Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 888/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 4983/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Wegen der Erziehung von Kindern ist bei der Bemessung der Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung nicht ein dem Kinderlosenzuschlag entsprechender Nachlass für jedes Kind zu berücksichtigen und in der gesetzlichen Rentenversicherung besteht kein Anspruch auf höhere Ent-geltpunkte.
Revision zugelassen
Revision zugelassen
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 14. September 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt im Berufungsverfahren einen Beitragsnachlass wegen der Erziehung mehrerer Kinder in der sozialen Pflegeversicherung sowie die Berücksichtigung von Kosten der Kindererziehung in der gesetzlichen Rentenversicherung in Form von zusätzlichen Entgeltpunkten.
Die 1967 geborene Klägerin, verheiratet und Mutter von vier in den Jahren 2001, 2002, 2004 und 2009 geborenen Kindern, war bis zum 15. April 2008 versicherungspflichtig beschäftigt und erzielte im Jahr 2008 einen Bruttolohn von EUR 5.970,97. Sie war eingruppiert in Tarifgruppe K 3 mit einer Wochenarbeitszeit von 33,3 Stunden. Im Jahr 2007 erzielte sie einen Bruttoarbeitslohn von EUR 20.734,00 und damit abzüglich Werbungskosten und Arbeitnehmer-Pauschbetrag Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von EUR 19.814,00. Sie ist bei der Beklagten zu 1) pflegepflichtversichert und bei der Beklagten zu 2) rentenversichert. Vom 9. Januar 2008 bis zum Ende der Beschäftigung zahlte sie Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von EUR 455,58, zur Rentenversicherung in Höhe von EUR 556,17; Arbeitslosenversicherung in Höhe von EUR 92,23; und zur Pflegeversicherung in Höhe von EUR 47,52 (SG-Akte S 9 KR 1001/08, Bl. 169). Für das Jahr 2007 erhielten sie und ihr Ehemann Kindergeld in Höhe von EUR 5.544. Vom 16. April 2008 bis 15. April 2009 bezog die Klägerin Arbeitslosengeld I.
Der Ehemann der Klägerin führte - ohne Erfolg - ein Klageverfahren gegen die hiesige Beklagte zu 1) mit dem Ziel eines Beitragsnachlasses in der gesetzlichen Renten- und sozialen Pflegeversicherung wegen Berücksichtigung von Kindererziehung (Urteile des Sozialgerichts Mannheim [SG] vom 27. Oktober 2005 - S 11 KR 374/05 -; Landessozialgerichts Baden-Württemberg [LSG] vom 24. Januar 2007 - L 5 KR 4854/05 - Beschluss des Bundessozialgerichts [BSG] vom 9. Oktober 2007 - B 12 KR 28/07 B -).
I. Am 9. Januar 2008 beantragte die Klägerin bei der Beklagten zu 1) als Einzugsstelle, anstelle des gegenwärtig gegenüber kinderlosen Beitragszahlern in der Pflegeversicherung pauschal gewährten Beitragsnachlasses diesen je Kind zu gewähren für den Zeitraum, für den ein Anspruch auf Kindergeld für das jeweilige Kind bestehe. Außerdem beantragte sie, in der gesetzlichen Rentenversicherung die minimalen Kosten für ein Kind, festgemacht am steuerlichen Existenzminimum, abzüglich der bereits aus Kindergeld und Steuerfreibeträgen erstatteten Kosten und des bereits in der sozialen Pflegeversicherung berücksichtigten Beitragsnachlasses für den Zeitraum, für den ein Anspruch auf Kindergeld für das jeweilige Kind bestehe, leistungssteigernd oder beitragsmindernd anzurechnen. Die gegenwärtige Gleichbehandlung von Beitragszahlern mit nur einem Kind und solchen mit mehreren Kindern in der Pflegeversicherung sei noch immer verfassungswidrig. Der Gesetzgeber lasse nach wie vor das Ausmaß der tatsächlichen Unterschiede in der Erziehungsleistung von Beitragszahlern zur sozialen Pflegeversicherung sachwidrig außer Acht. Ausgehend von dem einzig logischen und plausiblen Ansatz, dass die Erziehung und Betreuung des ersten Kindes für die soziale Pflegeversicherung die gleiche Bedeutung habe wie die Erziehung und Betreuung jedes weiteren Kindes, müsse die Beitragsentlastung proportional zur Zahl der Kinder erfolgen. In Übertragung der Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur sozialen Pflegeversicherung (Urteil vom 3. April 2001 - 1 BvR 1629/94 - in juris) auf die Rentenversicherung müsse hier erst recht der generative Beitrag von Beitragszahlern mit Kindern innerhalb des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeglichen werden. Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung sorgten zwar dafür, dass keine Nachteile bei den Rentenanwartschaften entstünden. Nicht berücksichtigt werde jedoch die tatsächliche Mehrleistung durch die Erziehung von Kindern für die Funktionsfähigkeit des umlagefinanzierten Systems der gesetzlichen Rentenversicherung. Beiträge garantierten durch ihre umgehende Ausschüttung an die Rentner die gegenwärtige Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung, die Erziehungsleistung von Eltern garantiere die zukünftige Funktionsfähigkeit. Die Kosten für den Mindestbedarf eines Kindes, festgemacht am steuerlichen Existenzminimum, seien unvermeidbar und damit - abzüglich bereits erstatteter Kosten aus Kindergeld und Steuerfreibeträgen und abzüglich des in der Pflegeversicherung gewährten Beitragsnachlasses - die Untergrenze des für die Rentenversicherung zu berücksichtigenden "generativen Beitrags".
Die Beklagte zu 1) lehnte die Anträge mit Bescheiden vom 24. Januar und 26. Februar 2008 ab. Der bei der Beklagten zu 1) gebildete Widerspruchsausschuss wies die Widersprüche der Klägerin vom 7. Februar und 1. März 2008 mit Widerspruchsbescheid vom 12. März 2008 zurück. Die Beiträge zur Rentenversicherung und zur Pflegeversicherung würden nach einem gesetzlich festgeschriebenen Beitragssatz erhoben. Grundlage sei u.a. das Arbeitsentgelt. § 160 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) ermächtige die Bundesregierung, die Beitragssätze in der Rentenversicherung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats festzusetzen. Aktuell betrage der Beitragssatz 19,5 %. In der Pflegeversicherung gelte seit 1. Juli 1997 ein einheitlicher Beitragssatz von 1,7 %. Nachdem das BVerfG entschieden habe, dass es nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sei, Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung, die Kinder erzögen, mit gleich hohen Beiträgen zu belasten wie Mitglieder ohne Kinder, habe der Gesetzgeber in § 55 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) einen Beitragszuschlag von 0,25 % für Kinderlose geregelt. Da die Entscheidung des BVerfG nur hinsichtlich der Pflegeversicherung ergangen sei, seien Änderungen für andere Bereiche der Sozialversicherung - etwa der Rentenversicherung - nicht erfolgt. Sie (die Beklagte zu 1)) als Einzugsstelle sei an Recht und Gesetz gebunden. Es obliege ihr jedoch nicht, zu prüfen, ob die gesetzlichen Änderungen den Vorgaben des BVerfG genügten. Das LSG habe einen Antrag auf Beitragsreduzierung mit Urteil vom 24. Januar 2007 (L 5 KR 4854/05) rechtskräftig abgelehnt. Über den Antrag auf verbesserte Leistungen der Rentenversicherung habe sie (die Beklagte zu 1)) nicht entscheiden können.
Mit Bescheid vom 28. November 2008 konkretisierte die Beklagte zu 1) auf Anregung des SG ihren Bescheid vom 26. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. März 2008 und bezifferte die ab Antragstellung am 9. Januar 2008 bis zum Ende der Beschäftigung am 15. April 2008 von der Klägerin und ihrem Arbeitgeber gezahlten Beiträge zur Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung. Der Beitrag zur Rentenversicherung der Klägerin betrug EUR 556,17, der zur Pflegeversicherung EUR 47,52. Der Arbeitgeber zahlte Beiträge in derselben Höhe. Ein Beitragsnachlass je Kind in der sozialen Pflegeversicherung bzw. eine Leistungssteigerung oder Beitragsminderung in der gesetzlichen Rentenversicherung sei weiterhin nicht möglich.
II. Am 27. Oktober 2008 beantragte die Klägerin bei der Beklagten zu 2), ihrem Rentenkonto zunächst nur für das Jahr 2007 - zusätzlich 1,4733 Entgeltpunkte gutzuschreiben. Zur Begründung gab sie ebenfalls an, das genannte Urteil des BVerfG zur sozialen Pflegeversicherung müsse auf die Rentenversicherung übertragen dazu führen, dass dort erst recht der generative Beitrag der Beitragszahler mit Kindern innerhalb des Systems auszugleichen sei. Die gesetzliche Rentenversicherung sei auf künftige Beitragszahler und damit auf den generativen Beitrag von Eltern angewiesen, die zugunsten der Kindererziehung und damit zugunsten der umlagefinanzierten gesetzlichen Rentenversicherung auf Konsum und Vermögensbildung verzichteten. Dieser Beitrag sei die Höhe des steuerlichen Existenzminimums der Kinder, vermindert um die bereits aus Kindergeld und Steuerfreibeträgen erstatteten Kosten und abzüglich des in der sozialen Pflegeversicherung berücksichtigten Beitragsbonus. Für 2007 seien dies mindestens EUR 8.645,54. Da das Durchschnittseinkommen für 2007 EUR 29.488,00 betrage, der Beitragssatz 19,9 %, sei für einen Entgeltpunkt ein Geldbeitrag von EUR 29.488,00 × 19,9 % = EUR 5.868,11 zu entrichten. Ihr generativer Beitrag entspreche also mindestens EUR 8.645,54 = 1,4733 Entgeltpunkten. Die bereits existierenden Kinderkomponenten der gesetzlichen Rentenversicherung (Kindererziehungszeiten, Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung sowie Aufwertung bei Teilzeitarbeit, Mehrfacherziehung und Pflege) wirkten sich zwar rentensteigernd aus, bewirkten aber lediglich, dass Eltern, die zugunsten ihrer Kinder ganz oder teilweise auf Erwerbsarbeit verzichteten, in ihren Rentenanwartschaften nicht schlechter gestellt seien als kinderlose Versicherte. Da die Berechnung des generativen Beitrags vom Jahreseinkommen und den Steuern ausgehe, werde sie einen entsprechenden Antrag für das Jahr 2008 stellen, sobald die Zahlen vorlägen. Der generative Beitrag werde von ihr und ihrem Ehemann gemeinsam erbracht. Dieser sei jedoch damit einverstanden, dass die beantragten zusätzlichen Entgeltpunkte allein ihrem Rentenkonto gutgeschrieben würden.
Mit Schreiben vom 8. Dezember 2008 beantragte die Klägerin Kontenklärung und erhielt am 20. Februar 2009 die Kontoübersicht vom selben Tag.
Mit Bescheid vom 10. März 2009 lehnte die Beklagte zu 2) den Antrag auf Berücksichtigung eines zusätzlichen generativen Beitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung ab. In § 56 SGB VI sei die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten im System der gesetzlichen Rentenversicherung geregelt (0,0833 Entgeltpunkte pro Kalendermonat). Eine darüber hinausgehende Bewertung sei im Gesetz nicht vorgesehen. Das zitierte Urteil des BVerfG zur Pflegeversicherung führe nicht zu einer anderen Beurteilung der geltenden Vorschriften. Die Klägerin legte mit Schreiben vom 16. März 2009 Widerspruch ein und trug vor, die Ausführungen des BVerfG seien auf die Rentenversicherung übertragbar, was Prof. Dr. Anne Lenze in einem Beitrag für die Neue Zeitschrift für Sozialrecht, Heft 8/2007 "Kindererziehung als generativer Beitrag in der gesetzlichen Rentenversicherung" ausgeführt habe.
Der bei der Beklagten zu 2) gebildete Widerspruchsausschuss wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30. April 2009 zurück. Dem Begehren der Klägerin auf Berücksichtigung eines generativen Beitrags in ihrem Versicherungskonto könne nicht entsprochen werden. Der Rentenversicherungsträger sei an das geltende Recht, das die Klägerin für verfassungswidrig halte, gebunden. Eine eigene Prüfung der Verfassungsmäßigkeit finde seitens der Behörde nicht statt.
III. Die Klägerin erhob gegen die Beklagte zu 1) am 31. März 2009 Klage zum SG (S 9 KR 1001/08). Zur Begründung wiederholte und vertiefte sie ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren. Ihr Ehemann habe mit seiner Klage den Rechtsweg ausgeschöpft. Die Rechtsfrage sei erneut klärungsbedürftig, weil Prof. Dr. Anne Lenze das Urteil des BSG (vom 5. Juli 2006 - B 12 KR 20/04 R - in juris) zur Berücksichtigung der Kindererziehung in der gesetzlichen Rentenversicherung so massiv kritisiert habe, dass dessen Richtigkeit nunmehr mit Fug und Recht angezweifelt werden könne und das Beitrags- und Leistungsrecht der gesetzlichen Rentenversicherung immer noch unvereinbar mit dem Grundgesetz (GG) sei. Daher müsse auch die Nichtberücksichtigung der Anzahl der Kinder im Beitragsrecht der sozialen Pflegeversicherung als verfassungswidrig angesehen. Der generative Beitrag sei für drei Kinder wesentlich höher als für ein Kind, weshalb in der sozialen Pflegeversicherung ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vorliege. Ein Antrag der Bundestagsfraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD zum Kinderberücksichtigungsgesetz (KiBG) vom 24. April 2002 (Bundestags-Drucksache 14/8864) habe eine Freibetragsregelung je Kind vorgesehen. Im Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung (Ausschuss-Drucksache 13/0655 vom 17. September 2004) sei vor einer erneuten verfassungswidrigen Ausgestaltung des Beitragsrechts der sozialen Pflegeversicherung gewarnt worden. Der Zentralverband des deutschen Handwerks habe vorgetragen, die Entlastung müsse kinderzahlabhängig erfolgen, gegen die nivellierende Konzeption des Gesetzes bestünden gravierende verfassungsrechtliche Bedenken. Auch andere Stellungnahmen von Verbänden und Institutionen hätten massiv kritisiert, dass die Kinderzahl im Gesetzentwurf zum KiBG keine Berücksichtigung gefunden habe. In der gesetzlichen Rentenversicherung bestehe ein verfassungswidriger Zustand wie in der sozialen Pflegeversicherung vor der Einführung des KiBG. Die im Gesetz vorgesehen Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten führe nur zu einer beitragsfreien Mitversicherung. Auch würden Eltern im System der gesetzlichen Rentenversicherung im Vergleich zu einem System mit der reinen binnenfamiliären Unterhaltsverpflichtung im Durchschnitt massiv und unter Missachtung des Art. 6 Abs. 1 GG benachteiligt. Hilfsweise beantrage sie, das Verfahren auszusetzen und dem BVerfG vorzulegen.
Die Klägerin legte zahlreiche Drucksachen des Deutschen Bundestags und der Ausschüsse aus dem Gesetzgebungsverfahren des KiBG sowie Stellungnahmen von Verbänden vor, in denen verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine gesetzliche Regelung ohne Berücksichtigung der Anzahl der Kinder geäußert werden, sowie Zeitungsartikel und Stellungnahmen aus der Rechtswissenschaft.
IV. Am 12. Mai 2009 erhob die Klägerin Klage gegen die Beklagte zu 2) zum SG (S 9 R 1552/09) mit dem Antrag, festzustellen, dass ihrem Rentenkonto für das Jahr 2007 zusätzlich 1,4733 Entgeltpunkte sowie ab dem Jahr 2008 auf zukünftig zu stellende Anträge jeweils entsprechende zusätzliche Entgeltpunkte gutzuschreiben seien. Hilfsweise beantrage sie, das Verfahren auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen.
Zu Begründung wiederholte und vertiefte sie ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren und im Klageverfahren S 9 KR 1001/08.
V. Die Beklagten traten der Klage entgegen und verwiesen jeweils auf ihren Widerspruchsbescheid.
Mit Beschluss vom 18. Mai 2009 verband das SG beide Klagen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung und führte sie unter dem Aktenzeichen S 9 KR 1001/08 fort. Mit Beschluss vom 5. Juni 2009 setzte das SG das Verfahren nach Mitteilung des BVerfG, dass zum Beitragszuschlag in der Pflegeversicherung und zur Beitragshöhe in der gesetzlichen Rentenversicherung für Kindererziehende Verfassungsbeschwerdeverfahren (1 BvR 1997/08, 1 BvR 2056/08; 1 BvR 2973//06, 1 BvR 2983/06, 1 BvR 3039/06) anhängig seien, aus.
Am 8. März 2010 rief die Klägerin das Verfahren wieder an. Die Verfassungsbeschwerden 1 BvR 2973/06, 1 BvR 2983/06 und 1 BvR 3039/06 seien mittlerweile nicht zur Entscheidung angenommen worden (Nichtannahmebeschlüsse vom 5. Januar 2010; in juris). Das Verfahren wurde nunmehr zu Aktenzeichen S 9 KR 888/10 geführt.
Mit Urteil vom 14. September 2010 wies das SG die Klagen ab. Beide Klagen seien als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklagen zulässig. Gegen die Beklagte zu 1) sei der Bescheid vom 28. November 2008 nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in das Klageverfahren einbezogen worden. Beiden Klagen mangele es nicht am Feststellungsinteresse, weil zur verfassungsrechtlichen Überprüfung eine Richtervorlage nach Art. 100 GG oder die Ausschöpfung des Rechtsweges vor Erhebung einer Verfassungsbeschwerde erforderlich sei. Auch gegenüber der Beklagten zu 2) sei es der Klägerin nicht zuzumuten, zur Klärung der zusätzlichen gesetzlich nicht vorgesehenen rentenrechtlichen Zeiten den Leistungsfall abzuwarten. Die Klagen seien jedoch unbegründet. Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig, die Beklagten nach Art. 20 Abs. 3 GG an Recht und Gesetz gebunden. Es (das SG) sehe auch keine Veranlassung, die Klageverfahren nach Art. 100 Abs. 1 GG auszusetzen und den Rechtsstreit dem BVerfG vorzulegen. Hierzu müsse das Fachgericht von der Verfassungswidrigkeit der entscheidungserheblichen Normen überzeugt sein; Zweifel reichten nicht aus. Eine solche sichere Überzeugung habe es (das SG) sich nicht bilden können. Zwar seien umlagefinanzierte Sozialversicherungssysteme zwingend auf spätere Beitragszahlungen durch nachwachsende Generationen angewiesen. Allerdings decke die Rentenversicherung schon heute gut ein Viertel ihres Bedarfs nicht mehr aus Beitragszahlungen, sondern einem aus allgemeinen Steuermitteln finanzierten Bundeszuschuss. Angesichts der problematischen Wirtschafts- und Arbeitsmarktlage sei keineswegs sicher, dass die heutigen Kinder später tatsächlich im Rahmen einer Erwerbstätigkeit Beitragsmittel zur Rentenversicherung aufzubringen. Es (das SG) halte es - abweichend vom BVerfG - auch nicht für zwingend, dass die Schlechterstellung der Eltern innerhalb desselben Sicherungssystems ausgeglichen werden müsse. Insgesamt habe der Gesetzgeber seit 2001 zahlreiche Maßnahmen zugunsten von Erziehenden ergriffen. Die Ausführungen des BVerfG zur Pflegeversicherung seien nicht zwingend "eins zu eins" auf die Rentenversicherung zu übertragen. Das BVerfG habe durch Beschlüsse vom 5. Januar 2010 (a.a.O.) in vergleichbaren Rechtsstreitigkeiten die Annahme von Verfassungsbeschwerden verweigert. Das KiBG bewege sich innerhalb des weiten Gestaltungsspielraumes des Gesetzgebers. Eine Differenzierung nach der Kinderzahl sei nicht zwingend geboten, umso weniger, da nach aktuellen statistischen Daten 40,3 % aller Familien mit Kindern ein Kind, 18,2 % aller Familien zwei Kinder und 16,5 % aller Familien drei und mehr Kinder hätten, der Anteil der Kleinfamilie mit nur einem Kind also überwiege. Die Hürden für eine Richtervorlage seien hoch; das vorlegende Gericht müsse darlegen, wie sich die Finanzierung eines für verfassungsgemäß angesehenen Zustandes auf die verfassungsrechtlich geschützten Positionen der übrigen Versicherten auswirken würde und welche Konsequenzen sich hieraus für den Haushaltsgesetzgeber und die Gestaltungsmöglichkeiten des Parlaments ergeben würden. Hierzu sei das Gericht angesichts hoher Arbeitsbelastung nicht in der Lage, zumal es sich um rein sozialpolitische Feststellungen handele.
Gegen das am 30. September 2010 zur Post gegebene Urteil vom 14. September 2010 hat die Klägerin am 25. Oktober 2010 Berufung eingelegt. Dass die gesetzliche Rentenversicherung ihren Finanzbedarf bereits heute zu einem Viertel aus Bundeszuschüssen decke, stehe nicht der von ihr behaupteten Verfassungswidrigkeit entgegen, da auch diese Mittel aus den direkten und indirekten Steuern der jeweils aktiven Erwerbstätigen stammten und damit auf der Erziehungsleistung von Eltern basierten. Die Einschätzung des SG zur Wirtschaftslage widerspreche den Prognosen der Experten. Das SG hätte auch die Verschlechterungen für Familien berücksichtigen müssen, z.B. Erhöhung der Mehrwertsteuer und Wegfall des Baukindergelds. Es habe keine Berechtigung, hinter die Forderungen des BVerfG zurückzugehen. Sie (die Klägerin) sei detailliert auf die Finanzierung des verfassungsgemäßen Zustandes eingegangen und habe dargelegt, wie die haushaltsneutrale Umsetzung aussehen könnte. Die Statistik über die Kinderzahl sei vom SG falsch ausgewertet worden. Tatsächlich hätten 40,3 % Ehepaare Kinder, 18,2 % der Ehepaare hätten ein Kind, 16,5 % zwei Kinder und nur 5,7 % hätten drei oder mehr Kinder.
Der frühere Berichterstatter hat darauf hingewiesen, dass Zweifel an der Zulässigkeit der bislang gestellten Feststellungsanträge bestünden; vorrangig seien Anfechtungs- und Leistungsklage unter Bezifferung der geltend gemachten Ansprüche. Die Klägerin hat daraufhin eine Berechnung des erstrebten Beitragsnachlasses für die Pflegeversicherungsbeiträge für das Jahr 2008 vorgelegt. Danach habe bei ihrem Bruttolohn von EUR 5.970,97 der Beitragsnachlass für Eltern ab dem ersten Kind von 0,25 % EUR 14,93 betragen. Da sie (die Klägerin) 2008 drei Kinder erzogen habe, beanspruche sie den dreifachen Beitragsnachlass, also EUR 29,86. Die zusätzlichen Entgeltpunkte hat sie nach dem Einkommenssteuerbescheid 2007 wie folgt berechnet. Ausgehend vom Einkommen ihres Ehemannes und ihrem Einkommen in Höhe von EUR 101.542,00; abzüglich der Kinderfreibeträge (3 × EUR 5.808,00) also EUR 17.424,00; ergebe sich ein zu versteuerndes Einkommen von EUR 84.118,00. Gemäß Splittingtabelle sei hieraus Einkommenssteuer von EUR 19.966,00, Kirchensteuer von EUR 1.597,28 und Solidaritätszuschlag von EUR 1.098,13 zu entrichten. Die gesamte Steuerlast seien somit EUR 22.661,41. Die fiktive Steuerlast ohne Kinderfreibeträge betrüge EUR 30.447,51, die Steuerersparnis wegen der drei Kinderfreibeträge EUR 7.786,10, zuzüglich eines Sicherheitszuschlages von 10 % wegen vereinfachter Berechnung EUR 8.564,71. Der Elternbonus in der sozialen Pflegeversicherung werde mit 2 × 0,25 % bei einer Beitragsbemessungsgrenze von EUR 42.750,00; also EUR 213,75 angesetzt. Der minimale generative Beitrag aus dem steuerlichen Existenzminimum für drei Kinder (3 × EUR 5.808,00) sei EUR 17.424,00 abzüglich der maximalen Steuerersparnis von EUR 8.564,71 und des maximalen Elternbonus in der Pflegeversicherung von EUR 213,75 ergebe EUR 8.645,54. Nach dem in der Rentenversicherung für 2007 geltenden Durchschnittseinkommen von EUR 29.488,00 und, einem Beitragssatz von 19,9 % müsse für einen Entgeltpunkt ein Beitrag von EUR 5.868,11 entrichtet werden. Ihr generativer Beitrag entspreche also mindestens EUR 8.645,54 ÷ EUR 5.868,11 = 1,4733 Entgeltpunkten (Bl. 116 Senatsakte).
Die Klägerin beantragt (sachgerecht gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 14. September 2010 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten zu 1) vom 26. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. März 2008 und den Bescheid vom 28. November 2008 aufzuheben, soweit darin für die Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung kein dem Kinderlosenzuschlag entsprechender Nachlass für jedes Kind, für den Zeitraum, in dem Anspruch auf Kindergeld besteht, berücksichtigt ist und die Beklagte zu 1) zu verurteilen, den Beitrag unter Berücksichtigung dieses Nachlasses zu berechnen und ihr ab Januar 2008 Beiträge zur Pflegeversicherung zunächst für das Jahr 2008 in Höhe von EUR 29,86 zu erstatten, sowie den Bescheid der Beklagten zu 2) vom 10. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. April 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihrem Rentenkonto für das Jahr 2007 zusätzlich 1,4733 Entgeltpunkte gutzuschreiben und ab dem Jahr 2008 für jedes Jahr auf der Basis des Einkommenssteuerbescheides des Vorjahres zusätzliche Entgeltpunkte gutzuschreiben, die dem Betrag des steuerlichen Existenzminimums der Kinder, abzüglich der aus Kindergeld oder Steuerfreibeträgen erstatteten Kosten, abzüglich des bereits in der sozialen Pflegeversicherung berücksichtigten Elternbonus für den Zeitraum, in dem Anspruch auf Kindergeld besteht, hilfsweise, die Rechtssache gemäß Art. 100 Grundgesetz auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie beziehen sich weiterhin auf ihre Widerspruchsbescheide.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Senatsakte, die SG-Akte zu S 9 KR 888/10, S 9 KR 1001/08, S 9 R 1552/09 und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG entschieden hat, ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und auch statthaft. Die von der Klägerin begehrte Reduzierung der Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung und die Berücksichtigung zusätzlicher Entgeltpunkte bezieht sich auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Streitgegenstand ist im Berufungsverfahren nur noch die Beitragsminderung in der sozialen Pflegeversicherung und die zusätzlichen Entgeltpunkte für die gesetzliche Rentenversicherung. Das Begehren einer Beitragsminderung in der gesetzlichen Rentenversicherung hat die Klägerin nicht weiter verfolgt.
Die zulässige Berufung ist aber nicht begründet. Das SG hat die Klagen im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat weder einen Anspruch gegen die Beklagte zu 1) unter Aufhebung des Bescheides vom 26. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. März 2008 und des Bescheides vom 28. November 2008 auf eine Reduzierung der Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung in Höhe eines Vielfachen des Kinderlosenzuschlages entsprechend der Anzahl der von ihr erzogenen Kinder (1.) noch gegen die Beklagte zu 2) auf zusätzliche Entgeltpunkte nach einem von der Klägerin berechneten generativen Beitrag für die Erziehung von Kindern (2.).
1. Über die Beitragshöhe entscheidet nach § 28h Abs. 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) die Beklagte zu 1) als Einzugsstelle im sogenannten Einzugsstellenverfahren auf der Grundlage des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts.
Die Klägerin war in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert und infolgedessen nach § 20 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) in der sozialen Pflegeversicherung, bis zum 15. April 2008 als abhängig Beschäftigte nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI, anschließend während des Bezuges von Arbeitslosengeld I gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 2 SGB XI. Tatbestände der Versicherungsfreiheit (§§ 6, 7 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - SGB V -) oder eine Befreiung von der Versicherungspflicht (§ 8 SGB V, § 22 SGB XI) lagen nicht vor.
Im Bereich der Pflegeversicherung werden die Mittel für die Pflegeversicherung gemäß § 54 Abs. 1 SGB XI u.a. durch Beiträge gedeckt. Nach § 55 Abs. 2 SGB XI sind beitragspflichtige Einnahmen bis zu einem Betrag von 1/360 der Jahresarbeitsentgeltgrenze nach § 6 Abs. 7 SGB V zu berücksichtigen. Bei Mitgliedern der Pflegekasse, die in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind, gelten für die Beitragsbemessung die §§ 226 bis 238 und § 244 SGB V sowie die §§ 23a und 23b Abs. 2 bis 4 SGB IV (§ 57 Abs.1 SGB XI). Danach wird auch insoweit gemäß § 226 SGB V u.a. das Arbeitsentgelt aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung der Beitragsbemessung zugrunde gelegt. Der Beitragssatz betrug nach § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB XI bis 30. Juni 2008 1,7 v.H., ab 01. Juli 2008 1,95 v.H. und seit 1. Januar 2013 2,05 v.H. (Art. 1 Nr. 25 Buchst. a) Pflege-Neuausrichtung-Gesetz vom 23. Oktober 2012, BGBl. I, S. 2246). Gemäß § 55 Abs. 3 Satz 1 SGB XI in der ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung erhöht sich der Beitragssatz für Mitglieder nach Ablauf des Monats, in dem sie das 23. Lebensjahr vollendet haben, um einen Beitragszuschlag in Höhe von 0,25 Beitragssatzpunkten (Beitragszuschlag für Kinderlose). Dies gilt nicht für Eltern im Sinne des § 56 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 3 Nr. 2 und 3 des Sozialgesetzbuch Ersten Buches (§ 55 Abs. 3 Satz 2 SGB XI). Nach § 58 Abs. 1 SGB XI tragen die versicherungspflichtig Beschäftigten, die in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind, und ihre Arbeitgeber die nach dem Arbeitsentgelt zu bemessenden Beiträge jeweils zur Hälfte.
Auf der Grundlage dieser genannten gesetzlichen Bestimmungen hat die Beklagte zu 1) als zuständige Einzugsstelle die von der Klägerin zu entrichtenden Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung berechnet. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht umstritten.
Für eine Reduzierung der entrichteten und der in Zukunft noch zu entrichtenden Beiträge fehlt eine Anspruchsgrundlage. Die Klägerin kann entgegen der gesetzlichen Rechtslage wegen der Erziehung ihrer drei Kinder bzw. ab 20. Juni 2009 vier Kinder und der sich hieraus ergebenden Unterhaltslast keine Reduzierung ihrer Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung verlangen. Ein derartiger Anspruch ergibt sich nicht aus der bisherigen Rechtsprechung des BVerfG. Der Senat ist auch nicht von der Verfassungswidrigkeit der der Beitragspflicht in der sozialen Pflegeversicherung zugrunde liegenden Vorschriften überzeugt, sodass eine Vorlage an das BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 GG nicht in Betracht kommt (zum Folgenden: nicht rechtskräftige Urteile des Senats vom 27. Januar 2012 - L 4 KR 3984/10 und L 4 KR 4537/10 -, beide in juris; Revisionen beim BSG anhängig: B 12 KR 5/12 R und B 12 KR 6/12 R; siehe auch LSG, Urteil vom 24. April 2012 - L 11 KR 3416/10 - in juris, Revision beim BSG anhängig: B 12 KR 15/12 R).
Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 3. April 2001 (1 BvR 1629/94; a.a.O.) ausgeführt, dass Art. 6 GG als Freiheitsrecht den Staat verpflichte, Eingriffe in die Familie zu unterlassen. Darüber hinaus enthalte die Bestimmung auch eine wertentscheidende Grundsatznorm, die für den Staat die Pflicht begründe, Ehe und Familie zu schützen und zu fördern. Art. 3 Abs. 1 GG gebiete es, Gleiches gleich, Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu regeln. Es sei grundsätzlich Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, welche Merkmale beim Vergleich von Lebenssachverhalten er als maßgebend ansehe, um sie im Recht gleich oder verschieden zu behandeln. Art. 3 Abs. 1 GG verbiete es ihm aber, dabei Art und Ausmaß der tatsächlichen Unterschiede sachwidrig außer Acht zu lassen. Der Gleichheitssatz sei verletzt, wenn der Gesetzgeber es versäumt habe, Ungleichheiten der zu ordnenden Lebenssachverhalte zu berücksichtigen, die so bedeutsam seien, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsdenken orientierten Betrachtungsweise beachtet werden müssten. Innerhalb dieser Grenzen sei der Gesetzgeber in seiner Entscheidung frei. Weitergehende Einschränkungen könnten sich aus dem besonderen Schutz, den der Staat nach Art. 6 Abs. 1 GG der Familie schulde, ergeben. Insbesondere sei bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit von Beitragsregelungen, die Personen mit und ohne Kinder gleich behandeln, der besondere Schutz zu beachten, den der Staat nach Art. 6 Abs. 1 GG der Familie schulde (a.a.O. Rd. 43 mit weiteren Nachweisen). Das BVerfG hat in diesem Urteil weiter dargelegt, dass Art. 6 GG nicht dadurch verletzt sei, dass Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung auch dann, wenn sie Kinder betreuten und erzögen, der Beitragspflicht unterworfen würden (a.a.O. Rd. 44). Der besondere Schutz der Familie, zu dem Art. 6 Abs. 1 GG den Staat verpflichte, halte den Gesetzgeber nicht verfassungsrechtlich an, jede zusätzliche finanzielle Belastung der Familie zu vermeiden. Der Staat sei durch die in Art. 6 Abs. 1 GG enthaltene Pflicht zur Förderung der Familie auch nicht gehalten, diese Beitragslast auszugleichen. Die staatliche Familienförderung durch finanzielle Leistungen stehe unter dem Vorbehalt des Möglichen und im Kontext anderweitiger Fördernotwendigkeiten. Demgemäß lasse sich aus der Wertentscheidung des Art. 6 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip zwar die allgemeine Pflicht des Staates zu einem Familienlastenausgleich entnehmen, nicht aber die Entscheidung darüber, in welchem Umfang und in welcher Weise ein solcher sozialer Ausgleich vorzunehmen sei. Konkrete Folgerungen ließen sich aus diesem Verfassungsauftrag nicht ableiten. Es bestehe vielmehr grundsätzlich Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers (a.a.O. Rd. 46 mit weiteren Nachweisen).
Die Klägerin kann einen Anspruch auf Berücksichtigung der Kosten der Kindererziehung durch weiteren Beitragsnachlass auch nicht darauf stützen, dass der Gesetzgeber einem für ihn verbindlichen Auftrag nicht nachgekommen sei, für eine Personengruppe, der sie angehört, eine begünstigende (Neu-)Regelung zu schaffen. Das BVerfG hat dem Gesetzgeber im Urteil vom 3. April 2001 (a.a.O.) zum Erlass einer verfassungsgemäßen Neuregelung eine Frist bis zum 31. Dezember 2004 gesetzt. Der Auftrag bezog sich nur auf eine Neuregelung im Bereich des streitgegenständlichen SGB XI und der in diesem Zusammenhang für nicht mit dem GG vereinbar erklärten Normen, für die der Gesetzgeber Ersatz schaffen sollte. (vgl. zur Rentenversicherung hierzu auch BSG, Urteil vom 05. Juli 2006 a.a.O.). Der Gesetzgeber hat mit dem KiBG die Vorgaben des BVerfG im Hinblick auf die Pflegeversicherung umgesetzt und für Kinderlose einen Beitragszuschlag eingeführt. Diese Umsetzung der Vorgabe des BVerfG bewegt sich im Rahmen des dem Gesetzgeber eingeräumten Spielraums. Das BVerfG hat keine Reduzierung der Beiträge für Eltern gefordert. Es hat explizit ausgeführt, dass die Vorschriften über die Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung nicht deshalb gegen Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG verstießen, weil sie den besonderen Beitrag, den Versicherte mit unterhaltsberechtigten Kindern für das System der sozialen Pflegeversicherung erbringen würden, in dieser Versicherung nicht leistungserhöhend berücksichtigen würden. Es hat damit nur beanstandet, dass Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung, die Kinder betreuen und erziehen, einen gleich hohen Pflegeversicherungsbeitrag wie Mitglieder ohne Kinder zu entrichten haben. Wie der Gesetzgeber die Betreuungs- und Erziehungsleistungen bei der Beitragsbemessung von beitragspflichtigen Versicherten mit Kindern berücksichtigt, hat das BVerfG dem Gesetzgeber überlassen. Das BVerfG hat insoweit nur eine verfassungsrechtliche Verpflichtung dahingehend gesehen, dass der Gesetzgeber eine Lösung zu wählen habe, die Unterhaltsverpflichtete bereits ab dem ersten Kind relativ entlaste. Insbesondere war der Gesetzgeber zur Umsetzung dieses Urteils des BVerfG nicht verpflichtet, an der Zahl der Kinder anzuknüpfen, sondern konnte allein die Elterneigenschaft als maßgebliches Kriterium für die unterschiedliche Beitragshöhe heranziehen. Nach den Feststellungen des BVerfG aufgrund der Anhörung eines Sachverständigen ergab sich, dass die Elterneigenschaft und nicht die Zahl der Kinder die Wahl zwischen den verschiedenen Leistungsarten der ambulanten Pflege entscheidend bestimme. Dieser Vorgabe wird das KiBG gerecht. Durch den höheren Beitrag für Kinderlose werden Unterhaltsverpflichtete gegenüber den Kinderlosen bereits ab dem ersten Kind entlastet (vgl. Urteile des Senats vom 27. Januar 2012 - L 4 KR 3984/10 und L 4 KR 4537/10 -; a.a.O.).
Die Heranziehung der Klägerin zu den Beiträgen zur sozialen Pflegeversicherung nach § 55 SGB XI ohne Berücksichtigung der Anzahl der Kinder verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG. Diese Vorschriften sind nicht dadurch verletzt, dass die Betreuung und Erziehung der Kinder der Klägerin bei der Beitragsbemessung keine Berücksichtigung finden. Als Freiheitsrecht - wie ausgeführt - verpflichtet Art. 6 Abs. 1 GG den Staat zwar, Eingriffe in die Familie zu unterlassen. Darüber hinaus enthält die Bestimmung eine wertentscheidende Grundsatznorm, die für den Staat die Pflicht begründet, Ehe und Familie zu schützen und zu fördern. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet es, Gleiches gleich, Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu regeln. Art. 3 Abs.1 GG verbietet es dem Gesetzgeber, Art und Ausmaß der tatsächlichen Unterschiede sachwidrig außer Acht zu lassen. Eine weitergehende Einschränkung des Art. 3 Abs. 1 GG ergibt sich unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Staat nach Art. 6 Abs. 1 GG der Familie einen besonderen Schutz schuldet.
Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 3. April 2001 (a.a.O.) für die soziale Pflegeversicherung entschieden, dass Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG dadurch verletzt ist, dass die Betreuung und Erziehung von Kindern bei der Bemessung von Beiträgen keine Berücksichtigung findet. Dadurch werde die Gruppe Versicherter mit Kindern gegenüber kinderlosen Mitgliedern der sozialen Pflegeversicherung, die aus der Betreuungs- und Erziehungsleistung im Falle ihrer Pflegebedürftigkeit Nutzen ziehen, in verfassungswidriger Weise benachteiligt. Das BVerfG hat darauf hingewiesen, dass die heutigen Beitragszahler der erwerbsfähigen Generation im Umlageverfahren darauf vertrauen, dass in der Zukunft in ausreichendem Umfang neue Beitragsschuldner vorhanden sind, welches nur die heutigen Kinder sein können. Damit erwachse Versicherten ohne Kinder im Versicherungsfall ein Vorteil aus der Erziehungsleistung anderer beitragspflichtiger Versicherter, die wegen der Erziehung zu ihrem Nachteil auf Konsum und Vermögensbildung verzichten. Dieser aus der Konzeption der sozialen Pflegeversicherung den kinderlosen Versicherten entstehende systemspezifische Vorteil unterscheide sich vom Nutzen, der einer Gesellschaft durch Kinder und ihre Betreuung und Erziehung im Allgemeinen erwachse. Die benachteiligende Wirkung des generativen Beitrags führe zu einer spezifischen Belastung kindererziehender Versicherter im Pflegeversicherungssystem, die innerhalb des Systems auszugleichen sei. Diesen Vorgaben ist der Gesetzgeber durch das seit 1. Januar 2005 geltende KiBG wie ausgeführt - nachgekommen. Die seit 1. Januar 2005 zur Anwendung kommende Beitragsregelung im Bereich der Pflegeversicherung verstößt nicht mehr gegen Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG. Mit der gesetzliche Neuregelung im KiBG genügt - wie bereits dargelegt - der Gesetzgeber dem nach dem Urteil des BVerfG vom 03. April 2001 (a.a.O.) eingeräumten erheblichen Gestaltungsspielraums bei der Ausgestaltung eines Art. 3 Abs. 1 i.V. mit Art. 6 Abs. 1 GG entsprechenden Beitragsrechts in der Pflegeversicherung (Urteile des Senats vom 27. Januar 2012 - L 4 KR 3984/10 und L 4 KR 4537/10 -; a.a.O.).
2. Die Klägerin war bis 15. April 2009 gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert. Tatbestände der Versicherungsfreiheit (§ 5 SGB VI) oder der Befreiung von der Versicherungspflicht (§ 6 SGB VI) lagen nicht vor.
Rechtsgrundlage für die Ermittlung von Entgeltpunkten ist § 70 Abs. 1 SGB VI. Danach werden für Beitragszeiten Entgeltpunkte ermittelt, indem die Beitragsbemessungsgrundlage durch das Durchschnittsentgelt für dasselbe Kalenderjahr geteilt wird. Nach Absatz 2 erhalten Kindererziehungszeiten für jeden Kalendermonat 0,0833 Entgeltpunkte (Entgeltpunkte für Kindererziehungszeiten). Entgeltpunkte für Kindererziehungszeiten sind auch Entgeltpunkte, für die Kindererziehungszeiten mit sonstigen Beitragszeiten ermittelt werden, indem die Entgeltpunkte für sonstige Beitragszeiten um 0,0833 erhöht werden, höchstens um die Entgeltpunkte bis zum Erreichen der jeweiligen Höchstwerte nach Anlage 2b (jährliche Höchstwerte an Entgeltpunkten). Zusätzliche Entgeltpunkte werden nach § 70 Abs. 3a Satz 1 SGB VI für nach dem Jahr 1991 liegende Kalendermonate mit Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung oder der nicht erwerbsmäßigen Pflege eines pflegebedürftigen Kindes bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres ermittelt oder gutgeschrieben, wenn mindestens 25 Jahre mit rentenrechtlichen Zeiten vorhanden sind. Diese betragen für jeden Kalendermonat mit Pflichtbeiträgen die Hälfte der hierfür ermittelten Entgeltpunkte, höchstens 0,0278 an zusätzlichen Entgeltpunkten (a)), für jeden Kalendermonat in dem für den Versicherten Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung oder Zeiten der Pflege eines pflegebedürftigen Kindes für ein Kind mit entsprechenden Zeiten für ein anderes Kind zusammentreffen, 0,0278 an gutgeschriebenen Entgeltpunkten, abzüglich des Wertes der zusätzlichen Entgeltpunkte nach Buchstabe a) (b)).
Zusätzliche Entgeltpunkte von 1,4733 für das Jahr 2007 sowie für die Jahre ab 2008 in entsprechender Berechnung können über § 70 SGB VI hinaus somit nach geltendem Recht nicht ermittelt oder gutgeschrieben werden. Es fehlt somit an einer Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch. Der Senat ist auch nicht von der Verfassungswidrigkeit der Regelungen der gesetzlichen Rentenversicherung überzeugt, sodass eine Vorlage an das BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 GG nicht in Betracht kommt (zum Folgenden wiederum: Urteile des Senats vom 27. Januar 2012 - L 4 KR 3984/10 und L 4 KR 4537/10 -, a.a.O.; siehe auch LSG, Urteil vom 24. April 2012 - L 11 KR 3416/10 - a.a.O.).
Ein derartiger Anspruch auf Berücksichtigung eines generativen Beitrags lässt sich, wie das BSG in seinem nach Ansicht des Senats wohlbegründeten Urteil vom 5. Juli 2006 (B 12 KR 20/04 R a.a.O.), gegen das die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen wurde (BVerfG, Beschluss vom 5. Januar 2010 - 1 BvR 3039/06 - a.a.O.), im Hinblick auf die gesetzliche Rentenversicherung ausgeführt hat, aus der bisherigen Rechtsprechung des BVerfG zur staatlichen Förderungspflicht von Familien im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung nicht ableiten.
Die Ausführungen des BVerfG, wonach der Staat durch die in Art. 6 Abs. 1 GG enthaltene Pflicht zur Förderung der Familie nicht gehalten ist, die Beitragslast der Familie in der Pflegeversicherung auf der Leistungsseite auszugleichen, gilt, wie das BSG in den Urteilen vom 5. Juli 2006 (a.a.O.), denen sich der Senat anschließt (vgl. Urteile des Senats vom 27. Januar 2012 - L 4 KR 3984/10 und L 4 KR 4537/10 -; a.a.O.), dargelegt hat, auch für die Rentenversicherung. Insoweit gelten die vom BVerfG dargelegten Grundsätze, die besagen, dass dem Gesetzgeber ein Spielraum eingeräumt ist, wie er einen Familienlastenausgleich vornimmt, ihn aber nicht die Pflicht trifft, eine Belastung auf der Beitragsseite auszugleichen, ebenfalls. Es liegen insoweit keine Gesichtspunkte vor, aus denen sich im Hinblick auf einen Leistungsanspruch der Klägerin etwas anderes ergibt.
Die Klägerin kann sich, auch insoweit schließt sich der Senat dem Urteil des BSG vom 5. Juli 2006 (a.a.O.) an (Urteile des Senats vom 27. Januar 2012 - L 4 KR 3984/10 und L 4 KR 4537/10 -; a.a.O.), auf das Urteil des BVerfG vom 3. April 2001 (a.a.O.) und den dortigen Regelungsauftrag/Normprüfungsauftrag an den Gesetzgeber auch nicht in dem Sinne berufen, als sie daraus ein verfassungsrechtliches Gebot ableiten wollen, ihre Erziehungsleistung in der gesetzlichen Rentenversicherung leistungssteigernd zu berücksichtigen. Das BVerfG hat nach dem Tenor des Urteils vom 3. April 2001 §§ 54 Abs. 1 und 2, 55 Abs. 1 Satz 1 und 2 sowie § 57 SGB XI als mit Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs.1 GG nicht vereinbar angesehen, soweit Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung, die Kinder betreuen und erziehen, mit einem gleich hohen Pflegeversicherungsbeitrag wie Mitglieder ohne Kinder belastet werden. Der Streitgegenstand erfasste somit eindeutig nur die Pflegeversicherung. Hierauf erstreckt sich auch nur die Bindungswirkung des Urteils. Die Regelungen der Rentenversicherung hat das BVerfG nicht für mit dem GG ganz oder teilweise unvereinbar erklärt.
Die Klägerin kann ihren Anspruch auf Berücksichtigung der Kosten der Kindererziehung auch nicht darauf stützen, dass der Gesetzgeber einem für ihn verbindlichen Auftrag nicht nachgekommen sei, für eine Personengruppe, der sie angehört, eine begünstigende (Neu-)Regelung zu schaffen. Das BVerfG hat dem Gesetzgeber im Urteil vom 3. April 2001 (a.a.O.) zum Erlass einer verfassungsgemäßen Neuregelung eine Frist bis zum 31. Dezember 2004 gesetzt. Der Auftrag bezog sich - wie bereits oben ausgeführt - nur auf eine Neuregelung im Bereich des streitgegenständlichen SGB XI und der in diesem Zusammenhang für nicht mit dem GG vereinbar erklärten Normen, für die der Gesetzgeber Ersatz schaffen sollte. Etwas anderes lässt sich insoweit auch nicht deshalb ableiten, weil das BVerfG erläuternd angemerkt hat: "Bei der Bemessung der Frist hat der Senat berücksichtigt, dass die Bedeutung des vorliegenden Urteils auch für andere Zweige der Sozialversicherung zu prüfen sein wird." Damit hat das BVerfG die Dauer der dem Gesetzgeber eingeräumten Frist für eine Neuregelung des Beitragsrechts der sozialen Pflegeversicherung begründet. Ein verbindlicher Regelungsauftrag auch im Hinblick auf die anderen Zweige der Sozialversicherung kann hieraus nicht abgeleitet werden. Auch nach seinem weiteren Inhalt gibt das Urteil des BVerfG vom 3. April 2001 keinen mittelbaren Anlass, aus dem sich die Verfassungswidrigkeit der Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung im Hinblick auf eine nicht ausreichende Berücksichtigung des Aufwands für Kinder ergeben würde (vgl. hierzu auch BSG, Urteil vom 5. Juli 2006 a.a.O.). Im Übrigen hat der Gesetzgeber - wie bereits oben ausgeführt - mit dem KiBG im Rahmen des ihm eingeräumten Spielraums die Vorgaben des BVerfG im Hinblick auf die Pflegeversicherung umgesetzt und für Kinderlose einen Beitragszuschlag eingeführt.
Auf das Recht der gesetzlichen Rentenversicherung sind die Ausführungen des BVerfG im Urteil vom 3. April 2001 (a.a.O.) nicht übertragbar (Urteile des Senats vom 27. Januar 2012- L 4 KR 3984/10 und L 4 KR 4537/10 -; a.a.O.). Es ist der Klägerin insoweit zwar zuzugestehen, dass das gesetzliche Rentenversicherungssystem sowie das soziale Pflegeversicherungssystem viele Gemeinsamkeiten aufweisen, die es - wie auch vom BVerfG ausdrücklich gefordert - erforderlich machen zu prüfen, ob und inwieweit sich die Entscheidung des BVerfG Auswirkungen auf die gesetzliche Rentenversicherung hat.
Wie die Pflegeversicherung ist auch die Rentenversicherung umlagefinanziert (§ 153 Abs. 1 SGB VI). Damit ist das Rentenversicherungssystem darauf angewiesen, dass heute Kinder geboren und großgezogen werden, um später als mögliche Beitragszahler die Renten der dann Leistungsberechtigten zu finanzieren. Hierbei handelt es sich - wie in der gesetzlichen Pflegeversicherung - um einen systemspezifischen Vorteil, der über den Vorteil, der der Allgemeinheit durch Kinder erwächst, hinausgeht. Damit leisten Versicherte, die Kinder erziehen, einen systemerhaltenden generativen Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung. Im Gegensatz zur Pflegeversicherung als Risikoversicherung ist es jedoch im Rentenversicherungsrecht möglich, die Kindererziehung leistungsrechtlich - insbesondere durch die Anerkennung von Kindererziehungs- und Kinderberücksichtigungszeiten (§§ 56, 57 SGB VI) - zu honorieren. Der Gesetzgeber ist grundsätzlich frei bei der Berücksichtigung des Aufwands für Kinder bei gleichzeitiger Verantwortung für die Funktionsfähigkeit des ganzen Systems. Zu berücksichtigen ist insoweit auch, dass im Zeitpunkt der Erziehung der Kinder keinesfalls feststeht, dass sie zukünftig Beitragszahler in der gesetzlichen Rentenversicherung sein werden. Dies werden sie dann nicht sein, wenn sie in ihrer zukünftigen Erwerbstätigkeit nicht versicherungspflichtig, versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit sind. In einem solchen Fall verlassen die Betreffenden das Sicherungssystem der gesetzlichen Rentenversicherung vollständig (vgl. Urteil des Senats vom 27. Januar 2012 - L 4 KR 3984/10und L 4 KR 4537/10 -; a.a.O.).
Im Übrigen wäre ein beitragsrechtlicher Ausgleich auch ein krasser Verstoß gegen wesentliche Strukturprinzipien der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. Urteil des Senats vom 27. Januar 2012 - L 4 KR 3984/10 und L 4 KR 4537/10 -; a.a.O.). Zwar hat das BVerfG im Urteil vom 3. April 2001 (a.a.O. Rd. 71) gefordert, dass der zwischen Eltern und kinderlosen Personen vorzunehmende Ausgleich durch Regelungen erfolgen muss, die die Elterngenerationen während der Zeit der Betreuung und Erziehung entlasten. Die mit der Kindererziehung verbundene Belastung trete in der Erwerbsphase auf, sie sei deshalb auch in diesem Zeitraum auszugleichen. Für die Pflegeversicherung hat das BVerfG entschieden, dass der verfassungsgebotene Ausgleich zwischen erziehenden und nicht erziehenden Mitgliedern nicht durch unterschiedliche Leistungen im Falle des Eintritts der Pflegebedürftigkeit erfolgen kann. Diese Erwägungen sind indessen auf das Rentenversicherungsrecht nicht übertragbar. Seit dem Urteil des BVerfG vom 28. Februar 1980 (1 BvL 17/77 u.a.; in juris) ist es mittlerweile ständige verfassungsrechtliche Rechtsprechung, dass Rentenanwartschaften dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG unterliegen. Dieser verfassungsrechtliche Eigentumsschutz beruht insbesondere darauf, dass der Umfang der Rentenanwartschaften durch die persönliche Arbeitsleistung des Versicherten mitbestimmt wird. Deshalb müssen Berechtigung und Eigenleistung einander zwar nicht entsprechen, je höher indessen der einem Anspruch zugrunde liegende Anteil der eigenen Leistung ist, desto stärker tritt der verfassungsrechtlich wesentliche personale Bezug und mit ihm ein tragender Grund des Eigentumsschutzes hervor (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 11. Januar 1995 - 1 BvR 892/88 - und 24. Mai 2000 - 1 BvL 1/98 u.a. - beide in juris, wonach bei der Berechnung kurzfristiger Lohnersatzleistungen zwar eine versicherungsmathematische Äquivalenz zwischen entrichteten Beiträgen und der Höhe der Leistungen nicht geboten ist, der Gesetzgeber jedoch nicht berechtigt ist, bei der Leistungsbemessung sämtliche beitragspflichtigen Entgeltbestandteile außer Betracht zu lassen). In der Konsequenz bedeutet dies, dass es unzulässig wäre, kinderlose Versicherte mit höheren Beiträgen zu belegen, ohne ihnen gleichzeitig höhere Rentenanwartschaften und höhere Renten zuzubilligen, wodurch der von der Klägerin gewünschte Ausgleich wieder zunichte gemacht würde. Die Erhöhung der Beitragsleistung für Kinderlose wäre jedoch zwangsläufige Folge der höheren Leistungen für Kindererziehende, weil ansonsten die finanzielle Basis der Rentenversicherung nicht gewährleistet wäre. Einem Ausgleich höheren Leistungen für Kindererziehende durch Steuermittel steht entgegen, dass das BVerfG - wie ausgeführt - im Urteil vom 3. April 2001 gefordert hat, dass der Belastungsausgleich systemimmanent, also gerade nicht durch die Inanspruchnahme von Steuermitteln zu erfolgen hat.
Das Leistungsrecht der gesetzlichen Rentenversicherung genügt auch den verfassungsrechtlichen Anforderungen, die das BVerfG im Urteil vom 7. Juli 1992 (a.a.O.) aufgestellt hat (vgl. Urteil des Senats vom 27. Januar 2012 - L 4 KR 3984/10 und L 4 KR 4537/10 -; a.a.O.). Das BVerfG hat den Gesetzgeber nach Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG verpflichtet, den Mangel des Rentenversicherungssystems, der in den durch Kindererziehung bedingten Nachteilen bei der Altersversorgung liegt, über die Regelung des Hinterbliebenen- und Erziehungszeitengesetzes (HEZG) und des Gesetzes über Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung für Kindererziehung an Mütter der Geburtsjahrgänge vor 1921 (RVKLG) hinaus zu berücksichtigen. Diesem Verfassungsauftrag ist der Gesetzgeber durch die zeitliche Ausdehnung der Kindererziehungszeiten für Kinder mit einem Geburtsdatum ab dem 1. Januar 1992 und Anhebung der Bewertung des Durchschnittsverdienstes (BVerfG vom 29. März 1996 - 1 BvR 1238/95 - in juris) nachgekommen. Verfassungswidrig war in der Vergangenheit allein die Regelung zur Bewertung von Kindererziehungszeiten bei Zusammentreffen mit Beitragszeiten; diese verfassungswidrige Rechtslage ist seit dem Beschluss des BVerfG vom 12. März 1996 (1 BvR 609/90 u.a.; in juris) korrigiert (vgl. § 70 Abs. 2 SGB VI). Durch § 70 Abs. 3a SGB VI hat der Gesetzgeber diesen Familienlastenausgleich im Sinne der Vorgaben des BVerfG weiter ausgebaut. Es erfolgt eine Höherbewertung von Beitragszeiten, die Eltern begünstigt, die während der ersten zehn Lebensjahre des Kindes - also während der Kinderberücksichtigungszeiten (§ 57 SGB VI) - erwerbstätig sind und nur unterdurchschnittlich verdienen. Dasselbe gilt für Pflichtbeitragszeiten aufgrund einer nicht erwerbsmäßigen Pflege eines pflegebedürftigen Kindes bis zu seinem 18. Lebensjahr (vgl. Urteil des Senats vom 27. Januar 2012 - L 4 KR 3984/10 - in juris).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Zulassung der Revision beruht auf § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Zur Frage zusätzlicher Leistungen für Kinder erziehende Versicherte in der gesetzlichen Rentenversicherung gibt es noch keine Rechtsprechung des BSG.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt im Berufungsverfahren einen Beitragsnachlass wegen der Erziehung mehrerer Kinder in der sozialen Pflegeversicherung sowie die Berücksichtigung von Kosten der Kindererziehung in der gesetzlichen Rentenversicherung in Form von zusätzlichen Entgeltpunkten.
Die 1967 geborene Klägerin, verheiratet und Mutter von vier in den Jahren 2001, 2002, 2004 und 2009 geborenen Kindern, war bis zum 15. April 2008 versicherungspflichtig beschäftigt und erzielte im Jahr 2008 einen Bruttolohn von EUR 5.970,97. Sie war eingruppiert in Tarifgruppe K 3 mit einer Wochenarbeitszeit von 33,3 Stunden. Im Jahr 2007 erzielte sie einen Bruttoarbeitslohn von EUR 20.734,00 und damit abzüglich Werbungskosten und Arbeitnehmer-Pauschbetrag Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von EUR 19.814,00. Sie ist bei der Beklagten zu 1) pflegepflichtversichert und bei der Beklagten zu 2) rentenversichert. Vom 9. Januar 2008 bis zum Ende der Beschäftigung zahlte sie Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von EUR 455,58, zur Rentenversicherung in Höhe von EUR 556,17; Arbeitslosenversicherung in Höhe von EUR 92,23; und zur Pflegeversicherung in Höhe von EUR 47,52 (SG-Akte S 9 KR 1001/08, Bl. 169). Für das Jahr 2007 erhielten sie und ihr Ehemann Kindergeld in Höhe von EUR 5.544. Vom 16. April 2008 bis 15. April 2009 bezog die Klägerin Arbeitslosengeld I.
Der Ehemann der Klägerin führte - ohne Erfolg - ein Klageverfahren gegen die hiesige Beklagte zu 1) mit dem Ziel eines Beitragsnachlasses in der gesetzlichen Renten- und sozialen Pflegeversicherung wegen Berücksichtigung von Kindererziehung (Urteile des Sozialgerichts Mannheim [SG] vom 27. Oktober 2005 - S 11 KR 374/05 -; Landessozialgerichts Baden-Württemberg [LSG] vom 24. Januar 2007 - L 5 KR 4854/05 - Beschluss des Bundessozialgerichts [BSG] vom 9. Oktober 2007 - B 12 KR 28/07 B -).
I. Am 9. Januar 2008 beantragte die Klägerin bei der Beklagten zu 1) als Einzugsstelle, anstelle des gegenwärtig gegenüber kinderlosen Beitragszahlern in der Pflegeversicherung pauschal gewährten Beitragsnachlasses diesen je Kind zu gewähren für den Zeitraum, für den ein Anspruch auf Kindergeld für das jeweilige Kind bestehe. Außerdem beantragte sie, in der gesetzlichen Rentenversicherung die minimalen Kosten für ein Kind, festgemacht am steuerlichen Existenzminimum, abzüglich der bereits aus Kindergeld und Steuerfreibeträgen erstatteten Kosten und des bereits in der sozialen Pflegeversicherung berücksichtigten Beitragsnachlasses für den Zeitraum, für den ein Anspruch auf Kindergeld für das jeweilige Kind bestehe, leistungssteigernd oder beitragsmindernd anzurechnen. Die gegenwärtige Gleichbehandlung von Beitragszahlern mit nur einem Kind und solchen mit mehreren Kindern in der Pflegeversicherung sei noch immer verfassungswidrig. Der Gesetzgeber lasse nach wie vor das Ausmaß der tatsächlichen Unterschiede in der Erziehungsleistung von Beitragszahlern zur sozialen Pflegeversicherung sachwidrig außer Acht. Ausgehend von dem einzig logischen und plausiblen Ansatz, dass die Erziehung und Betreuung des ersten Kindes für die soziale Pflegeversicherung die gleiche Bedeutung habe wie die Erziehung und Betreuung jedes weiteren Kindes, müsse die Beitragsentlastung proportional zur Zahl der Kinder erfolgen. In Übertragung der Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur sozialen Pflegeversicherung (Urteil vom 3. April 2001 - 1 BvR 1629/94 - in juris) auf die Rentenversicherung müsse hier erst recht der generative Beitrag von Beitragszahlern mit Kindern innerhalb des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeglichen werden. Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung sorgten zwar dafür, dass keine Nachteile bei den Rentenanwartschaften entstünden. Nicht berücksichtigt werde jedoch die tatsächliche Mehrleistung durch die Erziehung von Kindern für die Funktionsfähigkeit des umlagefinanzierten Systems der gesetzlichen Rentenversicherung. Beiträge garantierten durch ihre umgehende Ausschüttung an die Rentner die gegenwärtige Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung, die Erziehungsleistung von Eltern garantiere die zukünftige Funktionsfähigkeit. Die Kosten für den Mindestbedarf eines Kindes, festgemacht am steuerlichen Existenzminimum, seien unvermeidbar und damit - abzüglich bereits erstatteter Kosten aus Kindergeld und Steuerfreibeträgen und abzüglich des in der Pflegeversicherung gewährten Beitragsnachlasses - die Untergrenze des für die Rentenversicherung zu berücksichtigenden "generativen Beitrags".
Die Beklagte zu 1) lehnte die Anträge mit Bescheiden vom 24. Januar und 26. Februar 2008 ab. Der bei der Beklagten zu 1) gebildete Widerspruchsausschuss wies die Widersprüche der Klägerin vom 7. Februar und 1. März 2008 mit Widerspruchsbescheid vom 12. März 2008 zurück. Die Beiträge zur Rentenversicherung und zur Pflegeversicherung würden nach einem gesetzlich festgeschriebenen Beitragssatz erhoben. Grundlage sei u.a. das Arbeitsentgelt. § 160 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) ermächtige die Bundesregierung, die Beitragssätze in der Rentenversicherung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats festzusetzen. Aktuell betrage der Beitragssatz 19,5 %. In der Pflegeversicherung gelte seit 1. Juli 1997 ein einheitlicher Beitragssatz von 1,7 %. Nachdem das BVerfG entschieden habe, dass es nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sei, Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung, die Kinder erzögen, mit gleich hohen Beiträgen zu belasten wie Mitglieder ohne Kinder, habe der Gesetzgeber in § 55 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) einen Beitragszuschlag von 0,25 % für Kinderlose geregelt. Da die Entscheidung des BVerfG nur hinsichtlich der Pflegeversicherung ergangen sei, seien Änderungen für andere Bereiche der Sozialversicherung - etwa der Rentenversicherung - nicht erfolgt. Sie (die Beklagte zu 1)) als Einzugsstelle sei an Recht und Gesetz gebunden. Es obliege ihr jedoch nicht, zu prüfen, ob die gesetzlichen Änderungen den Vorgaben des BVerfG genügten. Das LSG habe einen Antrag auf Beitragsreduzierung mit Urteil vom 24. Januar 2007 (L 5 KR 4854/05) rechtskräftig abgelehnt. Über den Antrag auf verbesserte Leistungen der Rentenversicherung habe sie (die Beklagte zu 1)) nicht entscheiden können.
Mit Bescheid vom 28. November 2008 konkretisierte die Beklagte zu 1) auf Anregung des SG ihren Bescheid vom 26. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. März 2008 und bezifferte die ab Antragstellung am 9. Januar 2008 bis zum Ende der Beschäftigung am 15. April 2008 von der Klägerin und ihrem Arbeitgeber gezahlten Beiträge zur Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung. Der Beitrag zur Rentenversicherung der Klägerin betrug EUR 556,17, der zur Pflegeversicherung EUR 47,52. Der Arbeitgeber zahlte Beiträge in derselben Höhe. Ein Beitragsnachlass je Kind in der sozialen Pflegeversicherung bzw. eine Leistungssteigerung oder Beitragsminderung in der gesetzlichen Rentenversicherung sei weiterhin nicht möglich.
II. Am 27. Oktober 2008 beantragte die Klägerin bei der Beklagten zu 2), ihrem Rentenkonto zunächst nur für das Jahr 2007 - zusätzlich 1,4733 Entgeltpunkte gutzuschreiben. Zur Begründung gab sie ebenfalls an, das genannte Urteil des BVerfG zur sozialen Pflegeversicherung müsse auf die Rentenversicherung übertragen dazu führen, dass dort erst recht der generative Beitrag der Beitragszahler mit Kindern innerhalb des Systems auszugleichen sei. Die gesetzliche Rentenversicherung sei auf künftige Beitragszahler und damit auf den generativen Beitrag von Eltern angewiesen, die zugunsten der Kindererziehung und damit zugunsten der umlagefinanzierten gesetzlichen Rentenversicherung auf Konsum und Vermögensbildung verzichteten. Dieser Beitrag sei die Höhe des steuerlichen Existenzminimums der Kinder, vermindert um die bereits aus Kindergeld und Steuerfreibeträgen erstatteten Kosten und abzüglich des in der sozialen Pflegeversicherung berücksichtigten Beitragsbonus. Für 2007 seien dies mindestens EUR 8.645,54. Da das Durchschnittseinkommen für 2007 EUR 29.488,00 betrage, der Beitragssatz 19,9 %, sei für einen Entgeltpunkt ein Geldbeitrag von EUR 29.488,00 × 19,9 % = EUR 5.868,11 zu entrichten. Ihr generativer Beitrag entspreche also mindestens EUR 8.645,54 = 1,4733 Entgeltpunkten. Die bereits existierenden Kinderkomponenten der gesetzlichen Rentenversicherung (Kindererziehungszeiten, Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung sowie Aufwertung bei Teilzeitarbeit, Mehrfacherziehung und Pflege) wirkten sich zwar rentensteigernd aus, bewirkten aber lediglich, dass Eltern, die zugunsten ihrer Kinder ganz oder teilweise auf Erwerbsarbeit verzichteten, in ihren Rentenanwartschaften nicht schlechter gestellt seien als kinderlose Versicherte. Da die Berechnung des generativen Beitrags vom Jahreseinkommen und den Steuern ausgehe, werde sie einen entsprechenden Antrag für das Jahr 2008 stellen, sobald die Zahlen vorlägen. Der generative Beitrag werde von ihr und ihrem Ehemann gemeinsam erbracht. Dieser sei jedoch damit einverstanden, dass die beantragten zusätzlichen Entgeltpunkte allein ihrem Rentenkonto gutgeschrieben würden.
Mit Schreiben vom 8. Dezember 2008 beantragte die Klägerin Kontenklärung und erhielt am 20. Februar 2009 die Kontoübersicht vom selben Tag.
Mit Bescheid vom 10. März 2009 lehnte die Beklagte zu 2) den Antrag auf Berücksichtigung eines zusätzlichen generativen Beitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung ab. In § 56 SGB VI sei die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten im System der gesetzlichen Rentenversicherung geregelt (0,0833 Entgeltpunkte pro Kalendermonat). Eine darüber hinausgehende Bewertung sei im Gesetz nicht vorgesehen. Das zitierte Urteil des BVerfG zur Pflegeversicherung führe nicht zu einer anderen Beurteilung der geltenden Vorschriften. Die Klägerin legte mit Schreiben vom 16. März 2009 Widerspruch ein und trug vor, die Ausführungen des BVerfG seien auf die Rentenversicherung übertragbar, was Prof. Dr. Anne Lenze in einem Beitrag für die Neue Zeitschrift für Sozialrecht, Heft 8/2007 "Kindererziehung als generativer Beitrag in der gesetzlichen Rentenversicherung" ausgeführt habe.
Der bei der Beklagten zu 2) gebildete Widerspruchsausschuss wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30. April 2009 zurück. Dem Begehren der Klägerin auf Berücksichtigung eines generativen Beitrags in ihrem Versicherungskonto könne nicht entsprochen werden. Der Rentenversicherungsträger sei an das geltende Recht, das die Klägerin für verfassungswidrig halte, gebunden. Eine eigene Prüfung der Verfassungsmäßigkeit finde seitens der Behörde nicht statt.
III. Die Klägerin erhob gegen die Beklagte zu 1) am 31. März 2009 Klage zum SG (S 9 KR 1001/08). Zur Begründung wiederholte und vertiefte sie ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren. Ihr Ehemann habe mit seiner Klage den Rechtsweg ausgeschöpft. Die Rechtsfrage sei erneut klärungsbedürftig, weil Prof. Dr. Anne Lenze das Urteil des BSG (vom 5. Juli 2006 - B 12 KR 20/04 R - in juris) zur Berücksichtigung der Kindererziehung in der gesetzlichen Rentenversicherung so massiv kritisiert habe, dass dessen Richtigkeit nunmehr mit Fug und Recht angezweifelt werden könne und das Beitrags- und Leistungsrecht der gesetzlichen Rentenversicherung immer noch unvereinbar mit dem Grundgesetz (GG) sei. Daher müsse auch die Nichtberücksichtigung der Anzahl der Kinder im Beitragsrecht der sozialen Pflegeversicherung als verfassungswidrig angesehen. Der generative Beitrag sei für drei Kinder wesentlich höher als für ein Kind, weshalb in der sozialen Pflegeversicherung ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vorliege. Ein Antrag der Bundestagsfraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD zum Kinderberücksichtigungsgesetz (KiBG) vom 24. April 2002 (Bundestags-Drucksache 14/8864) habe eine Freibetragsregelung je Kind vorgesehen. Im Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung (Ausschuss-Drucksache 13/0655 vom 17. September 2004) sei vor einer erneuten verfassungswidrigen Ausgestaltung des Beitragsrechts der sozialen Pflegeversicherung gewarnt worden. Der Zentralverband des deutschen Handwerks habe vorgetragen, die Entlastung müsse kinderzahlabhängig erfolgen, gegen die nivellierende Konzeption des Gesetzes bestünden gravierende verfassungsrechtliche Bedenken. Auch andere Stellungnahmen von Verbänden und Institutionen hätten massiv kritisiert, dass die Kinderzahl im Gesetzentwurf zum KiBG keine Berücksichtigung gefunden habe. In der gesetzlichen Rentenversicherung bestehe ein verfassungswidriger Zustand wie in der sozialen Pflegeversicherung vor der Einführung des KiBG. Die im Gesetz vorgesehen Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten führe nur zu einer beitragsfreien Mitversicherung. Auch würden Eltern im System der gesetzlichen Rentenversicherung im Vergleich zu einem System mit der reinen binnenfamiliären Unterhaltsverpflichtung im Durchschnitt massiv und unter Missachtung des Art. 6 Abs. 1 GG benachteiligt. Hilfsweise beantrage sie, das Verfahren auszusetzen und dem BVerfG vorzulegen.
Die Klägerin legte zahlreiche Drucksachen des Deutschen Bundestags und der Ausschüsse aus dem Gesetzgebungsverfahren des KiBG sowie Stellungnahmen von Verbänden vor, in denen verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine gesetzliche Regelung ohne Berücksichtigung der Anzahl der Kinder geäußert werden, sowie Zeitungsartikel und Stellungnahmen aus der Rechtswissenschaft.
IV. Am 12. Mai 2009 erhob die Klägerin Klage gegen die Beklagte zu 2) zum SG (S 9 R 1552/09) mit dem Antrag, festzustellen, dass ihrem Rentenkonto für das Jahr 2007 zusätzlich 1,4733 Entgeltpunkte sowie ab dem Jahr 2008 auf zukünftig zu stellende Anträge jeweils entsprechende zusätzliche Entgeltpunkte gutzuschreiben seien. Hilfsweise beantrage sie, das Verfahren auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen.
Zu Begründung wiederholte und vertiefte sie ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren und im Klageverfahren S 9 KR 1001/08.
V. Die Beklagten traten der Klage entgegen und verwiesen jeweils auf ihren Widerspruchsbescheid.
Mit Beschluss vom 18. Mai 2009 verband das SG beide Klagen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung und führte sie unter dem Aktenzeichen S 9 KR 1001/08 fort. Mit Beschluss vom 5. Juni 2009 setzte das SG das Verfahren nach Mitteilung des BVerfG, dass zum Beitragszuschlag in der Pflegeversicherung und zur Beitragshöhe in der gesetzlichen Rentenversicherung für Kindererziehende Verfassungsbeschwerdeverfahren (1 BvR 1997/08, 1 BvR 2056/08; 1 BvR 2973//06, 1 BvR 2983/06, 1 BvR 3039/06) anhängig seien, aus.
Am 8. März 2010 rief die Klägerin das Verfahren wieder an. Die Verfassungsbeschwerden 1 BvR 2973/06, 1 BvR 2983/06 und 1 BvR 3039/06 seien mittlerweile nicht zur Entscheidung angenommen worden (Nichtannahmebeschlüsse vom 5. Januar 2010; in juris). Das Verfahren wurde nunmehr zu Aktenzeichen S 9 KR 888/10 geführt.
Mit Urteil vom 14. September 2010 wies das SG die Klagen ab. Beide Klagen seien als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklagen zulässig. Gegen die Beklagte zu 1) sei der Bescheid vom 28. November 2008 nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in das Klageverfahren einbezogen worden. Beiden Klagen mangele es nicht am Feststellungsinteresse, weil zur verfassungsrechtlichen Überprüfung eine Richtervorlage nach Art. 100 GG oder die Ausschöpfung des Rechtsweges vor Erhebung einer Verfassungsbeschwerde erforderlich sei. Auch gegenüber der Beklagten zu 2) sei es der Klägerin nicht zuzumuten, zur Klärung der zusätzlichen gesetzlich nicht vorgesehenen rentenrechtlichen Zeiten den Leistungsfall abzuwarten. Die Klagen seien jedoch unbegründet. Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig, die Beklagten nach Art. 20 Abs. 3 GG an Recht und Gesetz gebunden. Es (das SG) sehe auch keine Veranlassung, die Klageverfahren nach Art. 100 Abs. 1 GG auszusetzen und den Rechtsstreit dem BVerfG vorzulegen. Hierzu müsse das Fachgericht von der Verfassungswidrigkeit der entscheidungserheblichen Normen überzeugt sein; Zweifel reichten nicht aus. Eine solche sichere Überzeugung habe es (das SG) sich nicht bilden können. Zwar seien umlagefinanzierte Sozialversicherungssysteme zwingend auf spätere Beitragszahlungen durch nachwachsende Generationen angewiesen. Allerdings decke die Rentenversicherung schon heute gut ein Viertel ihres Bedarfs nicht mehr aus Beitragszahlungen, sondern einem aus allgemeinen Steuermitteln finanzierten Bundeszuschuss. Angesichts der problematischen Wirtschafts- und Arbeitsmarktlage sei keineswegs sicher, dass die heutigen Kinder später tatsächlich im Rahmen einer Erwerbstätigkeit Beitragsmittel zur Rentenversicherung aufzubringen. Es (das SG) halte es - abweichend vom BVerfG - auch nicht für zwingend, dass die Schlechterstellung der Eltern innerhalb desselben Sicherungssystems ausgeglichen werden müsse. Insgesamt habe der Gesetzgeber seit 2001 zahlreiche Maßnahmen zugunsten von Erziehenden ergriffen. Die Ausführungen des BVerfG zur Pflegeversicherung seien nicht zwingend "eins zu eins" auf die Rentenversicherung zu übertragen. Das BVerfG habe durch Beschlüsse vom 5. Januar 2010 (a.a.O.) in vergleichbaren Rechtsstreitigkeiten die Annahme von Verfassungsbeschwerden verweigert. Das KiBG bewege sich innerhalb des weiten Gestaltungsspielraumes des Gesetzgebers. Eine Differenzierung nach der Kinderzahl sei nicht zwingend geboten, umso weniger, da nach aktuellen statistischen Daten 40,3 % aller Familien mit Kindern ein Kind, 18,2 % aller Familien zwei Kinder und 16,5 % aller Familien drei und mehr Kinder hätten, der Anteil der Kleinfamilie mit nur einem Kind also überwiege. Die Hürden für eine Richtervorlage seien hoch; das vorlegende Gericht müsse darlegen, wie sich die Finanzierung eines für verfassungsgemäß angesehenen Zustandes auf die verfassungsrechtlich geschützten Positionen der übrigen Versicherten auswirken würde und welche Konsequenzen sich hieraus für den Haushaltsgesetzgeber und die Gestaltungsmöglichkeiten des Parlaments ergeben würden. Hierzu sei das Gericht angesichts hoher Arbeitsbelastung nicht in der Lage, zumal es sich um rein sozialpolitische Feststellungen handele.
Gegen das am 30. September 2010 zur Post gegebene Urteil vom 14. September 2010 hat die Klägerin am 25. Oktober 2010 Berufung eingelegt. Dass die gesetzliche Rentenversicherung ihren Finanzbedarf bereits heute zu einem Viertel aus Bundeszuschüssen decke, stehe nicht der von ihr behaupteten Verfassungswidrigkeit entgegen, da auch diese Mittel aus den direkten und indirekten Steuern der jeweils aktiven Erwerbstätigen stammten und damit auf der Erziehungsleistung von Eltern basierten. Die Einschätzung des SG zur Wirtschaftslage widerspreche den Prognosen der Experten. Das SG hätte auch die Verschlechterungen für Familien berücksichtigen müssen, z.B. Erhöhung der Mehrwertsteuer und Wegfall des Baukindergelds. Es habe keine Berechtigung, hinter die Forderungen des BVerfG zurückzugehen. Sie (die Klägerin) sei detailliert auf die Finanzierung des verfassungsgemäßen Zustandes eingegangen und habe dargelegt, wie die haushaltsneutrale Umsetzung aussehen könnte. Die Statistik über die Kinderzahl sei vom SG falsch ausgewertet worden. Tatsächlich hätten 40,3 % Ehepaare Kinder, 18,2 % der Ehepaare hätten ein Kind, 16,5 % zwei Kinder und nur 5,7 % hätten drei oder mehr Kinder.
Der frühere Berichterstatter hat darauf hingewiesen, dass Zweifel an der Zulässigkeit der bislang gestellten Feststellungsanträge bestünden; vorrangig seien Anfechtungs- und Leistungsklage unter Bezifferung der geltend gemachten Ansprüche. Die Klägerin hat daraufhin eine Berechnung des erstrebten Beitragsnachlasses für die Pflegeversicherungsbeiträge für das Jahr 2008 vorgelegt. Danach habe bei ihrem Bruttolohn von EUR 5.970,97 der Beitragsnachlass für Eltern ab dem ersten Kind von 0,25 % EUR 14,93 betragen. Da sie (die Klägerin) 2008 drei Kinder erzogen habe, beanspruche sie den dreifachen Beitragsnachlass, also EUR 29,86. Die zusätzlichen Entgeltpunkte hat sie nach dem Einkommenssteuerbescheid 2007 wie folgt berechnet. Ausgehend vom Einkommen ihres Ehemannes und ihrem Einkommen in Höhe von EUR 101.542,00; abzüglich der Kinderfreibeträge (3 × EUR 5.808,00) also EUR 17.424,00; ergebe sich ein zu versteuerndes Einkommen von EUR 84.118,00. Gemäß Splittingtabelle sei hieraus Einkommenssteuer von EUR 19.966,00, Kirchensteuer von EUR 1.597,28 und Solidaritätszuschlag von EUR 1.098,13 zu entrichten. Die gesamte Steuerlast seien somit EUR 22.661,41. Die fiktive Steuerlast ohne Kinderfreibeträge betrüge EUR 30.447,51, die Steuerersparnis wegen der drei Kinderfreibeträge EUR 7.786,10, zuzüglich eines Sicherheitszuschlages von 10 % wegen vereinfachter Berechnung EUR 8.564,71. Der Elternbonus in der sozialen Pflegeversicherung werde mit 2 × 0,25 % bei einer Beitragsbemessungsgrenze von EUR 42.750,00; also EUR 213,75 angesetzt. Der minimale generative Beitrag aus dem steuerlichen Existenzminimum für drei Kinder (3 × EUR 5.808,00) sei EUR 17.424,00 abzüglich der maximalen Steuerersparnis von EUR 8.564,71 und des maximalen Elternbonus in der Pflegeversicherung von EUR 213,75 ergebe EUR 8.645,54. Nach dem in der Rentenversicherung für 2007 geltenden Durchschnittseinkommen von EUR 29.488,00 und, einem Beitragssatz von 19,9 % müsse für einen Entgeltpunkt ein Beitrag von EUR 5.868,11 entrichtet werden. Ihr generativer Beitrag entspreche also mindestens EUR 8.645,54 ÷ EUR 5.868,11 = 1,4733 Entgeltpunkten (Bl. 116 Senatsakte).
Die Klägerin beantragt (sachgerecht gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 14. September 2010 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten zu 1) vom 26. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. März 2008 und den Bescheid vom 28. November 2008 aufzuheben, soweit darin für die Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung kein dem Kinderlosenzuschlag entsprechender Nachlass für jedes Kind, für den Zeitraum, in dem Anspruch auf Kindergeld besteht, berücksichtigt ist und die Beklagte zu 1) zu verurteilen, den Beitrag unter Berücksichtigung dieses Nachlasses zu berechnen und ihr ab Januar 2008 Beiträge zur Pflegeversicherung zunächst für das Jahr 2008 in Höhe von EUR 29,86 zu erstatten, sowie den Bescheid der Beklagten zu 2) vom 10. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. April 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihrem Rentenkonto für das Jahr 2007 zusätzlich 1,4733 Entgeltpunkte gutzuschreiben und ab dem Jahr 2008 für jedes Jahr auf der Basis des Einkommenssteuerbescheides des Vorjahres zusätzliche Entgeltpunkte gutzuschreiben, die dem Betrag des steuerlichen Existenzminimums der Kinder, abzüglich der aus Kindergeld oder Steuerfreibeträgen erstatteten Kosten, abzüglich des bereits in der sozialen Pflegeversicherung berücksichtigten Elternbonus für den Zeitraum, in dem Anspruch auf Kindergeld besteht, hilfsweise, die Rechtssache gemäß Art. 100 Grundgesetz auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie beziehen sich weiterhin auf ihre Widerspruchsbescheide.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Senatsakte, die SG-Akte zu S 9 KR 888/10, S 9 KR 1001/08, S 9 R 1552/09 und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG entschieden hat, ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und auch statthaft. Die von der Klägerin begehrte Reduzierung der Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung und die Berücksichtigung zusätzlicher Entgeltpunkte bezieht sich auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Streitgegenstand ist im Berufungsverfahren nur noch die Beitragsminderung in der sozialen Pflegeversicherung und die zusätzlichen Entgeltpunkte für die gesetzliche Rentenversicherung. Das Begehren einer Beitragsminderung in der gesetzlichen Rentenversicherung hat die Klägerin nicht weiter verfolgt.
Die zulässige Berufung ist aber nicht begründet. Das SG hat die Klagen im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat weder einen Anspruch gegen die Beklagte zu 1) unter Aufhebung des Bescheides vom 26. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. März 2008 und des Bescheides vom 28. November 2008 auf eine Reduzierung der Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung in Höhe eines Vielfachen des Kinderlosenzuschlages entsprechend der Anzahl der von ihr erzogenen Kinder (1.) noch gegen die Beklagte zu 2) auf zusätzliche Entgeltpunkte nach einem von der Klägerin berechneten generativen Beitrag für die Erziehung von Kindern (2.).
1. Über die Beitragshöhe entscheidet nach § 28h Abs. 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) die Beklagte zu 1) als Einzugsstelle im sogenannten Einzugsstellenverfahren auf der Grundlage des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts.
Die Klägerin war in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert und infolgedessen nach § 20 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) in der sozialen Pflegeversicherung, bis zum 15. April 2008 als abhängig Beschäftigte nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI, anschließend während des Bezuges von Arbeitslosengeld I gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 2 SGB XI. Tatbestände der Versicherungsfreiheit (§§ 6, 7 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - SGB V -) oder eine Befreiung von der Versicherungspflicht (§ 8 SGB V, § 22 SGB XI) lagen nicht vor.
Im Bereich der Pflegeversicherung werden die Mittel für die Pflegeversicherung gemäß § 54 Abs. 1 SGB XI u.a. durch Beiträge gedeckt. Nach § 55 Abs. 2 SGB XI sind beitragspflichtige Einnahmen bis zu einem Betrag von 1/360 der Jahresarbeitsentgeltgrenze nach § 6 Abs. 7 SGB V zu berücksichtigen. Bei Mitgliedern der Pflegekasse, die in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind, gelten für die Beitragsbemessung die §§ 226 bis 238 und § 244 SGB V sowie die §§ 23a und 23b Abs. 2 bis 4 SGB IV (§ 57 Abs.1 SGB XI). Danach wird auch insoweit gemäß § 226 SGB V u.a. das Arbeitsentgelt aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung der Beitragsbemessung zugrunde gelegt. Der Beitragssatz betrug nach § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB XI bis 30. Juni 2008 1,7 v.H., ab 01. Juli 2008 1,95 v.H. und seit 1. Januar 2013 2,05 v.H. (Art. 1 Nr. 25 Buchst. a) Pflege-Neuausrichtung-Gesetz vom 23. Oktober 2012, BGBl. I, S. 2246). Gemäß § 55 Abs. 3 Satz 1 SGB XI in der ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung erhöht sich der Beitragssatz für Mitglieder nach Ablauf des Monats, in dem sie das 23. Lebensjahr vollendet haben, um einen Beitragszuschlag in Höhe von 0,25 Beitragssatzpunkten (Beitragszuschlag für Kinderlose). Dies gilt nicht für Eltern im Sinne des § 56 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 3 Nr. 2 und 3 des Sozialgesetzbuch Ersten Buches (§ 55 Abs. 3 Satz 2 SGB XI). Nach § 58 Abs. 1 SGB XI tragen die versicherungspflichtig Beschäftigten, die in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind, und ihre Arbeitgeber die nach dem Arbeitsentgelt zu bemessenden Beiträge jeweils zur Hälfte.
Auf der Grundlage dieser genannten gesetzlichen Bestimmungen hat die Beklagte zu 1) als zuständige Einzugsstelle die von der Klägerin zu entrichtenden Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung berechnet. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht umstritten.
Für eine Reduzierung der entrichteten und der in Zukunft noch zu entrichtenden Beiträge fehlt eine Anspruchsgrundlage. Die Klägerin kann entgegen der gesetzlichen Rechtslage wegen der Erziehung ihrer drei Kinder bzw. ab 20. Juni 2009 vier Kinder und der sich hieraus ergebenden Unterhaltslast keine Reduzierung ihrer Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung verlangen. Ein derartiger Anspruch ergibt sich nicht aus der bisherigen Rechtsprechung des BVerfG. Der Senat ist auch nicht von der Verfassungswidrigkeit der der Beitragspflicht in der sozialen Pflegeversicherung zugrunde liegenden Vorschriften überzeugt, sodass eine Vorlage an das BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 GG nicht in Betracht kommt (zum Folgenden: nicht rechtskräftige Urteile des Senats vom 27. Januar 2012 - L 4 KR 3984/10 und L 4 KR 4537/10 -, beide in juris; Revisionen beim BSG anhängig: B 12 KR 5/12 R und B 12 KR 6/12 R; siehe auch LSG, Urteil vom 24. April 2012 - L 11 KR 3416/10 - in juris, Revision beim BSG anhängig: B 12 KR 15/12 R).
Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 3. April 2001 (1 BvR 1629/94; a.a.O.) ausgeführt, dass Art. 6 GG als Freiheitsrecht den Staat verpflichte, Eingriffe in die Familie zu unterlassen. Darüber hinaus enthalte die Bestimmung auch eine wertentscheidende Grundsatznorm, die für den Staat die Pflicht begründe, Ehe und Familie zu schützen und zu fördern. Art. 3 Abs. 1 GG gebiete es, Gleiches gleich, Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu regeln. Es sei grundsätzlich Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, welche Merkmale beim Vergleich von Lebenssachverhalten er als maßgebend ansehe, um sie im Recht gleich oder verschieden zu behandeln. Art. 3 Abs. 1 GG verbiete es ihm aber, dabei Art und Ausmaß der tatsächlichen Unterschiede sachwidrig außer Acht zu lassen. Der Gleichheitssatz sei verletzt, wenn der Gesetzgeber es versäumt habe, Ungleichheiten der zu ordnenden Lebenssachverhalte zu berücksichtigen, die so bedeutsam seien, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsdenken orientierten Betrachtungsweise beachtet werden müssten. Innerhalb dieser Grenzen sei der Gesetzgeber in seiner Entscheidung frei. Weitergehende Einschränkungen könnten sich aus dem besonderen Schutz, den der Staat nach Art. 6 Abs. 1 GG der Familie schulde, ergeben. Insbesondere sei bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit von Beitragsregelungen, die Personen mit und ohne Kinder gleich behandeln, der besondere Schutz zu beachten, den der Staat nach Art. 6 Abs. 1 GG der Familie schulde (a.a.O. Rd. 43 mit weiteren Nachweisen). Das BVerfG hat in diesem Urteil weiter dargelegt, dass Art. 6 GG nicht dadurch verletzt sei, dass Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung auch dann, wenn sie Kinder betreuten und erzögen, der Beitragspflicht unterworfen würden (a.a.O. Rd. 44). Der besondere Schutz der Familie, zu dem Art. 6 Abs. 1 GG den Staat verpflichte, halte den Gesetzgeber nicht verfassungsrechtlich an, jede zusätzliche finanzielle Belastung der Familie zu vermeiden. Der Staat sei durch die in Art. 6 Abs. 1 GG enthaltene Pflicht zur Förderung der Familie auch nicht gehalten, diese Beitragslast auszugleichen. Die staatliche Familienförderung durch finanzielle Leistungen stehe unter dem Vorbehalt des Möglichen und im Kontext anderweitiger Fördernotwendigkeiten. Demgemäß lasse sich aus der Wertentscheidung des Art. 6 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip zwar die allgemeine Pflicht des Staates zu einem Familienlastenausgleich entnehmen, nicht aber die Entscheidung darüber, in welchem Umfang und in welcher Weise ein solcher sozialer Ausgleich vorzunehmen sei. Konkrete Folgerungen ließen sich aus diesem Verfassungsauftrag nicht ableiten. Es bestehe vielmehr grundsätzlich Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers (a.a.O. Rd. 46 mit weiteren Nachweisen).
Die Klägerin kann einen Anspruch auf Berücksichtigung der Kosten der Kindererziehung durch weiteren Beitragsnachlass auch nicht darauf stützen, dass der Gesetzgeber einem für ihn verbindlichen Auftrag nicht nachgekommen sei, für eine Personengruppe, der sie angehört, eine begünstigende (Neu-)Regelung zu schaffen. Das BVerfG hat dem Gesetzgeber im Urteil vom 3. April 2001 (a.a.O.) zum Erlass einer verfassungsgemäßen Neuregelung eine Frist bis zum 31. Dezember 2004 gesetzt. Der Auftrag bezog sich nur auf eine Neuregelung im Bereich des streitgegenständlichen SGB XI und der in diesem Zusammenhang für nicht mit dem GG vereinbar erklärten Normen, für die der Gesetzgeber Ersatz schaffen sollte. (vgl. zur Rentenversicherung hierzu auch BSG, Urteil vom 05. Juli 2006 a.a.O.). Der Gesetzgeber hat mit dem KiBG die Vorgaben des BVerfG im Hinblick auf die Pflegeversicherung umgesetzt und für Kinderlose einen Beitragszuschlag eingeführt. Diese Umsetzung der Vorgabe des BVerfG bewegt sich im Rahmen des dem Gesetzgeber eingeräumten Spielraums. Das BVerfG hat keine Reduzierung der Beiträge für Eltern gefordert. Es hat explizit ausgeführt, dass die Vorschriften über die Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung nicht deshalb gegen Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG verstießen, weil sie den besonderen Beitrag, den Versicherte mit unterhaltsberechtigten Kindern für das System der sozialen Pflegeversicherung erbringen würden, in dieser Versicherung nicht leistungserhöhend berücksichtigen würden. Es hat damit nur beanstandet, dass Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung, die Kinder betreuen und erziehen, einen gleich hohen Pflegeversicherungsbeitrag wie Mitglieder ohne Kinder zu entrichten haben. Wie der Gesetzgeber die Betreuungs- und Erziehungsleistungen bei der Beitragsbemessung von beitragspflichtigen Versicherten mit Kindern berücksichtigt, hat das BVerfG dem Gesetzgeber überlassen. Das BVerfG hat insoweit nur eine verfassungsrechtliche Verpflichtung dahingehend gesehen, dass der Gesetzgeber eine Lösung zu wählen habe, die Unterhaltsverpflichtete bereits ab dem ersten Kind relativ entlaste. Insbesondere war der Gesetzgeber zur Umsetzung dieses Urteils des BVerfG nicht verpflichtet, an der Zahl der Kinder anzuknüpfen, sondern konnte allein die Elterneigenschaft als maßgebliches Kriterium für die unterschiedliche Beitragshöhe heranziehen. Nach den Feststellungen des BVerfG aufgrund der Anhörung eines Sachverständigen ergab sich, dass die Elterneigenschaft und nicht die Zahl der Kinder die Wahl zwischen den verschiedenen Leistungsarten der ambulanten Pflege entscheidend bestimme. Dieser Vorgabe wird das KiBG gerecht. Durch den höheren Beitrag für Kinderlose werden Unterhaltsverpflichtete gegenüber den Kinderlosen bereits ab dem ersten Kind entlastet (vgl. Urteile des Senats vom 27. Januar 2012 - L 4 KR 3984/10 und L 4 KR 4537/10 -; a.a.O.).
Die Heranziehung der Klägerin zu den Beiträgen zur sozialen Pflegeversicherung nach § 55 SGB XI ohne Berücksichtigung der Anzahl der Kinder verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG. Diese Vorschriften sind nicht dadurch verletzt, dass die Betreuung und Erziehung der Kinder der Klägerin bei der Beitragsbemessung keine Berücksichtigung finden. Als Freiheitsrecht - wie ausgeführt - verpflichtet Art. 6 Abs. 1 GG den Staat zwar, Eingriffe in die Familie zu unterlassen. Darüber hinaus enthält die Bestimmung eine wertentscheidende Grundsatznorm, die für den Staat die Pflicht begründet, Ehe und Familie zu schützen und zu fördern. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet es, Gleiches gleich, Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu regeln. Art. 3 Abs.1 GG verbietet es dem Gesetzgeber, Art und Ausmaß der tatsächlichen Unterschiede sachwidrig außer Acht zu lassen. Eine weitergehende Einschränkung des Art. 3 Abs. 1 GG ergibt sich unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Staat nach Art. 6 Abs. 1 GG der Familie einen besonderen Schutz schuldet.
Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 3. April 2001 (a.a.O.) für die soziale Pflegeversicherung entschieden, dass Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG dadurch verletzt ist, dass die Betreuung und Erziehung von Kindern bei der Bemessung von Beiträgen keine Berücksichtigung findet. Dadurch werde die Gruppe Versicherter mit Kindern gegenüber kinderlosen Mitgliedern der sozialen Pflegeversicherung, die aus der Betreuungs- und Erziehungsleistung im Falle ihrer Pflegebedürftigkeit Nutzen ziehen, in verfassungswidriger Weise benachteiligt. Das BVerfG hat darauf hingewiesen, dass die heutigen Beitragszahler der erwerbsfähigen Generation im Umlageverfahren darauf vertrauen, dass in der Zukunft in ausreichendem Umfang neue Beitragsschuldner vorhanden sind, welches nur die heutigen Kinder sein können. Damit erwachse Versicherten ohne Kinder im Versicherungsfall ein Vorteil aus der Erziehungsleistung anderer beitragspflichtiger Versicherter, die wegen der Erziehung zu ihrem Nachteil auf Konsum und Vermögensbildung verzichten. Dieser aus der Konzeption der sozialen Pflegeversicherung den kinderlosen Versicherten entstehende systemspezifische Vorteil unterscheide sich vom Nutzen, der einer Gesellschaft durch Kinder und ihre Betreuung und Erziehung im Allgemeinen erwachse. Die benachteiligende Wirkung des generativen Beitrags führe zu einer spezifischen Belastung kindererziehender Versicherter im Pflegeversicherungssystem, die innerhalb des Systems auszugleichen sei. Diesen Vorgaben ist der Gesetzgeber durch das seit 1. Januar 2005 geltende KiBG wie ausgeführt - nachgekommen. Die seit 1. Januar 2005 zur Anwendung kommende Beitragsregelung im Bereich der Pflegeversicherung verstößt nicht mehr gegen Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG. Mit der gesetzliche Neuregelung im KiBG genügt - wie bereits dargelegt - der Gesetzgeber dem nach dem Urteil des BVerfG vom 03. April 2001 (a.a.O.) eingeräumten erheblichen Gestaltungsspielraums bei der Ausgestaltung eines Art. 3 Abs. 1 i.V. mit Art. 6 Abs. 1 GG entsprechenden Beitragsrechts in der Pflegeversicherung (Urteile des Senats vom 27. Januar 2012 - L 4 KR 3984/10 und L 4 KR 4537/10 -; a.a.O.).
2. Die Klägerin war bis 15. April 2009 gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert. Tatbestände der Versicherungsfreiheit (§ 5 SGB VI) oder der Befreiung von der Versicherungspflicht (§ 6 SGB VI) lagen nicht vor.
Rechtsgrundlage für die Ermittlung von Entgeltpunkten ist § 70 Abs. 1 SGB VI. Danach werden für Beitragszeiten Entgeltpunkte ermittelt, indem die Beitragsbemessungsgrundlage durch das Durchschnittsentgelt für dasselbe Kalenderjahr geteilt wird. Nach Absatz 2 erhalten Kindererziehungszeiten für jeden Kalendermonat 0,0833 Entgeltpunkte (Entgeltpunkte für Kindererziehungszeiten). Entgeltpunkte für Kindererziehungszeiten sind auch Entgeltpunkte, für die Kindererziehungszeiten mit sonstigen Beitragszeiten ermittelt werden, indem die Entgeltpunkte für sonstige Beitragszeiten um 0,0833 erhöht werden, höchstens um die Entgeltpunkte bis zum Erreichen der jeweiligen Höchstwerte nach Anlage 2b (jährliche Höchstwerte an Entgeltpunkten). Zusätzliche Entgeltpunkte werden nach § 70 Abs. 3a Satz 1 SGB VI für nach dem Jahr 1991 liegende Kalendermonate mit Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung oder der nicht erwerbsmäßigen Pflege eines pflegebedürftigen Kindes bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres ermittelt oder gutgeschrieben, wenn mindestens 25 Jahre mit rentenrechtlichen Zeiten vorhanden sind. Diese betragen für jeden Kalendermonat mit Pflichtbeiträgen die Hälfte der hierfür ermittelten Entgeltpunkte, höchstens 0,0278 an zusätzlichen Entgeltpunkten (a)), für jeden Kalendermonat in dem für den Versicherten Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung oder Zeiten der Pflege eines pflegebedürftigen Kindes für ein Kind mit entsprechenden Zeiten für ein anderes Kind zusammentreffen, 0,0278 an gutgeschriebenen Entgeltpunkten, abzüglich des Wertes der zusätzlichen Entgeltpunkte nach Buchstabe a) (b)).
Zusätzliche Entgeltpunkte von 1,4733 für das Jahr 2007 sowie für die Jahre ab 2008 in entsprechender Berechnung können über § 70 SGB VI hinaus somit nach geltendem Recht nicht ermittelt oder gutgeschrieben werden. Es fehlt somit an einer Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch. Der Senat ist auch nicht von der Verfassungswidrigkeit der Regelungen der gesetzlichen Rentenversicherung überzeugt, sodass eine Vorlage an das BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 GG nicht in Betracht kommt (zum Folgenden wiederum: Urteile des Senats vom 27. Januar 2012 - L 4 KR 3984/10 und L 4 KR 4537/10 -, a.a.O.; siehe auch LSG, Urteil vom 24. April 2012 - L 11 KR 3416/10 - a.a.O.).
Ein derartiger Anspruch auf Berücksichtigung eines generativen Beitrags lässt sich, wie das BSG in seinem nach Ansicht des Senats wohlbegründeten Urteil vom 5. Juli 2006 (B 12 KR 20/04 R a.a.O.), gegen das die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen wurde (BVerfG, Beschluss vom 5. Januar 2010 - 1 BvR 3039/06 - a.a.O.), im Hinblick auf die gesetzliche Rentenversicherung ausgeführt hat, aus der bisherigen Rechtsprechung des BVerfG zur staatlichen Förderungspflicht von Familien im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung nicht ableiten.
Die Ausführungen des BVerfG, wonach der Staat durch die in Art. 6 Abs. 1 GG enthaltene Pflicht zur Förderung der Familie nicht gehalten ist, die Beitragslast der Familie in der Pflegeversicherung auf der Leistungsseite auszugleichen, gilt, wie das BSG in den Urteilen vom 5. Juli 2006 (a.a.O.), denen sich der Senat anschließt (vgl. Urteile des Senats vom 27. Januar 2012 - L 4 KR 3984/10 und L 4 KR 4537/10 -; a.a.O.), dargelegt hat, auch für die Rentenversicherung. Insoweit gelten die vom BVerfG dargelegten Grundsätze, die besagen, dass dem Gesetzgeber ein Spielraum eingeräumt ist, wie er einen Familienlastenausgleich vornimmt, ihn aber nicht die Pflicht trifft, eine Belastung auf der Beitragsseite auszugleichen, ebenfalls. Es liegen insoweit keine Gesichtspunkte vor, aus denen sich im Hinblick auf einen Leistungsanspruch der Klägerin etwas anderes ergibt.
Die Klägerin kann sich, auch insoweit schließt sich der Senat dem Urteil des BSG vom 5. Juli 2006 (a.a.O.) an (Urteile des Senats vom 27. Januar 2012 - L 4 KR 3984/10 und L 4 KR 4537/10 -; a.a.O.), auf das Urteil des BVerfG vom 3. April 2001 (a.a.O.) und den dortigen Regelungsauftrag/Normprüfungsauftrag an den Gesetzgeber auch nicht in dem Sinne berufen, als sie daraus ein verfassungsrechtliches Gebot ableiten wollen, ihre Erziehungsleistung in der gesetzlichen Rentenversicherung leistungssteigernd zu berücksichtigen. Das BVerfG hat nach dem Tenor des Urteils vom 3. April 2001 §§ 54 Abs. 1 und 2, 55 Abs. 1 Satz 1 und 2 sowie § 57 SGB XI als mit Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs.1 GG nicht vereinbar angesehen, soweit Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung, die Kinder betreuen und erziehen, mit einem gleich hohen Pflegeversicherungsbeitrag wie Mitglieder ohne Kinder belastet werden. Der Streitgegenstand erfasste somit eindeutig nur die Pflegeversicherung. Hierauf erstreckt sich auch nur die Bindungswirkung des Urteils. Die Regelungen der Rentenversicherung hat das BVerfG nicht für mit dem GG ganz oder teilweise unvereinbar erklärt.
Die Klägerin kann ihren Anspruch auf Berücksichtigung der Kosten der Kindererziehung auch nicht darauf stützen, dass der Gesetzgeber einem für ihn verbindlichen Auftrag nicht nachgekommen sei, für eine Personengruppe, der sie angehört, eine begünstigende (Neu-)Regelung zu schaffen. Das BVerfG hat dem Gesetzgeber im Urteil vom 3. April 2001 (a.a.O.) zum Erlass einer verfassungsgemäßen Neuregelung eine Frist bis zum 31. Dezember 2004 gesetzt. Der Auftrag bezog sich - wie bereits oben ausgeführt - nur auf eine Neuregelung im Bereich des streitgegenständlichen SGB XI und der in diesem Zusammenhang für nicht mit dem GG vereinbar erklärten Normen, für die der Gesetzgeber Ersatz schaffen sollte. Etwas anderes lässt sich insoweit auch nicht deshalb ableiten, weil das BVerfG erläuternd angemerkt hat: "Bei der Bemessung der Frist hat der Senat berücksichtigt, dass die Bedeutung des vorliegenden Urteils auch für andere Zweige der Sozialversicherung zu prüfen sein wird." Damit hat das BVerfG die Dauer der dem Gesetzgeber eingeräumten Frist für eine Neuregelung des Beitragsrechts der sozialen Pflegeversicherung begründet. Ein verbindlicher Regelungsauftrag auch im Hinblick auf die anderen Zweige der Sozialversicherung kann hieraus nicht abgeleitet werden. Auch nach seinem weiteren Inhalt gibt das Urteil des BVerfG vom 3. April 2001 keinen mittelbaren Anlass, aus dem sich die Verfassungswidrigkeit der Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung im Hinblick auf eine nicht ausreichende Berücksichtigung des Aufwands für Kinder ergeben würde (vgl. hierzu auch BSG, Urteil vom 5. Juli 2006 a.a.O.). Im Übrigen hat der Gesetzgeber - wie bereits oben ausgeführt - mit dem KiBG im Rahmen des ihm eingeräumten Spielraums die Vorgaben des BVerfG im Hinblick auf die Pflegeversicherung umgesetzt und für Kinderlose einen Beitragszuschlag eingeführt.
Auf das Recht der gesetzlichen Rentenversicherung sind die Ausführungen des BVerfG im Urteil vom 3. April 2001 (a.a.O.) nicht übertragbar (Urteile des Senats vom 27. Januar 2012- L 4 KR 3984/10 und L 4 KR 4537/10 -; a.a.O.). Es ist der Klägerin insoweit zwar zuzugestehen, dass das gesetzliche Rentenversicherungssystem sowie das soziale Pflegeversicherungssystem viele Gemeinsamkeiten aufweisen, die es - wie auch vom BVerfG ausdrücklich gefordert - erforderlich machen zu prüfen, ob und inwieweit sich die Entscheidung des BVerfG Auswirkungen auf die gesetzliche Rentenversicherung hat.
Wie die Pflegeversicherung ist auch die Rentenversicherung umlagefinanziert (§ 153 Abs. 1 SGB VI). Damit ist das Rentenversicherungssystem darauf angewiesen, dass heute Kinder geboren und großgezogen werden, um später als mögliche Beitragszahler die Renten der dann Leistungsberechtigten zu finanzieren. Hierbei handelt es sich - wie in der gesetzlichen Pflegeversicherung - um einen systemspezifischen Vorteil, der über den Vorteil, der der Allgemeinheit durch Kinder erwächst, hinausgeht. Damit leisten Versicherte, die Kinder erziehen, einen systemerhaltenden generativen Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung. Im Gegensatz zur Pflegeversicherung als Risikoversicherung ist es jedoch im Rentenversicherungsrecht möglich, die Kindererziehung leistungsrechtlich - insbesondere durch die Anerkennung von Kindererziehungs- und Kinderberücksichtigungszeiten (§§ 56, 57 SGB VI) - zu honorieren. Der Gesetzgeber ist grundsätzlich frei bei der Berücksichtigung des Aufwands für Kinder bei gleichzeitiger Verantwortung für die Funktionsfähigkeit des ganzen Systems. Zu berücksichtigen ist insoweit auch, dass im Zeitpunkt der Erziehung der Kinder keinesfalls feststeht, dass sie zukünftig Beitragszahler in der gesetzlichen Rentenversicherung sein werden. Dies werden sie dann nicht sein, wenn sie in ihrer zukünftigen Erwerbstätigkeit nicht versicherungspflichtig, versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit sind. In einem solchen Fall verlassen die Betreffenden das Sicherungssystem der gesetzlichen Rentenversicherung vollständig (vgl. Urteil des Senats vom 27. Januar 2012 - L 4 KR 3984/10und L 4 KR 4537/10 -; a.a.O.).
Im Übrigen wäre ein beitragsrechtlicher Ausgleich auch ein krasser Verstoß gegen wesentliche Strukturprinzipien der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. Urteil des Senats vom 27. Januar 2012 - L 4 KR 3984/10 und L 4 KR 4537/10 -; a.a.O.). Zwar hat das BVerfG im Urteil vom 3. April 2001 (a.a.O. Rd. 71) gefordert, dass der zwischen Eltern und kinderlosen Personen vorzunehmende Ausgleich durch Regelungen erfolgen muss, die die Elterngenerationen während der Zeit der Betreuung und Erziehung entlasten. Die mit der Kindererziehung verbundene Belastung trete in der Erwerbsphase auf, sie sei deshalb auch in diesem Zeitraum auszugleichen. Für die Pflegeversicherung hat das BVerfG entschieden, dass der verfassungsgebotene Ausgleich zwischen erziehenden und nicht erziehenden Mitgliedern nicht durch unterschiedliche Leistungen im Falle des Eintritts der Pflegebedürftigkeit erfolgen kann. Diese Erwägungen sind indessen auf das Rentenversicherungsrecht nicht übertragbar. Seit dem Urteil des BVerfG vom 28. Februar 1980 (1 BvL 17/77 u.a.; in juris) ist es mittlerweile ständige verfassungsrechtliche Rechtsprechung, dass Rentenanwartschaften dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG unterliegen. Dieser verfassungsrechtliche Eigentumsschutz beruht insbesondere darauf, dass der Umfang der Rentenanwartschaften durch die persönliche Arbeitsleistung des Versicherten mitbestimmt wird. Deshalb müssen Berechtigung und Eigenleistung einander zwar nicht entsprechen, je höher indessen der einem Anspruch zugrunde liegende Anteil der eigenen Leistung ist, desto stärker tritt der verfassungsrechtlich wesentliche personale Bezug und mit ihm ein tragender Grund des Eigentumsschutzes hervor (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 11. Januar 1995 - 1 BvR 892/88 - und 24. Mai 2000 - 1 BvL 1/98 u.a. - beide in juris, wonach bei der Berechnung kurzfristiger Lohnersatzleistungen zwar eine versicherungsmathematische Äquivalenz zwischen entrichteten Beiträgen und der Höhe der Leistungen nicht geboten ist, der Gesetzgeber jedoch nicht berechtigt ist, bei der Leistungsbemessung sämtliche beitragspflichtigen Entgeltbestandteile außer Betracht zu lassen). In der Konsequenz bedeutet dies, dass es unzulässig wäre, kinderlose Versicherte mit höheren Beiträgen zu belegen, ohne ihnen gleichzeitig höhere Rentenanwartschaften und höhere Renten zuzubilligen, wodurch der von der Klägerin gewünschte Ausgleich wieder zunichte gemacht würde. Die Erhöhung der Beitragsleistung für Kinderlose wäre jedoch zwangsläufige Folge der höheren Leistungen für Kindererziehende, weil ansonsten die finanzielle Basis der Rentenversicherung nicht gewährleistet wäre. Einem Ausgleich höheren Leistungen für Kindererziehende durch Steuermittel steht entgegen, dass das BVerfG - wie ausgeführt - im Urteil vom 3. April 2001 gefordert hat, dass der Belastungsausgleich systemimmanent, also gerade nicht durch die Inanspruchnahme von Steuermitteln zu erfolgen hat.
Das Leistungsrecht der gesetzlichen Rentenversicherung genügt auch den verfassungsrechtlichen Anforderungen, die das BVerfG im Urteil vom 7. Juli 1992 (a.a.O.) aufgestellt hat (vgl. Urteil des Senats vom 27. Januar 2012 - L 4 KR 3984/10 und L 4 KR 4537/10 -; a.a.O.). Das BVerfG hat den Gesetzgeber nach Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG verpflichtet, den Mangel des Rentenversicherungssystems, der in den durch Kindererziehung bedingten Nachteilen bei der Altersversorgung liegt, über die Regelung des Hinterbliebenen- und Erziehungszeitengesetzes (HEZG) und des Gesetzes über Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung für Kindererziehung an Mütter der Geburtsjahrgänge vor 1921 (RVKLG) hinaus zu berücksichtigen. Diesem Verfassungsauftrag ist der Gesetzgeber durch die zeitliche Ausdehnung der Kindererziehungszeiten für Kinder mit einem Geburtsdatum ab dem 1. Januar 1992 und Anhebung der Bewertung des Durchschnittsverdienstes (BVerfG vom 29. März 1996 - 1 BvR 1238/95 - in juris) nachgekommen. Verfassungswidrig war in der Vergangenheit allein die Regelung zur Bewertung von Kindererziehungszeiten bei Zusammentreffen mit Beitragszeiten; diese verfassungswidrige Rechtslage ist seit dem Beschluss des BVerfG vom 12. März 1996 (1 BvR 609/90 u.a.; in juris) korrigiert (vgl. § 70 Abs. 2 SGB VI). Durch § 70 Abs. 3a SGB VI hat der Gesetzgeber diesen Familienlastenausgleich im Sinne der Vorgaben des BVerfG weiter ausgebaut. Es erfolgt eine Höherbewertung von Beitragszeiten, die Eltern begünstigt, die während der ersten zehn Lebensjahre des Kindes - also während der Kinderberücksichtigungszeiten (§ 57 SGB VI) - erwerbstätig sind und nur unterdurchschnittlich verdienen. Dasselbe gilt für Pflichtbeitragszeiten aufgrund einer nicht erwerbsmäßigen Pflege eines pflegebedürftigen Kindes bis zu seinem 18. Lebensjahr (vgl. Urteil des Senats vom 27. Januar 2012 - L 4 KR 3984/10 - in juris).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Zulassung der Revision beruht auf § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Zur Frage zusätzlicher Leistungen für Kinder erziehende Versicherte in der gesetzlichen Rentenversicherung gibt es noch keine Rechtsprechung des BSG.
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