Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 105 R 4918/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 8 R 810/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. Juli 2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte verpflichtet ist, für die Klägerin Kindererziehungszeiten in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung vorzumerken.
Die 1972 geborene Klägerin und ihr 1978 geborener Ehemann - zugleich Bevollmächtigter - sind polnische Staatsangehörige. 2007 wurde in S das gemeinsame Kind M, 2009 in W das gemeinsame Kind A M geboren. Beide Kinder besitzen ebenfalls die polnische Staatsangehörigkeit. Der Wohnsitz der Klägerin, ihres Ehemanns und der beiden Kinder befanden sich vor und nach deren Geburt durchgehend in Polen.
Die Klägerin hat in Polen einen Magisterabschluss in Umweltbiologie erworben und zu keinem Zeitpunkt eine Erwerbstätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland ausgeübt, ebensowenig eine Erwerbstätigkeit im Ausland, die in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig war. Der Ehemann der Klägerin übt in Polen und in der Bundesrepublik Deutschland eine selbstständige Tätigkeit aus; er ist vom Präsidenten des Oberlandesgerichtes Rostock als registrierter Erlaubnisinhaber für Rechtsdienstleistungen im Bereich des polnischen Rechts sowie auf dem Gebiet des Rechts der Europäischen Union und des Rechts des Europäischen Wirtschaftsraums nach dem Einführungsgesetz zum Rechtsdienst-leistungsgesetz registriert. Seit 20. Oktober 2009 ist er auf Antrag in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert.
Im Dezember 2009 beantragte die Klägerin die "Versicherung" wegen Kindererziehungszeiten und verwies auf ein Merkblatt der Deutschen Rentenversicherung Nord. Sie und ihr Ehemann erklärten übereinstimmend, dass die Kindererziehungszeiten mit Wirkung am 20. Oktober 2009 der Klägerin zugeordnet werden sollten. Mit dem Antrag reichte sie unter anderem ein an ihren Ehemann gerichtetes Schreiben des polnischen Rentenversicherungsträgers (ZUS) vom 15. März 2010 ein, aus dem hervorging, dass dort zum damaligen Zeitpunkt keine Informationen über (polnische) Versicherungszeiten der Klägerin vorlagen.
Durch Bescheid vom 3. Mai 2010 lehnte die Beklagte die Vormerkung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung für Zeiten bis 31. Dezember 2009 ab, weil die Kinder ab ihrer Geburt jeweils im Ausland erzogen worden seien. Über Zeiten, die nach diesem Zeitpunkt lägen, könne vorerst nicht entschieden werden.
Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, dass der Bescheid mit den Vorschriften der Verordnung (VO) EWG 1408/71 nicht vereinbar sei. Weil ihr Ehemann in Deutschland versicherungspflichtig sei, habe auch sie Anspruch auf die Familienleistungen nach deutschem Recht. Der Wohnsitz der Kinder in Polen stehe einem in Deutschland gleich.
Durch Widerspruchsbescheid vom 31. August 2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Voraussetzungen für die Vormerkung rentenrechtlicher Zeiten wegen Kindererziehung lägen weder nach dem nationalen Recht der Bundesrepublik Deutschland noch nach dem Recht der Europäischen Union vor. Um Familienleistungen im Sinne des Rechts der Europäischen Union handle es sich bei rentenrechtlichen Zeiten nicht.
Mit ihrer Klage, die sie auf die Feststellung von Kindererziehungszeiten für die Zeit vom 20. Oktober 2009 bis zum 27. Juli 2012 gerichtet hat, hat die Klägerin ihr Anliegen weiterverfolgt. Entgegen der Auffassung der Beklagten handle es sich bei Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung um Geldleistungen im Sinne der Unionsvorschriften über Familienleistungen, weil sie die Höhe der an die erziehende Mutter später auszuzahlenden Altersrente bestimmten und dem Ausgleich von Familienlasten dienten. Die Auslegung des Rechts durch die Beklagte verstoße auch gegen das unionsrechtliche Beschränkungsverbot und den Grundsatz der praktischen Wirksamkeit des EU-Rechts.
Die Beklagte ist der Klage mit der Begründung entgegen getreten, dass bei einer Erziehung in Mitgliedsstaaten der EU, die - wie Polen - rentenrechtliche Tatbestände wegen Kindererziehung vorsähen, zu prüfen sei, ob die Berücksichtigung nicht wegen mangelnder Vorversicherungszeit im Staat der Erziehung abgelehnt werden würde. Die Klägerin habe aber in Polen sowohl eine Hochschulausbildung absolviert als auch Beschäftigungen ausgeübt. Dies seien Versicherungszeiten nach polnischem Recht. Ob der polnische Versicherungsträger Informationen über zurückgelegte Versicherungszeiten geben könne, habe keine Bedeutung. Eine Kontenklärung bei der ZUS habe die Klägerin offensichtlich nicht durchgeführt. Selbst wenn Erziehungszeiten nach polnischem Recht mangels Vorversicherungszeiten nicht anerkannt werden könnten, könne dies aber auch nicht nach deutschem Recht geschehen. Denn die Klägerin habe nicht selbst unmittelbar vor dem Beginn der Erziehung eine Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit in Deutschland ausgeübt.
Das Sozialgericht hat eine Übersetzung des Artikels 7 des polnischen Gesetzes vom 17. Dezember 1998 über Altersrenten und Renten aus dem Sozialversicherungsfonds in das Verfahren eingeführt.
Durch Urteil vom 27. Juli 2012 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin könne die geltend gemachte Vormerkung nicht beanspruchen. Sie erfülle die Voraussetzungen für die Feststellung von Kindererziehungszeiten von daher nicht, als die Erziehung weder im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt sei noch einer solchen gleichstehe. Europarechtliche Vorschriften könnten ihr nicht zu einer solchen Gleichstellung verhelfen. Um Familienleistungen im Sinne des EU-Rechts handle es sich bei Rentenanwartschaften weder unter der Geltung der VO (EWG) 1408/71 noch unter der der Nachfolgeverordnung EGV 883/2004. Dafür spreche auch Art. 44 der Durchführungsverordnung EGV 987/2009 zur EGV 883/2004, der eine spezielle Regelung für Kindererziehungszeiten treffe. Art. 44 EGV 987/2009 führe wiederum dazu, dass es nicht zu einer grenzüberschreitenden Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten komme, weil Art. 7 Ziffer 5 des polnischen Gesetzes vom 17. Dezember 1998 über Altersrenten und Renten aus dem Sozialversicherungsfonds Kindererziehungszeiten als rentenrelevante beitragsfreie Zeiten anerkenne.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Anliegen weiter. Sie erneuert ihre Auffassung, dass es sich bei rentenrechtlichen Zeiten wegen Kindererziehung um Familienleistungen im Sinne des EU-Rechts handle. Gegebenenfalls müsse hierzu eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs eingeholt werden. Die Auslegung des Sozialgerichts, die zur Anwendung des polnischen Rechts führe, stelle eine Benachteiligung gegenüber inländischen Erziehenden und folglich eine Freizügigkeitsbeschränkung dar.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. Juli 2012 und den Bescheid der Beklagten vom 3. Mai 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. August 2010 aufzuheben sowie die Beklagte zu verpflichten, für den Zeitraum vom 20. Oktober 2010 bis zum 27. Juli 2012 Kindererziehungszeiten vorzumerken.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung und ihre Bescheide für zutreffend. Aus dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 17. November 1992 - 4 RA 15/91 -, in Entscheidungssammlung Sozialrecht (SozR) 3-2600 § 56 Nr. 4, ergebe sich nichts anderes. Denn die Klägerin sei weder während der Erziehung noch unmittelbar vor der Geburt der Kinder in die deutsche Arbeits- und Erwerbswelt eingegliedert gewesen.
Die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten lagen dem Senat bei seiner Entscheidung vor. Wegen Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt dieser Aktenstücke Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung eine Entscheidung über die Berufung treffen (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Die Berufung ist unbegründet.
Bereits unzulässig ist die Klage, soweit die Klägerin Kindererziehungszeiten nach dem 31. Dezember 2009 geltend macht. Insoweit fehlt es an einer Verwaltungsentscheidung, die der gerichtlichen Überprüfung zugänglich wäre. Die Beklagte hat in dem angefochtenen Bescheid vom 3. Mai 2010 ausdrücklich die Verfügung getroffen, dass über Zeiten nach dem 31. Dezember 2009 "vorerst" nicht entschieden werden könne. Ein Verwaltungsakt, der weitere Zeiträume erfasst und die Voraussetzungen des § 96 Abs. 1 SGG für die Einbeziehung in das gerichtliche Verfahren erfüllen würde, ist von der Beklagten aber nicht erlassen worden.
Soweit die Klage zulässig ist, ist sie unbegründet. Das Sozialgericht hat es mit zutreffender Begründung abgelehnt, die Beklagte (auch) für den Zeitraum bis 31. Dezember 2009 zu der geltend gemachten Vormerkung zu verpflichten. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Mit der Berufung hat die Klägerin nichts vorgetragen, was zu einer für sie günstigeren Entscheidung führen könnte. Der Senat sieht keine europarechtlichen Fragen, die im Wege eines Vorabentscheidungsverfahren durch den Europäischen Gerichtshof zu klären sein könnten. Dass rentenrechtliche Tatbestände, die lediglich eine Anwartschaft auf eine Rentenleistung wegen Erwerbsminderung oder Alters begründen können, nicht zu den Familienleistungen im Sinne der hier noch anwendbaren VO (EWG) 1408/71 gehören (s. insoweit EuGH, Urteil vom 19. Juli 2012 - C-522/10 -, NZS 2012, 935 [Reichel-Albert]), ergibt sich unmittelbar aus deren Art. 4 Abs. 1, der Familienleistungen (in Buchstabe h) neben die Leistungen bei Invalidität und Alter (in Buchstabe b und c) stellt. Eine anderweitige europarechtliche Benachteilung der Klägerin ist jedenfalls deshalb nicht ersichtlich, weil sie in eigener Person in keinem Bezug zur deutschen Rentenversicherung stand oder steht und Rentenleistungen aufgrund von Kindererziehungszeiten in ihrem Aufenthaltsstaat Polen vorgesehen und ihr zugänglich sind (s. auch insoweit EuGH a.a.O.).
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
ründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte verpflichtet ist, für die Klägerin Kindererziehungszeiten in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung vorzumerken.
Die 1972 geborene Klägerin und ihr 1978 geborener Ehemann - zugleich Bevollmächtigter - sind polnische Staatsangehörige. 2007 wurde in S das gemeinsame Kind M, 2009 in W das gemeinsame Kind A M geboren. Beide Kinder besitzen ebenfalls die polnische Staatsangehörigkeit. Der Wohnsitz der Klägerin, ihres Ehemanns und der beiden Kinder befanden sich vor und nach deren Geburt durchgehend in Polen.
Die Klägerin hat in Polen einen Magisterabschluss in Umweltbiologie erworben und zu keinem Zeitpunkt eine Erwerbstätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland ausgeübt, ebensowenig eine Erwerbstätigkeit im Ausland, die in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig war. Der Ehemann der Klägerin übt in Polen und in der Bundesrepublik Deutschland eine selbstständige Tätigkeit aus; er ist vom Präsidenten des Oberlandesgerichtes Rostock als registrierter Erlaubnisinhaber für Rechtsdienstleistungen im Bereich des polnischen Rechts sowie auf dem Gebiet des Rechts der Europäischen Union und des Rechts des Europäischen Wirtschaftsraums nach dem Einführungsgesetz zum Rechtsdienst-leistungsgesetz registriert. Seit 20. Oktober 2009 ist er auf Antrag in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert.
Im Dezember 2009 beantragte die Klägerin die "Versicherung" wegen Kindererziehungszeiten und verwies auf ein Merkblatt der Deutschen Rentenversicherung Nord. Sie und ihr Ehemann erklärten übereinstimmend, dass die Kindererziehungszeiten mit Wirkung am 20. Oktober 2009 der Klägerin zugeordnet werden sollten. Mit dem Antrag reichte sie unter anderem ein an ihren Ehemann gerichtetes Schreiben des polnischen Rentenversicherungsträgers (ZUS) vom 15. März 2010 ein, aus dem hervorging, dass dort zum damaligen Zeitpunkt keine Informationen über (polnische) Versicherungszeiten der Klägerin vorlagen.
Durch Bescheid vom 3. Mai 2010 lehnte die Beklagte die Vormerkung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung für Zeiten bis 31. Dezember 2009 ab, weil die Kinder ab ihrer Geburt jeweils im Ausland erzogen worden seien. Über Zeiten, die nach diesem Zeitpunkt lägen, könne vorerst nicht entschieden werden.
Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, dass der Bescheid mit den Vorschriften der Verordnung (VO) EWG 1408/71 nicht vereinbar sei. Weil ihr Ehemann in Deutschland versicherungspflichtig sei, habe auch sie Anspruch auf die Familienleistungen nach deutschem Recht. Der Wohnsitz der Kinder in Polen stehe einem in Deutschland gleich.
Durch Widerspruchsbescheid vom 31. August 2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Voraussetzungen für die Vormerkung rentenrechtlicher Zeiten wegen Kindererziehung lägen weder nach dem nationalen Recht der Bundesrepublik Deutschland noch nach dem Recht der Europäischen Union vor. Um Familienleistungen im Sinne des Rechts der Europäischen Union handle es sich bei rentenrechtlichen Zeiten nicht.
Mit ihrer Klage, die sie auf die Feststellung von Kindererziehungszeiten für die Zeit vom 20. Oktober 2009 bis zum 27. Juli 2012 gerichtet hat, hat die Klägerin ihr Anliegen weiterverfolgt. Entgegen der Auffassung der Beklagten handle es sich bei Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung um Geldleistungen im Sinne der Unionsvorschriften über Familienleistungen, weil sie die Höhe der an die erziehende Mutter später auszuzahlenden Altersrente bestimmten und dem Ausgleich von Familienlasten dienten. Die Auslegung des Rechts durch die Beklagte verstoße auch gegen das unionsrechtliche Beschränkungsverbot und den Grundsatz der praktischen Wirksamkeit des EU-Rechts.
Die Beklagte ist der Klage mit der Begründung entgegen getreten, dass bei einer Erziehung in Mitgliedsstaaten der EU, die - wie Polen - rentenrechtliche Tatbestände wegen Kindererziehung vorsähen, zu prüfen sei, ob die Berücksichtigung nicht wegen mangelnder Vorversicherungszeit im Staat der Erziehung abgelehnt werden würde. Die Klägerin habe aber in Polen sowohl eine Hochschulausbildung absolviert als auch Beschäftigungen ausgeübt. Dies seien Versicherungszeiten nach polnischem Recht. Ob der polnische Versicherungsträger Informationen über zurückgelegte Versicherungszeiten geben könne, habe keine Bedeutung. Eine Kontenklärung bei der ZUS habe die Klägerin offensichtlich nicht durchgeführt. Selbst wenn Erziehungszeiten nach polnischem Recht mangels Vorversicherungszeiten nicht anerkannt werden könnten, könne dies aber auch nicht nach deutschem Recht geschehen. Denn die Klägerin habe nicht selbst unmittelbar vor dem Beginn der Erziehung eine Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit in Deutschland ausgeübt.
Das Sozialgericht hat eine Übersetzung des Artikels 7 des polnischen Gesetzes vom 17. Dezember 1998 über Altersrenten und Renten aus dem Sozialversicherungsfonds in das Verfahren eingeführt.
Durch Urteil vom 27. Juli 2012 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin könne die geltend gemachte Vormerkung nicht beanspruchen. Sie erfülle die Voraussetzungen für die Feststellung von Kindererziehungszeiten von daher nicht, als die Erziehung weder im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt sei noch einer solchen gleichstehe. Europarechtliche Vorschriften könnten ihr nicht zu einer solchen Gleichstellung verhelfen. Um Familienleistungen im Sinne des EU-Rechts handle es sich bei Rentenanwartschaften weder unter der Geltung der VO (EWG) 1408/71 noch unter der der Nachfolgeverordnung EGV 883/2004. Dafür spreche auch Art. 44 der Durchführungsverordnung EGV 987/2009 zur EGV 883/2004, der eine spezielle Regelung für Kindererziehungszeiten treffe. Art. 44 EGV 987/2009 führe wiederum dazu, dass es nicht zu einer grenzüberschreitenden Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten komme, weil Art. 7 Ziffer 5 des polnischen Gesetzes vom 17. Dezember 1998 über Altersrenten und Renten aus dem Sozialversicherungsfonds Kindererziehungszeiten als rentenrelevante beitragsfreie Zeiten anerkenne.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Anliegen weiter. Sie erneuert ihre Auffassung, dass es sich bei rentenrechtlichen Zeiten wegen Kindererziehung um Familienleistungen im Sinne des EU-Rechts handle. Gegebenenfalls müsse hierzu eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs eingeholt werden. Die Auslegung des Sozialgerichts, die zur Anwendung des polnischen Rechts führe, stelle eine Benachteiligung gegenüber inländischen Erziehenden und folglich eine Freizügigkeitsbeschränkung dar.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. Juli 2012 und den Bescheid der Beklagten vom 3. Mai 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. August 2010 aufzuheben sowie die Beklagte zu verpflichten, für den Zeitraum vom 20. Oktober 2010 bis zum 27. Juli 2012 Kindererziehungszeiten vorzumerken.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung und ihre Bescheide für zutreffend. Aus dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 17. November 1992 - 4 RA 15/91 -, in Entscheidungssammlung Sozialrecht (SozR) 3-2600 § 56 Nr. 4, ergebe sich nichts anderes. Denn die Klägerin sei weder während der Erziehung noch unmittelbar vor der Geburt der Kinder in die deutsche Arbeits- und Erwerbswelt eingegliedert gewesen.
Die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten lagen dem Senat bei seiner Entscheidung vor. Wegen Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt dieser Aktenstücke Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung eine Entscheidung über die Berufung treffen (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Die Berufung ist unbegründet.
Bereits unzulässig ist die Klage, soweit die Klägerin Kindererziehungszeiten nach dem 31. Dezember 2009 geltend macht. Insoweit fehlt es an einer Verwaltungsentscheidung, die der gerichtlichen Überprüfung zugänglich wäre. Die Beklagte hat in dem angefochtenen Bescheid vom 3. Mai 2010 ausdrücklich die Verfügung getroffen, dass über Zeiten nach dem 31. Dezember 2009 "vorerst" nicht entschieden werden könne. Ein Verwaltungsakt, der weitere Zeiträume erfasst und die Voraussetzungen des § 96 Abs. 1 SGG für die Einbeziehung in das gerichtliche Verfahren erfüllen würde, ist von der Beklagten aber nicht erlassen worden.
Soweit die Klage zulässig ist, ist sie unbegründet. Das Sozialgericht hat es mit zutreffender Begründung abgelehnt, die Beklagte (auch) für den Zeitraum bis 31. Dezember 2009 zu der geltend gemachten Vormerkung zu verpflichten. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Mit der Berufung hat die Klägerin nichts vorgetragen, was zu einer für sie günstigeren Entscheidung führen könnte. Der Senat sieht keine europarechtlichen Fragen, die im Wege eines Vorabentscheidungsverfahren durch den Europäischen Gerichtshof zu klären sein könnten. Dass rentenrechtliche Tatbestände, die lediglich eine Anwartschaft auf eine Rentenleistung wegen Erwerbsminderung oder Alters begründen können, nicht zu den Familienleistungen im Sinne der hier noch anwendbaren VO (EWG) 1408/71 gehören (s. insoweit EuGH, Urteil vom 19. Juli 2012 - C-522/10 -, NZS 2012, 935 [Reichel-Albert]), ergibt sich unmittelbar aus deren Art. 4 Abs. 1, der Familienleistungen (in Buchstabe h) neben die Leistungen bei Invalidität und Alter (in Buchstabe b und c) stellt. Eine anderweitige europarechtliche Benachteilung der Klägerin ist jedenfalls deshalb nicht ersichtlich, weil sie in eigener Person in keinem Bezug zur deutschen Rentenversicherung stand oder steht und Rentenleistungen aufgrund von Kindererziehungszeiten in ihrem Aufenthaltsstaat Polen vorgesehen und ihr zugänglich sind (s. auch insoweit EuGH a.a.O.).
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
ründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
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