L 3 AS 645/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 6 AS 2525/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 645/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12. Dezember 2011 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung einer Bewilligung und die Erstattung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Der am 19.09.1958 geborene Kläger wohnte im Streitzeitraum mit seiner Lebensgefährtin und deren am 17.09.1989 geborenem Sohn in einer gemeinsamen Wohnung. Die Familie bezog als Bedarfsgemeinschaft ab dem 01.01.2005 Leistungen nach dem SGB II. Der für sie zuständige Landkreis hatte mit der Bundesagentur für Arbeit (BA) bis zum 31.12.2011 keine Arbeits-gemeinschaft bzw. Gemeinsame Einrichtung nach § 44b SGB II a.F. gegründet ("getrennte Trägerschaft"). Seit dem 01.01.2012 besteht eine Gemeinsame Einrichtung nach § 44b SGB II n.F., der jetzige Beklagte.

Der Erstantrag der Bedarfsgemeinschaft des Klägers datiert vom 28.12.2004. Der Kläger gab dort hinsichtlich der Einkommensverhältnisse der weiteren in seinem Haushalt wohnenden Per-sonen an, seine Lebensgefährtin habe (für ihren Sohn) Anspruch auf Kindergeld von EUR 154,00 im Monat. Weitere Einkünfte des Sohnes gab er nicht an, auch reichte er für den Sohn kein Zusatzblatt 2 ("Anlage Einkommen weiterer Personen") ein. Bei allen Folgeanträgen bis Ende 2007 gab der Kläger jeweils an, die Verhältnisse hätten sich nicht geändert.

Die BA bewilligte wie folgt Regelleistungen und - trotz getrennter Trägerschaft - zusätzlich zeitweise auch Leistungen für Unterkunft und Heizung. An Einkommen wurde durchgängig das Kindergeld des Sohnes der Lebensgefährtin angerechnet, zeitweise auch Arbeitslosengeld bzw. Einkommen der Lebensgefährtin selbst: Bescheiddatum Bewilligungsabschnitt gesamte Regelleistungen monatlich Anteil Kläger monatlich 20.01.2005 01/2005-06/2005 EUR 271,50 (ges. EUR 633,39) EUR 126,59 (EUR 227,22) 27.06.2005 07/2005-12/2005 EUR 271,50 EUR 126,59 10.08.2005 07/2005-08/2005 09/2005-12/2005 EUR 271,50 EUR 162,73 EUR 126,73 EUR 81,36 07.12.2005 01/2006-06/2006 EUR 206,80 (ges. EUR 568,69) EUR 101,33 (EUR 221,96) 06.03.2006 01/2006-02/2006 03/2006-06/2006 EUR 206,80 (ges. EUR 568,69) EUR 679,30 (ges. EUR 1.041,19) EUR 101,33 (EUR 221,96) EUR 285,75 (EUR 406,38) 09.06.2006 07/2006-12/2006 EUR 679,30 EUR 285,75 08.12.2006 01/2007-06/2007 EUR 680,00 EUR 311,00 27.06.2007 01/2007-12/2007 EUR 684,00 EUR 311,00 Summe EUR 8.130,60

Die BA erfuhr durch ein Schreiben des Jugendamts des kommunalen Trägers, das bei ihr am 12.11.2007 einging, von Unterhaltsansprüchen des Sohnes der Lebensgefährtin gegen seinen Vater. Daraufhin verlangte sie vom Kläger unter dem 10.12.2007 Nachweise über den Zeitraum und die Höhe der Unterhaltszahlungen. Nachdem der Kläger nicht reagiert hatte, forderte die BA entsprechende Nachweise über das Jugendamt an. Dieses übersandte unter dem 03.01.2008 einen Kontoauszug, aus dem die Einzahlungen des Kindsvaters bei ihr - dem Jugendamt - hervor¬gingen. Es handelte sich um monatlich EUR 412,00 bis Mai 2005, EUR 424,00 bis Juni 2007, EUR 419,00 im Juli und August 2007 sowie EUR 407,00 im September 2007. Auf Nachfrage teilte das Jugend¬amt ferner mit, es habe diese Zahlungen an die Lebensgefährtin des Klägers, die Mutter, weiter¬geleitet. Seit Oktober 2007 habe der Kindsvater den Unterhalt in Höhe von nunmehr EUR 270,00 im Monat direkt an diese geleistet.

Mit Bescheid vom 14.05.2008 hob die BA die Bewilligungsbescheide vom 20.01.2005, 10.08.2005, 06.03.2006, 09.06.2006, 08.12.2006 und 27.06.2007 "teilweise in Höhe von EUR 3.208,86" auf und forderte diesen Betrag, den sie als an den Kläger geleistete Regelleistung bezeichnete, von dem Kläger zurück. Die Bewilligungen seien teilweise rechtswidrig gewesen. Der Kläger habe in seinen Anträgen (datumsmäßig aufgelistet) zumindest grob fahrlässig falsche Angaben gemacht. Weitere Rücknahme- und Erstattungsbescheide ergingen unter dem gleichen Datum gegen die Lebensgefährtin (ebenfalls EUR 3.208,85) und deren Sohn (EUR 1.940,92). Alle Bescheide wurden bestandskräftig.

Am 05.03.2009 beantragte der Kläger die Überprüfung der genannten Bescheide. Er sei sich sicher, die Unterhaltszahlungen des Kindsvaters an den Sohn seiner Lebensgefährtin angegeben zu haben. Diesen Antrag lehnte die BA mit Bescheid vom 13.03.2009 ab. Der Kläger erhob Widerspruch. Er ließ ergänzend vortragen, der Rücknahme- und Erstattungsbescheid sei nicht hinreichend bestimmt. In diesem Verfahren erließ die BA den Teil-Abhilfe- und Widerspruchs-bescheid vom 11.05.2009. Darin führte sie aus, die Bewilligungsentscheidungen würden für die Zeit vom 01.01.2005 bis 28.02.2006 ganz und vom 01.03.2006 bis 31.12.2007 teilweise zurückgenommen. Sie verringerte den Erstattungsbetrag auf EUR 2.878,86. Im Übrigen wies sie den Widerspruch zurück. Zur Begründung gab sie an, durch die Unterhaltszahlungen und - dies nur im Oktober bis Dezember 2007 - einen Teil des Kindergeldes sei der Bedarf des Sohnes gedeckt gewesen. Dieser habe daher nicht mehr zur Bedarfsgemeinschaft gehört. Deshalb sei das Kindergeld bei der kindergeldberechtigten Mutter, der Lebensgefährtin des Klägers, anzurechnen gewesen. Hiervon sei ab März 2006 die Versicherungspauschale von EUR 30,00 abzuziehen, die in der Zeit zuvor bereits von dem anderen Einkommen der Lebensgefährtin abgesetzt worden sei. Von dem insoweit anrechenbaren Kindergeld sei jeweils die Hälfte auf den Bedarf des Klägers (und jenen der Lebensgefährtin) anzurechnen gewesen. Dies seien monatlich EUR 77,00 von Januar 2005 bis Februar 2006, EUR 62,00 von März 2006 bis September 2007 bzw. EUR 29,68 (Oktober bis Dezember 2007) gewesen. Von Januar 2005 bis Dezember 2007 habe sich hierdurch auch die Verteilung des sonstigen Einkommens, vor allem des Arbeitslosengeldes der Lebensgefährtin, auf diese und den Kläger verändert. Für Januar 2005 bis Februar 2006 sei daher der gesamte Regelbedarf des Klägers gedeckt gewesen, für März bis Dezember 2006 sei dieser um monatlich EUR 69,10 verringert gewesen und für Januar bis Dezember 2007 entsprechend dem bei ihm anzu¬rechnenden Teil des Kindergeldes um monatlich EUR 62,00 bis September und EUR 29,69 in den letzten drei Monaten. Es ergäben sich die genannten EUR 2.878,86. Es lägen auch die weiteren Voraussetzungen einer Rücknahme vor. Entgegen seiner Behauptung habe der Kläger die Unter¬haltszahlungen an den Sohn der Lebensgefährtin nicht mitgeteilt.

Am 10.06.2009 hat der Kläger gegen die BA Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Er hat dort behauptet, er habe die Unterhaltszahlungen sowohl bei persönlichen Gesprächen wie auch telefonisch gegenüber seiner Sachbearbeiterin, der späteren Zeugin C., mitgeteilt. Auch habe er die Zahlungen unter dem 06.08.2008 schriftlich mitgeteilt. Er habe auch mit der späteren Zeugin Sch., einer "Mitarbeiterin des Sozialamts" (wohl des Landkreises) gesprochen. Zur Untermauerung seines Vortrags hat er eine eidesstattliche Versicherung seiner Lebensgefährtin vom 08.04.2010 eingereicht.

Die BA ist der Klage entgegengetreten. Sie hat bestritten, dass die Zeugin C. entsprechende Mitteilungen erhalten habe. Die Zeugin Sch. sei nicht bei ihr, der BA, beschäftigt.

Das SG hat den rechtlichen Betreuer des Sohnes der Lebensgefährtin schriftlich vernommen. Dieser hat unter dem 15.10.2010 mitgeteilt, die Unterhaltszahlungen seien auf das Konto seiner Mutter, der Lebensgefährtin des Klägers, gegangen. Die genaue Höhe sei ihm unbekannt, er selbst gehe von etwa EUR 150,00 im Monat aus.

Ferner hat das SG die Lebensgefährtin des Klägers mündlich als Zeugin vernommen. Diese hat in der mündlichen Verhandlung am 12.12.2011 bekundet, sie habe von 2005 bis 2007 Unterhalt in Höhe von EUR 500,00 bis EUR 600,00 monatlich für ihren Sohn erhalten. Das Jugendamt habe diese Zahlungen an sie überwiesen, sie habe das Geld dann ihrem Sohn gegeben.

Mit Urteil vom 12.12.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe die Bewilli-gungen nach § 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i.V.m. §§ 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II, 330 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) zurücknehmen dürfen und fordere nach § 50 Abs. 1 SGB X zu Recht die genannte Summe von dem Kläger zurück. Das Kindergeld sei, soweit es über den Bedarf des Sohnes hinausgegangen sei, nach § 11 Abs. 1 Satz 4 SGB II Einkommen der Lebensgefährtin gewesen. Die Einkommensverteilung nach § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II habe zu einer Verringerung der Hilfebedürftigkeit des Klägers ge¬führt. Die von der BA errechneten Beträge träfen zu; die Beweisaufnahme habe ergeben, dass tatsächlich Unterhaltszahlungen von mehr als EUR 400,00 im Monat und zuletzt für drei Monate von EUR 270,00 im Monat geflossen seien. Vertrauensschutz stehe dem Kläger nicht zur Seite. Er habe bei allen Anträgen die Unterhaltszahlungen nicht angegeben. Sein entgegenstehender Vor¬trag sei eine Schutzbehauptung, die er nicht nachgewiesen habe. Die Aussage der BA, es habe keine Mitteilung gegeben, sei glaubhaft. Der Kläger habe auch grob fahrlässig gehandelt, indem er die ausdrückliche Frage nach Unterhaltszahlungen als Einkommen ausdrücklich verneint habe. Die weiteren Voraussetzungen für eine Rücknahme, insbesondere die Jahresfrist nach § 45 Abs. 4 SGB X, seien eingehalten.

Gegen dieses Urteil, das seiner damaligen Prozessbevollmächtigten am 03.01.2012 zugestellt worden war, hat der Kläger am 03.02.2012 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12. Dezember 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 13. März 2009 in Gestalt des Wider-spruchsbescheids vom 11.05.2009 zu verpflichten, den Bescheid vom 14. Mai 2008 insgesamt zurückzunehmen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auf Beklagtenseite ist nach ihrer Errichtung die Gemeinsame Einrichtung von BA und Kreis in den Rechtsstreit eingetreten. Sie hat - auf Nachfrage des Senats - mitgeteilt, sie habe bei ihrer Berechnung nur überhängendes Kindergeld, nicht aber Unterhaltseinkünfte des Sohnes der Part-nerin auf deren Bedarf und den Bedarf des Klägers angerechnet. Sie hat hierzu Horizontal-übersichten eingereicht, auf die verwiesen wird.

Der Senat hat die Mitarbeiterinnen C. der BA und Sch. des kommunalen Trägers uneidlich als Zeuginnen vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der nichtöffentlichen Sitzung vom 23.11.2012 verwiesen.

Im Nachgang dazu hat die Familienkasse bei der BA auf Anfrage des Senats mitgeteilt, dass das Kindergeld für den Sohn vollen Umfangs an die Lebensgefährtin des Klägers ausgezahlt worden sei (und nicht etwa ganz oder anteillig an den Kindsvater).

In dem Erörterungstermin am 23.11.2012 haben die Beteiligten auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers, über die der Senat nach § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 SGG ihm Einvernehmen mit beiden Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig; insbesondere war sie angesichts der Beschwer des Klägers von EUR 2.878,86 nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig.

Sie ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das SG die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) abgewiesen. Der Kläger hat aus § 44 Abs. 1 oder Abs. 2 SGB X keinen Anspruch auf Rücknahme des bestandskräftig gewordenen Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 14.05.2008, soweit nicht die BA bereits in dem Widerspruchs-bescheid vom 11.05.2009 jenen Bescheid teilweise zurückgenommen hat.

Die BA war nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X i.V.m. §§ 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II, 330 Abs. 3 SGB III berechtigt und - im Sinne einer gebundenen Entscheidung - verpflichtet, die Be-willigungen an den Kläger in der zutreffend errechneten Höhe zurückzunehmen. In der Folge kann sie den überzahlten Betrag nach § 50 Abs. 1 SGB X zurückverlangen.

Zur Begründung hierfür verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zu-treffenden Ausführungen des SG in dem angegriffenen Urteil (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist lediglich auszuführen:

Der Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 14.05.2008 war - zumindest in der Form, die er durch den Widerspruchsbescheid vom 11.05.2009 im Überprüfungsverfahren erhalten hat - aus-reichend bestimmt im Sinne von § 33 SGB X. Hinsichtlich der Erstattungsforderung reicht die Angabe der Gesamtsumme aus. Es muss nur deutlich werden, dass es sich um eine individuelle Erstattungsforderung gegen ein bestimmtes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft handelt. Dies aber hatte die BA hier beachtet. Hinsichtlich der Rücknahme- bzw. Aufhebungsentscheidung muss deutlich werden, welche Bewilligungsbescheide betroffen sein sollen. Dies hatte die BA schon im Ausgangsbescheid getan. Und es muss deutlich werden, ob und ggfs. welche Monate von einer vollständigen und welche nur von einer teilweisen Aufhebung betroffen sind; diese Unterscheidung ist z. B. für die Frage nach dem Fortbestehen des Krankenversicherungsschutzes und ggfs. der Ersetzung von Beiträgen zur Krankenversicherung nach § 335 Abs. 1 SGB III relevant. Aber diese Informationen gingen zumindest aus dem Widerspruchsbescheid vom 11.05.2009 ausreichend klar hervor. In welcher Höhe einzelne Monatsbewilligungen aufgehoben werden, ist dagegen nicht derart relevant, dass es in dem Verfügungssatz eines Aufhebungs¬bescheids genannt sein muss, eine Angabe in der Begründung, etwa einem beigefügten Berechnungsbogen, reicht aus.

Materiellrechtlich ist gegen die Anrechnung der Hälfte des überhängenden Kindergeldes auf den Bedarf des Klägers nichts einzuwenden. Der Beklagte hat im Berufungsverfahren klargestellt, dass nicht etwa Unterhaltseinkünfte des Sohnes auf den Bedarf der Mutter oder des Klägers angerechnet worden sind; denn eine solche vertikale Aufwärtsanrechnung von Eigeneinkommen eines Kindes auf den Bedarf der Eltern ist in § 9 Abs. 2, insbesondere in Satz 2, SGB II nicht vorgesehen. Aber das Kindergeld, das nicht mehr für die Bedarfsdeckung des Sohnes benötigt wurde, war nach § 11 Abs. 1 Satz 4 SGB II Einkommen der Mutter und ging daher in die horizontale Bedarfs- und Einkommensverteilung zwischen Partnern im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 3 lit. a bis c SGB II nach § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II ein. Und wie bei Partnern vorgeschrieben, hat dann - nach Abzug der Bereinigungsposten wie hier der Versicherungspauschale nach § 6 Abs. 1 AlgIIV eine Anrechnung jeweils zur Hälfte zu erfolgen, weil Partner immer gleichermaßen (fiktiv) hilfebedürftig sind (vgl. § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II). Es steht auch auf Grund der Mitteilung der Familienkasse vom 26.11.2012 fest, dass das Kindergeld im Streitzeitraum vollständig an die Lebensgefährtin des Klägers ausgezahlt worden war.

Die Berechnung der überzahlten Leistungen, wie sie der Beklagte in dem Schriftsatz vom 24.04.2012 erläutert hat, ist nicht zu beanstanden.

Es lagen die Rücknahmevoraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X vor. Dem Kläger sind falsche Angaben zu den Einkommensverhältnissen sowohl im Erst- wie in allen Folge-anträgen vorzuwerfen. Er hat dort die Unterhaltszahlungen an den Sohn seiner Lebensgefährtin verschwiegen. Auch ansonsten hat er sie weder der BA noch dem damals zuständigen Kreis als kommunalem Träger der Grundsicherung (§ 50 Abs. 1 SGB II) mitgeteilt. Zu dieser Ent-scheidung kommt der Senat auf Grund einer Entscheidung nach den Grundsätzen der materiellen Beweislast, nachdem er sich nicht in die eine oder andere Richtung davon überzeugen konnte (§ 128 Abs. 1 SGG), dass der Vortrag des Klägers, er habe den Bezug der Unterhaltsleistungen mitgeteilt, wahr oder unwahr ist. Die objektive Beweislast für die Behauptung, den Unterhalts¬bezug mitgeteilt zu haben, lag hier bei dem Kläger. Dies beruht darauf, dass der Rücknahme¬bescheid seinerseits bestandskräftig ist und der Kläger lediglich im Rahmen eines Überprüfungs¬antrags nach § 44 Abs. 1 SGB X gegen ihn vorgeht. In einem solchen Überprüfungsverfahren aber liegt die objektive Beweislast dafür, dass der angegriffene Bescheid bei seinem Erlass rechtswidrig war, bei dem Antragsteller. Es kann daher offen bleiben, ob die objektive Beweis¬last in diesem Punkt auch dann bei dem Kläger läge, wenn er fristgerecht Widerspruch und Klage gegen den Rücknahmebescheid selbst eingelegt hätte. Jedenfalls hat das Verfahren seinen Vortrag, er habe entsprechende Mitteilungen mündlich abgegeben, nicht bestätigt. Im Berufungs¬verfahren hat der Senat die bislang unterbliebene Beweisaufnahme nachgeholt und die beiden Mitarbeiterinnen der BA und des Landkreises, denen der Kläger die Unterhaltseinkünfte des Sohnes mitgeteilt haben will, als Zeuginnen vernommen. Beide Zeuginnen konnten die Angaben des Klägers schon nicht bestätigen, sodass ihre Aussagen unergiebig waren, weswegen es auf ihre Glaubwürdigkeit oder die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen nicht ankommt. Nach der Beweis¬aufnahme blieb die Möglichkeit, dass der Kläger entsprechende Angaben auf dem Jugendamt ge¬macht hatte, jedenfalls hat sich der Kläger in dem Erörterungstermin in diese Richtung einge¬lassen. Aber abgesehen davon, dass dies keine Mitteilung an die BA oder den Beklagten ge¬wesen wäre, erscheint diese Aussage auch nicht glaubhaft. Gegenüber dem Jugendamt, das als Beistand ohnehin mit der Geltendmachung der Unterhaltsansprüche befasst war, war die Mitteilung, dass der Sohn Unterhalt beziehe, sinnlos. Auch im Übrigen waren die Angaben des Klägers nicht glaubhaft. Warum er gerade diese wichtige Angabe nicht in den Antrags¬formularen gemacht haben will, sondern nur mündlich, konnte er auch auf Nachfrage nicht er¬klären.

Ganz unabhängig davon konnte die BA die Rücknahme der Bewilligungsbescheide auch auf § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X stützen. Der Kläger hätte auch erkennen können und müssen, dass die Bewilligungsbescheide falsch waren und ihm - und seiner Lebensgefährtin und dem Sohn - zu hohe Leistungen zuflossen. Der Kläger hat in dem Erörterungstermin auf Vorhalt der Akte eingeräumt, dass den Bewilligungsbescheiden, die er regelmäßig erhielt, die üblichen Berechnungsbögen beigefügt waren. Aus diesen Berechnungsbögen war ersichtlich, dass bei dem Sohn außer dem Kindergeld keine Einkünfte angerechnet wurden. Dies hätte dem Kläger, der ja nach eigenen Angaben um die Unterhaltszahlungen an den Sohn wusste, auffallen müssen. Er hätte dann bei der BA nachfragen müssen, warum diese Zahlungen nicht angerechnet wurden. Dass er dies nicht tat, ist ihm im Sinne grober Fahrlässigkeit vorzuwerfen.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht vorgetragen oder ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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