Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 9 SO 2974/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 SO 4003/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 8. August 2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten ein Anspruch des Klägers auf Eingliederungshilfe in Form des trägerübergreifenden persönlichen Budgets.
Der am 1960 geborene Kläger leidet an einer bipolaren affektiven Störung, welche Anfang der achtziger Jahre symptomatisch begann. Diese Erkrankung des Klägers machte seit 1985 mindestens 25 stationäre Aufenthalte in Therapieeinrichtungen erforderlich. Seit Januar 2006 war dem Kläger vom Amtsgericht T. - Vormundschaftsgericht - ein Betreuer mit dem Aufgabenkreis Aufenthaltsbestimmung und Sorge für die Gesundheit des Betroffenen zur Seite gestellt. Von November 2005 bis 31. August 2009 lebte der Kläger betreut im ambulant betreuten Wohnen beim Verein für Offene Psychiatrie im M. (VOP). Hierfür übernahm der Beklagte die Kosten im Rahmen der gewährten Sozialhilfe für die begleitende Betreuung im ambulant betreuten Wohnen nach §§ 53 ff. Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) vom 1. Februar 2006 bis 31. August 2009 (Bescheide vom 13. April 2006, 7. März 2007, 21. November 2008). Zum 1. September 2009 zog der Kläger aus der Wohngemeinschaft in seine eigene Wohnung unter seiner jetzigen Anschrift in T. um. Von der Arbeitsgemeinschaft für Arbeit und Soziales T. wurden dem Kläger seit Januar 2008 Leistungen aus Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bewilligt (vgl. Bescheide vom 2. Januar 2008, 17. Mai 2008, 6. Juni 2009, 3. Dezember 2009).
Am 4. Februar 2010 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung eines trägerübergreifenden persönlichen Budgets, welches nach seinen persönlichen und individuellen Bedürfnissen aufgrund seiner psychischen Beeinträchtigung zugeschnitten sei solle. Das persönliche Budget wolle er in seiner Lebenssituation für Hilfsmaßnahmen im folgenden Bereichen nutzen: - Förderung und Vermittlung von sozialen Beziehungen - Selbstversorgung/Haushalts- und Finanzführung - Freizeitgestaltung - sonstige Teilhabe am Leben der Gemeinschaft - Kommunikation und Information - Erschließung und Teilhabe an Bildungsmaßnahmen - Erlernen von Frustrationstoleranz. Seinem Antrag war eine Anlage: "beantragte Hilfsmaßnahmen" beigefügt, aus der sich konkret die beantragten "Hilfeleistungen" ergaben (vgl. AS 138 der Verwaltungsakte des Beklagten).
Am 18. März 2010 fand ein ausführliches Gespräch zwischen dem Kläger und dem Beklagten statt. In diesem Gespräch berichtete der Kläger, dass er seit Herbst vergangenen Jahres in eine eigene Wohnung gezogen sei und die Betreuung durch den VOP beendet habe. Er bewohne eine Dachwohnung im selben Haus, in dem sich auch die Tagesstätte befindet. Er beziehe Alg II und habe lange Zeit gebraucht, um sein Geld über den Monat hinweg zielgerichtet einzuteilen. Ihm würden keine Spielräume verbleiben, so dass er sich am kulturellen Leben nicht beteiligen könne. Problematisch gestalte sich seine Situation noch dadurch, dass er von dem wenigen Geld, welches ihm zur Verfügung stünde, noch Rücklagen für Reparaturen bzw. Gebühren bilden müsse. Außerdem sei die Wohnung vom Vormieter so heruntergewirtschaftet worden, dass er nach seinem Einzug bereits einiges habe herrichten müssen. Er sei bei Vereinen Mitglied. Diesen habe er mitgeteilt, dass er jedoch nur dann dem Verein weiterhin zur Verfügung stehen könne, wenn man ihn beitragsfrei stelle. Er fühle sich ziemlich isoliert, da er aufgrund seiner finanziellen Rahmenbedingungen sich nichts Kulturelles, Künstlerisches oder Kreatives leisten könne. Zur Umsetzung eines Besuchs z.B. eines VHS-Kurs oder einer Selbshilfegruppe (SHG) brauche er keine Begleitung. Von der Durchführung einer Psychotherapie habe er inzwischen Abstand genommen. Im hauswirtschaftlichen Bereich komme er soweit zurecht. In seiner Freizeit sei er vor allem im selbstgegründeten Verein "Initiative Psychiatrie-Erfahrener Main-Tauber e. V." als Vorstand tätig. Je nach Gemütszustand höre er gerne Musik oder spiele selbst; er lese auch gerne. Seit seine Mutter ihren Kleingarten nicht selbst bewirtschaften könne, habe er sich dessen angenommen. Einen gesetzlichen Betreuer brauche er nicht. Er sei froh, dass er keinen gesetzlichen Betreuer mehr habe. Die Tagesstätte besuche er nur gelegentlich, wobei es ihm hauptsächlich darum gehe, zu anderen Besuchern der Tagesstätte Kontakt aufzunehmen bzw. Mitglieder für seinen Verein zu werben. Seit der Arbeitsflaute im letzten Jahr habe er sich sukzessive aus der Tagesstätte zurückgezogen. Bei ihm zuhause herrsche absolute Ruhe, die er auch zu seinem Wohlbefinden benötige. Inzwischen nehme die Arbeit in seinem Verein sehr viel Zeit in Anspruch. Er habe sich auch im Bereich des persönlichen Budgets weitergebildet und möchte in diesem Bereich in Baden-Württemberg als Multiplikator tätig werden. Er pflege eine gute Beziehung zu seiner Mutter. Die nötige Ablösung von ihr habe er vorgenommen. Er schaffe es inzwischen auch, sich frei in T. zu bewegen. Früher habe er sich immer von Menschen beäugt und ausgeschlossen gefühlt. Nunmehr stehe er aber "darüber" und zeige sich auch in der Stadtmitte bzw. besuche Lokalitäten. Kontakte habe er über den Verein und bei Bedarf in der Tagesstätte.
Mit Bescheid vom 22. April 2010 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers auf Leistungen in Form eines persönlichen Budgets ab. Ausgehend von dem mit dem Kläger geführten Gespräch liege die Voraussetzung einer wesentlichen Behinderung des Klägers, die ihn an der Teilhabe im Leben in der Gemeinschaft beeinträchtige, nicht vor; es fehle ihm im wesentlichen an finanziellen Mitteln.
Hiergegen erhob der Kläger am 19. Mai 2010 Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, es sei nicht richtig, dass er nur aufgrund seiner finanziellen Möglichkeiten nicht in der Lage sei, am kulturellen Leben teilhaben zu können. Bereits in den 4 Jahren unter der Begleitung des ambulant betreuten Wohnens habe ein eigenständiges Leben ohne Begleitung zu irgendwelchen Kursen stattgefunden. Zu den Angeboten innerhalb des VOP sei er selbständig und ohne Assistenz gegangen. Er wolle sich nun andere Angebote außerhalb des ambulant betreuten Wohnens einkaufen, die der weiteren Persönlichkeitsentwicklung dienen sollten. Eine motivierende Unterstützung und eine flankierende Begleitung durch "Hilfskräfte" würde die Auflösung seiner persönlichen Problematiken im Hinblick auf ein wirklich selbstbestimmtes Leben und eine echte Inklusion ermöglichen. Budgetnehmern mit gleichem Krankheitsbild bekämen in anderen Bundesländern 1200 bis 1400 EUR bewilligt. Zu seiner Entwicklung in den letzten 10 Jahren gab der Kläger an: Zweimalige Aufhebung der gesetzlichen Betreuung in den 3 Bereichen, eigenständiges Wohnen, seit 5 Jahren symptomfrei, seit 2 Jahren Entwicklung einer beruflichen Perspektive.
In der Verwaltungsakte des Beklagten (Aktenseite 164 ff.) findet sich ein Programm der 30. Landestagung der Landesstelle für Suchtfragen am 17. Juni 2010 in S., veranstaltet von der Wohlfahrtspflege in Baden-Württemberg e.V., wonach der Kläger als Referent an dieser Veranstaltung teilgenommen hatte.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juli 2010 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Auch bei Beantragung eines persönlichen Budgets sei die Grundvoraussetzung der Eingliederungshilfe zu prüfen. Angesichts der psychiatrischen Erkrankung sei die Grundvoraussetzung des Vorliegens einer wesentlichen Behinderung erfüllt. Eine Leistungsberechtigung setze aber voraus, dass der Antragsteller durch seine Behinderung wesentlich in seiner Fähigkeit an der Gesellschaft teilzuhaben beeinträchtigt werde. Hier stehe der einzelne Mensch mit seiner individuellen Beeinträchtigung und dem ihn umgebenden Umfeld im Blickwinkel. Eine wesentliche Fähigkeitsbeeinträchtigung liege beim Kläger nicht vor, da er bereits seit 5 Jahren symptomfrei sei, seit fast einem Jahr selbständig und alleine lebe und die eigene Isolation abbaue und im Hinblick auf den stabilen Gesundheitszustand von Seiten der psychiatrischen Institutsambulanz und auch vom sozialpsychiatrischen Dienst begleitet werde. Er bewege sich selbstsicher und frei in T. und besuche verschiedene Lokalitäten in der Stadtmitte. Zudem habe er als Referent an einer Großveranstaltung in Stuttgart teilgenommen. Eine Finanzierung von Volkshochschulkursen und anderen kreativen Maßnahmen sei nicht möglich, ebenso wenig die Übernahme der dazugehörigen Fahrtkosten oder Telefon- und Internetkosten.
Hiergegen hat der Kläger am 17. August 2010 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, wenn er seine Aktivitäten in der Gesellschaft aufliste, sei dies im Falle eines seelisch erkrankten Menschen verblüffend; wenn man sich aber klarmache, dass er ein hochgebildeter Mensch sei, der seine Talente durch die seelische Krankheit nicht verloren habe, erstaune es wenig. Es handele sich um typische Betätigungen, denen jeder andere seelisch gesunde Akademiker auch nachgehen würde. Entscheidender Unterschied sei jedoch, dass die bürgerliche Gesellschaft seiner Berufskollegien, Nachbarn und vielleicht auch Kirchengemeindemitgliedern ihm verschlossen sei. Er treffe sich mit Mitpatienten und Berufshelfern und lebe mithin in einer Subkultur. In vielerlei Hinsicht sei er nach wie vor massiv beeinträchtigt. Die begehrten Maßnahmen brauche er in erster Linie dazu, seinen Bekanntenkreis, der sich auf Psychiatrieerfahrenen bzw. Sozialarbeiter beschränke, zu verlassen und sich in die bürgerliche Gesellschaft (wieder) einzuordnen.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Seiner Auffassung nach liege eine wesentliche Beeinträchtigung der Teilhabemöglichkeiten beim Kläger nicht vor. Im Rahmen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen gäbe es keine unbegrenzte Sozialisierung der Kosten zur Teilnahme am kulturellen Leben. Hilfen nach § 58 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) würden nur in dem Maße gewährt, in dem auch Nichtbehinderte entsprechende Bedürfnisse befriedigen könnten.
Mit Gerichtsbescheid vom 8. August 2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung von Eingliederungshilfe in der Form des trägerübergreifenden persönlichen Budgets. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Eingliederungshilfe lägen in der Person des Klägers nicht vor. Beim Kläger fehle es bereits an einer wesentlichen Behinderung. Er leide zwar unstreitig an einer schwerwiegenden psychiatrischen Erkrankung. Gekoppelt an das Vorliegen einer Behinderung sei jedoch, dass durch diese der Behinderte wesentlich in seiner Fähigkeit, am Leben in der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt sei. Eine solche wesentliche Einschränkung liege beim Kläger weder zum Zeitpunkt der Antragstellung noch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts vor. Der Kläger sei nach seinen eigenen Angaben und auch nach seinem Auftreten im Termin zur Erörterung des Sachverhalts durchaus in der Lage, trotz seiner Erkrankung am Leben in der Gesellschaft teilzuhaben. Er habe an dem über eine Stunde dauernden Termin teilgenommen und sein Anliegen ohne Einschränkungen flüssig und eloquent vorgetragen und begründet. Er habe dargelegt, dass er durchaus in der Lage sei, Kurse oder auch kulturelle Veranstaltungen alleine ohne eine Begleitperson zu besuchen. Er habe aber auch dargelegt, dass er dies in der Regel deswegen nicht tue, weil er keine Freunde oder Bekannten habe, die zu einem solchen Kurs mitgingen. Sein Bekanntenkreis rekrutiere sich überwiegend aus Leuten mit seelischen Behinderungen. Er benötige daher eine Begleitperson - möglichst eine nicht behinderte Frau - durch deren Begleitung er in der Lage sei, an der bürgerlichen Gesellschaft teilzuhaben.
Gegen den ihm mit Postzustellungsurkunde am 27. August 2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 20. September 2012 beim Landessozialgericht schriftlich Berufung eingelegt. Er verfolgt sein Begehren einer selbstbestimmten Assistenz weiter. Er nehme Bezug auf die erstinstanzlichen Schriftsätze und sein Antragsschreiben vom 4. Februar 2010. Er sei psychisch krank und infolge seiner Erkrankung voll erwerbsgemindert. Seine psychische Erkrankung sei eine Behinderung im Sinne des SGB XII. Sie erfordere eine andauernde medikamentöse Behandlung; dennoch sei er psychisch nicht stabil. Seine psychische Erkrankung sei latent akut. Die Stellungnahmen des Beklagten machten deutlich, dass er seinen Rechtsstandpunkt von einer körperlichen Behinderung her einnähme. Es läge aber eine seelische Behinderung vor. Psychische oder psychotische Erkrankungen begründeten die Ausgrenzung des betroffenen Menschen, weil der psychisch kranke Mensch nicht zu regelmäßigem normgerechten Verhalten in der Lage sei. Als in diesem Sinne Betroffener habe er Anspruch auf eine selbstbestimmte Assistenz und könne hierfür ein persönliches Budget wählen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 8. August 2012 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 22. April 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Juli 2010 zu verurteilen, ihm Eingliederungshilfe in Form des persönlichen Budgets durch Bezahlung von Hilfs- und Begleitpersonen und der Fahrtkosten bestimmter kultureller Veranstaltungen für die Dauer von drei Jahren zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Der Berichterstatter hat im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 5. Dezember 2012 die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert.
Die Beteiligten haben sich mit Schreiben vom 1. Februar 2013 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten und die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
I.
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung.
Die form- und fristgerechte eingelegte (§ 151 Abs. 1 SGG) und statthafte (§ 143 SGG) Berufung ist zulässig.
II.
Die Berufung ist nicht begründet. Zu Recht hat das SG einen Anspruch des Klägers auf Leistungen der Eingliederungshilfe in Form eines trägerübergreifenden persönlichen Budgets verneint.
Als Rechtsgrundlage des Begehrens des Klägers kommt § 19 Abs. 3 SGB XII i.V.m. §§ 53, 54 SGB XII, §§ 55, 17 Abs. 2 des SGB IX in Betracht.
Nach § 53 SGB XII erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX wesentlich an ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann (§ 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII). Von einer Behinderung bedroht sind Personen, bei denen der Eintritt der Behinderung nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (§ 53 Abs. 2 Satz 1 SGB XII). § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII nimmt somit auf den Behindertenbegriff des § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX Bezug, wonach Menschen behindert sind, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt wird. Mit dieser Definition hat der Gesetzgeber an den speziellen Behinderungsbegriff der Weltgesundheitsorganisation WHO angeknüpft (vgl. BT-Drucks. 14/5074, Seite 98). Dabei wird Behinderung durch die "Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit" (ICF) nicht mit einer Fähigkeitsstörung als Folge einer Gesundheits- oder Funktionsstörung identifiziert und somit nicht als Eigenschaft oder persönliches Merkmal eines Menschen betrachtet. Behinderung wird hier vielmehr definiert als ein Begriff, der "die negativen Aspekte der Interaktion zwischen einer Person (mit einem Gesundheitsproblem) und ihren Kontextfaktoren (umwelt- und personenbezogene Faktoren)" bezeichnet (vgl. ICF, Endfassung, Stand Oktober 2005, Anhang 1, Seite 145f., www.dimdi.de). In Anknüpfung an den speziellen Behinderungsbegriff der WHO liegt eine Behinderung im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX nur dann vor, wenn die festgestellte Funktions- oder Fähigkeitsstörung zu einer Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft führt. Für die Frage, welche Lebensbereiche auf mögliche Teilhabebeeinträchtigungen hin untersucht werden sollen, kann die ICF als Orientierung dienen. Hier werden insbesondere folgende Lebensbereiche benannt: Kommunikation, Mobilität, Selbstversorgung, häusliches Leben und Hilfe für andere, interpersonelle Interaktionen und Beziehungen, Bildung, Arbeit und Beschäftigung, wirtschaftliche Sicherheit, Gemeinschafts-, soziales- (z. B. Freizeit, Religion) und staatsbürgerliches Leben (vgl. Bieritz-Harder in LPK-SGB XII, 8. Auflage, § 53 Rdnr. 5). Wie aus dem Wortlaut des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zu ersehen ist, haben Anspruch auf Eingliederungshilfeleistungen nur diejenigen behinderten Menschen, deren Fähigkeit zur Teilhabe wesentlich beeinträchtigt ist. Eine wesentliche Behinderung wird somit mit einer wesentlichen Fähigkeitsbeeinträchtigung gleichgesetzt. Über den Wortlaut der Regelung hinaus ist jedoch auch der Grad der Teilhabebeeinträchtigung zu betrachten, der ja gerade ein wesentliches Element des allgemeinen Behinderungsbegriffs des § 2 Abs. 1 SGB IX darstellt. Nur wenn eine wesentliche Fähigkeitsbeeinträchtigung dazu führt, dass ein Mensch in seiner Teilhabe wesentlich beeinträchtigt ist, kann dies einen Leistungsanspruch auslösen. Entscheidend ist mithin nicht, wie stark die geistigen Kräfte beeinträchtigt sind und in welchem Umfang ein Funktionsdefizit vorliegt, sondern wie sich die Beeinträchtigung auf die Teilhabemöglichkeit auswirkt (BSG, Urteil vom 22. März 2012 - B 8 SO 30/10 R -). Anderenfalls könnten Personen, die zwar in ihren eigenen Fähigkeiten wesentlich, aber in ihren Teilhabemöglichkeiten nur geringfügig beeinträchtigt sind, Leistungen der Eingliederungshilfe beanspruchen. Ein solches Ergebnis entspricht nicht dem Ziel des Gesetzgebers (Bieritz-Harder, a. a. O., Rdnr. 10; Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Auflage, § 53 Rdnr. 15). Auf der Grundlage der in § 60 SGB XII enthaltenen Ermächtigung hat die Bundesregierung in der Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglVO) in der hier maßgebenden Fassung des Artikel 13 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I, Seite 3022) eine nähere Abgrenzung des leistungsberechtigten Personenkreises vorgenommen. Nach dem hier allein in Betracht kommenden § 3 EinglVO sind seelische Störungen, die eine wesentliche Einschränkung der Teilhabefähigkeit im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zur Folge haben können (1.) körperlich nicht begründbare Psychosen, (2.) seelische Störungen als Folge von Krankheiten oder Verletzungen des Gehirns, von Anfallsleiden oder von anderen Krankheiten oder körperlichen Beeinträchtigungen, (3.) Suchtkrankheiten, (4.) Neurosen und Persönlichkeitsstörungen. Wie aus dem Wortlaut des § 3 EinglVO zu ersehen ist, wird - anders als in den §§ 1 und 2 EinglVO - beim Vorliegen einer der dort genannten Gesundheitsstörungen nicht in jedem Fall auch eine erhebliche Fähigkeitsbeeinträchtigung vermutet. Ob eine erhebliche Fähigkeitsbeeinträchtigung vorliegt, muss somit hier in jedem Einzelfall gesondert geprüft werden. Insbesondere muss über den Wortlaut des § 3 EinglVO schließlich geprüft werden, ob die erhebliche Fähigkeitsbeeinträchtigung auch zu einer wesentlichen Teilhabebeeinträchtigung führt (Bieritz-Harder, a. a. O., Rdnr. 16).
Bei vollständiger Würdigung aller im Verfahren angefallenen Unterlagen ist beim Kläger eine wesentliche Einschränkung der Teilhabefähigkeit im dargestellten Sinn nicht feststellbar. Diesbezüglich nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des SG Bezug und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend ist noch Folgendes auszuführen: Der Kläger war zum Zeitpunkt der Antragstellung am 4. Februar 2010 und ist bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats weitestgehend zu einer selbstständigen Lebensführung in allen Lebensbereichen fähig und bedarf zur Bewältigung aller Anforderungen, die das Leben an ihn stellt, keiner Betreuung, Begleitung oder Assistenz. Dies ergibt sich aus folgendem: Der Kläger stand aufgrund seiner seelischen Störung (bipolare affektive Störung) zeitweise unter Betreuung, die vom Amtsgericht T. -Vormundschaftgericht - angeordnet war. Zum Zeitpunkt der Antragstellung im Februar 2010 und während des gesamten Zeitraumes bis zur Entscheidung des Senats bestand eine solche Betreuung jedoch nicht mehr. Bis September 2009 war der Kläger zu einer selbständigen Lebensweise nicht in der Lage; von November 2005 bis September 2009 wurde er betreut im ambulanten betreuten Wohnen beim VOP. Zum September 2009 ist der Kläger jedoch umgezogen und bewohnt seitdem und durchgehend allein seine Wohnung unter seiner jetzigen Anschrift. Dies wertet der Senat als Beleg dafür, dass der Kläger die Fähigkeit zu eigenständigem Leben (Wohnen) wieder zurückgewonnen hat. Dies wird bestätigt durch die eigene Einlassung des Klägers im Gespräch mit einem "Vertreter" des Beklagten am 18. März 2010. In diesem Gespräch hat der Kläger deutlich gemacht, dass er die Betreuung durch den VOP selbst beendet hat. Er hat beschrieben, dass er als Bezieher von Alg II zwar lange dazu gebraucht habe, sein Geld über den Monat hinweg zielgerecht einzuteilen; er ist aber dazu in der Lage und kommt offenbar mit diesen begrenzten finanziellen Mitteln zurecht. Dies wird auch darin deutlich, dass der Kläger angegeben hat, dass ihm für eine "Beteiligung am kulturellen Leben" keine Spielräume mehr bleiben würden, was unter anderem auch daran liege - und von ihm erkannt und umgesetzt wird - ,dass er auch Rücklagen für Reparaturen bzw. Gebühren aus dem Alg II bilden müsse. Der Kläger bewältigt somit selbständig die Einteilung der knappen finanziellen Mittel für Miete, Rücklagen, Lebensmittel etc. Der Kläger beweist auch damit seine Fähigkeit zur eigenständigen Lebensführung und "finanziellen Organisation" seines Lebens, dass er es ermöglichen konnte, im Hinblick auf die von ihm im September 2009 bezogene Wohnung einiges "herzurichten" , so z.B. neue Gardinen, da die Rollos kaputt gewesen sind. Der Kläger ist dazu in der Lage, an der Gemeinschaft teilzuhaben. Er hat ausgeführt, dass er Mitglied bei Vereinen ist. Er hat auch angegeben, dass er beispielsweise für den Besuch eines VHS-Kurses oder einer Selbsthilfegruppe keine Begleitung braucht; er ist also dazu alleine und selbständig in der Lage. Der Kläger braucht eigener Einschätzung zufolge auch keine Psychotherapie mehr. Weiterhin kommt der Kläger im hauswirtschaftlichen Bereich alleine und selbständig zurecht. Als weiteren Beleg dafür, dass der Kläger nicht an erheblichen Fähigkeitsbeeinträchtigungen ausgehend von seiner seelischen Störung "leidet", die zu einer wesentlichen Teilhabebeeinträchtigung führen, wertet der Senat auch die Tatsache, dass der Kläger den Verein "Inititative Psychiatrie-Erfahrener M." mitgegründet hat und dort sehr aktiv als Vorstand mitarbeitet. Dies hat der Kläger selbst so beschrieben, indem er im Gespräch am 18. März 2010 angegeben hat, dass seine Arbeit im Verein inzwischen sehr viel Zeit in Anspruch nehme. Weiterhin weist der Kläger einen stabilen Gesundheitszustand auf; er selbst hat im Rahmen seiner Widerspruchsbegründung vom 21. Juli 2010 angegeben, dass er bereits seit 5 Jahren symptomfrei sei. Schließlich kann der Senat auch keine wesentliche Teilhabebeeinträchtigung im Kontakt/Umgang mit anderen - auch nicht behinderten - Menschen feststellen. Der Kläger bewegt sich zielgerichtet und selbstsicher im städtischen Umfeld T ... Er hat es insofern beschrieben, als er es "inzwischen schaffe, sich frei in T. zu bewegen". Seine frühere "Zurückhaltung" beim sich Bewegen in der Stadt - er wollte nicht gesehen werden - übt er nicht mehr. Der Kläger hat diesbezüglich im Gespräch am 18. März 2010 angegeben, "darüber stehe er nunmehr" und er zeige sich auch in der Stadtmitte bzw. besuche städtische Lokalitäten auf. Er hat auch angegeben, dass er soziale Kontakte über den Verein und bei Bedarf auch über die Tagesstätte pflege, wobei er dabei nicht hauptsächlich oder auch regelmäßig auf das "Milieu" der Tagesstätte angewiesen ist; eigenen Angaben zufolge besucht er diese nur gelegentlich, wobei es ihm hauptsächlich auch darum geht, Mitglieder für seinen Verein zu werben. Schließlich wertet auch der Senat die Teilnahme des Klägers als Referent an der 30. Landestagung der Landesstelle für Suchtfragen, veranstaltet von der Liga für freie Wohlfahrtspflege Baden-Württemberg e.V., als weiteren Beleg dafür, dass beim Kläger eine erhebliche Fähigkeitsbeeinträchtigung aufgrund seiner seelischen Störung, die zu einer wesentlichen Teilhabebeeinträchtigung führt, nicht vorliegt.
Im übrigen hat das SG auch zutreffend ausgeführt, dass die vom Kläger konkret begehrten Eingliederungshilfeleistungen in Gestalt von persönlicher Unterstützung bei der Lebensführung, bei der Bewirtschaftung des eigenen Gartens, bei der Dekoration der Wohnung und beim Besuchen von Veranstaltungen und von Kursen vorliegend nicht von den Eingliederungshilfeleistungen nach § 53 SGB XII erfasst sind. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat insoweit Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des SG, denen er sich nach eigener Überprüfung in vollem Umfang anschließt (§ 153 Abs. 2 SGG).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten ein Anspruch des Klägers auf Eingliederungshilfe in Form des trägerübergreifenden persönlichen Budgets.
Der am 1960 geborene Kläger leidet an einer bipolaren affektiven Störung, welche Anfang der achtziger Jahre symptomatisch begann. Diese Erkrankung des Klägers machte seit 1985 mindestens 25 stationäre Aufenthalte in Therapieeinrichtungen erforderlich. Seit Januar 2006 war dem Kläger vom Amtsgericht T. - Vormundschaftsgericht - ein Betreuer mit dem Aufgabenkreis Aufenthaltsbestimmung und Sorge für die Gesundheit des Betroffenen zur Seite gestellt. Von November 2005 bis 31. August 2009 lebte der Kläger betreut im ambulant betreuten Wohnen beim Verein für Offene Psychiatrie im M. (VOP). Hierfür übernahm der Beklagte die Kosten im Rahmen der gewährten Sozialhilfe für die begleitende Betreuung im ambulant betreuten Wohnen nach §§ 53 ff. Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) vom 1. Februar 2006 bis 31. August 2009 (Bescheide vom 13. April 2006, 7. März 2007, 21. November 2008). Zum 1. September 2009 zog der Kläger aus der Wohngemeinschaft in seine eigene Wohnung unter seiner jetzigen Anschrift in T. um. Von der Arbeitsgemeinschaft für Arbeit und Soziales T. wurden dem Kläger seit Januar 2008 Leistungen aus Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bewilligt (vgl. Bescheide vom 2. Januar 2008, 17. Mai 2008, 6. Juni 2009, 3. Dezember 2009).
Am 4. Februar 2010 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung eines trägerübergreifenden persönlichen Budgets, welches nach seinen persönlichen und individuellen Bedürfnissen aufgrund seiner psychischen Beeinträchtigung zugeschnitten sei solle. Das persönliche Budget wolle er in seiner Lebenssituation für Hilfsmaßnahmen im folgenden Bereichen nutzen: - Förderung und Vermittlung von sozialen Beziehungen - Selbstversorgung/Haushalts- und Finanzführung - Freizeitgestaltung - sonstige Teilhabe am Leben der Gemeinschaft - Kommunikation und Information - Erschließung und Teilhabe an Bildungsmaßnahmen - Erlernen von Frustrationstoleranz. Seinem Antrag war eine Anlage: "beantragte Hilfsmaßnahmen" beigefügt, aus der sich konkret die beantragten "Hilfeleistungen" ergaben (vgl. AS 138 der Verwaltungsakte des Beklagten).
Am 18. März 2010 fand ein ausführliches Gespräch zwischen dem Kläger und dem Beklagten statt. In diesem Gespräch berichtete der Kläger, dass er seit Herbst vergangenen Jahres in eine eigene Wohnung gezogen sei und die Betreuung durch den VOP beendet habe. Er bewohne eine Dachwohnung im selben Haus, in dem sich auch die Tagesstätte befindet. Er beziehe Alg II und habe lange Zeit gebraucht, um sein Geld über den Monat hinweg zielgerichtet einzuteilen. Ihm würden keine Spielräume verbleiben, so dass er sich am kulturellen Leben nicht beteiligen könne. Problematisch gestalte sich seine Situation noch dadurch, dass er von dem wenigen Geld, welches ihm zur Verfügung stünde, noch Rücklagen für Reparaturen bzw. Gebühren bilden müsse. Außerdem sei die Wohnung vom Vormieter so heruntergewirtschaftet worden, dass er nach seinem Einzug bereits einiges habe herrichten müssen. Er sei bei Vereinen Mitglied. Diesen habe er mitgeteilt, dass er jedoch nur dann dem Verein weiterhin zur Verfügung stehen könne, wenn man ihn beitragsfrei stelle. Er fühle sich ziemlich isoliert, da er aufgrund seiner finanziellen Rahmenbedingungen sich nichts Kulturelles, Künstlerisches oder Kreatives leisten könne. Zur Umsetzung eines Besuchs z.B. eines VHS-Kurs oder einer Selbshilfegruppe (SHG) brauche er keine Begleitung. Von der Durchführung einer Psychotherapie habe er inzwischen Abstand genommen. Im hauswirtschaftlichen Bereich komme er soweit zurecht. In seiner Freizeit sei er vor allem im selbstgegründeten Verein "Initiative Psychiatrie-Erfahrener Main-Tauber e. V." als Vorstand tätig. Je nach Gemütszustand höre er gerne Musik oder spiele selbst; er lese auch gerne. Seit seine Mutter ihren Kleingarten nicht selbst bewirtschaften könne, habe er sich dessen angenommen. Einen gesetzlichen Betreuer brauche er nicht. Er sei froh, dass er keinen gesetzlichen Betreuer mehr habe. Die Tagesstätte besuche er nur gelegentlich, wobei es ihm hauptsächlich darum gehe, zu anderen Besuchern der Tagesstätte Kontakt aufzunehmen bzw. Mitglieder für seinen Verein zu werben. Seit der Arbeitsflaute im letzten Jahr habe er sich sukzessive aus der Tagesstätte zurückgezogen. Bei ihm zuhause herrsche absolute Ruhe, die er auch zu seinem Wohlbefinden benötige. Inzwischen nehme die Arbeit in seinem Verein sehr viel Zeit in Anspruch. Er habe sich auch im Bereich des persönlichen Budgets weitergebildet und möchte in diesem Bereich in Baden-Württemberg als Multiplikator tätig werden. Er pflege eine gute Beziehung zu seiner Mutter. Die nötige Ablösung von ihr habe er vorgenommen. Er schaffe es inzwischen auch, sich frei in T. zu bewegen. Früher habe er sich immer von Menschen beäugt und ausgeschlossen gefühlt. Nunmehr stehe er aber "darüber" und zeige sich auch in der Stadtmitte bzw. besuche Lokalitäten. Kontakte habe er über den Verein und bei Bedarf in der Tagesstätte.
Mit Bescheid vom 22. April 2010 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers auf Leistungen in Form eines persönlichen Budgets ab. Ausgehend von dem mit dem Kläger geführten Gespräch liege die Voraussetzung einer wesentlichen Behinderung des Klägers, die ihn an der Teilhabe im Leben in der Gemeinschaft beeinträchtige, nicht vor; es fehle ihm im wesentlichen an finanziellen Mitteln.
Hiergegen erhob der Kläger am 19. Mai 2010 Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, es sei nicht richtig, dass er nur aufgrund seiner finanziellen Möglichkeiten nicht in der Lage sei, am kulturellen Leben teilhaben zu können. Bereits in den 4 Jahren unter der Begleitung des ambulant betreuten Wohnens habe ein eigenständiges Leben ohne Begleitung zu irgendwelchen Kursen stattgefunden. Zu den Angeboten innerhalb des VOP sei er selbständig und ohne Assistenz gegangen. Er wolle sich nun andere Angebote außerhalb des ambulant betreuten Wohnens einkaufen, die der weiteren Persönlichkeitsentwicklung dienen sollten. Eine motivierende Unterstützung und eine flankierende Begleitung durch "Hilfskräfte" würde die Auflösung seiner persönlichen Problematiken im Hinblick auf ein wirklich selbstbestimmtes Leben und eine echte Inklusion ermöglichen. Budgetnehmern mit gleichem Krankheitsbild bekämen in anderen Bundesländern 1200 bis 1400 EUR bewilligt. Zu seiner Entwicklung in den letzten 10 Jahren gab der Kläger an: Zweimalige Aufhebung der gesetzlichen Betreuung in den 3 Bereichen, eigenständiges Wohnen, seit 5 Jahren symptomfrei, seit 2 Jahren Entwicklung einer beruflichen Perspektive.
In der Verwaltungsakte des Beklagten (Aktenseite 164 ff.) findet sich ein Programm der 30. Landestagung der Landesstelle für Suchtfragen am 17. Juni 2010 in S., veranstaltet von der Wohlfahrtspflege in Baden-Württemberg e.V., wonach der Kläger als Referent an dieser Veranstaltung teilgenommen hatte.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juli 2010 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Auch bei Beantragung eines persönlichen Budgets sei die Grundvoraussetzung der Eingliederungshilfe zu prüfen. Angesichts der psychiatrischen Erkrankung sei die Grundvoraussetzung des Vorliegens einer wesentlichen Behinderung erfüllt. Eine Leistungsberechtigung setze aber voraus, dass der Antragsteller durch seine Behinderung wesentlich in seiner Fähigkeit an der Gesellschaft teilzuhaben beeinträchtigt werde. Hier stehe der einzelne Mensch mit seiner individuellen Beeinträchtigung und dem ihn umgebenden Umfeld im Blickwinkel. Eine wesentliche Fähigkeitsbeeinträchtigung liege beim Kläger nicht vor, da er bereits seit 5 Jahren symptomfrei sei, seit fast einem Jahr selbständig und alleine lebe und die eigene Isolation abbaue und im Hinblick auf den stabilen Gesundheitszustand von Seiten der psychiatrischen Institutsambulanz und auch vom sozialpsychiatrischen Dienst begleitet werde. Er bewege sich selbstsicher und frei in T. und besuche verschiedene Lokalitäten in der Stadtmitte. Zudem habe er als Referent an einer Großveranstaltung in Stuttgart teilgenommen. Eine Finanzierung von Volkshochschulkursen und anderen kreativen Maßnahmen sei nicht möglich, ebenso wenig die Übernahme der dazugehörigen Fahrtkosten oder Telefon- und Internetkosten.
Hiergegen hat der Kläger am 17. August 2010 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, wenn er seine Aktivitäten in der Gesellschaft aufliste, sei dies im Falle eines seelisch erkrankten Menschen verblüffend; wenn man sich aber klarmache, dass er ein hochgebildeter Mensch sei, der seine Talente durch die seelische Krankheit nicht verloren habe, erstaune es wenig. Es handele sich um typische Betätigungen, denen jeder andere seelisch gesunde Akademiker auch nachgehen würde. Entscheidender Unterschied sei jedoch, dass die bürgerliche Gesellschaft seiner Berufskollegien, Nachbarn und vielleicht auch Kirchengemeindemitgliedern ihm verschlossen sei. Er treffe sich mit Mitpatienten und Berufshelfern und lebe mithin in einer Subkultur. In vielerlei Hinsicht sei er nach wie vor massiv beeinträchtigt. Die begehrten Maßnahmen brauche er in erster Linie dazu, seinen Bekanntenkreis, der sich auf Psychiatrieerfahrenen bzw. Sozialarbeiter beschränke, zu verlassen und sich in die bürgerliche Gesellschaft (wieder) einzuordnen.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Seiner Auffassung nach liege eine wesentliche Beeinträchtigung der Teilhabemöglichkeiten beim Kläger nicht vor. Im Rahmen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen gäbe es keine unbegrenzte Sozialisierung der Kosten zur Teilnahme am kulturellen Leben. Hilfen nach § 58 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) würden nur in dem Maße gewährt, in dem auch Nichtbehinderte entsprechende Bedürfnisse befriedigen könnten.
Mit Gerichtsbescheid vom 8. August 2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung von Eingliederungshilfe in der Form des trägerübergreifenden persönlichen Budgets. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Eingliederungshilfe lägen in der Person des Klägers nicht vor. Beim Kläger fehle es bereits an einer wesentlichen Behinderung. Er leide zwar unstreitig an einer schwerwiegenden psychiatrischen Erkrankung. Gekoppelt an das Vorliegen einer Behinderung sei jedoch, dass durch diese der Behinderte wesentlich in seiner Fähigkeit, am Leben in der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt sei. Eine solche wesentliche Einschränkung liege beim Kläger weder zum Zeitpunkt der Antragstellung noch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts vor. Der Kläger sei nach seinen eigenen Angaben und auch nach seinem Auftreten im Termin zur Erörterung des Sachverhalts durchaus in der Lage, trotz seiner Erkrankung am Leben in der Gesellschaft teilzuhaben. Er habe an dem über eine Stunde dauernden Termin teilgenommen und sein Anliegen ohne Einschränkungen flüssig und eloquent vorgetragen und begründet. Er habe dargelegt, dass er durchaus in der Lage sei, Kurse oder auch kulturelle Veranstaltungen alleine ohne eine Begleitperson zu besuchen. Er habe aber auch dargelegt, dass er dies in der Regel deswegen nicht tue, weil er keine Freunde oder Bekannten habe, die zu einem solchen Kurs mitgingen. Sein Bekanntenkreis rekrutiere sich überwiegend aus Leuten mit seelischen Behinderungen. Er benötige daher eine Begleitperson - möglichst eine nicht behinderte Frau - durch deren Begleitung er in der Lage sei, an der bürgerlichen Gesellschaft teilzuhaben.
Gegen den ihm mit Postzustellungsurkunde am 27. August 2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 20. September 2012 beim Landessozialgericht schriftlich Berufung eingelegt. Er verfolgt sein Begehren einer selbstbestimmten Assistenz weiter. Er nehme Bezug auf die erstinstanzlichen Schriftsätze und sein Antragsschreiben vom 4. Februar 2010. Er sei psychisch krank und infolge seiner Erkrankung voll erwerbsgemindert. Seine psychische Erkrankung sei eine Behinderung im Sinne des SGB XII. Sie erfordere eine andauernde medikamentöse Behandlung; dennoch sei er psychisch nicht stabil. Seine psychische Erkrankung sei latent akut. Die Stellungnahmen des Beklagten machten deutlich, dass er seinen Rechtsstandpunkt von einer körperlichen Behinderung her einnähme. Es läge aber eine seelische Behinderung vor. Psychische oder psychotische Erkrankungen begründeten die Ausgrenzung des betroffenen Menschen, weil der psychisch kranke Mensch nicht zu regelmäßigem normgerechten Verhalten in der Lage sei. Als in diesem Sinne Betroffener habe er Anspruch auf eine selbstbestimmte Assistenz und könne hierfür ein persönliches Budget wählen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 8. August 2012 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 22. April 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Juli 2010 zu verurteilen, ihm Eingliederungshilfe in Form des persönlichen Budgets durch Bezahlung von Hilfs- und Begleitpersonen und der Fahrtkosten bestimmter kultureller Veranstaltungen für die Dauer von drei Jahren zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Der Berichterstatter hat im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 5. Dezember 2012 die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert.
Die Beteiligten haben sich mit Schreiben vom 1. Februar 2013 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten und die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
I.
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung.
Die form- und fristgerechte eingelegte (§ 151 Abs. 1 SGG) und statthafte (§ 143 SGG) Berufung ist zulässig.
II.
Die Berufung ist nicht begründet. Zu Recht hat das SG einen Anspruch des Klägers auf Leistungen der Eingliederungshilfe in Form eines trägerübergreifenden persönlichen Budgets verneint.
Als Rechtsgrundlage des Begehrens des Klägers kommt § 19 Abs. 3 SGB XII i.V.m. §§ 53, 54 SGB XII, §§ 55, 17 Abs. 2 des SGB IX in Betracht.
Nach § 53 SGB XII erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX wesentlich an ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann (§ 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII). Von einer Behinderung bedroht sind Personen, bei denen der Eintritt der Behinderung nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (§ 53 Abs. 2 Satz 1 SGB XII). § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII nimmt somit auf den Behindertenbegriff des § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX Bezug, wonach Menschen behindert sind, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt wird. Mit dieser Definition hat der Gesetzgeber an den speziellen Behinderungsbegriff der Weltgesundheitsorganisation WHO angeknüpft (vgl. BT-Drucks. 14/5074, Seite 98). Dabei wird Behinderung durch die "Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit" (ICF) nicht mit einer Fähigkeitsstörung als Folge einer Gesundheits- oder Funktionsstörung identifiziert und somit nicht als Eigenschaft oder persönliches Merkmal eines Menschen betrachtet. Behinderung wird hier vielmehr definiert als ein Begriff, der "die negativen Aspekte der Interaktion zwischen einer Person (mit einem Gesundheitsproblem) und ihren Kontextfaktoren (umwelt- und personenbezogene Faktoren)" bezeichnet (vgl. ICF, Endfassung, Stand Oktober 2005, Anhang 1, Seite 145f., www.dimdi.de). In Anknüpfung an den speziellen Behinderungsbegriff der WHO liegt eine Behinderung im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX nur dann vor, wenn die festgestellte Funktions- oder Fähigkeitsstörung zu einer Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft führt. Für die Frage, welche Lebensbereiche auf mögliche Teilhabebeeinträchtigungen hin untersucht werden sollen, kann die ICF als Orientierung dienen. Hier werden insbesondere folgende Lebensbereiche benannt: Kommunikation, Mobilität, Selbstversorgung, häusliches Leben und Hilfe für andere, interpersonelle Interaktionen und Beziehungen, Bildung, Arbeit und Beschäftigung, wirtschaftliche Sicherheit, Gemeinschafts-, soziales- (z. B. Freizeit, Religion) und staatsbürgerliches Leben (vgl. Bieritz-Harder in LPK-SGB XII, 8. Auflage, § 53 Rdnr. 5). Wie aus dem Wortlaut des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zu ersehen ist, haben Anspruch auf Eingliederungshilfeleistungen nur diejenigen behinderten Menschen, deren Fähigkeit zur Teilhabe wesentlich beeinträchtigt ist. Eine wesentliche Behinderung wird somit mit einer wesentlichen Fähigkeitsbeeinträchtigung gleichgesetzt. Über den Wortlaut der Regelung hinaus ist jedoch auch der Grad der Teilhabebeeinträchtigung zu betrachten, der ja gerade ein wesentliches Element des allgemeinen Behinderungsbegriffs des § 2 Abs. 1 SGB IX darstellt. Nur wenn eine wesentliche Fähigkeitsbeeinträchtigung dazu führt, dass ein Mensch in seiner Teilhabe wesentlich beeinträchtigt ist, kann dies einen Leistungsanspruch auslösen. Entscheidend ist mithin nicht, wie stark die geistigen Kräfte beeinträchtigt sind und in welchem Umfang ein Funktionsdefizit vorliegt, sondern wie sich die Beeinträchtigung auf die Teilhabemöglichkeit auswirkt (BSG, Urteil vom 22. März 2012 - B 8 SO 30/10 R -). Anderenfalls könnten Personen, die zwar in ihren eigenen Fähigkeiten wesentlich, aber in ihren Teilhabemöglichkeiten nur geringfügig beeinträchtigt sind, Leistungen der Eingliederungshilfe beanspruchen. Ein solches Ergebnis entspricht nicht dem Ziel des Gesetzgebers (Bieritz-Harder, a. a. O., Rdnr. 10; Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Auflage, § 53 Rdnr. 15). Auf der Grundlage der in § 60 SGB XII enthaltenen Ermächtigung hat die Bundesregierung in der Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglVO) in der hier maßgebenden Fassung des Artikel 13 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I, Seite 3022) eine nähere Abgrenzung des leistungsberechtigten Personenkreises vorgenommen. Nach dem hier allein in Betracht kommenden § 3 EinglVO sind seelische Störungen, die eine wesentliche Einschränkung der Teilhabefähigkeit im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zur Folge haben können (1.) körperlich nicht begründbare Psychosen, (2.) seelische Störungen als Folge von Krankheiten oder Verletzungen des Gehirns, von Anfallsleiden oder von anderen Krankheiten oder körperlichen Beeinträchtigungen, (3.) Suchtkrankheiten, (4.) Neurosen und Persönlichkeitsstörungen. Wie aus dem Wortlaut des § 3 EinglVO zu ersehen ist, wird - anders als in den §§ 1 und 2 EinglVO - beim Vorliegen einer der dort genannten Gesundheitsstörungen nicht in jedem Fall auch eine erhebliche Fähigkeitsbeeinträchtigung vermutet. Ob eine erhebliche Fähigkeitsbeeinträchtigung vorliegt, muss somit hier in jedem Einzelfall gesondert geprüft werden. Insbesondere muss über den Wortlaut des § 3 EinglVO schließlich geprüft werden, ob die erhebliche Fähigkeitsbeeinträchtigung auch zu einer wesentlichen Teilhabebeeinträchtigung führt (Bieritz-Harder, a. a. O., Rdnr. 16).
Bei vollständiger Würdigung aller im Verfahren angefallenen Unterlagen ist beim Kläger eine wesentliche Einschränkung der Teilhabefähigkeit im dargestellten Sinn nicht feststellbar. Diesbezüglich nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des SG Bezug und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend ist noch Folgendes auszuführen: Der Kläger war zum Zeitpunkt der Antragstellung am 4. Februar 2010 und ist bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats weitestgehend zu einer selbstständigen Lebensführung in allen Lebensbereichen fähig und bedarf zur Bewältigung aller Anforderungen, die das Leben an ihn stellt, keiner Betreuung, Begleitung oder Assistenz. Dies ergibt sich aus folgendem: Der Kläger stand aufgrund seiner seelischen Störung (bipolare affektive Störung) zeitweise unter Betreuung, die vom Amtsgericht T. -Vormundschaftgericht - angeordnet war. Zum Zeitpunkt der Antragstellung im Februar 2010 und während des gesamten Zeitraumes bis zur Entscheidung des Senats bestand eine solche Betreuung jedoch nicht mehr. Bis September 2009 war der Kläger zu einer selbständigen Lebensweise nicht in der Lage; von November 2005 bis September 2009 wurde er betreut im ambulanten betreuten Wohnen beim VOP. Zum September 2009 ist der Kläger jedoch umgezogen und bewohnt seitdem und durchgehend allein seine Wohnung unter seiner jetzigen Anschrift. Dies wertet der Senat als Beleg dafür, dass der Kläger die Fähigkeit zu eigenständigem Leben (Wohnen) wieder zurückgewonnen hat. Dies wird bestätigt durch die eigene Einlassung des Klägers im Gespräch mit einem "Vertreter" des Beklagten am 18. März 2010. In diesem Gespräch hat der Kläger deutlich gemacht, dass er die Betreuung durch den VOP selbst beendet hat. Er hat beschrieben, dass er als Bezieher von Alg II zwar lange dazu gebraucht habe, sein Geld über den Monat hinweg zielgerecht einzuteilen; er ist aber dazu in der Lage und kommt offenbar mit diesen begrenzten finanziellen Mitteln zurecht. Dies wird auch darin deutlich, dass der Kläger angegeben hat, dass ihm für eine "Beteiligung am kulturellen Leben" keine Spielräume mehr bleiben würden, was unter anderem auch daran liege - und von ihm erkannt und umgesetzt wird - ,dass er auch Rücklagen für Reparaturen bzw. Gebühren aus dem Alg II bilden müsse. Der Kläger bewältigt somit selbständig die Einteilung der knappen finanziellen Mittel für Miete, Rücklagen, Lebensmittel etc. Der Kläger beweist auch damit seine Fähigkeit zur eigenständigen Lebensführung und "finanziellen Organisation" seines Lebens, dass er es ermöglichen konnte, im Hinblick auf die von ihm im September 2009 bezogene Wohnung einiges "herzurichten" , so z.B. neue Gardinen, da die Rollos kaputt gewesen sind. Der Kläger ist dazu in der Lage, an der Gemeinschaft teilzuhaben. Er hat ausgeführt, dass er Mitglied bei Vereinen ist. Er hat auch angegeben, dass er beispielsweise für den Besuch eines VHS-Kurses oder einer Selbsthilfegruppe keine Begleitung braucht; er ist also dazu alleine und selbständig in der Lage. Der Kläger braucht eigener Einschätzung zufolge auch keine Psychotherapie mehr. Weiterhin kommt der Kläger im hauswirtschaftlichen Bereich alleine und selbständig zurecht. Als weiteren Beleg dafür, dass der Kläger nicht an erheblichen Fähigkeitsbeeinträchtigungen ausgehend von seiner seelischen Störung "leidet", die zu einer wesentlichen Teilhabebeeinträchtigung führen, wertet der Senat auch die Tatsache, dass der Kläger den Verein "Inititative Psychiatrie-Erfahrener M." mitgegründet hat und dort sehr aktiv als Vorstand mitarbeitet. Dies hat der Kläger selbst so beschrieben, indem er im Gespräch am 18. März 2010 angegeben hat, dass seine Arbeit im Verein inzwischen sehr viel Zeit in Anspruch nehme. Weiterhin weist der Kläger einen stabilen Gesundheitszustand auf; er selbst hat im Rahmen seiner Widerspruchsbegründung vom 21. Juli 2010 angegeben, dass er bereits seit 5 Jahren symptomfrei sei. Schließlich kann der Senat auch keine wesentliche Teilhabebeeinträchtigung im Kontakt/Umgang mit anderen - auch nicht behinderten - Menschen feststellen. Der Kläger bewegt sich zielgerichtet und selbstsicher im städtischen Umfeld T ... Er hat es insofern beschrieben, als er es "inzwischen schaffe, sich frei in T. zu bewegen". Seine frühere "Zurückhaltung" beim sich Bewegen in der Stadt - er wollte nicht gesehen werden - übt er nicht mehr. Der Kläger hat diesbezüglich im Gespräch am 18. März 2010 angegeben, "darüber stehe er nunmehr" und er zeige sich auch in der Stadtmitte bzw. besuche städtische Lokalitäten auf. Er hat auch angegeben, dass er soziale Kontakte über den Verein und bei Bedarf auch über die Tagesstätte pflege, wobei er dabei nicht hauptsächlich oder auch regelmäßig auf das "Milieu" der Tagesstätte angewiesen ist; eigenen Angaben zufolge besucht er diese nur gelegentlich, wobei es ihm hauptsächlich auch darum geht, Mitglieder für seinen Verein zu werben. Schließlich wertet auch der Senat die Teilnahme des Klägers als Referent an der 30. Landestagung der Landesstelle für Suchtfragen, veranstaltet von der Liga für freie Wohlfahrtspflege Baden-Württemberg e.V., als weiteren Beleg dafür, dass beim Kläger eine erhebliche Fähigkeitsbeeinträchtigung aufgrund seiner seelischen Störung, die zu einer wesentlichen Teilhabebeeinträchtigung führt, nicht vorliegt.
Im übrigen hat das SG auch zutreffend ausgeführt, dass die vom Kläger konkret begehrten Eingliederungshilfeleistungen in Gestalt von persönlicher Unterstützung bei der Lebensführung, bei der Bewirtschaftung des eigenen Gartens, bei der Dekoration der Wohnung und beim Besuchen von Veranstaltungen und von Kursen vorliegend nicht von den Eingliederungshilfeleistungen nach § 53 SGB XII erfasst sind. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat insoweit Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des SG, denen er sich nach eigener Überprüfung in vollem Umfang anschließt (§ 153 Abs. 2 SGG).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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