Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 6236/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 3766/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 02. Juli 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung großer Witwenrente aus der Versicherung des am 21.02.2009 verstorbenen L. Z. (im Folgenden: Versicherter); insbesondere ist zwischen den Beteiligten streitig, ob eine Versorgungsehe vorliegt.
Die erste Ehe des 1938 geborenen Versicherten wurde mit Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - M. vom 25.04.1983 geschieden. Der Versicherte hatte aus erster Ehe vier Kinder. Die 1948 geborene Klägerin war ebenfalls geschieden; aus ihrer ersten Ehe ging ein 1974 geborener Sohn hervor. Der Versicherte bezog auf seinen Antrag vom 16.08.2001 ab dem 01.01.2002 bis zu seinem Tod Altersrente. Der Zahlbetrag betrug zuletzt 722,23 EUR. Die Klägerin bezieht seit 01.10.2008 von der Beklagten Altersrente für schwer behinderte Menschen, deren Nettozahlbetrag zunächst 614,57 EUR und ab Juli 2009 nach der im Verfahren vor dem Sozialgericht (SG) Freiburg vorgelegten Rentenanpassungsauskunft 631,13 EUR betragen hat. Daneben erhält sie eine Leibrente der A. AG von 52,98 EUR und Wohngeld.
Mitte der 1960er Jahre war beim Versicherten eine Magenteilresektion Typ Billroth II wegen eines therapieresistenten Ulcera ad pylorum vorgenommen worden (vgl. Bericht der St. J.klinik O. vom 21.08.2007). Während eines stationären Aufenthalts in der St. J.klinik in O. vom 17.07.2007 bis 21.07.2007 wurde beim Versicherten ein blutendes Magenstumpfkarzinom (Histologie: Tumorinfiltrate eines mittelhoch differenzierten Adenokarzinoms) mit Verdacht auf Lymphknotenmetastasen diagnostiziert. Ausweislich des Entlassungsberichts der internistischen Abteilung der St. J.klinik vom 20.07.2007 sei der Versicherte in Anwesenheit der Klägerin über die bösartige Natur der Erkrankung aufgeklärt worden. Der Versicherte wünsche ferner, dass seine – mit Namen und Telefonnummer im Entlassungsbericht aufgeführte – Lebensgefährtin (die Klägerin) über den weiteren Verlauf informiert werden solle. Der Versicherte wurde in die chirurgische Abteilung verlegt, wo am 23.07.2007 eine Adhäsiolyse und Gastrektomie einschließlich der GE und Rekonstruktion mittels Roux-Y ausgeschalteter Jejunumschlinge, eine Milzexstirpation bei Serosadefekt und diskreter Blutung und eine Lymphknotenexstirpation aus dem Mesojejunum vorgenommen wurden. Die Revisionsoperation nach Abriss der Anastomose (Anastomosenrevision mit Resektion der Oesophagusmanschette und hochgezogener Jejunummanschette) misslang; es kam wiederum zur Anastomoseninsuffizienz (Entlassungsbericht St. J.klinik vom 21.08.2007). Mit Verdacht auf kompletten Abriss der Manschette wurde der Versicherte in das O. Klinikum L. verlegt und erneut operiert. Im Operationsbericht vom 27.08.2007 wurde ausgeführt, dass eine erneute Anastomosierung mit einem extrem hohen Insuffizienzrisiko behaftet gewesen sei, so dass nur noch die Option der Einlage einer Ernährungssonde ins Jejunum bestanden habe, welche dann realisiert worden sei. Der Versicherte befand sich anschließend noch bis zum 05.10.2007 in stationärer Behandlung. Im Entlassungsbericht vom 04.10.2007 berichtete Dr. L. über eine konsiliarische Mitbetreuung des Versicherten durch die psychosomatische Abteilung des Krankenhauses, nachdem er mehrfach seine große Angst betreffend eine eventuell nicht durchführbare Reanastomisierung mitgeteilt habe.
Am 18.01.2008 stellte sich der Versicherte erneut im O. Klinikum L. vor. Dort wurde die Diagnose neu aufgetretener Lebermetastasen im Segment IV und V gestellt, ferner bestehe ein ausgeprägtes paraortales Lymphom. Ausweislich des Entlassungsberichts vom 12.02.2008 sei der Versicherte über die neu aufgetretenen Lebermetastasen informiert worden. Zunächst solle eine Chemotherapie durchgeführt werden, nach Ansprechen der Lebermetastasen auf die Chemotherapie könne die vom Versicherten gewünschte Re-Anastomosierung angestrebt werden. Am 03.03.2008 suchte der Versicherte die Schwerpunktpraxis Hämatologie und Onkologie Dres. M. in O. auf. Ausweislich des Berichts vom 08.03.2008 sei der Versicherte gezielt zur Einleitung einer palliativen Chemotherapie gekommen und habe sich über den palliativen Charakter seiner Erkrankung informiert gezeigt. Er hoffe gleichwohl auf eine erneute Operation mit Herstellung der Ösophaguspassage, was ihn verständlicherweise psychisch sehr belaste. Postoperativ sei initial keine Chemotherapie eingesetzt worden; in der momentanen Situation sei sie "weiterhin gut zu überlegen". Nachdem Dr. L. jedoch den dringenden Therapiewunsch des Versicherten unterstütze, habe man sich mit dem Versicherten zum Therapieversuch entschlossen. Geplant seien 4-6 Zyklen und dann eine Wiedervorstellung bei den Chirurgen.
Am 13.05.2008 begab sich der Versicherte wieder in stationäre Behandlung im O. Klinikum L. zur Durchführung einer operativen Rekonstruktion der Passage. Ausweislich des OP-Berichts vom 20.05.2008 hätten sich mittlerweile Lebermetastasen sowie paraortale Lymphknotenmetastasen eingestellt, welche unter Chemotherapie nur partiell remittiert seien. Trotz des persistierenden Tumorleidens habe der Versicherte äußerst stark auf eine Wiederherstellung der Nahrungspassage gedrängt. Die Operation wurde am 16.05.2008 durchgeführt. Nach Verlegung des Versicherten auf die Normalstation kam es ausweislich des Entlassungsberichts zur Ausbildung einer beatmungspflichtigen respiratorischen Insuffizienz sowie eines Platzbauches. Am 22.05.2008 wurde eine Revisionslaparotomie durchgeführt. Es kam zur Infektion der Wunde mit Methicillin resistenten Staph. Aureus (MRSA) sowie zur Ausbildung rezidivierender Bronchopneumonien mit Pleuraergüssen beidseits. Im Verlauf immer wieder aufgetretene rezidivierende Verschlechterungen der respiratorischen Funktion seien mit antibiotischer Therapie behandelt worden. Zuletzt habe der Versicherte nach stufenweisem Kostaufbau nur noch gelegentlich ÜbE.it und Durchfall, welche symptomatisch behandelt würden, gezeigt. Er habe bei noch deutlich reduziertem Allgemeinzustand nicht zuletzt aufgrund der Dauerisolierung wegen MRSA auf Entlassung gedrängt, welche am 28.07.2008 erfolgte.
Am 05.12.2008 gingen die Klägerin und der Versicherte die Ehe ein (beglaubigte Abschrift aus dem Familienbuch vom 05.12.2008).
Vom 17.01.2009 bis 22.01.2009 befand sich der Versicherte wiederum in stationärer Behandlung im O. Klinikum, diesmal in der Klinik in O., wo bei defektem Portsystem eine Portrevision durchgeführt und eine palliative Schmerzbestrahlung TH3 bis TH10 der Wirbelsäule durchgeführt wurde, ferner eine Exsikkose und Pneumonie rechts behandelt wurden (Entlassungsbericht vom 06.02.2009). Gemäß dem klinischen Befund wurde der Versicherte als kränklicher 70 Jahre alter Patient mit blassem Hautkolorit beschrieben. Es finde sich ein weiterbestehender Platzbauch mit großem Verband und eitrig belegter Wunde. Psychisch sei der Versicherte wach und orientiert, allerdings habe er sich in der Notaufnahme etwas verwirrt gezeigt. Zuletzt sei der Versicherte in stabilem Allgemeinbefinden nach Hause entlassen worden.
Aktenkundig ist ein weiterer Bericht des Internisten, Onkologen, Hämatologen und Palliativmediziners Dr. L. vom 27.01.2009, ausweislich dessen sich am 19.12.2008 bei einem erneuten CT vergrößerte Lymphknoten beidseits axillär (DD: Lymphknotenmetastasen) gezeigt hätten, ferner ein Lungenrundherd am rechten Lungenoberlappen (DD: Narbe/Lungenmetastase). Auch eine nachweisbare Osteodestruktion im BWS-Bereich passend zu Metastasen sei nachweisbar gewesen. Ausweislich des CT des Abdomen (ebenfalls vom 19.12.2008) hätten sich ein Verdacht auf neu aufgetretene Lebermetastasen und ein dringender Verdacht auf Lymphknotenmetastasen mesenterial und größenprogrediente Lymphknotenmetastasen im Eingang zur Leberpforte ergeben. Demgegenüber seien die akuten entzündlichen Veränderungen im Oberbauchbereich nach Gastrektomie deutlich rückläufig gewesen. Im Dezember 2008 seien die CT-Befunde mit dem Versicherten besprochen worden, ferner sei eine Undichtigkeit des Ports aufgefallen, welche jetzt im O. Klinikum O. revidiert worden sei. Bis vergangene Woche sei der Versicherte dort wegen Pneumonie in stationärer Behandlung gewesen. Aufgrund der akuten Gewichtsabnahme sei mit dem Versicherten eine erneute parenterale Ernährung besprochen worden, welche jetzt nach der Portrevision wieder aufgenommen worden sei. Die bisher therapierefraktäre Schmerzsymptomatik in der BWS (imponierend im CT als Osteolysen, welche als Metastasen zu werten seien) habe zur Vorstellung in der Radio-Onkologie (Bestrahlungsbeginn 28.01.2009) geführt. Mit dem Versicherten habe er über eine mögliche palliative Chemotherapie nach Stabilisierung des Allgemeinzustandes gesprochen, abhängig von seinem Befinden und dem Zustand der Bauchwunde. Der Versicherte wolle dies auf jeden Fall durchführen.
Im Zeitraum vom 28.01.2009 bis 20.02.2009 wurden beim Versicherten palliative Bestrahlungen BWK 3 bis BWK 10 im Klinikum O. durchgeführt. Ausweislich des Berichts vom 25.02.2009 hätte der Versicherte eine stationäre Behandlung abgelehnt, initial habe er sogar einen Rot-Kreuz-Transport abgelehnt; letztlich sei dieser jedoch im Verlauf doch genutzt worden. Der Appetit sei rückläufig gewesen, die pulmonale Situation hätte sich im Verlauf verschlechtert. Am 21.02.2009 verstarb der Versicherte (vgl. auch Sterbeurkunde vom 25.02.2009).
Am 04.03.2009 beantragte die Klägerin über die Stadt O. bei der Beklagten die Gewährung von Witwenrente. Unter "Bemerkungen zum Vorgang" ist vermerkt: "Die Eheleute leben schon seit ca. 27 Jahren zusammen. Sie haben sich vorgenommen erst dann zu heiraten, wenn beide Partner in Rente sind. Der Verstorbene war zwar bei der Heirat schon krank, jedoch der Tod nicht voraussehbar."
Die Beklagte holte eine Auskunft der den Versicherten als Hausärztin behandelnden Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. M. ein, welche am 31.03.2009 ausführte, der Versicherte sei an den Folgen des Magenkarzinoms verstorben. Der Verlauf der Krebserkrankung sei ungünstig gewesen mit vielen Komplikationen. Trotzdem habe der Versicherte die Hoffnung nie aufgegeben und alle Therapien gewünscht und ertragen, die möglich gewesen seien. Der Versicherte sei sicher nicht vollständig über seine schlechte Prognose aufgeklärt gewesen. Er habe zwar gewusst, dass man ihm nicht helfen könne, habe aber nicht mit seinem baldigen Tod gerechnet. Daher habe er im Mai 2008 auch in Kauf genommen, das Risiko einer Wiederherstellung der Oesophaguspassage einzugehen. Sicherlich habe niemand dem Versicherten vorhersagen können, wie lange seine Lebenszeit voraussichtlich noch sein würde. Aufgrund seiner massiven Angstzustände seit Diagnose des Karzinoms hätten sich zusätzlich alle behandelnden Ärzte zurückgehalten, allzu konkrete Aussagen zu treffen und hätten das Thema "noch verbleibende Lebenszeit" eher zurückgehalten. Der Versicherte habe schon länger vorgehabt, die Klägerin zu heiraten, nachdem sie über 20 Jahre ein Paar gewesen seien. Immer wieder habe er das Vorhaben verschoben, weil er sich gesundheitlich noch besser habe stabilisieren wollen. Sie vermöge nicht zu beurteilen, wie wahrscheinlich der Versicherte bei Eheschließung mit seinem Tod innerhalb eines Jahres habe rechnen müssen. Auch Statistiken würden über den Einzelfall nichts aussagen. Der Versicherte habe so viele Komplikationen überstanden, dass auch sie selbst nicht so bald mit seinem Tod gerechnet habe. Der Auskunft beigefügt waren die bereits dargestellten Befunde und Entlassungsberichte.
Nach Auswertung der Unterlagen führte Dr. S. vom Sozialmedizinischen Dienst der Beklagten mit Stellungnahme vom 03.06.2009 aus, es habe sich bei dem Versicherten um ein fortgeschritten gewachsenes Magen-NPL im Stadium T2, N2, M1 gehandelt (bei operativer Behandlung im Juli 2007 bereits Fernmetastasierung und Lymphknotenmetastasen). Bereits im J.uar 2008 finde man zunehmende Lebermetastasen, worauf eine Chemotherapie eingesetzt habe. Trotz dieser Behandlung seien im Mai 2008 peritoneale weitere Metastasen festgestellt worden. Im Dezember 2008 hätten sich Knochenmetastasen abgezeichnet. Es sei demnach bei Eheschließung im Dezember 2008 bereits absehbar gewesen, dass bei einem so weit fortgeschrittenen metastasierenden Karzinomleiden die Krankheit innerhalb weniger Monate zum Tode führen müsse.
Mit Bescheid vom 10.06.2009 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Witwenrente ab, da bei Eheschließung am 05.12.2008 bereits absehbar gewesen sei, dass die Krankheit des Versicherten innerhalb weniger Monate zum Tode führe und es sich somit um eine Versorgungsehe handele.
Zur Begründung ihres Widerspruchs führte die Klägerin aus, zum Zeitpunkt der Hochzeit sei nicht voraussehbar gewesen, dass ihr Mann sterben werde. Nach der Therapie sei es ihm wieder besser gegangen. Erst im J.uar 2009 sei er an Lungenentzündung erkrankt und deshalb vom 17.01.2009 bis 22.01.2009 im O. Klinikum gewesen. Dort habe man dann die Wirbelkörpermetastasierung festgestellt. Am 28.01.2009 sei dann mit der Bestrahlung begonnen worden. Von Tag zu Tag habe man sehen können, wie es dem Versicherten schlechter gegangen sei. Die Bestrahlung sei für den geschwächten Körper nach ihrer Ansicht einfach zu stark gewesen. Sie könne nochmals bestätigen, dass sie wegen der Krankheit nicht geheiratet hätten. Sie hätten seit 1982 zusammengelebt und hätten beschlossen zu heiraten, sobald die Klägerin in Rente gehe (Erklärung vom 30.07.2009). Weiter führte die Klägerin aus, bedingt durch ihre erste Ehe mit Schuldenüberlastung seitens des Ehemanns und wegen bestehender Zahlungsverpflichtungen des Versicherten aus seiner ersten Ehe und Unterhaltszahlungen an seine Kinder habe man den 60. Geburtstag der Klägerin als Zeitpunkt der Eheschließung gewählt. Der Grund für den zeitlichen Rahmen der Eheschließung sei nicht die bestehende Krankheit gewesen, sondern einzig und allein die Zahlungsverpflichtungen. Man habe gemeinsam eine Zukunft ohne Schulden und die Gefahr, dass der neue Partner die Schulden übernehmen müsse, aufbauen wollen. Die Verbindung habe bereits seit 1982 ohne Trauschein bestanden. Zum Zeitpunkt der Eheschließung habe niemand ahnen können, dass die Lebenserwartung des Versicherten so nahe begrenzt gewesen sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.11.2009 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Ein langjähriges Zusammenleben mit dem Versicherten wie im Falle der Klägerin unterstütze die Rechtsvermutung, dass es alleiniger oder überwiegender Zweck sei, der späteren Witwe eine Versorgung zu verschaffen, denn einem langjährigen Zusammenleben ohne Trauschein liege in der Regel die bewusste Entscheidung zu Grunde, nicht zu heiraten. Dies gelte umso mehr, wenn nach jahrelangem Zusammenleben ohne Eheschließung nach dem Bekanntwerden einer zum Tode führenden Erkrankung geheiratet werde. Der Tod des Versicherten sei auch nicht plötzlich oder unvermutet eingetreten. Vielmehr habe ein fortgeschritten gewachsenes Magenkarzinom vorgelegen. Bereits bei dessen operativer Behandlung im Juli 2007 hätten sich Fernmetastasen und Lymphknotenmetastasen gezeigt, im J.uar 2008 dann zunehmende Lebermetastasen. Trotz Chemotherapie seien im Mai 2008 peritoneale weitergehende Metastasen festgestellt worden. Darüber hinaus hätten sich im Dezember 2008 Knochenmetastasen abgezeichnet. Nach Auffassung des Ärztlichen Dienstes der Beklagten sei bei Eheschließung absehbar gewesen, dass die Krankheit innerhalb weniger Monate zum Tod führen müsse.
Hiergegen hat die Klägerin am 09.12.2009 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und neben der Bezugnahme auf das Vorbringen im Widerspruchsverfahren ergänzend ausgeführt, man habe sich bereits im Jahr 1982 kennen gelernt und im Jahr 1989 offiziell die Verlobung bekannt gegeben. Aufgrund der finanziellen Situation der Ehepartner sei eine frühere Verheiratung nicht in Betracht gekommen, da zunächst jeder die finanziellen Belastungen aus früheren Beziehungen habe regeln wollen. Zwar habe es rechtlich gesehen keine Verpflichtung gegeben, für die Verpflichtungen des jeweiligen Partners nach einer Eheschließung aufzukommen. In der Praxis hätte es aber einen Haushaltsgeldbetrag gegeben, von welchem die Verpflichtungen beglichen hätten werden müssen. Beide Partner seien finanziell nicht so ausgestattet gewesen, als dass der eine für den anderen Partner dessen Verpflichtungen in einer Ehe hätte erfüllen können. Die Klägerin verfüge nur über geringe finanzielle Mittel.
Die Beklagte ist der Klage unter Berufung auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 05.05.2009 (B 13 R 55/08 R) entgegengetreten. In dieser Entscheidung habe das BSG ausgeführt, dass bei Heirat eines zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidenden Versicherten in der Regel der Ausnahmetatbestand des § 46 Abs. 2a Halbsatz 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) nicht erfüllt sei. Dieser werde nur dann erfüllt, wenn insoweit nach § 202 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Verbindung mit § 292 der Zivilprozessordnung (ZPO) der volle Beweis erbracht werde. Dieser erfordere einen der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit. Die nur denkbare Möglichkeit reiche nicht aus. Nach den Feststellungen der Beklagten sei der Tod des Versicherten am 21.02.2009 nicht unerwartet eingetreten, sondern die Folge einer mehrjährigen schweren Erkrankung.
Das SG hat die behandelnden Ärzte des Versicherten schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Der Onkologe Dr. L. hat mit Schreiben vom 04.03.2010 ausgeführt, die zwischenzeitlich durchgeführte Chemotherapie und auch die Operation hätten an der Gesamtsituation der metastasierten Erkrankung nichts geändert. Vielmehr sei es im Dezember 2008 zum Fortschreiten der Erkrankung gekommen mit Verdacht auf neu aufgetretene Lungenmetastasen und neu diagnostizierte Knochenmetastasen. Außerdem habe der Verdacht auf neu aufgetretene Lymphknotenmetastasen bestanden. Im Dezember sei dann eine Bestrahlung der Knochenmetastasen besprochen worden. Zusätzlich seien eine Fortsetzung der parenteralen Ernährungstherapie und eine intensive Schmerztherapie mit Morphinen begonnen worden. Bei fortschreitender Metastasierung der Erkrankung schätze er die statistische Lebenserwartung des Versicherten im Dezember 2008 zwischen drei und sechs Monaten ein. Der Versicherte habe Kenntnis von seiner Erkrankung gehabt, zur Klägerin habe er keinen Kontakt gehabt. Die Schwere der Erkrankung und die Manifestation habe er mit dem Versicherten besprochen, allerdings habe hier der Versicherte deutliche Verdrängungsmechanismen gezeigt. Bezüglich der Lebenserwartung sei der Versicherte nicht informiert gewesen; aufgrund der Schwere der Erkrankung habe er ihm eine verminderte Lebenserwartung mitgeteilt, dies jedoch nicht durch Zeitangaben konkretisiert.
Die Hausärztin des Versicherten Dr. M. hat mit Schreiben vom 07.03.2010 den Verlauf der Erkrankung skizziert und ausgeführt, im Mai 2008 sei auf Drängen des Versicherten eine Reanastomosierung durchgeführt worden. Hierbei seien erneut Komplikationen in Form von Anastomoseninsuffizienz und Platzbauch aufgetreten. Die neue große Bauchwunde sei bis zum Tod des Versicherten nicht mehr komplett zugeheilt. Im Dezember 2008 habe der Versicherte über starke Rückenschmerzen geklagt. Radiologisch hätten sich Metastasen an drei Brustwirbelkörpern und neu nachweisbare Lymphknotenmetastasen mesenterial und an der Leberpforte gezeigt. Beim Versicherten habe bei Diagnosestellung im Juli 2007 ein Tumorstadium IV vorgelegen, in welchem es in der Regel keine 5-Jahres-Überlebensrate gebe. Der Versicherte und die Klägerin seien im Juli 2007 über die Diagnose Magenkarzinom informiert und sowohl von ihr als auch von Kollegen auf die Schwere der Erkrankung hingewiesen worden. Allerdings gehe sie nicht davon aus, dass dem Ehepaar von Kollegen eine Zahl an Monaten genannt worden sei, die der Versicherte wahrscheinlich noch zu leben hätte. Auch von ihrer Seite sei eine konkrete Prognose nicht ausgesprochen worden. Der Versicherte habe auf die Chemotherapie teilweise angesprochen und mit seinem starken Lebenswillen die vielen Komplikationen überstanden. Nach Diagnosestellung der weiteren Metastasen im Dezember 2008 habe der Versicherte auf erneute Besserung durch Bestrahlung und anschließender Chemotherapie gehofft. Trotz der weiteren Zustandsverschlechterung und Information über seinen kritischen Zustand habe er die Hoffnung nicht aufgegeben und maximal therapiert werden wollen. Für sie sei es glaubhaft, dass das Ehepaar trotz des ungünstigen Verlaufs nicht mit einem so baldigen Tod des Versicherten gerechnet habe.
Mit Gerichtsbescheid vom 02.07.2010 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, bereits zum Zeitpunkt der Eheschließung am 05.12.2008 habe der Versicherte offensichtlich an einer lebensbedrohlichen Krankheit gelitten. Aufgrund dessen habe er eine deutlich geringere Lebenserwartung gehabt. Dies wie auch die Schwere der Erkrankung sowie deren Manifestation seien dem Versicherten sowohl durch Dr. M. als auch durch Dr. L. mitgeteilt worden. Diese seien davon ausgegangen, dass der Versicherte dies trotz Verdrängungsmechanismen auch erfasst habe. Die inneren und äußeren Umstände, welche gegen eine Versorgungsehe sprächen, müssten umso gewichtiger sein, je offenkundiger und lebensbedrohlicher die Krankheit des Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung gewesen sei. Der bloße Vortrag der Klägerin zu den inneren Beweggründen, erst zum 60. Geburtstag heiraten zu wollen, reiche nicht aus, um die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe der Eheleute für die Eheschließung überzeugend darzulegen. Insbesondere spreche auch der Umstand, dass bereits seit 1982 eine nichteheliche Lebensgemeinschaft bestanden habe, keineswegs für überwiegend persönliche Motive für die Heirat. Vielmehr lege der Verlauf, dass nicht bei Eingehung der Lebensgemeinschaft geheiratet worden sei, sondern erst im zeitlichen Zusammenhang mit Manifestation schwerster gesundheitlicher Symptome und dem Bekanntwerden von Metastasen, eher nahe, dass die Versorgungsmotivation jedenfalls in erheblichem Maße ausschlaggebend für die Eheschließung gewesen sei. Schließlich überzeuge das Gericht nicht, dass alte finanzielle Verbindlichkeiten einer neuen Ehe entgegengestanden hätten, denn auch bei einer früheren Eheschließung hätten die Ehegatten nicht für die alten Verbindlichkeiten aufkommen müssen. Zu berücksichtigen seien auch die geringen finanziellen Mittel der Klägerin zum Zeitpunkt der Eheschließung.
Hiergegen hat die Klägerin am 10.08.2010 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, im Jahr 1989 hätten sich die Klägerin und der Versicherte das Eheversprechen gegeben. Sie hätten vor dem Hintergrund aus jeweils ersten Ehen bestehender erheblicher finanzieller Verbindlichkeiten beschlossen, die Ehe erst eingehen zu wollen, wenn die Schulden aus den jeweils ersten Ehen getilgt seien. So hätten sie finanziell unbelastet in die Ehe gehen können, ohne den jeweils anderen Partner einer finanziellen Belastung auszusetzen. Die Klägerin selbst habe während der Ehezeit bis zur Scheidung von ihrem ersten Mann ca. 6.000,- DM eigene Schulden verursacht. Für ihren ersten Mann, der bereits während der Ehe nicht mehr als kreditwürdig gegolten habe, habe sie darüber hinaus auf ihren Namen mehrere Kredite aufgenommen. Nachdem sie mit der Rückzahlung überfordert gewesen sei, habe ihr Vater Teile der Schulden übernommen. Im November 2003 seien noch Restschulden von insgesamt 6.000,00 EUR zu zahlen gewesen. Diesen Betrag habe der Versicherte der Klägerin geliehen, die ihn seither in monatlichen Raten von 100,00 EUR an ihn zurückgezahlt habe. Im November 2008 sei auch dieses Darlehen zurückgezahlt gewesen und die Klägerin schuldenfrei. Die Klägerin und der Versicherte hätten nicht gewusst, dass durch eine Heirat keine rechtliche Verpflichtung des jeweils anderen Partners in Bezug auf Schulden geschaffen worden wäre. Der Eheschluss im Alter der Klägerin von 60 Jahren sei die konsequente Umsetzung eines seit 1989 bestehenden und seither nie geänderten Planes gewesen. Dieser sei auch gegenüber Dritten (Familien, Freunde und Arbeitskollegen) kommuniziert worden, was diese auch bezeugen könnten. Es sei weder für den Versicherten noch die Klägerin erkennbar gewesen, dass die Krankheit des Versicherten lebensbedrohlich gewesen sei. Vielmehr habe der Versicherte zu der Klägerin immer gesagt: "Ich werde noch gesund". Der Versicherte sei immer alleine zum Arzt und auch zu Frau Dr. M. gegangen. Die Klägerin habe ihn bei den für das Verfahren relevanten Arztbesuchen in den letzten Jahren nie begleitet. Die Klägerin habe sich um behördliche und schriftliche Besorgungen beider Partner gekümmert und sei daher Anfang Oktober 2008 zum Standesamt der Stadt O. gegangen und habe sich nach benötigten Unterlagen erkundigt. Anfang November 2008 habe sie das Standesamt erneut mit den Unterlagen aufgesucht, wo ihr mitgeteilt worden sei, dass zwei Termine zur Verfügung stünden. Einer der Termine sei der 05.12.2008 gewesen, welchen die Klägerin gewählt habe, da es sich um den Geburtstag ihrer Mutter gehandelt habe. Der andere Termin habe etwa 14 Tage früher gelegen. Ursprünglich sei der Wunschtermin für die Hochzeit der 60. Geburtstag der Klägerin gewesen. Bei der Hochzeit habe man gegenüber dem Standesbeamten angegeben, schon seit langem für eine Hochzeitsreise zu sparen, weshalb keine große Feier veranstaltet werde, zumal es für beide die zweite Ehe sei und damit nichts, was man "an die große Glocke" hänge. Die Klägerin und der Versicherte hätten für die Reise zu den kanarischen Inseln jeder einen Betrag von 1000,00 EUR gespart. Dieses Geld hätte später die Klägerin für die Beerdigung des Versicherten verwendet. Aus Kostengründen habe keine Hochzeitsfeier stattgefunden, vielmehr habe man die Hochzeit nachmittags mit Kaffee und Kuchen gefeiert und sich danach zum Abendessen zur Mutter der Klägerin begeben, die an dem Tag Geburtstag gehabt habe.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 02. Juli 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. November 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr große Witwenrente aus der Versicherung des L. Z. ab 01. März 2009 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie hält den mit der Berufung angegriffenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Die Klägerin hat die Kopie eines Schreibens eines ehemaligen Arbeitskollegen des Versicherten vom 17.08.2010 vorgelegt, in welchem dieser bestätigt hat, dass der Versicherte die Klägerin bei einem Alter von 60 Jahren habe heiraten wollen. Die Heiratspläne seien ihm seit dem Jahr 2000 bekannt gewesen. In einem weiteren Schreiben vom 16.08.2010 hat die Nachbarin W. geäußert, ihr sei seit 1996 bekannt, dass der Versicherte die Klägerin heiraten habe wollen, wenn diese das Rentenalter mit 60 Jahren erreicht habe. Mit Schreiben vom 21.08.2010 hat die am 05.12.1928 geborene Mutter der Klägerin bestätigt, dass ihr seit 15 Jahren bekannt sei, dass der Versicherte und die Klägerin im Rentenalter heiraten würden. Die Schwester der Klägerin, E. S., hat dies mit Schreiben vom 23.08.2010 bestätigt und ausgeführt, der Renteneintritt der Klägerin habe abgewartet werden sollen, weil bis dahin die Schulden abbezahlt gewesen wären. Auch der Sohn der Klägerin, J. T., hat schriftlich bestätigt, dass ihm bekannt sei, dass die Klägerin im Rentenalter von 60 Jahren den Versicherten heirate. Dies sei ihm seit seinem 15. Lebensjahr bekannt. Bis zu diesem Zeitpunkt seien deren Altschulden abbezahlt.
Im Erörterungstermin vom 22.05.2012 hat die Klägerin angegeben, bis zur Heirat hätten sowohl sie als auch der Versicherte ihre eigenen Wohnungen jeweils beibehalten. Den Antrag auf ihre seit 01.10.2008 bezogene Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung habe sie etwa ein Vierteljahr vorher gestellt. Der maßgebliche Grund dafür, dass sie den Versicherten erst im Dezember 2008 geheiratet habe, seien die Schulden gewesen. Der Versicherte sei bereits 2003 schuldenfrei gewesen, als er ihr den Kredit von 6.000,00 EUR gewährt habe. Den Hochzeitstermin 05.12.2008 habe sie so gelegt, weil dies der Geburtstag ihrer Mutter sei. Schon im Jahr 1989 sei geplant gewesen, zu dem Zeitpunkt zu heiraten, in welchem beide schuldenfrei sein würden. Sie habe im September 1992 aufgehört zu arbeiten, dann zunächst Arbeitslosengeld, anschließend bis 2004 Arbeitslosenhilfe und danach Arbeitslosengeld II erhalten. Der Versicherte und die Klägerin hätten eigene Konten gehabt, für die auch nicht gegenseitig Kontovollmachten ausgestellt gewesen seien, und man habe jeweils getrennt eingekauft. Der als Zeuge vernommene Sohn der Klägerin hat angegeben, bei der Verlobung am 17.09.1989 hätten die Klägerin und der Versicherte beschlossen, noch nicht gleich zu heiraten, weil beide Schulden gehabt hätten. Bei jedem Familienfest danach habe der Versicherte erklärt, er werde die Klägerin heiraten, wenn beide keine Schulden mehr hätten.
Mit Auskunft vom 27.11.2012 hat der Standesbeamte W. mitgeteilt, er könne nicht sagen, wann sich die Klägerin bzw. der Versicherte wegen einer Eheschließung erkundigt hätten. Die Anmeldung der Eheschließung sei am 05.12.2008 erfolgt. Die Eheschließung selbst sei unmittelbar im Anschluss an die Anmeldung erfolgt. Bei der Vorbereitung der Anmeldung sei festgestellt worden, dass das Geburtsregister des Standesamts S. II jetzt beim Standesamt I in B. geführt werde, weshalb von dort eine beglaubigte Abschrift (gefertigt am 31.10.2008) habe angefordert werden müssen. Benötigt worden sei ferner eine Ablichtung des Familienbuchs der ersten Ehe des Versicherten, welche am 28.10.2008 vom Standesamt R. ausgestellt worden sei. Wie lange die Bearbeitung von der Antragstellung bis zur Ausfertigung gedauert habe, könne er nicht sagen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin bei ihrer informatorischen Anhörung angegeben, sie habe nicht gewusst, dass der Versicherte an Krebs erkrankt sei. Er habe ihr auch nie etwas gesagt. Sie habe aber schon gewusst, dass etwas nicht stimmt. Nach der Chemotherapie sei es dem Versicherten jedoch wieder gut gegangen. Sie hätten am 05.12.2008 geheiratet, weil dies der Geburtstag ihrer Mutter gewesen sei. Ihre eigene Wohnung habe sie im Oktober 2008 aufgegeben.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die Akte des SG sowie die Senatsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtlich nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Witwenrente.
Gemäß § 46 Abs. 2 S. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben Witwen, die nicht wieder geheiratet haben, nach dem Tod des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, unter anderem dann Anspruch auf große Witwenrente, wenn sie das 47. Lebensjahr vollendet haben. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Klägerin ist die Witwe des am 21.02.2009 verstorbenen Versicherten, der die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren gemäß § 50 Abs. 1 SGB VI erfüllt hatte. Zum Zeitpunkt des Todes hatte sie auch das 47. Lebensjahr vollendet.
Nach § 46 Abs. 2a SGB VI, der mit Wirkung vom 1.1.2002 durch das Altersvermögensergänzungsgesetz (vom 21.3.2001, BGBl I 403) eingeführt worden ist und für alle seit dem 1.1.2002 geschlossenen Ehen gilt (§ 242a Abs. 3 SGB VI), ist der Anspruch auf Witwenrente ausgeschlossen, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Die Ehe zwischen der Klägerin und dem Versicherten hat weniger als ein Jahr (vom 05.12.2008 bis 21.02.2009) gedauert; damit ist der Tatbestand des § 46 Abs. 2a Halbsatz 1 SGB VI erfüllt.
Die entsprechende Rechtsfolge (Ausschluss des Anspruchs auf Witwenrente) tritt jedoch dann nicht ein, wenn "besondere Umstände" vorliegen, aufgrund derer trotz der kurzen Ehedauer die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen (§ 46 Abs. 2a Halbsatz 2 SGB VI). Vorliegend sind solche "besonderen Umstände" nicht nachgewiesen und damit die gesetzliche Vermutung nicht widerlegt.
Der Begriff der "besonderen Umstände" in § 46 Abs. 2a Halbsatz 2 SGB VI ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der der vollen richterlichen Kontrolle unterliegt. Hierbei geht der Senat im Anschluss an die höchstrichterliche Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 05.05.2009, B 13 R 55/08 R, SozR 4-2600 § 46 Nr. 6; Urteil vom 27.08.2009, B 13 R 101/08 R, (jeweils juris)) davon aus, dass als besondere Umstände alle äußeren und inneren Umstände des Einzelfalles anzusehen sind, die auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund für die Heirat schließen lassen. Dabei kommt es auf die Beweggründe beider Ehegatten an, es sei denn, dass der hinterbliebene Ehegatte den Versicherten beispielsweise durch Ausnutzung einer Notlage oder Willensschwäche zur Eheschließung veranlasst hat. Die Annahme einer Versorgungsehe ist dabei nur dann nicht gerechtfertigt, wenn die Gesamtbetrachtung und Abwägung der Beweggründe beider Ehegatten für die Heirat ergibt, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt gesehen den Versorgungszweck überwiegen oder zumindest gleichwertig sind. Es ist daher auch nicht zwingend, dass bei beiden Ehegatten andere Beweggründe als Versorgungsgesichtspunkte für die Eheschließung ausschlaggebend waren. Vielmehr sind die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe in ihrer Gesamtbetrachtung auch dann noch als zumindest gleichwertig anzusehen, wenn nachweislich für einen der Ehegatten der Versorgungsgedanke bei der Eheschließung keine Rolle gespielt hat. Die vom hinterbliebenen Ehegatten behaupteten inneren Umstände für die Heirat sind zudem nicht nur für sich - isoliert - zu betrachten, sondern vor dem Hintergrund der im Zeitpunkt der jeweiligen Eheschließung bestehenden äußeren Umstände in die Gesamtwürdigung, ob die Ehe mit dem Ziel der Erlangung einer Hinterbliebenenversorgung geschlossen worden ist, mit einzubeziehen. Eine gewichtige Bedeutung kommt hierbei stets dem Gesundheits- bzw. Krankheitszustand des Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung zu. Ein gegen die gesetzliche Annahme einer Versorgungsehe sprechender besonderer (äußerer) Umstand im Sinne des § 46 Abs. 2a Halbsatz 2 SGB VI ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Tod des Versicherten, hinsichtlich dessen bisher kein gesundheitliches Risiko eines bevorstehenden Ablebens bekannt war, unvermittelt eingetreten ist. Hingegen ist bei Heirat eines zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidenden Versicherten in der Regel der Ausnahmezustand des § 46 Abs. 2a Halbsatz 2 SGB VI nicht erfüllt. Jedoch ist auch bei einer nach objektiven Maßstäben schweren Erkrankung mit einer ungünstigen Verlaufsprognose und entsprechender Kenntnis der Ehegatten der Nachweis nicht ausgeschlossen, dass dessen ungeachtet aus anderen als aus Versorgungsgründen geheiratet wurde. Allerdings müssen dann bei der abschließenden Gesamtbewertung diejenigen besonderen (inneren und äußeren) Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, umso gewichtiger sein, je offenkundiger und je lebensbedrohlicher die Krankheit eines Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung gewesen war. Der Ausnahmetatbestand des § 46 Abs. 2a Halbsatz 2 SGB VI wird nur erfüllt, wenn insoweit nach § 202 SGG i.V.m. § 292 Zivilprozessordnung (ZPO) der volle Beweis erbracht wird. Dieser erfordert zumindest einem der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit (BSG, Urteil vom 5.5.2009, a.a.O.). Eine Tatsache ist danach nur dann bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 128 Rn. 3b m.w.N.).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist ein neben den Versorgungsmotiven zumindest gleichwertiges Motiv bzw. gleichwertiger Umstand nicht mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen. Damit ist die gesetzliche Vermutung des § 46 Abs. 2a SGB VI nicht widerlegt.
Nachgewiesen ist, dass der Versicherte zum Zeitpunkt der Eheschließung an einer zum Tode führenden Erkrankung gelitten hat, einem Magenstumpfkarzinom (ED 07/2007) mit Status nach Gastrektomie mit Lebermetastasen und Lymphknotenmetastasen, welches im Dezember 2008 bereits schmerzhafte Metastasen an drei Brustwirbelkörpern ausgebildet hatte. An den Folgen dieser Erkrankung ist der Versicherte am 21.02.2009 verstorben. Auch wenn der Versicherte bis zuletzt gehofft hat, trotz der Unheilbarkeit der Erkrankung diese durch Ausschöpfen aller Behandlungsmöglichkeiten positiv beeinflussen zu können (schriftliche Zeugenaussage Dr. M. vom 07.03.2010), von Dr. L. als "deutliche Verdrängungsmechanismen" umschrieben (schriftliche Zeugenaussage vom 04.03.2010), steht für den Senat fest, dass sowohl der Versicherte als auch die Klägerin über die Krebsdiagnose als auch die Schwere der Erkrankung vor der Eheschließung aufgeklärt gewesen sind. Der Senat stützt seine diesbezügliche Überzeugung auf die Ausführungen der behandelnden Hausärztin Dr. M. gegenüber dem SG (a.a.O.) und den insoweit klaren und eindeutigen Hinweis im Entlassungsbericht der St. J.klinik O. vom 20.07.2007. Die Einlassungen der Klägerin, ihr sei nur bekannt gewesen, dass der Versicherte krank gewesen sei, und sie habe erst im J.uar 2009 erfahren, dass es sich um eine zum Tode führende Krebserkrankung gehandelt habe, sieht der Senat hierdurch als widerlegt an. Dies gilt auch für das Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, sie habe nichts von der Krebserkrankung des Versicherten gewusst. Denn andererseits gab die Klägerin an, nach der "Chemo" sei es dem Versicherten wieder gut gegangen, was - auch bei laienhaftem Verständnis des Begriffes der Chemotherapie - auf ein Wissen der Klägerin um die Schwere der Erkrankung ihres Partners schließen lässt.
Der Versicherte ist zusätzlich noch von Dr. L. allgemein über die aus der Krankheit resultierende verminderte Lebenserwartung, die Dr. L. für den Zeitpunkt der Eheschließung im Dezember 2008 mit (statistisch) 3 bis 6 Monaten angegeben hat, informiert worden, ohne dass ihm gegenüber allerdings konkrete Angaben zur verbleibenden statistischen Lebenserwartung gemacht worden sind, was auch aus den Ausführungen von Dr. M. hervorgeht. Er hat gewusst, dass die Erkrankung nur noch palliativ behandelbar gewesen ist (vgl. Arztbericht Dr. L. vom 08.03.2008).
Objektivierbare Anhaltspunkte für eine richtungsweisende Verbesserung des Gesundheitszustandes des Versicherten vor der Eheschließung am 05.12.2008 hat der Senat nicht feststellen können. Vielmehr ist der Versicherte nach über zweimonatigem stationärem Aufenthalt nach Wiederherstellung der Nahrungspassage am 28.07.2008 in "deutlich reduziertem Allgemeinzustand" (Entlassungsbericht vom 24.07.2008) entlassen worden. Nach im Krankenhaus aufgetretener Sepsis mit Platzbauch hat eine große Bauchwunde bestanden, welche bis zum Tode des Versicherten nicht mehr zugeheilt ist (schriftliche sachverständige Zeugenaussage Dr. M. a.a.O.) und am 04.10.2008 auf einer Fläche von 48,21 cm³ bestanden hat (vgl. Bericht des Krankenpflegers und Wundberaters B. vom 04.10.2008). Dies kann auch der Klägerin nicht verborgen geblieben sein.
Nicht nur der gesundheitliche Zustand des Versicherten zum Zeitpunkt der Heirat und die mehr als 19 Jahre währende Verlobungszeit, auch das konkrete zeitliche Procedere im Zusammenhang mit der Begründung eines gemeinsamen Hausstandes (zum 01.10.2008) und der Eheschließung (am 05.12.2008) legen dringend nahe, dass jedenfalls das überwiegende Motiv für die Eheschließung zu dem gewählten Zeitpunkt die Optimierung der Versorgung der Klägerin gewesen ist. Solange die Klägerin - bis zum Einsetzen ihrer Altersrente am 01.10.2008 - ihren Lebensunterhalt von bedürftigkeitsabhängigen Sozialleistungen bestritten hat (zunächst jahrelang von Arbeitslosenhilfe, dann ab 1.1.2005 von Arbeitslosengeld II), sind trotz des seit September 1989 "schwebenden" Eheversprechens von ihr und dem Versicherten weder ein gemeinsamer Hausstand gegründet worden, noch haben diese, wie bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften die Regel, "aus einem Topf" gewirtschaftet. Finanziell hat sich diese Lebensform positiv für die Klägerin und den Versicherten ausgewirkt, denn die Gründung eines gemeinsamen Hausstandes in Gestalt einer "Bedarfsgemeinschaft" hätte dazu geführt, dass das Einkommen des Versicherten - ganz oder teilweise - anspruchsmindernd bei den von der Klägerin bezogenen bedürftigkeitsabhängigen Sozialleistungen anrechenbar gewesen wäre (vgl. für das seit 1.1.2005 bezogene Arbeitslosengeld II §§ 9 Abs. 2 Satz 1, 7 Abs. 3a Nrn. 1 und 4 Zweites Buch Sozialgesetzbuch - SGB II). Indem die Klägerin und der Versicherte konsequent bis zum Einsetzen der einen Anspruch auf SGB II-Leistungen weitgehend beseitigenden Altersrente bei der Klägerin gewartet haben, um zum 01.10.2008 einen gemeinsamen Hausstand zu gründen und sodann am 05.12.2008 zu heiraten, legt dies als Motiv eine Optimierung der Versorgung der Klägerin nahe, denn erst zu diesem Zeitpunkt stand dem Erwerb des Anspruchs auf Hinterbliebenenrente durch eine Heirat nicht mehr ein (zumindest teilweiser) Verlust bedürftigkeitsabhängiger Sozialleistungen gegenüber. In diesen Kontext lassen sich auch die Angaben der Verwandten, der Nachbarin und eines Arbeitskollegen, wonach die Klägerin und der Versicherte bereits einige Jahre zuvor geplant hatten, erst mit Einsetzen der Altersrente der Klägerin zu heiraten, schlüssig einordnen. Mit den dargelegten Erwägungen zu den finanziellen Folgen einer Hochzeit vor Beginn der Altersrente lässt sich erklären, warum die Klägerin und der Versicherte schon Jahre vorher geplant hatten, erst mit Einsetzen der Altersrente zu heiraten. Dies aber spricht dann gerade für und eben nicht gegen eine überwiegend von Versorgungsmotiven getragene Heirat.
Demgegenüber hat sich der Senat nicht davon überzeugen können, dass ein wesentliches Motiv für den Hochzeitstermin eine Schuldenfreiheit der Klägerin, die genau zum 60. Geburtstag eingetreten sein soll, gewesen ist. Bereits nicht feststellbar ist, ob der Versicherte der Klägerin tatsächlich im November 2000 zur Tilgung von gegenüber Dritten seinerzeit noch bestehenden Restschulden ein Darlehen über 3.000,00 EUR gewährt hat, welches diese in Monatsraten von 100,00 EUR an diesen zurückgezahlt hat. In diesem Zusammenhang erscheint insbesondere fraglich, aus welchen Mitteln die Klägerin, die nach ihren eigenen Angaben im Erörterungstermin vom 22.05.2012 seit J.uar 2005 im SGB II-Leistungsbezug gewesen ist, die monatlich 100,00 EUR Darlehensrate aufgebracht haben will, denn der Regelsatz für SGB II-Leistungen ist so bemessen, dass er das Existenzminimum deckt, der Leistungsempfänger daneben aber nicht noch 100,00 EUR über einen Zeitraum von mehreren Jahren entbehren kann, ohne dass es dann am Nötigsten fehlen würde. Dies gilt umso mehr, als die Klägerin daneben noch 1.000,00 EUR für eine Hochzeitsreise auf die kanarischen Inseln gespart haben will.
Die Gesamtbetrachtung der Beweggründe und der äußeren Umstände belegen nicht, dass von der Versorgungsabsicht verschiedene Beweggründe zumindest gleichwertig waren. Hiernach war die Berufung der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) bestehen nicht.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung großer Witwenrente aus der Versicherung des am 21.02.2009 verstorbenen L. Z. (im Folgenden: Versicherter); insbesondere ist zwischen den Beteiligten streitig, ob eine Versorgungsehe vorliegt.
Die erste Ehe des 1938 geborenen Versicherten wurde mit Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - M. vom 25.04.1983 geschieden. Der Versicherte hatte aus erster Ehe vier Kinder. Die 1948 geborene Klägerin war ebenfalls geschieden; aus ihrer ersten Ehe ging ein 1974 geborener Sohn hervor. Der Versicherte bezog auf seinen Antrag vom 16.08.2001 ab dem 01.01.2002 bis zu seinem Tod Altersrente. Der Zahlbetrag betrug zuletzt 722,23 EUR. Die Klägerin bezieht seit 01.10.2008 von der Beklagten Altersrente für schwer behinderte Menschen, deren Nettozahlbetrag zunächst 614,57 EUR und ab Juli 2009 nach der im Verfahren vor dem Sozialgericht (SG) Freiburg vorgelegten Rentenanpassungsauskunft 631,13 EUR betragen hat. Daneben erhält sie eine Leibrente der A. AG von 52,98 EUR und Wohngeld.
Mitte der 1960er Jahre war beim Versicherten eine Magenteilresektion Typ Billroth II wegen eines therapieresistenten Ulcera ad pylorum vorgenommen worden (vgl. Bericht der St. J.klinik O. vom 21.08.2007). Während eines stationären Aufenthalts in der St. J.klinik in O. vom 17.07.2007 bis 21.07.2007 wurde beim Versicherten ein blutendes Magenstumpfkarzinom (Histologie: Tumorinfiltrate eines mittelhoch differenzierten Adenokarzinoms) mit Verdacht auf Lymphknotenmetastasen diagnostiziert. Ausweislich des Entlassungsberichts der internistischen Abteilung der St. J.klinik vom 20.07.2007 sei der Versicherte in Anwesenheit der Klägerin über die bösartige Natur der Erkrankung aufgeklärt worden. Der Versicherte wünsche ferner, dass seine – mit Namen und Telefonnummer im Entlassungsbericht aufgeführte – Lebensgefährtin (die Klägerin) über den weiteren Verlauf informiert werden solle. Der Versicherte wurde in die chirurgische Abteilung verlegt, wo am 23.07.2007 eine Adhäsiolyse und Gastrektomie einschließlich der GE und Rekonstruktion mittels Roux-Y ausgeschalteter Jejunumschlinge, eine Milzexstirpation bei Serosadefekt und diskreter Blutung und eine Lymphknotenexstirpation aus dem Mesojejunum vorgenommen wurden. Die Revisionsoperation nach Abriss der Anastomose (Anastomosenrevision mit Resektion der Oesophagusmanschette und hochgezogener Jejunummanschette) misslang; es kam wiederum zur Anastomoseninsuffizienz (Entlassungsbericht St. J.klinik vom 21.08.2007). Mit Verdacht auf kompletten Abriss der Manschette wurde der Versicherte in das O. Klinikum L. verlegt und erneut operiert. Im Operationsbericht vom 27.08.2007 wurde ausgeführt, dass eine erneute Anastomosierung mit einem extrem hohen Insuffizienzrisiko behaftet gewesen sei, so dass nur noch die Option der Einlage einer Ernährungssonde ins Jejunum bestanden habe, welche dann realisiert worden sei. Der Versicherte befand sich anschließend noch bis zum 05.10.2007 in stationärer Behandlung. Im Entlassungsbericht vom 04.10.2007 berichtete Dr. L. über eine konsiliarische Mitbetreuung des Versicherten durch die psychosomatische Abteilung des Krankenhauses, nachdem er mehrfach seine große Angst betreffend eine eventuell nicht durchführbare Reanastomisierung mitgeteilt habe.
Am 18.01.2008 stellte sich der Versicherte erneut im O. Klinikum L. vor. Dort wurde die Diagnose neu aufgetretener Lebermetastasen im Segment IV und V gestellt, ferner bestehe ein ausgeprägtes paraortales Lymphom. Ausweislich des Entlassungsberichts vom 12.02.2008 sei der Versicherte über die neu aufgetretenen Lebermetastasen informiert worden. Zunächst solle eine Chemotherapie durchgeführt werden, nach Ansprechen der Lebermetastasen auf die Chemotherapie könne die vom Versicherten gewünschte Re-Anastomosierung angestrebt werden. Am 03.03.2008 suchte der Versicherte die Schwerpunktpraxis Hämatologie und Onkologie Dres. M. in O. auf. Ausweislich des Berichts vom 08.03.2008 sei der Versicherte gezielt zur Einleitung einer palliativen Chemotherapie gekommen und habe sich über den palliativen Charakter seiner Erkrankung informiert gezeigt. Er hoffe gleichwohl auf eine erneute Operation mit Herstellung der Ösophaguspassage, was ihn verständlicherweise psychisch sehr belaste. Postoperativ sei initial keine Chemotherapie eingesetzt worden; in der momentanen Situation sei sie "weiterhin gut zu überlegen". Nachdem Dr. L. jedoch den dringenden Therapiewunsch des Versicherten unterstütze, habe man sich mit dem Versicherten zum Therapieversuch entschlossen. Geplant seien 4-6 Zyklen und dann eine Wiedervorstellung bei den Chirurgen.
Am 13.05.2008 begab sich der Versicherte wieder in stationäre Behandlung im O. Klinikum L. zur Durchführung einer operativen Rekonstruktion der Passage. Ausweislich des OP-Berichts vom 20.05.2008 hätten sich mittlerweile Lebermetastasen sowie paraortale Lymphknotenmetastasen eingestellt, welche unter Chemotherapie nur partiell remittiert seien. Trotz des persistierenden Tumorleidens habe der Versicherte äußerst stark auf eine Wiederherstellung der Nahrungspassage gedrängt. Die Operation wurde am 16.05.2008 durchgeführt. Nach Verlegung des Versicherten auf die Normalstation kam es ausweislich des Entlassungsberichts zur Ausbildung einer beatmungspflichtigen respiratorischen Insuffizienz sowie eines Platzbauches. Am 22.05.2008 wurde eine Revisionslaparotomie durchgeführt. Es kam zur Infektion der Wunde mit Methicillin resistenten Staph. Aureus (MRSA) sowie zur Ausbildung rezidivierender Bronchopneumonien mit Pleuraergüssen beidseits. Im Verlauf immer wieder aufgetretene rezidivierende Verschlechterungen der respiratorischen Funktion seien mit antibiotischer Therapie behandelt worden. Zuletzt habe der Versicherte nach stufenweisem Kostaufbau nur noch gelegentlich ÜbE.it und Durchfall, welche symptomatisch behandelt würden, gezeigt. Er habe bei noch deutlich reduziertem Allgemeinzustand nicht zuletzt aufgrund der Dauerisolierung wegen MRSA auf Entlassung gedrängt, welche am 28.07.2008 erfolgte.
Am 05.12.2008 gingen die Klägerin und der Versicherte die Ehe ein (beglaubigte Abschrift aus dem Familienbuch vom 05.12.2008).
Vom 17.01.2009 bis 22.01.2009 befand sich der Versicherte wiederum in stationärer Behandlung im O. Klinikum, diesmal in der Klinik in O., wo bei defektem Portsystem eine Portrevision durchgeführt und eine palliative Schmerzbestrahlung TH3 bis TH10 der Wirbelsäule durchgeführt wurde, ferner eine Exsikkose und Pneumonie rechts behandelt wurden (Entlassungsbericht vom 06.02.2009). Gemäß dem klinischen Befund wurde der Versicherte als kränklicher 70 Jahre alter Patient mit blassem Hautkolorit beschrieben. Es finde sich ein weiterbestehender Platzbauch mit großem Verband und eitrig belegter Wunde. Psychisch sei der Versicherte wach und orientiert, allerdings habe er sich in der Notaufnahme etwas verwirrt gezeigt. Zuletzt sei der Versicherte in stabilem Allgemeinbefinden nach Hause entlassen worden.
Aktenkundig ist ein weiterer Bericht des Internisten, Onkologen, Hämatologen und Palliativmediziners Dr. L. vom 27.01.2009, ausweislich dessen sich am 19.12.2008 bei einem erneuten CT vergrößerte Lymphknoten beidseits axillär (DD: Lymphknotenmetastasen) gezeigt hätten, ferner ein Lungenrundherd am rechten Lungenoberlappen (DD: Narbe/Lungenmetastase). Auch eine nachweisbare Osteodestruktion im BWS-Bereich passend zu Metastasen sei nachweisbar gewesen. Ausweislich des CT des Abdomen (ebenfalls vom 19.12.2008) hätten sich ein Verdacht auf neu aufgetretene Lebermetastasen und ein dringender Verdacht auf Lymphknotenmetastasen mesenterial und größenprogrediente Lymphknotenmetastasen im Eingang zur Leberpforte ergeben. Demgegenüber seien die akuten entzündlichen Veränderungen im Oberbauchbereich nach Gastrektomie deutlich rückläufig gewesen. Im Dezember 2008 seien die CT-Befunde mit dem Versicherten besprochen worden, ferner sei eine Undichtigkeit des Ports aufgefallen, welche jetzt im O. Klinikum O. revidiert worden sei. Bis vergangene Woche sei der Versicherte dort wegen Pneumonie in stationärer Behandlung gewesen. Aufgrund der akuten Gewichtsabnahme sei mit dem Versicherten eine erneute parenterale Ernährung besprochen worden, welche jetzt nach der Portrevision wieder aufgenommen worden sei. Die bisher therapierefraktäre Schmerzsymptomatik in der BWS (imponierend im CT als Osteolysen, welche als Metastasen zu werten seien) habe zur Vorstellung in der Radio-Onkologie (Bestrahlungsbeginn 28.01.2009) geführt. Mit dem Versicherten habe er über eine mögliche palliative Chemotherapie nach Stabilisierung des Allgemeinzustandes gesprochen, abhängig von seinem Befinden und dem Zustand der Bauchwunde. Der Versicherte wolle dies auf jeden Fall durchführen.
Im Zeitraum vom 28.01.2009 bis 20.02.2009 wurden beim Versicherten palliative Bestrahlungen BWK 3 bis BWK 10 im Klinikum O. durchgeführt. Ausweislich des Berichts vom 25.02.2009 hätte der Versicherte eine stationäre Behandlung abgelehnt, initial habe er sogar einen Rot-Kreuz-Transport abgelehnt; letztlich sei dieser jedoch im Verlauf doch genutzt worden. Der Appetit sei rückläufig gewesen, die pulmonale Situation hätte sich im Verlauf verschlechtert. Am 21.02.2009 verstarb der Versicherte (vgl. auch Sterbeurkunde vom 25.02.2009).
Am 04.03.2009 beantragte die Klägerin über die Stadt O. bei der Beklagten die Gewährung von Witwenrente. Unter "Bemerkungen zum Vorgang" ist vermerkt: "Die Eheleute leben schon seit ca. 27 Jahren zusammen. Sie haben sich vorgenommen erst dann zu heiraten, wenn beide Partner in Rente sind. Der Verstorbene war zwar bei der Heirat schon krank, jedoch der Tod nicht voraussehbar."
Die Beklagte holte eine Auskunft der den Versicherten als Hausärztin behandelnden Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. M. ein, welche am 31.03.2009 ausführte, der Versicherte sei an den Folgen des Magenkarzinoms verstorben. Der Verlauf der Krebserkrankung sei ungünstig gewesen mit vielen Komplikationen. Trotzdem habe der Versicherte die Hoffnung nie aufgegeben und alle Therapien gewünscht und ertragen, die möglich gewesen seien. Der Versicherte sei sicher nicht vollständig über seine schlechte Prognose aufgeklärt gewesen. Er habe zwar gewusst, dass man ihm nicht helfen könne, habe aber nicht mit seinem baldigen Tod gerechnet. Daher habe er im Mai 2008 auch in Kauf genommen, das Risiko einer Wiederherstellung der Oesophaguspassage einzugehen. Sicherlich habe niemand dem Versicherten vorhersagen können, wie lange seine Lebenszeit voraussichtlich noch sein würde. Aufgrund seiner massiven Angstzustände seit Diagnose des Karzinoms hätten sich zusätzlich alle behandelnden Ärzte zurückgehalten, allzu konkrete Aussagen zu treffen und hätten das Thema "noch verbleibende Lebenszeit" eher zurückgehalten. Der Versicherte habe schon länger vorgehabt, die Klägerin zu heiraten, nachdem sie über 20 Jahre ein Paar gewesen seien. Immer wieder habe er das Vorhaben verschoben, weil er sich gesundheitlich noch besser habe stabilisieren wollen. Sie vermöge nicht zu beurteilen, wie wahrscheinlich der Versicherte bei Eheschließung mit seinem Tod innerhalb eines Jahres habe rechnen müssen. Auch Statistiken würden über den Einzelfall nichts aussagen. Der Versicherte habe so viele Komplikationen überstanden, dass auch sie selbst nicht so bald mit seinem Tod gerechnet habe. Der Auskunft beigefügt waren die bereits dargestellten Befunde und Entlassungsberichte.
Nach Auswertung der Unterlagen führte Dr. S. vom Sozialmedizinischen Dienst der Beklagten mit Stellungnahme vom 03.06.2009 aus, es habe sich bei dem Versicherten um ein fortgeschritten gewachsenes Magen-NPL im Stadium T2, N2, M1 gehandelt (bei operativer Behandlung im Juli 2007 bereits Fernmetastasierung und Lymphknotenmetastasen). Bereits im J.uar 2008 finde man zunehmende Lebermetastasen, worauf eine Chemotherapie eingesetzt habe. Trotz dieser Behandlung seien im Mai 2008 peritoneale weitere Metastasen festgestellt worden. Im Dezember 2008 hätten sich Knochenmetastasen abgezeichnet. Es sei demnach bei Eheschließung im Dezember 2008 bereits absehbar gewesen, dass bei einem so weit fortgeschrittenen metastasierenden Karzinomleiden die Krankheit innerhalb weniger Monate zum Tode führen müsse.
Mit Bescheid vom 10.06.2009 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Witwenrente ab, da bei Eheschließung am 05.12.2008 bereits absehbar gewesen sei, dass die Krankheit des Versicherten innerhalb weniger Monate zum Tode führe und es sich somit um eine Versorgungsehe handele.
Zur Begründung ihres Widerspruchs führte die Klägerin aus, zum Zeitpunkt der Hochzeit sei nicht voraussehbar gewesen, dass ihr Mann sterben werde. Nach der Therapie sei es ihm wieder besser gegangen. Erst im J.uar 2009 sei er an Lungenentzündung erkrankt und deshalb vom 17.01.2009 bis 22.01.2009 im O. Klinikum gewesen. Dort habe man dann die Wirbelkörpermetastasierung festgestellt. Am 28.01.2009 sei dann mit der Bestrahlung begonnen worden. Von Tag zu Tag habe man sehen können, wie es dem Versicherten schlechter gegangen sei. Die Bestrahlung sei für den geschwächten Körper nach ihrer Ansicht einfach zu stark gewesen. Sie könne nochmals bestätigen, dass sie wegen der Krankheit nicht geheiratet hätten. Sie hätten seit 1982 zusammengelebt und hätten beschlossen zu heiraten, sobald die Klägerin in Rente gehe (Erklärung vom 30.07.2009). Weiter führte die Klägerin aus, bedingt durch ihre erste Ehe mit Schuldenüberlastung seitens des Ehemanns und wegen bestehender Zahlungsverpflichtungen des Versicherten aus seiner ersten Ehe und Unterhaltszahlungen an seine Kinder habe man den 60. Geburtstag der Klägerin als Zeitpunkt der Eheschließung gewählt. Der Grund für den zeitlichen Rahmen der Eheschließung sei nicht die bestehende Krankheit gewesen, sondern einzig und allein die Zahlungsverpflichtungen. Man habe gemeinsam eine Zukunft ohne Schulden und die Gefahr, dass der neue Partner die Schulden übernehmen müsse, aufbauen wollen. Die Verbindung habe bereits seit 1982 ohne Trauschein bestanden. Zum Zeitpunkt der Eheschließung habe niemand ahnen können, dass die Lebenserwartung des Versicherten so nahe begrenzt gewesen sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.11.2009 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Ein langjähriges Zusammenleben mit dem Versicherten wie im Falle der Klägerin unterstütze die Rechtsvermutung, dass es alleiniger oder überwiegender Zweck sei, der späteren Witwe eine Versorgung zu verschaffen, denn einem langjährigen Zusammenleben ohne Trauschein liege in der Regel die bewusste Entscheidung zu Grunde, nicht zu heiraten. Dies gelte umso mehr, wenn nach jahrelangem Zusammenleben ohne Eheschließung nach dem Bekanntwerden einer zum Tode führenden Erkrankung geheiratet werde. Der Tod des Versicherten sei auch nicht plötzlich oder unvermutet eingetreten. Vielmehr habe ein fortgeschritten gewachsenes Magenkarzinom vorgelegen. Bereits bei dessen operativer Behandlung im Juli 2007 hätten sich Fernmetastasen und Lymphknotenmetastasen gezeigt, im J.uar 2008 dann zunehmende Lebermetastasen. Trotz Chemotherapie seien im Mai 2008 peritoneale weitergehende Metastasen festgestellt worden. Darüber hinaus hätten sich im Dezember 2008 Knochenmetastasen abgezeichnet. Nach Auffassung des Ärztlichen Dienstes der Beklagten sei bei Eheschließung absehbar gewesen, dass die Krankheit innerhalb weniger Monate zum Tod führen müsse.
Hiergegen hat die Klägerin am 09.12.2009 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und neben der Bezugnahme auf das Vorbringen im Widerspruchsverfahren ergänzend ausgeführt, man habe sich bereits im Jahr 1982 kennen gelernt und im Jahr 1989 offiziell die Verlobung bekannt gegeben. Aufgrund der finanziellen Situation der Ehepartner sei eine frühere Verheiratung nicht in Betracht gekommen, da zunächst jeder die finanziellen Belastungen aus früheren Beziehungen habe regeln wollen. Zwar habe es rechtlich gesehen keine Verpflichtung gegeben, für die Verpflichtungen des jeweiligen Partners nach einer Eheschließung aufzukommen. In der Praxis hätte es aber einen Haushaltsgeldbetrag gegeben, von welchem die Verpflichtungen beglichen hätten werden müssen. Beide Partner seien finanziell nicht so ausgestattet gewesen, als dass der eine für den anderen Partner dessen Verpflichtungen in einer Ehe hätte erfüllen können. Die Klägerin verfüge nur über geringe finanzielle Mittel.
Die Beklagte ist der Klage unter Berufung auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 05.05.2009 (B 13 R 55/08 R) entgegengetreten. In dieser Entscheidung habe das BSG ausgeführt, dass bei Heirat eines zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidenden Versicherten in der Regel der Ausnahmetatbestand des § 46 Abs. 2a Halbsatz 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) nicht erfüllt sei. Dieser werde nur dann erfüllt, wenn insoweit nach § 202 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Verbindung mit § 292 der Zivilprozessordnung (ZPO) der volle Beweis erbracht werde. Dieser erfordere einen der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit. Die nur denkbare Möglichkeit reiche nicht aus. Nach den Feststellungen der Beklagten sei der Tod des Versicherten am 21.02.2009 nicht unerwartet eingetreten, sondern die Folge einer mehrjährigen schweren Erkrankung.
Das SG hat die behandelnden Ärzte des Versicherten schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Der Onkologe Dr. L. hat mit Schreiben vom 04.03.2010 ausgeführt, die zwischenzeitlich durchgeführte Chemotherapie und auch die Operation hätten an der Gesamtsituation der metastasierten Erkrankung nichts geändert. Vielmehr sei es im Dezember 2008 zum Fortschreiten der Erkrankung gekommen mit Verdacht auf neu aufgetretene Lungenmetastasen und neu diagnostizierte Knochenmetastasen. Außerdem habe der Verdacht auf neu aufgetretene Lymphknotenmetastasen bestanden. Im Dezember sei dann eine Bestrahlung der Knochenmetastasen besprochen worden. Zusätzlich seien eine Fortsetzung der parenteralen Ernährungstherapie und eine intensive Schmerztherapie mit Morphinen begonnen worden. Bei fortschreitender Metastasierung der Erkrankung schätze er die statistische Lebenserwartung des Versicherten im Dezember 2008 zwischen drei und sechs Monaten ein. Der Versicherte habe Kenntnis von seiner Erkrankung gehabt, zur Klägerin habe er keinen Kontakt gehabt. Die Schwere der Erkrankung und die Manifestation habe er mit dem Versicherten besprochen, allerdings habe hier der Versicherte deutliche Verdrängungsmechanismen gezeigt. Bezüglich der Lebenserwartung sei der Versicherte nicht informiert gewesen; aufgrund der Schwere der Erkrankung habe er ihm eine verminderte Lebenserwartung mitgeteilt, dies jedoch nicht durch Zeitangaben konkretisiert.
Die Hausärztin des Versicherten Dr. M. hat mit Schreiben vom 07.03.2010 den Verlauf der Erkrankung skizziert und ausgeführt, im Mai 2008 sei auf Drängen des Versicherten eine Reanastomosierung durchgeführt worden. Hierbei seien erneut Komplikationen in Form von Anastomoseninsuffizienz und Platzbauch aufgetreten. Die neue große Bauchwunde sei bis zum Tod des Versicherten nicht mehr komplett zugeheilt. Im Dezember 2008 habe der Versicherte über starke Rückenschmerzen geklagt. Radiologisch hätten sich Metastasen an drei Brustwirbelkörpern und neu nachweisbare Lymphknotenmetastasen mesenterial und an der Leberpforte gezeigt. Beim Versicherten habe bei Diagnosestellung im Juli 2007 ein Tumorstadium IV vorgelegen, in welchem es in der Regel keine 5-Jahres-Überlebensrate gebe. Der Versicherte und die Klägerin seien im Juli 2007 über die Diagnose Magenkarzinom informiert und sowohl von ihr als auch von Kollegen auf die Schwere der Erkrankung hingewiesen worden. Allerdings gehe sie nicht davon aus, dass dem Ehepaar von Kollegen eine Zahl an Monaten genannt worden sei, die der Versicherte wahrscheinlich noch zu leben hätte. Auch von ihrer Seite sei eine konkrete Prognose nicht ausgesprochen worden. Der Versicherte habe auf die Chemotherapie teilweise angesprochen und mit seinem starken Lebenswillen die vielen Komplikationen überstanden. Nach Diagnosestellung der weiteren Metastasen im Dezember 2008 habe der Versicherte auf erneute Besserung durch Bestrahlung und anschließender Chemotherapie gehofft. Trotz der weiteren Zustandsverschlechterung und Information über seinen kritischen Zustand habe er die Hoffnung nicht aufgegeben und maximal therapiert werden wollen. Für sie sei es glaubhaft, dass das Ehepaar trotz des ungünstigen Verlaufs nicht mit einem so baldigen Tod des Versicherten gerechnet habe.
Mit Gerichtsbescheid vom 02.07.2010 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, bereits zum Zeitpunkt der Eheschließung am 05.12.2008 habe der Versicherte offensichtlich an einer lebensbedrohlichen Krankheit gelitten. Aufgrund dessen habe er eine deutlich geringere Lebenserwartung gehabt. Dies wie auch die Schwere der Erkrankung sowie deren Manifestation seien dem Versicherten sowohl durch Dr. M. als auch durch Dr. L. mitgeteilt worden. Diese seien davon ausgegangen, dass der Versicherte dies trotz Verdrängungsmechanismen auch erfasst habe. Die inneren und äußeren Umstände, welche gegen eine Versorgungsehe sprächen, müssten umso gewichtiger sein, je offenkundiger und lebensbedrohlicher die Krankheit des Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung gewesen sei. Der bloße Vortrag der Klägerin zu den inneren Beweggründen, erst zum 60. Geburtstag heiraten zu wollen, reiche nicht aus, um die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe der Eheleute für die Eheschließung überzeugend darzulegen. Insbesondere spreche auch der Umstand, dass bereits seit 1982 eine nichteheliche Lebensgemeinschaft bestanden habe, keineswegs für überwiegend persönliche Motive für die Heirat. Vielmehr lege der Verlauf, dass nicht bei Eingehung der Lebensgemeinschaft geheiratet worden sei, sondern erst im zeitlichen Zusammenhang mit Manifestation schwerster gesundheitlicher Symptome und dem Bekanntwerden von Metastasen, eher nahe, dass die Versorgungsmotivation jedenfalls in erheblichem Maße ausschlaggebend für die Eheschließung gewesen sei. Schließlich überzeuge das Gericht nicht, dass alte finanzielle Verbindlichkeiten einer neuen Ehe entgegengestanden hätten, denn auch bei einer früheren Eheschließung hätten die Ehegatten nicht für die alten Verbindlichkeiten aufkommen müssen. Zu berücksichtigen seien auch die geringen finanziellen Mittel der Klägerin zum Zeitpunkt der Eheschließung.
Hiergegen hat die Klägerin am 10.08.2010 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, im Jahr 1989 hätten sich die Klägerin und der Versicherte das Eheversprechen gegeben. Sie hätten vor dem Hintergrund aus jeweils ersten Ehen bestehender erheblicher finanzieller Verbindlichkeiten beschlossen, die Ehe erst eingehen zu wollen, wenn die Schulden aus den jeweils ersten Ehen getilgt seien. So hätten sie finanziell unbelastet in die Ehe gehen können, ohne den jeweils anderen Partner einer finanziellen Belastung auszusetzen. Die Klägerin selbst habe während der Ehezeit bis zur Scheidung von ihrem ersten Mann ca. 6.000,- DM eigene Schulden verursacht. Für ihren ersten Mann, der bereits während der Ehe nicht mehr als kreditwürdig gegolten habe, habe sie darüber hinaus auf ihren Namen mehrere Kredite aufgenommen. Nachdem sie mit der Rückzahlung überfordert gewesen sei, habe ihr Vater Teile der Schulden übernommen. Im November 2003 seien noch Restschulden von insgesamt 6.000,00 EUR zu zahlen gewesen. Diesen Betrag habe der Versicherte der Klägerin geliehen, die ihn seither in monatlichen Raten von 100,00 EUR an ihn zurückgezahlt habe. Im November 2008 sei auch dieses Darlehen zurückgezahlt gewesen und die Klägerin schuldenfrei. Die Klägerin und der Versicherte hätten nicht gewusst, dass durch eine Heirat keine rechtliche Verpflichtung des jeweils anderen Partners in Bezug auf Schulden geschaffen worden wäre. Der Eheschluss im Alter der Klägerin von 60 Jahren sei die konsequente Umsetzung eines seit 1989 bestehenden und seither nie geänderten Planes gewesen. Dieser sei auch gegenüber Dritten (Familien, Freunde und Arbeitskollegen) kommuniziert worden, was diese auch bezeugen könnten. Es sei weder für den Versicherten noch die Klägerin erkennbar gewesen, dass die Krankheit des Versicherten lebensbedrohlich gewesen sei. Vielmehr habe der Versicherte zu der Klägerin immer gesagt: "Ich werde noch gesund". Der Versicherte sei immer alleine zum Arzt und auch zu Frau Dr. M. gegangen. Die Klägerin habe ihn bei den für das Verfahren relevanten Arztbesuchen in den letzten Jahren nie begleitet. Die Klägerin habe sich um behördliche und schriftliche Besorgungen beider Partner gekümmert und sei daher Anfang Oktober 2008 zum Standesamt der Stadt O. gegangen und habe sich nach benötigten Unterlagen erkundigt. Anfang November 2008 habe sie das Standesamt erneut mit den Unterlagen aufgesucht, wo ihr mitgeteilt worden sei, dass zwei Termine zur Verfügung stünden. Einer der Termine sei der 05.12.2008 gewesen, welchen die Klägerin gewählt habe, da es sich um den Geburtstag ihrer Mutter gehandelt habe. Der andere Termin habe etwa 14 Tage früher gelegen. Ursprünglich sei der Wunschtermin für die Hochzeit der 60. Geburtstag der Klägerin gewesen. Bei der Hochzeit habe man gegenüber dem Standesbeamten angegeben, schon seit langem für eine Hochzeitsreise zu sparen, weshalb keine große Feier veranstaltet werde, zumal es für beide die zweite Ehe sei und damit nichts, was man "an die große Glocke" hänge. Die Klägerin und der Versicherte hätten für die Reise zu den kanarischen Inseln jeder einen Betrag von 1000,00 EUR gespart. Dieses Geld hätte später die Klägerin für die Beerdigung des Versicherten verwendet. Aus Kostengründen habe keine Hochzeitsfeier stattgefunden, vielmehr habe man die Hochzeit nachmittags mit Kaffee und Kuchen gefeiert und sich danach zum Abendessen zur Mutter der Klägerin begeben, die an dem Tag Geburtstag gehabt habe.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 02. Juli 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. November 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr große Witwenrente aus der Versicherung des L. Z. ab 01. März 2009 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie hält den mit der Berufung angegriffenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Die Klägerin hat die Kopie eines Schreibens eines ehemaligen Arbeitskollegen des Versicherten vom 17.08.2010 vorgelegt, in welchem dieser bestätigt hat, dass der Versicherte die Klägerin bei einem Alter von 60 Jahren habe heiraten wollen. Die Heiratspläne seien ihm seit dem Jahr 2000 bekannt gewesen. In einem weiteren Schreiben vom 16.08.2010 hat die Nachbarin W. geäußert, ihr sei seit 1996 bekannt, dass der Versicherte die Klägerin heiraten habe wollen, wenn diese das Rentenalter mit 60 Jahren erreicht habe. Mit Schreiben vom 21.08.2010 hat die am 05.12.1928 geborene Mutter der Klägerin bestätigt, dass ihr seit 15 Jahren bekannt sei, dass der Versicherte und die Klägerin im Rentenalter heiraten würden. Die Schwester der Klägerin, E. S., hat dies mit Schreiben vom 23.08.2010 bestätigt und ausgeführt, der Renteneintritt der Klägerin habe abgewartet werden sollen, weil bis dahin die Schulden abbezahlt gewesen wären. Auch der Sohn der Klägerin, J. T., hat schriftlich bestätigt, dass ihm bekannt sei, dass die Klägerin im Rentenalter von 60 Jahren den Versicherten heirate. Dies sei ihm seit seinem 15. Lebensjahr bekannt. Bis zu diesem Zeitpunkt seien deren Altschulden abbezahlt.
Im Erörterungstermin vom 22.05.2012 hat die Klägerin angegeben, bis zur Heirat hätten sowohl sie als auch der Versicherte ihre eigenen Wohnungen jeweils beibehalten. Den Antrag auf ihre seit 01.10.2008 bezogene Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung habe sie etwa ein Vierteljahr vorher gestellt. Der maßgebliche Grund dafür, dass sie den Versicherten erst im Dezember 2008 geheiratet habe, seien die Schulden gewesen. Der Versicherte sei bereits 2003 schuldenfrei gewesen, als er ihr den Kredit von 6.000,00 EUR gewährt habe. Den Hochzeitstermin 05.12.2008 habe sie so gelegt, weil dies der Geburtstag ihrer Mutter sei. Schon im Jahr 1989 sei geplant gewesen, zu dem Zeitpunkt zu heiraten, in welchem beide schuldenfrei sein würden. Sie habe im September 1992 aufgehört zu arbeiten, dann zunächst Arbeitslosengeld, anschließend bis 2004 Arbeitslosenhilfe und danach Arbeitslosengeld II erhalten. Der Versicherte und die Klägerin hätten eigene Konten gehabt, für die auch nicht gegenseitig Kontovollmachten ausgestellt gewesen seien, und man habe jeweils getrennt eingekauft. Der als Zeuge vernommene Sohn der Klägerin hat angegeben, bei der Verlobung am 17.09.1989 hätten die Klägerin und der Versicherte beschlossen, noch nicht gleich zu heiraten, weil beide Schulden gehabt hätten. Bei jedem Familienfest danach habe der Versicherte erklärt, er werde die Klägerin heiraten, wenn beide keine Schulden mehr hätten.
Mit Auskunft vom 27.11.2012 hat der Standesbeamte W. mitgeteilt, er könne nicht sagen, wann sich die Klägerin bzw. der Versicherte wegen einer Eheschließung erkundigt hätten. Die Anmeldung der Eheschließung sei am 05.12.2008 erfolgt. Die Eheschließung selbst sei unmittelbar im Anschluss an die Anmeldung erfolgt. Bei der Vorbereitung der Anmeldung sei festgestellt worden, dass das Geburtsregister des Standesamts S. II jetzt beim Standesamt I in B. geführt werde, weshalb von dort eine beglaubigte Abschrift (gefertigt am 31.10.2008) habe angefordert werden müssen. Benötigt worden sei ferner eine Ablichtung des Familienbuchs der ersten Ehe des Versicherten, welche am 28.10.2008 vom Standesamt R. ausgestellt worden sei. Wie lange die Bearbeitung von der Antragstellung bis zur Ausfertigung gedauert habe, könne er nicht sagen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin bei ihrer informatorischen Anhörung angegeben, sie habe nicht gewusst, dass der Versicherte an Krebs erkrankt sei. Er habe ihr auch nie etwas gesagt. Sie habe aber schon gewusst, dass etwas nicht stimmt. Nach der Chemotherapie sei es dem Versicherten jedoch wieder gut gegangen. Sie hätten am 05.12.2008 geheiratet, weil dies der Geburtstag ihrer Mutter gewesen sei. Ihre eigene Wohnung habe sie im Oktober 2008 aufgegeben.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die Akte des SG sowie die Senatsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtlich nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Witwenrente.
Gemäß § 46 Abs. 2 S. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben Witwen, die nicht wieder geheiratet haben, nach dem Tod des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, unter anderem dann Anspruch auf große Witwenrente, wenn sie das 47. Lebensjahr vollendet haben. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Klägerin ist die Witwe des am 21.02.2009 verstorbenen Versicherten, der die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren gemäß § 50 Abs. 1 SGB VI erfüllt hatte. Zum Zeitpunkt des Todes hatte sie auch das 47. Lebensjahr vollendet.
Nach § 46 Abs. 2a SGB VI, der mit Wirkung vom 1.1.2002 durch das Altersvermögensergänzungsgesetz (vom 21.3.2001, BGBl I 403) eingeführt worden ist und für alle seit dem 1.1.2002 geschlossenen Ehen gilt (§ 242a Abs. 3 SGB VI), ist der Anspruch auf Witwenrente ausgeschlossen, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Die Ehe zwischen der Klägerin und dem Versicherten hat weniger als ein Jahr (vom 05.12.2008 bis 21.02.2009) gedauert; damit ist der Tatbestand des § 46 Abs. 2a Halbsatz 1 SGB VI erfüllt.
Die entsprechende Rechtsfolge (Ausschluss des Anspruchs auf Witwenrente) tritt jedoch dann nicht ein, wenn "besondere Umstände" vorliegen, aufgrund derer trotz der kurzen Ehedauer die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen (§ 46 Abs. 2a Halbsatz 2 SGB VI). Vorliegend sind solche "besonderen Umstände" nicht nachgewiesen und damit die gesetzliche Vermutung nicht widerlegt.
Der Begriff der "besonderen Umstände" in § 46 Abs. 2a Halbsatz 2 SGB VI ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der der vollen richterlichen Kontrolle unterliegt. Hierbei geht der Senat im Anschluss an die höchstrichterliche Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 05.05.2009, B 13 R 55/08 R, SozR 4-2600 § 46 Nr. 6; Urteil vom 27.08.2009, B 13 R 101/08 R, (jeweils juris)) davon aus, dass als besondere Umstände alle äußeren und inneren Umstände des Einzelfalles anzusehen sind, die auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund für die Heirat schließen lassen. Dabei kommt es auf die Beweggründe beider Ehegatten an, es sei denn, dass der hinterbliebene Ehegatte den Versicherten beispielsweise durch Ausnutzung einer Notlage oder Willensschwäche zur Eheschließung veranlasst hat. Die Annahme einer Versorgungsehe ist dabei nur dann nicht gerechtfertigt, wenn die Gesamtbetrachtung und Abwägung der Beweggründe beider Ehegatten für die Heirat ergibt, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt gesehen den Versorgungszweck überwiegen oder zumindest gleichwertig sind. Es ist daher auch nicht zwingend, dass bei beiden Ehegatten andere Beweggründe als Versorgungsgesichtspunkte für die Eheschließung ausschlaggebend waren. Vielmehr sind die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe in ihrer Gesamtbetrachtung auch dann noch als zumindest gleichwertig anzusehen, wenn nachweislich für einen der Ehegatten der Versorgungsgedanke bei der Eheschließung keine Rolle gespielt hat. Die vom hinterbliebenen Ehegatten behaupteten inneren Umstände für die Heirat sind zudem nicht nur für sich - isoliert - zu betrachten, sondern vor dem Hintergrund der im Zeitpunkt der jeweiligen Eheschließung bestehenden äußeren Umstände in die Gesamtwürdigung, ob die Ehe mit dem Ziel der Erlangung einer Hinterbliebenenversorgung geschlossen worden ist, mit einzubeziehen. Eine gewichtige Bedeutung kommt hierbei stets dem Gesundheits- bzw. Krankheitszustand des Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung zu. Ein gegen die gesetzliche Annahme einer Versorgungsehe sprechender besonderer (äußerer) Umstand im Sinne des § 46 Abs. 2a Halbsatz 2 SGB VI ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Tod des Versicherten, hinsichtlich dessen bisher kein gesundheitliches Risiko eines bevorstehenden Ablebens bekannt war, unvermittelt eingetreten ist. Hingegen ist bei Heirat eines zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidenden Versicherten in der Regel der Ausnahmezustand des § 46 Abs. 2a Halbsatz 2 SGB VI nicht erfüllt. Jedoch ist auch bei einer nach objektiven Maßstäben schweren Erkrankung mit einer ungünstigen Verlaufsprognose und entsprechender Kenntnis der Ehegatten der Nachweis nicht ausgeschlossen, dass dessen ungeachtet aus anderen als aus Versorgungsgründen geheiratet wurde. Allerdings müssen dann bei der abschließenden Gesamtbewertung diejenigen besonderen (inneren und äußeren) Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, umso gewichtiger sein, je offenkundiger und je lebensbedrohlicher die Krankheit eines Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung gewesen war. Der Ausnahmetatbestand des § 46 Abs. 2a Halbsatz 2 SGB VI wird nur erfüllt, wenn insoweit nach § 202 SGG i.V.m. § 292 Zivilprozessordnung (ZPO) der volle Beweis erbracht wird. Dieser erfordert zumindest einem der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit (BSG, Urteil vom 5.5.2009, a.a.O.). Eine Tatsache ist danach nur dann bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 128 Rn. 3b m.w.N.).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist ein neben den Versorgungsmotiven zumindest gleichwertiges Motiv bzw. gleichwertiger Umstand nicht mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen. Damit ist die gesetzliche Vermutung des § 46 Abs. 2a SGB VI nicht widerlegt.
Nachgewiesen ist, dass der Versicherte zum Zeitpunkt der Eheschließung an einer zum Tode führenden Erkrankung gelitten hat, einem Magenstumpfkarzinom (ED 07/2007) mit Status nach Gastrektomie mit Lebermetastasen und Lymphknotenmetastasen, welches im Dezember 2008 bereits schmerzhafte Metastasen an drei Brustwirbelkörpern ausgebildet hatte. An den Folgen dieser Erkrankung ist der Versicherte am 21.02.2009 verstorben. Auch wenn der Versicherte bis zuletzt gehofft hat, trotz der Unheilbarkeit der Erkrankung diese durch Ausschöpfen aller Behandlungsmöglichkeiten positiv beeinflussen zu können (schriftliche Zeugenaussage Dr. M. vom 07.03.2010), von Dr. L. als "deutliche Verdrängungsmechanismen" umschrieben (schriftliche Zeugenaussage vom 04.03.2010), steht für den Senat fest, dass sowohl der Versicherte als auch die Klägerin über die Krebsdiagnose als auch die Schwere der Erkrankung vor der Eheschließung aufgeklärt gewesen sind. Der Senat stützt seine diesbezügliche Überzeugung auf die Ausführungen der behandelnden Hausärztin Dr. M. gegenüber dem SG (a.a.O.) und den insoweit klaren und eindeutigen Hinweis im Entlassungsbericht der St. J.klinik O. vom 20.07.2007. Die Einlassungen der Klägerin, ihr sei nur bekannt gewesen, dass der Versicherte krank gewesen sei, und sie habe erst im J.uar 2009 erfahren, dass es sich um eine zum Tode führende Krebserkrankung gehandelt habe, sieht der Senat hierdurch als widerlegt an. Dies gilt auch für das Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, sie habe nichts von der Krebserkrankung des Versicherten gewusst. Denn andererseits gab die Klägerin an, nach der "Chemo" sei es dem Versicherten wieder gut gegangen, was - auch bei laienhaftem Verständnis des Begriffes der Chemotherapie - auf ein Wissen der Klägerin um die Schwere der Erkrankung ihres Partners schließen lässt.
Der Versicherte ist zusätzlich noch von Dr. L. allgemein über die aus der Krankheit resultierende verminderte Lebenserwartung, die Dr. L. für den Zeitpunkt der Eheschließung im Dezember 2008 mit (statistisch) 3 bis 6 Monaten angegeben hat, informiert worden, ohne dass ihm gegenüber allerdings konkrete Angaben zur verbleibenden statistischen Lebenserwartung gemacht worden sind, was auch aus den Ausführungen von Dr. M. hervorgeht. Er hat gewusst, dass die Erkrankung nur noch palliativ behandelbar gewesen ist (vgl. Arztbericht Dr. L. vom 08.03.2008).
Objektivierbare Anhaltspunkte für eine richtungsweisende Verbesserung des Gesundheitszustandes des Versicherten vor der Eheschließung am 05.12.2008 hat der Senat nicht feststellen können. Vielmehr ist der Versicherte nach über zweimonatigem stationärem Aufenthalt nach Wiederherstellung der Nahrungspassage am 28.07.2008 in "deutlich reduziertem Allgemeinzustand" (Entlassungsbericht vom 24.07.2008) entlassen worden. Nach im Krankenhaus aufgetretener Sepsis mit Platzbauch hat eine große Bauchwunde bestanden, welche bis zum Tode des Versicherten nicht mehr zugeheilt ist (schriftliche sachverständige Zeugenaussage Dr. M. a.a.O.) und am 04.10.2008 auf einer Fläche von 48,21 cm³ bestanden hat (vgl. Bericht des Krankenpflegers und Wundberaters B. vom 04.10.2008). Dies kann auch der Klägerin nicht verborgen geblieben sein.
Nicht nur der gesundheitliche Zustand des Versicherten zum Zeitpunkt der Heirat und die mehr als 19 Jahre währende Verlobungszeit, auch das konkrete zeitliche Procedere im Zusammenhang mit der Begründung eines gemeinsamen Hausstandes (zum 01.10.2008) und der Eheschließung (am 05.12.2008) legen dringend nahe, dass jedenfalls das überwiegende Motiv für die Eheschließung zu dem gewählten Zeitpunkt die Optimierung der Versorgung der Klägerin gewesen ist. Solange die Klägerin - bis zum Einsetzen ihrer Altersrente am 01.10.2008 - ihren Lebensunterhalt von bedürftigkeitsabhängigen Sozialleistungen bestritten hat (zunächst jahrelang von Arbeitslosenhilfe, dann ab 1.1.2005 von Arbeitslosengeld II), sind trotz des seit September 1989 "schwebenden" Eheversprechens von ihr und dem Versicherten weder ein gemeinsamer Hausstand gegründet worden, noch haben diese, wie bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften die Regel, "aus einem Topf" gewirtschaftet. Finanziell hat sich diese Lebensform positiv für die Klägerin und den Versicherten ausgewirkt, denn die Gründung eines gemeinsamen Hausstandes in Gestalt einer "Bedarfsgemeinschaft" hätte dazu geführt, dass das Einkommen des Versicherten - ganz oder teilweise - anspruchsmindernd bei den von der Klägerin bezogenen bedürftigkeitsabhängigen Sozialleistungen anrechenbar gewesen wäre (vgl. für das seit 1.1.2005 bezogene Arbeitslosengeld II §§ 9 Abs. 2 Satz 1, 7 Abs. 3a Nrn. 1 und 4 Zweites Buch Sozialgesetzbuch - SGB II). Indem die Klägerin und der Versicherte konsequent bis zum Einsetzen der einen Anspruch auf SGB II-Leistungen weitgehend beseitigenden Altersrente bei der Klägerin gewartet haben, um zum 01.10.2008 einen gemeinsamen Hausstand zu gründen und sodann am 05.12.2008 zu heiraten, legt dies als Motiv eine Optimierung der Versorgung der Klägerin nahe, denn erst zu diesem Zeitpunkt stand dem Erwerb des Anspruchs auf Hinterbliebenenrente durch eine Heirat nicht mehr ein (zumindest teilweiser) Verlust bedürftigkeitsabhängiger Sozialleistungen gegenüber. In diesen Kontext lassen sich auch die Angaben der Verwandten, der Nachbarin und eines Arbeitskollegen, wonach die Klägerin und der Versicherte bereits einige Jahre zuvor geplant hatten, erst mit Einsetzen der Altersrente der Klägerin zu heiraten, schlüssig einordnen. Mit den dargelegten Erwägungen zu den finanziellen Folgen einer Hochzeit vor Beginn der Altersrente lässt sich erklären, warum die Klägerin und der Versicherte schon Jahre vorher geplant hatten, erst mit Einsetzen der Altersrente zu heiraten. Dies aber spricht dann gerade für und eben nicht gegen eine überwiegend von Versorgungsmotiven getragene Heirat.
Demgegenüber hat sich der Senat nicht davon überzeugen können, dass ein wesentliches Motiv für den Hochzeitstermin eine Schuldenfreiheit der Klägerin, die genau zum 60. Geburtstag eingetreten sein soll, gewesen ist. Bereits nicht feststellbar ist, ob der Versicherte der Klägerin tatsächlich im November 2000 zur Tilgung von gegenüber Dritten seinerzeit noch bestehenden Restschulden ein Darlehen über 3.000,00 EUR gewährt hat, welches diese in Monatsraten von 100,00 EUR an diesen zurückgezahlt hat. In diesem Zusammenhang erscheint insbesondere fraglich, aus welchen Mitteln die Klägerin, die nach ihren eigenen Angaben im Erörterungstermin vom 22.05.2012 seit J.uar 2005 im SGB II-Leistungsbezug gewesen ist, die monatlich 100,00 EUR Darlehensrate aufgebracht haben will, denn der Regelsatz für SGB II-Leistungen ist so bemessen, dass er das Existenzminimum deckt, der Leistungsempfänger daneben aber nicht noch 100,00 EUR über einen Zeitraum von mehreren Jahren entbehren kann, ohne dass es dann am Nötigsten fehlen würde. Dies gilt umso mehr, als die Klägerin daneben noch 1.000,00 EUR für eine Hochzeitsreise auf die kanarischen Inseln gespart haben will.
Die Gesamtbetrachtung der Beweggründe und der äußeren Umstände belegen nicht, dass von der Versorgungsabsicht verschiedene Beweggründe zumindest gleichwertig waren. Hiernach war die Berufung der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) bestehen nicht.
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