L 5 R 2595/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 3266/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 2595/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 09.05.2012 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 5.000 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beigeladene Nr. 1 in der bei der Klägerin während der Zeit vom 13.9.2008 bis 31.1.2009 (Saison 2008/2009) ausgeübten Tätigkeit als Ringer der Versicherungspflicht zu allen Zweigen der Sozialversicherung unterlag.

Der 1986 geborene Beigeladene, deutscher Staatsangehöriger mit Wohnsitz in E., ist Ringer. Unter dem 10.3.2008 schloss er mit der Klägerin, (als GmbH verfasster Sportverein) einen als Dienstleistungsauftrag bezeichneten Vertrag. Dieser enthält u.a. folgende (auszugsweise wiedergegebene) Regelungen:

§ 1 Inhalt des Dienstleistungsauftrags

I) a) Der Auftragnehmer (Beigeladener Nr. 1) stellt sich als Ringer in der Gewichtsklasse bis 84 kg der griechisch-römischen Stilart für Kämpfe innerhalb der deutschen ersten Bundesliga dem K. (Klägerin) zur Verfügung.

b) Der K. ist verpflichtet, dem Auftragnehmer rechtzeitig vor Saisonbeginn für den Zeitraum September bis Januar die Kampftermine mitzuteilen; der Auftragnehmer wird sodann aufgrund der mitgeteilten Terminsliste erklären, an welchen Kampfterminen er teilnimmt und an welchen nicht. Bezüglich der etwaigen Teilnahme des K. an der Endrunde erklärt der Auftragnehmer, ob er für die Endrundentermine zur Verfügung steht; hierdurch begründet sich jedoch für den K. keine Pflicht, dem Auftragnehmer den Kampfauftrag zu übertragen.

II) Der Auftragnehmer stellt seinen Körper dergestalt als Werbefläche zur Verfügung, als er auf seinem Kampftrikot und sonstiger Sportkleidung Logos von Sponsoren des K. aufbringen lässt. Das Kampftrikot und die Sportkleidung erwirbt der Auftragnehmer vom K. käuflich; er erteilt dem K. den Beflockungsauftrag. Die Kosten für den Erwerb und die Beflockung werden vom Auftragnehmer im Wege der Verrechnung dem K. bezahlt ...

III) Die taktische und technische Gestaltung seiner Ringkampfleistung obliegt dem Auftragnehmer in weisungsfreier Entscheidung selbst. Er ist auch nicht weisungsgebunden dahingehend, ob und wie er eine Vorbereitung zum Ringkampf durchführt. Die Anreise zum Kampf bestimmt der Auftragnehmer in jeglicher - insbesondere zeitlicher - Hinsicht selbst.

IV) Dem Auftragnehmer wird die Freiheit gewährt, für weitere Institutionen und Dritte, insbesondere Fremdverbände und Sponsoren auch außerhalb des K. tätig zu werden ...

§ 2 Honorar

I) Der Auftragnehmer erhält für die in § 1 beschriebene Leistung im Falle des Sieges mit der von ihm getragenen Werbung ein Erfolgshonorar i. H. v. 200 EUR netto zuzüglich der jeweils gesetzlich gültigen Mehrwertsteuer, derzeit 19 %, soweit diese anfällt.

II) Für den Verkauf der Werbefläche erhält der Auftragnehmer ein Honorar i. H. v. 2.000 EUR zuzüglich der jeweils gesetzlich gültigen Mehrwertsteuer ... die Werbedarstellung erfolgt a) bei Bundesligakämpfen 1.000 EUR b) im Heimatbereich bzw. Heimatland, sowie bei nationalen und internationalen Turnieren 1.000 EUR.

III) Der Auftragnehmer erhält für die gesamte Saison für seine - eigenständig zu organisierende - Anreise eine Kostenpauschale i. H. v. 1.000 EUR.

IV) Der Auftragnehmer erhält zum Ablauf der Vorrunde, der Rückrunde und zum Saisonende (soweit Endrunde erreicht wird) eine Zusatzvergütung zuzüglich der jeweils gesetzlich gültigen Mehrwertsteuer ..., die sich nach der Anzahl seiner Einzelsiege richtet.

V) Es steht im Ermessen des K., dem Auftragnehmer eine zusätzliche Bonuszahlung zuzüglich der gesetzlich gültigen Mehrwertsteuer ... zum Ablauf des Vertrages zu bezahlen.

§ 4 Befristung

Der Vertrag beginnt mit Vertragsunterschrift und endet zum Ablauf des 31.1.2009.

§ 5 Steuerliche Behandlung

Der uneingeschränkt steuerpflichtige Auftragnehmer ist beim zuständigen Finanzamt eigenständig dafür verantwortlich, durch eine Überschuss- , Einkommensrechnung seiner Steuerpflicht nachzukommen ...

§ 6 Krankenversicherung, Altersvorsorge

Der Auftragnehmer ist selbstverantwortlich für seine Krankenversicherung und Altersvorsorge. Gleichzeitig wird ihm seitens des K. empfohlen, eine Unfallversicherung, die ihn gegen eventuelle schwere Sportverletzungen absichert, abzuschließen.

Gleichartige Verträge schloss die Klägerin u.a. mit dem in B., R. lebenden C. B. (Verfahren vor dem SG Ulm S 11 R 3371/09), mit E. B., A. (S 11 R 4027/09), D. B., Sch. (S 11 R 4715/09), K. T., S./B. (S 11 R 3262/09), P. N., K. sowie T. S. (S 11 R 4081/09), A. D. (S 11 R 3260/09) V. R. (S 11 R 4075/09 und D. M. (S 11 R 3258/09).

Am 5.9.2008 beantragte die Klägerin bei der I. die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status (u.a.) des Beigeladenen Nr. 1 sowie weiterer 19 Ringer. Mit Schreiben vom 12.9.2008 leitete die I. den Antrag an die Beklagte weiter.

Der Beigeladene Nr. 1 gab unter dem 4.9.2008 an, seine Tätigkeit für die Klägerin bestehe in Ringkampfleistungen und dem Verkauf von Werbeflächen. Regelmäßige Arbeits- oder Anwesenheitszeiten müsse er nicht einhalten, Weisungen hinsichtlich der Ausführung (Art und Weise) der Tätigkeit würden nicht erteilt. Der Auftraggeber könne sein Einsatzgebiet ohne seine Zustimmung nicht verändern.

Auf Nachfrage der Beklagten teilte die Klägerin ergänzend mit, den Trainingsplan erstelle der Ringer selbst in Zusammenarbeit mit dem Trainer seines Landesverbands. Er entscheide frei, bei welchem Kampf er ringe; bezüglich der Endrunde werde von ihm lediglich eine Option erklärt. Es gebe keine Anwesenheitspflichten, weder zum Training noch zum Wettkampf. Wenn der Ringer an ihrem Training anwesend sein sollte, was nicht regelmäßig der Fall sei und wozu er auch nicht verpflichtet sei, sei er in den vom Trainer vorgegebenen Trainingsablauf eingebunden. Ein Trainingsnachweis müsse nicht erbracht werden. Die Anreise zu Auswärtskämpfen organisiere der Ringer selbst. Das Training finde in einer Halle in A. statt. Bei Trainingsteilnahme stelle sie die Trainingsgeräte und die Trainingshalle zur Verfügung. Sie erbringe keine medizinischen oder physiotherapeutischen Leistungen. Die Ringer hielten sich zwischen den Kämpfen in ihrem Heimatland auf. Die Höhe des Honorars und die Werbevergütung hingen von der Qualität und dem Bekanntheitsgrad des Ringers ab.

Mit (nach Anhörung - Anhörungsschreiben vom 19.12.2008 -) an die Klägerin und den Beigeladenen Nr. 1 gerichteten Bescheiden vom 26.1.2009 stellte die Beklagte fest, dass der Beigeladene Nr. 1 die bei der Klägerin verrichtete Tätigkeit als Ringer seit 13.9.2008 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt hat. Zur Begründung führte sie (u.a.) aus, für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spreche, dass der Beigeladene Nr. 1 bei den Bundesligakämpfen und bei nationalen und internationalen Turnieren als Ringer der Klägerin auftrete und er für den Erhalt der Siegprämie die vorgegebene Werbung tragen müsse, der Wettkampf hinsichtlich Zeit und Ort vorgegeben sei und sich der Ringer der Satzung, den Ordnungen und Bestimmungen des Deutschen Ringer Bundes (DRB) und den Entscheidungen der Organe unterwerfen müsse (§ 13 Abs. 3 Lizenzringerstatut des DRB für die Saison 2008/2009, LRSt). Dazu gehöre auch die Verpflichtung, ausschließlich an Turnieren/Wettkämpfen teilzunehmen, die vom DRB, einer seiner Landesorganisationen oder der FILA/CELA veranstaltet oder genehmigt seien; deswegen sei der Beigeladene Nr. 1 in der Verwertung seiner Arbeitskraft eingeschränkt. Nach § 4 der Sonderbestimmungen für Mannschaftskämpfe im Ringen (SMK) dürfe der Beigeladene Nr. 1 nur für den Verein starten, für den die Starterlaubnis im Startausweis erteilt sei. Bestätigt werde dies durch § 16 Abs. 2 LRSt, wonach ein Ringer, dem unter Vermerkung im Startausweis eine Lizenz erteilt worden sei, bis zum Abschluss der Endrundenkämpfe um die deutsche Mannschaftsmeisterschaft, der Aufstiegskämpfe zur ersten Bundesliga und den eventuellen Relegationskämpfen an den Verein gebunden sei. Eine Rückgabe der Lizenz sei nicht möglich. Wer einen Lizenzantrag unterschrieben habe, könne im laufenden Sportjahr keine Starterlaubnis für einen anderen Verein erhalten (§ 16 Abs. 3 LRSt). Der Beigeladene Nr. 1 könne damit in einem Sportjahr ausschließlich für die Klägerin ringen. Sollte sich diese nicht für die Endrunde qualifizieren, könne er zur Erzielung weiterer Einkünfte in der Endrunde nicht für einen anderen Verein ringen. Auch insoweit sei er in der Verwertung seiner Arbeitskraft eingeschränkt. Der Beigeladene Nr. 1 sei persönlich abhängig von der Mannschaftsleistung im Rahmen der Bundesligakämpfe und damit vom Auftritt des Vereins. Er unterwerfe sich zudem den Regularien des DRB sowie im Rahmen der Dopingbekämpfung den Regularien der nationalen Anti-Doping-Agentur, die im Rahmen der Wettkämpfe Dopingkontrollen anordnen könne. Dies müsse der Beigeladene Nr. 1 dulden. Nach der Strafordnung des DRB (SO) werde Fehlverhalten des Ringers dem Verein zugerechnet, was ebenfalls für die Eingliederung des Ringers in die vorgegebene Ordnung des Vereins spreche. Die Mannschaft werde vom Trainer der Klägerin aufgestellt und dieser betreue die Mannschaft beim gesamten Wettkampf. Die Klägerin gebe auch ein einheitliches Kampftrikot und sonstige Sportkleidung vor. Diese müsse der Beigeladene Nr. 1 nicht bezahlen, vielmehr finde eine Verrechnung mit dem Honorar statt. Dabei handele es sich nicht um eigenen Kapitaleinsatz im herkömmlichen Sinne. Der Beigeladene Nr. 1 trage kein typisches Unternehmerrisiko. Er habe nur geringe finanzielle Gewinnmöglichkeiten im Verhältnis zu den Pauschalvergütungen, bekomme Fahrtkosten erstattet und erhalte eine im Ermessen der Klägerin liegende Bonuszahlung. Aus alldem ergebe sich das Gesamtbild einer abhängigen Beschäftigung.

Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug die Klägerin vor, der Beigeladene Nr. 1 sei nicht wie ein Arbeitnehmer in ihren Betrieb eingegliedert. Dafür genüge nicht, dass Ort und Zeit eines Kampfes - naturgemäß - vom DRB vorgegeben würden. Ohne zeitliche Vorgaben durch den Dachverband sei ein geordneter Wettbewerb nicht möglich. Der Beigeladene Nr. 1 müsse nicht am Trainingsbetrieb und ihren Vorbereitungsmaßnahmen teilnehmen. Das habe er auch so praktiziert. Er trainiere in seinem Heimatland und könne auch frei entscheiden, an welchen Kämpfen er teilnehmen wolle. Daneben dürfe er für andere Vereine oder seine Nationalmannschaft ringen. Die Trainingsarbeit stelle einen erheblichen Teil seiner Tätigkeit dar. Diese leiste er selbstständig und ohne jegliche Vorgaben. Bei Ausfall eines Kampfes stehe dem Beigeladenen Nr. 1 keine Ausfallvergütung zu. Sein Vergütungsanspruch entstehe erst, wenn er seine Leistung erbracht habe. Voraussetzung für die Leistung beim Kampf sei der Sieg des Beigeladenen Nr. 1. Sie habe den Beigeladenen Nr. 1 vorübergehend und nicht auf Dauer beauftragt. Eine kontinuierliche Zusammenarbeit sei nicht beabsichtigt gewesen. Der Beigeladene Nr. 1 müsse das Ringertrikot und die Sportkleidung erwerben und setze insoweit eigenes Kapital ein. Er trage auch ein Unternehmerrisiko, da er seine Prämie nur für gewonnene Kämpfe erhalte. Ergänzend werde auf das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 16.3.2005 (- L 4 KR 156/01 -: gastspielverpflichtete Opernsängerin) verwiesen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25.8.2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie ergänzend aus, unerheblich sei, dass der Beigeladene Nr. 1 auch für andere Vereine oder seine Nationalmannschaft ringen und auch darüber entscheiden dürfe, an welchen Wettkämpfen er für die Klägerin teilnehme. Die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung beziehe sich auf die Tätigkeit des Beigeladenen Nr. 1, die er ausübe, nachdem er sich für die Wettkampfteilnahme entschieden habe. Dass es sich dabei um eine kurzfristige Beschäftigung handele, sei ebenfalls unerheblich. Werbetätigkeiten des Beigeladenen Nr. 1 bedürften der Zustimmung der Klägerin, um Konflikte mit Sponsoren zu vermeiden. Auch darin trete die Weisungsgebundenheit der Ringer hervor. Während der Wettkämpfe müsse der Beigeladene Nr. 1 für die Sponsoren der Klägerin werben, etwa durch das Tragen bedruckter bzw. beflockter Trikots und Trainingsanzüge; diese stelle die Klägerin zur Verfügung. Der Beigeladene Nr. 1 müsse Trikot und Trainingsanzüge auch nur dann erwerben, wenn er an Wettkämpfen teilnehme; andernfalls müsse er kein eigenes Kapital investieren. Ein ins Gewicht fallendes Unternehmerrisiko trage der Beigeladene Nr. 1 nicht. Für Wettkämpfe bekomme er ein festes Honorar und im Fall des Sieges eine Bonuszahlung. Erfolgsabhängige Vergütungen dieser Art seien auch bei Beschäftigten nicht unüblich. Während der Wettkampftage müsse der Beigeladene Nr. 1 Weisungen des Trainers befolgen (vergleiche § 7c LRSt). Zwar bestehe für das Training keine Weisungsgebundenheit, allerdings müsse sich der Beigeladene Nr. 1 intensiv, d.h. mit der Sorgfalt eines ordentlichen Ringkampfsportlers vorbereiten. Die steuerrechtliche Behandlung der Einkünfte des Beigeladenen Nr. 1 sei für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung unerheblich; das gelte auch für die Anmeldung eines Gewerbes. Schließlich gehe auch der DRB davon aus, dass die Ringer regelmäßig Arbeitnehmer der Vereine seien (vergleiche § 14 Nr. 2 Ziff. 3 und 4 LRSt und § 15 Nr. 4 und 5 und Buchst. b LRSt).

Am 10.9.2009 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Ulm (Verfahren S 11 R 3266/09). Dieses Verfahren wird als Musterverfahren geführt. Weitere Klageverfahren im Hinblick auf die Tätigkeit anderer Ringer (S 11 R 3258/09, S 11 R 3260/09, S 11 R 3264/09, S 11 R 3262/09, S 11 R 4075/09, S 11 R 4715/09, S 11 R 4081/09, S 11 R 4027/09, S 11 R 3371/09, S 11 R 3260/09) wurden zum Ruhen gebracht.

Zur Begründung ihrer Klage wiederholte und bekräftigte die Klägerin ihr bisheriges Vorbringen. Der Beigeladene Nr. 1 sei nicht wie ein Arbeitnehmer in ihren Betrieb eingegliedert. Er müsse am Trainingsbetrieb und an Wettkampfvorbereitungen nicht teilnehmen, trainiere vielmehr eigenständig in seinem Heimatland. Der Beigeladene Nr. 1 werde für sie nur temporär, nämlich für die von ihm frei gewählten Kämpfe, tätig und sei nicht auf Dauer beschäftigt. Er dürfe auch für andere Vereine oder für seine Nationalmannschaft antreten. Mit Profifußballern, die unstreitig Arbeitnehmer seien, könne man ihn nicht vergleichen, da das Ringen keine Mannschaftssportart sei. Der Beigeladene Nr. 1 sei in der Wettkampfsaison 2008/2009 in 9 Kämpfen eingesetzt worden (3.10.2008, 4.10.2008, 11.10.2008, 18.10.2008, 25.10.2008, 1.11.2008, 29.11.2008, 20.12.2008 und 3.1.2009). Die vertragsgemäße Vergütung sei ihm branchenüblich jeweils bar (ohne Rechnungstellung) gezahlt worden. Mehrwertsteuer falle nicht an, da der Beigeladene Nr. 1 Kleinunternehmer sei.

Mit (Ergänzungs-)Bescheid vom 15.12.2010 stellte die Beklagte fest, dass der Beigeladene Nr. 1 in der seit 13.9.2008 bei der Klägerin ausgeübten Beschäftigung als Ringer der Versicherungspflicht zu allen Zweigen der Sozialversicherung unterliegt.

Am 12.4.2011 fand eine nicht-öffentliche Erörterungsverhandlung vor dem Sozialgericht statt. Die Beklagte trug vor, der Dienstleistungsvertrag zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen Nr. 1 entspreche nicht den tatsächlichen Gegebenheiten bei den Ringervereinen in der Bundesliga. In Wahrheit seien die Ringer sowohl in den Trainingsablauf wie in das Wettkampfgeschehen eingegliedert. Der Trainer müsse wissen, wann, wo und mit welchem Gewicht der Ringer antrete. Die vertraglichen Festlegungen könnten nicht der Realität entsprechen.

Die Beklagte teilte ergänzend mit, seit dem Jahr 2010 sei eine Betriebsprüfung bei der Klägerin anhängig; das Anfrageverfahren (§ 7a Abs. 1 SGB IV) sei jedoch bereits am 5.9.2008 anhängig geworden und deswegen vorrangig.

Am 9.5.2012 fand die mündliche Verhandlung vor dem Sozialgericht statt. Der Beigeladene Nr. 1 gab an, derzeit absolviere er eine Ausbildung zur Fachkraft für Lagerlogistik (September 2009 bis voraussichtlich 30.6.2012). Von Januar bis August 2009 habe er eine Schule besucht. Zuvor sei er eine Zeit lang arbeitslos gewesen. Arbeitslosengeld habe er nicht bezogen sondern vorwiegend die Tätigkeit als Ringer ausgeübt. Seine Beschäftigungsverhältnisse hätten häufig gewechselt. Während der Laufzeit des Vertrags mit der Klägerin habe er nicht für andere Vereine gerungen. Er sei bei der A. krankenversichert gewesen. In der Saison fänden die Kämpfe nur an den Wochenenden statt. Da die Klägerin über 2-3 Ringer in seiner Gewichtsklasse verfüge, habe er nicht an jedem Wochenende gekämpft; insgesamt habe er in der Saison 8-10 Kämpfe bestritten. Er habe in A. (etwa dreimal wöchentlich) trainiert und über den DRB Lehrgänge besucht. Zum Training sei er nicht einbestellt worden; es habe auch weder einen Trainer noch Trainingsvorgaben gegeben. Er habe alles selbst gemacht. Er habe an allen angesetzten Wettkampftagen zur Verfügung gestanden. Allerdings hätte er, etwa wegen Krankheit oder anderweitiger Verpflichtungen, auch einen Wettkampftermin absagen dürfen. Pro Kampf habe er zwischen 300 EUR und 500 EUR erhalten. Wenn er nicht gekämpft hätte, hätte er auch nichts bekommen. Der Trainer habe schon wissen wollen, ob er an Kämpfen teilnehme.

Mit Urteil vom 9.5.2012 hob das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 26.1.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.8.2009 und des Bescheids vom 15.12.2010 auf und stellte fest, dass der Beigeladene Nr. 1 nicht in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin stand.

Zur Begründung führte das Sozialgericht aus, im Streit sei nur die Zeit vom 13.9.2008 bis 31.1.2009; nur während dieser Zeit habe der Beigeladene Nr. 1 für die Klägerin an Ringkämpfen teilgenommen. Bei Sportlern spreche wesentlich für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis, wenn der Sportverein ebenso wie sein Vertragspartner (Sportler) wirtschaftliche Interessen verfolgten, der wirtschaftliche Erfolg der sportlichen Leistungen also sowohl unmittelbar dem Verein wie seinen Sportlern zugutekomme. Fehle dieser wirtschaftliche Hintergrund, könne die Beziehung zwischen Verein und Sportler hinsichtlich der Anordnungsbefugnis des Vereins und der Weisungsgebundenheit des Sportlers arbeitnehmerähnlich ausgestaltet sein, ohne dass der Verein als Arbeitgeber und das Verhältnis zum Sportler als Beschäftigungsverhältnis einzustufen wäre. Bindungen dieser Art bezögen sich nur auf sportliche, nicht dem Arbeitsleben zurechenbare Tätigkeiten und sollten ggf. sportliche Erfolge ermöglichen, die unmittelbar nur dem einzelnen Spieler und der Mannschaft zugutekämen (BSG, Urt. v. 18.3.2003, - B 2 U 25/02 R -; auch BSG, Urt. v. 30.6.2009, - B 2 U 22/08 R -). Danach seien selbst materielle Anreize zur Förderung der sportlichen Leistungsbereitschaft und zur Erreichung sportlicher Erfolge im Amateursport nicht unüblich und wiesen deswegen nicht zwingend auf eine arbeitsvertragliche Beziehung hin. Davon ausgehend sei der Beigeladene Nr. 1 bei der Klägerin nicht versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Ein Arbeitsverhältnis habe nicht bestanden. Ausschlaggebend sei, dass der Beigeladene Nr. 1 das Einkommensrisiko im Wesentlichen selbst getragen habe. Regelmäßiges Arbeitsentgelt habe er nicht bezogen, vielmehr lediglich ein Erfolgshonorar für gewonnene Ringkämpfe (am Wochenende) erhalten. Diese Prämie stelle kein Arbeitsentgelt dar. Im Hinblick auf §§ 14 Abs. 1, 7 Abs. 1a SGB IV gehörten dazu in erster Linie laufende Einkünfte, auf die ein Rechtsanspruch bereits durch die Ableistung der Arbeit und nicht erst durch einen Arbeitserfolg begründet werde. Im Verhinderungsfall hätte der Beigeladene Nr. 1, mit Ausnahme des einmaligen Honorars für Werbeflächen auf seinem Trikot, nichts bekommen. Auch die Zahlung einer Prämie zum Saisonende habe im Ermessen der Klägerin gestanden. Der Beigeladene Nr. 1 habe frei darüber entscheiden dürfen, ob er an Ringkämpfen teilnehme oder nicht. Nachweise für Trainingszeiten habe er nicht erbringen müssen. Als freiberuflicher Sportler habe er auch für andere Vereine kämpfen dürfen (vgl. auch SG Dortmund, Urt. v. 24.9.2010, - S 34 R 40/09 -). In den Betrieb der Klägerin sei der Beigeladene Nr. 1 nicht eingegliedert gewesen, vielmehr habe seine Selbstbestimmtheit in der sportlichen Betätigung im Vordergrund gestanden (SG Dortmund, a. a. O.). Weisungsbefugnisse seien der Klägerin nicht eingeräumt worden; diese habe Weisungen auch tatsächlich nicht erteilt. Das gelte nicht nur für den Wettkampf selbst, sondern auch für dessen Vorbereitung. Die Anreise zum Wettkampf habe der Beigeladene Nr. 1 ebenfalls selbst organisiert. Regelmäßige Arbeits- oder Anwesenheitszeiten habe es damit nicht gegeben. Die Maßgeblichkeit der Regularien des DRB oder der nationalen Anti-Doping-Agentur seien für die Statusbeurteilung ebenso wenig von Belang wie die Verpflichtung des Sportlers, beim Wettkampf bestimmte Trikots zu tragen und den Anweisungen des Trainers Folge zu leisten. Die Regularien der Sportverbände seien für die Ausübung von Leistungs- und Breitensport und die Abhaltung von Wettkämpfen unerlässlich. Ohne zeitliche Vorgabe der Wettkampftermine durch die jeweiligen Dachverbände könne ein geordneter sportlicher Wettbewerb nicht stattfinden.

Auf das ihr am 25.5.2012 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 19.6.2012 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, bei der Würdigung des Gesamtbildes der vom Beigeladenen Nr. 1 für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit müssten die Regularien des DRB und die Bestimmungen der nationalen Anti-Doping-Agentur berücksichtigt werden. Von Bedeutung sei auch, dass der Trainer für die Mannschaftsaufstellung zuständig sei. Der Beigeladene Nr. 1 habe keine eigene Betriebsstätte unterhalten, sondern die Betriebs- bzw. Trainingsstätte der Klägerin genutzt. Dort habe er dreimal wöchentlich trainiert, wobei die Annahme, er sei gegenüber dem Trainer nicht weisungsgebunden gewesen, lebensfremd sei. Über die bestmögliche Mannschaftsaufstellung habe der Trainer unter Berücksichtigung des Trainings- und Fitnesszustandes der Ringer zu entscheiden. Dazu müsse er den Trainingszustand kennen und ggf. durch gezielte Trainingsanweisungen beeinflussen. Der Beigeladene Nr. 1 sei weisungsabhängig in den Sportverein eingegliedert gewesen. Daran ändere die von den Beteiligten gewählte rechtliche Gestaltung nichts.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 9.5.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die übrigen Beteiligten stellen keinen Antrag.

Die Klägerin hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Beklagte unterliege dem Irrtum, die Funktion des Trainers im Bundesligaringen genauso zu sehen, wie die Funktion des Trainers in Mannschaftssportarten wie Profifussball oder Profihandball. Der Beigeladene Nr. 1 habe nicht am Vereinstraining der Klägerin teilgenommen, sondern am Training, das der DRB durchgeführt habe; dieser habe in A. einen Leistungsstützpunkt und veranstalte dort Trainingslehrgänge für Ringer.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist gem. §§ 143, 144, 152 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig, aber nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind zwar formell rechtmäßig; in der Sache hat die Beklagte aber zu Unrecht das Vorliegen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung festgestellt. Das Sozialgericht hat der Klage daher zu Recht stattgegeben, wobei unerheblich ist, dass es das Nichtvorliegen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses selbst festgestellt und nicht die Beklagte zum Erlass eines dies feststellenden Verwaltungsakts verurteilt hat; die Beklagte ist dadurch nicht beschwert, auch wenn man in Fällen der vorliegenden Art die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage für zulässig erachtet (vgl. dazu Senatsurteil vom 15.2.2012, - L 5 KR 2034/11 -).

I. Die angefochtenen Bescheide sind formell rechtmäßig. Die Beklagte war zu ihrem Erlass gem. § 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV sachlich zuständig und die Bescheide sind auch hinreichend bestimmt und beschränken sich nicht auf eine unzulässige Feststellung von Elementen eines Rechtsverhältnisses.

Gem. § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Über den Antrag entscheidet abweichend von § 28h Abs. 2 SGB IV die D. R. B. (§ 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV). Die Klägerin hat zwar zunächst ein Einzugsstellenverfahren gem. § 28h Abs. 2 SGB IV bei der I. beantragt, nach Weiterleitung des dort am 5.9.2008 gestellten Antrags an die Beklagte sodann jedoch das (fakultative) Anfrageverfahren nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV bei der Beklagten (C.-Stelle) gewählt und betrieben. Verfahrensrechtliche Hindernisse standen dem nicht entgegen. Bei der Einzugsstelle (Krankenkasse) ist ein Statusverfahren nicht eingeleitet geworden; bei der Prüfstelle (D. R. B.-W.) ist eine Betriebsprüfung erst seit dem Jahr 2010 anhängig (vgl. zu den maßgeblichen Verfahrensfragen näher Senatsurteile vom 8.6.2011, - L 5 KR 4009/10 - und - L 5 R 4078/10 -).

Gem. § 33 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) muss ein Verwaltungsakt hinreichend bestimmt sein. Im Hinblick auf sozialversicherungsrechtliche Statusentscheidungen muss im Einzelfall zumindest durch Auslegung vor dem Hintergrund der den Beteiligten bekannten Umstände zu erschließen sein, auf welche konkreten rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten sich die Feststellung einer abhängigen Beschäftigung beziehen soll. Notwendig ist regelmäßig die Angabe einer bestimmbaren Arbeit und die gerade hiermit in Zusammenhang stehende Entgeltlichkeit (vgl. näher BSG, Urt. v. 11.3.2009, - B 12 R 11/07 R -; Urt. v. 4.6.2009, - B 12 R 6/08 R -). Außerdem darf sich weder die im Anfrageverfahren (§ 7a SGB IV) noch die im Einzugsstellenverfahren (§ 28h SGB IV) ergehende Entscheidung auf das isolierte Feststellen des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung beschränken. Eine Elementenfeststellung dieser Art ist nicht zulässig (BSG, Urt. v. 11.3.2009, - B 12 R 11/07 R -). Ein ggf. rechtswidriger Elementenfeststellungsbescheid kann jedoch auch noch im Klageverfahren durch einen den Anforderungen an eine rechtmäßige Statusfeststellung genügenden Bescheid nach § 96 SGG ergänzt bzw. ersetzt werden (vgl. Senatsurteile vom 8.6.2011, - L 5 KR 4078/10 - und v. 24.11.2010, - L 5 KR 357/10 -).

Die Beklagte ist diesen Anforderungen gerecht geworden. Sie hat die vom Beigeladenen Nr. 1 bei der Klägerin ausgeübte Tätigkeit als Ringer hinreichend bestimmt bezeichnet und sich nicht auf die isolierte Feststellung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses beschränkt. Vielmehr ist im Ergänzungsbescheid vom 15.12.2010 ausdrücklich festgestellt worden, dass für die in abhängiger Beschäftigung verrichtete Tätigkeit des Beigeladenen Nr. 1 Versicherungspflicht zu allen Zweigen der Sozialversicherung bestehen soll.

II. Die angefochtenen Bescheide sind indessen materiell rechtswidrig. Der Beigeladene Nr. 1 hat in der Saison 2008/2009 bei der Klägerin eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nicht ausgeübt, ist vielmehr als Ringer selbständig erwerbstätiger Sportler gewesen.

1.) Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 24 SGB III, § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und § 20 SGB XI setzt die Versicherungspflicht zur gesetzlichen Kranken-, Arbeitslosen-, Renten- und Pflegeversicherung jeweils ein Beschäftigungsverhältnis voraus. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erfordert das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsleistung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Vornehmlich bei Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht auch eingeschränkt und zur "dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein (dazu BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -). Höhere Dienste werden im Rahmen abhängiger Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, sie in einer von der anderen Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebs aufgehen (BSG, Urt. v. 19.6.2001, - B 12 KR 44/00 R -). Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit sowie das Unternehmerrisiko gekennzeichnet (vgl. BSG, Urt. v. 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R -). Letzteres besteht meist in der Gefahr, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens das eingesetzte Kapital zu verlieren; ihm entspricht die Aussicht auf Gewinn, wenn das Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg hat. Abhängig Beschäftigte tragen demgegenüber das Arbeitsplatzrisiko, das in der Gefahr besteht, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens die Arbeitsstelle einzubüßen.

Das für eine selbständige Tätigkeit typische Unternehmerrisiko ist nicht mit einem Kapitalrisiko gleichzusetzen. Ein Kapitalrisiko, das nur zu geringen Ausfällen führt, wird das tatsächliche Gesamtbild einer Beschäftigung indessen nicht wesentlich bestimmen (BSG; Beschl. v. 16.8.2010, - B 12 KR 100/09 B -). Maßgebendes Kriterium für das Vorliegen eines Unternehmerrisikos ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (BSG, Urt. v. 25.4.2012 - B 12 KR 24/10 R -).

Die Unterscheidung von Unternehmer- und Arbeitsplatzrisiko ist auch in der Rechtsprechung des Senats ein wichtiges, vielfach entscheidendes Kriterium für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung einer Tätigkeit. Es steht allerdings nicht für sich allein. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, also den rechtlich relevanten Umständen, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urt. v. 29.8.2012, - B 12 KR 25/10 R -).

2.) Davon ausgehend ist die Tätigkeit, die der Beigeladene Nr. 1 bei der Klägerin in der Saison 2008/2009 als Ringer ausgeübt hat, nicht als abhängige Beschäftigung (§ 7 Abs. 1 SGB IV) einzustufen.

Auch für den Senat ergibt sich (für die streitige Zeit vom 13.9.2008 bis 31.1.2009) das Gesamtbild einer selbständigen Erwerbstätigkeit des Beigeladenen Nr. 1. Der Senat teilt die Einschätzung des Sozialgerichts und nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten anzumerken:

Die Wettkämpfe der Profiringer werden nach dem Modell organisiert, dass die Mannschaft durch Ringer gebildet wird, die kurzfristig für eine Saison unter Vertrag genommen werden. Die Ringer verbleiben an ihren Heimatorten, wo sie weiterhin von den dortigen Trainern betreut und trainiert werden, und reisen nur zu den Wettkampfterminen der Ringerbundesliga an. Sie dürfen an Wettkämpfen außerhalb Deutschlands, sogar während der Bundesligasaison teilnehmen. Bei Terminkollisionen entscheidet der Ringer selbst, selbst bei den (sportlich wichtigen) Endrundenterminen hat er die Freiheit, seine Teilnahme abzusagen. Von der Klägerin organisiertes Konditionstraining und Wettkampftraining findet für die Bundesligamannschaft nicht statt. Die sportliche Betreuung beschränkt sich auf die Erteilung von Informationen an den nominierten Ringer für den nächsten Kampf. Für die gesundheitliche Betreuung und das Aufbautraining nach Sportverletzungen ist die Klägerin (auch während der Laufzeit des Vertrags) nicht zuständig. Der verletzte Ringer erhält auch keine überbrückenden Zahlungen. Der Beigeladene Nr. 1 hat in der Saison 2008/2009 für die Klägerin als selbständiger Sportler an neun Ringwettkampfveranstaltungen in der ersten Ringerbundesliga teilgenommen. Die Klägerin hat ihn, womit er auch einverstanden gewesen ist, nur für eine Saison unter Vertrag nehmen wollen; eine kontinuierliche Zusammenarbeit hat man nicht beabsichtigt. Der Beigeladene Nr. 1 hat demzufolge auch selbst für seine soziale Absicherung sorgen müssen. In den Betrieb der Klägerin ist er nicht als abhängig Beschäftigter eingegliedert worden. Das geht zunächst aus dem zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen Nr. 1 geschlossenen Vertrag vom 10.3.2008 und der tatsächlichen Handhabung der darin getroffenen Vereinbarungen hervor. Danach ist der Beigeladene Nr. 1 Weisungen der Klägerin sowohl hinsichtlich der Wettkämpfe wie hinsichtlich der Wettkampfvorbereitung nicht unterworfen gewesen. Der Beigeladene Nr. 1 hat eigenständig und weisungsfrei darüber entschieden, an welchen Kampftagen (in der Saison 2008/2009 neun Kampftage) er für die Klägerin antreten will und an welchen nicht (§ 1 Ib des Vertrags). Dabei versteht es sich von selbst, dass die Wettkampftage vom hierfür zuständigen DRB festgelegt werden, da andernfalls ein geordneter Wettkampfbetrieb nicht stattfinden kann; für den sozialversicherungsrechtlichen Status der an den Wettkämpfen teilnehmenden Ringer besagt das nichts. Das gilt auch für die Befugnis des Vereinstrainers zur Aufstellung der Mannschaft. Dass der Trainer am Wettkampftag darüber befinden kann, welche Ringer er in den Wettkampf schickt und ob er auch den - sich für die Wettkampfteilnahme zuvor aus freien Stücken entscheidenden - Beigeladenen Nr. 1 aufstellt oder nicht, macht diesen nicht zum Beschäftigten des Vereins. Die Anreise zu den von ihm ausgewählten Wettkämpfen hat der Beigeladene Nr. 1 selbst organisiert. Den Wettkampf hat er (ringkampf-)technisch und taktisch in eigener Verantwortung gestaltet (§ 1 III des Vertrags). Auch die Wettkampfvorbereitung hat der Beigeladene Nr. 1 eigenverantwortlich und weisungsfrei vorgenommen. Wo und wie er das erforderliche Training zu absolvieren hat, ist nicht festgelegt gewesen (§ 1 III des Vertrags). Regelmäßige Trainingszeiten in Vereinseinrichtungen der Klägerin und regelmäßiges Training unter Leitung und nach Anordnung eines (Vereins-)Trainers der Klägerin hat man nicht vereinbart, Trainingsnachweise hat der Beigeladene Nr. 1 nicht vorlegen müssen. Er hat sich demzufolge auch einen eigenen Trainingsplan erstellt, wobei es für den Status als selbständiger Ringkampfsportler unschädlich ist, wenn er dabei mit einem Trainer seines Landesverbands zusammengearbeitet und so dessen Sachkunde für seine Tätigkeit genutzt hat. Entsprechendes gilt für die Teilnahme an Lehrgängen des DRB oder am Vereinstraining der Klägerin; in dieses Training ist der Beigeladene Nr. 1 nur eingebunden gewesen, wenn er sich zuvor in freier Entscheidung dazu entschlossen hatte, (auch) das Vereinstraining für seine nach wie vor eigenständige Wettkampfvorbereitung zu nutzen. Einen hinreichenden Nutzen kann er aus dem Vereinstraining für sich naturgemäß nur dann ziehen, wenn er den (Trainings-)Anweisungen des Trainers Folge leistet; auch das ist daher für den sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen Nr. 1 bzw. dessen Eingliederung in den Betrieb der Klägerin wenig bedeutsam. Im Übrigen hat sich der Beigeladene Nr. 1 zwar in der Umgebung von A. aufgehalten, sich aber durch selbst gestaltetes Training und die Teilnahme am Training, das der DRB als überregionaler Verband organisiert hat, auf seine Wettkampfeinsätze vorbereitet. Die Verpflichtung auf die "Sorgfalt eines ordentlichen Ringkampfsportlers" gilt für alle Ringer, unabhängig vom sozialversicherungsrechtlichen Status, unter dem sie ihren Sport (berufsmäßig) ausüben. Die Zurechnung von Fehlverhalten des Ringers an den jeweiligen Verein nach Maßgabe der Strafordnung des DRB gliedert den Ringer ebenso wenig in die Betriebsorganisation des Vereins ein wie das Tragen des Vereinstrikots (in den Farben des Vereins) beim Wettkampf.

Der Beigeladene Nr. 1 hat bei seiner Tätigkeit als Ringer das einschlägige Reglement beachten müssen, das die hierfür zuständigen Institutionen, namentlich der DRB (u.a.) mit dem Lizenzringerstatut (vgl. § 13 Abs. 3 LRSt in der für die Saison 2008/2009 noch maßgeblichen Fassung), und die nationale Dopingagentur für die Ausübung des Ringkampfsports erlassen haben. Dabei handelt es sich um den "sportrechtlichen Rahmen", der die (berufliche) Sportausübung als Ringer in der ersten Ringer-Bundesliga reglementiert und dem sich naturgemäß jeder Ringer unterwerfen muss, wenn er an Bundesligakämpfen teilnehmen will. Berufsrechtliche Bestimmungen dieser Art sind freilich bei jeglicher Berufsausübung einzuhalten, ohne dass daraus abzuleiten wäre, ob der Beruf in abhängiger Beschäftigung oder in selbständiger Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Davon abgesehen ist für den sozialversicherungsrechtlichen Status der Ringer das Gesetzesrecht des SGB (insbesondere § 7 Abs. 1 SGB IV) und nicht das Lizenzrecht oder das Reglement des DRB maßgeblich. Übt ein Ringer seinen Sport unter Verletzung des Reglements des DRB als selbständige Erwerbstätigkeit aus, mag das ggf. Rechtsfolgen für seinen "sportrechtlichen" Status haben (vgl. etwa § 17 LRSt zur Entziehung einer Lizenz); sein sozialversicherungsrechtliche Status bleibt davon unberührt. Aus berufsrechtlichen Vorgaben (i. w. S.) folgende Einschränkungen hinsichtlich der Verwertung der Arbeitskraft, hier etwa die Pflicht, nur für den Verein anzutreten, für den die Starterlaubnis im Startausweis erteilt ist, besagen für den sozialversicherungsrechtlichen Status des Ringers daher ebenfalls wenig. Der Beigeladene Nr. 1 war deswegen auch nicht ohne Weiteres daran gehindert, Ringertätigkeiten (ohne erforderliche Lizenz oder Startberechtigung) auszuüben, die nicht den Statuten des DRB unterliegen bzw. mit ihnen nicht in Konflikt geraten, oder bei internationalen Wettkämpfen für die Nationalmannschaft seines Heimatlandes anzutreten, wenn sich ihm die Gelegenheit hierzu geboten hätte, was in der Saison 2008/2009 indessen nicht der Fall gewesen ist (vgl. § 1 IV des Vertrags). Etwaige Folgen für die vom DRB erteilte Lizenz (vgl. §§ 17, 14 Abs. 2 Nr. 2 LRSt) sind in statusrechtlicher Hinsicht nicht von ausschlaggebender Bedeutung.

Der Beigeladene Nr. 1 hat schließlich ein den sozialversicherungsrechtlichen Status prägendes Unternehmerrisiko getragen. Eigene Betriebsstätten oder eigene Trainingseinrichtungen (ggf. abgesehen von auch in Privathaushalten anzutreffenden "Fitnessräumen" und "Fitnessgeräten") halten (Berufs-)Sportler, die ihren Sport als selbständig Erwerbstätige ausüben wollen, regelmäßig nicht vor. Sie können ggf. Trainingseinrichtungen und Sportstätten auf der Grundlage von Vereinbarungen mit deren Eigentümern nutzen. Im Übrigen hat der Kläger als sächliche Betriebsmittel Kampftrikots und Sportkleidung benötigt, die er ersichtlich auf eigene Kosten beschafft hat. Er hat sie von der Klägerin erworben und den Kaufpreis im Wege der Verrechnung mit seinen Honoraransprüchen beglichen (§ 1 II des Vertrags). Das Schwergewicht des unternehmerischen Einsatzes eines Sportlers liegt auf der Nutzung seiner Arbeitskraft bzw. seiner sportlichen Fähigkeiten und - damit zusammenhängend - der Nutzung seines Körpers als Werbefläche. Dabei ist der Erfolg des Arbeitseinsatzes des Beigeladenen Nr. 1 insoweit ungewiss gewesen, als er, unbeschadet des Honorars für den Verkauf des Körpers als Werbefläche und der Reisekostenvergütung, ein Wettkampfhonorar nur für gewonnene Ringkämpfe erhalten hat (§ 2 I des Vertrags). Auch die in § 2 IV des Vertrags vereinbarte Zusatzvergütung hängt von der Zahl der Einzelsiege des Beigeladenen Nr. 1 ab. Verliert er seine Kämpfe, hat er seine Arbeitskraft beim Wettkampf selbst und in der Wettkampfvorbereitung teilweise umsonst eingesetzt; entsprechendes gilt für ausgefallene Wettkämpfe, da dem Beigeladenen Nr. 1 eine Ausfallvergütung nicht zugebilligt worden ist. Der Beigeladene Nr. 1 ist auch hinsichtlich der Gestaltung und Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft weitgehend frei gewesen (BSG, Urt. v. 25.4.2012, - B 12 KR 24/10 R -), da er - wie bereits ausgeführt worden ist - über die Wettkampfteilnahme und die Wettkampfvorbereitung selbst entscheiden konnte.

Aus alledem ergibt sich das Gesamtbild einer selbständigen Erwerbstätigkeit des Beigeladenen Nr. 1 als Ringer in der Saison 2008/2009 (vgl. auch die entsprechende Einstufung von Ringern als selbständig Erwerbstätige durch das LSG Bayern im Urt. v. 17.1.2012, - L 5 R 589/10 - und das LSG Saarland im Urt. v. 12.11.2010, - L 7 R 176/09 -). Daran ändert es nichts, dass der DRB in § 15 Nr. 4 und 5b LRSt für die Lizenzerteilung an den Verein bei ausländischen Ringern fordert, dass diese Arbeitnehmer sind. Ob das LRSt den Begriff des Arbeitnehmers im Sinne des Beitragsrechts versteht, scheint nach dem Regelungszusammenhang von § 15 LRSt zudem fraglich. Das LRSt des DRB kann den sozialversicherungsrechtlichen Status der Ringer, wie bereits ausgeführt worden ist, nicht rechtsverbindlich festgelegen, sondern einen bestimmten (sozial- oder arbeitsrechtlichen) Rechtsstatus allenfalls zur Voraussetzung bestimmter lizenzrechtlicher Rechtsfolgen erklären.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 2 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, der Beklagten auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese (insbesondere) Sachanträge nicht gestellt und damit ein Prozessrisiko nicht übernommen haben.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 und 2 GKG (vgl. BSG, Urt. v. 4.6.2009, - B 12 R 6/08 R -).

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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