L 15 SO 35/13 B PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
15
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 50 SO 1915/12
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 15 SO 35/13 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 24. Januar 2013 wird als unzulässig verworfen. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 24. Januar 2013, mit dem dieses die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren S 50 SO 1915/12, in dem der Kläger die vollumfängliche Erstattung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen für das Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 28. September 2011 begehrt, abgelehnt hat, ist unzulässig. Gemäß §§ 172 Abs. 1, 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 127 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz Zivilprozessordnung (ZPO) ist die Beschwerde nicht statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 750 EUR nicht übersteigt (ständige Rechtsprechung des Senats).

Gemäß § 172 Abs. 1 SGG findet gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte, mit Ausnahme der Urteile und der Entscheidungen der Vorsitzenden, die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist. Eine andere Bestimmung in diesem Sinn trifft § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG (siehe die Beschlüsse des Senats vom 22. Mai 2012, Az. L 15 SO 191/11 B PKH und vom 18. März 2011, Az. L 15 SO 42/11 B PKH). Danach gelten im sozialgerichtlichen Verfahren die Vorschriften der ZPO über die Prozesskostenhilfe entsprechend, das sind deren §§ 114 bis 127a.

Gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist ein Rechtsmittel gegen die Versagung von Prozess-kostenhilfe ausgeschlossen, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 ZPO genannten Betrag (600,- EUR) nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat – was hier nicht der Fall ist – ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Zwar treten im sozialgerichtlichen Verfahren an die Stelle des in § 511 ZPO genannten Betrages die Voraussetzungen, die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 SGG zur Zulässigkeit der Berufung kraft Gesetzes führen; denn die Vorschrift ist "entsprechend", also die Verhältnisse der Sozialgerichtsbarkeit außerhalb des Rechts der Prozesskostenhilfe berücksichtigend, anzuwenden. Der hier streitige Betrag von 154,79 EUR erreicht nicht den Betrag von 750,- EUR, der gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG für die Zulässigkeit von Klagen auf Geld-, Dienst- oder Sachleistungen (oder darauf gerichtete Verwaltungsakte) maßgeblich ist, die – wie im vorliegenden Fall – weder wiederkehrende noch laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betreffen. Die Beschwerde ist angesichts dessen im vorliegenden Fall nicht statthaft. Entgegen der Auffassung des Klägers ist bei der Bestimmung des Beschwerdewertes hier auf die Höhe des – noch – begehrten Kostenerstattungsanspruchs abzustellen, da der Kläger ausweislich seines Klageantrages dessen Erstattung dem Grunde nach begehrt.

Der Anwendung des § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO steht nicht allgemein entgegen, dass § 172 Abs. 3 SGG Fallgestaltungen regelt, in denen die Beschwerde abweichend von § 172 Abs. 1 SGG ausgeschlossen ist. § 172 Abs. 1 SGG lässt Abweichungen von der Zulässigkeit der Beschwerde ausdrücklich "nach diesem Gesetz" – also dem SGG insgesamt – zu, sodass § 172 Abs. 3 SGG keinen abschließenden Charakter hat. Der Anwendung des § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO steht auch nicht konkret entgegen, dass nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe ausgeschlossen ist, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Das ergibt sich aus der Gesetzessystematik. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG ordnet die entsprechende Anwendung der Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe an. Würde § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht angewendet, ergäbe sich im sozialgerichtlichen Verfahren entgegen der Grundentscheidung des § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG eine im Vergleich zur ZPO im Wesentlichen spiegelverkehrte Regelung der Zulässigkeit der Beschwerde: Sie wäre bei ausschließlicher Verneinung der persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen (wegen § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG) gerade in dem Fall immer ausgeschlossen, in dem sie nach der ZPO - ausnahmsweise - zulässig ist. In dem Fall, in dem sie nach der ZPO mangels erreichter Berufungssumme im Regelfall unzulässig wäre, wäre sie im sozialgerichtlichen Verfahren dagegen immer zulässig. Ist § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO dagegen anwendbar, bleibt § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG der Zweck, die Rechtsmittel im Prozesskostenhilfeverfahren abweichend von § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO einzuschränken. Dies wiederum entspricht der Zielsetzung des § 172 Abs. 3 SGG, die Sozialgerichtsbarkeit nachhaltig zu entlasten und das sozialgerichtliche Verfahren zu straffen (s. Bundestags-Drucksache 16/7716, 1, 2 und 12).

Für die Zulässigkeit der Beschwerde hat keine Bedeutung, ob die Berufung ggf. nach § 144 Abs. 2 SGG zugelassen werden kann. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO stellt nur auf einen Zahlenwert ab, nicht auf einen (ebenfalls in § 511 ZPO) genannten Grund für die Zulassung der Berufung.

Die Zulässigkeit der Beschwerde folgt auch nicht aus der nach der Rechtsauffassung des Sozialgerichts zutreffenden, aber vor dem Hintergrund der Rechtsauffassung des erkennenden Senats unzutreffenden Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Beschlusses. Eine unzutreffende Rechtsmittelbelehrung kann ein Rechtsmittel, das gesetzlich ausgeschlossen ist, nicht eröffnen (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Auflage 2012, vor § 143, RNr. 14b m. w. Nachw.).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 73a Abs. 1 SGG in Verbindung § 127 Abs. 4 ZPO.

Gegen diesen Beschluss gibt es kein Rechtsmittel (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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