L 32 AS 555/13 B ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
32
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 168 AS 2282/13 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 32 AS 555/13 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 05. Februar 2013 wird zurück gewiesen. Außergerichtlichen Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Im Streit ist im vorliegenden Verfahren ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung hinsichtlich des Ersatzes der Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt des Antragsgegners vom 18. Januar 2013.

Die Antragstellerin bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom Antragsgegner. Dieser ersetzte Eingliederungsvereinbarungen per Verwaltungsakt, so am 02. Januar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Januar 2013 und am 18. Januar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 2013. Der Bescheid vom 02. Januar 2013 sieht eine Geltungsdauer für die Zeit vom 02. Januar 2013 bis 01. Juli 2013 vor, "soweit zwischenzeitlich nichts anderes vereinbart wird". Der Bescheid vom 18. Januar 2013 nennt eine Geltungsdauer vom 18. Januar 2013 bis 01. Juli 2013, "soweit zwischenzeitlich nichts anderes vereinbart wird". Gegen die genannten Bescheide hat die Antragstellerin jeweils Klage erhoben. Die Klage gegen den Bescheid vom 02. Januar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Januar 2013 wird beim Sozialgericht (SG) Berlin unter dem Geschäftszeichen S 203 AS 641/13 geführt, und unter dem Geschäftszeichen S 203 AS 641/13 ER wurde ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung hinsichtlich des Verwaltungsaktes vom 02.Januar 2013 bearbeitet.

Mit dem am 25. Januar 2013 beim SG eingegangenen Antrag beantragt die Antragstellerin,

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 07. Januar 2013 und/oder gegen den Verwaltungsakt des Antragsgegners vom 18. Januar 2013 wiederherzustellen.

Insbesondere trug sie vor, durch den Verwaltungsakt vom 18. Januar 2013 werde sie letztlich dadurch beschwert, dass wiederum 5 Bewerbungen ab 18. Januar 2013 bis Monatsende abzuliefern seien, was die Behauptung auch in diesem Verwaltungsakt maximal 5 Bewerbungen abzuverlangen, wiederum ad absurdum führe. Jetzt seien es zumindest schon 10 Bewerbungen für diesen Monat, die sie nunmehr ab 18. Januar 2013 erfüllen solle, obwohl mit Verwaltungsakt vom 02. Januar 2013 schon 5 Bewerbungen geleistet worden seien.

Der Antragsgegner hat erstinstanzlich beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er meint, die Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt sei zu Recht erfolgt.

Mit Beschluss vom 05. Februar 2013 hat das SG den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die als Verwaltungsakt erlassene Eingliederungsvereinbarung vom 02. Januar 2013 in der Fassung des Bescheides vom 18. Januar 2013 abgelehnt. Der Antrag sei unzulässig wegen doppelter Rechtshängigkeit. Die Antragstellerin habe bereits im Januar 2013 zum Aktenzeichen S 203 AS 641/13 die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruches gegen den Bescheid vom 02. Januar 2013 beantragt. Der Bescheid vom 18. Januar 2013 ändere nur den Verwaltungsakt vom 02. Januar 2013 und sei damit gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des in der 203. Kammer des Sozialgerichts Berlin geführten Verfahrens geworden.

Gegen den ihr am 08. Februar 2013 zugestellten Beschluss richtet sich die am 04. März 2013 beim Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg eingegangene Beschwerde der Antragstellerin: Es liege noch ein gültiger die Eingliederungsvereinbarung ersetzender Verwaltungsakt vor und sei mit Widerspruchsbescheid vom 11. Januar 2013 bestätigt worden. Dadurch sei der die Eingliederungsvereinbarung ersetzende Verwaltungsakt vom 18. Januar 2013 rechtswidrig. Nicht nachvollziehbar sei, dass der Verwaltungsakt denjenigen vom 02. Januar 2013 ändere. Die Voraussetzungen eines Änderungsbescheides lägen nicht vor. Bereits der Wortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II schließe es aus, dass der Antragsgegner eine bereits abgeschlossene und weiterhin geltende Eingliederungsvereinbarung durch einen Verwaltungsakt einseitig ersetzen dürfe. Es sei nicht zu verstehen, weshalb hier doppelte Rechtshängigkeit postuliert werde. Die Antragstellerin wiederholt im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen und verweist auf Rechtsprechung.

Die Antragstellerin beantragt,

1. den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 05. Februar 2013 zum Antrag auf aufschiebende Wirkung vom 23. Januar 2013 aufzuheben und die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 23. Januar 2013 gegen den Bescheid des Beschwerdegegners vom 31. Januar 2013 in der Gestalt des Verwaltungsaktes vom 18. Januar 2013 anzuordnen. 2. Alternativ die Nichtigkeit bzw. Rechtswidrigkeit EGA vom 18. Januar 2013 festzustellen (sofern dies nicht schon vorher innerhalb der Beschwerde zum Aktenzeichen S 203 AS 641/13 ER vom 25. Februar 2013 vom LSG erfolgt sei).

Der Antragsgegner verteidigt die angefochtene Entscheidung und beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der vorliegenden Gerichts- und Verwaltungsakten.

II.

Die gemäß §§172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig aber unbegründet.

Das SG hat den Antrag zu Recht abgelehnt. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin ist nicht gemäß § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG anzuordnen. Der Antrag ist nicht zulässig.

Nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen.

Vorliegend wendet sich die Antragstellerin mit der Anfechtungsklage gegen den die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt vom 18. Januar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 2013, sodass sich nach Klagerhebung der Antrag auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs auslegen lässt als Antrag auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Widerspruchsbescheid vom 31. Januar 2013. Daher ist § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG die maßgebliche Rechtsgrundlage für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Denn das Rechtsmittel bzw. der Rechtsbehelf gegen einen die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt hat keine aufschiebende Wirkung (§ 39 Abs. 1 Nr. 1 SGB II).

Ob die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anzuordnen ist, entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen auf der Grundlage einer Abwägung, bei der das private Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes abzuwägen ist. Im Rahmen der Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs einzubeziehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Gesetz mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung in § 39 SGB II dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung einen Vorrang vor dem Interesse des Betroffenen an einem Aufschub der Vollziehung einräumt.

In diesen Fällen, in denen das Gesetz für den Regelfall anordnet, dass das Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung besitzt, kann die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Gerichts nur dann erfolgen, wenn ausnahmsweise die Interessenabwägung im Einzelfall einen Vorrang des privaten Aufschubinteresse gegenüber dem öffentlichen Vollzugsinteresse am Vollzug der angefochtenen Bescheide ergibt. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide bestehen oder andere Gründe für ein überwiegendes Aufschubinteresses glaubhaft gemacht werden.

Ein überwiegendes Aufschubinteresses ist nicht glaubhaft gemacht. Die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide vom 18. Januar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 2013 ist inhaltlich nicht zu prüfen, da der Antrag auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung unzulässig ist. Zwar ist die Zulässigkeitsvoraussetzung, dass der gegenständliche Verwaltungsakt noch nicht bestandskräftig sein darf, (Keller: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage § 86 b Rz. 7) mit der erfolgten Klagerhebung gegen den Widerspruchsbescheid vom 18. Januar 2013 erfüllt.

Allerdings ist der Antrag auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung aufgrund dessen unzulässig, dass der Zulässigkeit eine anderweitige Rechtshängigkeit entgegen steht. Denn der Bescheid vom 18.Januar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides ist Gegenstand des bereits rechtshängigen Verfahrens gegen den Bescheid vom 02. Januar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Januar 2013 zum Geschäftszeichen S 203 AS 641/13 geworden, wie das SG zutreffend festgestellt hat.

Nach Maßgabe des § 96 SGG wird der neue Verwaltungsakt automatisch Klagegegenstand, ohne dass es einer Klageänderung bedarf. Gemäß § 96 Absatz 1 SGG wird nach Klageerhebung ein neuer Verwaltungsakt dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Bescheid vom 18. Januar 2013 ändert den Verwaltungsakt vom 02. Januar 2013 ab.

Zum einen ändert er den Beginn des Geltungsdatums: Die Festlegungen sollen nunmehr für die Zeit ab 18. Januar 2013 statt ab 02. Januar 2013 gelten. Zum anderen erfolgt eine Änderung dadurch, dass der Antragstellerin mit Verwaltungsakt vom 18. Januar 2013 erneut monatlich 5 Bewerbungsbemühungen "während der Gültigkeitsdauer, der Eingliederungsvereinbarung, beginnend "mit dem Datum der Unterzeichnung" auferlegt werden, so dass im Monat Januar 2013 von ihr maximal 10 Bewerbungsbemühungen -statt bisher 5- gefordert werden, sofern bis 18.Januar 2013 bereits 5 Bewerbungsbemühungen erfolgt waren.

Deweiteren sieht der Verwaltungsakt vom 18.Januar 2013 als weitere Änderung vor, dass im Bescheid vom 18. Januar 2013 als Unterstützung des Antragsgegners für Bewerbungsaktivitäten die Übernahme von angemessenen nachgewiesenen Kosten vorgesehen ist für schriftliche Bewerbungen vom 01. Januar 2013 bis 31. Dezember 2013 von 300 Euro kalenderjährlich, jedoch nur maximal für 5 Bewerbungen pro Monat mit pauschal 5 Euro, während im Bescheid vom 02. Januar 2013 als Unterstützung des Antragsgegners für Bewerbungsaktivitäten die Übernahme von angemessenen nachgewiesenen Kosten vorgesehen ist für schriftliche Bewerbungen vom 01. Januar 2013 bis 31.Januar 2013 von 300 Euro kalenderjährlich, jedoch nur maximal für 5 Bewerbungen pro Monat mit pauschal 5 Euro.

Für den weiteren Antrag im Beschwerdeverfahren, " alternativ die Nichtigkeit bzw. Rechtswidrigkeit EGA vom 18. Januar 2013 festzustellen (sofern dies nicht schon vorher innerhalb der Beschwerde zum Aktenzeichen S 203 AS 641/13 ER vom 25. Februar 2013 vom LSG erfolgt sei)", ist im Beschwerdeverfahren kein Raum.

Die Beschwerde kann daher keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung ergeht in entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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