
Zwar können nach § 66 SGB V die Krankenkassen den Versicherten bei der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen unterstützen. Dies setzt aber voraus, dass diese aus Behandlungsfehlern entstanden sind. Dies war hier nach dem Vortrag der Kläger nicht der Fall. Ebenso wenig kommt als Anspruchsgrundlage § 116 SGB X in Betracht, weil diese Vorschrift Ansprüche eines geschädigten Versicherten auf Schmerzensgeld nicht umfasst, sondern nur vom Versicherungsträger zu erbringende Sozialleistungen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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